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Entscheidung des BFH - Haufe.de

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Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung (§ 168 Satz 1 AO). Das gilt unabhängig<br />

davon, ob <strong>de</strong>r Anmel<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Steuerschuldner ist o<strong>de</strong>r nicht. Da insoweit<br />

ein Steuerbescheid nicht ergeht, kommt es u. a. bezüglich <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />

auch nicht zu einer vorläufigen Steuerfestsetzung.<br />

Der Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung entfällt nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO<br />

regelmäßig mit Ablauf <strong>de</strong>r vierjährigen Festsetzungsfrist. Solange <strong>de</strong>r<br />

Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung wirksam ist, kann die Steueranmeldung<br />

(Steuerfestsetzung) je<strong>de</strong>rzeit von Amts wegen o<strong>de</strong>r auf Antrag <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Anmel<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> von <strong>de</strong>r Anmeldung betroffenen Steuerpflichtigen5<br />

geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />

Gegen die Kapitalertragsteueranmeldung ist auch ein Einspruch nach<br />

§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO durch <strong>de</strong>n Steuerschuldner statthaft. 6<br />

» 5. Folgerungen für die Besteuerungspraxis<br />

Steuerpflichtige, bei <strong>de</strong>nen die Kapitalertragsteuer und insbeson<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>r Solidaritätszuschlag ordnungsgemäß einbehalten und abgeführt<br />

wor<strong>de</strong>n ist kommen nicht in <strong>de</strong>n Genuss <strong><strong>de</strong>s</strong> vom BMF angeordneten<br />

Vorläufigkeitsvermerks. Denn nach § 167 Satz 1 AO wird insoweit<br />

keine Steuerfestsetzung durch einen Steuerbescheid vorgenommen.<br />

7 Um die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags vorläufig i. S. <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

BMF-Schreibens vom 07.12.2009 vorzunehmen, wäre es erfor<strong>de</strong>rlich,<br />

jeweils einen Steuerbescheid zu erlassen. Da dieses Verfahren<br />

für die Finanzverwaltung mit einem erheblichen und nicht mehr zu<br />

vertretenen Kosten- und Arbeitsaufwand verbun<strong>de</strong>n wäre, wer<strong>de</strong>n die<br />

Finanzämter diesen Weg von Amts wegen wohl nicht beschreiten.<br />

Ungeachtet <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sind die Finanzämter für <strong>de</strong>n Fall, dass das BVerfG<br />

die Erhebung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags rückwirkend8 für verfassungswidrig<br />

erklären sollte, jedoch verpflichtet, die als Steuerfestsetzung<br />

unter <strong>de</strong>m Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung gelten<strong>de</strong>n Steueranmeldungen<br />

nach § 164 Abs. 2 AO zu än<strong>de</strong>rn, solange <strong>de</strong>r Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung<br />

besteht. Da die Festsetzungsfrist für das Jahr 2009 betreffen<strong>de</strong><br />

Steueranmeldungen frühestens am 31.12.2013 abläuft, kann bis zu<br />

diesem Zeitpunkt eine geän<strong>de</strong>rte Steuerfestsetzung vorgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Allerdings stehen <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen verfahrensrechtlich geeignete<br />

Instrumentarien zur Verfügung, um (<strong>de</strong>nnoch) von einer –<br />

möglicherweise günstigen – <strong>Entscheidung</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> BVerfG in Bezug auf<br />

die Verfassungsmäßigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags profitieren zu<br />

können.<br />

Der Steuerentrichtungspflichtige o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Steuerpflichtige können<br />

gegen die entsprechen<strong>de</strong> Kapitalertragsteueranmeldung Einspruch<br />

einlegen und beantragen, dass das Finanzamt hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Solidaritätszuschlags eine vorläufige Festsetzung vornimmt. Gegen<br />

diesen Weg könnten jedoch – soweit es um die Einspruchseinlegung<br />

durch <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen geht - praktische Erwägungen<br />

sprechen. Selbst wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige die Steuernummer auf<br />

<strong>de</strong>r Steuerbescheinigung vorfin<strong>de</strong>t, weiß er nicht mit Sicherheit,<br />

www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />

Dipl.-Finanzwirt Werner Becker<br />

ist als Sachbearbeiter beim Ministerium <strong>de</strong>r<br />

Finanzen <strong><strong>de</strong>s</strong> Saarlan<strong><strong>de</strong>s</strong> für das (außer-)gerichtliche<br />

Rechtsbehelfsverfahren und das Steuerberatungswesen<br />

zuständig.<br />

wann die Kapitalertragsteueranmeldung beim zuständigen Finanzamt<br />

eingegangen ist. Damit besteht die Gefahr, dass die Rechtsbehelfsfrist<br />

bereits abgelaufen und <strong>de</strong>r Einspruch <strong>de</strong>mzufolge unzulässig<br />

ist. 9 Ungeachtet <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sollte von dieser Möglichkeit nur<br />

Gebrauch gemacht wer<strong>de</strong>n, wenn darüber hinaus die Aussetzung<br />

<strong>de</strong>r Vollziehung begehrt wird. 10<br />

Steuerpflichtige können zu<strong>de</strong>m im Veranlagungsverfahren nach<br />

