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Anleitung zum Biochemischen Praktikum für Mediziner Universität zu

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<strong>Anleitung</strong> <strong><strong>zu</strong>m</strong><br />

<strong>Biochemischen</strong> <strong>Praktikum</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Mediziner</strong><br />

<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> Köln<br />

2


3<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

„Zehn Gebote“, Einführung, allgemeine Hinweise, Unfallverhütung, Pipetten, pH-<br />

Meter<br />

Versuch 1: Aminosäuren und Proteine I<br />

Lambert-Beer'sches Gesetz<br />

Quantitative Biuret-Reaktion<br />

Titrationskurve von Aminosäuren<br />

Proteinstrukturen (Teil I)<br />

Versuch 2: Aminosäuren und Proteine II<br />

SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese<br />

Western-Blot<br />

Proteinstrukturen (Teil II)<br />

Versuch 3: Enzyme<br />

Enzymkinetik der sauren Phosphatase<br />

Acetylcholinesterase-Bestimmung im Serum<br />

Hemmung des Enzyms mit (DIFP)<br />

Reaktivierung mit PAM<br />

Laktatdehydrogenase (opt. Test)<br />

Versuch 4: Lipide<br />

Nachweisreaktionen von Lipiden<br />

DC-Trennung von Myelin-Lipiden<br />

Gaschromatographie von FSM-Estern<br />

DC von Steroidhormonen<br />

Versuch 5: Immunologie<br />

ELISA (enzyme linked immunosorbent assay), Enzymgekoppelter<br />

Immunnachweis<br />

Western-Blot<br />

Test <strong>zu</strong>r Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin<br />

Versuch 6: Blut<br />

Gelfiltration, Spektroskopie und<br />

die quantitative Bestimmung des Hämoglobins<br />

Dialyse-Versuch<br />

Enzymatische Bestimmung der Glucose<br />

Polarimetrie<br />

Versuch 7: Nukleinsäuren I<br />

Löslichkeit der Harnsäure<br />

Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung<br />

Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe der UV-Spektroskopie<br />

Restriktionsendonukleasen<br />

Polymerasekettenreaktion (PCR)<br />

Versuch 8: Nukleinsäuren II<br />

Regulation der Gen-Aktivität am Beispiel des lac Operons<br />

DNA-Isolierung<br />

Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der Cystischen Fibrose<br />

4


5<br />

Die ZEHN Gebote<br />

1. Unfallverhütung: Beachten Sie bitte die Hinweise im <strong>Praktikum</strong>sbuch!<br />

2. Es gibt keinen Fehltag! Bei Krankheit bringen Sie bitte ein Attest, und<br />

erfragen, wann der versäumte Versuch nachgeholt werden kann.<br />

3. Sollten Sie keine ausreichende Vorbereitung nachweisen können,<br />

müssen Sie den Versuch an einem anderen Tag wiederholen.<br />

4. Analysen: Mindestens 6 von 9 Analysen müssen richtig sein. Die<br />

Analysen müssen von jedem Studenten einzeln durchgeführt werden und<br />

die Ergebnisse in die ausliegenden Listen eingetragen werden. (Die<br />

Menge der ausgegebenen Analysenlösung ist begrenzt).<br />

5. Sauberes Arbeiten: Bitte benutzen Sie nicht die Pipetten, um die<br />

Reagenzien aus der Vorratsflasche <strong>zu</strong> entnehmen. Die ungefähr benötigte<br />

Menge soll in ein Becherglas gegossen werden, und daraus pipettiert<br />

werden. Restlösungen bitte wegschütten und nicht in die Originalflaschen<br />

<strong>zu</strong>rückgeben.<br />

6. Arbeitsplatz: Bitte hinterlassen Sie Ihren Arbeitsplatz abends sauber und<br />

ordentlich. Jede Gruppe meldet sich beim Assistenten ab, damit er den<br />

Platz abnimmt.<br />

7. Ende des <strong>Praktikum</strong>s 17.00 Uhr<br />

8. Protokollhefte (Meßdaten, Berechnungen, Diagramme) bitte knapp<br />

abfassen. Die <strong>Anleitung</strong> nicht abschreiben!<br />

Montagsgruppe: Do. einwerfen Mo. <strong>zu</strong>rück<br />

Mittwochsgruppe: Fr. einwerfen Mi. <strong>zu</strong>rück<br />

9. Kleiderschränke in den Waschräumen können benutzt werden (eigenes<br />

Vorhängeschloß mitbringen!).<br />

10. Die erfolreiche Teilnahme am <strong>Praktikum</strong> wird nur denjenigen<br />

bescheinigt, die alle Versuche absolviert haben und ein Referat gehalten<br />

haben. Andernfalls muss das <strong>Praktikum</strong> wiederholt werden<br />

ALLGEMEINE HINWEISE<br />

Die vorliegende <strong>Anleitung</strong> <strong>für</strong> das biochemische <strong>Praktikum</strong> an der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong><br />

Köln versucht, den Studenten mit einem breiten Spektrum biochemischer<br />

Methoden von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad vertraut <strong>zu</strong> machen. Eine<br />

Beschreibung der theoretischen Grundlagen ergänzt die ausführlich beschriebenen<br />

Versuche.<br />

Jeder Versuch muss vom Studenten theoretisch gründlich vorbereitet und die<br />

Methodik vor Beginn genau durchdacht werden. Anders ist ein erfolgreiches<br />

Experimentieren nicht denkbar.<br />

Jedem Versuch ist eine Zusammenstellung der Wissensgebiete vorangestellt. Sie<br />

werden in der Vorlesung in Anlehnung an die Approbationsordnung ausführlich<br />

dargestellt. Diese Gebiete sollten die Studenten beherrschen.<br />

Jeder Versuch mit allen Experimenten muss an einem <strong>Praktikum</strong>stag beendet<br />

werden. Ausnahme ist der Versuch 2. Die verfügbare Zeit sollte daher<br />

zweckmäßig eingeteilt werden. Versuche mit langer Dauer sollten als erste<br />

begonnen werden; Wartezeiten bei länger laufenden Versuchen können <strong>für</strong><br />

kürzere Experimente genutzt werden. Die <strong>Praktikum</strong>szeit ist ein<strong>zu</strong>halten. Bei<br />

zügiger Durchführung verbleibt in allen Versuchen Zeit <strong>zu</strong>r sorgfältigen Auswertung<br />

der Ergebnisse und Besprechung der theoretischen Grundlagen.<br />

Ein Versuch gilt als abgeschlossen, wenn die experimentellen Ergebnisse vom<br />

Assistenten überprüft und testiert, der Arbeitsplatz und die benutzten Geräte<br />

aufgeräumt und <strong>zu</strong>r Reinigung vorbereitet sind.<br />

Über alle Versuche ist Protokoll <strong>zu</strong> führen. Das Protokollheft muss enthalten:<br />

1) Datum und Bezeichnung des Versuchs.<br />

2) Fragestellung, evtl. Reaktionsgleichungen<br />

3) In knappem Stil, aber lückenlos, die experimentellen Ergebnisse (Chro-<br />

matogramme, Beobachtungen, Meßzahlen) und die Auswertung dieser<br />

Ergebnisse (Diagramme, Berechnungen). Es sollten alle <strong><strong>zu</strong>m</strong> Nachvollziehen<br />

des Versuchs notwendigen Angaben, insbesondere Konzentrations- und<br />

Mengenangaben gemacht werden.<br />

6


7<br />

4) Abschät<strong>zu</strong>ng der Fehler mit anschließender Diskussion, inklusive Vergleich<br />

mit in der Klinik auftretenden Werten.<br />

Es wird besonderer Wert auf eine übersichtliche und saubere Anordnung der<br />

Werte im Protokollheft gelegt. Chromatogramme, Diagramme sollen eingeheftet<br />

oder eingeklebt werden, "fliegende Blätter" werden nicht akzeptiert..<br />

Die regelmäßige, erfolgreiche Teilnahme am biochemischen <strong>Praktikum</strong> wird<br />

ferner nach einem <strong>zu</strong>friedenstellend gehaltenen Referat (s.u.) bescheinigt.<br />

Lösungen werden in der benötigten Menge aus der Vorratsflasche in ein Reagenzglas<br />

oder in ein Becherglas gegossen; aus der Vorratsflasche sollen Lösungen<br />

nie mit einer Pipette entnommen werden. Feste Substanzen werden mit sauberem<br />

Spatel entnommen. Man arbeite grundsätzlich mit möglichst kleinen<br />

Substanzmengen. Beim Arbeiten mit Eppendorfreaktionsgefäßen achten Sie bitte<br />

darauf, dass sich die Lösung am Boden des Gefäßes befindet (Gegebenenfalls kurz<br />

abzentrifugieren!)<br />

Die erforderlichen Geräte müssen sorgsam benutzt werden. Zentrifugen bitte nur<br />

betreiben, wenn sie vorher austariert worden sind. Die Glasgeräte sind nach dem<br />

<strong>Praktikum</strong> <strong>zu</strong> entleeren und kurz mit Wasser vor<strong>zu</strong>reinigen; die Sauberkeit der<br />

Geräte ist Vorbedingung <strong>für</strong> <strong>zu</strong>verlässige Ergebnisse.<br />

Unvorbereitete Studenten müssen den Versuch wiederholen.<br />

Referate<br />

Neben den acht experimentellen Versuchsnachmittagen werden <strong>zu</strong>sätzlich an drei<br />

Tagen Seminare abgehalten, in denen die Studenten jeweils vier Referate über<br />

<strong><strong>zu</strong>m</strong> <strong>Praktikum</strong>sabschnitt passende Themen halten. Die nicht mehr im <strong>Praktikum</strong><br />

enthaltenen Versuchsthemen „Puffer“, „Bioenergetik“ und „Kohlenhydrate“ sind<br />

auch Bestandteil dieser Seminare.<br />

Die Referatthemen werden vorher von den Assistenten vergeben. Jedes Referat<br />

dauert 20 Minuten und wird von zwei Studenten gehalten, die beide ihren Teil<br />

8<br />

eigenständig vortragen. Anschließend wird 10 Minuten diskutiert und die<br />

Leistung der Vortragenden bewertet. Jeder Student hat im Verlauf des<br />

Blockunterrichts ein Referat <strong>zu</strong> halten. Ohne Referat wird der Schein <strong>zu</strong>r<br />

erfolgreichen Teilnahme am <strong>Biochemischen</strong> <strong>Praktikum</strong> nicht ausgestellt.


9<br />

HINWEISE ZUR UNFALLVERHÜTUNG<br />

Im Labor ist das Tragen eines Baumwollkittels und einer Schutzbrille Pflicht!<br />

Pipettieren<br />

Die am Arbeitsplatz bereitliegenden automatischen Pipetten, Schliffpipetten,<br />

Pipettierhilfen oder Spritzen sollen <strong>zu</strong>r Dosierung entsprechender Lösungen<br />

benutzt werden. Es darf auf keinen Fall mit dem Mund pipettiert werden!<br />

Konzentrierte Säuren wie z.B. HNO3, H2SO4, CH3COOH, HCl oder Laugen wie<br />

z.B. NaOH, KOH, NH4OH sowie giftige (Cyanid-Lösungen, DIFP) oder<br />

infektiöse Lösungen wie Serum, E. coli-Suspensionen können ein erhebliches<br />

Gefahrenpotenzial darstellen. Daher stehen automatische Pipetten s. u. und<br />

Pipettierhilfen <strong>zu</strong>r Verfügung: Blaue Pipettierhilfen <strong>für</strong> 1 ml Glaspipetten, rote<br />

Pipettierhilfen <strong>für</strong> 5, 10 oder 20ml Glaspipetten. Die Pipetten werden vorsichtig<br />

in den Gummiadaptor gesteckt und die Flüssigkeit wird mit Hilfe des Rändelrads<br />

aufgezogen. Zum Ablassen der Flüssigkeit wird der seitlich angebrachte Schalter<br />

gedrückt. Vermeiden Sie unter allen Umständen, dass Flüssigkeit in die<br />

Pipettierhilfe gelangt.<br />

Tipp: Ziehen Sie <strong>zu</strong>erst einen Überschuss an Flüssigkeit auf, und stellen Sie<br />

dann das genaue Volumen mit Hilfe des Ablassschalters ein.<br />

Jeder Student ist angehalten, in eigener Verantwortung mit den Chemikalien<br />

umsichtig und fachgerecht so um<strong>zu</strong>gehen, dass selbst verhältnismäßig ungefährliche<br />

Lösungen nicht auf den Körper oder in den Mund gelangen können.<br />

Essen, Trinken, Rauchen und die Anwendung von Kosmetika sind strikt<br />

untersagt. Der Umgang mit Chemikalien ist nicht narrensicher und verlangt<br />

Vorsicht, Verantwortungsbewußtsein und entsprechende Sachkenntnisse.<br />

Gebrauch der automatischen Pipetten<br />

Um auch im Mikroliter-Bereich genau und sicher pipettieren <strong>zu</strong> können, stehen<br />

Ihnen mechanische Pipettierhilfen (Abb. 1) der Firmen Gilson (PIPETMAN) oder<br />

Biozym (PreCision) <strong>zu</strong>r Verfügung. Je nach Modell können Sie damit zwischen 2<br />

und 5000µl pipettieren. Das unsachgemäße Arbeiten mit diesen<br />

Präzisonsgeräten führt <strong>zu</strong>r Zerstörung der Pipettierhilfen, die hohe Kosten<br />

verursachen. Beachten Sie bitte diese Arbeitshinweise und üben Sie vor dem<br />

ersten Einsatz der Pipetten den Gebrauch mit entionisiertem Wasser.<br />

Abb. 1 Automatische Pipettierhilfen<br />

Die Pipetten haben ein digitales Mikrometer, das das Volumen angibt. Das<br />

Volumen wird durch Drehen einer Einstellschraube (bei der PreCision identisch<br />

mit dem Druckknopf, bei PIPETMAN, schwarze geriffelte Schraube) eingestellt.<br />

Dabei dürfen die Einstellbereiche der einzelnen Pipetten auf keinen Fall über-<br />

oder unterschritten werden:<br />

10


11<br />

Pipetman P20 2 - 20µl Pipetman P5000 1000 -5000µl<br />

Pipetman P100 20 -100µl Precision rot 5 - 50µl<br />

Pipetman P 200 50 - 200µl Precision blau 100 - 1000µl<br />

Pipetman P 1000 200 - 1000µl<br />

Die Digitalanzeigen der PreCision Pipetten werden von links nach rechts<br />

abgelesen und zeigen den tatsächlichen Wert in µl an. Bei der Precision rot sind<br />

0,5µl Schritte einstellbar. Die Digitalanzeige der Pipetman-Pipetten werden von<br />

oben nach unten abgelesen und bestehen aus 3 Ziffern. Bei P20, P100 und P200<br />

bedeuten die schwarzen Ziffern Mikroliter und die roten Ziffern zehntel<br />

Mikroliter, bei P1000 und P5000 bedeuten die roten Ziffern Milliliter und die<br />

schwarzen Ziffern Mikroliter.<br />

Für Pipetman P20, P100, P200 und Precision rot werden gelbe, <strong>für</strong> Pipetman 1000<br />

und Precision blau werden blaue und <strong>für</strong> Pipetman P5000 werden transparente<br />

Einwegpipettenspitzen aus Polypropylen verwendet. Die passenden Spitzen<br />

werden auf den Schaft der Pipette aufgesteckt und mit leichtem Drehen so fest<br />

angedrückt, dass eine absolute Dichtheit gewährleistet ist. Dabei fassen Sie die<br />

Spitzen immer nur am oberen Ende an, niemals an der Spitze. ACHTUNG:<br />

NIEMALS FLÜSSIGKEITEN OHNE SPITZE AUFNEHMEN!<br />

Füllen<br />

Den Druckknopf bis <strong><strong>zu</strong>m</strong> ersten Druckpunkt eindrücken (Abb. 2A). Die Pipette<br />

senkrecht halten, und die Spitze in die Probenflüssigkeit eintauchen. Den<br />

Druckknopf dann langsam und gleichmäßig <strong>zu</strong>rückgleiten lassen (Abb. 2B) Eine<br />

Sekunde warten, und dann die Spitze aus der Flüssigkeit nehmen.<br />

Entleeren<br />

Das Ende der Spitze in einem Winkel von 10 - 40 Grad gegen die Innenwand des<br />

Gefäßes halten. Den Druckknopf langsam bis <strong><strong>zu</strong>m</strong> ersten Druckpunkt<br />

herunterdrücken (Abb. 2C). Eine Sekunde warten. Den Druckknopf bis <strong><strong>zu</strong>m</strong><br />

zweiten Druckpunkt herunterdrücken, um restliche Flüssigkeit aus<strong>zu</strong>stoßen. (Abb.<br />

2D) Die Pipette mit ganz gedrücktem Druckknopf herausnehmen. Den<br />

Druckknopf loslassen (Abb. 2E)<br />

12<br />

Die Spitze durch Drücken des Spitzenabwerfers (P5000 nur manuell) abwerfen.<br />

Die Spitze muss nur gewechselt werden, wenn eine andere Flüssigkeit pipettiert<br />

oder die Volumeneinstellung geändert wird.<br />

Abb. 2 A-E<br />

Gebrauch der pH-Meter<br />

Die pH-Meter müssen vor Arbeitsbeginn geeicht werden (Versuch 1). Da<strong>zu</strong> stehen<br />

zwei Eichlösungen mit pH7 und pH4 <strong>zu</strong>r Verfügung. Zuerst wird die<br />

Glaselektrode mit dest. Wasser gespült, dann (zerstörungsfrei) in die pH7-Lösung<br />

eingetaucht und der pH-Wert ggf. mit dem Assymetriedrehknopf auf 7 einstellt.<br />

Dann wird die Elektrode mit Wasser gespült und in die pH4-Lösung eingetaucht.<br />

Erreicht der abgelesene Wert 3,9 -4,1, ist die Genauigkeit ausreichend <strong>für</strong> die in<br />

diesem <strong>Praktikum</strong> durchgeführten Versuche. Nur wenn der pH-Wert darunter oder<br />

darüber liegt, muss die Steilheit (2. Drehknopf) entsprechend erniedrigt oder<br />

erhöht werden. Nach dem Anpassen der Steilheit wird die Eichung wie oben<br />

beschrieben erneut durchgeführt, <strong>zu</strong>erst bei pH7 dann bei pH4.


Versuch 1: Aminosäuren und Proteine I<br />

Versuche:<br />

Lambert-Beer'sches Gesetz<br />

Quantitative Biuret-Reaktion<br />

Titrationskurve von Aminosäuren<br />

1-1<br />

Analysen:<br />

1. Bestimmung von unbekannten Aminosäuren durch Titration (Ausnahme:<br />

Gemeinsame Analyse)<br />

2. Proteinbestimmung nach Biuret<br />

Wissensgebiete<br />

Lambert-Beer'sches Gesetz, Photometrie<br />

Aminosäuren: Struktur, Kurzschreibweise, chemische Eigenschaften, essentielle<br />

AS<br />

Enzymatischer Mechanismus der AS-Transaminierung, Decarboxylierung <strong>zu</strong><br />

biogenen Aminen, oxidative Desaminierung<br />

Interpretation einer Titrationskurve, isoelektrischer Punkt, pK-Wert, pH-Wert,<br />

Dissoziation des Wassers<br />

Harnstoff-Zyklus und Harnstoff-Biosynthese<br />

Peptide und Proteine: Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur<br />

Bindungsarten in Proteinen: Peptidbindung, Disulfidbrücken<br />

Proteine des Blut-Serums, des Blut-Plasmas<br />

Serum-Normalwerte: Gesamtproteinmenge, prozentuale Zusammenset<strong>zu</strong>ng der<br />

Proteine<br />

Allgemeine und spezifische Nachweisreaktionen der Aminosäuren und Proteine<br />

(SDS)- Gelelektrophorese<br />

Trennmethoden:<br />

Ionenaustauscher- und Affinitäts-Chromatographie, Gelfiltration.<br />

1-2 Aminosäuren und Proteine I<br />

Einführung Photometrie<br />

Der Farbcharakter eines Farbstoffs kommt dadurch <strong>zu</strong>stande, dass der Farbstoff<br />

die <strong>für</strong> ihn charakteristischen Wellenlängen des sichtbaren Lichts absorbiert. Je<br />

konzentrierter die Farbstofflösung ist, desto größer ist die Absorption oder<br />

Lichtschwächung.<br />

Das Prinzip der Photometrie beruht auf der Schwächung eines monochromatischen<br />

Lichtstrahls, der durch eine Lösung geschickt wird. Dabei ist die<br />

Abschwächung des monochromatischen Lichtstrahls proportional <strong>zu</strong>r<br />

Konzentration des gelösten Stoffes und der Dicke der Schicht. Das einfallende<br />

Licht wird beim Durchtritt durch eine differentielle Schicht dx um dI geschwächt.<br />

Die Lichtschwächung gehorcht der Funktion<br />

-dI = K⋅I⋅dx (K = Substanzkonstante)<br />

Das bestimmte Integral lautet dann:<br />

I<br />

⌠ ⎛ ⎞<br />

⌡ ⎝ ⎠<br />

Io<br />

1<br />

I . d<br />

.<br />

dI = -K ∫ 1 dx<br />

x=0<br />

(d = Schichtdicke)<br />

Daraus folgt: ln I - ln Io = -K⋅ d<br />

und: ln ( I<br />

Io<br />

) = ln D = -K⋅d (D=Durchlässigkeit)<br />

Daraus ergibt sich das Lambert'sche Gesetz:<br />

I<br />

Io = e-K⋅d = 10 -m⋅d (m = K⋅ln10)<br />

m ist ein <strong>für</strong> die absorbierende Materie und die Wellenlänge typischer Faktor, und<br />

ist in Lösungen in der Regel der Konzentration c proportional:<br />

m = ε⋅c.<br />

Die Proportionalitätskonstante ε ist der molare Extinktionskoeffizient. Den<br />

reziproken Wert I o<br />

I<br />

bevor<strong>zu</strong>gt man gegenüber der Durchlässigkeit I<br />

I o ,weil sein<br />

Wert anwächst, je größer die Absorption wird. Dessen dekadischer Logarithmus<br />

wird als die Extinktion E bezeichnet:


Einführung 1-3<br />

I o<br />

I = 10md = 10 εcd<br />

log Io<br />

I<br />

= ε • c • d = E Lambert-Beer'sches Gesetz<br />

Der molare Extinktionskoeffizient<br />

ε = Ε<br />

c • d [l × mol-1 × cm-1 ] E = Extinktion<br />

c = Konzentration (mol/l)<br />

d = Schichtdicke (cm)<br />

Die Extinktion E, welche auch als Absorption oder optische Dichte bezeichnet<br />

wird, ist der Schichtdicke d und der Konzentration c proportional. Die Extinktion<br />

ist die Messgröße bei allen photometrischen Untersuchungen. Die Proportionalität<br />

zwischen Extinktion und Konzentration, die das Beer’sche Gesetz verlangt, gilt<br />

nicht in allen Fällen, vor allem nicht mehr in höheren Konzentrationsbereichen.<br />

Da das durchfallende Licht auch durch Reflexion an den Oberflächen der<br />

Küvettenwände geschwächt wird, unter Umständen auch durch das Lösungsmittel,<br />

muss <strong><strong>zu</strong>m</strong> Vergleich die Extinktion einer gleich großen, mit Lösungsmittel<br />

beschickten Küvette als Nullwert gemessen werden. Standardlösungen bekannter<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng sind <strong>zu</strong>r Anlage der Eichkurve bzw. <strong>zu</strong>r Ermittlung von ε<br />

notwendig.<br />

Erstellen einer Eichkurve:<br />

Eine Reihe von Lösungen bekannter Konzentrationen werden gemessen und die<br />

erhaltenen Extinktionen auf der Y-Achse gegen die Konzentrationen auf der X-<br />

Achse aufgetragen. An dieser Eichkurve lässt sich <strong>für</strong> jeden Wert von E die<br />

<strong>zu</strong>gehörige Substanzmenge ablesen. Man kann auch aus jedem gemessenen<br />

Eichwert (Extinktion Ey und Y mg Substanz) mit Hilfe des Dreisatzes die <strong>zu</strong>gehörige<br />

Substanzmenge X einer Probe mit der Extinktion Ex im Reaktionsansatz<br />

berechnen.<br />

1-4 Aminosäuren und Proteine I<br />

0,6<br />

E<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0,0<br />

0<br />

1000<br />

2000<br />

Abbildung 1-1: Eichkurve <strong>für</strong> eine photometrische Analyse<br />

mg/l<br />

3000<br />

Die Abbildung 1-2 zeigt den schematischen Aufbau eines Photometers. Von einer<br />

Lichtquelle (hier eine Wolfram-Glühlampe <strong>für</strong> den sichtbaren und eine<br />

Deuteriumlampe <strong>für</strong> den UV-Bereich) werden, nachdem ein dünner Strahl durch<br />

eine Spaltblende ausgesondert wurde, bestimmte Wellenlängen durch einen<br />

Monochromator (Filter, Gitter oder Prismen) selektiert. Für z.B. orangefarbene<br />

Lösungen wird ein Filter der Komplementärfarbe blau verwendet. Diese<br />

monochromatische (einfarbige) Strahlung wird durch eine Linse gebündelt und<br />

gelangt durch einen Ausgangsspalt <strong>zu</strong>r Küvette, einem quaderförmigen Gefäß <strong>für</strong><br />

die <strong>zu</strong> bestimmende Lösung in der das durch die Lösung gehende Licht je nach<br />

Konzentration des Farbstoffes geschwächt wird. Je nach Wellenlänge werden<br />

unterschiedliche Küvetten verwendet, z. B Quarzküvetten <strong>für</strong> den UV-Bereich,<br />

Glas- bzw. Plastikküvetten <strong>für</strong> den sichtbaren Bereich (ca. 1-5 ml Inhalt, genau<br />

angegebenen Innenabmessungen, meist 1.0 cm "Schichtdicke"),. Das Licht gelangt<br />

schließlich <strong><strong>zu</strong>m</strong> Detektor (Photozelle oder Photodioden, die Licht in Strom<br />

wandeln) und das Messergebnis kann auf verschiedene Weise angezeigt werden<br />

(Amperemeter/ Display/ Computer/ Schreiber/ Drucker).<br />

Das im <strong>Praktikum</strong> verwendete Spektralphotometer ULTROSPEC1000 ist ein<br />

einfach <strong>zu</strong> benutzendes, mikroprozessorgesteuertes Gerät, das Sie <strong>zu</strong>r Messung<br />

der Absorption von Lösungen bei von Ihnen vorgewählten Wellenlängen ver-


Einführung 1-5<br />

wenden. Die Geräte sind bei Beginn des <strong>Praktikum</strong>s bereits eingeschaltetet und<br />

betriebsbereit. Drücken Sie die λ-Taste auf der Tastatur, geben Sie die gewünschte<br />

Wellenlänge ein und bestätigen Sie mit der F3-Taste (↵). Dann füllen Sie eine<br />

Küvette mit dem „Leerwert“ (z. B. Wasser oder ein Reagenzienmix ohne <strong>zu</strong><br />

messende Substanz), stellen sie in den Strahlengang (Orientierung beachten!),<br />

schließen den Deckel des Geräts und drücken Sie die -Taste. Der Leerwert<br />

wird automatisch auf 0,000 eingestellt. Nehmen Sie <strong>zu</strong>r Messung entweder<br />

dieselbe Küvette oder bestimmen Sie den Küvettenfehler, indem Sie die<br />

Messküvette ebenfalls mit dem Leerwert füllen und die Extinktion bestimmen.<br />

Stellen Sie dann die Küvette mit ihrer Messlösung in den Strahlengang und<br />

notieren Sie das Ergebnis.<br />

Lampe Spalt Mono- Linse Spalt Küvette Detektor Anzeige<br />

chromator<br />

Abbildung 1-2<br />

1-6 Aminosäuren und Proteine I<br />

Aminosäuren<br />

Die meisten Aminosäuren sind α-Aminocarbonsäuren, z. B. Glycin oder Valin:<br />

H2N CH<br />

CH3<br />

COOH<br />

H2N<br />

CH<br />

CH<br />

H 3C CH 3<br />

COOH<br />

20 verschiedene Aminosäuren werden in ein Protein während der Synthese am<br />

Ribosom eingebaut. Sie werden in der Dreibuchstaben-Kurzschreibweise nachstehend<br />

angegeben:<br />

Ala Arg Asn Asp Cys Gln Glu Gly His Ile<br />

Leu Lys Met Phe Pro Ser Thr Tyr Trp Val<br />

Neben den zwanzig kodierten Aminosäuren enthalten viele Proteine noch andere<br />

Aminosäuren. Sie werden posttranslational enzymatisch verändert. Diese Proteine<br />

haben spezifische Funktionen. Überlegen Sie sich, welche der Aminosäuren<br />

verändert sind und welche Funktionen diese Proteine erfüllen. Die Aminosäuren<br />

selbst unterliegen metabolischen Vorgängen im Körper. Überlegen Sie sich,<br />

welche Reaktionen diese sind und welche Produkte (u. a. Neurotransmitter) dabei<br />

entstehen.<br />

Die unterschiedlichen Seitenketten der Aminosäuren prägen neben den Aminound<br />

Carboxylgruppen ihre Eigenschaften. Sie entscheiden über ihre chemischen<br />

Eigenschaften, beispielsweise sauer, basisch oder neutral. Ferner klassifiziert man<br />

noch die aromatischen, die polaren bzw. apolaren Aminosäuren. Diese<br />

Unterschiede können <strong>zu</strong> ihrer Trennung genutzt werden.<br />

Im Teilversuch I lernen Sie die Eigenschaften der Aminosäuren kennen. In<br />

Proteinen treten dagegen die Summe der Eigenschaften der Seitenketten hervor.<br />

Im Teilversuch II werden Sie Plasmaproteine untersuchen, die wegen dieser<br />

unterschiedlichen Eigenschaften durch Ionenaustauscherchromatographie<br />

aufgetrennt wurden.


Einführung 1-7<br />

Säure-Base-Eigenschaften von Aminosäuren:<br />

Da die Aminosäuren mindestens eine Carboxylgruppe und eine Aminogruppe<br />

besitzen, liegt eine Monoamino-monocarbonsäure in wässriger Lösung in drei<br />

Ionisationsstufen vor:<br />

R<br />

H<br />

C COOH<br />

K1 R<br />

H<br />

C<br />

-<br />

COO<br />

K2 R<br />

H<br />

C<br />

-<br />

COO<br />

NH3 +<br />

NH3 +<br />

NH2 AS +<br />

AS +-<br />

Das Mengenverhältnis der drei Ionisationsformen ist abhängig von den pK-<br />

Werten der beiden funktionellen Gruppen und dem pH-Wert. Für die Dissoziation<br />

der Carboxylgruppe gilt die Henderson-Hasselbalch'sche Gleichung:<br />

pH = pK1 + log AS<br />

AS<br />

<strong>für</strong> die Aminogruppe:<br />

±<br />

+<br />

−<br />

±<br />

AS -<br />

Gleichung 1<br />

pH = pK2 + log AS<br />

Gleichung 2<br />

AS<br />

Die pK-Werte der Aminosäuren versieht man mit Indices: Dabei beziehen sich:<br />

der pK1 auf die α-Carboxylgruppe, der pK2 auf die α-Aminogruppe und der pKR<br />

bezieht sich stets auf die funktionelle Gruppe der Seitenkette.<br />

Tabelle 1-1: pK-Werte der ionisierenden Gruppen von α-Aminosäuren<br />

bei 25 o C:<br />

Aminosäure<br />

pK1<br />

-COOH<br />

pK2<br />

-NH3 +<br />

pKR<br />

Seitenkette<br />

Glycin 2,35 9,78<br />

Asparaginsäure 1,99 9,90 3,90<br />

Glutaminsäure 2,10 9,47 4,07<br />

Arginin 1,82 8,99 12,48<br />

Lysin 2,16 9,18 10,79<br />

Tyrosin 2,20 9,17 10,13<br />

Histidin 1,82 9,11 6,00<br />

1-8 Aminosäuren und Proteine I<br />

Isoelektrischer Punkt:<br />

Der isoelektrische Punkt ist als derjenige pH-Wert definiert, bei dem die Summe<br />

der positiven Ladungen einer Substanz gleich der der negativen ist.<br />

Da das Zwitterion nach außen neutral ist, muss dann also gelten:<br />

+ −<br />

[ AS ] = [ AS ]<br />

Hieraus und aus den Gleichungen 1 und 2 folgt:<br />

pI =<br />

pK 1 + pK2<br />

2<br />

Der pI von Monoaminodicarbonsäuren (Asp, Glu) ergibt sich aus:<br />

pI =<br />

pKR<br />

pK 1 + pK3<br />

2<br />

der pI von Diaminomonocarbonsäuren (Lys, Arg) aus:<br />

pI =<br />

pK + pK pKR<br />

2 3<br />

2<br />

Das Endprodukt des Aminosäurestoffwechsels.<br />

Harnstoff, das Endprodukt des Aminosäure-Stoffwechsels beim Menschen, wird<br />

durch Urease (kommt in Sojabohnen und Bakterien vor) hydrolytisch in CO2 und<br />

NH3 gespalten. Auf der Wirkung der Bakterien-Urease beruht die<br />

"ammoniakalische Gärung" von Urin. Für die Bestimmung von Harnstoff in<br />

biologischem Material (Blut, Harn) hat Urease große Bedeutung, da sie streng<br />

spezifisch ist und das entstehende Ammoniak nach verschiedenen Methoden<br />

genau bestimmt werden kann (keine Durchführung in diesem <strong>Praktikum</strong>).


