28/29 Aus der Serie »blind« 2000, S/W-Fotoserie, 13-teilig, 35 x 35 cm
Christian Meyer »Erste, Zweite, Dritte ...: Hilfe!« Die Ausstellung mit verschiedenen Druckgrafiken, einer CD-Rom und einer Vitrine mit Heften von Christian Meyer bündelt die Arbeit der letzten zwei Jahre: eine fortlaufende Untersuchung über die mögliche Verwendung piktogrammatischer Darstellungen in der Bildgestaltung, wie er den Untertitel der Ausstellung – ganz in ironisch-bauhauspädagogischer Manier – bezeichnet. Christian Meyer ist Video- und Filmemacher und dabei ein Poet, der den (Schein-)Gefechten zwischen Wort und Bild Schlachtfelder und Friedensverhandlungen einzuräumen weiß. Bild steht gegen Wort, Bild mit Wort gegen Bild oder Bild gegen Bild, in anderen Fällen gehen die Parteien Allianzen ein. Christian Meyers Vorliebe gilt der kleinen Form, dem kleinen Format, den Miniaturen und Fragmenten. Seine Arbeiten gebärden sich als Vorwort oder Supplement, Nachtrag, Ergänzung oder Zwischenbemerkung zu einem größeren Ganzen. Dieses geschieht in bisweilen nostalgischer Wehmut zur romantischen Tradition des frühen 19. Jahrhunderts und der Pop-Kultur der Sixties und Seventies. Auch scheint der Autor um die ausweglose Aporie zu wissen, dass in jedweder Art, die Welt zu betrachten, man den komplexen Verhältnissen niemals Herr werden kann. Bestechend sind Syllogismen, wie das Gedicht »Auf lange Sicht«: Den besten Fisch gibt’s an der Küste/ Die Schweiz die liegt in Bern/ Der Sand schmeckt anders in der Wüste/ Ich mag den Symbolismus gern. (Aus: Christian-Heinrich Meyer: 11 Gedichte. 1 ebenfalls farbiges Bild. Kapriziöse Bindung, Mai 2000.) Syllogismus ist eine grundlegende Strategie Christian Meyers, dessen Geschichten im Alltag und Verborgenen des Banalen verwurzelt und in denen die Helden Beamte, Angestellte, Bauern und Typen des gemeinen Lebens sind. Christian Meyer ist Sammler von Bildern, Filmstills, Tönen und Geräuschwelten, und er fügt die Fundstücke in seinen Videoarbeiten, Collagen, animierten Kurzfilmen und Hefteditionen zu neuen Bilderwelten zusammen. Die Möglichkeiten des digitalen Crossover sind ihm geeignetes Medium, ebenso wie die »manuell gefertigte« Druckgraphik, in der er ausgebildet wurde und die seine Verbundenheit zum ›analogen Zeitalter‹ manifestiert. In seinen Arbeiten reflektiert er Mediales und Literarisches, so in seiner mehrteiligen Videoinstallation »Sketches of Pain« von 1998, in der er über das Wesen des »Aufnehmens/Recordings« sinniert. In der Plakatreihe »Things we try to hide« (1996) kombiniert er Popkultur, Icons und Country & Western-Ästhetik. In der Plakatreihe »Wahrheit und Fiktion: Verbrechen und Leidenschaft« (1999) sind es Verbrecher und Verfolger aus Krimis und der Serie »Der Kommissar«, die zu neuen Plakat- Idolen erhoben werden. Im Zentrum der Ausstellung stehen die Siebdrucke, in denen sich Piktogramme zu neuen Bilderrätseln zusammenfügen. Auch in diesen Arbeiten erweist sich Christian Meyer als obsessiver »Zitatensammler«. Eine gleichnamige Videoarbeit aus dem Jahre 1998 gibt ein sinnfälliges Selbstbildnis des Poeten und Videokünstlers ab. Darin lesen berühmte Nachkriegsautoren aus ihren Dichtungen. Der Text scrollt endlos den