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nehmung ihre Prägungen wechseln muss, auch<br />
dann, wenn sie sich auf die Theorie und Praxis<br />
eines Picassos berufen kann. Sie zeigt uns, dass<br />
natürliche und künstliche Formen ebenso figürlich<br />
wie nicht figürlich, symbolisch oder als »bedeutungslose«<br />
auf sich selbst verweisende Strukturen<br />
interpretiert werden können. Ihre Werke scheinen<br />
von einem Techniker gemacht zu sein, der eine<br />
Maschine aus vielen Einzelteilen wieder zusammensetzen<br />
musste. Die Künstlerin interessiert aber<br />
nicht, dass die Maschine wieder funktioniert, sondern<br />
dass sie eine neue gestalterische Qualität<br />
gewinnt. Sie muss wie der Techniker mit hoher<br />
Präzision arbeiten, um ihre gefundenen und dazu<br />
erworbenen Materialien mit optimalen »Spaltmaßen«<br />
zu verbinden. Ihre Arbeitsschritte haben<br />
dabei rekonstruierbar zu sein und dienen, wie die<br />
Perfektion, einem offenen Prozess mit dem Ziel, die<br />
»Magie der Dinge« zum Ausdruck zu bringen. Die<br />
Materialkombinationen lassen alle Einzelteile zu<br />
ihrem Recht kommen; es bildet sich der Eindruck<br />
einer »bestürzenden« Einfachheit der Konstruktion.<br />
Gerade deshalb spürt und erlebt man die ausdifferenzierten<br />
plastischen Einzelvolumina mit<br />
ihrer dialogischen Intensität sowie die rhythmischen<br />
Bewegungen der seriellen, manchmal symmetrischen<br />
Ordnungen und ihre Spannung zu den<br />
in sich ruhenden Materialien – das Prinzip einer<br />
»balance of power« wird sichtbar.<br />
Jedes Objekt besitzt aber ebenso eine zeitliche<br />
Dimension. Die Verzahnung von alten und neuen<br />
Materialien suggeriert, dass die einzelnen Teile<br />
eine Geschichte haben können – die Geschichte<br />
ihres verlorenen Gebrauchswertes, in der durch<br />
eine Reanimation und eine Metamorphose Vergangenheit<br />
und Gegenwart verschmelzen. Auf<br />
diese Weise beschwört Sabine Albers den Mythos<br />
der Technik, den sie gleichzeitig konstruiert und<br />
dekonstruiert, d.h. sie hinterfragt ihn zugleich<br />
poetisch und unsentimental.<br />
Hans-Joachim Manske