Biuret 2-9<br />

I. Quantitative Biuret-Reaktion<br />

Proteine und Peptide bilden mit Cu 2+ -Ionen in alkalischer Lösung (Biuret-Reagenz)<br />

rot bis violett gefärbte Komplexverbindungen, freie Aminosäuren jedoch<br />

nicht. Die quantitative Biuret-Probe ist eine der häufigsten Proteinbestimmungsmethode.<br />

Der Name der Reaktion stammt von der einfachsten Verbindung,<br />

die mit dem Biuret-Reagenz (Cu2+ in alkalischer Lösung) die Komplexverbindung<br />

liefert, dem Biuret. Es entsteht durch trockenes Erhitzen von Harnstoff:<br />

2<br />

O<br />

NH2<br />

C<br />

NH2 NH2 O C<br />

NH<br />

O C<br />

NH2<br />

+ NH 3<br />

Cu2+-Ionen liegen gewöhnlich als Tetrahydrat vor. Diese vier Wassermoleküle<br />

werden durch Aminogruppen verdrängt. Es sind also mindestens zwei<br />

Peptidbindungen <strong>für</strong> den Komplex erforderlich:<br />

O<br />

C<br />

H C NH2 N oder 2 Säureamidreste O<br />

wie im Biuret<br />

Lösungen:<br />

Analyse unbekannte Proteinlösung<br />

Protein-Standardlösung 10 g/l<br />

Biuret-Reagenz (in PVC-Flasche):<br />

1,5 g CuSO4⋅5 H2O + 6 g Kalium-Natrium-Tartrat in 500 ml Wasser lösen; da<strong>zu</strong><br />

300 ml 10 %ige NaOH. Auffüllen auf 1 l.<br />

Zur Herstellung einer Eichkurve werden sechs Proben (0,0 (Leerwert); 0,4; 0,8;<br />

1,2; 1,6 und 2 ml) einer Standard-Proteinlösung in Reagenzgläser pipettiert, und<br />

mit dest. Wasser auf 2 ml aufgefüllt. In zwei andere Reagenzgläser werden je 2 ml<br />

der Analysenlösung pipettiert. Alle Proben werden mit 8 ml Biuret-Reagenz gut<br />

gemischt und <strong>zu</strong>r Ausbildung der Farbe 30 min stehengelassen. Gemessen wird in<br />

1 cm-Küvetten bei 578 nm gegen den Leerwert (2 ml dest. Wasser und 8 ml<br />

Biuret-Reagenz). Denken Sie immer daran Doppelbestimmungen durch<strong>zu</strong>führen:<br />

Einzelmessungen haben oft Lotteriecharakter!<br />

1-10 Aminosäuren und Proteine I<br />

Auswertung:<br />

Als Ordinate wird die Extinktion, als Abszisse die mg Protein/Liter Lösung<br />

eingetragen.<br />

a) Bestimmen Sie aus der Eichkurve den Proteingehalt der Analysenlösung,<br />

indem Sie den <strong>zu</strong>r gemessenen Extinktion gehörenden Wert in mg<br />

Protein/Liter ablesen, oder<br />

b) Berechnen Sie mit jedem Punkt, den Sie <strong>für</strong> die Erstellung der Eichkurve<br />

verwendet haben, durch Dreisatz den Proteingehalt der Probe. Vergleichen Sie<br />

den Mittelwert mit dem bei a) bestimmten Wert.<br />

c) Geben Sie das Ergebnis in mg Protein pro Liter Analysenlösung an.<br />

II. pH-Titrationskurve einer Aminosäure<br />

Durch schrittweise Zugabe von HCl oder NaOH wird in einer wässrigen Lösung<br />

die Konzentration von H + -Ionen erhöht oder erniedrigt. Durch die chemischen<br />

Eigenschaften der gelösten Aminosäure können diese Veränderungen <strong><strong>zu</strong>m</strong> Teil<br />

abgefangen werden. Der pH-Wert bleibt streckenweise relativ konstant<br />

(Pufferkapazität) und schlägt erst an charakteristischen Punkten um.<br />

Bei der Titration einer Aminosäure findet man mindestens zwei Umschlagspunkte<br />

(NH4+, COO-), je nach Seitenkette auch einen dritten. Die Titrationskurven von<br />

Arginin, Glutaminsäure und Glycin sind hier dargestellt. Achtung Fehlerquelle:<br />

Die Umschlagspunkte von Gly und Glu liegen sehr nahe beieinander! Markieren<br />

Sie bitte die entsprechenden pK-Werte der drei Aminosäuren in der Kurve und<br />

machen Sie sich bitte Gedanken darüber, warum die Kurven wie in der Abbildung<br />

1-2 aussehen.


pH<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Titration 2-11<br />

Glu<br />

Gly<br />

Arg<br />

Abbildung 1-2: Die Titrationskurven von Arg, Gly und Glu<br />

Geräte:<br />

pH-Meter mit Elektrode<br />

Magnetrührer mit Teflonrührer<br />

Becherglas: 100 ml<br />

Vollpipette: 20 ml<br />

Büretten: 2 x 50 ml<br />

Lösungen:<br />

3 unbekannte Aminosäure-Lösungen (saure Lösungen, 5 g/l)<br />

0,1 M NaOH<br />

ml NaOH<br />

1-12 Aminosäuren und Proteine I<br />

Aufgabe:<br />

Titration von drei unbekannten Aminosäuren mit NaOH<br />

Ausführung:<br />

30 ml einer unbekannten Aminosäure-Lösung (5 g/l) werden in ein 100 ml<br />

Becherglas gegeben. Diese Lösung wird langsam auf dem Magnetrührer gerührt.<br />

Mit dem pH-Meter (Eichung: siehe Einleitung) wird durch Eintauchen der<br />

Elektrode in die Lösung der pH-Wert bestimmt (Vorsicht: Tief genug, aber nicht<br />

<strong>zu</strong> weit eintauchen, damit der Rührfisch nicht die Elektrode beschädigt).<br />

Aus einer 50 ml-Bürette wird in 1 ml Schritten 0,1 m NaOH-Lösung <strong>zu</strong>gegeben<br />

bis pH 11 erreicht ist, mindestens aber 30 ml. Der pH-Wert wird nach jeder<br />

Zugabe abgelesen und in einer Wertetabelle festgehalten.<br />

Anschließend werden Becherglas und Rührfisch mit demineralisiertem Wasser<br />

ausgespült und der Versuch mit der nächsten unbekannten Aminosäure-Lösung<br />

wiederholt.<br />

Auswertung:<br />

Die Messwerte werden auf Millimeterpapier grafisch dargestellt. Vergleichen Sie<br />

Ihre Kurven mit denen in Abb. 1-2 und geben Sie an, welche Analysen welchen<br />

Aminosäuren entsprechen (Ergebnisse in Liste eintragen). Anhand der Kurve<br />

können pK-Werte und pI-Werte abgeschätzt werden, die ebenfalls Rückschlüsse<br />

auf die eingesetzten Aminosäuren ermöglichen. Wo liegen sie? Welche<br />

chemischen Eigenschaften haben diese Aminosäuren?


Übungsaufgaben:<br />

Aufgaben 2-13<br />

1. Nur isoelektrisches Lysin, Lys°, ist Substrat der Lysindecarboxylase<br />

a) Formulieren Sie die Ionenpaare bei pKa1 = 2,18; pKa2 = 8,95; pKa3 =<br />

10,54<br />

b) Wie groß ist [Lys°] einer 10 -3 M Lösung bei pH = 7,6?<br />

2. Formulieren Sie die Struktur des Peptids H2N-Tyr-Arg-Trp-Ile-COOH<br />

a) <strong>zu</strong> welchem Pol wandert das Peptid in der Elektrophorese bei pH 4?<br />

b) Welche Form der Arg-Seitenkette liegt bei diesem pH vor?<br />

(pKa1 = 2,17; pKa2 (α-NH2) = 9,04; pKa3 (Seitenkette) = 12,48<br />

3. Histidin hat einen pKa3 = 6,1<br />

a) Formulieren Sie die beiden Ionenspezies bei pH 7,4, und<br />

b) Bestimmen Sie das Verhältnis von basischer <strong>zu</strong> saurer Form<br />

4. a) γ-Aminobuttersäure entsteht aus _________ durch_____________<br />

b) Ihr isoelektrischer Punkt beträgt 7,3. Eine Lösung von γ-Amino-<br />

buttersäure enthält bei pH 3,25 10 % Zwitterion.Wie groß sind die pK-Werte<br />

pK1 und pK2?<br />

5. Zeichnen Sie die Titrationskurve von 0,05 M Alanin-Hydrochlorid in<br />

wässriger Lösung bei Zugabe von 0,1 M NaOH. (Anfangs-pH = 0,5).<br />

pKa1 = 2,35, pKa2 = 9,78. Ordinaten quantitativ bezeichnen!<br />

6. Zeichnen Sie die Titrationskurve von 1 l 0,02 M Glycin-Hydrochlorid in<br />

wässriger Lösung, deren Anfangs-pH = 0,5 ist, unter Zugabe von 0,1 M<br />

NaOH. pK1 = 2,25, pK2 = 9,77.<br />

a) Bezeichnen Sie die Ordinate (pH) und Abszisse (ml 0,1 N NaOH) <strong>für</strong><br />

jeden Punkt exakt.<br />

b) Berechnen Sie mindestens zwei Messpunkte links und rechts vom berechneten<br />

isoelektrischen Punkt.<br />

7. Geben Sie den Bereich des isoelektrischen Punktes eines sauren bzw. basischen<br />

Proteins an.<br />

8. Wieviele Protonen kann Lysin ausgehend vom pH 1 maximal abgeben?<br />

Wieviele saure bzw. basische Funktionen enthält Lysin?<br />

9. Geben Sie die relative Lage der folgenden Peptide an, die in einer Papierelektrophorese<br />

bei pH 7 aufgetrennt werden.<br />

A: Phe-Met-Gly, B: Leu-Gly-Arg und C: Glu-Ile-Ala.<br />

1-14 Aminosäuren und Proteine I<br />

10. a) Wie groß ist der pH-Wert einer 0,1 N HCl; einer 0,1 N NaOH; einer 0,1 N<br />

Essigsäure?<br />

b) Der pH-Wert des Blutes sei 7,4. Wie groß ist die [H+]?<br />

c) Wieviele H+/ml hat eine Lösung mit einem pH-Wert von 1,2?<br />

11. a) Wieviel ml einer 28 %-igen HCl (Gew. %, MG = 36,5 g/mol, Dichte 1,15<br />

g/ml) benötigt man, um 2 l einer 0,4 M HCl her<strong>zu</strong>stellen?<br />

b) Wieviel ml 0,15 M KOH sind <strong>zu</strong>r Neutralisation 180 g H2SO4 erforderlich?<br />

MG H2SO4 = 98 g/mol; MG KOH = 56 g/mol<br />

c) Wieviel ml 0,025 M H2SO4 benötigt man, um 525 ml 0,06 M KOH <strong>zu</strong><br />

neutralisieren?<br />

12. Die Pufferkapazität ist definiert als die Anzahl mol H+, die den pH-Wert<br />

eines Liter Puffers um 1 verändert. Berechnen Sie die Pufferkapazität eines<br />

0,3 M Acetatpuffers von pH = 5,0 in saurer Richtung.<br />

Ka = 1,9 x10-5 mol/l<br />

13. Tris Puffer: H2N-C(CH2OH)3 → H3N + -C(CH2OH)3<br />

Sie sollen 500 ml eines 0,1 M Tris-Puffers vom pH 7,4 aus fester Tris-Base<br />

(MG = 121 g/mol, pK = 9) und 33 %-iger HCl (Gew. %; Dichte 1,165 g/ml)<br />

herstellen. Wieviele g bzw. ml benötigen Sie von jeder Komponente?<br />

14. Wieviel g Glycin und wieviel g NaOH benötigen Sie, um einen 5 Liter eines<br />

0,05 M Glycin-Puffers mit einem pH-Wert von 9,6 her<strong>zu</strong>stellen? (pK1 = 2,5;<br />

pK2 = 9,6)


Versuch 2: Aminosäuren und Proteine II<br />

Versuche:<br />

SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese<br />

Western-Blot<br />

Proteinstrukturen (Teil I+ II)<br />

Analyse:<br />

Molekulargewichtsbestimmung eines Proteins<br />

2-1<br />

Wissensgebiete<br />

Funktion von Proteinen: Enzyme, Transportmoleküle, Strukturelemente,<br />

Antikörper, Hormone<br />

Proteasen: ihre Bildung, Vorkommen, pH-Optimum<br />

Spezifitäten: Warum spaltet Pepsin nicht bei pH7?<br />

Lipoproteine, Klassifizierung und Komponenten, Trennmethoden und Pathobiochemie<br />

Beispiele von Proteinen mit Kofaktoren (prosthetischen Gruppen)<br />

Posttranslationale Modifikationen<br />

Sequenzanalyse<br />

2-2 Aminosäuren und Proteine II<br />

Proteolytischer Verdau<br />

Medizinische Bedeutung:<br />

Proteolytische Prozesse sind <strong>für</strong> eine Vielzahl physiologischer Funktionen essentiell:<br />

z.B. wird die Blutgerinnung durch eine Kaskade von proteolytischen<br />

Schritten reguliert, durch die Enzyme (Zymogene) aktiviert werden und letztendlich<br />

aus Fibrinogen das unlösliche Fibrin entsteht. Hämophilie kann durch das<br />

Fehlen oder die Mutation eines der beteiligten Proteine, z.B. Faktor IX genannt,<br />

hervorgerufen werden. Ein weiteres Beispiel ist die Aktivierung von Prohormonen<br />

wie Proinsulin oder Wachstumsfaktoren durch Abspaltung eines Peptides.<br />

Proteasen besitzen mehr oder weniger breite Spezifitäten <strong>für</strong> gewisse Peptidbindungen.<br />

In diesem Versuch sollen Sie die entstehenden Spaltprodukte von<br />

Albumin aus Ei (Ovalbumin) und aus Serum nach Verdau mit Chymotrypsin analysieren.<br />

Ovalbumin (OV) und Serumalbumin (SA) wurden vom Assistenten mit<br />

Chymotrypsin verdaut. Die Proteinfragmente werden am heutigen Versuchstag<br />

mit Hilfe der SDS-Polyacrrylamidgelelektrophorese getrennt und die Gele mit<br />

Coomassie angefärbt.<br />

Ionenaustauscherchromatographie von Proteinen<br />

Unter Ionenaustauscher-Chromatographie versteht man eine Methode, bei der ein<br />

lösliches Ion gegen ein gleich geladenes Ion an einer unlöslichen Trägersubstanz<br />

ausgetauscht wird. Die im Labor verwendeten Ionenaustauscher sind unter<br />

anderen synthetische Träger, z. B. Polymere auf Polystyrolbasis (mit<br />

Quervernet<strong>zu</strong>ng). Häufig eingesetzt werden auch modifizierte Zuckerpolymere.<br />

Die Kationenaustauscher enthalten Sulfonsäure (–SO3H), Carboxyl- (–COOH)<br />

oder phenolische Gruppen als funktionelle Gruppe. Nach der<br />

Dissoziationskonstante (pK) der ionischen Gruppen unterscheidet man stark saure<br />

(–SO3H) und schwach saure (–COOH) Austauscher.


Ionenaustauscherchromatographie 2-3<br />

Die Anionenaustauscher enthalten basische Gruppen, z. B. –N + (CH3) 3 (stark<br />

basisch) oder –N + H(CH3) 2 (schwach basisch).<br />

Wirkungsweise von Ionenaustauschern:<br />

Kationenaustauscher:<br />

Träger<br />

SO3 - Na +<br />

+<br />

Protein +<br />

Träger<br />

- +<br />

SO3 Protein<br />

+<br />

Na +<br />

Das auf die mit Kationenaustauscher (Na + -Form) gefüllte Säule gegebene positive<br />

Ion, in diesem Falle Protein+, wird gegen das Na + ausgetauscht. Natriumionen<br />

erscheinen im Eluat der Säule.<br />

Anionenaustauscher:<br />

Träger Träger<br />

CH2 +<br />

H3C N CH3OH CH2 +<br />

H3C N CH3 CH3<br />

CH3<br />

-<br />

+<br />

Protein -<br />

+<br />

OH -<br />

Protein -<br />

Das OH - der quarternären Ammoniumbase des Austauschers wird z. B. durch<br />

Protein - ausgetauscht.<br />

2-4 Aminosäuren und Proteine II<br />

Die Affinität eines Ionenaustauschers <strong>für</strong> ein Protein hängt von der Natur der<br />

geladenen Gruppe auf dem Träger ab und von der Natur und Anzahl der geladenen<br />

Gruppen auf der Proteinoberfläche. Je größer die Zahl der Ladungen eines Ions,<br />

um so fester wird das Protein an den Austauscher gebunden.<br />

Die Konzentration der Ionen, die Ionenstärke, beeinflusst ebenfalls die Bindung.<br />

In der Praxis spielen u.U. auch die Proteingröße und die Quervernet<strong>zu</strong>ng (Größe<br />

der Löcher im Träger) eine Rolle. Die Ionenstärke wird berechnet nach:<br />

I = 1<br />

2 ∑ c⋅z2 (c = Konzentration; z = Ladungszahl)<br />

Ionenaustauscher werden <strong>für</strong> viele Zwecke in der Medizin, Biochemie und<br />

Technik verwendet: Als Medikament <strong><strong>zu</strong>m</strong> Natriument<strong>zu</strong>g; <strong>zu</strong>r Herstellung Ca2+ -<br />

armer Milch in der Diätetik; als Diagnostikum <strong>zu</strong>r sondenlosen Funktionsprüfung<br />

der Magensaftsekretion. In der Biochemie werden Ionenaustauscher <strong>zu</strong>r<br />

chromatographischen Trennung einer Vielzahl von Molekülen verwendet, z.B.<br />

von Proteinen oder Aminosäuren. In großem Umfang werden Ionenaustauscher<br />

<strong><strong>zu</strong>m</strong> Entsalzen von Lösungen, insbesondere <strong>zu</strong>r Wasserenthärtung, verwendet.<br />

Der pI von Peptiden und Proteinen ergibt sich aus dem Verhältnis aller dissoziierbaren<br />

Gruppen. Die pI-Werte von Proteinen mit einem überwiegenden Anteil<br />

an sauren Aminosäuren liegen im sauren pH-Bereich; Proteine mit einem größeren<br />

Anteil an basischen Aminosäuren haben ihre pI-Werte im alkalischen. Liegt der<br />

pH-Wert einer Pufferlösung unterhalb des pI-Wertes eines Proteins ist die<br />

Gesamtladung des Proteins positiv; liegt er oberhalb, ist die Summe der Ladungen<br />

negativ.<br />

Im folgenden Versuch werden humane Plasmaproteine (siehe Tabelle 2.2)<br />

verwendet, die durch Anionenaustausch-Chromatographie auf DEAE-Sephacel<br />

aufgetrennt wurden. (Versuch wurde bereits vom Assistenten durchgeführt).<br />

DEAE-Sephacel ist ein schwach basischer Anionenaustauscher aus Diethylaminoethyl<br />

(DEAE = -O-CH2CH2N + H(CH2CH2)2) substituierter Cellulose.<br />

Cellulose dient hier als Trägermaterial; die Trennung der Proteine erfolgt über<br />

ionische Wechselwirkungen mit den positiv geladenen DEAE-Gruppen in Abhängigkeit<br />

vom pH-Wert und der Ionenstärke des Puffers.


SDS-PAGE 2-5<br />

Unter den Startbedingungen der Chromatographie (pH 8,6) sind die Plasmaproteine<br />

negativ geladen und werden über elektrostatische Wechselwirkungen an<br />

den Ionenaustauscher gebunden. Die Elution der Immunglobuline (pI 8,3) erfolgt<br />

bei pH 7,0. Unter diesen Bedingungen bleiben die übrigen Plasmaproteine<br />

aufgrund ihrer niedrigeren pI-Werte (z.B. Albumin pH 5,6) an die Säule gebunden<br />

und können anschließend bei pH 4,2 eluiert werden. Die Analyse der Eluate) in<br />

der SDS-Polyacrylamidgel Elektrophorese (SDS-PAGE).<br />

I. SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese<br />

Medizinische Bedeutung:<br />

Polyacrylamidgelelektrophorese (PAGE) gehört <strong>zu</strong> den wichtigsten biochemischen<br />

Untersuchungsmethoden. PAGE eignet sich sowohl <strong><strong>zu</strong>m</strong> Nachweis der<br />

Reinheit von Proteinen als auch <strong><strong>zu</strong>m</strong> Nachweis von Enzymmustern bzw. Proteinmustern.<br />

Desweiteren wird sie <strong>für</strong> Analyse der Größe von DNA-Fragmenten<br />

verwendet wie z.B. <strong>für</strong> Sequenzierung oder die Analyse von Mutationen in vererbbaren<br />

Krankheiten. Die hier durch<strong>zu</strong>führende SDS-PAGE ist eine spezielle<br />

Methode <strong>zu</strong>r Analyse von Proteinen.<br />

Grundlagen:<br />

SDS (Sodiumdodecylsulfat) ist ein anionisches Detergenz, das die Proteine in der<br />

Probe denaturiert und an diese denaturierten Proteine bindet. Die Proteine werden<br />

somit unabhängig von ihrem pI-Wert negativ geladen und wandern <strong>zu</strong>r Anode.<br />

Die Wanderung wird dann nur noch von der Größe der Proteine bestimmt, die<br />

durch den Molekularsiebeffekt des Polyacrylamidgeles <strong>zu</strong> einer unterschiedlichen<br />

Wanderungsstrecke führt.<br />

Acrylamid ist das Material der Wahl, um Proteine nach Größe elektrophoretisch<br />

<strong>zu</strong> trennen. Das Acrylamid bildet <strong>zu</strong>sammen mit Bisacrylamid ein quervernetzes<br />

Netzwerk, wenn ein Radikalstarter <strong>zu</strong>gesetzt wird. Bei Verwendung von hohen<br />

Konzentrationen an Acrylamid und Bisacrylamid erhöht man den Grad der<br />

Quervernet<strong>zu</strong>ng und verringert die Porengröße, so dass kleine Proteine gut<br />

aufgetrennt werden. Für große Proteine verwendet man niedrigprozentige Gele.<br />

2-6 Aminosäuren und Proteine II<br />

Um eine optimale Auflösung der Proteine <strong>zu</strong> erhalten, werden zweischichtige Gele<br />

verwendet. Den unteren Teil nennt man Trenngel, den oberen Sammelgel.<br />

Letzteres hat eine geringe Konzentration an Acrylamid und einen anderen pH-<br />

Wert. Dies erlaubt es den Proteinen einer Probe sich in scharfen Banden <strong>zu</strong><br />

„sammeln“, bevor sie im Trenngel aufgetrennt werden.<br />

Aussagen über intra- oder intermolekulare Disulfidbrücken in Proteinen kann man<br />

erhalten, wenn man die Proben vor Auftrag auf das Polyacrylamidgel mit β-<br />

Mercaptoethanol reduziert und mit nicht reduzierten Proben vergleicht.<br />

Geräte:<br />

Mighty Small Elekrophorese Kammer<br />

Materialien:<br />

SDS-Polyacrylamid-Gele, gebrauchsfertig, 10% Acrylamid<br />

Laufpuffer: 20 mM Tris, 192 mM Glycin, 0.1% SDS, pH 8.3<br />

Probenpuffer nicht-reduzierend: (4fach): 8% SDS, 40% Glycerin, 0.1%Bromphenolblau,<br />

250mM TRIS/HCl, pH 6.8,<br />

Probenpuffer reduzierend: (4fach): wie nicht-reduzierend, plus 10% β-Mercaptoethanol<br />

Coomassie-Färbelösung: 0.2%Coomassie Blue R250 in 50%MeOH, 5% HOAc<br />

Entfärbelösung: 40% MeOH, 7% HOAc<br />

Fixierlösung: 7% HOAc


SDS-PAGE 2-7<br />

Aufgaben:<br />

1. Die Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie (vorbereitet) sollen im<br />

reduzierten und nichtreduzierten Zustand aufgetrennt und die Hauptbanden<br />

anhand ihres Molekulargewichtes identifiziert werden.<br />

2. Als Analyse soll das Molekulargewicht eines unbekannten Proteines bestimmt<br />

werden.<br />

3. Unbehandeltes und mit Chymotrypsin behandeltes Serumalbumin und<br />

Ovalbumin (vorbereitet) sollen aufgetrennt und die Molekulargewichte der<br />

auftretenden Banden bestimmt werden.<br />

4. Milchproteine sollen aufgetrennt und identifiziert werden.<br />

5. Plasma und zwei Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie der<br />

Plasmas sollen aufgetrennt werden, um sie <strong>für</strong> den immunologischen Nachweis<br />

von IgG in Versuch 5 auf Nitrocellulose <strong>zu</strong> blotten.<br />

Durchführung:<br />

1. Probenvorbereitung:<br />

Jeweils 15 µl Probe werden mit 5 µl Probenpuffer (reduzierend bzw nicht<br />

reduzierend) in einem Eppendorf-Reaktionsgefäß versetzt (gelbe Pipettenspitzen<br />

verwenden), 5 min bei 100°C inkubiert und kurz abzentrifugiert.<br />

2. Gelaufbau:<br />

Da nicht polymerisiertes Acrylamid toxisch ist, erhalten Sie gebrauchsfertige,<br />

auspolymerisierte Gele. Diese 1 mm dicken Gele wurden zwischen zwei<br />

Glasplatten auspolymerisiert und verbleiben während der Auftrennung auch<br />

zwischen den Glasplatten. Im Sammelgel befindet sich ein Kamm. Wird dieser<br />

aus dem Gel herausgezogen, ergeben sich Aussparungen, in die die<br />

Proteinproben aufgetragen werden.<br />

• Die Gele müssen Sie mittels zweier roter Klammern in die Laufkammern<br />

einsetzen, durchsichtige Seite nach vorne. Beachten Sie, dass zwei verschiedene<br />

Gele verwendet werden. Gel 1 hat eine Trenngelkonzentration von<br />

10% Polyacrylamid, Gel 2 von 15%.<br />

• Die Gelkammern mit Laufpuffer befüllen.<br />

• Die Markierungsschablone auf der Glasplatte am Kamm ausrichten und den<br />

Kamm vorsichtig herausziehen.<br />

2-8 Aminosäuren und Proteine II<br />

• Die vorbereiteten Proben werden mit den speziellen ausgezogenen Spitzen<br />

(farblos) langsam in die Taschen eingefüllt. Die Molekulargewichtsmarker<br />

können direkt, ohne Zugabe von Probenpuffer, aufgetragen werden (20µl).<br />

Beladung des Gels 1: (Fraktionen der Ionenaustauscherchromatographie)<br />

Gel 1, 10%<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />

F0<br />

nr<br />

F1<br />

nr<br />

F2<br />

nr<br />

F3<br />

nr<br />

F4<br />

nr<br />

F5<br />

nr<br />

leer leer F0<br />

r<br />

Beladung des Gels 2: Molekulargewichtsmarker MW, Analysen <strong>zu</strong>r Molekulargewichtsbestimmung,<br />

proteolytische Verdaus von Serumalbumin (SA1, SA2) und<br />

Ovalbumin (OV1,OV2) und den Serum/Plasma Proben <strong>für</strong> den Westernblot.<br />

Achtung: Bis auf Proben Nr. 10-12 alle Proben reduzieren!<br />

Gel 2, 15%<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />

M AnaAna- S S O O Milch- leer F0 F5 F3 leer F3 M<br />

W lyselyse A A V V pulver<br />

W<br />

1 2 1 2 1 2<br />

r r r r r r r<br />

nr nr nr r<br />

• Gelkammerdeckel aufsetzen (auf die richtige Polung achten),<br />

Elektrophorese starten. 160 V, 200 mA, Dauer ca. 1 h, bis Blaumarker am<br />

unteren Ende des Gels angelangt ist.<br />

• Spannung abschalten, Deckel abnehmen.<br />

• Mit der grossen 50 ml Spritze Gelpuffer in der Kammer abziehen (Ausguss)<br />

und die Gele herausnehmen.<br />

• Seitliche Trennstücke herausziehen und Glasplatte vorsichtig vom Gel trennen.<br />

Das Gel 2 mit den Analysen und den Proben <strong>für</strong> den Westernblot mit einem<br />

Skalpell in Spur 9 durchschneiden. Die Verwendung des Gelstückes <strong>für</strong> den<br />

Westernblot wird unter B) beschrieben. Das Gelstück mit den Analyseproben<br />

F1<br />

r<br />

F2<br />

r<br />

F3<br />

r<br />

F4<br />

r<br />

F5<br />

r<br />

M<br />

W


SDS-PAGE 2-9<br />

und das Gel 1 mit den Ionenaustauscherfraktionen wird in eine Plastikschale<br />

<strong>zu</strong> ungefähr 75ml (halbvolle Schale) Coomassie-Färbelösung gegeben und 15<br />

min auf dem Schüttler gefärbt.<br />

• Dann das Gel ~1 h in Entfärbelösung entfärben. Da<strong>zu</strong> Coomassie-Lösung in<br />

entsprechende Recyclingflasche <strong>zu</strong>rückfüllen, Gel kurz mit Wasser abspülen<br />

und Entfärbelösung <strong>zu</strong>geben.<br />

• Entfärbelösung in entsprechende Recyclingflasche abgießen und Fixierlösung<br />

<strong>zu</strong>geben.<br />

• Zusammen mit dem Assistenten das Gel mit der Videokamera fotografieren.<br />

Auswertung:<br />

1. Ionenaustauscherchromatographie von Plasma:<br />

Beschreiben Sie die Hauptbanden in den verschiedenen Fraktionen und wie<br />

sich das Molekulargewicht dieser Fraktionen bei Reduktion verhält.<br />

2. Messen Sie die Laufstrecken der Markerproteine und ihres Analysenproteins<br />

exakt aus.<br />

Die Markerproteine sind: Phosphorylase B 97400 Da<br />

Serumalbumin 67000 Da<br />

Albumin aus Ei 45000 Da<br />

Carboanhydrase 29000 Da<br />

Lactalbumin 14200 Da<br />

Tragen Sie die Laufstrecke gegen der Logarithmus des Molekulargewichtes<br />

auf und verbinden Sie die Punkte. Berechnen Sie das Molekulargewicht ihres<br />

Analysenproteins. Wichtig ist, dass Sie alle Markerbanden auf dem Gel<br />

erkennen und eindeutig <strong>zu</strong>ordnen können. Zwei Probleme können auftreten: 1.<br />

Das Lactalbumin kann aus dem Gel herausgelaufen sein. 2. Abbaubanden der<br />

übrigen Markerproteine entstehen. Bei Unklarheiten bitte Assistenten<br />

befragen. Tipp: Serumalbumin-Bande als Anhaltspunkt benutzen!<br />

3. Verfahren Sie analog mit Ovalbumin und dem mit Chymotrypsin geschnittenen<br />

Ovalbumin. Die Aminosäuresequenz von Ovalbumin lautet:<br />

2-10 Aminosäuren und Proteine II<br />

1 GSIGAASMEF CFDVFKELKV HHANENIFYC PIAIMSALAM VYLGAKDSTR<br />

51 TQINKVVRFD KLPGFGDSIE AQCGTSVNVH SSLRDILNQI TKPNDVYSFS<br />

101 LASRLYAEER YPILPEYLQC VKELYRGGLE PINFQTAADQ ARELINSWVE<br />

151 SQTNGIIRNV LQPSSVDSQT AMVLVNAIVF KGLWEKAFKD EDTQAMPFRV<br />

201 TEQESKPVQM MYQIGLFRVA SMASEKMKIL ELPFASGTMS MLVLLPDEVS<br />

251 GLEQLESIIN FEKLTEWTSS NVMEERKIKV YLPRMKMEEK YNLTSVLMAM<br />

301 GITDVFSSSA NLSGISSAES LKISQAVHAA HAEINEAGRE VVGSAEAGVD<br />

351 AASVSEEFRA DHPFLFCIKH IATNAVLFFG RCVSP<br />

Chymotrypsin schneidet normalerweise hinter aromatischen Aminosäuren.<br />

Wieviele Fragmente würden sie ausgehend von der Sequenz erwarten? Wie<br />

erklären Sie die im Gel aufgetretenen Banden?<br />

4. Beschreiben Sie die Hauptproteinbanden der Milchproteine. Welche Funktion<br />

haben die Proteine der Milch?<br />

Tabelle 2-1: Ein-Buchstaben-Code der Aminosäuren<br />

A Ala Q Gln L Leu S Ser<br />

R Arg E Glu K Lys T Thr<br />

N Asn G Gly M Met Y Tyr<br />

D Asp H His F Phe W Trp<br />

C Cys I Ile P Pro V Val


SDS-PAGE 2-11<br />

Tabelle 2-2: Wichtige Proteine des Blutplasmas (g/l)<br />

Frauen Männer Kinder<br />

Präalbumin) 0,15 - 0,30 0,20 - 0,30 0,04 - 0,12<br />

Albumin 38,00 -51,00 40,00 - 52,00 28,00 - 41,00<br />

α1-Antitrypsin 0,95 - 1,85 0,85 - 1,85 0,60 - 1,60<br />

Orosomukoid 0,50 - 1,00 0,55 - 1,15 0,10 - 0,40<br />

α2-Makroglobulin 2,05 - 4,30 1,80 - 3,40 2,35 - 5,30<br />

Haptoglobin 0,50 - 2,70 0,55 - 3,20 < 0,20<br />

Ceruloplasmin 0,25 - 0,55 0,20 - 0,45 0,05 - 0,25<br />

Transferrin 1,65 - 2,90 1,54 - 2,75 0,90 - 1,90<br />

Hemopexin 0,60 - 0,95 0,65 - 0,95 0,04 - 0,30<br />

C3-Komplementfaktor 0,80 - 1,85 0,90 - 1,90 0,70 - 1,15<br />

C4-Komplementfaktor 0,20 - 1,00 0,30 - 1,25<br />

Fibrinogen 1,90 - 4,70 1,80 - 4,50<br />

IgG 7,20 - 15,50 6,70 - 14,70 5,50 - 12,70<br />

IgA 0,50 - 3,00 0,50 - 3,00 < 0,10<br />

IgM 0,20 - 2,10 0,15 - 1,20 0,02 - 0,12<br />

2-12 Aminosäuren und Proteine II<br />

II. Blotting der Proteine auf Nitrocellulose<br />

(Vorbereitung <strong>für</strong> Versuch 5)<br />

Grundlagen:<br />

Dieser Versuch ist die Vorbereitung <strong>für</strong> den immunologischen Versuch 5. Die<br />

medizinische Bedeutung ist dort erläutert. Proteine, die mittels SDS-PAGE<br />

getrennt wurden, werden in dem sogenannten Blotting-Verfahren auf Nitrocellulose<br />

