Entscheidung des BFH - Haufe.de
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FACHBEITRÄGE Steuerrecht<br />
» Dipl.-Finanzwirt Werner Becker, Namborn<br />
Vorläufige (Steuer-)Festsetzung,<br />
Solidaritätszuschlag und Abgeltungsteuer<br />
Er ist zwischenzeitlich in die Jahre gekommen, <strong>de</strong>r Solidaritätszuschlag. Seine Verfassungsmäßigkeit<br />
beschäftigt <strong>de</strong>rzeit wie<strong>de</strong>r die Gerichte. Das Zusammenspiel mit <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer zeigt eindrucksvoll,<br />
wie vermeintliche Steuervereinfachung in das Gegenteil verkehrt wird.<br />
» 1. Hintergrund<br />
Der Bund <strong>de</strong>r Steuerzahler hatte bereits 2006 das Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>verfassungsgericht<br />
(BVerfG) angerufen. Mit Beschluss vom 11.2.2008 hat<br />
das Gericht die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> allerdings ohne Begründung<br />
nicht zur <strong>Entscheidung</strong> angenommen.<br />
Zwischenzeitlich hat <strong>de</strong>r 7. Senat <strong><strong>de</strong>s</strong> Nie<strong>de</strong>rsächsischen Finanzgerichts1<br />
einen weiteren Vorstoß in Richtung Karlsruhe unternommen,<br />
weshalb die Finanzämter Beschei<strong>de</strong> über die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />
für die Kalen<strong>de</strong>rjahre ab 2005 seit En<strong>de</strong> letzten<br />
Jahres nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig erlassen. 2 In<br />
diesem Zusammenhang taucht zwangsläufig die Frage auf, ob und<br />
wie sich diese Vorläufigkeit auf die seit 2009 gelten<strong>de</strong> Abgeltungsteuer<br />
auswirkt.<br />
» 2. Geson<strong>de</strong>rter Steuertarif für Kapitaleinkünfte<br />
und Steuerabzug an <strong>de</strong>r Quelle<br />
Für private Kapitalerträge gilt seit <strong>de</strong>m Veranlagungszeitraum 2009<br />
grundsätzlich ein Steuersatz von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag. Ist<br />
<strong>de</strong>r Steuerpflichtige kirchensteuerpflichtig, ermäßigt sich dieser Tarif<br />
nach Maßgabe <strong><strong>de</strong>s</strong> § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG, weil für diese Kirchensteuer<br />
kein Son<strong>de</strong>rausgabenabzug (mehr) nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG<br />
im Veranlagungsverfahren gewährt wird.<br />
Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen grundsätzlich <strong>de</strong>r Kapitalertragsteuer.<br />
Die Höhe <strong>de</strong>r Kapitalertragsteuer beträgt regelmäßig<br />
25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Welche Kapitaleinnahmen<br />
<strong>de</strong>m Steuerabzug unterliegen, ist in § 43 EStG abschließend<br />
geregelt.<br />
Der Kapitalertragsteuerabzug hat bei einem Privatanleger grundsätzlich3<br />
abgelten<strong>de</strong> Wirkung, soweit sie nicht zu <strong>de</strong>n Einkünften aus<br />
Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger<br />
Arbeit o<strong>de</strong>r aus Vermietung und Verpachtung gehören (§ 32d Abs.<br />
1 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG).<br />
» 3. Veranlagungsoptionen<br />
Nach § 32d Abs. 6 EStG kann <strong>de</strong>r Steuerpflichtige beantragen, die<br />
(sämtliche) Einkünfte aus Kapitalvermögen in die allgemeine Veranlagung<br />
einzubeziehen und <strong>de</strong>m individuellen Steuersatz zu unterwerfen,<br />
wenn dies für ihn günstiger ist (Günstigerprüfung).Liegt <strong>de</strong>r<br />
persönliche Steuersatz über <strong>de</strong>m Abgeltungsteuersatz, gilt <strong>de</strong>r Antrag<br />
