familien - Evangelische Gemeinde zu Düren
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2 SCHWERPUNKT<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>, Dez. 2008 / Jan. 2009<br />
Jakobs Weg in eine neue Familie<br />
Das Leben des kleinen Jakob*<br />
vor der Vermittlung . . .<br />
Jakob war 2 ½ Jahre alt, als der Pflegekinderdienst<br />
des Diakonischen Werkes<br />
der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>Düren</strong> mit der Vermittlung des Jungen<br />
in eine Pflegefamilie beauftragt wurde.<br />
Seit geraumer Zeit lebte er in einer<br />
Bereitschaftspflegestelle, da vor einer<br />
endgültigen Unterbringung in Dauerpflege<br />
die Entscheidung des Familiengerichtes<br />
über den <strong>zu</strong>künftigen Verbleib<br />
von Jakob noch ab<strong>zu</strong>warten war.<br />
Als dann durch Gerichtsbeschluss entschieden<br />
wurde, dass Jakob nicht<br />
mehr <strong>zu</strong> seiner leiblichen Mutter <strong>zu</strong>rückkehren<br />
sollte, galt es, für ihn eine<br />
neue Familie auf Dauer <strong>zu</strong> suchen.<br />
. . . bei der leiblichen Mutter<br />
Jakobs Leben war bis <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt<br />
sehr unruhig verlaufen. Seine<br />
Eltern waren beide drogenabhängig.<br />
Jakob lebte mit seiner Mutter alleine.<br />
Diese hatte schon mehrfach versucht,<br />
der zerstörerischen Sucht Herr <strong>zu</strong> werden.<br />
Doch jedes Mal war sie wieder<br />
rückfällig geworden, mit all den negativen<br />
Auswirkungen für sich und für<br />
Jakob. In Folge ihrer Suchterkrankung<br />
war sie nicht in der Lage, die im Rahmen<br />
von Hilfe <strong>zu</strong>r Erziehung installierten<br />
ambulanten Hilfsangebote des<br />
Jugendamtes über eine längeren Zeitraum<br />
wahr<strong>zu</strong>nehmen.<br />
. . . auf der Sraße<br />
Jakob verbrachte die meiste Zeit mit<br />
seiner Mutter auf der Straße, wenn<br />
diese sich mit anderen Drogen- oder<br />
Alkoholabhängigen oft für viele Stunden<br />
des Tages an bestimmten Treffpunkten<br />
aufhielt. Mitunter nahmen ihn<br />
seine Mutter oder beide Elternteile<br />
sogar des nachts auf ihren Streifzügen<br />
durch die Stadt mit.<br />
. . . <strong>zu</strong>sammen mit beiden Eltern<br />
War der Vater <strong>zu</strong> Hause <strong>zu</strong> Besuch,<br />
kam es häufig <strong>zu</strong> heftigen Streitereien.<br />
Zunehmend mehrten sich von Seiten<br />
der Nachbarschaft bei Polizei und Jugendamt<br />
die Meldungen über massive<br />
Gewaltausschreitungen zwischen den<br />
Eltern. Ob Jakob nur Zeuge dieser<br />
Szenen war oder auch Opfer, blieb im<br />
Unklaren. Klar war jedoch, dass diese<br />
meist nächtlichen Eskalationen, bei<br />
denen er einige Male unter Einsatz<br />
von Polizei für kurze Zeit aus der Familie<br />
genommen wurde, den Jungen<br />
tief verunsicherten und verängstigten.<br />
. . . zwischen Großeltern und Mutter<br />
Eine Zeitlang wechselte sein Verbleib<br />
zwischen seiner Mutter, seinen Großeltern<br />
und einer vom Jugendamt eingesetzten<br />
Tagesmutter. Häufig war er<br />
für Tage oder Wochen bei seinen<br />
Großeltern untergebracht, meist dann,<br />
wenn die Mutter auf Grund ihrer<br />
Suchterkrankung die Versorgung des<br />
Kindes nicht mehr gewährleisten<br />
konnte. Danach holte sie Jakob jedoch<br />
immer wieder <strong>zu</strong> sich nach Hause <strong>zu</strong>rück.<br />
Bis <strong>zu</strong> dem Tag, an dem sie Jakob<br />