übertragen, auf der dann immunologische Nachweise durchgeführt<br />

werden können. Die Übertragung erfolgt wie bei der SDS-PAGE elektrophoretisch,<br />

d.h. die mit SDS beladenen Proteine werden von einem elektrischen Feld<br />

aus dem Gel heraus auf die Nitrocellulose-Membran transferiert. Da die Proteine<br />

negativ geladen sind, ist beim Aufbau der Transfereinheit darauf <strong>zu</strong> achten, dass<br />

sich die Nitrocellulose auf den Anodenseite befindet.<br />

Geräte:<br />

Nitrocellulose<br />

Transphor Blotting Kammer<br />

Lösungen:<br />

Transferpuffer: 50 mM Borsäure pH 8.5, 5% Methanol<br />

Ponceau S<br />

TBS + Tween<br />

TBS + 5% Milchpulver<br />

Durchführung:<br />

1. Blotten:<br />

Nach Beendigung der Gelelektrophorese wird das <strong>für</strong> den Western-Blot vorgesehene<br />

Gelstück (Spur 10-15)-in eine Schale gelegt, die Transfer-Puffer enthält.<br />

Die Halterung <strong>für</strong> die Blotapparatur wird in eine Photoschale getaucht, die<br />

ebenfalls Transfer-Puffer enthält. Dabei ist auf folgende Anordnung <strong>zu</strong> achten:<br />

• Die Halterung wird mit der grauen Seite (<strong>zu</strong>künftige Anode) <strong>zu</strong>unterst in die<br />

Schale gelegt (Abb. 2-1).<br />

• Auf diese wird nacheinander ein Schwamm, ein Whatman-Papier, die<br />

Nitrocellulose-Membran (mit Namen beschriften!), das Gel, wieder ein Whatman-Papier,<br />

ein Schwamm und <strong>zu</strong>letzt die schwarze Seite (<strong>zu</strong>künftige


Western-Blot 2-13<br />

Kathode) der Halterung aufgelegt und eingerastet. Die einzelnen Schichten<br />

müssen jeweils luftblasenfrei aufgelegt werden.<br />

• Dieser Sandwichaufbau wird in die Blotkammer überführt (Anode <strong>zu</strong> Anode,<br />

Kathode <strong>zu</strong> Kathode) und eine Stunde lang bei 1000 mA geblottet.<br />

Abbildung 2-1: Schale mit schematischem Aufbau des Blot-Sandwiches<br />

2. Ponceau S-Färbung (Zum Anfärben der Markerproteine):<br />

• Durch Zugabe von 10 ml Ponceau S werden die Proteine auf der Membran<br />

reversibel gefärbt, die Proteine des Markers werden mit Kugelschreiber vorsichtig<br />

markiert.<br />

• Die Membran wird mit 25 ml TBS/Tween wieder vollständig entfärbt.<br />

• Die Membranen werden eine Stunde lang in 5% Milchpulver geschüttelt, um<br />

alle noch freien Proteinbindungsstellen <strong>zu</strong> blockieren.<br />

• Das Milchpulver wird mit TBS abgewaschen und die beschrifteten Membranen<br />

bis <strong><strong>zu</strong>m</strong> Versuch 5 eingefroren.<br />

2-14 Aminosäuren und Proteine II<br />

III. Dreidimensionale Strukturen von Proteinen<br />

Dieser Teilversuch soll Ihnen einen Einblick in die dreidimensionale Struktur von<br />

Proteinen vermitteln. Die 3D-Struktur von Proteinen kann mittels Röntgenkristallographie<br />

oder Kernresonanzspektroskopie (NMR) gelöst werden. Für die<br />

Röntgenkristallographie muss man Proteinkristalle (ungefähr 1mm 3 ) züchten, in<br />

denen die Proteine wie in einem Kochsalzkristall in einer definierten Anordnung<br />

sitzen. Diese Kristalle werden mit einem Röntgenstrahl bestrahlt und aus dem<br />

Beugungsmuster des Strahles kann man die exakten Koordinaten aller Atome des<br />

Proteins berechnen. Aufgrund der Wellenlänge des üblicherweise verwendeten<br />

Röntgenlichtes können Wasserstoffatome nicht detektiert werden.<br />

Die Kernresonanzspektroskopie erlaubt die Auflösung von Proteinstrukturen in<br />

wässriger Lösung. Die Proteine werden in ein Magnetfeld gebracht und mit einem<br />

Radiowellen bestrahlt. Die Strahlung regen die Atomkerne bei einer Resonanzfrequenz<br />

an. Die Resonanzenergie, die von den Atomkernen nach der<br />

Anregung wieder abgegeben wird, wird detektiert und <strong>zu</strong>r Berechnung der Koordinaten<br />

der Atome verwendet. Zur Zeit ist die Anwendung der Kernresonanzspektroskopie<br />

auf Proteine mit einem Molekulargewicht kleiner 40 kDa<br />

limitiert. Auch Elektronenmikroskopie wird <strong>zu</strong>r Strukturanalyse verwendet, die<br />

Auflösung ist jedoch wegen der geringeren Energie der Elektronen viel schlechter<br />

und nur die Umrisse von Proteinen können so sichtbar gemacht werden.<br />

Medizinische Bedeutung:<br />

Einblicke in die Struktur von Proteinen tragen essentiell <strong><strong>zu</strong>m</strong> Verständnis molekularer<br />

Vorgänge bei. Viele vererbbare Krankheiten werden durch einzelne<br />

Punktmutationen in einem Gen hervorgerufen, die im Protein <strong><strong>zu</strong>m</strong> Austausch einer<br />

Aminosäure führen. Warum diese mutierte Aminosäure einen Phänotyp<br />

hervorrufen kann, kann oftmals nur anhand der dreidimensionalen Struktur<br />

verstanden werden. So sitzt z.B. die eingetauschte Aminosäure Valin im Sichelzellhämoglobin<br />

auf der Oberfläche des Proteins und passt in eine hydrophobe<br />

Tasche eines zweiten Hämoglobins. Dies führt <strong>zu</strong> einer Polymerisation des<br />

Hämoglobins und der charakteristischen Sichelzellform der Erythrozyten.


Proteinstrukturen 2-15<br />

Große Hoffnungen werden z.Z. auf das spezifische Design von Pharmaka anhand<br />

der Struktur der Zielproteine gesetzt, dies zeigt sich z.B. daran, dass alle großen<br />

pharmazeutischen Firmen Strukturlabors unterhalten. Man versucht z.B.<br />

spezifische Inhibitoren <strong>für</strong> Proteasen aus HIV <strong>zu</strong> entwickeln, indem man gewisse<br />

Aminosäuren eines bekannten, aber schwach bindenden Inhibitors am Computer<br />

austauscht und untersucht, ob so <strong>zu</strong>sätzliche Bindungen zwischen der Proteinase<br />

und dem Inhibitor gebildet werden.<br />

Grundlagen:<br />

Die grundlegende Bindung in Proteinen ist die Peptidbindung zwischen der<br />

Aminogruppe und der Carbonsäuregruppe zweier Aminosäuren.<br />

Die Bindung zwischem dem Kohlenstoff und dem Stickstoff hat aufgrund ihres<br />

mesomeren Charakters Doppelbindungscharakter und deshalb sind alle Peptidbindungen<br />

planar (die vier Atome C, O, N und H liegen in einer Ebene).<br />

O O -<br />

¦ ←→ |<br />

-C-N- -C=N + -<br />

| |<br />

H H<br />

Das sogenannte Rückgrat der Proteine ergibt sich aus der Abfolge der planaren<br />

Peptidbindungen, die jeweils durch das α-C-Atom, das die Seitenkette trägt,<br />

getrennt sind. Die Bindungen <strong><strong>zu</strong>m</strong> α-C-Atom sind drehbar:<br />

H O H O H O H O<br />

| ¦ | ¦ | ¦ | ¦<br />

-N——C——C——N——C——C——N——C——C——N——C——C-<br />

| | | | | | | |<br />

H R H R H R H R<br />

AS1 AS2 AS3 AS4<br />

2-16 Aminosäuren und Proteine II<br />

Die Interaktion benachbarter Aminosäuren führt auf einer ersten Ebene <strong>zu</strong>r Ausbildung<br />

von sogenannten Sekundärstrukturen, wie α-Helices, β-Faltblättern, βturns<br />

u.a.. Diese kommen durch Wasserstoffbrücken zwischen den Sauerstoff- und<br />

den Wasserstoffatomen der Peptidbindung <strong>zu</strong>stande. Welche Sekundärstruktur<br />

dabei von einem Peptidstück angenommen wird, hängt von der Natur der<br />

Seitenketten (Größe, Ladung) ab, die die relativen Stellungen der Peptidbindungen<br />

<strong>zu</strong>einander bestimmt. Je nach Verdrehung der aufeinanderfolgenden planaren<br />

Peptidbindungen ergeben sich so α-Helices, β-Faltblätter usw.<br />

Die nächste Ebene, die Tertiärstruktur, beeinhaltet die räumliche Anordnung der<br />

Sekundärstrukturen. Diese wird durch die Wechselwirkung der Sekundärstrukturelemente<br />

bestimmt. An diesen Interaktionen sind sowohl das Peptidrückgrat<br />

als auch die Seitenketten beteiligt (ionische, van der Waals-, und Wasserstoff-Brücken-Bindungen).<br />

Im Falle von multimeren Proteinen, d.h. solchen die aus mehreren Untereinheiten<br />

aufgebaut sind, gibt es eine weitere strukturelle Ebene, die Quartärstruktur. Mit ihr<br />

wird die räumliche Anordnung der Tertiärstrukturen der Untereinheiten<br />

beschrieben.<br />

Denaturierung<br />

Sekundär-, Tertiär- und Quartärstrukturen der Proteine sind nicht unter allen<br />

Bedingungen stabil. Unter Denaturierung versteht man die Auflösung aller dieser<br />

Strukturen, so dass das Protein als ungefaltete Polypeptidkette vorliegt. Dies kann<br />

u.a. durch Temperaturerhöhung, pH-Wert-Änderung, Ionenstärkeänderung oder<br />

sogenannte chaotrope Reagentien wie z.B. Harnstoff geschehen. So ist eine der<br />

Hauptfunktionen der Salzsäure neben ihrer bakteriziden Wirkung die<br />

Denaturierung von Proteinen im Magen.<br />

Im ersten Teil dieses Versuchs werden Ihnen vom Assistenten verschiedene<br />

Sekundärstrukturelemente und einige Proteine mit Hilfe des Programmes Rasmol<br />

vorgestellt. Im zweiten Teil sollen Sie als Analyse eine Sekundär-, Tertiär- und -<br />

wenn vorhanden - Quartärstruktur-Beschreibung eines kleinen Proteins<br />

vornehmen.


Proteinstrukturen 2-17<br />

Ausführung:<br />

Das Programm Rasmol ermöglicht es, 3-dimensionale Strukturen <strong>zu</strong> bewegen, <strong>zu</strong><br />

drehen und einzelne Elemente getrennt an<strong>zu</strong>schauen. Beim Öffnen des Programmes<br />

öffnet sich <strong><strong>zu</strong>m</strong> einen das Fenster (Rasmol Version 2.6 in oberster<br />

Zeile), in dem die Struktur dargestellt wird und ein zweites Fenster (Rasmol<br />

Command Line), in dem man vordefinierte Programme erstellen und abrufen<br />

kann.<br />

Übersicht über die wichtigsten Befehle im Rasmol Version 2.6- Fenster<br />

(mit der Maus an<strong>zu</strong>wählen)<br />

Display-Modus:<br />

Rasmol erlaubt 7 Darstellungsformen, davon sind 3 interessant:<br />

1. Sticks: alle Atome, Stabform<br />

2. Spacefill: alle Atome in Kugelform: zeigt die Oberfläche eines Proteins<br />

3. Cartoons schöne Darstellung der Sekundärstrukturelemente<br />

Colours:<br />

Hier sind drei Darstellungen wichtig:<br />

1. CPK: Standardfärbung: O rot, N blau, C grau, S gelb, H weiß<br />

2. Chain: färbt in multimeren Proteinen die einzelnen Untereinheiten verschieden<br />

3. Structure: färbt α-Helices rot, β-Stränge gelb, β -turns (Schleifen) blau,<br />

random (ungeordnet) grau:<br />

1. Öffnen einer Struktur:<br />

• Vom Assistenten erhalten Sie einen Dateinamen, unter dem das Protein,<br />

das Sie analysieren sollen, abgespeichert ist.<br />

• Mit der Maus: File Open, dann entsprechendes File auswählen.<br />

• Mit der Maus: Display Cartoon:<br />

• Mit der Maus: Colour Structure:<br />

• In dieser Darstellung sollen Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur beschrieben<br />

werden.<br />

2-18 Aminosäuren und Proteine II<br />

• Vor dem Öffnen einer neuen Struktur, alte Struktur schließen mit: File<br />

Close<br />

2. Drehen einer Struktur:<br />

Mit linker Maustaste Struktur anklicken und mit festgehaltener Taste ziehen<br />

3. Verschieben einer Struktur:<br />

Mit rechter Maustaste Struktur anklicken und mit festgehaltener Taste ziehen<br />

4. Zoomen:<br />

a) Vergrößern: Shift-Taste gedrückt halten und mit linker Maustaste auf die<br />

Struktur klicken und nach unten ziehen.<br />

b) Verkleinern: Shift-Taste gedrückt halten und mit linker Maustaste auf die<br />

Struktur klicken und nach oben ziehen.


Proteinstrukturen 2-19<br />

Aufgabe: Bestimmung der Struktur eines Proteins<br />

Sie sollen die Sekundär, Tertiär- und -wenn vorhanden- die Quartärstruktur eines<br />

Proteines beschreiben. Sie erhalten vom Assistenten die Nummer eines Proteins<br />

und öffnen dies mit Hilfe des Programmes Rasmol.<br />

Durchführung (s.o.). Die Beschreibung der Strukturelemente im Protokollheft<br />

wird durch den Assistenten überprüft.<br />

Beispielauswertung:<br />

Protein xxx:<br />

Sekundärstrukturelemente vom Amino- <strong><strong>zu</strong>m</strong> Carboxyterminus:<br />

H3N + -Helix-Schleife-Helix-Schleife-Faltblatt-Schleife-Faltblatt-Schleife-Faltblatt-<br />

COO -<br />

Tertiärstruktur:<br />

Monomeres globuläres Protein, das aus zwei Helices und einem antiparallelen -<br />

Faltblatt gebildet wird. Das β-Faltblatt besteht aus drei Strängen.<br />

2-20 Aminosäuren und Proteine II<br />

Übungsaufgaben:<br />

1. Wenn Sie ein Ei kochen, welche Art der Konformationsänderung der Proteine<br />

erfolgt dabei?<br />

2. Geben Sie zwei Nachweismethoden <strong>für</strong> Proteine an.<br />

3. Wie ist die Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur von Proteinen<br />

definiert?<br />

4. Nennen Sie zwei Formen von Sekundärstrukturen von Proteinen.<br />

5. Zwischen welchen chemischen Gruppen werden die Wasserstoffbrückenbindungen<br />

in der α-Helix von Proteinen gebildet?<br />

6. Zeichnen sie zwei aufeinander folgende Peptidbindungen einer Peptidkette.<br />

Welche Bindungen sind beweglich?<br />

7. Was versteht man unter einem hydrophoben Kern eines Proteins? Welche<br />

Aminosäuren haben aromatische Reste?<br />

8. Mit welchen Methoden kann man das Molekulargewicht eines Proteins<br />

bestimmen?<br />

9. Nennen Sie je ein Protein aus dem Blutplasma mit:<br />

a) Transportfunktion, b) Abwehrfunktion, c) Enzymatischer Funktion<br />

10. Wie wird Trypsin aktiviert?<br />

11. Welche Rolle spielt Pyridoxalphosphat bei der Transaminierungsreaktion?<br />

12. Welche zellulären Kompartimente sind am Harnstoffzyklus beteiligt?<br />

Welche beiden Möglichkeiten hat eine Aminosäure die Aminogruppe <strong>für</strong> die<br />

Harnstoffsynthese <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong> stellen?


Aufgaben 2-21<br />

13. Sequenzanalyse eines Peptids:<br />

↓ ↓ ↓ ↓<br />

H2N-Ala-Met-Asp-Ile-Arg-Cys-Phe-Leu-COOH<br />

S<br />

³<br />

S<br />

H2N-His-Arg-Gly-Lys-Cys-Ser-Gly-COOH<br />

↑ ↑<br />

Schreiben Sie an den Pfeilen die <strong>zu</strong>gehörigen Reagenzien.<br />

Mercaptoäthanol SH-CH2-CH2-OH<br />

Phenylisothiocyanat Phenyl-N=C=S<br />

Sangerreagenz: Fluoro-dinitro-benzol<br />

Dansylchlorid<br />

Bromcyan BrCN<br />

Proteasen: Trypsin, Chymotrypsin, Pepsin, Thermolysin, Thrombin, Carboxypeptidase,<br />

Aminopeptidase<br />

14. Ein Peptid reagiert mit Dinitrofluorbenzol nur in der Seitenkette des Lysins<br />

des Peptids. Durch Thrombinspaltung (Thrombin schneidet zwischen Arg-<br />

Gly) entsteht ein Peptid der Stöchiometrie:<br />

Ala1 Tyr1 Gly1 Lys1 Ser1 Phe1 Arg1 Pro1<br />

Mit dem Edman Reagenz wird aus diesem Gly PTH abgespalten.<br />

Schreiben Sie die Strukturformel des Derivats:<br />

Wird das Thrombin-gespaltene Peptid mit Trypsin behandelt, so entstehen<br />

zwei Peptide der Stöchiometrie:<br />

Ser1 Tyr1 Pro1 Arg1 und Phe1 Gly1 Ala1 Lys1<br />

Chymotrypsin-Behandlung des Thrombin-gespaltenen Peptids liefert zwei<br />

Dipeptide mit der Zusammenset<strong>zu</strong>ng Gly1 Phe1 und Arg1 Ser1 und das<br />

übrige Tetrapeptid. Formulieren Sie die Sequenz des Peptids in der Dreibuchstaben-Schreibweise.<br />

2-22 Aminosäuren und Proteine II<br />

15. Die vollständige Hydrolyse eines Peptids ergibt:<br />

1 Gly, 1 Ala, 2 Cys, 1 Lys, 1 Glu, 1 Ile, 1 Thr, 1 Phe, 1 Val<br />

Reduktion mit Mercaptoäthanol ergibt zwei kleinere Peptide A und B.<br />

A enthält: Ala, Cys, Glu, Gly, Ile, Lys<br />

Carboxypeptidase setzt Ile frei:<br />

Edman-Abbau mit Phenylisothiocyanat ergibt das PTH-Derivat von<br />

Gly im 1-Cyclus, Ala im 2-Cyclus.<br />

Trypsin setzt zwei Peptide frei:<br />

a) enthält Glu und Ile<br />

b) Ala, Cys, Gly, Lys<br />

B enthält: Cys, Phe, Thr, Val<br />

Carboxypeptidase setzt Val frei;<br />

Chymotrypsin: Val und ein Tripeptid mit Cys, Phe, Thr;<br />

Edman-Abbau ergibt PTH-Thr.<br />

Wie lautet die Sequenz des gesamten Peptids?<br />

16. Ein Peptid hat die folgende stöchiometrische Zusammenset<strong>zu</strong>ng:<br />

1 Ala, 1 Arg, 2 Asp, 2 Glu, 3 Gly, 1 Leu, 3 Val<br />

Die folgenden Peptide wurden nach partieller Spaltung isoliert:<br />

1. Asp-Glu-Val-Gly-Gly-Glu-Ala<br />

2. Val-Asp-Val-Asp-Glu<br />

3. Val-Asp-Val<br />

4. Glu-Ala-Leu-Gly-Arg<br />

5. Val-Gly-Gly-Glu-Ala-Leu-Gly-Arg<br />

6. Leu-Gly-Arg<br />

Wie lautet die Aminosäuresequenz des Ausgangspeptids?


Versuch 3: Enzyme<br />

Versuche:<br />

Enzymkinetik der sauren Phosphatase<br />

Acetylcholinesterase-Bestimmung im Serum<br />

Hemmung des Enzyms mit Diisopropylfluorophosphat (DIFP)<br />

Reaktivierung mit Pyridin-2-Aldoxim-Methyljodid (PAM)<br />

Laktatdehydrogenase (opt. Test)<br />

Wissensgebiete<br />

3-1<br />

Einteilung der Enzyme in Enzymklassen<br />

Aktivierungsenergie<br />

Enzymsubstrat-Komplex<br />

Reaktionen 0. und 1. Ordnung, Reaktionsgeschwindigkeit, pH- und Temperatur-<br />

Einfluss, Substrat- und Enzymkonzentrations-Diagramme, Lineweaver-<br />

Burk-Diagramme, kompetitive und nicht kompetitive Hemmung, Beispiele<br />

Km-Bestimmung, Substratspezifität, Hemmsubstanzen, Mechanismus der<br />

Hemmung, Wechselzahl<br />

Quantitative Bestimmung der enzymatischen Aktivität<br />

Einheit der Enzymaktivität: Katal (neu), Units (alt)<br />

Isoenzyme<br />

Multienzym-Komplexe und multifunktionelle Enzyme<br />

Regulation der Enzymaktivität, Allosterie, negative Rückkopplung, Beispiele<br />

Saure Phosphatase, Acetylcholinesterase, Neurotransmitter, Inhibitoren und<br />

Enthemmer<br />

Optischer Test (Formeln, optische Eigenschaften sowie Coenzymfunktionen von<br />

NAD+, NADP+ und FAD)<br />

Kombinierter optischer Test (Kofaktor-gekoppelte Reaktion)<br />

3-2 Enzyme<br />

Einführung<br />

Bei reversiblen chemischen Reaktionen stellt sich ein Gleichgewicht ein. Im<br />

Gleichgewichts<strong>zu</strong>stand ist die Geschwindigkeit der Hin- gleich der der Rückreaktion.<br />

Katalysatoren erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit und beschleunigen<br />

damit die Gleichgewichtseinstellung; sie beeinflussen aber nicht die Lage<br />

des Gleichgewichts. Enzyme sind Proteine, die als Katalysatoren fungieren.<br />

Die International Union of Biochemistry hat 1961 und 1964 Regeln <strong>für</strong> die Nomenklatur<br />

der Enzyme aufgestellt. Die Enzyme werden in sechs Hauptklassen<br />

eingeteilt, die jeweils gleiche chemische Reaktionstypen katalysieren.<br />

1. Oxidoreduktasen übertragen Wasserstoff zwischen zwei Reaktionspartnern.<br />

Zu ihnen gehören die Dehydrogenasen, Hydroxylasen und Oxigenasen.<br />

2. Transferasen katalysieren die Übertragung von Atomgruppen oder ganzen<br />

Molekülen zwischen zwei Reaktionspartnern. Untergruppen dieser Klasse sind<br />

die "Kinasen": Carboxyl-Transferasen, Amino-Transferasen, Glycosyl-Transferasen<br />

und Acyl-Transferasen.<br />

3. Hydrolasen sind Ester-, Peptid- und Glycosylbindungen spaltenden Enzyme.<br />

Bekannte Enzyme wie Pepsin, Chymotrypsin, Trypsin, Renin und Papain<br />

gehören da<strong>zu</strong>.<br />

4. Lyasen katalysieren die nichthydrolytische Spaltung kovalenter Bindungen:<br />

Decarboxylasen, Aldolasen, Dehydratasen.<br />

5. Isomerasen epimerisieren ein optisch aktives C-Atom oder racemisieren<br />

optisch aktive Verbindungen.<br />

6. Ligasen führen <strong>zu</strong>r Verknüpfung zweier Substratmoleküle unter gleichzeitiger<br />

Spaltung von ATP in AMP und Pyrophosphat. Wichtige Vertreter dieser<br />

Gruppe sind die Synthetasen, z.B. Aminoacyl-tRNS-Synthetasen, Acyl-CoA-<br />

Synthetasen oder auch die Carboxylasen.<br />

Die Enzymaktivität bestimmt man, indem man Enzyme und Substrat bei bestimmter<br />

Temperatur, bestimmtem pH-Wert, definierter Substrat- und Enzymkonzentration<br />

sowie in Gegenwart erforderlicher Kofaktoren inkubiert und die<br />

Reaktion in Abhängigkeit von der Zeit verfolgt.


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-3<br />

Bei einer Reaktion 1. Ordnung hängt die Reaktionsgeschwindigkeit nur von der<br />

Konzentration des Substrats ab.<br />

Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten k einer Reaktion 1. Ordnung<br />

v =<br />

[ ]<br />

− dS<br />

dt<br />

[ ]<br />

− dS<br />

dS<br />

= k⋅[S]<br />

= k⋅dt<br />

v = Reaktionsgeschwindigkeit [S] = Substratkonzentration<br />

k = Geschwindigkeitskonstante t = Zeit<br />

Wenn x die Substratmenge ist, die in der Zeit t umgesetzt wurde, und a die<br />

Substrat-Anfangskonzentration bei t = 0 ist, so gilt:<br />

a−x ∫<br />

a<br />

[ ]<br />

dS<br />

−<br />

dS<br />

t<br />

= k⋅ dt<br />

∫<br />

0<br />

ln (a - x) - ln a= k⋅(t - 0)<br />

k ⋅ t = ln a<br />

a-x<br />

Bei der Halbwertszeit t<br />

t<br />

1<br />

2<br />

= ln 2<br />

1<br />

2<br />

k<br />

a = Anfangskonzentration des Substrats<br />

x = umgesetzte Substratmenge in der Zeit t<br />

ist x = a<br />

, daraus ergibt sich<br />

2<br />

3-4 Enzyme<br />

Die enzymatischen Reaktionen sind Reaktionen 2. Ordnung: Die Reaktionsgeschwindigkeit<br />

hängt von Konzentrationen zweier Komponenten ab. Man kann<br />

die Behandlung dieses Systems vereinfachen, indem man:<br />

1. Substrat im Überschuss einsetzt oder<br />

2. die Enzymkonzentration konstant hält.<br />

1. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional der Enzymkonzentration E bei<br />

konstanter Substratkonzentration S (Überschuss).<br />

v = -d[S]<br />

dt<br />

= k⋅[E]⋅[S] = k '⋅[E]<br />

[E] = Enzymkonzentration (mg Protein)<br />

Nimmt man pro Enzymmolekül eine Wirkgruppe an, so bezeichnet man die<br />

Anzahl von Substratmolekülen, die pro Molekül Enzym in einer Minute umgesetzt<br />

werden, als Wechselzahl oder "turn-over number" des Enzyms. (z.B.:<br />

Fumarase 10 5 , Acetylcholinesterase 2 x 10 7 mol Substrat/mol Enzym x Min).<br />

2. Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration<br />

Hält man die Enzymkonzentration [E] konstant und steigert die Substratkonzentration<br />

[S], so erhält man folgendes Bild:<br />

v 0<br />

I<br />

II<br />

Abbildung 3-1: Reaktionsgeschwindigkeit bei konstanter Enzym- und variabler<br />

Substratkonzentration<br />

III<br />

[S]


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-5<br />

Mit steigender Substratkonzentration wird ein Plateau erreicht, d.h. das Enzym<br />

ist mit Substrat gesättigt. Die maximale Reaktionsgeschwindigkeit ist erreicht,<br />

und eine weitere Zugabe von Substrat bei konstanter Enzymkonzentration steigert<br />

die Umsatzgeschwindigkeit nicht mehr. Eine solche zweiphasige Kurve<br />

kann man erklären, wenn man eine Komplexbildung zwischen Enzym und Substrat<br />

(Enzym-Substrat-Komplex, ES) annimmt, bevor das Reaktionsprodukt<br />

gebildet wird. Die abnehmende Reaktionsgeschwindigkeit (III) erklärt man<br />

durch Substrathemmung: Zu viele Substratmoleküle vermindern die Effizienz<br />

der Enzym-Substrat-Wechselwirkung.<br />

In der Praxis sind jedoch die beiden Extremfälle selten an<strong>zu</strong>treffen. Die Berechnung<br />

der Interaktion wird dadurch komplizierter. Unter Vorausset<strong>zu</strong>ng einer<br />

konstanten Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes beschreibt eine<br />

Gleichung von Michaelis und Menten die Wechselwirkung:<br />

E + S<br />

k1 k3<br />

ES<br />

k2<br />

k4<br />

P = Reaktionsprodukt<br />

E + P<br />

k1⋅[E]⋅[S] - k2⋅[ES] = k3⋅[ES] - k4⋅[E]⋅[P]<br />

Nettogeschwindigkeit der = Nettogeschwindigkeit des<br />

Bildung von [ES] Zerfalls von [ES]<br />

Die Einführung der Konstanten Km (der Michaelis-Konstanten), der maximalen<br />

Reaktionsgeschwindigkeit vmax und die Umformulierung nach vo ergibt:<br />

1<br />

v o<br />

(y = m⋅x + b)<br />

= K<br />

v<br />

m<br />

max<br />

• 1<br />

S +<br />

1<br />

v max<br />

3-6 Enzyme<br />

– 1<br />

K m<br />

1<br />

V max<br />

Abbildung 3-2: Lineweaver-Burk-Plot<br />

Trägt man 1<br />

v o<br />

1<br />

v 0<br />

1<br />

[S]<br />

als Ordinate gegen 1<br />

als Abszisse auf, resultiert eine Gerade<br />

S<br />

(Lineweaver-Burk-Plot). Die Gerade schneidet die Ordinate bei<br />

1<br />

v max<br />

und die<br />

Abszisse bei - 1<br />

, ihre Steigung ist<br />

K m<br />

K m<br />

. Experimentell erhält man die<br />

v max<br />

Gerade durch Messungen der Anfangsgeschwindigkeit bei verschiedenen Substratkonzentrationen<br />

und konstanter Enzymmenge. Die reziproken Anfangsgeschwindigkeiten<br />

werden gegen die reziproken Substratmengen aufgetragen.<br />

Eine andere Darstellungsart der Gleichung erhält man, wenn man beide Seiten<br />

der Gleichung mit [S] multipliziert. Zeichnet man vo gegen [S] auf, so erhält<br />

man eine Hyperbel. Bei dieser Darstellungsart wird die Bedeutung von Km<br />

deutlich, die bei der Ableitung der Gleichung eingeführt wurde.<br />

Km ist demnach die Substratkonzentration, bei der vo = 1<br />

2 vmax ist.


