Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe - Compass-Infodienst
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Der „Mythus des 20. Jahrhunderts“ war vielleicht kein Mythos im klassischen Sinne. Er<br />
erzählte keine mythische Geschichte. 116 Er war ein sozialer Mythos im Sinne George Sorels,<br />
der durch eine Ordnung von Bildern die Menschen in gemeinsamer Aktion mobilisierte. Der<br />
Mythos von der nordischen Rassenseele prägte religiös hypostasierte Bilder; mythisiert wurde<br />
nicht eine göttliche, sondern eine seelische Macht, nicht die Sphäre des Übersinnlichen,<br />
sondern die Natur in ihrer ursprünglichen, noch von jeder zivilisatorischen Dekadenz und<br />
rassischen Degeneration verschonten Form. „Natürlich“, „gesund“ und „sauber“ waren die<br />
Codeworte der exterminatorischen Exklusion. 117 Der Mythos des nordischen Blutes befand<br />
sich in einem Kampf auf Leben und Tod mit dem behaupteten Gegenmythos, dem Mythos<br />
von der jüdischen Weltherrschaft. Das Christentum war der Bahnbrecher für den jüdischen<br />
Einfluß in Europa gewesen. Der zivilisatorische Abgrund der Großstädte begünstigte ihn<br />
weiter und die nur durch Heimtücke zu erklärende Niederlage im Ersten Weltkrieg machte<br />
den deutschen Volkskörper vollends wehrlos.<br />
<strong>Rosenberg</strong>s Mythos war in vielem ein ariosophischer Mythos, ohne daß er sich explizit auf<br />
die Ariosophie berufen hätte. Der Manichäismus des modernen Antisemitismus und die<br />
Theoreme des „Mythus des 20. Jahrhunderts“ korrespondieren in vielfacher Weise. Die<br />
wichtigsten Antithesen sind:<br />
- Der ario-heroische Lichtmensch im Kampf mit dem jüdischen Dämon, dem Herrn der<br />
Finsternis<br />
- Die am höchsten stehende Rasse der Arier, deren Reinkarnation die Germanen sind,<br />
gegen die die unterste Stufe menschlichen Seins repräsentierenden Juden<br />
- Die rassisch gebundene Nation gegen fremdvölkische Dekompositionselemente, deren<br />
gefährlichstes die jüdischen Parasiten darstellen<br />
- Die Reinheit des Blutes gegen die planvolle Vergiftung durch jüdische Blutschande<br />
- Die Verteidigung der Schollengebundenheit germanischer Tradition gegen jüdisch-<br />
intellektuelles Kosmopolitentum<br />
- Nordische Kultur gegen jüdische Zerstörung durch Anverwandlung<br />
- Germanische Führerschaft gegen liberalistische Demokratie<br />
- Arteigene Religiosität gegen jüdisches Christentum 118<br />
116<br />
Vgl. Behrenbeck, 1996, S. 80 f.<br />
117<br />
Noch in der Nürnberger Todeszelle notierte <strong>Rosenberg</strong>, der Nationalsozialismus sei „eine echte soziale<br />
Weltanschauung und ein Ideal blutbedingter kultureller Sauberkeit“ gewesen; zit. Lang/Schenck, 1947, S. 338.<br />
118<br />
Vgl. Piper, 1996.<br />
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