familien - Evangelische Gemeinde zu Düren
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4<br />
SCHWERPUNKT<br />
Das Leben mit Jakob empfinden ich<br />
und meine Familie als Bereicherung.<br />
Natürlich gibt es auch Tage, an denen<br />
wir am Abend geschafft sind, weil<br />
Jakob ständig in Bewegung ist und<br />
mich auch sonst ganz schön fordert.<br />
Besonders anstrengend war es, als er<br />
erst eine kurze Zeit bei uns lebte. Da<br />
zeigten sich seine tiefen Verlet<strong>zu</strong>ngen<br />
in heftigen Wutausbrüchen, bei denen<br />
Gegenstände flogen und Türen knallten.<br />
Aber wir wussten, dass seine Wut<br />
einen Platz und Ausdruck brauchte,<br />
um das Erlebte <strong>zu</strong> verarbeiten.<br />
Hart war es mit an<strong>zu</strong>sehen, wenn er in<br />
solchen Situationen mit dem Kopf<br />
gegen Wand oder Schränke schlug<br />
und wir es nicht schnell genug verhindern<br />
konnten. Diese Phasen liegen<br />
<strong>zu</strong>m Glück hinter uns. Geholfen hat<br />
hier auch sicherlich die verhaltenstherapeutische<br />
Unterstüt<strong>zu</strong>ng, die er einmal<br />
wöchentlich im Kindergarten<br />
durch die Frühförderstelle erhält. Installiert<br />
wurde dies, da er am Anfang<br />
seiner Kindergartenzeit die anderen<br />
Kinder häufig und heftig schlug.<br />
Seit einiger Zeit hat sich sein Verhalten<br />
größtenteils geändert und er hat<br />
sowohl im Kindergarten wie auch in<br />
der Nachbarschaft Freunde gefunden.<br />
Hierüber ist Jakob sehr glücklich und<br />
wir auch.<br />
Wenn Sie mich fragen, welche Erwartungen<br />
ich vor der Vermittlung hatte,<br />
muss ich Ihnen sagen: keine! Erwartungen<br />
ist der falsche Begriff. Mit Erwartungen<br />
verbinde ich, dass ich dem<br />
Kind dann meine Vorstellungen überstülpe<br />
wie es sein sollte. Dieser Begriff<br />
ist schwer und erdrückend. Das<br />
kann zwangsläufig nur für alle Beteiligten<br />
<strong>zu</strong>r Enttäuschung führen.<br />
Ich habe Hoffnungen und auch Wünsche,<br />
sowohl für mich wie auch für<br />
Jakob. Die Wünsche, die mich betreffen<br />
sind und waren in erster Linie die,<br />
mit Kindern leben <strong>zu</strong> wollen. Die<br />
Wünsche und Hoffnungen, die ich für<br />
Jakob habe sind, ihm trotz allem Erlebtem,<br />
ein Stück Freude am Leben <strong>zu</strong><br />
vermitteln und ihm auf<strong>zu</strong>zeigen, wie<br />
dies geht.<br />
Natürlich mache ich mir auch Sorgen.<br />
Manchmal sorge ich mich, dass er seine<br />
Vergangenheit nicht bewältigen<br />
kann. Ich weiß, dass ich trotz allem,<br />
was ich nach bestem Wissen und mit<br />
all meinen Möglichkeiten für ihn tue,<br />
ihm seine Vergangenheit nicht abnehmen<br />
kann. Ich möchte jedoch seine<br />
Lebensschubladen so gut wie nur<br />
möglich füllen, dass er später daraus<br />
schöpfen kann. Auf keinen Fall erwarte<br />
ich von ihm Dankbarkeit.<br />
Es war schon von Jugend an meine<br />
Vorstellung, mehrere Kinder <strong>zu</strong> haben.<br />
Da ich meine eigenen Kindern<br />
ziemlich früh bekommen habe, war<br />
auf Grund der persönlichen Situation<br />
erst einmal Schluss mit zwei Kindern.<br />