als nicht gestellt und die Kapitaleinkünfte unterliegen insoweit <strong>de</strong>m<br />
linearen Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag<br />
und ggf. Kirchensteuer.<br />
Daneben besteht auch die Veranlagungsoption nach § 32d Abs. 4 EStG<br />
zum pauschalen Steuersatz. Die „beson<strong>de</strong>re“ Veranlagung kommt<br />
regelmäßig in Betracht, wenn für <strong>de</strong>n Kapitalertragsteuerabzug günstige<br />
Umstän<strong>de</strong> nicht o<strong>de</strong>r nicht in vollem Umfang berücksichtigt<br />
wor<strong>de</strong>n sind. Hierzu enthält § 32d Abs. 4 EStG eine beispielhafte,<br />
nicht abschließen<strong>de</strong> („insbeson<strong>de</strong>re“) Aufzählung. Die tarifliche Einkommensteuer<br />
erhöht sich um <strong>de</strong>n nach § 32d Abs. 1 EStG ermittelten<br />
Betrag. Gleichzeitig wird die bereits auf diese Kapitalerträge<br />
erhobene Kapitalertragsteuer angerechnet. Entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> gilt für<br />
<strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.<br />
» 4. Kapitalertragsteueranmeldung<br />
als Verwaltungsakt<br />
Die Kapitalertragsteuer entsteht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG in <strong>de</strong>m<br />
Zeitpunkt, in <strong>de</strong>m die Kapitalerträge <strong>de</strong>m Gläubiger zufließen. In diesem<br />
Zeitpunkt haben u. a. <strong>de</strong>r Schuldner <strong>de</strong>r Kapitalerträge bzw. die<br />
die Kapitalerträge auszahlen<strong>de</strong> Stelle (Steuerabzugsverpflichteten)<br />
<strong>de</strong>n Steuerabzug für Rechnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gläubigers <strong>de</strong>r Kapitalerträge vorzunehmen<br />
(§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Steuerabzugsverpflichteten<br />
haben die innerhalb eines Monats einbehaltene Steuer nebst Solidaritätszuschlag<br />
und Kirchensteuer jeweils bis zum 10. <strong><strong>de</strong>s</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />
Monats an das Finanzamt abzuführen, das für die Besteuerung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Steuerabzugsverpflichteten nach <strong>de</strong>m Einkommen zuständig ist (vgl.<br />
§ 44 Abs. 1 Satz 5 EStG). Zu<strong>de</strong>m ist die Steuer bis zu diesem Zeitpunkt<br />
nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei <strong>de</strong>m für <strong>de</strong>n Abführen<strong>de</strong>n<br />
zuständigen Finanzamt auf elektronischem Weg nach Maßgabe<br />
<strong>de</strong>r Steuerdaten-Übermittlungsverordnung anzumel<strong>de</strong>n (vgl. § 45a<br />
Abs. 1 EStG). Dem Gläubiger <strong>de</strong>r Kapitalerträge ist darüber hinaus<br />
auf Verlangen eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem<br />
Muster auszustellen, die die nach § 32d EStG erfor<strong>de</strong>rlichen Angaben<br />
enthält (§ 45a Abs. 2 Satz 1 EStG). 4<br />
Die (Kapitalertragsteuer-)Anmeldung ist eine Steuererklärung i. S.<br />
d. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO. Eine Festsetzung <strong>de</strong>r Steuer durch Steuerbescheid<br />
ist regelmäßig nicht erfor<strong>de</strong>rlich (vgl. § 167 Satz 1 AO),<br />
<strong>de</strong>nn mit Eingang <strong>de</strong>r Steueranmeldung bei <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong> hat<br />
die Anmeldung (nur) die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter <strong>de</strong>m<br />
1) Insi<strong>de</strong>rn auch als „Balke-Senat“ bekannt.<br />
2) Vgl. BMF, 07.12.2009, IV A 3-S 0338/07/10010, BStBl I 2009 S. 1509.<br />
3) Wegen <strong>de</strong>r Ausnahmen vgl. § 32d Abs. 2 EStG.<br />
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