01/2012 - Blickpunkt Heidelberg
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04 I Freitag, 19. Oktober 2<strong>01</strong>2<br />
Von Michaela Schmittberg<br />
Das blonde Haar von Hanna<br />
Schleicher flattert im Wind,<br />
als sie durch das Marstalltor<br />
stürmt. „Mein Bus war zu spät!<br />
Dabei hatte ich alles genau geplant!“<br />
Eine Stunde dauert die<br />
Busfahrt von Schwetzingen,<br />
wo Hanna wohnt, nach <strong>Heidelberg</strong>,<br />
wo sie jetzt studiert.<br />
„Morgen sagen sie uns, in<br />
welche Kurse wir gekommen<br />
sind. Ich hoffe, ich habe das<br />
späte Proseminar gekriegt, ich<br />
bin echt keine Frühaufsteherin!“<br />
Das Seminar heißt „Sweetness<br />
and Power“, es geht um<br />
die Kulturgeschichte des Zuckers.<br />
„Im Vorlesungsverzeichnis<br />
war aber ein Druckfehler“,<br />
erzählt Hanna und grinst,<br />
„dort hieß es Sweatness, da hab<br />
ich mich gefragt, wer denn ein<br />
Seminar zum Thema Schwitzen<br />
hält.“<br />
Geschichte und Deutsch will<br />
Hanna studieren, dabei hatte<br />
sie es früher eher mit den Naturwissenschaften.„Astronomie<br />
oder Chemie, beides wollte<br />
ich mal machen. Ich war<br />
aber nie eine, die sich nur für<br />
eine Sache interessiert.“ Und<br />
so wurde in der Oberstufe<br />
doch Geschichte ihr Lieblingsfach.<br />
„Und in Deutsch habe ich<br />
die Lektüren geliebt. Dass man<br />
so viel diskutieren konnte! Da<br />
hab ich mir gedacht: Das fehlt<br />
mir in den Naturwissenschaften.“<br />
Also kaufte sie sich einen<br />
Haufen Reclam-Bücher und bewarb<br />
sich bei insgesamt sieben<br />
Unis. Als dann die Zusagen<br />
kamen, kam sie ins Grübeln.<br />
„<strong>Heidelberg</strong> verlangt viel. An<br />
anderen Unis muss man kein<br />
Mittelhochdeutsch lernen,<br />
wenn man Deutsch auf Lehramt<br />
studiert.“ Obwohl Hanna<br />
klar ist, dass das mehr Arbeit<br />
für sie bedeutet, sieht sie den<br />
hohen Anspruch positiv. „Das<br />
lohnt sich nachher. Dass ich<br />
das Latinum nachholen muss,<br />
finde ich auch gut. Ich glaube,<br />
dass mir das ein ganz anderes<br />
Sprachgefühl geben wird.“ Natürlich<br />
ist ihr bewusst, dass die<br />
Universität <strong>Heidelberg</strong> einen<br />
gewissen Ruf hat. „Wer hier<br />
studiert, hat nachher bei der<br />
Jobsuche sicher einen Vorteil.“<br />
Hanna kennt <strong>Heidelberg</strong><br />
schon seit ihrer Kindheit.<br />
Wenn man in Schwetzingen<br />
aufwächst, bleibt das nicht aus.<br />
„Auch letztes Jahr war ich hier<br />
wieder auf dem Weihnachtsmarkt.<br />
<strong>Heidelberg</strong> ist so urig!“<br />
Wunderschön findet sie die<br />
Altstadt: „Das klingt jetzt vielleicht<br />
kitschig, aber ich bin gestern<br />
raus aus der Neuen Uni<br />
und die Sonne hat geschienen<br />
und da hab ich gedacht: Ach,<br />
jetzt weiß ich, warum ich in<br />
<strong>Heidelberg</strong> studiere!“<br />
Natürlich habe eine Campus-Uni<br />
auch ihre Vorteile,<br />
sagt Hanna, aber es sei schon<br />
etwas ganz Besonderes, dass<br />
die Institute hier überall verteilt<br />
lägen. Das Germanistische<br />
Institut hat Schlossblick.<br />
„In Mannheim ist die Uni im<br />
Schloss selbst und das ist auch<br />
REPORTAGE<br />
Traumkulisse für den neuen Lebensabschnitt<br />
Studienanfängerin Hanna fühlt sich an der Uni schon richtig wohl<br />
ganz schön. Aber dann kommt<br />
man raus und direkt gegenüber<br />
ist dieses hässliche graue<br />
Gebäude gegenüber.“<br />
Hier läuft man<br />
zwischen begeisterten<br />
Touristen von einer<br />
Veranstaltung<br />
zur nächsten. Allerdings<br />
sind die Wege<br />
manchmal doch recht lang.<br />
„Ich mache so kleine Schritte!<br />
Ich brauche überall hin viel<br />
länger als andere Leute.“<br />
Obwohl Hanna die Stadt<br />
schon so lange kennt, ist doch<br />
im Grunde alles ganz neu für<br />
sie, sagt sie. „Als ich zu den<br />
Ersti-Veranstaltungen gefahren<br />
bin, habe ich keinen gekannt.<br />
Ich war schon ziemlich<br />
aufgeregt. Ich wusste schließlich<br />
nicht, was mich erwartet.“<br />
Das Germanistische Institut<br />
bot zwei Ersti-Tage vor Studienbeginn<br />
an. Es gab eine Stadtführung,<br />
Tipps für Bars und<br />
„Wer hier<br />
studiert, hat bei<br />
der Jobsuche<br />
sicher Vorteile.“<br />
billiges Essen und jeder konnte<br />
Fragen stellen. „Da war noch<br />
alles gut“, erzählt Hanna, „aber<br />
nach dem Mittagessen<br />
wurden<br />
uns dann erklärt,<br />
was wir alles machen<br />
müssen.<br />
Das waren so unglaublichviele<br />
Informationen!<br />
Kursbuchung im Internet, die<br />
Studienordnung – das war so<br />
verwirrend! Danach hab ich<br />
erst mal ein bisschen geheult.“<br />
Am zweiten Tag war dann alles<br />
schon viel besser. Die Professoren<br />
und Dozenten des Germanistischen<br />
Instituts stellten<br />
sich vor. „Ich dachte, alle<br />
Professoren, vor allem in den<br />
Geisteswissenschaften, seien<br />
wirklich alte Männer mit weißen<br />
Haaren. Aber die meisten,<br />
die uns da was erzählt haben,<br />
waren jung und so motiviert!<br />
Da war ich echt erleichtert. Alles<br />
war so normal!“<br />
Ein Plausch mit Kommilitonen vor der Neuen Uni – So viel Zeit muss sein.