Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Christian Meyer<br />
»Erste, Zweite, Dritte ...: Hilfe!« Die Ausstellung mit<br />
verschiedenen Druckgrafiken, einer CD-Rom und<br />
einer Vitrine mit Heften von Christian Meyer bündelt<br />
die Arbeit der letzten zwei Jahre: eine fortlaufende<br />
Untersuchung über die mögliche Verwendung<br />
piktogrammatischer Darstellungen in der<br />
Bildgestaltung, wie er den Untertitel der Ausstellung<br />
– ganz in ironisch-bauhauspädagogischer<br />
Manier – bezeichnet.<br />
Christian Meyer ist Video- und Filmemacher und<br />
dabei ein Poet, der den (Schein-)Gefechten zwischen<br />
Wort und Bild Schlachtfelder und Friedensverhandlungen<br />
einzuräumen weiß. Bild steht<br />
gegen Wort, Bild mit Wort gegen Bild oder Bild<br />
gegen Bild, in anderen Fällen gehen die Parteien<br />
Allianzen ein.<br />
Christian Meyers Vorliebe gilt der kleinen Form,<br />
dem kleinen Format, den Miniaturen und Fragmenten.<br />
Seine Arbeiten gebärden sich als Vorwort<br />
oder Supplement, Nachtrag, Ergänzung oder<br />
Zwischenbemerkung zu einem größeren Ganzen.<br />
Dieses geschieht in bisweilen nostalgischer<br />
Wehmut zur romantischen Tradition des frühen<br />
19. Jahrhunderts und der Pop-Kultur der Sixties und<br />
Seventies. Auch scheint der Autor um die ausweglose<br />
Aporie zu wissen, dass in jedweder Art, die<br />
Welt zu betrachten, man den komplexen Verhältnissen<br />
niemals Herr werden kann. Bestechend sind<br />
Syllogismen, wie das Gedicht »Auf lange Sicht«:<br />
Den besten Fisch gibt’s an der Küste/ Die Schweiz<br />
die liegt in Bern/ Der Sand schmeckt anders in der<br />
Wüste/ Ich mag den Symbolismus gern. (Aus:<br />
Christian-Heinrich Meyer: 11 Gedichte. 1 ebenfalls<br />
farbiges Bild. Kapriziöse Bindung, Mai 2000.)<br />
Syllogismus ist eine grundlegende Strategie<br />
Christian Meyers, dessen Geschichten im Alltag<br />
und Verborgenen des Banalen verwurzelt und in<br />
denen die Helden Beamte, Angestellte, Bauern<br />
und Typen des gemeinen Lebens sind.<br />
Christian Meyer ist Sammler von Bildern, Filmstills,<br />
Tönen und Geräuschwelten, und er fügt die<br />
Fundstücke in seinen Videoarbeiten, Collagen, animierten<br />
Kurzfilmen und Hefteditionen zu neuen<br />
Bilderwelten zusammen. Die Möglichkeiten des<br />
digitalen Crossover sind ihm geeignetes Medium,<br />
ebenso wie die »manuell gefertigte« Druckgraphik,<br />
in der er ausgebildet wurde und die seine Verbundenheit<br />
zum ›analogen Zeitalter‹ manifestiert.<br />
In seinen Arbeiten reflektiert er Mediales und<br />
Literarisches, so in seiner mehrteiligen Videoinstallation<br />
»Sketches of Pain« von 1998, in der er<br />
über das Wesen des »Aufnehmens/Recordings«<br />
sinniert. In der Plakatreihe »Things we try to hide«<br />
(1996) kombiniert er Popkultur, Icons und Country<br />
& Western-Ästhetik. In der Plakatreihe »Wahrheit<br />
und Fiktion: Verbrechen und Leidenschaft« (1999)<br />
sind es Verbrecher und Verfolger aus Krimis und<br />
der Serie »Der Kommissar«, die zu neuen Plakat-<br />
Idolen erhoben werden.<br />
Im Zentrum der Ausstellung stehen die Siebdrucke,<br />
in denen sich Piktogramme zu neuen<br />
Bilderrätseln zusammenfügen. Auch in diesen<br />
Arbeiten erweist sich Christian Meyer als obsessiver<br />
»Zitatensammler«. Eine gleichnamige Videoarbeit<br />
aus dem Jahre 1998 gibt ein sinnfälliges<br />
Selbstbildnis des Poeten und Videokünstlers ab.<br />
Darin lesen berühmte Nachkriegsautoren aus<br />
ihren Dichtungen. Der Text scrollt endlos den