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-7<br />

v 0<br />

Km<br />

1<br />

2 Vmax<br />

Abbildung 3-3: Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration<br />

Geräte:<br />

Wasserbad 37 °C, mit Kontaktthermometer<br />

Einsatz <strong>für</strong> Reagenzgläser<br />

Filter-Photometer Filter 623 nm , 2 × 1 cm Küvetten<br />

Reagenzgläser 30, im Reagenzglasständer<br />

Vollpipetten 5 ml<br />

Messpipetten 1 ml, 5 ml<br />

Lösungen<br />

Enzym: 1 mg saure Phosphatase in 100 ml Wasser<br />

Phenol-Standard-Lösung: 0,5 mM<br />

Dinatriumphenylphosphat (DPP): 0,005 M, mit 2 N HCl auf pH 5,3 eingestellt.<br />

Ethylendiamin-Zitratpuffer: 0,1 M, pH 5,9<br />

(0,1 M Lösung von Ethylendiamin, pH mit fester Zitronensäure einstellen).<br />

Na2CO3-Lösung: 7 %ig<br />

Folin-Reagenz: 1:1 mit Wasser verdünnt<br />

[S]<br />

3-8 Enzyme<br />

I. Der optische Test: Bestimmung von Pyruvat<br />

Vorbemerkung:<br />

Die Pyridinnukleotide NAD + und NADP + können reversibel Wasserstoff aufnehmen.<br />

Diese Fähigkeit bedingt ihre Funktion als Coenzym vieler Dehydrogenasen<br />

(Oxidoreduktasen). Bei der Hydrierung wird der aromatische Charakter<br />

des Nikotinsäureamid-Ringsystems aufgehoben. Das entstandene Dihydropyridin-Ringsystem<br />

besitzt eine spezifische Lichtabsorption mit einem Maximum<br />

von 340 nm, die bei NAD + fehlt.<br />

1,2<br />

E<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

200<br />

300<br />

400<br />

Abbildung 3-9: Absorptionsspektren von NADH und NAD+<br />

NAD+<br />

NADH<br />

Man kann daher die Umwandlung von NAD + in NADH und umgekehrt mit<br />

dem Photometer messen (optischer Test).<br />

Die Konzentration des gebildeten bzw. verbrauchten NADH oder die Konzentration<br />

der entsprechenden Reaktionspartner der Enzyme werden mit Hilfe des<br />

Lambert-Beerschen Gesetzes berechnet.<br />

nm<br />

500


Extinktion<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-9<br />

5<br />

Abbildung 3-10: Pyruvat-Bestimmung mit dem optischen Test<br />

10<br />

Zeit [min] 15<br />

A<br />

Prinzip:<br />

Pyruvat (Pyr) wird von NADH in Gegenwart von Laktatdehydrogenase (LDH)<br />

nach folgender Gleichung <strong>zu</strong> L + -Laktat (Lakt) reduziert.<br />

CH3-CO-COO- + NADH + H + → CH3-CH(OH)-COO- + NAD +<br />

Die Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion ist bei 25 °C:<br />

+<br />

[Lakt] • [NAD ]<br />

K =<br />

= 3,6 • 10 +<br />

[Pyr] • [NADH] • [H ]<br />

11 l/mol<br />

Pyruvat wird praktisch vollständig <strong>zu</strong> Laktat reduziert.<br />

Lösungen:<br />

Citrat-Puffer pH 6,0<br />

Laktat-Dehydrogenase: 0,025 ml Konzentrat (10 mg/2 ml) ad 10 ml H2O<br />

NADH-Lösung 1 mM<br />

Pyruvat Analysenlösung<br />

Ausführung:<br />

Das Photometer wird mit Wasser als Leerwert bei 340 nm auf 0,000 eingestellt.<br />

In eine 1 cm-Küvette werden 1,5 ml Citrat-Puffer pH 6,0; 0,2 ml Natriumpyruvatlösung<br />

und 0,2 ml 1 mM NADH pipettiert. Nach Mischen mit dem<br />

Plastikspatel wird die Extinktion viermal in Abständen von 1 min gemessen und<br />

3-10 Enzyme<br />

notiert. Dann werden 0,1 ml LDH <strong>zu</strong>r Probenküvette gegeben und sofort in<br />

Abständen von 1 min die Extinktionen bei 340 nm über eine Dauer von 10 min<br />

gemmesen und notiert.<br />

Berechnung:<br />

Bei photometrischen Bestimmungen wird die Menge der unbekannten Probe mit<br />

Hilfe eines in seiner Menge bekannten Standardwertes oder mit Hilfe einer<br />

Eichkurve ermittelt. Hier steht als Messergebnis nur die Extinktionsdifferenz der<br />

unbekannten Lösung <strong>zu</strong>r Verfügung. Man braucht deshalb die Angabe des<br />

molaren Extinktionskoeffizienten und die Volumina des Reaktionsansatzes und<br />

der darin enthaltenen Probemenge. Die Berechnung geht vom Lambert-<br />

Beer'schen Gesetz aus. Berücksichtigen Sie bei der Berechnung der<br />

Pyruvatkonzentration c (Einheit: mol/l) den Verdünnungsfaktor.<br />

∆E=ε·d·c (∆Ε=ΕΑnfang-EEnde; ε = 6,22⋅10 3 mol -1 ⋅cm -1 ⋅l; d=1cm)<br />

Berechnen Sie die Pyruvatkonzentration in g/l (MW Pyruvat = 88 g/mol).<br />

Tragen Sie in einer Graphik die Pyruvatkonzentration gegen die Zeit (min) auf.


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-11<br />

II. Enzymkinetik der sauren Phosphatase<br />

Die saure Phosphatase spaltet organische Phospatester bei einem pH-Optimum<br />

zwischen pH 4,5 bis 6,0. Sie ist ein lysosomales Enzym und kommt in allen<br />

Organen vor.<br />

Die im menschlichen Blutplasma enthaltenen sauren Phosphatasen stammen aus<br />

den verschiedensten Organen oder Zellen. Sie unterscheiden sich durch ihre<br />

Hemmbarkeit durch bestimmte Substanzen. So wird z.B. die aus der Prostata<br />

stammende saure Phosphatase selektiv durch L-Tartrat gehemmt, während die<br />

aus Erythrozyten, Knochen oder Milz stammende saure Phosphatase nicht durch<br />

L-Tartrat gehemmt wird. Aus der Differenz zwischen der Gesamtphosphataseaktivität<br />

des Serums und der tartratgehemmten Phosphatase lässt sich der<br />

Anteil der Prostata-Phosphatase im Serum berechnen.<br />

Medizinische Bedeutung:<br />

Die Gesamtphosphatase ist erhöht bei akuter myeloischer Leukämie, bei Leberparenchymschäden,<br />

bei Lipidspeicherkrankheiten, bei denen die Niere betroffen<br />

ist (Lipideinlagerung). Die mit L-Tartrat hemmbare spezifische Prostata-<br />

Phosphatase ist erhöht bei Erkrankungen der Prostata (Karzinom, Entzündung).<br />

Im folgenden Versuch wird die Michaelis-Menten-Konstante der sauren Phosphatase<br />

aus Kartoffeln bestimmt. Als Substrat dient Dinatriumphenylphosphat<br />

(DPP). Das freigesetzte Phenol wird mit dem Folin-Ciocalteu-Reagenz quantitativ<br />

bestimmt.<br />

O<br />

O<br />

-<br />

P O<br />

O<br />

2 Na<br />

saure<br />

Phosphatase<br />

OH<br />

+<br />

-<br />

2-<br />

+ HPO 2-<br />

4 + 2 Na +<br />

3-12 Enzyme<br />

1) Standardkurve mit Phenol<br />

Ausführung:<br />

In sechs Reagenzgläser pipettiert man jeweils 0; 0,1; 0,2; 0,3; 0,4 und 0,5 ml der<br />

0,5 mM Phenol-Standardlösung und ergänzt die Proben mit Wasser auf ein<br />

Volumen von 1 ml. Die Probe, die nur Wasser enthält, dient als Leerwert. Dann<br />

gibt man <strong>zu</strong> jeder Probe 5 ml einer 10 %igen Na2CO3-Lösung. Die Proben<br />

werden gut durchgeschüttelt, anschließend mit 1 ml Folin-Reagenz versetzt<br />

und nach dem Durchmischen 15 min. bei Raumtemperatur stehengelassen. Die<br />

Extinktion wird bei 623 nm im Photometer abgelesen.<br />

Ausführung:<br />

Die Werte werden in Tabelle 3-1 eingetragen. Berechnen Sie die Phenolkonzentration<br />

(Einheit: mM) unter Einbeziehung des jeweiligen Verdünnungsfaktors<br />

und tragen Sie die Werte gegen die Extinktionen auf.<br />

Tabelle 3-1: Messergebnisse <strong>zu</strong>r Anfertigung der Abb. 4-4 und 4-5<br />

Glas<br />

-Nr<br />

µmol<br />

DPP/<br />

ml<br />

1 0,0<br />

2 0,5<br />

3 1,0<br />

4 1,5<br />

5 2,0<br />

6 2,5<br />

E(gemessen) nach Min.<br />

E<br />

Eichkurv<br />

e<br />

% Hydrolyse nach Inkubation<br />

1 5 ∆5-1 10 15 1 5 10 15<br />

2) Bestimmung der Michaelis-Konstanten<br />

Ausführung:<br />

Vorbereitend beschriftet man 24 Reagenzgläser (Angaben im Seminar<br />

beachten!) und pipettiert in jedes 5 ml einer 10 %igen Na 2CO 3-Lösung.<br />

Für die Enzymreaktion gibt man in sechs weitere Reagenzgläser jeweils 0; 0,1;<br />

0,2; 0,3; 0,4 und 0,5 ml der 5 mM DPP-Lösung. Die Proben ergänzt man mit


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-13<br />

Wasser auf ein Volumen von 1 ml. Da<strong>zu</strong> pipettiert man 7 ml Citrat-Puffer. Die<br />

sechs Inkubationsansätze werden in ein Wasserbad von 37 °C gestellt. Nach<br />

5 min pipettiert man nacheinander in jedes der 6 Gläser 2 ml der sauren<br />

Phosphatase-Lösung und mischt gut. Achtung: Ab jetzt läuft die Zeit!<br />

Je 1 ml wird nach genau 1, 5, 10 und 15 min aus den sechs Reaktionsansätzen<br />

entnommen und sofort in die entsprechend vorbereiteten Reagenzgläser mit 5 ml<br />

10 %iger Na2CO3-Lösung pipettiert. Dadurch wird die Reaktion gestoppt. Zum<br />

Schluss wird je 1 ml Folin-Reagenz in alle Reagenzgläser gegeben, gut<br />

durchgeschüttelt und nach 15 min die Extinktion bei 623 nm gemessen und in<br />

Tabelle 3-1 eingetragen.<br />

Berechnungen:<br />

a) Abhängigkeit der Hydrolyse von der Inkubationszeit<br />

Die Extinktionen der Phenol-Eichkurve entsprechen einer 100 %-igen Hydrolyse<br />

des Substrates. Der Hydrolysegrad in Prozent wird nach der Formel:<br />

%<br />

Hydro-<br />

lyse<br />

E gemessen<br />

E Eichkurve<br />

. 100 = % Hydrolyse<br />

berechnet, in die Tabelle 3-1 eingetragen und graphisch gegen die Inkubationszeit<br />

aufgetragen (Abbildung 3-4).<br />

0,05µmol/min<br />

0,15µmol/min<br />

0,25µmol/min<br />

5 10 15 20 25 30 min<br />

Abbildung 3-4:<br />

Prozentuale Abhängigkeit der Hydrolyse von der Inkubationszeit<br />

3-14 Enzyme<br />

b) Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration<br />

Die Anfangsgeschwindigkeit (Hydrolysegrad/Min.) kann man aus dem linearen<br />

Teil der Kurven in Abb. 3-4 ermitteln und auf µmol/Min. umrechnen. Einfacher<br />

ist es, die Extinktionsdifferenzen der ersten Messungen (zwischen ein und fünf<br />

Minuten), die den Anfangsgeschwindigkeiten vo entsprechen, <strong>zu</strong> verwenden.<br />

Diese Differenzen werden in der Tabelle 3-1 eingetragen und gegen die<br />

Substratkonzentration aufgetragen (vgl. Abb. 3-5). Bestimmen Sie aus Ihrem<br />

Graphen die Substratsättigungskonzentration.<br />

V0 0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

0,01<br />

∆ E 5-1<br />

0,05 0,15 0,25<br />

µMol DPP/ml<br />

Abbildung 3-5: Abhängigkeit der Anfangsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration<br />

c) Zeichnen des Lineweaver-Burk-Diagramms<br />

Die Michaelis-Menten-Konstante KM wird graphisch ermittelt. Tragen Sie da<strong>zu</strong><br />

1/v0 gegen 1/[S] auf und bestimmen Sie anhand des Graphen Vmax und KM.


Enzymkinetik der sauren Phosphatase 3-15<br />

Tabelle 3-2: Wertetabelle <strong>für</strong> Lineweaver-Burk-Diagramm<br />

[S] 1/[S] (∆E5-∆E1) vo 1/vo<br />

0,5 2,0<br />

1,0 1,0<br />

1,5 0,67<br />

2,0 0,5<br />

2,5 0,4<br />

3) Einfluss steigender Enzymkonzentration:<br />

Vorbereitend pipettiert man in fünf Reagenzgläser je 5 ml einer 10%igen<br />

Na2CO3-Lösung. Dann werden nach Tabelle 3-3 die Reaktionsansätze in fünf<br />

neue Reagenzgläser pipettiert.<br />

Tabelle 3-3: Volumina der Reagenzien in ml<br />

Reagenzglas-Nr.<br />

1<br />

(Nullwert)<br />

Citratpuffer pH 6,0 [ml] 3 3 3 3 3<br />

H 2O dest [ml] 3 2,5 2 1 0<br />

saure Phosphatase [ml] 0 0,5 1 2 3<br />

mischen und 5 min Inkubation im Wasserbad (37°C)<br />

0,25 mM DPP-Lösung [ml] 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5<br />

mischen und 10 min Inkubation im Wasserbad (37°C)<br />

Nach der Inkubationszeit wird jeweils 1 ml aus den fünf Reagenzgläser<br />

entnommen und sofort in die vorbereiteten Reagenzgläser mit 5 ml 10%iger<br />

Na2CO3 pipettiert. Nach Zugabe von 1 ml Folin-Reagenz und gutem<br />

Durchmischen wartet man 15 min und misst die Extinktionen bei 623 nm. Dies<br />

entspricht direkt dem Hydrolysegrad in Prozent oder den Molen gebildeten<br />

Phenols. Tragen Sie bitte auf Millimeterpapier die Extinktionen gegen die<br />

Enzymmengen auf.<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Enzyme 3-16<br />

III. Best. der Serum-Acetylcholinesterase-Aktivität<br />

Synaptische Vesikel<br />

Axon<br />

Synaptischer<br />

Spalt (50 nm)<br />

Präsynaptische<br />

Membran<br />

Richtung des Nervenimpulses<br />

Abbildung 3-6: Schema einer Synapse<br />

Postsynaptische<br />

Membran<br />

Vorbemerkungen:<br />

Breitet sich die Erregung in Form eines Aktionspotenzials über ein Axon - kontinuierlich<br />

bei myelinfreien und saltatorisch über myelinisierte Neuriten - bis hin<br />

<strong>zu</strong> den terminalen Synapsen aus, so wird dort eine chemische Transmitter-<br />

Substanz, z. B. Acetylcholin, aus synaptischen Vesikeln in den Synapsenspalt<br />

freigesetzt.<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

polarisierte<br />

synaptische Membran,<br />

∆ E ca. -75 mV<br />

hohe [K ],<br />

niedrige [Na ]<br />

+<br />

+<br />

Acetylcholin<br />

K +<br />

Na +<br />

depolarisierte postsynaptische<br />

Membran, ∆ E ca. 0 mV<br />

Abbildung 3-7: Depolarisation der postsynaptischen Membran durch Acetylcholin


Optischer Test 3-17<br />

Die am längsten bekannte und am besten untersuchte Transmittersubstanz ist<br />

das Acetylcholin, andere sind die γ-Aminobuttersäure und die Glutaminsäure.<br />

Der berühmte Versuch von Otto Loewi (1921) bewies am perfundierten Froschherzen,<br />

dass bei Vagusrei<strong>zu</strong>ng Acetylcholin an den Endigungen postganglionärer<br />

präsynaptischer Nervenfasern entsteht. Dale und Feldberg (1930) zeigten,<br />

dass Acetylcholin an vielen Synapsen des peripheren Nervensystems der<br />

Säuger entsteht. Auch an den motorischen Endplatten des Skelettmuskels wird<br />

Acetylcholin freigesetzt.<br />

Acetylcholin wird präsynaptisch in cholinergen Neuronen durch Cholin-Acetat-<br />

Transferase nach folgender Gleichung synthetisiert:<br />

CH3-CO~SCoA + HO-CH2-CH2-N + (CH3)3 →<br />

CH3-COO-CH2-CH2-N + (CH3)3 + CoASH<br />

Das Acetylcholin wird dann in Vesikeln gespeichert und bei der Depolarisation<br />

der präsynaptischen Membran in "Quanten" in den Synapsenspalt ausgeschüttet.<br />

Nach Bindung an den Acetylcholinrezeptor der postsynaptischen Membran mit<br />

Öffnung der Natriumkanäle (Depolarisation) wird es durch die Cholinesterase<br />

hydrolysiert. Das Ruhepotenzial wird wieder aufgebaut.<br />

CH3-COO-CH2-CH2-N + (CH3)3 + H2O →<br />

CH3-COOH + HO-CH2-CH2-N + (CH3)3<br />

Das Enzym hat im aktiven Zentrum zwei charakteristische Wirkungszentren:<br />

1) die anionische Bindungsstelle, an die der quaternäre Stickstoff des Cholins<br />

bindet,<br />

2) die Esterase-Gruppe, die Elektronen auf den Acetatrest übertragen kann,<br />

wodurch ein acetyliertes Enzym entsteht, das anschließend hydrolysiert<br />

wird.<br />

3-18 Enzyme<br />

Ser<br />

-<br />

OH<br />

+<br />

(CH3) 3-N-CH2-CH2-O-C=O CH 3<br />

E +AcCh EAc + Ch<br />

EAc + H2O E + AcOH<br />

Acetylcholinesterase gehört, wie die Phosphatasen, <strong>zu</strong>r Klasse der Hydrolasen.<br />

Man unterscheidet zwei Typen von Cholinesterasen. Wie aus der Tabelle hervorgeht,<br />

enthält vor allem Nervengewebe einen hohen Gehalt an echter Acetylcholinesterase.<br />

Die Rolle der Pseudocholinesterase dürfte im intermediären<br />

Stoffwechsel des Cholins und verwandter Verbindungen sowie in Entgiftungsvorgängen<br />

(Procain-Esterase, Aspirin-Esterase) <strong>zu</strong> suchen sein.<br />

Tabelle 3-4: Eigenschaften der Cholinesterase-Typen<br />

Kriterium Acetylcholinesterase<br />

(E C 3.1.1.7.) (E C 3.1.1.8)<br />

Synonym echte Cholinesterase Pseudo-Cholinesterase<br />

Vorkommen Gehirn, Nerven, Erythrozyten,<br />

Schlangengifte<br />

Leber, Pankreas, Blutserum<br />

pH-Optimum 7,8 8,5<br />

Spezifität spaltet nur Ester der Essigsäure weiter Spezifitätsbereich<br />

Die Aktivität beider Cholinesterase-Typen kann durch spezifische Inhibitoren<br />

teilweise oder völlig gehemmt werden. Das Enzym mit Aktivitäten um 2000 U/l<br />

im Serum wird in der Leber synthetisiert. Daher sind bei schweren Lebererkrankungen<br />

die Werte im Serum erniedrigt. Pharmakologische und physiologische<br />

Studien haben <strong>zu</strong>r Entwicklung vieler Enzym-Inhibitoren geführt, von<br />

denen einige sehr toxisch sind. Cholinesterasen werden von zahlreichen Insektiziden<br />

(z.B. E 605, p-Nitrophenyl-di-ethylester der Thiophosphorsäure) und<br />

von Physostigmin stark gehemmt. Praktische Bedeutung haben vor allem folgende<br />

Gruppen von Cholinesterase-Hemmern:


Optischer Test 3-19<br />

H3C CH3 CH<br />

H3C CH<br />

CH3 Enzym O<br />

CH2OH + F P<br />

O<br />

O<br />

CH<br />

H3C CH3<br />

Enzym<br />

H 2C<br />

O<br />

O P<br />

O<br />

O + HF<br />

CH<br />

H3C CH3 a) Medikamente, die auf Grund einer gewissen Strukturanalogie die Acetylcholinspaltung<br />

kompetitiv hemmen. Da<strong>zu</strong> gehören die als Parasympathikomimetika<br />

verwendeten Pharmaka wie Prostigmin, Biotin, Eserin.<br />

b) Organische Phosphorsäure- oder Thiophosphorsäure-Ester, welche als Insektizide<br />

in der Landwirtschaft verbreitet Anwendung finden, z. B. Parathion.<br />

Ähnlich in Bau und Wirkung sind die in der experimentellen Forschung verwendeten<br />

Cholinesterase-Blocker DFP oder DIFP (= Diisopropylfluorophosphat).<br />

Es handelt sich dabei um äußerst gefährliche Nervengifte.<br />

c) Nervengifte vom Typ der Trilone, deren Verwendung als chemische Kampfstoffe<br />

(Sarin, Soman, Tabun) nach Genfer-Konvention verboten ist.<br />

H3C CH3<br />

CH<br />

Enzym O<br />

H2C O P<br />

O<br />

O + HON<br />

CH<br />

H3C CH3 Enzym<br />

CH2OH<br />

CH<br />

+<br />

N<br />

CH3 H3C CH3<br />

CH<br />

O<br />

+ O P<br />

O<br />

O N<br />

H3C<br />

CH<br />

CH3<br />

C<br />

H<br />

+<br />

N<br />

CH3<br />

3-20 Enzyme<br />

H 5C 2<br />

H 5C 2<br />

H 5C 2<br />

H 5C 2<br />

O<br />

P<br />

O<br />

O<br />

P<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

H3C O CH3 HC O P O CH<br />

H3C<br />

O<br />

F<br />

H3C NH C O<br />

Physostigmin-Eserin<br />

H 3C<br />

C<br />

O<br />

+<br />

H3C N CH3 CH3<br />

N CH 3<br />

O<br />

Prostigmin<br />

CH3<br />

H3C<br />

N<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

CH 3<br />

N<br />

CH 3<br />

N +<br />

CH3 p-Nitrophenyl-diethylester<br />

der Phosphorsäure<br />

p-Nitrophenyl-diethylester der Thiophosphorsäure:<br />

E 605 = Parathion<br />

Diisopropylfluorophosphat<br />

O C C O<br />

O O<br />

H2C<br />

H 2C<br />

(H3C) 3N<br />

+<br />

CH NOH<br />

Deblocker<br />

H2C CH2<br />

CH2<br />

CH2 N(CH3) 3<br />

+<br />

Succinyldicholin<br />

Pyridin-2-aldoxim-<br />

methojodid (PAM)<br />

Während die Wirkung von Stoffen der Gruppe a) auf einer reversiblen Veränderung<br />

beruht, kommt es bei denen der Gruppe b) <strong>zu</strong> einer festen Bindung des<br />

Blockers an das Serin des Enzymproteins. Die völlige Hemmung der Acetylcholinesterase<br />

im zentralen und peripheren Nervensystem durch solche "Blocker"<br />

führt <strong>zu</strong> einem stetigen Ansteigen der Acetylcholinkonzentration im Bereich<br />

der cholinergischen Synapsen und Nervenendigungen. Die Folge ist eine<br />

starke Parasympathikusrei<strong>zu</strong>ng und eine Störung der neuromuskulären Reiz-


Optischer Test 3-21<br />

übertragung. Der Tod infolge Atemlähmung kann innerhalb einer Stunde eintreten.<br />

Die Formel einiger Cholinesterase-Substrate und Inhibitoren sowie des Deblockers<br />

PAM werden auf der Vorseite aufgeführt. Da Vergiftungsfälle durch<br />

Inhibitoren relativ häufig sind (Verwechslungen, Unachtsamkeit, Suizidversuche),<br />

sei kurz auf den biochemischen Aspekt von Diagnose und Therapie<br />

dieser Vergiftung eingegangen.<br />

Die Diagnose hat in erster Linie auf Grund des allgemeinen klinischen Bildes<br />

und des Augenbefundes (kleine, stecknadelkopfgroße, reaktionslose Pupillen!)<br />

<strong>zu</strong> erfolgen. Als Ergän<strong>zu</strong>ng vermag auch die Bestimmung der Cholinesterase-<br />

Aktivität des Serums im Schnelltest (Testpapierstreifen) wertvolle Hinweise <strong>zu</strong><br />

geben. Bei der Behandlung derartiger Vergiftungsfälle sollen neben Atropin (in<br />

hoher Dosierung!) spezifisch auf den Cholinesterase-Inhibitor-Komplex einwirkende<br />

Substanzen wie Picolinhydroxansäure oder PAM (Pyridin-2-Aldoxim-<br />

Methojodid) verwendet werden. Der therapeutische Effekt von PAM beruht auf<br />

einer Befreiung des Enzyms vom anhaftenden Inhibitor.<br />

Auch <strong>zu</strong>r Erkennung der nicht all<strong>zu</strong> seltenen Fälle von Dyscholinesterasämie<br />

leistet die Bestimmung der Cholinesterase-Aktivität im Serum wertvolle Dienste.<br />

Bei dieser genetisch determinierten Anomalie wird eine atypische Variante<br />

von Cholinesterase mit einem unterschiedlichen Spezifitätsbereich synthetisiert.<br />

Die strukturanaloge Verbindung Succinyldicholin wird beispielsweise infolge<br />

einer etwa 100fach geringeren Affinität von dem atypischen Enzym kaum umgesetzt.<br />

Die Träger dieser Anomalie sind nicht in der Lage, Succinyldicholin <strong>zu</strong><br />

spalten bzw. <strong>zu</strong> inaktivieren. Wird diese Substanz als Muskelrelaxans bei der<br />

Operationsvorbereitung injiziert, kommt es <strong>zu</strong> einem lebensbedrohenden<br />

Zustand (Apnoe). Die Untersuchung der Serum-Cholinesterase auf atypisches<br />

Verhalten gehört daher <strong>zu</strong> einer gewissenhaften Operationsvorbereitung, sofern<br />

die Verabreichung von Succinyldicholin beabsichtigt ist.<br />

Prinzip:<br />

Als Substrat dient Acetylthiocholinjodid und als Indikator <strong>für</strong> freigesetztes<br />

Thiocholin wird 5,5'-Dithio-bis-2-nitrobenzoesäure verwendet, die <strong>zu</strong>r gelb gefärbten<br />

5-Mercapto-2-nitrobenzoesäure reduziert wird. Zur Bestimmung der<br />

3-22 Enzyme<br />

Pseudocholinesteraseaktivität wird der Thiocholinester der Buttersäure verwendet.<br />

HOOC<br />

O 2N<br />

S<br />

S<br />

COOH SH<br />

+<br />

+ H 2C CH2 N(CH3)3<br />

NO 2<br />

5,5'-Dithio-bis-2-nitro-benzoesäure<br />

HOOC S S<br />

+<br />

CH2 CH2N O2N<br />

+ HS<br />

5-Mercapto-2-nitrobenzoesäure<br />

(CH 3) 3<br />

COOH<br />

NO2<br />

In alkalischem Medium vertieft sich die gelbe Farbe der 5-Mercapto-2-nitrobenzoesäure<br />

unter Bildung der chinoiden Verbindung:<br />

S<br />

COOH<br />

N<br />

O<br />

Geräte:<br />

Eppendorf-Pipetten, Hamilton-Spritzen<br />

Laborwecker<br />

Photometer, Filter 405 nm, 2 × 1 cm-Plastikküvetten<br />

Lösungen:<br />

Acetylthiocholiniodid 5 mM (CH3–CO–S–CH2–CH2–N(CH3)3 + I –<br />

5,5'-Dithio-bis-(2-nitrobenzoesäure) in 50 mM Phosphatpuffer 0,25 mM, pH 7,2<br />

Diisopropylfluorophosphat 0,1 mM<br />

PAM 10 mM<br />

Serum<br />

O<br />

Na +


Optischer Test 3-23<br />

Im Folgenden wird die Aktivität, Hemmung und Reaktivierung der Acetylcholinesterase<br />

bestimmt. Der Inhibitor DIFP ist eine hoch toxische Substanz. Achten Sie bitte<br />

darauf, dass die Haut nicht mit der Flüssigkeit in Berührung kommt.<br />

Ausführung:<br />

Nach gutem Mischen wird nach einer Minute und dann in einem Zeitraum von<br />

30 min alle fünf Minuten die Extinktion der drei Reaktionsküvetten (2-4, siehe<br />

Tabelle 3-5) bei 405 nm gemessen (Achtung die Zeit läuft nach Zugabe des<br />

Substrats Acetylcholiniodid!). Vor jeder Messung muss der Leerwert mit<br />

Küvette-Nr. 1 erneut auf Null eingestellt werden, da das Serum mit dem<br />

Reagenz reagiert. Tragen Sie die Werte in Tabelle 3-6 ein.<br />

Tabelle 3-5:<br />

Durchführung der Aktivität, Hemmung und Reaktivierung der AChE<br />

Küvetten-Nr. 1 2 3<br />

4<br />

0,25 mM 5,5‘-Dithio-bis-(2-<br />

Leerwert Aktivität Hemmung Reaktivierung<br />

nitro-benzoesäure) in 50 mM<br />

Phosphatpuffer<br />

3 ml 3 ml 3 ml 3 ml<br />

Serum (enthält<br />

Acetylcholinesterase)<br />

20 µl 20 µl 20 µl 20 µl<br />

DIFP (Hemmstoff) 50 µl - 50 µl 50 µl<br />

5 min nach mischen:<br />

PAM (Enthemmer)<br />

15 min nach mischen:<br />

5mMAcetylthiocholinjodid<br />

(Substrat)<br />

jeweils gut mischen!<br />

50 µl - - 50 µl<br />

- 100 µl 100 µl 100 µl<br />

Tragen Sie bitte die abgelesenen Extinktionen gegen die Zeit auf (vgl. Abb. 3-<br />

8). Aus dem Graphen wird die ∆E/min. abgelesen (Steigungsdreieck).<br />

Berechnen Sie die Acetylcholinesterase-Aktivität c/min (Einheit: Mol/min) mit<br />

Hilfe des Lambert-Beer`schen Gesetzes.<br />

ε = 13,3 x 10 3 [l x mol -1 x cm -1 ]<br />

3-24 Enzyme<br />

Geben Sie die Acetylcholinesterase-Aktivität in U/l an (1 U = 1 µMol/min).<br />

Tabelle 3-6: Wertetabelle <strong>für</strong> die Zeit-Umsatzkurve<br />

Zeit nach<br />

Werte <strong>für</strong> Werte <strong>für</strong><br />

Substrat<strong>zu</strong>gabe<br />

1 min [E(405nm)1]<br />

3 min [E(405nm)3]<br />

5 min [E(405nm)5]<br />

10 min [E(405nm)10]<br />

15 min [E(405nm)15]<br />

20 min [E(405nm)20]<br />

25 min [E(405nm)25]<br />

30 min [E(405nm)30]<br />

Aktivität Hemmung<br />

E<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

0<br />

10<br />

Abbildung 3-8: 1) Aktivität der Acetylcholinesterase<br />

2) Hemmung mit DIFP<br />

3) Reaktivierung mit PAM<br />

20<br />

1<br />

3<br />

2<br />

30<br />

Zeit [min]<br />

Werte <strong>für</strong><br />

Reaktivierung


Übungsaufgaben:<br />

Aufgaben 3-25<br />

1. Eine reine Enzymlösung (100 µg Enzym/ml) hat eine Aktivität von 50<br />

U/ml. MG des Enzyms 80.000. Wie groß ist die Wechselzahl?<br />

2 Hexokinase hat im Gehirn ein Km von 10 -5 mol/l und in der Leber ein Km<br />

von 10 -3 mol/l.<br />

a) In welchem der beiden Organe läuft bei ständig abnehmender Glc-<br />

Konzentration die Reaktion länger mit maximaler Geschwindigkeit ab?<br />

b) Wie groß muss die Glucose-Konzentration in mg/ml intrazellulärer<br />

Flüssigkeit in beiden Organen sein, damit die Reaktion mit halbmaximaler<br />

Geschwindigkeit abläuft ? (MG der Glucose = 180)<br />

3. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung der<br />

a) Alkoholdehydrogenase (ADH) mit Coenzym.<br />

b) Die Reaktion zeigte mit verschiedenen Konzentrationen Äthanol [S]<br />

folgende Geschwindigkeiten:<br />

[Äthanol] mM Vo (∆E 340/5 min)<br />

0,75 0,094<br />

1,00 0,115<br />

1,50 0,148<br />

3,00 0,206<br />

12,00 0,293<br />

Ermitteln Sie graphisch Km <strong>für</strong> Äthanol und Vmax der ADH.<br />

c) Einen Umsatz von 0,356⋅10 5 µmol NADH/l⋅min⋅mg Protein errechnet<br />

man aus Vmax. 1 % der <strong>für</strong> die Messung verwendete Proteinfraktion war<br />

ADH. MG = 80.000. Berechnen Sie die Wechselzahl der ADH<br />

4. Eine Reaktion 1. Ordnung beginnt mit einer Anfangskonzentration des<br />

Substrates von 10 -5 mol/l getestet. Sie ist eine Reaktion 1. Ordnung. Nach<br />

6 Minuten ist die Hälfte des Substrates umgesetzt.<br />

a) Wie groß ist k;<br />

b) Wie groß ist die Konzentration nach 10 Minuten?<br />

3-26 Enzyme<br />

5. In einer Isomerase Reaktion werden 2,5 mg Enzym vom Molekulargewicht<br />

125.000 eingesetzt. K m wurde <strong>zu</strong> 3⋅10 -3 mol/l bestimmt und V max<br />

<strong>zu</strong> 275 µmol/Min.<br />

a) Wie groß ist die Wechselzahl?<br />

b) Berechnen Sie die Anfangsgeschwindigkeit bei einer Substratkonzentration<br />

von 7,5 mmol/l<br />

6. a) Für welche Reaktion wird Vitamin K als Cofaktor benötigt?<br />

b) Für welchen physiologischen Vorgang ist diese Reaktion von Bedeutung?<br />

7. a) Wie beinflusst ein erhöhter ADP-Gehalt die Umlaufgeschwindigkeit im<br />

Citratzyklus?<br />

b) Auf welche Enzyme des Citratzyklus wirkt ADP?<br />

8. a) Welches Organell der Zelle enthält vor allem Hydrolasen?<br />

b) Nennen Sie drei Stoffklassen, die dort hydrolysiert werden.<br />

9. Stellen Sie den Effekt, den ein Enzym auf die Aktivierungenergie einer<br />

Reaktion hat, in einer einfachen Graphik dar.<br />

10. Wie beinflusst ein kompetitiver Inhibitor Vmax und KM einer enzymatischen<br />

Reaktion?<br />

11. a) Nennen Sie einen Inhibitor der Acetylcholinesterase, der eine kovalente<br />

Bindung mit dem Enzym eingeht.<br />

b) Nennen Sie die betroffene Aminosäure.


