Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe - Compass-Infodienst
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esucht und war seit 1908 mit Richard Wagners Tochter Eva in Bayreuth verheiratet. 1916,<br />
mitten im Krieg, in dem er für die deutschen Kriegsziele eintrat, hatte er ostentativ die<br />
deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. (Wir dürfen vermuten, daß sich der gebürtige<br />
Russe <strong>Rosenberg</strong> auch wegen seines Lebensweges dem gebürtigen Engländer Chamberlain<br />
besonders verbunden fühlte.) Chamberlain übernahm von Wagner und Gobineau deren<br />
rassentheoretische Ansichten, verschärfte aber gegenüber dem gewissermaßen noch<br />
vormodernen Rassismus von Gobineau oder Lapouge den antisemitischen Ton entschieden 58 .<br />
Chamberlain entwickelte eine Kulturtheorie mit der bekannt gewordenen Dreiteilung in<br />
Kulturschöpfer, allen voran die Germanen, Kulturbewahrer und Kulturzerstörer. Die<br />
gefährlichsten Repräsentanten der letzten Gruppe waren natürlich die Juden. Diese<br />
Dreiteilung durchzog in der Folge das gesamte nationalsozialistische Schrifttum und fand sich<br />
namentlich auch in „Mein Kampf“ wieder. 59 Für <strong>Rosenberg</strong> war der Sinn der Weltgeschichte<br />
blauäugig und blond, von Norden ausstrahlend war er über die ganze Welt gegangen. 60<br />
Nordische Schöpferkraft konnte sich dabei in vielerlei Gestalt äußern, in der Metaphysik des<br />
arischen Indien ebenso wie im religiösen Mythus des dualistischen Kampfes zwischen Licht<br />
und Finsternis des arischen Persien, in der Schönheit des dorischen Griechenland ebenso wie<br />
in der Staatszucht des italischen Rom. Der Beitrag des germanischen Europa bestand vor<br />
allem in der Lehre vom Charakterwert, der Idee der Gewissensfreiheit und der Ehre. 61<br />
<strong>Rosenberg</strong> überhöhte Chamberlains Nord-Süd-Antithese zu einem pseudoreligiösen<br />
Dualismus. 62<br />
Chamberlain vertrat die These, Christus sei der Religion nach Jude gewesen, der Rasse nach<br />
aber nicht. Er propagierte die Reinigung des Christentums von allem Jüdischen und wurde so<br />
sowohl zum Vorläufer des nationalsozialistischen Rassenantisemitismus als auch der<br />
völkischen Theologie der Deutschgläubigen. 1927 widmete <strong>Rosenberg</strong> Chamberlain eine<br />
Biographie „als Verkünder und Begründer einer deutschen Zukunft“ – so der Untertitel des<br />
Buches. Es hat vier Kapitel: Der Deutsche – Der Staatsmann – Der Denker und Forscher –<br />
58 So auch Nolte, 1984, S. 352.<br />
59 Insbesondere in dem Kapitel „Volk und Rasse“; Hitler, 1936, S. 311 ff.<br />
60 <strong>Rosenberg</strong>, Mythus, 1935, S. 28.<br />
61 <strong>Rosenberg</strong>, Der deutsche Mythus, VB vom 8.4.1933.<br />
62 See, 1994, S. 308.<br />
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