§ 32d Abs. 6 EStG beantragen, die Günstigerprüfung durchzuführen.<br />

Dann wer<strong>de</strong>n auch die <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer unterliegen<strong>de</strong>n<br />

Kapitalerträge in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen<br />

und <strong>de</strong>r tariflichen Einkommensteuer unterworfen, sofern dies für<br />

<strong>de</strong>n Steuerpflichtigen günstiger ist. Damit einhergehend erfolgt in<br />

<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Einkommensteuerbescheid verbun<strong>de</strong>nen Bescheid<br />

über die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags insoweit auch eine<br />

Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags. Die Festsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags<br />

- zunächst auf die Abgeltungsteuer und nunmehr<br />

auf die tarifliche Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage – ist<br />

in diesem Fall vom Vorläufigkeitsvermerk erfasst.<br />

Darüber hinaus kann auch die Veranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG<br />

in <strong>de</strong>n dort (beispielhaft und nicht abschließend) aufgeführten<br />

Fällen beantragt wer<strong>de</strong>n. Dann wird eine Steuerfestsetzung entsprechend<br />

§ 32d Abs. 3 Satz 2 EStG durchgeführt, d. h. für diese<br />

(<strong>de</strong>r Abgeltungsteuer unterliegen<strong>de</strong>n) Kapitalerträge erhöht sich<br />

die tarifliche Einkommensteuer um <strong>de</strong>n nach § 32d Abs. 1 EStG<br />

ermittelten Betrag; entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> gilt auch für <strong>de</strong>n Solidaritätszuschlag<br />

und die Kirchensteuer. Allerdings dürfte die Durchführung<br />

<strong>de</strong>r Veranlagung ausschließlich vor <strong>de</strong>m Hintergrund, in <strong>de</strong>n<br />

„Genuss“ einer vorläufigen Steuerfestsetzung in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />

Solidaritätszuschlag zu kommen m. E. durch die Vorschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> §<br />

32d Abs. 4 EStG nicht ge<strong>de</strong>ckt sein.<br />

» 6. Fazit<br />

Steuerpflichtige, die nicht automatisch in <strong>de</strong>n Genuss einer vorläufigen<br />

Steuerfestsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags im Rahmen <strong>de</strong>r Veranlagung<br />

kommen, stehen verfahrensrechtlich nicht „im Regen“, falls das<br />

BVerfG rückwirkend die Verfassungswidrigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuschlags feststellen<br />

sollte. Allerdings sind die aufgezeigten verfahrensrechtlichen<br />

Möglichkeiten für alle Beteiligten mit einem erheblichen Kosten- und<br />

Arbeitsaufwand verbun<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re muss <strong>de</strong>r Steuerpflichtige<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r „optionalen“ Veranlagungen sämtliche Steuerbescheinigungen<br />

vorlegen. Von einer Steuervereinfachung kann damit hier<br />

auch nach Einführung <strong>de</strong>r Abgeltungsteuer keine Re<strong>de</strong> sein.<br />

4) Vgl. im Einzelnen BMF, 24.11.2008, IV C 1 - S 2401/08/10001, BStBl I 2008, S. 973.<br />

5) Vgl. zur Lohnsteueranmeldung <strong>BFH</strong>, 21.10.2009, I R 70/08, DB 2010, S. 87.<br />

6) Vgl. <strong>BFH</strong>, 20.07.2005, VI R 165/01, BStBl II 2005, S. 890.<br />

7) Das Problem stellt sich im Übrigen auch bei <strong>de</strong>r Lohnsteueranmeldung und dort insbeson<strong>de</strong>re<br />

bei <strong>de</strong>r pauschalierten Lohnsteuer.<br />

8) Dies dürfte angesichts <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Haushaltslage <strong><strong>de</strong>s</strong> Bun<strong><strong>de</strong>s</strong> und <strong>de</strong>r pro-futuro-<br />

Rechstsprechung <strong><strong>de</strong>s</strong> BVerfG aber eher unwahrscheinlich sein.<br />

9) Vgl. auch Kämmerer, Abgeltungsteuer und das Verbot <strong><strong>de</strong>s</strong> Werbungskostenabzugs -<br />

Dargestellt am Beispiel <strong>de</strong>r Besteuerung von fremdfinanzierten Lebensversicherungen,<br />

DStR 2010, S. 27, 30, unter 3.2.<br />

10) Nach <strong>de</strong>m BMF-Schreiben v. 01.04.2009, IV A 4 3 – S 0338/07/10010, BStBl I 2009,<br />

S. 510, kommt eine Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung in <strong>de</strong>n Fällen <strong><strong>de</strong>s</strong> sog. „Vorläufigkeitskatalogs“<br />

nur in Betracht, soweit die Finanzbehör<strong>de</strong>n hierzu durch BMF-Schreiben o<strong>de</strong>r<br />

gleich lauten<strong>de</strong> Erlasse <strong>de</strong>r obersten Finanzbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r angewiesen wor<strong>de</strong>n<br />

sind. Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Solidaritätszuschlags besteht eine solche Weisung (bislang)<br />

nicht.<br />

3 _ 10 SteuerConsultant 25

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