Versuch 4: Lipide<br />

Versuche:<br />

Nachweisreaktionen von Lipiden<br />

DC-Trennung von Myelin-Lipiden<br />

Gaschromatographie von Fettsäuremethylestern<br />

Dünnschichtchromatographie von Steroidhormonen<br />

2 Analysen:<br />

1. Aceton in Wasser<br />

2. Hormongemisch<br />

4-1<br />

Wissensgebiete<br />

Chemische Strukturen der gesättigten und ungesättigten Fettsäuren<br />

Allgemeine Struktur der Glyceride, des Cholesterins, der Cholesterinester,<br />

der Phospolipide, der Sphingolipide<br />

Membranbausteine, Aufbau von Membranen<br />

Lipasen und Phospholipasen<br />

Biosynthese der Fettsäuren und Lipide, β-Oxidation, Energiebilanz<br />

Biosynthese und Umwandlung des Cholesterins <strong>zu</strong> Gallensäuren und Steroidhormonen,<br />

Regulation der Cholesterin-Biosynthese<br />

Galle, Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Funktion<br />

Prostaglandinfamilie: Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxane<br />

Steroidhormone: allgemeine Struktur und Funktion<br />

Seifen und Verseifung<br />

Prinzip der Gaschromatographie, Dünnschichtchromatographie<br />

4-2 Lipide<br />

I. Nachweisreaktionen von Lipiden<br />

1) Fettsäuren<br />

Doppelbindungen in ungesättigten Fettsäuren können durch die Addition von<br />

Brom nachgewiesen werden: Zwei Tropfen Olivenöl werden in etwa 3 ml<br />

Chloroform gelöst und tropfenweise eine 2%-ige Bromlösung in Chloroform<br />

<strong>zu</strong>gegeben. Die braune Farbe der Bromlösung entfärbt sich spontan. Überlegen<br />

Sie sich, in welchen Naturprodukten Doppelbindungen vorkommen und warum<br />

einige Fettsäuren essentiell sind.<br />

2) Ketonkörper<br />

Im Urin eines Diabetikers erscheinen nicht nur Glukose, sondern durch die<br />

verstärkte Lipolyse auch Ketonkörper, u. a. Aceton, das auch über die Atemluft<br />

abgegeben werden kann (charakteristischer Geruch im Krankenzimmer!).<br />

Aceton-Nachweise:<br />

a) Natriumnitroprussidprobe<br />

Natriumnitroprussidlösung bildet mit Aceton folgenden rot gefärbten Komplex:<br />

CH3-CO-CH3 + [Fe 2+ (CN) 5NO + ] 2- + 2 OH - →<br />

[Fe 2+ (CN) 5NO + CH-CO-CH 3] 4- + 2 H 2O<br />

Beim Ansäuern mit Eisessig wird ein Proton an den Komplex angelagert und die<br />

Farbe vertieft sich:<br />

[Fe 2+ (CN) 5NO + CH 2-CO-CH 3] 3-<br />

Ausführung:<br />

Zu 3 ml der Analysenlösung gibt man fünf Tropfen frische Nariumnitroprussidlösung<br />

und 1 ml NaOH. Anschließend wird mit wenigen Tropfen Eisessig<br />

schwach angesäuert.


Lipidnachweisreaktionen 4-3<br />

Der Nachweis von Aceton mit Hilfe von Natriumnitroprussidlösung kann aber<br />

durch andere Metaboliten gestört werden. Überlegen Sie sich, welche diese sein<br />

könnten.<br />

b) Jodoformprobe<br />

CH3-CO-CH3 + 3 I2 + 3 NaOH → CH3-CO-CI3 + 3 NaI + 3 H2O<br />

CH3-CO-CI3 + NaOH → CHI3 + CH3COONa Ausführung:<br />

Zu 3 ml Acetonlösung und 1 ml Jod-Jodkalium-Lösung gibt man tropfenweise<br />

2 N NaOH, bis Entfärbung eintritt. Bei positivem Ausfall der Reaktion tritt ein<br />

gelber Niederschlag und typischer Jodoform-Geruch auf.<br />

Geräte:<br />

Reagenzglasgestell mit 10 Reagenzgläsern<br />

Spatel<br />

Chemikalien:<br />

Aceton 1%ig<br />

Brom 2% in Chloroform<br />

Eisessig<br />

Jod-Jodkalium-Lösung<br />

Natriumnitroprussidlösung 5%ig<br />

NaOH 2 N<br />

Olivenöl<br />

4-4 Lipide<br />

II. Trennung von Myelin-Lipiden durch Dünnschicht-<br />

Chromatographie<br />

Geräte:<br />

1 Dünnschichtplatte<br />

Entwicklungstrog<br />

Lösungen:<br />

10 × 10 cm, beschichtet mit Kieselgel H<br />

Fließmittel: Chloroform/Methanol/Wasser = 65:25:4<br />

Lipid-Extrakt aus Myelin<br />

Testlösungen (2 mg/ml) : Cholesterin, Lecithin, Kephalin, Cerebrosid, Sulfatid<br />

Normalwerte im Serum (pro 100 ml)<br />

Gesamtlipide 0,6-1 g<br />

Triglyceride 70-180 mg<br />

Gesamtcholesterin 160-230 mg<br />

Verestertes Cholesterin 120-180 mg<br />

Phospholipide 160-230 mg<br />

freie Fettsäuren 10-35 mg<br />

β-Lipoproteine bis 550 mg<br />

Bilirubin 0,5-1 mg<br />

Gesamtprotein 6-8 g<br />

Harnsäure 2-6,8 mg<br />

Glucose 60-100 mg<br />

Natrium 140 mVal pro Liter<br />

Kalium 5<br />

Calcium 5<br />

Magnesium<br />

HCO3<br />

2<br />

– Cl<br />

27<br />

– Protein<br />

103<br />

– 17<br />

Lipid<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng des Myelins des menschlichen Gehirns.<br />

PC, Phosphatidylcholin 10,0 %<br />

PE, Phosphatidylethanolamin 20,0 %<br />

PI, Phosphatidylinositol 1,0 %<br />

PS, Phosphatidylserin 8,5 %<br />

SPM, Sphingomyelin 9,0 %<br />

Cerebrosid 20,8 %<br />

Sulfatid 5,2 %<br />

Cholesterin 26,0 %<br />

Lysophosphatidylcholin Spuren


Myelinlipid DC 4-5<br />

Auf einer mit Kieselgel beschichteten Glasplatte werden nach dem Prinzip der<br />

Verteilungschromatographie verschiedene Lipide aufgetrennt und anschließend<br />

mit spezifischen Färbereagenzien nachgewiesen. Die Verteilung findet zwischen<br />

der stationären, polaren Hydrathülle des Kieselgels und dem mobilen, unpolaren<br />

Laufmittel statt. Daher laufen die unpolaren Lipide nahe der Laufmittelfront und<br />

je stärker der polare Charakter des Lipids ist, um so stärker ist ihre Wechselwirkung<br />

mit der polaren, stationären Phase und umso kürzer ist die Laufstrecke<br />

dieser Lipide. Die Phosphatgruppe der Phospholipide kann mit Hilfe von<br />

Molybdänblau (Zinzadse) nachgewiesen werden, Ninhydrin erfasst die<br />

Aminogruppen von Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylserin, H2SO4-<br />

Eisessig (Salkowsky) färbt Cholesterin und das Anthron-Reagenz Kohlenhydrate.<br />

Als Laufmittel dient Chloroform-Methanol-Wasser 65:25:4.<br />

Phosphor<br />

Ninhydrin<br />

Phosphor<br />

Ninhydrin<br />

1 2 3 4<br />

Anthron<br />

Anthron<br />

Salkowsky<br />

Phosphor<br />

Cholesterin<br />

Cerebrosid<br />

PE<br />

Sulfatid<br />

PC<br />

PS<br />

SPM<br />

Lyso-PC<br />

Auftrags-<br />

stelle<br />

Abbildung 4-1: Dünnschichtchromatogramm der Myelinlipide<br />

Die Proben werden punktförmig mit der Spitze einer Pasteurpipette aufgetragen.<br />

Dabei sollte die Spitze 3 mal hintereinander mit jeweils 3-5 mm Probe gefüllt und<br />

so aufgetragen werden, dass der Durchmesser der Flecken nicht größer als 3-4 mm<br />

4-6 Lipide<br />

ist. Dabei ist darauf <strong>zu</strong> achten, dass die Auftragspunkte so weit vom unteren Rand<br />

der Platte entfernt sind, dass sie nicht im Laufmittel „ertrinken“.<br />

Aufgetragen werden:<br />

1. Phosphatidylcholin (Lecithin)<br />

2. Cerebrosid und Sulfatid (Probenlösung handwarm machen!)<br />

3. Lipidextrakt aus Myelin<br />

4. Cholesterin<br />

Pasteurpipette zwischendurch mit Aceton reinigen. Der Chromatographietrog wird<br />

verschlossen und die Chromatographie so lange durchgeführt, bis die<br />

Laufmittelfront bis auf ca. 1 cm Abstand den oberen Rand der Platte erreicht hat.<br />

Nachdem die Platten im Ab<strong>zu</strong>g getrocknet sind, werden sie nacheinander:<br />

1. mit Ninhydrin-Lösung besprüht und 15-20 Min. bei Raumtemperatur liegen<br />

gelassen.<br />

2. mit Zinzadse-Reagenz eingesprüht<br />

3. mit konz. H 2 SO 4 -Eisessig 1:1 besprüht und bei 120°C im Trockenschrank<br />

über 15 min. erhitzt<br />

4. mit Anthron-Reagenz besprüht und erneut 10-15 Min bei 90 °C im Trockenschrank<br />

erhitzt<br />

Notieren Sie jeweils nach jeder Färbung die Lage der Flecken.


GC 4-7<br />

III. Gaschromatographie der Fettsäuremethylester<br />

Triglyceride sind Energiespeicher des Körpers und kommen z. B. im Fettgewebe<br />

oder in Lipoproteinen vor. Den mit tierischer und pflanzlicher Nahrung aufgenommenen<br />

Triglyceriden werden unterschiedliche Qualitäten <strong>zu</strong>geschrieben.<br />

Objektiv unterscheiden sie sich nur in der Zusammenset<strong>zu</strong>ng ihrer Fettsäuren. Die<br />

Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Fettsäuren lässt sich mit Hilfe der Gaschromatographie<br />

quantitativ ermitteln. Überlegen Sie sich, warum man <strong>zu</strong>nächst die Fettsäuren in<br />

Fettsäureester umwandeln muss.<br />

Geräte:<br />

Gaschromatograph, Erlenmeyerkolben 100 ml , 20 ml<br />

Wasserbad <strong>zu</strong>r Verseifung und Veresterung<br />

Wasserbad <strong><strong>zu</strong>m</strong> Abdampfen von Lösungsmitteln, unter dem Ab<strong>zu</strong>g<br />

Chemikalien:<br />

Bortrifluorid/Methanol 1:5<br />

Petrolether<br />

Na2SO4 wasserfrei<br />

NaOH 2 N<br />

Olivenöl<br />

Methanolische KOH<br />

20% HCL<br />

Chloroform<br />

1) Verseifung von Triglyceriden:<br />

0,1 ml Olivenöl oder ca. 0,1 g Speisefett aus dem Haushalt (Margarine, Butter,<br />

Salatöl, Speck usw., bitte von <strong>zu</strong> Hause mitbringen!) und 5 ml 15%-ige<br />

methanolische KOH (Methanol/Wasser = 9:1) werden in einem 100 ml-<br />

Erlenmeyerkolben mit Deckel 30 min in einem elektrisch beheizten, siedenden<br />

Wasserbad erhitzt. Der kugelförmige Deckel wirkt wie ein primitiver<br />

Rückflusskühler und verhindert das Verdampfen des Methanols. Anschließend<br />

kühlt man ab und säuert mit 10 ml ca. 20%-iger HCl an. Die freigesetzten<br />

Fettsäuren werden in einem Schütteltrichter mit 20 ml Petrolether ausgeschüttelt.<br />

Die untere Phase wird verworfen, dabei muss der Glasstopfen abgenommem<br />

werden. Die obere Phase (Petrolether) wird dann im Schütteltrichter 3 mal mit je<br />

10 ml Wasser gewaschen und in einem 20 ml-Erlenmeyerkolben mit 2-3<br />

Spatelspitzen wasserfreiem Na2SO4 versetzt („getrocknet“), um die Wasserreste<br />

4-8 Lipide<br />

<strong>zu</strong> binden. Nach kurzer Zeit und wiederholtem Umschwenken wird die Lösung in<br />

einen 20 ml Erlenmeyerkolben filtriert und im Ab<strong>zu</strong>g auf einem ebenfalls<br />

elektrisch beheizten Wasserbad <strong>zu</strong>r fast vollständigen Trockne eingedampft.<br />

2) Veresterung der freien Fettsäuren mit 2% Bortrifluorid-Etherat in<br />

Methanol:<br />

• 1 ml der BF3-Methanollösung wird in den Erlenmeyerkolben gegeben, die<br />

eingedampften Fettsäuren durch Schwenken gelöst und sofort in ein Sovirelglas<br />

(=Reagenzglas mit Schraubverschluss) überführt.<br />

• Sovirelglas fest verschließen! 15 min. im siedenden Wasserbad erhitzen.<br />

• 2 ml H2O <strong>zu</strong>geben, anschließend mit 2 ml Petrolether durch Schütteln extrahieren.<br />

• Abhebern der Petroletherphase mit Pasteurpipette, Umfüllen in ein Reagenzglas<br />

und gegebenenfalls mit Na2SO4 trocknen.<br />

• In ein Reagenzglas filtrieren und im Wasserbad im Ab<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r Trockne eindampfen.<br />

• Rückstand in 0,5 ml CHCl3 lösen, ca. 0,1 µl aufspritzen. Die genau<br />

auf<strong>zu</strong>spritzende Menge muß jeweils ausgetestet werden. (Bei Verlusten während<br />

der Veresterung, CHCl3-Volumen verringern)


GC 4-9<br />

Abbildung 4-2: Schematische Darstellung eines Gaschromatographen<br />

Die Gaschromatographie ist eine Verteilungschromatographie. Verdampfbare<br />

Substanzen verteilen sich zwischen einer flüssigen und einer gasförmigen Phase.<br />

Als flüssige stationäre Phase werden <strong>für</strong> Fettsäuremethylester Polyester zwischen<br />

Dicarbonsäuren (z.B. Bernsteinsäure) und Glykolen oder Siliconöle und höhere<br />

Kohlenwasserstoffe verwendet. Die Trennphase wird auf ein inertes, feinkörniges<br />

Trägermaterial (z. B. Kieselgur 0,1-0,2 mm Ø) aufgetragen. Trägermaterial mit<br />

aufgezogener Trennphase ist das Füllmaterial der Gaschromatographiesäule. Sie<br />

wird von der gasförmigen Phase, dem Trägergas, durchströmt, wodurch die<br />

Substanzen der <strong>zu</strong> analysierenden Probe getrennt in den Detektor transportiert<br />

werden. Dort werden elektrische Signale erzeugt, die über einen Verstärker vom<br />

Schreiber aufgezeichnet werden.<br />

Die GC ist in der Lage, die Trennung komplizierter Gemische in µg-Mengen exakt<br />

qualitativ und quantitativ durch<strong>zu</strong>führen. Jede Verbindung hat eine<br />

charakteristische Retentionszeit (Verweilzeit in der Säule). Der Vergleich mit<br />

Testsubstanzen erlaubt die Identifizierung der Komponenten eines Gemisches, in<br />

unserem Fall der einzelnen Fettsäuremethylester. Das Gaschromatogramm wird<br />

quantitativ nach der Dreiecksmethode ausgewertet:<br />

F = h•b<br />

4-10 Lipide<br />

Den Flächeninhalt berechnet man durch Multiplikation der Peakhöhe (h) und der<br />

Peakbreite (b) auf halber Höhe.<br />

Abbildung 4-3: Gaschromatogramm eines Fettsäuremethylestergemisches


Steroidhormon DC 4-11<br />

IV. Dünnschichtchromatographie von Steroidhormonen.<br />

Die Steroidhormone Progesteron, Cortison, Testosteron, Östradiol und Cortexon<br />

sollen getrennt und parallel da<strong>zu</strong> die Komponenten eines Gemisches bestimmt<br />

werden.<br />

O<br />

CH2OH<br />

C O<br />

O OH<br />

Cortison<br />

HO<br />

O<br />

Östradiol C 18<br />

Cortexon<br />

OH<br />

O<br />

CH 2OH<br />

C O<br />

O<br />

Testosteron C 19<br />

OH<br />

Progesteron<br />

Abbildung 4-4: Strukturformeln der untersuchten Steroidhormone<br />

Geräte:<br />

Chromatographietrog<br />

Dünnschichtplatten 10 × 10 cm mit Kieselgel H<br />

Sprüher <strong><strong>zu</strong>m</strong> Anfärben<br />

Teflonschläuche<br />

Trockenschrank 120 °C<br />

UV-Lampe<br />

Lösungen:<br />

Steroidhormonlösungen einzeln<br />

Laufmittel: Chloroform/Aceton 9:1<br />

Sprühreagenzien:<br />

1) 50% H2SO4 in Methanol<br />

2) 0,1%ige 2,4-Dinitrophenylhydrazin in Ethanol + 1 ml konz. HCl<br />

CH3 C O<br />

4-12 Lipide<br />

Ausführung:<br />

Mit Hilfe einer Pasteurpipette werden die Testsubstanzen und die Analysen in<br />

Abständen von 1 cm aufgetragen (siehe 4 II und Abb. 4-5). Die Spitze der<br />

Pasteurpipette sollte zwischendurch mit entionisiertem Wasser gespült werden.<br />

Als Laufmittel dient Chloroform/Aceton 9:1. Nach Lufttrocknung (Ab<strong>zu</strong>g) wird<br />

die Platte <strong>zu</strong>erst mit 50% H2SO4 in Methanol und dann mit 0,1% 2,4-Dinitrophenylhydrazin<br />

in Ethanol + HCl eingesprüht und <strong>zu</strong>r Farbentwicklung 10 Min. in<br />

einem Trockenschrank von 120°C gelegt. Notieren Sie die Farben der Flecken und<br />

beobachten Sie ihre Fluoreszenz unter der UV-Lampe. Bestimmen Sie die beiden<br />

Steroidhormone in Ihrer Analyse. Berechnen Sie die Rf-Werte.<br />

1 2 A1 3 A2 4 5<br />

8 cm<br />

1,5 cm<br />

Front<br />

Auftrags<br />

-stelle<br />

Abbildung 4-5: Dünnschichtchromatogramm von Steroidhormonen<br />

1 Östradiol 2 Cortexon<br />

A1 Analyse 1 3 Cortison<br />

A2 Analyse 2 4 Testosteron<br />

5 Progesteron


Übungsaufgaben:<br />

Aufgaben 4-13<br />

1. Wie kann der Abbau von Triglyceriden <strong>zu</strong>r Glukoneogenese beitragen?<br />

2. Wie beeinflusst der Prozentsatz der ungesättigten Fettsäuren der Membranlipide<br />

die Fluidität einer Membran?<br />

3. Warum sind Plasmamembranen <strong>für</strong> geladene Moleküle undurchlässig?<br />

4. Nennen Sie drei Substanzen, die aus Membranbausteinen entstehen und an der<br />

Übertragung von Signalen mitwirken.<br />

5. N-Acetylneuraminsäure (Sialinsäure) ist Bestandteil von:<br />

a) ...........und b) ..........<br />

6. a) Nennen sie das Schlüsselenzym der Biosynthese von Fettsäuren<br />

b) Formulieren Sie die von ihm katalysierte Reaktion (in Worten).<br />

c) Nennen Sie je ein positives und ein negatives Effektormolekül.<br />

7. Nennen Sie Namen der drei Ketonkörper:<br />

8. Wo sind in der Zelle die Rezeptoren <strong>für</strong> a) Insulin, b) Cortisol und c) die<br />

Schilddrüsenhormone T3/T4 lokalisiert?


Versuch 5: Immunologie<br />

Versuche:<br />

ELISA (enzyme linked immunosorbent assay), Enzymgekoppelter Immunnachweis<br />

Western-Blot<br />

Test <strong>zu</strong>r Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin<br />

Analyse:<br />

IgG-Test mittels ELISA, 2 Proben (A und B)<br />

Wissensgebiete<br />

Allgemeine Struktur und grundsätzlicher Aufbau von Antikörpern<br />

Klassen der Immunglobuline<br />

Polyklonale, monoklonale Antikörper<br />

Prinzip der humoralen und zellulären Immunantwort<br />

Wechselwirkung zwischen Antigen und Antikörper<br />

Komplementsystem<br />

Polyklonale und monoklonale Antikörper<br />

Prinzip der Herstellung monoklonaler Antikörper<br />

Prinzip von ELISA, RIA, Westernblot<br />

Blut, Serum, Plasma<br />

Blutgruppendeterminanten<br />

5-1<br />

5-2 Immunologie<br />

Medizinische Grundlage:<br />

Antikörper sind Proteine, die vom Immunsystem des Körpers produziert werden,<br />

um eine hochspezifische extrazelluläre Abwehr gegen Infektionen auf<strong>zu</strong>bauen.<br />

Außerhalb des Körpers, im Labor, sind Antikörper unentbehrliche Werkzeuge<br />

geworden, die in einer Vielzahl von Methoden die Bindungseigenschaften der<br />

Antikörper <strong>zu</strong>r qualitativen und quantitativen Analyse von Antigenen nutzen. Im<br />

<strong>Praktikum</strong> werden Sie anhand von drei Beispielen einen ersten Einblick<br />

bekommen.<br />

I. ELISA<br />

Die Markierung von Antikörpern mit Enzymen ist eine weit verbreitete Methode<br />

<strong>zu</strong>r Detektion der Antikörper und damit der daran gebundenen Antigene und hat<br />

die radioaktiven Markierungsmethoden mit dem Nachweis im RIA (radio immuno<br />

assay) in vielen Bereichen verdrängt.<br />

Der Aufbau eines ELISA kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen und<br />

hängt von den Anforderungen ab, die an ihn gestellt werden. Generell kann man<br />

zwei verschiedene Verfahren unterscheiden:<br />

A: Direkt-ELISA,<br />

B: Inhibitions-ELISA.<br />

Im <strong>Praktikum</strong> werden Sie aus Zeitgründen die einfachste Form eines Direkt-<br />

ELISA durchführen. Sie sollen humanes IgG mit Hilfe eines affinitätsgereinigten,<br />

mit Meerettich-Peroxidase gekoppelten Antikörpers aus Kaninchen nachweisen.<br />

Normalerweise wird <strong>zu</strong>erst ein nicht gekoppelter Antikörper eingesetzt, der dann<br />

mit Hilfe eines Enzym-gekoppelten Zweitantikörpers nachgewiesen wird.<br />

Alle Immunglobuline besitzen die gleiche Grundstruktur aus vier Untereinheiten,<br />

zwei leichten Ketten (je 23 kDa) und zwei schweren Ketten (je 53 -75 kDa). Die<br />

Untereinheiten lagern sich über Disulfidbrücken und hydrophobe Wechselwirkungen<br />

<strong>zu</strong>sammen und bilden eine Y-förmige Struktur. Die sezernierten<br />

Immunglobuline des Menschen lassen sich in 5 Klassen einteilen, IgA, IgD, IgE,<br />

IgG und IgM, die sich im Typ ihrer schweren Ketten unterscheiden. IgD, IgE und<br />

IgG bestehen nur aus Monomeren, IgA besteht aus Monomeren, Dimeren und


ELISA 5-3<br />

Trimeren, während IgM aus Pentameren der Y-förmigen Struktur besteht. Die<br />

Multimere sind dabei sowohl untereinander als auch mit einer sogenannten J-Kette<br />

(J=joining) über Disulfidbrücken verbunden.<br />

In einem direkten ELISA sollen Sie IgG im Plasma nachweisen, als Leerwert dient<br />

TBS. In der Analyse sollen Sie ermitteln, ob in den beiden Proben, die Sie<br />

erhalten, humanes IgG vorhanden ist oder nicht. Da<strong>zu</strong> werden in einem ersten<br />

Schritt die Plasmaproteine irreversibel an eine ELISA-Mikrotestplatte gebunden.<br />

Nach dem Blockieren unspezifischer Bindungsstellen mit Milchproteinen wird ein<br />

in Kaninchen hergestellter Peroxidase-gekoppelter Antikörper <strong>zu</strong>gegeben, der<br />

gegen humanes IgG gerichtet ist. Der Nachweis der gebundenen Antikörper<br />

erfolgt dann durch die enzymatische Reaktion. Als Substrat dient Tetramethylbenzidin,<br />

dessen Umsatz photometrisch bei 450 nm detektiert werden kann.<br />

Materialien und Geräte:<br />

ELISA-Reader<br />

96er Microtiter-Platte<br />

Pipetten: Precision rot/blau<br />

500 ml Spritzflasche<br />

15 ml Plastikgefäß mit Schraubdeckel<br />

Eppendorf-Reaktionsgefäße<br />

Lösungen:<br />

Plasma (<strong>für</strong> die Verdünnungsreihe)<br />

Protein-Analysen-Lösungen A und B<br />

TBS<br />

TBS/Tween 20, 0,02 %(Detergenz)<br />

5% Milchpulver in TBS<br />

Kaninchen-Anti-Human-IgG Antikörper (Peroxidase gekoppelt; 1:40000)<br />

Citrat pH 6.0<br />

10 mg/ml Tetramethylbenzidin-Lösung in DMSO (carcinogen)<br />

3% ige H 2O2-Lösung<br />

20%ige H 2SO4<br />

5-4 Immunologie<br />

Durchführung:<br />

1. Beschichten<br />

Die Löcher einer 96-Loch (12x8) Microtiter-Platte werden mit jeweils 100 µl<br />

Antigenlösung beschichtet. Hier<strong>zu</strong> wird eine Plasma-Verdünnungsreihe in<br />

TBS-Puffer (siehe Tabelle) hergestellt, <strong>zu</strong>sammen mit den unverdünnten<br />

Analysen A und B (ebenfalls je 100µl) wie folgt aufgetragen (alles in<br />

Doppelbestimmung) und eine Stunde bei Raumtemperatur (RT) inkubiert.<br />

Bitte benutzen Sie immer nur 3 nebeneinanderliegende Spalten und vermeiden<br />

Sie Proteinkontaminationen der freien Plätze. Die Platten werden in der<br />

nächsten Woche von Ihren Kommilitonen weiterverwendet. Zur Sicherheit<br />

lassen Sie jede 4. Spalte frei. Bitte markieren Sie die benutzten Spalten mit<br />

Filzstift.<br />

Also <strong>zu</strong> benutzen: Spalten 1,2,3 oder 5,6,7 oder 9,10,11.<br />

Verdünnung Plasma<br />

(Doppelbestimmung)<br />

Leerwert AX1,<br />

Analysen<br />

1:10 4 AX2 Student X<br />

1:5x10 4 BX1<br />

1:10 5 BX2<br />

1:5x10 5 AY1<br />

1: 10 6 AY2 Student Y<br />

1:5x10 6 BY1<br />

1: 10 7 BY2<br />

2. Waschen<br />

Die Lösungen werden über dem Waschbecken ausgegossen und dann dreimal<br />

mit TBS/T-Puffer gewaschen. Man füllt die Löcher mit dem Waschpuffer aus<br />

einer Polyethylen-Spritzflasche, und schüttet sie ebenfalls über dem<br />

Waschbecken aus. Anhaftende Tropfen können durch Ausklopfen entfernt<br />

werden.


ELISA 5-5<br />

3. Blockieren<br />

Um die restlichen Proteinbindungsstellen am Plastik <strong>zu</strong> blockieren, inkubiert<br />

man 30 Minuten lang bei RT mit 200 µl Blockierungsreagenz (5% Milchpulver<br />

in TBS).<br />

4. Waschen<br />

Blockierungslösung entfernen und dreimal (s. o.) mit TBS/T waschen.<br />

5. Peroxidase-gekoppelter Antikörper<br />

je 100 µl Antikörper (Anti-human IgG, 1:40.000 in TBS) pro Loch auftragen<br />

und 45 Minuten lang bei RT inkubieren.<br />

6. Waschen<br />

Antikörperlösung entfernen, dreimal (s. o.) mit TBS/T und anschließend<br />

zweimal mit H2O (entsalzt) waschen.<br />

7. Detektion<br />

Ansetzen von Substratlösung in 15 ml Plastikgefäßen:<br />

4,5 ml aqua dest., 0,5 ml 1M Na-Actat Puffer (pH 6), 31 µl Tetramethylbenzidin-Lösung<br />

(10 mg/ml DMSO), 5 µl 3 %ige H2O2-Lösung.<br />

jeweils 100 µl Substratlösung werden in jedes Loch pipettiert. Danach mindestens<br />

5-10 Minuten lang inkubieren, bis eine Blaufärbung <strong>zu</strong> sehen ist.<br />

8. Stoppen der Farbentwicklung<br />

je 100 µl 20%ige H2SO4 pro Loch hin<strong>zu</strong>geben.<br />

9. Messen<br />

im ELISA-Reader bei 450 nm (mit Hilfe des Assistenten)<br />

10. Auswerten<br />

Tragen Sie die gemessenen Absorptionswerte gegen den Logarithmus der<br />

Antigenverdünnung auf. Diskutieren Sie den Kurvenverlauf. Geben Sie das<br />

Ergebnis der Analyse an (positiv oder negativ), im Vergleich mit dem Standard<br />

aus der Plasmaverdünnungsreihe<br />

Immunologie 5-6<br />

II. Western Blot<br />

Prinzip:<br />

Die Trennung von Proteinen über SDS-Gelelektrophorese ist eine Standardmethode<br />

<strong>zu</strong>r Analyse von Proteinen. Um eine spezifische Antigenbindung der<br />

getrennten Proteine nach<strong>zu</strong>weisen, überträgt man die Proteine durch Anlegung<br />

eines elektrischen Felds auf eine Nitrocellulose-Membran. Diese kann dann mit<br />

einem spezifischen Antikörper gegen ein bestimmtes Protein inkubiert werden und<br />

durch die gekoppelte enzymatische Aktivität eines ersten oder zweiten<br />

Antikörpers nachgewiesen werden. Damit wird nicht nur wie beim ELISA eine<br />

Antigen-Antikörper-Bindung nachgewiesen, sondern <strong>zu</strong>sätzlich auch noch eine<br />

Information über die Größe des Proteins erhalten. Der Western Blot dient z. B. als<br />

Bestätigung des Nachweises einer HIV-Infektion, wenn in einem ELISA<br />

Antikörper gegen HIV nachgewiesen wurden. Im Western Blot werden virale<br />

Proteine im SDS-Gel der Größe nach aufgetrennt und auf dem Blot die Antikörper<br />

der Patienten gegen die verschiedenen Proteine nachgewiesen.<br />

Beim Immuno-Blotting kann die Trennung eines Proteingemisches mittels SDS-<br />

PAGE mit der Spezifität vom immunologischen Nachweis gekoppelt werden.<br />

Dabei unterscheidet man folgende sechs Schritte:<br />

1. Proteingemisch in Probenpuffer<br />

2. Trenunng der Proteine durch Gelelektophorese<br />

3. Transfer auf Nitrocellulose<br />

4. Blocken unspezifischer Bindungen<br />

5. Antikörperaddition<br />

6. Detektion


Western-Blot 5-7<br />

Dieses Experiment schließt sich an Versuch 2 (Aminosäuren und Proteine II) an.<br />

Die Blotprozedur wird dort beschrieben.<br />

Materialen und Geräte:<br />

geblottete Nitrocellulose (Versuch 2)<br />

Plastikschale<br />

Schüttler<br />

Lösungen:<br />

TBS-Puffer: 0.15 M NaCl, 50 mM Tris pH 7.4<br />

TBS/T (0.01 % Tween 20 in TBS)<br />

TBS/T + 5% Milchpulver<br />

Kaninchen-Anti-Human-IgG Antikörper (Peroxidase gekoppelt; 1:15.000)<br />

30%ige H 2O2-Lösung<br />

0.3 % 4-Chloronaphtol (in Methanol) (carcinogen!)<br />

Durchführung:<br />

− die Membran wird eine Stunde lang mit 10 ml Kaninchen-Anti-Human-IgG<br />

(Peroxidase gekoppelt) (1:15.000) inkubiert und dann<br />

− dreimal <strong>für</strong> 5-10 min mit jeweils 10 ml TBS/T gewaschen.<br />

− zweimal kurz mit Wasser gewaschen<br />

− Farbreaktion: Der Antikörper ist mit Peroxidase gekoppelt, die ein farbloses<br />

Substrat (4-Chloronaphtol) <strong>zu</strong> einem Farbstoff umsetzen kann. Hier<strong>zu</strong> stellt<br />

man kurz vor Gebrauch folgende Lösung her:<br />

0,3 ml 0.3% 4-Chloronaphtol<br />

4,7 ml TBS<br />

5 µl 30%ige H2O2-Lösung<br />

Nach Zugabe dieser Lösung erscheint auf der Membran eine farbige Bande, die<br />

selektiv die Lage und damit die Existenz des Antigens anzeigt.<br />

Die Färbereaktion wird anschließend mit TBS-Puffer abgestoppt.<br />

Auswertung:<br />

Die Beobachtungen nach der Detektion mit Chlornaphthol werden festgehalten<br />

und im Vergleich <strong>zu</strong>r Poinceau S-Färbung kommentiert. Hier<strong>zu</strong> werden, vom<br />

unteren Rand der Nitrocellulose ausgehend, sowohl die Markerbanden ausgemessen,<br />

als auch die Lage der prominentesten Proteinbanden.<br />

Immunologie 5-8<br />

III. Test <strong>zu</strong>r Schwangerschaftsfrüherkennung aus Urin<br />

Medizinische Grundlage:<br />

HCG, humanes Choriongonadotropin, ist ein Glykoproteinhormon, das bereits<br />

kurz nach der Befruchtung von der Eizelle sezerniert wird. HCG regt den Gelbkörper<br />

(corpus luteum) da<strong>zu</strong> an, sich nicht <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>bilden, sondern weiterhin<br />

Progesteron <strong>zu</strong> produzieren, so dass keine Menstruation stattfindet. Bei normalem<br />

Schwangerschaftsverlauf kann HCG im Serum bereits 7 Tage nach der<br />

Befruchtung nachgewiesen werden. HCG ist daher ein hervorragender Indikator<br />

<strong>zu</strong>r Früherkennung einer Schwangerschaft, es kann auch im Urin nachgewiesen<br />

werden. Die Konzentration steigt während der Frühphase der Schwangerschaft<br />

rasch an. Ein positives Ergebnis kann außer durch eine Schwangerschaft nur durch<br />

ein sehr selten vorkommendes Chorionkarzinom entstehen, bei dem ebenfalls<br />

große Mengen HCG sezerniert werden.<br />

HCG besteht aus zwei Untereinheiten, α und β. Die α Untereinheit hat eine große<br />

Homologie <strong>zu</strong> den α-Ketten der Hypophysenhormone LH, FSH und TSH,<br />

außerdem sind 94 der 115 Aminosäuren der β-Untereinheit mit denen des β-LH<br />

identisch. Daher ist es unmöglich einen immunologischen Nachweis mittels eines<br />

polyklonalen Antikörpers durch<strong>zu</strong>führen, da Kreuzreaktivitäten der Antikörper<br />

eine sichere Bestimmung der Hormone unmöglich machen würde. Nur ein<br />

monoklonaler Antikörper, der gegen das <strong>für</strong> HCG spezifische Epitop in der β-<br />

Kette gerichtet ist, kann <strong>zu</strong>r Diagnostik eingesetzt werden.<br />

Prinzip<br />

Der Versuch wird mit einem hochempfindlichen kommerziell erhältlichen Test<br />

(„STORCH-TEST“ oder „SCHWANGER JA:NEIN“) durchgeführt. Es handelt<br />

sich hierbei um einen Sandwich-Immun-Assay, der aus einer Kombination von<br />

monoklonalen und polyklonalen Antikörpern besteht. Durch einen<br />

chromatographischen Schritt werden die beiden Antikörper mit dem Antigen<br />

<strong>zu</strong>sammengebracht und die Aggregation durch die Goldmarkierung sichtbar<br />

gemacht. Die Kontrolle <strong>für</strong> eine korrekte Testdurchführung ist durch die Reaktion<br />

des markierten Antikörpers mit einem weiteren Antikörper gewährleistet. Die<br />

Nachweisgrenze des Tests liegt bei 10 IU HCG/l Urin.