nicht mehr bei den Großeltern<br />
abholte und ihr eigener Aufenthalt über<br />
Monate vollkommen unbekannt<br />
war.<br />
Jakob war mittlerweile 2 ½ Jahre alt.<br />
Er war ein extrem unruhiges Kind.<br />
Seine Entwicklung war auf Grund seiner<br />
Lebensgeschichte in vielen Bereichen<br />
nicht altersgemäß. Besonders im<br />
motorischen und sprachlichen Bereich<br />
hatte er viele Defizite. War Jakob<br />
Stresssituationen ausgesetzt, schlug er<br />
seinen Kopf heftig gegen die Wand<br />
oder gegen andere Gegenstände.<br />
Jakobs Großeltern fühlten sich auf<br />
Grund ihres Alters den Anforderungen<br />
ihres sehr agilen und schwierigen Enkels<br />
auf Dauer nicht mehr gewachsen.<br />
Eine Unterbringung bei Jakobs Vater<br />
schied auf Grund der starken Drogenproblematik<br />
ebenfalls aus. Zudem war<br />
der Vater phasenweise ohne festen<br />
Wohnsitz. Für Jakob wurde eine neue<br />
Familie gesucht.<br />
Die leiblichen Eltern nach Jakobs<br />
Vermittlung<br />
Jakobs leibliche Mutter war lange Monate<br />
inhaftiert. Seit einiger Zeit ist sie<br />
aus der Haft entlassen. Nach langen<br />
Gesprächen mit der <strong>zu</strong>ständigen Mit-<br />
arbeiterin des Diakonischen Werkes<br />
hat sie sich, entgegen ihren eigenen<br />
Wünschen und Hoffnungen, entschlossen,<br />
auf Besuchskontakte mit<br />
Jakob <strong>zu</strong> verzichten, um ihm nicht<br />
erneut <strong>zu</strong> verunsichern. Sie wollte Jakob<br />
die Möglichkeit einräumen, in<br />
einer neuen Familie die Geborgenheit<br />
und Sicherheit <strong>zu</strong> finden, die er für<br />
eine gesunde Entwicklung braucht<br />
und die sie selbst ihm nicht geben<br />
konnte. An der Entwicklung von Jakob<br />
nimmt sie über die Briefe der<br />
Pflegeeltern und über die Schilderungen<br />
unseres Fachdienstes teil. Wenn<br />
Jakob eines Tages seine Mutter wiedersehen<br />
möchte, wird dies unter Begleitung<br />
und Beratung des Pflegekinderdienstes<br />
in die Wege geleitet werden.<br />
Es ist jedoch der Wunsch der<br />
leiblichen Mutter, dass der Junge den<br />
Zeitpunkt selbst bestimmt.<br />
Jakobs Vater hat sich bisher nicht<br />
mehr nach seinem Sohn erkundigt.<br />
In der neuen Familie<br />
Heute lebt Jakob schon 2 ½ Jahre in<br />
seiner Pflegefamilie. Durch die liebevolle<br />
Unterstüt<strong>zu</strong>ng seiner Pflegeeltern<br />
sind viele Ängste und Probleme,<br />
deren Ursprung in den Erlebnissen<br />
seiner ersten beiden Lebensjahre <strong>zu</strong><br />
finden sind, in den Hintergrund getreten<br />
und tauchen nur noch selten auf.<br />
Lange Zeit war tief in ihm die Angst<br />
verwurzelt, seiner neuen Familie<br />
plötzlich wieder entrissen <strong>zu</strong> werden.<br />
Wenn es unerwartet an der Tür klingelte,<br />
waren Jakobs erste Gedanken,<br />
dass er „abgeholt“ werden könnte und<br />
dann bat er seine Pflegemutter inständig,<br />
die Tür nicht <strong>zu</strong> öffnen. Das sind<br />
Momente, in denen er viel Nähe und<br />
Geborgenheit braucht, um sicher <strong>zu</strong><br />
sein, dass er in dieser Familie für immer<br />
bleiben kann.<br />
Ein Photo seiner leiblichen Mutter<br />
hängt unter anderen Familienbildern an<br />
der Wand. Jakob schenkte dem Bild<br />
bisher keine Beachtung. Zu schmerzhaft<br />
scheint im Augenblick noch die<br />
Erinnerung <strong>zu</strong> sein. Aber eine Frage<br />
hat der Junge schon des öfteren ge-