Rassismus hat viele Gesichter. Rassismus hat viele ... - Pro Asyl
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Sachleistungen – das zur Abschreckung<br />
von Flüchtlingen erfundene Instrumentarium<br />
wird zum Mittel des Klassenkampfes<br />
von oben. Dem einen die Dispositionsfreiheit<br />
der Kreditkarte und die<br />
universale Mobilität des Geldes – dem<br />
andern die Sachleistung und die Reduktion<br />
auf die Befriedigung der körperlichen<br />
Grundbedürfnisse. Es ist der Fluch<br />
der bösen Tat: Was mit der Einführung<br />
der Menschenwürde mit Rabatt für<br />
Flüchtlinge begann, macht dort nicht<br />
Halt. Es mag sich mancher deutsche<br />
Arme durch die Schlechterstellung von<br />
Flüchtlingen privilegiert gefühlt haben.<br />
Indes: Auch sein Existenzminimum wird<br />
weiter zur Disposition gestellt.<br />
Der Internationale<br />
Pakt über wirtschaftliche,<br />
soziale<br />
und kulturelle<br />
Menschenrechte<br />
Bernd Riegraf, Rita Schultz<br />
� Weitere Informationen zum Thema<br />
gibt es beim Südbadischen Aktionsbündnis<br />
gegen Abschiebungen SAGA,<br />
c/o Aktion Dritte Welt, Postfach 5328,<br />
79020 Freiburg.<br />
� Die internationale Menschenrechtsorganisation<br />
FIAN (FoodFirst Informations-<br />
& Aktions-Netzwerk) setzt<br />
sich für die wirtschaftlichen, sozialen<br />
und kulturellen Menschenrechte ein,<br />
insbesondere für das Recht sich zu<br />
ernähren. FIAN <strong>hat</strong> Beraterstatus bei<br />
den Vereinten Nationen. Adresse:<br />
FIAN – Sektion der Bundesrepublik<br />
Deutschland e.V., Overwegstraße 31,<br />
44625 Herne.<br />
Allerdings ist das Ressentiment der Armen<br />
gegen noch Ärmere vielleicht das<br />
geringere <strong>Pro</strong>blem. Denn dass das <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />
in der Öffentlichkeit<br />
kein Thema mehr ist und die<br />
weitgehende Entrechtung von Flüchtlingen<br />
in so genannten bürgerlichen Kreisen<br />
breite Zustimmung findet, hängt<br />
wohl eher damit zusammen, dass es in<br />
ganz Europa längst einen Extremismus<br />
der Wohlanständigen und Wohlversorgten<br />
gibt, einen vorwiegend ökonomisch<br />
geprägten <strong>Rassismus</strong>, der die subtilere<br />
Ausgrenzung der gewalttätigen allemal<br />
vorzieht. Sein Rassemerkmal, so der<br />
österreichische Schriftsteller Karl Markus<br />
Gauss, ist das Geld. »Wer es <strong>hat</strong>, der<br />
Menschenrechte haben in der<br />
öffentlichen Meinung einen hohen<br />
Stellenwert. Die Bundesregierung<br />
fordert immer wieder die Regierungen<br />
anderer Staaten auf, die Menschenrechte<br />
einzuhalten. Dabei werden<br />
unter den Menschenrechten meist nur<br />
die bürgerlich-politischen Rechte verstanden<br />
wie etwa die Pressefreiheit, die<br />
Versammlungsfreiheit, die Freiheit von<br />
Folter oder das Recht auf freie Meinungsäußerung.<br />
Gleichberechtigt neben<br />
den bürgerlich-politischen Menschenrechten<br />
stehen die wirtschaftlichen, sozialen<br />
und kulturellen Menschenrechte<br />
wie zum Beispiel das Recht sich zu ernähren,<br />
das Recht auf einen angemessenen<br />
Lebensstandard, das Recht auf körperliche<br />
und geistige Gesundheit oder<br />
das Recht auf Grundschulpflicht. Die<br />
Kritik an den Lebensbedingungen der<br />
Flüchtlinge beruft sich nur selten auf<br />