Schwangerschaftstest 5-9<br />

Aufbau<br />

Auf einer hydrophilen Membran sind drei verschiedene Bereiche <strong>zu</strong> unterscheiden:<br />

1. der Kontrollbereich (C), beschichtet mit polyklonalem Ziegen-Antimaus-IgG<br />

Antikörper (IgG),<br />

2. der Testbereich (T), beschichtet mit polyklonalem Ziegen-Anti-HCG-Antikörper<br />

(IgG) und<br />

3. der Probenauftragsbereich (P). Dieser Bereich enthält den getrockneten, mit<br />

kolloidalem Gold konjugierten monoklonalen Maus-Anti-HCG-Antikörper auf<br />

Papierstreifen, der mit der Membran verbunden ist.<br />

Kontrolle (C) Testergebnis (T) Probenauftrag (P)<br />

Durchführung:<br />

Stellen Sie das Testkit mit den Sichtfenstern nach oben auf den Labortisch. Füllen<br />

Sie die Pipette mit dem Testurin. Geben Sie exakt fünf Tropfen Testurin (ohne<br />

Luftbläschen) in das Probenauftragsloch. Warten Sie eine Minute und lesen Sie<br />

das Testergebnis im Sichtfenster ab. Der Test ist nicht verwertbar, wenn sich keine<br />

bzw. später als nach 5 Minuten eine Linie im Sichtfenster zeigt.<br />

Aufgaben:<br />

Protokollieren Sie das Testergebnis<br />

1. Erklären Sie genau, wie Ihr Testergebnis <strong>zu</strong>stande gekommen ist. Warum ist<br />

der T-Bereich positiv bzw. negativ? Warum ist der C-Bereich positiv?<br />

2. Erklären Sie, warum bei einer nur mit LH versetzten Probe keine Reaktion im<br />

T-Bereich festgestellt werden kann, obwohl die dort vorhandenen polyklonalen<br />

Antikörper auch mit LH reagieren.


Versuch 6: Blut<br />

Versuche:<br />

Gelfiltration, Spektroskopie und<br />

die quantitative Bestimmung des Hämoglobins<br />

Dialyse-Versuch<br />

Enzymatische Bestimmung der Glucose<br />

Polarimetrie<br />

6-1<br />

Analysen:<br />

1. Hämoglobin-Bestimmung<br />

2. Bestimmung von Glukose, Fruktose, Saccharose oder Xylose mittels<br />

Polarimetrie<br />

Wissensgebiete<br />

Puffersysteme des Blutes, Azidose, Alkalose<br />

Hämoglobin als Puffer, 2,3-Bisphosphoglycerat<br />

Sauerstoff-Transport, Kohlendioxidtransport<br />

Myoglobin-, Hämoglobin-Struktur, Biosynthese, Porphyrin-Strukturen<br />

Katabolismus des Hämoglobins, Bilirubin-Chemie<br />

Transport, Glucuronidierung, Ikterusformen<br />

Kolloid-osmotischer Druck, Dialyse Enzymatische Grundlage des GOD-Testes<br />

(Coenzyme von GOD und POD, Funktion und Coenzym von Katalase)<br />

Optische Aktivität, Polarimetrie<br />

6-2 Blut<br />

I. Gelfiltration, quantitative Bestimmung und Spektroskopie<br />

von verschiedenen Formen des Hämoglobins<br />

Die Funktion des Hämoglobins besteht im Transport von O 2 . Hämoglobin enthält<br />

als prosthetische Gruppe Häm, das im Zentrum eines Porphyrinrings ein Fe 2+ -Ion<br />

in Chelatform gebunden hält. Dieses Fe 2+ -Ion ist in der Koordination mit sechs<br />

Liganden am stabilsten. Vier davon werden von den Pyrrol-Stickstoffatomen des<br />

Porphyrinrings und ein weiterer durch einen Histidin-Stickstoff aus der<br />

Polypeptidkette der Globine geliefert. Die sechste Position kann durch<br />

verschiedene Liganden besetzt werden und bestimmt das Absorptionsspektrum<br />

des Hämoglobins. Im Oxihämoglobin z. B. ist die sechste Position mit<br />

molekularem Sauerstoff besetzt. Neben den <strong>für</strong> die unterschiedlichen Liganden<br />

1. Oxihämoglobin ____<br />

2. Desoxihämoglobin ........<br />

3. CO-Hämoglobin ------<br />

Abbildung 6-1: Absorptionscharakteristika von Hämoglobin mit unterschiedlichen<br />

Liganden.


Spektralphotometrie 6-3<br />

charakteristischen Absorptionsbanden zwischen 500 und 600 nm besitzen alle<br />

Hämoglobine eine gemeinsame Soret-Bande bei 415 - 430 nm.<br />

Charakteristika der einzelnen Hämoglobinarten:<br />

1. Cyan-Methämoglobin ([CN-Hb(III)]): Das Fe 2+ wird mit Hexacyanoferrat(III)<br />

<strong><strong>zu</strong>m</strong> Fe 3+ oxidiert. Diese Form transportiert keinen Sauerstoff und besitzt eine<br />

braune Farbe eine Absorptionsbande bei 541 nm und ist eine stabile<br />

Verbindung<br />

2. Oxihämoglobin ([O 2 -Hb(II)]): scharlachrot, zwei Absorptionsbanden im<br />

gelbgrünen bei 576 - 540 nm<br />

3. Desoxihämoglobin oder "reduziertes" Hb ([Hb(II)]): purpurrot, eine Absorptionsbande<br />

bei 555 nm<br />

4. Kohlenmonoxid-Hämoglobin ([CO-HB(II)]): kirschrot, Absorptionsbanden bei<br />

570 nm und 541 nm<br />

Geräte:<br />

Glas-Chromatographiesäule, gefüllt mit Sephadex G25, grob<br />

Gummibällchen, Pasteurpipette<br />

Messpipetten 5 ml, 1 ml<br />

Reagenzglasständer mit Reagenzgläsern<br />

Spektralphotometer, Glasküvetten<br />

Lösungen:<br />

Transformationslösung (=Drabkin'sche Lösung) :<br />

1 g NaHCO 3 , 50 mg KCN und 200 g K 3 [FeCN 6 ]/l<br />

Heparin-Gesamtblut wird als Hämolysat <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt.<br />

Kaliumhexacyanoferrat(III) 5% in Puffer<br />

Natriumdithionit 1% in Puffer<br />

Phosphat-Puffer 20 mM, pH 7,0<br />

6-4 Blut<br />

1) Gelfiltration<br />

Prinzip:<br />

Gelfiltration trennt Substanzen nach Molekulargewicht. Für die Gelfiltration<br />

werden quervernetzte Polymere als Gelfiltrations-Medien verwendet. Wegen eines<br />

Ausschlußeffekts eluieren große Moleküle vor kleineren. In unserem Experiment<br />

wird das Hämolysat mit Dithionit reduziert und das aus dem Methämoglobin<br />

entstandene Desoxihämoglobin wird bei der Passage über die Säule durch die<br />

Größenfraktionierung vom überschüssigen Dithionit abgetrennt. Das<br />

Desoxihämoglobin wird durch Luftsauerstoff oxigeniert und als Oxihämoglobin<br />

eluiert.<br />

Ausführung:<br />

Eine vorbereitete 25 ml-Säule wurde an ihrem Ausfluss mit Glaswolle abgedichtet<br />

und mit einer Suspension von gequollenem Sephadex G25 bis <strong>zu</strong> einer Höhe von<br />

8 cm gefüllt. Überpüfen Sie, ob die gepackte Säule frei von Luftblasen ist!<br />

Die Säule wird <strong>zu</strong>erst mit 10 ml Phosphat-Puffer gewaschen. Die Oberfläche der<br />

Säulenfüllung sollte eben sein. Wenn der Pufferspiegel gerade bis auf die Höhe<br />

des Säulenmaterials abgesunken ist, wird eine frisch hergestellte Mischung aus 0,2<br />

ml Natriumdithionit-Lösung und 0,5 ml Hämolysat auf die Säule aufgetragen,<br />

ohne Säulenmaterial auf<strong>zu</strong>wirbeln. Man lässt die Lösung in das Säulenmaterial<br />

einsinken. Dann wäscht man <strong>zu</strong>nächst mit 1 ml Puffer nach und füllt anschließend<br />

die Säule mit Puffer (ebenfalls möglichst verwirbelungsfrei). Die rotgefärbte<br />

Oxihämoglobin-Fraktion wird in einem Minimum Puffervolumen, ausreichend<br />

<strong>für</strong> eine Küvettenfüllung, aufgefangen.<br />

2) Spektralphotometrie des Hämoglobins<br />

Ausführung:<br />

Das Oxihämoglobin, Methämoglobin und das Desoxihämoglobin werden <strong>für</strong><br />

spektroskopische Messungen verwendet.<br />

a) Für das Oxihämoglobin wird das Eluat der Gelfiltration verwendet<br />

b) Methämoglobin: ca. 0,5 ml Hämolysat mit 1,5 ml Hexacyanoferrat<br />

c) Desoxihämoglobin: 0,5 ml Hämolysat mit 1,5 ml Dithionit-Lösung<br />

Die Farbe des Hexacyanoferrats und die der drei Formen des Hämoglobins sollten<br />

beobachtet werden. Die drei Lösungen werden unter <strong>Anleitung</strong> in einem mit einem<br />

Drucker verbundenen ULTROSPEC 1000 zwischen 600 bis 450 nm gegen Wasser


Spektralphotometrie 6-5<br />

gemessen und die Ergebnisse in 5 nm Schritten ausgedruckt. Zeichnen Sie die<br />

Spektren auf Millimeterpapier.<br />

3) Bestimmung von Carboxihämoglobin<br />

Ausführung:<br />

Zu 0,5 ml Hämolysat werden 1 ml Phosphat-Puffer und 1 ml Dithionitlösung<br />

<strong>zu</strong>gefügt. Dann mischen und innerhalb von 30 Sekunden in einer Küvette die<br />

Extinktionen im Spektralphotometer bei 555 und 480 nm messen. 0,2 ml COgesättigter<br />

Phosphatpuffer pH 7 werden <strong>zu</strong> der Probe gegeben. Sofort die Extinktionen<br />

bei 555 und 480 nm messen! Trotz der 200-fach höheren Affinität des<br />

Kohlenmonoxids <strong><strong>zu</strong>m</strong> Hb sollte eine Äquilibrierung mit Luftsauerstoff vermieden<br />

werden.<br />

Charakteristisch <strong>für</strong> den CO-Gehalt im Hb ist das Extinktionsverhältnis E555 /E480 .<br />

100 % Desoxi-Hb: E555 /E480 = 3,15 ± 0,05<br />

100 % CO-Hb: E555 /E480 = 1,94 ± 0,05<br />

Nichtraucher haben 0,21-2 %, Raucher 0,7 %-6,5 % CO-Hb.<br />

4) Quantitative Bestimmung des Hämoglobins als Hämoglobin-Cyanid<br />

Ausführung:<br />

In zwei Reagenzgläser legt man je 5 ml dest. Wasser vor. Mit einer 50 µl Spritze<br />

werden 0,05 ml Blut da<strong>zu</strong>gegeben und sorgfältig vermischt. Die Spritze sofort mit<br />

dest. Wasser spülen. Danach gibt man 5 ml Transformations-Lösung da<strong>zu</strong> (gut<br />

umschütteln). Die Extinktion der Doppelbestimmung wird nach genau 30 min<br />

gegen den Leerwert (5 ml Wasser + 5 ml Transformationslösung) bei 546 nm<br />

gemessen.<br />

Auswertung:<br />

Berechnen Sie die Konzentration des Hämoglobins in g/100 ml Blut!<br />

MG = 68.000 Da; Extinktionskoeffizient: ε = 44⋅10 3 l⋅mol -1 ⋅cm -1<br />

6-6 Blut<br />

II. Dialyse-Versuch<br />

Prinzip:<br />

Niedermolekulare Stoffe lassen sich durch Diffusion durch eine semipermeable<br />

Membran in Richtung des Konzentrationsgefälles von kolloidalen Stoffen trennen.<br />

Die Kolloide können wegen ihrer Größe die Membranporen nicht passieren. Die<br />

Dialysegeschwindigkeit ist abhängig von:<br />

1) dem Verhältnis Membranoberfläche <strong><strong>zu</strong>m</strong> Flüssigkeitsvolumen<br />

2) dem Konzentrationsgefälle der niedermolekularen Stoffe auf beiden Seiten der<br />

Membran.<br />

Die Dialyse findet nicht nur im biochemischen Laboratorium <strong>zu</strong>r Entsal<strong>zu</strong>ng von<br />

Proteinen Anwendung. Ihre klinische Bedeutung liegt in der Anwendung der<br />

Dialyse in der künstlichen Niere.<br />

Geräte:<br />

Rührmotor, 250 ml Becherglas, Magnetrührfisch<br />

Vollpipette 25 ml<br />

Pasteurpipette<br />

Bürette<br />

Lösungen:<br />

Hg(NO3)2 (171,3 mg/l) 0,001 N<br />

Jod-Jodkaliumlösung 0,1 N<br />

Stärke-NaCl-Lösung:<br />

200 ml Stärkelösung (0,5 %ig) + 50 ml 1 M NaCl (58,44 g NaCl/l)<br />

Ausführung:<br />

5 ml Stärke-NaCl-Lösung werden in einen <strong>zu</strong>vor in Wasser eingeweichten Dialyseschlauch<br />

pipettiert. Die Enden des Schlauchs werden dabei mit Plastikklammern<br />

verschlossen. Danach wird der Schlauch insgesamt eine Stunde dialysiert.<br />

Als Dialysebad wird ein mit 250 ml dest. Wasser gefülltes Becherglas<br />

verwendet. Mit einem Magnetrührer wird das Dialysat gerührt.<br />

Nach 5, 10, 15, 20, 30, 45 und 60 Min. werden je 5 ml Dialysat entnommen und<br />

die Cl – -Menge im Dialysat nach Zugabe von sechs Tropfen Diphenylcarbazon-


Glucosebestimmung 6-7<br />

lösung durch Titration mit 0,001 N Hg(NO3)2-Lösung bestimmt. Die lachsrote<br />

Farbe des Indikators schlägt in tiefviolett um.<br />

Die mmol-Menge des Rest-Chlorids im Schlauch wird daraus berechnet. Nach<br />

Beendigung der Entnahmen werden Schlauchinhalt bzw. 5 ml des Dialysats mit<br />

zwei Tropfen Jod-Jodkaliumlösung versetzt. Beobachtung?<br />

Zeichnen Sie ein Diagramm:<br />

Abszisse: Zeit (Minuten), Ordinate: Restmenge Cl – im Schlauch in mmol.<br />

III. Enzymatische Bestimmung der wahren Glucose<br />

Eine schnelle, sichere und spezifische Bestimmungsmethode der Blutglucose im<br />

Serum beruht auf folgender Reaktion: Die Glucoseoxidase (GOD), ein FAD-<br />

Enzym aus Penicillium notatum, katalysiert die Oxidation von D-Glucose <strong><strong>zu</strong>m</strong><br />

Gluconolacton, das mit Wasser <strong>zu</strong> Gluconsäure hydrolysiert:<br />

GOD<br />

Glucose + H2O + O2 → Gluconsäure + H2O2<br />

Das dabei entstehende H2O2 wird in einer gekoppelten Indikatorreaktion weiter<br />

umgesetzt, indem es durch Peroxidase (POD) katalytisch einen Wasserstoffdonator<br />

wie z. B. das 2,2'-Azino-di-[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]diammoniumsalz<br />

oxidiert.<br />

3S +<br />

NH4 O<br />

–<br />

S =N–N= S<br />

N<br />

C2H5 N<br />

C2H 5<br />

SO 3 –<br />

4 + NH<br />

Ammoniumsalz der ABTS: 2,2'-Azino-di-[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]<br />

6-8 Blut<br />

Lösungen<br />

Glucose-Standard: 100 mg Glucose in 100 ml H2O, bereitgestellt wird die Mischung von<br />

1 ml Glucose Standard + 10 ml Perchlorsäure<br />

Glucose-Reagenz: 2 mg Peroxidase, 18 mg Glucose-Oxidase und 100 mg 2,2'-Azino-di-<br />

[3-ethyl-benzthiazolinsulfonsäure-6]-diammoniumsalz (H2-Donator)<br />

in 100 ml 0,1 M Phosphatpuffer (pH 7).<br />

Perchlorsäure: 0,33 M, 47 g 70 %ige HClO4 in 1000 ml H2O<br />

Durchführung:<br />

1. Die Enteiweißung wurde vom Assistenten wie folgt vorbereitet:<br />

1 ml Blut wurde mit 0,1 ml Citratlösung versetzt, um die Gerinnung <strong>zu</strong><br />

verhindern. Danach wurden 10 ml 0,33 M Perchlorsäure <strong>zu</strong>gesetzt, die Lösung in<br />

ein Zentrifugenglas umgefüllt und 20 Minuten zentrifugiert. Der Überstand wurde<br />

vorsichtig in ein Reagenzglas überführt.<br />

Das Reagenzglas mit dem Überstand steht dann <strong>für</strong> Sie am Arbeitsplatz bereit!<br />

2. Bereiten Sie folgende Ansätze in fünf Reagenzgläsern vor:<br />

1 Reagenzien-Leerwert 0,1 ml Wasser<br />

2 Serumproben je 0,1 ml Zentrifugenüberstand<br />

2 Glucose-Standardwerte je 0,1 ml Glucose-Standardlösung<br />

je 5 ml Glucose-Reagenz da<strong>zu</strong>geben, sofort schütteln! Die Proben werden<br />

35 Minuten bei Raumtemperatur stehengelassen und dann die Extinktionen im<br />

Photometer bei 436 nm gegen den Reagenzien-Leerwert gemessen, d.h. Sie stellen<br />

<strong>zu</strong>erst die Extinktion des Leerwerts auf 0,000 und messen dann Ihre Proben.<br />

Wenden Sie <strong>zu</strong>r Ergebnisberechnung den Dreisatz an und berücksichtigen Sie<br />

dabei, dass der Glucosestandard (100 mg/100 ml), wie das Blut, mit dem gleichen<br />

Volumen Perchlorsäure versetzt wurde. Geben Sie das Ergebnis in mg<br />

Glucose/100 ml Blut und mmol Glucose/l Blut an.


Polarimetrie 6-9<br />

Berücksichtigen Sie dabei, dass das Blut vor der Enteiweißung durch Zugabe von<br />

Citratlösung ungerinnbar gemacht wurde (Verdünnungsfaktor!). Vergleichen Sie<br />

das Ergebnis mit den Normalwerten.<br />

IV. Polarimetrie<br />

Prinzip:<br />

Von vielen biochemisch wichtigen Verbindungen (z.B. Aminosäuren, Zucker) gibt<br />

es theoretisch zwei räumlich nicht identische, stereoisomere Formen, die sich wie<br />

Bild und Spiegelbild verhalten (vgl. rechter und linker Schuh). Grund hier<strong>für</strong> ist in<br />

der Regel ein im Molekül vorhandenes Kohlenstoffatom mit vier<br />

unterschiedlichen Substituenten, das dem Molekül eine Asymmetrie verleiht. In<br />

der Natur kommt aber nie das Gemisch beider Formen, das sogenannte Racemat<br />

vor, sondern immer nur eine der beiden Formen (Enantiomere), z. B. die L-<br />

Aminosäuren oder D-Glukose. Die Bezeichnungen D-, L- (nach Emil Fischer),<br />

beziehen sich nur auf die sterische Konfiguration der Moleküle und keinesfalls auf<br />

optische Eigenschaften; denn eine solche asymmetrische Verbindung kann die<br />

Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts oder links drehen. Eine Substanz, die<br />

das planpolarisierte Licht im Uhrzeigersinn dreht, nennt man rechtsdrehend (+).<br />

Linksdrehende Substanzen (-) drehen die Ebene nach links.<br />

Die Größe und Richtung der Drehung sind spezifisch <strong>für</strong> jede Verbindung. Der<br />

spezifische Drehwinkel einer Substanz [α]D 20 errechnet man aus derm<br />

gemessenen Drehwinkel α, der Schichtdicke l (in Dezimetern!) und der<br />

Konzentration c (in g/100 ml Lösung!):<br />

20<br />

[α] = D<br />

α • 100<br />

l • c<br />

grad • 100<br />

dm • g / 100ml<br />

6-10 Blut<br />

Ebene des planpolarisiertes<br />

Lichts ist gedreht<br />

planpolarisiertes Licht<br />

optisch aktive Substanz<br />

Abbildung 6-2: Schematische Veranschaulichung der Drehung der Ebene des<br />

planpolarisierten Lichtes durch eine optisch aktive Substanz.<br />

Der spezifische Drehwinkel ist von der Wellenlänge, der Temperatur und dem<br />

Lösemittel abhängig. Diese Parameter müssen immer mit angegeben werden. Als<br />

Lichtquelle wird die D-Linie einer Natriumspektrallampe (589 nm) benutzt. Der<br />

Drehwinkel wird mit Hilfe des Polarimeters bestimmt. Das Nicolsche Prisma<br />

besteht aus zwei in einer bestimmten Ebene geschnittenen und durch<br />

Kanadabalsam verkitteten Flussspatkristallen, die nur den ausserordentlichen<br />

Strahl als planpolarisiertes Licht durchlassen, während der ordentliche Strahl<br />

durch Totalreflexion an der Kittschicht ausgelöscht wird. Nach Durchgang des auf<br />

dieser Weise am Polarisator-Prisma planpolarisierten Lichts durch die optisch<br />

aktive Substanz in der Küvette trifft es auf das Analysator-Prisma, das nun gedreht<br />

werden muss, um im Einstellfeld des Okulars wieder gleichen Lichtdurchgang wie<br />

bei der Nulleinstellung und Eichung des Polarimeters gegen das reine<br />

Lösungsmittel <strong>zu</strong> bekommen, also die gleiche Helligkeit in den beiden äußeren<br />

und dem mittleren Feld. Den Drehwinkel und die Richtung liest man an der<br />

graduierten Drehscheibe ab, die mit dem Analysator gekoppelt ist.


Polarimetrie 6-11<br />

1 2 3 4 5 6<br />

Abbildung 6-3: Schematische Zeichnung eines Polarimeters<br />

1) Lichtquelle mit Farbfilter (Natriumdampflampe/D-Linie)<br />

2) Polarisator (Nicolsches Prisma)<br />

3) Küvette mit Lösung der optisch aktiven Substanz<br />

4) Analysator, versehen mit graduierter Drehscheibenskala<br />

5) Okular<br />

6) Beobachterauge<br />

Ausführung:<br />

Die spezifischen Drehwinkel der beiden Testlösungen (Glukose und Fruktose) und<br />

der Analysenlösung sollen ermittelt werden. Eine Substanz oder Lösung ist<br />

rechtsdrehend, wenn die beiden Außenfelder des dreigeteilten Einstellfeldes<br />

dunkler als das mittlere Feld sind. In diesem Fall dreht man die Skala so, dass sie<br />

bei der Einstellung auf eine gleiche Helligkeitsstufe nach links wandert. Bei<br />

Linksdrehung erscheint das mittlere Feld dunkler. Hier erfolgt beim Abgleich der<br />

Helligkeit eine Verschiebung der Skala nach rechts.<br />

a) Die Nulleinstellung (gleiche Lichtstärke der drei Felder) wird am Polarimeter<br />

an der Analysator-Skala geprüft.<br />

b) Das Polarimeterrohr wird mit der <strong>zu</strong> bestimmenden Lösung luftblasenfrei<br />

gefüllt. Ein luftblasenfreies Rohr bekommt man am einfachsten dann, wenn<br />

sich der Flüssigkeitsspiegel der Lösung etwas über dem plangeschliffenen<br />

Ende des Rohres wölbt. Nun wird das Deckglas aufgezogen und das Rohr<br />

verschlossen. Es ist darauf <strong>zu</strong> achten, dass das Polarimeterrohr sauber und<br />

trocken in das Gerät eingelegt wird!<br />

c) Durch Drehen des Analysators in der oben angegebenen Richtung wird das<br />

Hell-Dunkel-Feld auf die gleiche Helligkeitsstufe gebracht und an der Skala<br />

6-12 Blut<br />

mit Hilfe des Nonius der Drehwinkel auf 0,05 Grad genau abgelesen. Aus dem<br />

gemessenen Wert wird der spezifische Drehwinkel berechnet.<br />

rechts links<br />

Abbildung 6-4: Im Okular sichtbare Einstell- und Ablesefelder<br />

Analyse:<br />

Berechnen Sie mit Hilfe der Formel auf Seite 6-9 den spezifischen Drehwinkel<br />

und geben Sie im Vergleich mit den in der Tabelle 6-1 angegeben Werten an, um<br />

welchen Zucker es sich handelt.<br />

Die Konzentrationen der Analysenlösungen betragen 9 g/100 ml.<br />

Tabelle 6-1<br />

Spez. Drehwinkel<br />

20<br />

[α] D<br />

Xylose Glucose Fructose Saccharose<br />

+18,7 +52,8 -92 +66,5


Übungsaufgaben:<br />

Aufgaben 6-13<br />

1. Wie beeinflusst 2,3-Diphosphoglycerat die Sauerstoff-Affinität des Hämoglobins?<br />

2. Welche Funktion erfüllt Glutathion im Erythrocyten?<br />

3. Zeichnen Sie die O2-Sättigungskurve von Hämoglobin in Abhängigkeit von<br />

pO2 und ihre Veränderung durch 2,3-Bisphosphoglycerat.<br />

4. a)Welches Endprodukt des Porphyrinabbaus wird in der Leber gebildet? b)Wie<br />

verändert sich der Serumgehalt dieser Verbindung bei:<br />

A) einem Gallengangsverschluss<br />

B) bei massiver Hämolyse?<br />

5. Warum entstehen Ödeme bei längerem Hungern?<br />

6. Welche Porengrößen einer Membran wären <strong>für</strong> die Dialyse eines Nierenkranken<br />

geeignet: 500 Da, 50.000 Da oder 500.000 Da ?<br />

7. In welcher Reihenfolge eluieren Carboanhydrase (29000 Da), Lactalbumin<br />

(14200 Da), Phosphorylase B (97400 Da), Albumin aus Ei (45000 Da) und<br />

Serumalbumin (67000 Da) von einer Gelfiltrationssäule?<br />

8. Die Glukosekonzentration im Serum eines Patienten beträgt 6 mmol/l.<br />

Berechnen Sie die Konzentration in mg/100 ml.