Als dann mein erster Mann starb, hatte<br />
sich meine Vorstellung von fünf Kindern<br />
mittlerweile als alleinerziehende<br />
Mutter erübrigt.<br />
Jahre später in einer neuen Partnerschaft<br />
tauchte dieser Wunsch wieder<br />
auf. Aber es mussten keine eigenen<br />
Kinder mehr sein. Mein Partner und<br />
ich wollten ganz einfach unser Leben<br />
noch einmal mit Kindern leben.<br />
Meine eigenen Kinder sind mittlerweile<br />
erwachsen. In dieser Lebensphase,<br />
das heißt mit Mitte vierzig, mit jüngeren<br />
Kindern <strong>zu</strong> leben, ist anders als<br />
das Leben als junge Mutter. Ich selbst<br />
bin klarer und gelassener. Ich brauche<br />
keine Ansprüche, die von außen an<br />
mich gestellt werden, in punkto Erziehung<br />
mehr <strong>zu</strong> erfüllen. Von daher ist<br />
es trotz vieler Schwierigkeiten entspannter.<br />
Zudem erhalten wir hier im Diakonischen<br />
Werk von Seiten der Fachkräfte<br />
jegliche Unterstüt<strong>zu</strong>ng, die wir brauchen.<br />
Das ist meines Erachtens ganz<br />
<strong>Evangelische</strong> <strong>Gemeinde</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düren</strong>, Dez. 2008 / Jan. 2009<br />
Mit Jakob leben als neue Familie<br />
Jakobs Pflegemutter berichtet<br />
Rita Pütz-Pilger, Leiterin des Adoptions–<br />
und Pflegekinderdienstes der<br />
<strong>Evangelische</strong>n <strong>Gemeinde</strong>, sprach mit<br />
Jakobs Pflegemutter über deren Zusammenleben<br />
mit Jakob:<br />
wichtig, dass Pflegeltern sich von vorne<br />
herein alle Hilfen und Unterstüt<strong>zu</strong>ngen<br />
holen, die möglich sind. Vom<br />
ersten Gespräch an haben mein Partner<br />
und ich uns beim Diakonischen Werk<br />
gut aufgehoben gefühlt. Von daher<br />
haben wir den Mut gefunden, noch ein<br />
weiteres Kind bei uns auf<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Was ich abschließend noch sagen<br />
möchte: man muss die leiblichen Eltern,<br />
nach allem was sie diesen Kindern<br />
vielleicht angetan haben, nicht<br />
lieben oder mögen. Aber man muss sie<br />
achten, weil sie diesen Kindern das<br />
Leben geschenkt haben. Und man<br />
muss diese Kinder lieben und achten,<br />
so sehr sie vielleicht auch in manchen<br />
Momenten an die leiblichen Eltern<br />
erinnern. Wir, mein Partner und ich,<br />
haben bisher noch keine Minute bereut,<br />
unser Leben mit diesen „unseren“<br />
Kindern <strong>zu</strong> leben.<br />
Gesprächsprotokoll:<br />
R. Pütz-Pilger<br />
INFORMATION<br />
UND KONTAKT<br />
> monatlicher Gesprächskreis<br />
für Pflegeeltern unter Lei-<br />
tung einer Fachkraft<br />
> mehrere Fortbildungsveran-<br />
staltungen im Jahr<br />
> Familienausflug und einzelne<br />
Treffen von Pflege– und<br />
Adoptiveltern<br />
Bei Fragen bezüglich der Aufnahme<br />
eines Kindes, ob für kurze Zeit<br />
oder auf Dauer, wenden Sie sich<br />
bitte an die Sekretariate des Diakonischen<br />
Werkes unter den Rufnummern:<br />
02421-188/123 (vormittags)<br />
02421/188-130 (nachmittags)<br />
Oder vereinbaren Sie einen Gesprächstermin<br />
mit Frau Rita Pütz-<br />
Pilger unter den angegebenen Telefonnummern.