diese Rechte.<br />
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte<br />
der Vereinten Nationen von<br />
1948 sind beide Gruppen der Menschenrechte<br />
enthalten. 1966 wurde die Allgemeine<br />
Erklärung der Menschenrechte<br />
durch zwei völkerrechtlich verbindliche<br />
Pakte konkretisiert: durch den Internationalen<br />
Pakt über bürgerlich-politische<br />
Menschenrechte und den Internationalen<br />
Pakt über wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Menschenrechte (im Folgenden<br />
Sozialpakt genannt).<br />
Beide Menschenrechts-Pakte wurden<br />
von der Mehrzahl der Staaten ratifiziert,<br />
auch von der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Die bürgerlich-politischen Rechte sind<br />
nicht mehr »wert« als die wirtschaftlichen,<br />
sozialen und kulturellen Menschenrechte<br />
und umgekehrt. Die Verletzung<br />
eines Menschenrechtes zieht meist<br />
die Verletzung anderer Menschenrechte<br />
19<br />
ist kein Fremder, wem es abgeht, wird<br />
zum Fremden, und wäre er auch von<br />
hier.«<br />
So greifen denn auch möglicherweise<br />
Strategien zu kurz, die die Ideologien<br />
der Ungleichheit erst dann bekämpfen,<br />
wenn sie zur materiellen Gewalt auf der<br />
Straße werden. Mit dem <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetz<br />
<strong>hat</strong> der Gesetzgeber dem<br />
Ruf der Straße Bahn gebrochen. Das Gesetz<br />
ist nicht nur der sozialpolitische<br />
Sündenfall, es beschädigt die politische<br />
Kultur.<br />
nach sich. Beispiel Residenzpflicht: Dabei<br />
handelt es sich zunächst um eine<br />
Einschränkung des Rechtes auf Bewegungsfreiheit,<br />
ein Menschenrecht aus<br />
der Gruppe der bürgerlich-politischen<br />
Rechte. Wer sich nicht frei bewegen darf,<br />
ist aber auch in der Wahrnehmung seiner<br />
politischen Rechte eingeschränkt:<br />
Die Teilnahme an politischen Veranstaltungen<br />
außerhalb des Unterbringungs-<br />
Kreises ohne spezielle Erlaubnis ist verboten.<br />
Das im Sozialpakt festgeschriebene<br />
Menschenrecht auf Teilnahme am<br />
kulturellen Leben wird durch die Residenzpflicht<br />
gleichermaßen beschnitten.<br />
Diskriminierungsverbot<br />
Es gibt keine Menschen erster und<br />
zweiter Klasse, denen Menschenrechte<br />
in unterschiedlicher Ausprägung<br />
gewährt werden können. So<br />
hält auch Artikel 2 des Sozialpaktes<br />
das so genannte Diskriminierungsverbot<br />
fest:<br />
»Die Vertragsstaaten verpflichten sich<br />
zu gewährleisten, dass die in diesem<br />
Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung<br />
hinsichtlich der Rasse, der<br />
Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache,<br />
der Religion, der politischen oder<br />
sonstigen Anschauung, der nationalen<br />
oder sozialen Herkunft, des Vermögens,<br />
der Geburt oder des sonstigen Status<br />
ausgeübt werden.«<br />
Das heißt konkret: Allen Menschen, die<br />
in der Bundesrepublik Deutschland leben,<br />
stehen die gleichen wirtschaftlichen,<br />
sozialen und kulturellen Menschenrechte<br />
zu. Eine Ungleichbehandlung<br />
(Diskriminierung) ist dem Staat<br />
nach menschenrechtlichen Grundsätzen<br />
verboten. Flüchtlinge dürfen nach dem<br />
Sozialpakt nicht schlechter behandelt<br />
werden als alle übrigen Menschen. Wer