05.01.2013 Aufrufe

Der Imre-Nagy-Prozeß in Ungarn und seine - EPA

Der Imre-Nagy-Prozeß in Ungarn und seine - EPA

Der Imre-Nagy-Prozeß in Ungarn und seine - EPA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gy. Harsay: <strong>Der</strong> <strong>Imre</strong>-<strong>Nagy</strong>-<strong>Prozeß</strong> <strong>in</strong> <strong>Ungarn</strong> 321<br />

der Jugoslawen. Tito erklärte ihm, daß es e<strong>in</strong> großer Fehler gewesen wäre,<br />

<strong>Nagy</strong> aus <strong>Ungarn</strong> zu entfernen, anstatt ihn dort von se<strong>in</strong>er Gruppe zu isolieren<br />

<strong>und</strong> im Lande zu lassen. Die Tatsache, daß <strong>Nagy</strong> nach Rumänien gebracht<br />

wurde, faßte Tito als Mißtrauen gegenüber Jugoslawien auf, zumal<br />

<strong>Nagy</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Land hätte kommen können. Er me<strong>in</strong>te auch, daß die Geschehnisse<br />

um <strong>Nagy</strong> der Sowjetunion großen politischen Schaden zugefügt<br />

hätten. Es wirke sich zudem nachteilig aus, daß auch Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der<br />

nach Rumänien deportiert worden seien. 26<br />

<strong>Nagy</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Gefährten wurden mit drei sowjetischen Flugzeugen<br />

nach Bukarest geflogen. Da sie über das Ziel des Fluges nicht <strong>in</strong>formiert<br />

wurden, dachten sie bei der Landung, sie wären <strong>in</strong> der Sowjetunion. Erst<br />

dort erfuhren sie, daß sie sich <strong>in</strong> Rumänien befanden. Die Gruppe wurde<br />

von Bukarest <strong>in</strong> den etwa 40 km nördlich der Hauptstadt gelegenen Erholungsort<br />

Snagov transportiert. Die meisten wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Erholungsheim<br />

der rumänischen Parteiführung untergebracht. <strong>Nagy</strong> wurde zusammen<br />

mit se<strong>in</strong>er Frau streng isoliert von den anderen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus am See<br />

e<strong>in</strong>quartiert. Den Ort durften sie nicht verlassen <strong>und</strong> standen unter rumänischer<br />

Bewachung. Die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> die Verpflegung waren ordentlich.<br />

Kállai, der Abgesandte Kádárs, berichtete Ende Januar 1957 nach<br />

se<strong>in</strong>em Besuch <strong>in</strong> Rumänien, obwohl er gar nicht <strong>in</strong> Snagov gewesen war,<br />

boshaft darüber, daß sie »fürstlich« untergebracht <strong>und</strong> verpflegt würden. Er<br />

ordnete daraufh<strong>in</strong> an, daß die Verpflegung der Gruppe e<strong>in</strong>geschränkt<br />

werden sollte. <strong>Nagy</strong> wurde mehrmals von Mitgliedern der rumänischen<br />

Führung, wie Walter Roman, Emil Bodnäras <strong>und</strong> Alexandru Moghioros,<br />

besucht. Se<strong>in</strong>e Frau <strong>und</strong> er wurden sogar e<strong>in</strong>mal für e<strong>in</strong>ige Tage zur<br />

Untersuchung <strong>in</strong>s Regierungskrankenhaus nach Otopeni gebracht.<br />

Beide verbrachten die Zeit, so gut es g<strong>in</strong>g, mit Lesen, Spazierengehen<br />

<strong>und</strong> mit dem Unterricht der Enkelk<strong>in</strong>der. Allerd<strong>in</strong>gs waren ihre Informationsmöglichkeiten<br />

stark e<strong>in</strong>geschränkt. Radio konnten sie nur selten hören,<br />

<strong>und</strong> Zeitungen erhielten sie nur sporadisch. Während dieser Zeit begann<br />

<strong>Nagy</strong>, se<strong>in</strong>e Memoiren unter dem Titel „Stürmische Zeiten" zu schreiben.<br />

Nach se<strong>in</strong>er Verhaftung im April 1957 wurde se<strong>in</strong> Manuskript vom<br />

ungarischen Innenm<strong>in</strong>isterium beschlagnahmt <strong>und</strong> erst 1989 se<strong>in</strong>er Tochter<br />

Erzsébet <strong>Nagy</strong> ausgehändigt. Es fehlten dabei etwa 80 Seiten, die auch<br />

später nicht wieder auftauchten. 27 <strong>Der</strong> ungarische R<strong>und</strong>funk teilte am 23.<br />

November 1956 mit, daß <strong>Nagy</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Gruppe »auf eigenen Wunsch«<br />

nach Rumänien ausgereist seien. 28 Die jugoslawische Regierung verbreitete,<br />

um ihren Prestigeverlust herunterzuspielen, e<strong>in</strong>e ähnliche Version,<br />

mit der Ergänzung, daß auch sie Asyl angeboten habe, was aber von der<br />

Gruppe abgelehnt worden wäre, die statt dessen Rumänien bevorzugt<br />

26<br />

Protokoll über die Sitzung des Zentralkomitee-Präsidiums <strong>in</strong> Moskau, 2. Dezember<br />

1956. In: Hiányzó lapok 247-248.<br />

17<br />

Peter Unw<strong>in</strong>n: A pusztából kiáltott szó. Budapest 1992,149.<br />

28 Ebenda, 150.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!