Versuch 7: Nukleinsäuren I<br />

Versuche:<br />

Löslichkeit der Harnsäure<br />

Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung<br />

Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe der UV-Spektroskopie<br />

Restriktionsendonukleasen<br />

Polymerasekettenreaktion (PCR)<br />

Analyse:<br />

Hypoxanthin in 50 mM Phosphatpuffer pH 7,5<br />

Wissensgebiete<br />

7-1<br />

RNA- und DNA-Struktur<br />

Biosynthese der Pyrimidin- und Purinbasen, Salvage Pathway<br />

Purin-Abbau, Harnsäure, Xanthinoxidase, Uricase, kompetitive Hemmung, Gicht<br />

Stickstoffbilanz<br />

Restriktionsendonukleasen, rekombinante DNA<br />

PCR<br />

7-2 Nucleinsäuren I<br />

Grundbestandteile der Nukleinsäuren sind die Nukleotide, die wiederum aus<br />

folgenden Bestandteilen aufgebaut sind:<br />

a) Pentose<br />

b) Phosphat<br />

c) N-haltige heterozyklische Basen:<br />

Purinreihe: Adenin, Guanin<br />

Pyrimidinreihe: Cytosin, Uracil (RNA), Thymin (DNA).<br />

HO<br />

N<br />

- O<br />

OH<br />

N<br />

Ribose<br />

O<br />

P O<br />

OH<br />

UMP<br />

N<br />

NH 2<br />

N<br />

- O<br />

AMP<br />

N<br />

N HO<br />

Ribose<br />

O<br />

P<br />

OH<br />

O<br />

N<br />

- O<br />

NH 2<br />

N<br />

Ribose<br />

O<br />

P O<br />

OH<br />

CMP<br />

H 2N<br />

N<br />

OH<br />

N<br />

- O<br />

GMP<br />

N<br />

N<br />

Ribose<br />

Die Nukleotide sind in DNA und RNA durch Phosphorsäurediesterbindungen<br />

verknüpft. Die geringe Löslichkeit von Nukleinsäuren in Wasser-Alkohol-Gemischen<br />

bzw. ihre Löslichkeit in konzentrierter Kochsalzlösung nutzt man <strong>zu</strong> ihrer<br />

Isolierung.<br />

Während die Endprodukte des Pyrimidinstoffwechsels, β-Alanin und β-Aminoisobutyrat,<br />

Aminosäuren sind und verstoffwechselt werden können, ist Harnsäure<br />

beim Menschen und den anderen Primaten das Endprodukt des Purinstoffwechsels<br />

(also auch des mit der Nahrung als Nukleinsäuren aufgenommenen<br />

Purins). Harnsäure entsteht durch schrittweise Oxidation der Purinbasen<br />

Hypoxanthin und Xanthin mit molekularem Sauerstoff unter der Wirkung von<br />

Xanthinoxidase.<br />

Harnsäure und Mononatriumurat sind schwer löslich. Bei Stoffwechselstörungen<br />

kann diese geringe Löslichkeit <strong>zu</strong> Ablagerungen (Gicht, Nierensteine) führen.<br />

O<br />

P<br />

OH<br />

O


Harnsäure 7-3<br />

Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt die pH-Abhängigkeit der<br />

Harnsäurelöslichkeit (Abb. 7-1 Schema nach E. Aebi). Bei Vermeidung von<br />

Fleischkost und Verwendung von Pflanzen-, sog. Basenkost, wird weniger<br />

Harnsäure gebildet, und außerdem verschiebt sich der pH-Wert des Urins nach<br />

rechts, es kann mehr Harnsäure ausgeschieden werden. Zur Therapie der Gicht<br />

wird u.a. Allopurinol (1H-Pyrazolo-(3,4-d)-pyrimidin-4-ol), ein kompetitiver<br />

Hemmstoff der Xanthinoxidase, angewandt.<br />

Abbildung 7-1: Abhängigkeit der Harnsäurelöslichkeit vom pH-Wert<br />

Der Gehalt des Serums an Harnsäure ist <strong>für</strong> die Diagnose und Überwachung der<br />

Hyperurikämie von Bedeutung. Bei den meisten Säugetieren (nicht beim Men-<br />

schen!) wird die Harnsäure durch das Enzym Uricase unter gleichzeitiger Bildung<br />

von Wasserstoffperoxid weiter <strong>zu</strong> Allantoin abgebaut:<br />

Harnsäure-Normalwerte beim Erwachsenen:<br />

Urin: 500 - 580 mg/Tag 3000 - 3500 µmol/d<br />

Serum: 3,3 - 7,6 mg/100 ml (Mann) 200 - 450 µmol/l<br />

1,7 - 6,2 mg/100 ml (Frau) 100 - 360 µmol/l<br />

7-4 Nucleinsäuren I<br />

I. Harnsäure<br />

Geräte:<br />

Messpipetten 1 ml, 5 ml<br />

Plastikküvetten 2 × 1 cm<br />

Spektralphotometer<br />

Lösungen:<br />

Natronlauge, HCl 2N<br />

Na2CO3-Lösung 2N<br />

Natrium-Allopurinol -Lsg. 1,5 mM<br />

Boratpuffer 0,1 M; pH 9,5<br />

Serum<br />

Substratpuffer-Lösung: 50 mM Phosphatpuffer pH 7,5; 100 µM EDTA<br />

Hypoxanthin (ist 10 min. mit Sauerstoff durchperlt)<br />

Uricaselösung: 1,8 kU/l<br />

Xanthinoxidaselösung: 1 g/l<br />

1) Löslichkeit von Harnsäure<br />

Die Harnsäure ist in Wasser fast unlöslich, in Na2CO3-Lösung gering löslich als<br />

Mononatriumsalz, und in NaOH-Lösung gut löslich bei Erwärmen unter Bildung<br />

des Dinatriumsalzes.<br />

Ausführung:<br />

Je ca. 3 ml dest. Wasser, Na2CO3-Lösung und Natronlauge werden mit einer<br />

Spatelspitze Harnsäure versetzt. Während sich Harnsäure in Lauge in der Hitze<br />

(Wasserbad, Schutzbrille) unter Bildung von Dinatriumurat löst, ist dies in dest.<br />

HN<br />

O<br />

N<br />

HN<br />

O<br />

N NH<br />

O NH NH<br />

O NH NH<br />

Hypoxanthin Xanthin<br />

Harnsäure<br />

Allopurinol<br />

HN<br />

1<br />

O<br />

N<br />

N<br />

N<br />

H<br />

N<br />

2<br />

HN<br />

O<br />

NH<br />

1 und 2: Xanthinoxidase<br />

O


Harnsäure 7-5<br />

Wasser und Na2CO3-Lösung nicht der Fall. Die Dinatrium-Urat-Lösung wird<br />

anschließend mit wenigen Tropfen HCl versetzt. Die Harnsäure fällt als weißer,<br />

flockiger Niederschlag aus.<br />

2) Xanthinoxidase-Reaktion und ihre kompetitive Hemmung<br />

Prinzip:<br />

Die Oxidation von Hypoxanthin <strong>zu</strong> Xanthin und weiter <strong>zu</strong> Harnsäure durch die<br />

Xanthinoxidase in Gegenwart von Sauerstoff wird spektrophotometrisch bei<br />

297 nm verfolgt. Urate haben in alkalischer Lösung einen spezifischen Extinktionskoeffizienten<br />

von ε 297 = 11,8 l/mmol . cm. Aus der Differenz der gemessenen<br />

Endextinktion <strong>zu</strong>r Anfangsextinktion lässt sich die Hypoxanthinmenge berechnen.<br />

Extinktion<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

0<br />

10<br />

20<br />

2<br />

1<br />

30<br />

Zeit [min]<br />

Abbildung 7-2: 1) Bildung von Harnsäure durch Oxidation von Hypo-xanthin<br />

mit Xanthinoxidase<br />

2) Hemmung der Xanthinoxidase mit Allopurinol<br />

Ausführung:<br />

3 ml einer sauerstoffgesättigten Hypoxanthinlösung werden in eine 1 cm-Plastikküvette<br />

pipettiert. Die Extinktion wird zweimal gegen dest. Wasser bei 297 nm<br />

gemessen. Durch Zugabe von 100 µl Xanthinoxidase startet man die Reaktion. In<br />

40<br />

7-6 Nucleinsäuren I<br />

den ersten 5 Minuten wird die Extinktion wird alle 30 s gemessen und<br />

anschließend noch nach 10, 15 und 20 Minuten.<br />

Der Versuch wird wiederholt, jedoch werden vor dem Start mit Xanthinoxidase<br />

100 µl Allopurinol-Natrium-Lösung in die Küvette pipettiert und gut gemischt<br />

(Abb. 7-2, Kurve 2).<br />

Auswertung:<br />

Die gemessenen Extinktionen werden in einem Diagramm gegen die Zeit aufgetragen.<br />

Aus den Zeitumsatzkurven <strong>für</strong> Xanthinoxidase werden die µmol Hypoxanthin/l<br />

Lösung, die Enzymkonzentration (U/l) und der Hemmungsgrad (%)<br />

berechnet.<br />

3) Bestimmung der Harnsäure mit Hilfe des UV-Tests<br />

Prinzip:<br />

Die Umwandlung von Harnsäure <strong>zu</strong> Allantoin durch Uricase wird spektralphotometrisch<br />

verfolgt.<br />

O<br />

HN<br />

O<br />

NH<br />

Harnsäure<br />

NH<br />

NH<br />

O<br />

Uricase<br />

O<br />

O<br />

NH2 NH<br />

NH NH<br />

H<br />

Allantoin<br />

Ausführung:<br />

200 µl Serum und 3 ml 0,1 M Boratpuffer pH 9,5 in einer Plastikküvette werden<br />

bei 297 nm gegen dest. Wasser gemessen. Danach werden 200 µl Uricaselösung<br />

eingerührt und der Extinktionsabfall verfolgt. Messwerte werden in Abständen<br />

von 30 Sekunden bis <strong>zu</strong>r Konstanz genommen. Aus der Differenz der<br />

Anfangsextinktion und des konstanten Endwertes wird die Harnsäurekonzentration<br />

in µmol/l Serum berechnet.<br />

O


Restriktionsendonukleasen 7-7<br />

II. Restriktionsendonukleasen:<br />

Charakterisierung eines Plasmids<br />

Restriktionsendonukleasen (RE) kommen in fast jedem Mikroorganismus vor und<br />

spalten doppelsträngige DNA unter Bildung von Restriktionsfragmenten. Ein<br />

DNA-Strang wird von einem RE spezifisch gespalten und liefert reproduzierbare<br />

DNA-Fragmente. Ein Genom kann so in kleine DNA-Stücke, von denen jedes ein<br />

ganzes Gen oder Teile davon enthält, zerlegt werden. Sie können isoliert, kloniert<br />

und in ihrer Nukleotidsequenz analysiert werden.<br />

Die Bakterien-DNA wird durch Methylierung von Basen vor dem Angriff durch<br />

die eigene RE geschützt. Fremd-DNA, die durch Infektion, Konjugation oder<br />

Transformation in die Zelle eindringt, wird abgebaut, falls sie nicht durch<br />

Methylierung (katalysiert durch Methylasen mit S-Adenosylmethionin als Methyldonator)<br />

modifiziert wird. Typ I-Endonukleasen, die an der Wirts-Restriktion<br />

und –Modifikation beteiligt sind, sind große multimere Enzymkomplexe, die DNA<br />

unter ATP-Verbrauch spalten und methylieren. Vom Typ II, kleinen monomeren<br />

Proteinen, die Mg 2+ <strong>für</strong> die enzymatische Aktivität benötigen, sind mehr als<br />

250 RE bekannt. Sie erkennen spezifische Nukleotidsequenzen von 4 bis<br />

8 Basenpaaren, die palindromartig angeordnet sind. Die Nomenklatur der<br />

Enzymbezeichnungen sind aus dem Anfangsbuchstaben des Genus und den ersten<br />

zwei oder drei Buchstaben der Spezies <strong>zu</strong>sammengesetzt, aus der sie isoliert<br />

wurden. Die römische Zahl deutet die Reihenfolge der Entdeckung des Enzyms in<br />

diesem Stamm an:<br />

EcoRI: Escherichia coli Stamm R: Palindrom aus Hexanukleotid<br />

5' GAATTC 3' Dyaden-Symmetrie<br />

3' CTTAAG 5' (zweifache Rotationssymmetrie)<br />

Es entstehen 3'-überstehende Enden an der Schnittstelle, (sticky ends).<br />

HinfI: Haemophilus influenzae Stamm f: Pentanukleotid<br />

5' GANTC<br />

3' CTNAG (sticky ends)<br />

HaeIII: Haemophilus aegypticus: Tetranukleotid<br />

5' GGCC liefert glatte Enden (blunt ends)<br />

3' CCGG<br />

7-8 Nucleinsäuren I<br />

Statistisch gesehen treten diese Palindrome mit einer Häufigkeit von 1:44 , 1:45 ,<br />

1:46 , d. h. in einem von 256, 1024 bzw. 4096 Fällen.<br />

1:4N N = Länge der Restriktionssequenz<br />

Medizinische Bedeutung: Jedes Gen kann in charakteristische Restriktionsfragmente<br />

gespalten werden, wobei ein spezifisches Restriktionsmuster entsteht.<br />

Mutationen des Gens sind am Verschwinden oder der Längenveränderung eines<br />

oder mehrerer Fragmente, dem Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus<br />

(RFLP) erkennbar. Die Analyse der genomischen DNA von Patienten oder auch<br />

des Föten in der pränatalen Diagnostik ist eine wichtige Methode bei der<br />

Diagnostik von Erbkrankheiten.<br />

Man geht dabei folgendermaßen vor: Aus Blut oder beliebigen anderen Körperzellen<br />

wird DNA isoliert. Aliquots werden mit verschiedenen Restriktionsenzymen<br />

geschnitten und die entstandenen Fragmente gelelektrophoretisch<br />

aufgetrennt. Als Vergleich dient eine analog behandelte Probe von DNA eines<br />

gesunden Individuums. Die Fragmente werden aus dem Gel auf eine Nylonmembran<br />

übertragen (Southern blotting). Sie wird dabei denaturiert, so dass sie<br />

einzelsträngig vorliegt. Die Nylonmembran wird mit einem ebenfalls einzelsträngigen,<br />

radioaktiv markierten DNA-Fragment inkubiert, das <strong>zu</strong> einer Region<br />

des Gens komplementär ist und daher mit diesem Bereich paart (hybridisiert), und<br />

so die <strong>zu</strong> dem untersuchten Gen gehörigen Fragmente radioaktiv markiert. Auf<br />

einem Röntgenfilms werden sie durch die Autoradiographie sichtbar gemacht.<br />

DNA von verschiedenen Patienten werden auf strukturelle Änderungen des Gens<br />

hin verglichen.<br />

Im folgenden Versuch werden Restriktionsenzyme <strong>zu</strong>r Analyse der DNA eines<br />

Plasmids eingesetzt, das als Insert die cDNA des menschlichen Apolipoproteins<br />

AI trägt. Apo AI (243 AS) aktiviert die Serum-Lecithin-Cholesterin-<br />

Acyltransferase (LCAT) und ist ein Hauptstrukturprotein des Serum-HDLs, das<br />

<strong>für</strong> den reversen Cholesterin-Transports aus den peripheren Geweben hin <strong>zu</strong>r<br />

Leber verantwortlich ist.


Restriktionsendonukleasen 7-9<br />

Tabelle 7-1: Restriktionsenzyme und Fragmentlängen in Basenpaaren (bp)<br />

Enzym Fragmentlänge (bp)<br />

HindIII 905 5016<br />

EcoRI 246 892 2130 2650<br />

Abbildung 7-3 : pSV2 cat AI - Plasmid<br />

Der menschliche Apo AI-cDNA-Klon wurde aus einer menschlichen LebercDNA-Bank<br />

isoliert. Der Klon kodiert 18 N-terminale Aminosäurereste der<br />

Signal- (Prä-) Sequenz, gefolgt von sechs Resten der Pro-Sequenz und 243<br />

Aminosäureresten des reifen Apo AI. Die an beiden Enden mit der EcoRI-Restriktionssequenz<br />

versehene cDNA wurde über Adaptoren an beiden Seiten in die<br />

HindIII-Restriktionsstelle des Plasmis pSV2 cat kloniert, wie in der Abb. 7-3<br />

schematisch angedeutet.<br />

7-10 Nucleinsäuren I<br />

Nach der Isolierung des pSV2 cat-AI-Plasmids kann das Plasmid durch die<br />

kombinierte Anwendung der Restriktionsenzyme EcoRI und HindIII charakterisiert<br />

werden. Es sollten die DNA-Fragmente entstehen, die in der Tabelle 7-1<br />

aufgelistet sind. Sie werden in einem 1-%igen Agarosegel getrennt und durch<br />

Ethidiumbromid (Hautkontakt vermeiden!), das mit DNA fluoreszierende<br />

Komplexe bildet, in UV-Licht sichtbar gemacht. Die Fragmentgrößen werden<br />

durch Eichung mit DNA-Längenmarkern ermittelt. Die Rf-Werte der Markerbanden<br />

werden gegen den dekadischen Logarithmus der Basenpaarzahl aufgetragen<br />

und die Größe der aus dem Klon entstandenen Fragmente mit Hilfe der<br />

Eichgeraden bestimmt.<br />

kb<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1,6<br />

1<br />

0,5<br />

0,2<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

M H E<br />

Abbildung 7-4 : Agarosegelelektophorese des mit Hilfe von HindIII oder<br />

EcoRI verdautem pSV2 cat AI - Plasmids. M: Längenmarker,<br />

H: HindIII-Fragmente, E: EcoRI-Fragmente


Restriktionsendonukleasen 7-11<br />

Geräte:<br />

Agarosegel, 1 % mit 0,5 µg Ethidiumbromid/ml<br />

Elektrophorese-Puffer: Tris-Borat pH 8,5<br />

Flachbettelektrophoresekammer mit Spannungsgerät<br />

Saranfolie<br />

UV-Lampe<br />

Lösungen:<br />

10 × Restriktionspuffer:<br />

Indikator-Probenpuffer: 0,25 % Bromphenolblau, 20 % Ficoll 400<br />

Restriktionsenzyme: EcoRI und HindIII<br />

Marker-DNA<br />

Ausführung (Demonstration vom Assistenten):<br />

Die Enzyme sind stets im Eisbad auf<strong>zu</strong>bewahren. Lösungen oder Geräte, die mit<br />

DNA in Kontakt kommen, sollten nicht mit den Fingern berührt werden. In ein 1,5<br />

ml Eppendorf-Röhrchen werden folgende Komponenten pipettiert:<br />

2 µl 10 x Restriktionspuffer<br />

14 µl H2O<br />

2 µl DNA pSV2 cat AI-Lösung<br />

2 µl EcoRI bzw. HindIII enthaltenden Enzymlösung,<br />

gut gemischt, und eine Stunde lang bei 37 °C inkubiert. 5 µl Indikator-Probenpuffer<br />

werden <strong>zu</strong>gefügt und der Ansatz in die Probentasche des Agarose-Gels<br />

vorsichtig mit einer Eppendorf-Pipette eingefüllt. Ein Gemisch von 10 µl H2O,<br />

5 µl Indikator-Probenpuffer und 5 µl Längenmarker wird in die Nachbartasche<br />

aufgetragen. Der Puffer in der Kammer schließt gerade mit der Oberkante des<br />

Agarosegels ab. Die Elektrophorese wird bei 90 V durchgeführt, bis die<br />

Bromphenolblaubande etwa 1 cm vom kathodischen Ende des Gels entfernt<br />

gewandert ist. Das Spannungsgerät wird ausgeschaltet und das Gel, eingewickelt<br />

in Saranfolie, unter dem UV-Licht betrachtet.<br />

Mit Hilfe eines Videoaufzeichnungsgerät (siehe Versuch 2) wird das Gel dokumentiert.<br />

Die Abstände der fluoreszierenden Banden <strong><strong>zu</strong>m</strong> Start werden gemessen<br />

und die Größe der DNA Fragmente durch eine halblogarithmische<br />

Auftragung bestimmt.<br />

7-12 Nucleinsäuren I<br />

III. PCR<br />

Kary B. Mullis, Nobelpreisvortrag 1993:<br />

„And again, EUREKA!!!! I could do it over and over again. Every time I did it I<br />

would double the signal. For those of you who got lost, we're back! I stopped the<br />

car at mile marker 46,7 on Highway 128. In the glove compartment I found some<br />

paper and a pen. I confirmed that two to the tenth power was about a thousand and<br />

that two to the twentieth power was about a million, and that two to the thirtieth<br />

power was around a billion, close to the number of base pairs in the human<br />

genome. Once I had cycled this reaction thirty times I would be able to the<br />

sequence of a sample with an immense signal and almost no background“<br />

Die Polymerasekettenreaktion („polymerase chain reaction“) ist eine einfache Methode<br />

<strong>zu</strong>r Vervielfältigung von DNA in vitro und ist heute im molekularbiologischen<br />

Labor unverzichtbar geworden. Mit Hilfe einer vorgeschalteten Reversen-<br />

Transkriptase-Reaktion ist auch die Vervielfältigung von RNA möglich (RT-<br />

PCR). Die Anwendung der PCR in der Medizin ist inzwischen Routine bei der<br />

Diagnostik von Infektionskrankheiten (Bakterien, Viren, Einzeller, Pilze), von<br />

genetisch bedingten Erkrankungen und in der Forensik.<br />

Die PCR ist eine DNA-Replikation im Reagenzglas, bei der eine DNA-abhängige<br />

DNA-Polymerase eingesetzt wird. Als Matrize dient dabei jeweils einzelsträngige<br />

DNA, die durch thermische Denaturierung doppelsträngiger DNA gewonnen wird.<br />

Das Besondere dieser Methode ist der Einsatz einer thermostabilen Polymerase,<br />

die einen raschen zyklischen Reaktionsablauf ermöglicht, durch den sich der<br />

DNA-Gehalt pro Zyklus verdoppelt. Es ist also theoretisch möglich, aus einem<br />

einzigen DNA-Fragment in 35 Zyklen 2 35 = 3,4x10 10 Moleküle (34 Milliarden!)<br />

<strong>zu</strong> generieren. Damit ist die Möglichkeit gegeben, einzelne Moleküle<br />

nach<strong>zu</strong>weisen.<br />

Welches Stück DNA amplifiziert werden soll, hängt von der Auswahl der Primer<br />

ab, die die 5’- und 3’-Enden der amplifizierten DNA bilden. Zumindest die in den<br />

Primer enthaltene Sequenz der <strong>zu</strong> amplifizierenden DNA (RNA) muss daher<br />

bekannt sein. In späteren Zyklen entstehen nur noch Fragmente mit der genau<br />

gewünschten Länge, die von den 5’-Enden der Primer festgelegt wird. Als Primer<br />

werden chemisch synthetisierte, einzelstängige Oligonukleotide eingesetzt, die<br />

eine Länge von ca. 20 Basen haben.


5'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

3'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

3'<br />

3'<br />

3'<br />

PCR 7-13<br />

5'<br />

5'<br />

5'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

5'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

3'<br />

5'<br />

5'<br />

3'<br />

Abb. 7-5: PCR-Schema<br />

Bereich der Zielsequenz<br />

1. Denaturierung<br />

2. Anlagerung der Primer<br />

3. Kettenverlängerung<br />

Wiederholung von 1. und 2.<br />

Wiederholung von 3.<br />

Wiederholung von 1. bis 3.<br />

vielfache<br />

Wiederholung von 1. bis 3.<br />

PCR-Produkt, 2 N Moleküle<br />

1. Zyklus 2 1 = 2<br />

2. Zyklus 2 2 = 4<br />

3. Zyklus 2 3 = 8<br />

N. Zyklus 2 N =X<br />

7-14 Nucleinsäuren I<br />

Im Einzelnen läuft eine PCR wie folgt ab (Abb.7-5): Die Matrizen-DNA<br />

(template) wird <strong>zu</strong>sammen mit den spezifischen Primern, dem Substrat, den<br />

Desoxinukleotiden (dNTPs), der thermostabilen Polymerase (z.B. aus Thermus<br />

aquaticus) und einem Mg 2+ -Ionen enthaltenden Puffer in ein Eppendorfgefäß<br />

gegeben. Der PCR-Ansatz wird dann in einem sogenannten Thermocycler einem<br />

Programm mit einer Wiederholung von spezifischen Temperaturen <strong>für</strong><br />

Denaturierung, Anlagerung der Primer und Kettenverlängerung unterworfen. Die<br />

Denaturierung findet bei 95°C statt, einer Temperatur, bei der die Polymerase eine<br />

<strong>für</strong> die Versuchsdauer ausreichende Stabilität aufweist. Eine Dauer von 30-60 s ist<br />

normalerweise ausreichend; nur die erstmalige Denaturierung <strong>zu</strong> Beginn der<br />

Reaktion sollte 5 min betragen.<br />

Zur Anlagerung der Primer (Annealing) wird die Temperatur soweit abgesenkt,<br />

dass sich nur spezifische Primer mit der komplementären Sequenz anlagern<br />

können. Die Temperatur sollte 5°C unter der sogenannten Schmelztemperatur<br />

liegen, die man näherungsweise mit Hilfe der Formel<br />

Tm=(ΣA+ΣT)x2°C+(ΣG+ΣC)x4°C berechnen kann. Auch hier sind 30-60 s<br />

ausreichend.<br />

Die Kettenverlängerung findet dann im Temperaturoptimum der Polymerase bei<br />

72°C statt. Die Dauer dieses Schrittes hängt von der Länge des <strong>zu</strong> amplifizierenden<br />

DNA Fragments ab. Als Faustregel gilt: 1 min pro 1000 Basenpaaren<br />

(bp). Der finale Kettenverlängerungsschritt wird üblicherweise auf 5-10 min<br />

ausgedehnt, um <strong>zu</strong> gewährleisten, dass auch alle DNA-Moleküle, die dann in<br />

maximaler Menge vorliegen, vollständig verlängert werden.<br />

Die Anzahl der Zyklen richtet sich nach der vorhandenen Menge der <strong>zu</strong> amplifizierenden<br />

DNA und beträgt normalerweise 25-40 Zyklen. Die Länge der<br />

Fragmente ist limitiert. Generell gilt: Je kürzer die Fragmente, umso unkomplizierter<br />

die PCR Reaktion. Bis <strong>zu</strong> einer Länge von ca. 3000 bp ist in den meisten<br />

Fällen die oben beschriebene Standardmethode erfolgreich, Fragmente bis <strong>zu</strong><br />

10.000 bp können durch die Anwendung spezieller Polymerasen und die Optimierung<br />

der spezifischen Reaktionsbedingungen hergestellt werden. Auch die<br />

Herstellung von Fragmenten >10.000 bp ist beschrieben worden.<br />

DNA, die in der PCR eingesetzt wird, kann aus den unterschiedlichsten Quellen<br />

stammen. Es werden nur geringste Mengen an Gewebe, Blut, Speichel oder<br />

Sperma benötigt, um genomische DNA <strong>zu</strong> amplifizieren. DNA von Erregern kann


Aufgaben 7-15<br />

auch noch in einem großen Hintergrund von Fremd-DNA nachgewiesen werden.<br />

Im Extremfall ist dadurch ein einziger Erreger unter 10 6 eukaryotischen Zellen<br />

nachweisbar. Der Nachweis der DNA erfolgt normalerweise durch Elektrophorese<br />

in Ethidiumbromid-gefärbten Agarosegelen.<br />

Im vorliegenden Versuch sollen Sie mit Hilfe der PCR Ihr Geschlecht bestimmen.<br />

Da<strong>zu</strong> soll ein repetitives DNA-Fragment amplifiziert werden, das auf dem Y-<br />

Chromosom liegt und daher nur in „männlicher“ DNA und nicht in „weiblicher“<br />

DNA nachgewiesen werden kann. Da ein repetitives DNA-Fragment (= in<br />

mehreren Kopien vorliegend) amplifiziert wird, reichen 25 Zyklen aus, um<br />

genügend DNA <strong>für</strong> eine Analyse mittels Agarosegel <strong>zu</strong> erhalten.<br />

Geräte :<br />

Thermocycler BIOZYM PTC 200<br />

Agarosegel-Flachbettkammer, Spannungsgerät<br />

Lösungen:<br />

PBS 0,1 MNaOH<br />

PCR-Mix Endkonzentration: 50 mM KCl; 10mM Tris, pH 8,3; 1,5 mM MgCl2;<br />

0,2 mM dNTP’s; 0,2 µM Primer Y1/Y2; 1 U Taq-Polymerase pro Ansatz.<br />

Primer Y1: 5’ TCCACTTTATTCCAGGCCTGTCC 3’<br />

Primer Y2: 5’ TTGAATGGAATGGGAACGAATGG 3’<br />

1) Schnellpräparation von DNA aus Zellen der Mundschleimhaut<br />

• Spülen Sie Ihren Mund mit Leitungswasser aus und verwerfen das Wasser.<br />

• Spülen Sie anschließend den Mund sehr sorgfältig <strong>für</strong> 10s mit 10ml phosphatgepufferter<br />

physiologischer Kochsalzlösung (PBS) und sammeln die Probe<br />

in einem 15ml Zentrifugenröhrchen.<br />

• Zentrifugieren Sie die Zellen 10min. bei 2000 U/min. ab. Ein Zellpellet sollte<br />

eindeutig erkennbar sein.<br />

• Gießen Sie den Überstand ab und resuspendieren Sie das Zellpellet mit ca.<br />

10ml PBS.<br />

• Zentrifugieren Sie erneut 10min bei 2000 U/min. Gießen Sie den Überstand ab<br />

und ziehen Sie den verbleibenden Überstand mit der Pipette ab.<br />

• Resuspendieren Sie die Zellen mit 100µl 0,1M NaOH und überführen die<br />

Suspension in ein 1,5ml Eppendorfgefäß. Verschließen Sie das Gefäß und<br />

inkubieren Sie 5min bei 100°C im Heizblock. Lassen Sie das Gefäß kurz<br />

7-16 Nucleinsäuren I<br />

abkühlen und geben Sie 400 µl dest. Wasser da<strong>zu</strong>. (Vorsicht beim Öffnen,<br />

Schutzbrille tragen!)<br />

• Zentrifugieren Sie <strong>für</strong> 2min in einer Mikrozentrifuge bei voller Geschwindigkeit.<br />

• Verwenden Sie den Überstand <strong>für</strong> die PCR.<br />

2) PCR<br />

Pipettieren Sie 20µl des PCR-Mix auf den Boden eines 250µl-PCR-Eppendorfgefäßes.<br />

(Vorsicht: Das Gefäß ist sehr dünnwandig und leicht <strong>zu</strong> beschädigen!).<br />

Geben Sie dann 5µl der DNA-Lösung so <strong>zu</strong> den 20µl PCR-Mix, dass eine einheitliche<br />

Lösung entsteht und verschließen Sie vorsichtig das Gefäß (evtl. kurz<br />

zentrifugieren).<br />

Stellen Sie das Gefäß in den Thermocycler. Das Programm wird dann vom<br />

Assistenten gestartet.<br />

Programm (Dauer ca. 70min.):<br />

Start 5min 95 °C<br />

30s 95 °C<br />

25 Zyklen 30s 58 °C<br />

30s 72 °C<br />

Auffüllen 2min 72 °C<br />

3) Agarose-Gelelektrophorese<br />

Die Ansätze werden nach Beendigung der PCR mit 5µl Beladungspuffer vermischt<br />

und mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng des Assistenten auf ein mit Ethidiumbromid versetztes,<br />

2%iges Agarosegel aufgetragen. Zum Vergleich wird eine positiver und<br />

ein negativer PCR-Ansatz mit aufgetragen. Die Elektrophorese wird bei 90 V<br />

durchgeführt. Nachdem der Farbmarker ca. 1-2 cm ins Gel eingelaufen ist, wird<br />

das Gel <strong>zu</strong>r Dokumentation im UV-Durchlicht fotografiert.<br />

Auswertung<br />

Beschreiben Sie das Ergebnis und diskutieren Sie mögliche Fehler!


