Der Imre-Nagy-Prozeß in Ungarn und seine - EPA
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Gy. Harsay: <strong>Der</strong> <strong>Imre</strong>-<strong>Nagy</strong>-<strong>Prozeß</strong> <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> 325<br />
belastendem Material über die Tätigkeit der <strong>Nagy</strong>-Gruppe zu beg<strong>in</strong>nen.<br />
Zum alle<strong>in</strong>igen Verantwortlichen der Angelegenheit wurde Kádár ernannt,<br />
der somit alle Fäden <strong>in</strong> der Hand hielt <strong>und</strong> nach eigenem Gutdünken handelte.<br />
Über diese Sitzung, an der lediglich sieben Personen teilnahmen,<br />
wurde Geheimhaltung vere<strong>in</strong>bart. Das Protokoll versah Kádár mit dem<br />
Vermerk: »Ich habe es gesehen.« 41 Das weitere Schicksal <strong>Nagy</strong>s blieb bis<br />
zum <strong>Prozeß</strong> <strong>und</strong> noch Jahrzehnte danach das größte <strong>und</strong> bestgehütete Geheimnis<br />
der Kádár-Ara. Im gewöhnlich gut <strong>in</strong>formierten <strong>Ungarn</strong>, wo es<br />
kaum e<strong>in</strong> Ereignis gab, das nicht <strong>in</strong> allernächster Zeit zum Geme<strong>in</strong>gut<br />
wurde, blieben die Umstände <strong>und</strong> H<strong>in</strong>tergründe des <strong>Nagy</strong>-Prozesses vor<br />
der Öffentlichkeit im wesentlichen verborgen. Erst nach 1989 kamen Akten<br />
<strong>und</strong> Filmaufnahmen über den <strong>Prozeß</strong> aus den Geheimarchiven zum Vorsche<strong>in</strong>.<br />
Kádár wußte wohl, warum er alles verheimlichen ließ.<br />
Ende Januar 1957 hielt Kádár zwei öffentliche Reden <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong>, <strong>in</strong> denen<br />
er <strong>Nagy</strong> beschuldigte, den Aufstand angezettelt zu haben <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Verräter<br />
zu se<strong>in</strong>. Nach der erfolglosen Reise Kállais nach Bukarest sah er wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
e<strong>in</strong>, daß er von <strong>Nagy</strong> ke<strong>in</strong>e Verzichtserklärung bekommen<br />
würde <strong>und</strong> verfolgte von nun an das Ziel, <strong>Nagy</strong> endgültig zu beseitigen.<br />
Ob er dies aus politisch-taktischen Gründen tat oder aus Rache, weil <strong>Nagy</strong><br />
nicht zurücktreten wollte, oder aus beiden Gründen, mag dah<strong>in</strong>gestellt<br />
bleiben. Kádár g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Folgezeit sehr zielbewußt <strong>und</strong> listig vor. In der<br />
Parteiführung, das heißt im Zentralkomitee, hatte sich bis dah<strong>in</strong> noch ke<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>heitliche Me<strong>in</strong>ung über die Behandlung <strong>Nagy</strong>s herausgebildet, <strong>und</strong><br />
Kádár selbst äußerte sich bis Ende Januar sehr zurückhaltend über ihn.<br />
Diese anfängliche Zurückhaltung hatte jedoch taktische Gründe: Die neue<br />
Führung war <strong>in</strong> der Bevölkerung sehr verhaßt <strong>und</strong> die Lage bis Januar 1957<br />
noch nicht ganz konsolidiert, denn der passive Widerstand <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />
war weiterh<strong>in</strong> relativ groß. Deshalb wollte Kádár die Bevölkerung<br />
nicht mit neuen Angriffen gegen <strong>Nagy</strong> provozieren. Selbst im Zentralkomitee<br />
se<strong>in</strong>er Partei gab es Mitglieder, die noch im November 1956 für Verhandlungen<br />
mit <strong>Nagy</strong> e<strong>in</strong>getreten waren. Diese waren nicht bereit, ihn<br />
ohne weiteres zum Verräter zu erklären.<br />
Die Vertreter der harten L<strong>in</strong>ie - Marosán, Münnich, Kállai, Biszku - saßen<br />
im Politbüro <strong>und</strong> waren mit Kádár e<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung, daß <strong>Nagy</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Gefährten vor Gericht gestellt werden sollten. Diese Hardl<strong>in</strong>er hatten bereits<br />
im Januar 1957 die relativ »milde« Parteiresolution über <strong>Nagy</strong> vom<br />
Dezember 1956 neu bewertet, ohne das Zentralkomitee zu <strong>in</strong>formieren <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>e entsprechende neue Resolution vorzulegen. Da selbst im Zentralkomitee<br />
ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Me<strong>in</strong>ung über das Vorgehen gegen <strong>Nagy</strong> herrschte,<br />
war es für Kádár Anfang 1957 noch schwierig gewesen, e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />
Standpunkt <strong>in</strong> der Frage e<strong>in</strong>er Gerichtsverhandlung gegen <strong>Nagy</strong> zu<br />
Az MSZMP és a <strong>Nagy</strong> <strong>Imre</strong>-csoport 16.