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Der Imre-Nagy-Prozeß in Ungarn und seine - EPA

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Gy. Harsay: <strong>Der</strong> <strong>Imre</strong>-<strong>Nagy</strong>-<strong>Prozeß</strong> <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> 339<br />

d<strong>in</strong>gs sei er mit der Entscheidung der ungarischen Genossen e<strong>in</strong>verstanden,<br />

auch er hätte so gehandelt. 86 Se<strong>in</strong> Sohn erklärte auf e<strong>in</strong>er Pressekonferenz<br />

vor e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong> Budapest, se<strong>in</strong> Vater habe <strong>Nagy</strong> am Leben lassen<br />

wollen, aber die »ungarischen Genossen« hätten ihn zur Billigung des<br />

Todesurteils überredet.<br />

<strong>Nagy</strong>, Maiéter <strong>und</strong> Gimes wurden noch am gleichen Tag im Hof des<br />

Gefängnisses begraben. Auf dem Grab stellte man ausgemusterte Möbel ab,<br />

um zu verh<strong>in</strong>dern, daß die ungewöhnliche Grabstätte auffiel. 87 Die politische<br />

Führung wolle ke<strong>in</strong>en nationalen Wallfahrtsort haben, hieß es. Erst<br />

nach zweie<strong>in</strong>halb Jahren, am 24. Februar 1961 spätabends, grub e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe von Polizeioffizieren <strong>und</strong> Unteroffizieren <strong>in</strong> aller Heimlichkeit die<br />

Leichen wieder aus <strong>und</strong> verscharrte sie noch am selben Abend auf dem<br />

nahegelegenen Zentralfriedhof <strong>in</strong> der später zu trauriger Berühmtheit gelangten<br />

Parzelle 301. In dieser verwahrlosten h<strong>in</strong>tersten Ecke des Friedhofs<br />

wurden die zahlreichen Opfer der Kádárschen Willkür <strong>und</strong> Vergeltung<br />

heimlich <strong>und</strong> namenlos begraben, so daß nicht e<strong>in</strong>mal die Angehörigen<br />

wußten, wo sie lagen. Die Besucher dieser verwahrlosten <strong>und</strong> namenlosen<br />

Gräber wurden ständig von der Polizei vertrieben. Selbst drei Jahrzehnte<br />

später verbot Kádár den Besuch <strong>und</strong> die Pflege dieser Gräber.<br />

Bezeichnenderweise wurden die Vorgänge über die Umbettung <strong>Nagy</strong>s<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geheimen Akte des Innenm<strong>in</strong>isteriums unter dem Namen<br />

»Wespennest« verwahrt. Die Geheimhaltung g<strong>in</strong>g soweit, daß das Grab<br />

<strong>Nagy</strong>s <strong>in</strong> den Friedhofsakten unter dem Decknamen e<strong>in</strong>er Frau geführt<br />

wurde, während Maiéter <strong>und</strong> Gimes - ebenfalls unter e<strong>in</strong>em fremden Namen<br />

registriert - <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Grab ruhten. 88 Erst 1989 war es<br />

anhand der geheimen Unterlagen des Innenm<strong>in</strong>isteriums möglich, die<br />

Gräber von <strong>Nagy</strong>, Maiéter, Gimes <strong>und</strong> Szilágyi sowie die der anderen Opfer<br />

<strong>in</strong> der Parzelle 301 zu identifizieren, die letzten Ruhestätten würdig zu<br />

gestalten, Grabste<strong>in</strong>e zu errichten <strong>und</strong> diese mit Namen zu versehen.<br />

Während des Prozesses standen die Frau <strong>und</strong> die Tochter <strong>Nagy</strong>s zusammen<br />

mit den anderen Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> Rumänien immer noch<br />

unter Hausarrest. Die schreckliche Nachricht erfuhren sie erst aus der Zeitung.<br />

E<strong>in</strong>es Tages legte e<strong>in</strong> Offizier der rumänischen Wachmannschaft e<strong>in</strong>ige<br />

ungarische Zeitungen auf den Tisch des Aufenthaltsraumes <strong>und</strong> g<strong>in</strong>g<br />

wortlos wieder h<strong>in</strong>aus. In den Zeitungen war das Kommunique der ungarischen<br />

Regierung über die Verurteilung <strong>und</strong> H<strong>in</strong>richtung <strong>Nagy</strong>s <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Gefährten abgedruckt. 89<br />

Die letzten Gerichtsverfahren gegen Teilnehmer des Aufstandes g<strong>in</strong>gen<br />

erst 1961 zu Ende. Kádár erzählte anläßlich se<strong>in</strong>es Treffens mit Gorbatschow<br />

im September 1985 <strong>in</strong> Moskau, daß etwa 280 Todesurteile gegen<br />

6 Micunovic 396.<br />

7 A titkok labir<strong>in</strong>tusában. In: Szabad Újság, 30. Juni 1999.<br />

8 Horváth 363.<br />

9 Ember 32.

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