Aufgaben 7-17<br />

Übungsaufgaben:<br />

1. Erklären Sie kurz den biochemischen Hintergrund <strong>für</strong> den Einsatz von Allopurinol<br />

bei Gicht.<br />

2. Warum ist der Schmelzpunkt einer GC-reichen DNA höher als der einer ATreichen<br />

DNA?<br />

3. Berechnen Sie, wieviele Kopien aus einem Molekül doppelsträngiger DNA<br />

nach 25 Zyklen PCR entstanden sind.<br />

4. Berechnen Sie die Schmelztemperatur der im Versuch eingesetzten Primer.<br />

5. Wie viele DNA-Fragmente entstehen bei einem Restriktionsverdau, wenn 3<br />

Erkennungssequenzen vorhanden sind:<br />

a) bei einer zirkulären DNA (Plasmid)<br />

b) bei einem linearen DNA-Fragment?<br />

6. Welche RNA zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an modifizierten Basen<br />

aus?<br />

7. In der DNA-Replikation wird die folgende Sequenz repliziert:<br />

5’ A T T G C CT T G A G 3’.<br />

Geben Sie die komplementäre Sequenz (mit 5’ und 3’ Orientierung) an.<br />

8. Wie ist ein Nukleotid aufgebaut (Bausteine und Anordnung)?<br />

Durch welche Art von chemischer Bindung sind die Nukleotide in Nukleinsäuren<br />

kovalent miteinander verbunden?<br />

Welche C-Atome der Ribose können in Nukleotiden mit einem Phosphatrest<br />

verbunden sein?<br />

9. Nennen Sie die beiden Hauptaufgaben des Pentosephosphat-Shunts.


Versuch 8: Nukleinsäuren II<br />

Versuche:<br />

Regulation der Gen-Aktivität am Beispiel des lac Operons<br />

DNA-Isolierung<br />

Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der Cystischen Fibrose<br />

Wissensgebiete<br />

DNA-Struktur, Replikation, Gen-Aufbau<br />

RNA-Struktur, Transkription, reverse Transkription<br />

tRNA-Struktur, Ribosomenstruktur<br />

Proteinbiosynthese, Translation<br />

Genetischer Code<br />

Eukaryontische und prokaryontische Transkriptionskontrolle<br />

Mutationen (Wildtyp, konstitutive Mutanten)<br />

Enzym-Induktion und -Repression, Repressormolekül, Induktoren<br />

Bakterienwand-Struktur und Biosynthese<br />

Wirkung von Antibiotika auf Transkription (Rifamycin und Actinomycin) und<br />

Translation (Streptomycin, Chloramphenicol, Tetracycline, Puromycin,<br />

Erythromycin)<br />

8-1<br />

8-2 Nukleinsäuren II<br />

I. Regulation der Genaktivität am Beispiel des<br />

lac operons<br />

Einführung:<br />

Eine fein abgestimmte, sehr komplexe Kontrolle der Transkription bei Eukaryonten<br />

ermöglicht es, bestimmte Gene sehr selektiv <strong>zu</strong> exprimieren oder<br />

ab<strong>zu</strong>schalten. Die Mechanismen der Expressionskontrolle bei Prokaryonten sind<br />

sehr viel einfacher, so dass auch reprimierte Gene immer noch eine basale<br />

Expression zeigen. Die Promotoren, die durch die eukaryontische RNA-Polymerase<br />

II erkannt werden, sind erheblich länger und vielfältiger, als die Promotoren<br />

prokaryontischer Gene, ebenso beeinflussen Enhancer und Silencer, die<br />

weit entfernt vom Promotor liegen können, die Expression bei Eukaryonten.<br />

Die Grundmechanismen der Expressionssteuerung ähneln sich aber, da sowohl bei<br />

Eukaryonten, wie auch bei Prokaryonten Proteine selektiv an regulatorische Gen-<br />

Sequenzen binden und so die Geschwindigkeit verändern, mit der die<br />

Transkription initiiert wird.<br />

Das vorliegende Experiment soll an einem einfachen Beispiel demonstrieren,<br />

welche Mechanismen in Bakterienzellen wirksam sind. Sie garantieren, dass die<br />

<strong>für</strong> den Anabolismus und Katabolismus erforderlichen Enzyme, sowie die zelleigenen<br />

Bausteine koordiniert und kontrolliert synthetisiert werden.<br />

Die Regulation der Enzymaktivität bei der Synthese von kleinen Molekülen kann<br />

z.B. über den "feed back"-Mechanismus kontrolliert werden. Hier reguliert das<br />

Endprodukt die Aktivität des in einer Folge von Reaktionen am Anfang des<br />

Synthesewegs stehenden allosterischen Enzyms.<br />

↓<br />

Enzym1 Enzym2 Enzym3<br />

A → B → C → D


Induktion des lac Operons 8-3<br />

Die feed-back-Hemmung stellt die Feinregulierung, die Enzymsynthesehemmung<br />

eine Grobregulierung dar. Die Synthese wird über die Mechanismen der Repression<br />

und Induktion der Proteinsynthese reguliert.<br />

Die Synthese eines Enzyms kann so gesteuert werden, dass das Endprodukt einer<br />

multienzymatischen Synthese die Synthese des ersten an einer Reaktionssequenz<br />

beteiligten Enzyms und damit aller am Syntheseweg beteiligten Enzyme<br />

unterdrückt. Man nennt dies Repression oder koordinierte Enzym-Repression.<br />

Man findet sie vorwiegend bei der Synthese von Enzymen anabolischer<br />

Reaktionen.<br />

Als Enzym-Induktion bezeichnet man den Mechanismus, der eine beträchtliche<br />

Steigerung der Enzymsynthese nur in Gegenwart des Substrats bewirkt. Hierbei<br />

handelt es sich meist um Enzyme katabolischer Reaktionen. Enzyme, die weder<br />

reprimierbar noch induzierbar sind, sondern ständig synthetisiert werden, nennt<br />

man konstitutive Enzyme.<br />

Die Induktion der Synthese von Enzymen katabolischer Reaktionen soll am<br />

Beispiel des Laktose-Operons von E. coli erläutert werden. Die E. coli-Zelle kann<br />

ihren Energiebedarf durch die Aufnahme vieler C-Quellen aus dem Nährmedium<br />

decken, u.a. durch Laktose und Glukose. Für die Verwertung von Laktose werden<br />

die erforderlichen Enzyme erst synthetisiert, wenn der Zelle β-Galaktoside<br />

angeboten werden. Die β-Galaktosidase, die die Laktose <strong>zu</strong> Galaktose und<br />

Glukose hydrolysiert, wird damit <strong>zu</strong> einem wesentlichen Enzym. Wächst E. coli<br />

auf anderen C-Quellen, enthält die Bakterienzelle nur wenige β-Galaktosidase-<br />

Moleküle, auf Laktose wachsend synthetisiert sie dagegen Tausende von<br />

Enzymmolekülen.<br />

β-Galaktosidase (z) ist also ein induzierbares Enzym. Gleichzeitig werden noch<br />

zwei weitere Enzyme synthetisiert: die β-Galaktosid-Permease (y), die <strong>für</strong> den<br />

Transport durch die Zellmembran erforderlich ist, und die β-Galaktosid-Transacetylase<br />

(a), deren physiologische Rolle unbekannt ist (in vitro überträgt sie den<br />

Acetylrest von Acetyl-CoA auf C6 des Thiogalaktosids). Der physiologische<br />

Induktor ist die Allolaktose, die durch Transglycosylierung von Laktose durch die<br />

wenigen vorhandenen β-Galaktosidase-Moleküle synthetisiert wird. Einige<br />

Induktoren sind Induktoren, ohne selbst Substrat der Galaktosidase-Reaktion <strong>zu</strong><br />

sein. Ein solcher ist das Isopropylthiogalaktosid (IPTG).<br />

8-4 Nukleinsäuren II<br />

Die Information (Erbanlage) <strong>für</strong> die Primärstruktur der drei Enzyme der Laktose-<br />

Verwertung (Laktose Operon) ist linear als "cluster" angelegt.<br />

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass bei Eukaryonten die Gene<br />

in der Regel einzeln angelegt sind und häufig Introns enthalten.<br />

Laktose Operon<br />

Regulatorgen Steuerelemente Strukturgene<br />

i p o z y a<br />

Repressor Promotor Operator z: ß-Galaktosidase<br />

y: ß-Galaktosid-Permease<br />

a: ß-Galaktosid-Transacetylase<br />

Die Information der DNA wird in die mRNA transkribiert. Die mRNA-Synthese<br />

wird durch die RNA-Polymerase katalysiert, die an die Promotor (p)-Region<br />

bindet und die RNA-Synthese startet, wenn der Operator, (o)-Region, frei ist.<br />

Durch ein "Schlüsselprotein", den Repressor, kann der Operator blockiert werden.<br />

Der Repressor ist das Produkt des Regulatorgens (i), der auf einem völlig anderen<br />

DNA-Abschnitt lokalisiert sein kann.<br />

Ribosomen<br />

mRNA<br />

m-RNS<br />

Repressorprotein (R)<br />

Bindungsstelle <strong>für</strong> Induktor<br />

Bindungsstelle <strong>für</strong> Operator<br />

i p o z y a


Induktion des lac Operons 8-5<br />

Strukturelemente und Strukturgene stellen hier die funktionelle Einheit, das<br />

Operon, dar. Die am Operon synthetisierte mRNA ist ein polycistronischer (die<br />

Information mehrerer Gene enthaltender) Messenger.<br />

Der Repressor hat zwei spezifische Bindungsstellen, eine <strong>für</strong> den Operator und<br />

eine <strong>für</strong> den Induktor.<br />

Induktormolekül<br />

i p o z y a<br />

Wenn Induktormoleküle anwesend sind, binden sie an die Induktorbindungsstelle,<br />

wodurch die Konformation des Repressors verändert wird (allosterisches Protein).<br />

Der Repressor wird frei, die Strukturgene sind nun frei <strong>für</strong> die Transkription.<br />

Galaktosidase wird gebildet:<br />

Induktor-Repressor-Komplex<br />

i p o z y a<br />

�<br />

m-RNA<br />

�<br />

Ribosomen<br />

�<br />

Enzyme<br />

8-6 Nukleinsäuren II<br />

Die Repression der Synthese von Enzymen anabolischer Reaktionen durch ein<br />

biosynthetisches Endprodukt lässt sich analog erklären. Freie Repressormoleküle<br />

besitzen eine Konformation, die keine Bindung an den Operator erlaubt. Die<br />

Transkription kann stattfinden:<br />

Repressor (inaktive Form)<br />

i p o z y a<br />

Häuft sich das biosynthetische Endprodukt im Medium an, wirkt es als Korepressor,<br />

indem es mit dem Repressor komplexiert:<br />

Korepressor-Repressor-Komplex<br />

i p o z y a<br />

Dieser Komplex hat die geeignete Struktur, um an das Operatorgen <strong>zu</strong> binden. Die<br />

Transkription wird blockiert, die Enzymsynthese reprimiert:<br />

aktiver<br />

Korepressor-Repressor-Komplex<br />

i p o z y a


Induktion des lac Operons 8-7<br />

Es gibt also zwei Klassen von Repressor-Molekülen: Die eine ist an der Kontrolle<br />

der Induktion, die andere an der Kontrolle der Repression durch Endprodukte<br />

beteiligt.<br />

Der Beginn der Transkription selbst wird durch ein anderes Protein, das sogenannte<br />

CAP-Protein (Catabolic Activating Protein) um das zwanzigfache beschleunigt.<br />

In Form eines cAMP-CAP-Komplexes bindet dieses Protein an die<br />

DNA direkt vor der Anheftungsstelle der RNA-Polymerase. Das Polymerase-<br />

Enzym allein kann offenbar die Startstelle nicht schnell genug binden.<br />

Beim Wildstamm E. coli K12 ist das Enzym induzierbar. Es gibt Mutanten, die<br />

das Enzym β-Galaktosidase auch ohne Induktor ständig bilden. Es handelt sich<br />

hier um eine konstitutive Mutanten (E. coli lac i-o + z + a + ) Die Mutation liegt<br />

entweder im Regulatorgen (i- ), so dass kein aktiver Repressor gebildet werden<br />

kann, oder im Operatorgen (o) (z.B. E. coli lac i + ocz + a + ; oc = constitutiv), so dass<br />

der Operator nicht vom aktiven Repressor blockiert werden kann.<br />

Im folgenden Experiment wird gezeigt, dass die Enzymsynthese der β-Galaktosidase<br />

im Wildstamm E. coli K12 (W), der normalerweise kaum mehr als ein<br />

Molekül β-Galaktosidase pro Zelle enthält, durch das Galaktosid Isopropylthiogalaktosid<br />

(IPTG) induziert wird. Diese Enzymsynthese wird mit der<br />

Synthese in einer konstitutiven Mutante E. coli lac i-o + z + verglichen.<br />

H3C CH S<br />

H3C<br />

H<br />

HO<br />

HO<br />

H<br />

C<br />

C<br />

C<br />

C<br />

C<br />

OH<br />

H<br />

H<br />

CH 2OH<br />

O<br />

Isopropylthiogalaktosid (IPTG)<br />

Die Induktion wird mit IPTG als Substrat durchgeführt. Der Nachweis der gesteigerten<br />

Synthese des Enzyms β-Galaktosidase wird mit einem einfachen,<br />

empfindlichen photometrischen Test mit dem Substrat o-Nitrophenyl-β-Galaktosid<br />

(ONPG) geführt, das vom Enzym <strong>zu</strong> einem farbigen Produkt, o-Ni-<br />

8-8 Nukleinsäuren II<br />

trophenol (ONP), hydrolysiert wird. Das ONP vertieft seine gelbe Farbe (436 nm)<br />

bei alkalischem pH.<br />

NO2 NO 2<br />

O C<br />

H C OH<br />

HO C H O<br />

HO C H<br />

H C<br />

CH2OH<br />

o-Nitrophenyl-ß-galactosid<br />

(ONPG)<br />

Geräte:<br />

Bakterienwachstumsröhrchen mit Belüftungsvorrichtung<br />

Laborwecker<br />

Spektralphotometer<br />

Glasküvetten<br />

Pipetten 10 ml, 5 ml, 2 ml, 1 ml<br />

Reagenzgläser 36<br />

Schüttelwasserbad 37 °C<br />

Whirlmix<br />

ONP<br />

gelb<br />

+ Galactose<br />

Lösungen:<br />

200 ml von wachsenden Bakterienkulturen:<br />

W: (Wildstamm) E. coli K12<br />

C: (Constitutive Mutante) E. coli (lac i – o + z + )<br />

Beide Kulturen wachsen in synthetischem M9-Medium mit 4⋅10 -2 M Glycerin als<br />

Kohlenstoffquelle. Titer ca. 3⋅108 Bakterien/ml bei einer OD von 1,0 (623 nm).<br />

Medium: Bactotryptone 20g<br />

Yeastextrakt 5g<br />

NaCl 0,5 g<br />

aqua dest. ad 1 l<br />

Vor Gebrauch 20 ml 1 M MgSO4 <strong>zu</strong>setzen<br />

BME-Puffer (450 ml H2O, 50 ml 0,25 M Natriumphosphatpuffer pH 7 und 1 ml Mercaptoethanol)<br />

Isopropylthio-β-Galaktosid (IPTG) 0,01 M<br />

Na2CO3 1 M<br />

OH


Induktion des lac Operons 8-9<br />

o-Nitrophenyl-β-Galaktosid (ONPG) 0,003 M<br />

in 0,25 M Natriumphosphatpuffer pH 7<br />

Toluol in Tropfflaschen<br />

1) Induktion<br />

Ausführung:<br />

Zu 6 verschiedenen Zeiten (Tab.: 8-1) sollen den wachsenden Bakterienkulturen<br />

jeweils 2 Proben (2 x Wildstamm, 2 x Constitutive Mutante; je 1 ml) entnommen<br />

werden. Eine Probe dient der Bestimmung der Bakterienzahl, die andere Probe<br />

wird <strong>für</strong> die Messung der Enzymaktivität benötigt.<br />

Zur Vorbereitung der Aktivitätsbestimmung werden in 12 Reagenzgläser jeweils<br />

1 ml BME-Puffer pipettiert und 1 Tropfen Toluol <strong>zu</strong>gefügt. Die Menge des<br />

<strong>zu</strong>gegebenen Toluols sollte auf einen Tropfen beschränkt sein, andernfalls sind<br />

wegen auftretender Trübungen keine sinnvollen photometrischen Messungen<br />

möglich. Die Reagenzgläser werden mit den Nummern W 0-W 5 und C 0-C 5<br />

beschriftet. Zwei Erlenmeyerkolben mit je 200 ml einer Suspension von E. coli,<br />

Stamm W und Stamm C, werden in einem 37 °C warmen Wasserschüttelbad<br />

inkubiert. Nach 15 min. (Zeit: –5, Leerwert) wird vom Assistenten jeweils ein<br />

Aliquot dem Kulturmedium entnommen, von dem Sie dann jeweils 1 ml der<br />

Kulturen W und C in die vorbereiteten Röhrchen W 0 und C 0 geben, gut mischen<br />

(Whirlmix) und gleichzeitig 1 ml <strong>für</strong> die Bestimmung der Bakterienzahl entnehmen<br />

(siehe I, 2).<br />

Der eigentliche Versuch beginnt dann 20 Minuten nach dem Start der Inkubation.<br />

Wir bezeichnen die <strong>zu</strong> dieser Zeit (0 Min.) entnommenen Proben als W 1 und C 1.<br />

Die weitere Entnahme von je 1 ml der Kulturen, das Überführen in die<br />

Reagenzgläser W 1-W 5 bzw. C 1-C 5 und die Zugabe von 10 ml Induktorlösung <strong>zu</strong>r<br />

E. coli-Suspension geschieht sofort nach der Entnahme durch den Assistenten,<br />

nach dem Zeitplan der Tabelle 8-1. Beachten Sie bitte, dass <strong>zu</strong> allen Zeiten<br />

(-5, 0, 5, 10, 20 und 40 Minuten) ebenfalls Proben <strong>für</strong> den Teilversuch 2<br />

(Bestimmung der Bakteriendichte) entnommen werden müssen!<br />

8-10 Nukleinsäuren II<br />

Tabelle 8-1<br />

min Arbeitsvorgang Glas Nr.<br />

-5 1 ml Entnahme und Überführen in Wo Co<br />

0 1 ml Entnahme und Überführen in W1 C1<br />

2 Induktion: 10 ml 0,01 M IPTG <strong>zu</strong>r Kultur W<br />

5 1 ml Entnahme und Überführen in W2 C2<br />

10 1 ml Entnahme und Überführen in W3 C3<br />

20 1 ml Entnahme und Überführen in W4 C4<br />

40 1 ml Entnahme und Überführen in W5 C5<br />

2) Bestimmung der Anzahl der Bakterien der Kulturen W und C<br />

Ausführung:<br />

Je 1 ml Kulturmedium wird gleichzeitig <strong>zu</strong> den Zeiten -5, 0, 5, 10, 20 und 40 min.<br />

entnommen, mit 4 ml H 2O verdünnt, und sofort bei 623 nm die optische Dichte<br />

(OD) gemessen (Leerwert: 1 ml M9-Medium + 4 ml H 2O). Die Werte werden<br />

graphisch aufgetragen (Protokollheft, Beispiel in Abb.8-1, „Wachstum“). Die<br />

Messung dient <strong>zu</strong>r Bestimmung der Anzahl der Bakterien; OD = 1 entspricht<br />

3⋅10 8 Bakterien. Die Bedienung der Photometer ist in Versuch 2 beschrieben.<br />

3) Enzymbestimmung:<br />

Ausführung:<br />

Alle Reagenzgläser der Tabelle 8-1 werden nach Zugabe der Bakterien kräftig auf<br />

dem Whirlmix geschüttelt. Nach 40 Minuten, wenn in alle Gläser Bakterien<br />

gegeben wurden, gibt man 2 ml 1 M Na 2CO 3-Lösung in die Reagenzgläser Wo<br />

und Co, um einen Reagenzien-Leerwert <strong>zu</strong> erhalten.<br />

Dann wird 1 ml ONPG-Lösung der Reihe C0-C 5 <strong>zu</strong>gesetzt, kräftig geschüttelt,<br />

und die Uhrzeit der ONPG-Zugabe notiert. Nach 10 Minuten wird hier die<br />

Reaktion durch Zugabe von 2 ml Na 2CO 3-Lösung in die Gläser C1-C5 gestoppt.<br />

In der Zwischenzeit pipettiert man ebenfalls 1 ml ONPG in die Reagenzgläser<br />

W0-W5. Auch hier wird der Zeitpunkt der ONPG-Zugabe notiert. Nach


Induktion des lac Operons 8-11<br />

60 Minuten wird die Reaktion in den Proben durch Zufügen von 2 ml Na2CO3-<br />

Lösung in die Gläser W1-W5 gestoppt.<br />

Tabelle 8-2<br />

Zeit<br />

Glas- Nr. OD 436 nm U/min<br />

(min) Verd. 1:5<br />

Wildtyp Const. Mut. W. C. W. C.<br />

-5 Wo Co<br />

0 W1 C1<br />

5 W2 C2<br />

10 W3 C3<br />

20 W4 C4<br />

40 W5 C5<br />

U<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

Constitutive<br />

Mutante<br />

Wachstum<br />

0<br />

Wildtyp<br />

10 20 30<br />

Zeit (Minuten)<br />

Abbildung 8-1: Bestimmung der β-Galaktosidase in den E. coli-Stäm<br />

men W und C. Induktion des Enzyms im Wildstamm W<br />

durch Zugabe eines β–Galaktosids (IPTG).<br />

40<br />

8-12 Nukleinsäuren II<br />

Auswertung:<br />

Aus allen Reagenzgläsern (W 1-W 5 und C 1-C 5) entnimmt man 1 ml und verdünnt,<br />

wenn nötig, mit 4 ml H 2O. Die Extinktionen werden bei 436 nm gegen Wo bzw.<br />

Co als Leerwert gemessen. Bitte keine Plastikküvetten benutzen. Das eingesetzte<br />

Toluol greift den Kunststoff an. Eine Extinktion von 0,0075 entspricht der<br />

Hydrolyse von 1 nmol ONPG. (Bedienung des Photometers wie in Versuch 6)<br />

Die Einheit des Enzyms definieren wir hier als diejenige Menge, die 1 nmol<br />

ONPG in 1 min. bei Zimmertemperatur und pH 7 hydrolysiert. Die Einheiten<br />

(U/min) des Enzyms (Abb. 8–1) werden gegen die Zeit aufgetragen.


II. DNA-Isolierung<br />

DNA-Isolierung 8-13<br />

Das gesamte Genom eines Organismus ist in der DNA jeder kernhaltigen Körperzelle<br />

als Kopie enthalten. Zur Analyse eines beliebigen Gens kann also DNA<br />

aus leicht <strong>zu</strong>gänglichen Zellen, wie Fibroblasten, Lymphozyten oder<br />

Epithelzellen, herangezogen werden. (Schnellpräparation, mit Proteinen verunreinigt,<br />

siehe Versuch 7, PCR)<br />

Um eine größere Menge relativ sauberer DNA <strong>zu</strong> gewinnen, sind einige <strong>zu</strong>sätzliche<br />

Schritte nötig. Wir wollen hier der Einfachheit halber bakterielle chromosomale<br />

DNA isolieren. Bakterien enthalten häufig neben der genomischen DNA<br />

noch <strong>zu</strong>sätzlich Plasmide, ringförmige DNA-Moleküle, die z. B. Gene <strong>für</strong><br />

Antibiotika-Resistenzen tragen. Da Plasmide leicht künstlich in Bakterien eingeschleust<br />

werden können, werden sie häufig in der rekombinanten DNA-<br />

Technologie eingesetzt (siehe Versuch 7).<br />

Die Zellwände der Bakterien werden <strong>zu</strong>erst mit Lysozym angedaut und anschließend<br />

werden die Zellen durch Detergenzien aufgeschlossen. Proteine werden<br />

durch Chloroform denaturiert und durch Zentrifugation abgetrennt.<br />

Material:<br />

Glasstab<br />

Schliffmesspipette 10 ml<br />

UV-Spektrometer Quarz-Küvette<br />

Vollpipette 2 ml<br />

Wasserbad 37 °C, 60 °C<br />

Zentrifugen 2<br />

Zentrifugengläser ein 50 ml-Glas und zwei 10 ml-Gläser<br />

Lösungen:<br />

Bakterienkultur 50 ml<br />

Chloroform-Isoamylalkohol 24:1<br />

Isopropanol<br />

NaCl 0,15 M, enthält 0,1 M Na2EDTA, pH 8,0<br />

Lysozym-Lösung 10 mg/ml<br />

NaClO4<br />

3 M<br />

Natriumdodecylsulfat-Lösung (SDS) 12,5 %ig<br />

8-14 Nukleinsäuren II<br />

1) Isolierung<br />

Ausführung:<br />

Bakterien einer 50 ml-Kultur (stehen bereit) werden in der Zentrifuge 10 min. bei<br />

höchster Umdrehung abzentrifugiert. Der Überstand wird verworfen und die sedimentierten<br />

Bakterien in 5 ml 0,15 M NaCl, 0,1 M Na2EDTA suspendiert. 0,5 ml<br />

Lysozymlösung wird hin<strong>zu</strong>gefügt, gut gemischt und 30 min. bei 37 °C inkubiert.<br />

Durch Umschwenken wird die Suspension zwischenzeitlich gemischt. Zur<br />

Vervollständigung der Lysis wird 1 ml 12,5% SDS-Lösung <strong>zu</strong>gefügt und 10 min.<br />

bei 60 °C inkubiert. Schließlich werden 2 ml 3M NaClO4 und 8 ml<br />

Chloroform/Isoamylalkohol (24:1) <strong>zu</strong>gefügt. Es wird gut geschüttelt, die Emulsion<br />

auf 2 Zentrifugenröhrchen verteilt und die Phasen durch 10-minütige Zentrifugation<br />

getrennt. Anschließend wird die klare obere Phase abgenommen und<br />

unter gelegentlichem Umrühren mit einem Glasstab in 50 ml Isopropanol gegossen.<br />

Die DNA fällt aus und kann mit dem Glasstab herausgefischt werden.<br />

Überschüssiges Isopropanol wird durch kurzes Halten in der Luft getrocknet.<br />

2) Konzentrationsbestimmung der DNA<br />

Ausführung:<br />

Die DNA wird in 1 ml Wasser gelöst. 0,1 ml davon werden mit 5 ml Wasser<br />

verdünnt und die Absorption in einer Quarzküvette im Spektralphotometer bei<br />

260 nm gemessen. Falls die Extinktion größer als 1 ist, muss die Probe verdünnt<br />

werden. Zur Reinheitsbestimmung wird die Extinktion bei 280 nm gemessen.<br />

Reine DNA hat ein Verhältnis der Extinktionen von E 260/E 280 von 2. Ein<br />

kleineres Verhältnis zeigt die Verunreinigung mit Proteinen an, die bei 280 nm<br />

absorbieren.<br />

Berechnung der Ausbeute: OD 260 = 1 entspricht 50 mg DNA/l


Molekulare Medizin 8-15<br />

III. Analyse von Erbkrankheiten am Beispiel der cystischen<br />

Fibrose<br />

Die cystische Fibrose ist eine autosomal-rezessive Erbkrankheit der exokrinen<br />

Drüsen und der Schweißdrüsen. Die Krankheit beginnt bereits im Kindesalter.<br />

Primär werden Verdauungs- und Atmungstrakte befallen. Die Hauptsymptome<br />

sind chronische Infektionen des Atmungstrakts, Pankreasinsuffizienz, ausgesprochen<br />

viskose Schleimsekretionen und eine Empfindlichkeit <strong>für</strong> Hitzebelastung.<br />

Jeder 25.-30. ist heterozygoter Träger der Erbanlage, jedes 3000. Neugeborene<br />

ist erkrankt.<br />

Das bei der cystische Fibrose betroffene Gen ist seit 1989 bekannt und seit dieser<br />

Zeit sind viele Mutationen entdeckt worden, die die Krankheit verursachen. Das<br />

Genprodukt wird als "Cystic Fibrosis Transmembrane-Conductance Regulator"<br />

(CFTR) bezeichnet. Das membranständige Protein (170 kDa) ist an der Regulation<br />

eines Chlorid-Ionenkanals beteiligt. Die Schwere der Erkrankung ist abhängig von<br />

der Lokalisation der Mutation in bestimmten Domänen des Proteins. Neben vielen<br />

transmembranalen Bereichen wurden durch Sequenzvergleiche auch zwei<br />

nukleotidbindende Bereiche postuliert. 70% der Mutationen betreffen eine drei<br />

Basenpaare umfassende Deletion, die einen Verlust des Phenylalanins an Position<br />

508 bewirken (∆F508). Die restlichen 30 % der Mutationen sind über das Gen<br />

verteilt. Für die exakte Bestimmung dieser Mutationen ist es notwendig die<br />

kodierenden Bereiche des Gens, die der mRNA entsprechen, <strong>zu</strong> sequenzieren. Der<br />

anschließende Vergleich der daraus abgeleiteten Primärstruktur des Proteins mit<br />

der Primärstruktur des Wildtyps ergibt die genaue Lokalisation der Mutation.<br />

Computer und Datenbanken sind wichtige Werkzeuge in der molekularen Medizin<br />

geworden. Am Beispiel der cystischen Fibrose sollen Sie einen Einblick in deren<br />

Einsatz bekommen. Im Zentrum <strong>für</strong> Angewandte Informatik der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong><br />

Köln (ZAIK) steht das „Wisconsin Sequence Analysis Program“, ein<br />

Sequenzanalyseprogramm, allen Angehörigen der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong>r Verfügung. Von<br />

allen am UKLAN (Local Area Network der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> Köln) angeschlossenen<br />

Rechnern kann man über das Netz seine Arbeit am gendb-Server durchführen.<br />

Alternativ kann die Analyse auch über das Internet erfolgen. Hier stehen z.B. die<br />

Server am NCBI (National Center for Biotechnology Information, USA oder EBI,<br />

8-16 Nukleinsäuren II<br />

European Bioinformatics Institute, <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/blast/blast.cgi oder http://srs.ebi.ac.uk/)<br />

Aufgabe:<br />

Die CFTR cDNA-Sequenz eines CF-Patienten (unter der Gruppennummer) wird<br />

Ihnen <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt. Diese sollen Sie<br />

1. in die Proteinsequenz translatieren,<br />

2. mit der Sequenz des Wildtyps vergleichen,<br />

die Sie in einer Proteinsequenzdatenbank abgerufen haben und<br />

3. die Art der Mutation angeben.<br />

Durchführung:<br />

Nach dem Einloggen in das WindowsNT-System (login liegt aus) des Computers<br />

erscheint ein Auswahlmenü. Mit Hilfe der Maus wählen Sie<br />

Start - <strong>Praktikum</strong> Biochemie - gendb.<br />

Automatisch wird die Verbindung <strong><strong>zu</strong>m</strong> gendb-Server hergestellt. Es wird nach<br />

dem USERNAME (akc37) gefragt. Das PASSWORT wird Ihnen vom Assistenten<br />

mitgeteilt. Nach der Eingabe erscheint die Begrüßungsseite des gendb-Servers<br />

und Sie befinden sich in Ihrem Arbeitsbereich im gendb. Der Rechner ist bereit,<br />

Ihre Anweisungen entgegen<strong>zu</strong>nehmen, wenn in der letzten Zeile folgendes<br />

erscheint:<br />

akc37@campfire%<br />

Alle im folgenden fettgedruckten Befehle werden durch Drücken der RETURN-<br />

Taste abgeschlossen und ausgeführt. Mit dem Befehl:<br />

akc37@campfire% cd 37xx (xx ist Ihre Gruppennummer, 01, 02,<br />

03, usw.)<br />

gelagen Sie in Ihr Arbeitsverzeichnis. Mit:<br />

akc37@campfire% dir<br />

können Sie die vorhandenen Dateien Ihres Arbeitsbereichs auflisten.<br />

Unter dem Namen cftr_gruppex.dna ist in einer Datei die cDNA Sequenz des<br />

CF-Patienten abgespeichert. Die Datei können Sie sich mit den Befehlen:<br />

akc37@campfire% pg cftr_gruppex.dna


Molekulare Medizin 8-17<br />

am Bildschirm anschauen. Bitte notieren Sie sich den Beginn und das Ende der<br />

DNA-Sequenz, die die Proteinsequenz oder einen Teil davon kodieren. Diese werden<br />

in einer Zeile:<br />

FT CDS nnn..nnnn<br />

angegeben. Die Zeile ist eine „Feature Table“-Zeile und enthält den Beginn und<br />

das Ende des Protein-kodierenden Bereichs. Diese beiden Zahlen werden Sie noch<br />

<strong>für</strong> die Translation benötigen. Mit dem Befehl:<br />

akc37@campfire% names swiss:cftr*<br />

suchen Sie dann in einer Proteindatenbank nach dem Wildtyp des CFTR-Gens.<br />

Das Sternchen bedeutet, dass alle Einträge, die in der Swiss-Protein-Datenbank im<br />

Namen die Buchstabeanfolge „cftr“ enthalten, auf dem Bildschirm aufgelistet<br />

werden sollen. Bestätigen Sie die Frage nach dem:<br />

output file (*TERM*)<br />

durch Drücken der RETURN-Taste. Unter dem Eintrag cftr_human ist die<br />

menschliche Proteinsequenz in der SWISS-Proteindatenbank gespeichert. Das<br />

Programm „names“ gibt alle <strong>zu</strong>r Zeit bekannten CFTR-Gene an, auch die anderer<br />

Organismen. Mit:<br />

akc37@campfire% fetch swiss:cftr_human<br />

kopieren Sie dann die Sequenz aus der Datenbank in Ihren Arbeitsbereich. Sie<br />

können sich jetzt den Eintrag mit dem Befehl:<br />

anschauen.<br />

akc37@campfire% pg cftr_human.swnew<br />

Zuerst erscheint eine Literaturliste, dann eine kurze Beschreibung der Krankheit.<br />

Außerdem ist eine Internetadresse angegeben, bei der weitere Informationen<br />

abgerufen werden können. In den Zeilen:<br />

FT VARIANT 13 13 S -> F. usw.<br />

werden einige der fast 900 gefundenen Mutationen angegeben, hier die Serin-<br />

Phenylalanin Substitution (Austausch) in Position 13.<br />

Nun translatieren Sie den kodierenden Bereich der CFTR-cDNA mit:<br />

8-18 Nukleinsäuren II<br />

akc37@campfire% translate cftr_gruppex.dna<br />

die cDNA des CF-Patienten in die entsprechende Proteinsequenz. Die abgefragten<br />

Einstellungen werden ohne Veränderungen durch die RETURN-Taste bestätigt.<br />

Den Anfang und das Ende der Translation geben Sie entsprechend Ihrer Notizen<br />

(s.o.) an. Als cftr_gruppex.pep wird die Proteinsequenz des Patienten<br />

abgespeichert.<br />

Mit dem Befehl:<br />

akc37@campfire% pg cftr_gruppex.pep<br />

kann die CFTR-Sequenz des Patienten angesehen werden.<br />

Diese Sequenz wird mit Hilfe des Programms bestfit mit der Sequenz des<br />

Wildtyps verglichen.<br />

akc37@campfire%<br />

bestfit cftr_human.swnew cftr_gruppex.pep<br />

Die abgefragten Einstellungen werden wieder mit der RETURN-Taste bestätigt. Das<br />

Vergleichsergebnis wird als cftr_human.pair-Datei abgelegt. Schauen Sie sich<br />

die Datei an:<br />

akc37@campfire% pg cftr_human.pair<br />

Mit dem Befehl:<br />

akc37@campfire% lpr –P cipm1ps cftr_human.pair<br />

kann die Datei gedruckt und im Protokollheft abgeheftet werden. Die Sit<strong>zu</strong>ng<br />

beenden Sie mit:<br />

Aufgabe:<br />

akc37@campfire% exit<br />

Bitte markieren Sie die Mutationsstelle und geben die Art der Mutation an. Benutzen<br />

Sie den genetischen Code und schlagen mögliche Basenaustausche vor.


Aufgaben 8-19<br />

Übungsaufgaben:<br />

1. Durch welchen Mechanismus kann ein einziges Gen die Expression von<br />

Proteinen unterschiedlicher Größe bewirken?<br />

2. Woran binden Transkriptionsfaktoren? Was bewirken sie?<br />

3. Durch welche strukturelle Komponente eines Proteins wird festgelegt, ob es<br />

sezerniert wird?<br />

4. Geben Sie Mechanismen an, die der Entstehung der Antikörpervariabilität<br />

<strong>zu</strong>grundeliegen.<br />

5. Zeichnen Sie auf DNA-Ebene drei prinzipiell unterschiedliche Beispiele <strong>für</strong><br />

eine Mutation.<br />

6. Formulieren Sie eine aus 6 Nukleotidpaaren bestehende Palindromstruktur.<br />

7. Geben Sie Beispiele <strong>für</strong> folgende Mutationen an: Substitution, Deletion und<br />

Insertion.<br />

8. Wie beeinflusst Penicillin den Metabolismus von Escherichia coli?

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