“stadtfloh†mal anders - BICK Magazin. Mensch, Berlin
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VERLEGER AUS LEIDENSCHAFT<br />
WOLFGANG VON POLENTZ<br />
„Warum wedeln die Hunde mit dem<br />
Schwanz?“ fragt Wolfgang von Polentz<br />
zur Begrüßung und führt in seine Bibliothek.<br />
Er weist auf zwei gemütliche<br />
Sessel und nimmt Platz. Dann vollendet<br />
der Mann, der sich da selbst zitiert, die<br />
kleine Geschichte: „Anastasius denkt<br />
sich das so: Wenn der Hund winken will,<br />
müsste er die Pfote heben. Das stört<br />
beim Laufen. Außerdem steht die Pfote<br />
auf dem Boden, da sieht ja keiner sein<br />
Winken. Der Schwanz hat nichts zu tun,<br />
und er ist oben. Also streckt ihn der<br />
Hund in die Luft und schwenkt ihn wie<br />
eine Fahne: Willkommen! Willkommen!“<br />
Mit diesen Worten deutet mein Gastgeber auf<br />
eine Tasse Kaffee. Dann lehnt er sich zurück,<br />
lässt den Blick schweifen und meint: „Willkommen<br />
auch von mir!“ In der guten Stube, die<br />
voller Bücher ist, in seinem Arbeits- und Gedankenzimmer,<br />
dem räumlichen Herzen seines<br />
Verlages, der A<strong>mal</strong>ienpresse. „Sie fragen<br />
sich, was es mit Anastasius und seinen Phantasien<br />
auf sich hat?“ Der Verleger greift nach<br />
einem Büchlein. Es heißt „Anastasius besieht<br />
die Welt – Ein Bilder-ABC aus dem Setzkasten“<br />
und ist das erste Werk des Autors, das er selber<br />
herausgebracht hat. Mit Anastasius, dem kindlichen<br />
Entdecker, betrat die keine Edition im<br />
Sommer 2007 den Marktplatz. Das Buch kombiniert<br />
Grafik und Text. „Ich bin 2006 durch Zufall<br />
auf ein altes Projekt der Kunsthochschule<br />
Weißensee gestoßen. Mein lieber Kollege Hans-<br />
Joachim Schauß schuf vor etwa dreißig Jahren<br />
zusammen mit seinen Studenten ein lustiges Bilderlotto<br />
zu den Buchstaben des Alphabets – nur<br />
aus den Formen eines Setzkastens. Da sind mir<br />
dann ein paar Geschichten dazu eingefallen,<br />
und der Rest ergab sich von selbst.“ Wolfgang<br />
von Polentz hatte genaue Vorstellungen, wie das<br />
Buch mit den Grafiken später aussehen sollte.<br />
„Die Verlage, die ich mit meinem Konzept besucht<br />
habe, winkten ab: zu aufwändig.” Also hat<br />
der entschlossene Poet kurzerhand seinen eige-<br />
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nen Verlag gegründet. Er veröffentlicht, was ihm<br />
gefällt und wovon er denkt, dass es auch andere<br />
begeistern kann. Nach dem Erstling folgten<br />
zwei Bilderbücher der polnischen Malerin Agnieszka<br />
Żelewska. Anfang Januar kam Wernher<br />
des Gärtners mittelalterliches Epos vom<br />
Raubritter Helmbrecht heraus – in neuen Versen.<br />
Ein Verbrechen aus dem Mittelalter? Wen<br />
kann das heute, nach fast tausend Jahren, noch<br />
interessieren? Der Nachdichter stellt die Frage<br />
und beantwortet sie im selben Atemzug: „Phantasie,<br />
Kühnheit und Witz des Textes lassen diesen<br />
Fall wichtig bleiben.“ Jenseits<br />
germanistischer Verstaubtheit bietet die Geschichte<br />
vom rücksichtslosen Aufsteiger Helmbrecht<br />
so ziemlich alles, was das Herz verlangt:<br />
Spannung, Tragik und Spaß. „Kunst ist eben<br />
nicht totzukriegen“, sagt der Siebzigjährige. Deswegen<br />
läuft er sich auch gern die Hacken ab, um<br />
seine Bücher zu vermarkten: „Kopf und Beine<br />
müssen in Bewegung bleiben, dann hält das<br />
Leben jeden Tag eine Überraschung bereit.“<br />
Wolfgang von Polentz ist geborener <strong>Berlin</strong>er, hat<br />
Literatur studiert und war zu DDR-Zeiten Dokumentarfilmdramaturg.<br />
Nach der Wende kamen<br />
dann neue Herausforderungen und schließlich<br />
die Selbständigkeit. „Ich habe noch eine Menge<br />
vor!“ Zum Beispiel „Sechzehn Morgengaben leibhaftiger<br />
Liebe – Erotische Gedichte quer durch<br />
die Zeiten“ oder ein Büchlein mit fünfzig Gedichten<br />
aus dem alten Vietnam. „Der Entstehungsprozess<br />
eines Buches ist überaus spannend!“<br />
meint der Jungverleger mit den vielen Jahren<br />
Redaktionserfahrung. Seine Bücher haben alle<br />
eine internationale Bestellnummer (ISBN)<br />
und können über jede Buchhandlung bezogen<br />
werden. Außerdem betreibt der Verlag eine<br />
Internetseite, über die man sich jede Veröffentlichung<br />
versandkostenfrei schicken lassen kann.<br />
„Ich freue mich über jeden Besucher!“ schmunzelt<br />
er. „Und Anastasius über jeden Leser.“<br />
Mehr Infos gibt’s im Internet unter<br />
www.a<strong>mal</strong>ienpresse.de (Bild & Text: J. Nord)<br />
bick