Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe - Compass-Infodienst
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Aber er hob ab auf die Toleranz des nationalsozialistischen Staates. Der katholischen Kirche<br />
sei keineswegs die Möglichkeit zum Widerspruch genommen. Die Verbreitung einer<br />
„endlose(n) Zahl von Flugschriften“ 240 werde nicht behindert. Auch die gewichtigste<br />
Publikation, die „Studien zum Mythus des XX. Jahrhunderts“, werde seit einem Jahr<br />
ungehindert von allen kirchlichen Stellen vertrieben. Der Glaube der Verfasser der Studien,<br />
allesamt katholische Wissenschaftler, an die Toleranz des nationalsozialistischen Staats war<br />
wohl nicht ganz so ausgeprägt. Sie publizierten ihre Stellungnahme anonym, als Amtliche<br />
Beilage zum bischöflichen Amtsblatt, da sie andernfalls mit Verlust ihrer Stellung, wenn nicht<br />
schlimmerem, etwa KZ-Haft, rechneten 241 . Im Vorwort meines Exemplars schreibt der<br />
Berliner Bischof, der „Mythus des 20. Jahrhunderts“ habe eine „tiefe Beunruhigung in das<br />
gläubige Christenvolk Deutschlands getragen“. Ziel der Publikation sei es nun, „ernste<br />
Fachleute“ zeigen zu lassen, „mit welchen Waffen der Verfasser des Mythus kämpft und wie<br />
weit er sich vom Boden der objektiven Wahrheit entfernt.“ 242 Der erste und umfangreichste<br />
Teil der Schrift war der Kirchengeschichte gewidmet, der zweite der Heiligen Schrift, der<br />
dritte dem Eckehart-Problem und der vierte schließlich Paulus und dem Urchristentum. Die<br />
Autoren der Studien attestieren <strong>Rosenberg</strong> gleich auf der ersten Seite ihrer kritischen<br />
Würdigung eine „leidenschaftliche Abneigung ... gegen die Kirche“ 243 , womit sie zweifellos<br />
recht haben. Nach ausführlichen Darlegungen über mehr als 80 Druckseiten hinweg kommen<br />
die Autoren zu der Überzeugung, daß es im ganzen „Mythus des 20. Jahrhunderts“, einem<br />
umfangreichen Buch doch immerhin, nicht eine einzige Stelle gäbe, die „im Sinne wahrer<br />
Geschichtswissenschaft richtig“ 244 sei. Das ganze Bild der Kirche sei auf Irrtümern aufgebaut,<br />
<strong>Rosenberg</strong> spreche von den Katholiken, als lebe er auf einem anderen Planeten. 245 Im zweiten<br />
Teil der Studien geht es zum einen um das Alte Testament, zum anderen um die<br />
Persönlichkeit Christi und „die Mär von der angeblichen arischen Herkunft“ 246 . Die Autoren<br />
kommen nicht überraschend zu dem Schluß, daß unter den Vorzeichen des „positiven<br />
Christentums“ von der Substanz der christlichen Religion nicht viel übrig bleibt. 247 Die<br />
„Studien“ schließen, nachdem sie sich auch mit anderen Aspekten von <strong>Rosenberg</strong>s<br />
Gedankengebäude gründlich auseinandergesetzt haben, mit der Anrufung eines Werkes, das<br />
besser sei als der „Mythus“, „das nun schon ins 20. Jahrhundert dauernde und für alle Zeit<br />
unvergängliche, heilige Buch des Neuen Testamentes“ 248 .<br />
240 Ebd., Bl. 10.<br />
241 Vgl. Neuhäusler, 1946, S. 199 f.<br />
242 Studien, 1935, S. III. Zu den Studien Baumgärtner, 1977, S. 154 ff.<br />
243 Studien, 1935, S. 1.<br />
244 Ebd., S. 84.<br />
245 Ebd., S. 85.<br />
246 Ebd., S. 106.<br />
247 Ebd., S. 111 f.<br />
248 Ebd., S. 170.<br />
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