“stadtfloh†mal anders - BICK Magazin. Mensch, Berlin
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EXZELLENT IN DEUTSCH<br />
ZHUO STUDIERT IN PEKING UND BERLIN<br />
Die Freie Universität <strong>Berlin</strong>, an einem<br />
Freitag kurz nach 17 Uhr. Zhuo Liang hat<br />
an einem Tisch in der Cafeteria Platz genommen<br />
und lässt ihren Blick durch den<br />
großen Raum schweifen. Um sie herum<br />
sitzen Studenten beim Essen, Arbeiten<br />
oder Plauschen. Die meisten Vorlesungen<br />
sind mittlerweile zu Ende und das<br />
Wochenende naht. „Ich werde das alles<br />
vermissen!“ meint Zhuo am Anfang unseres<br />
Gespräches und lächelt - ein bisschen<br />
melancholisch: „Die Zeit hier war<br />
sehr beeindruckend und hat mein Leben<br />
geprägt.“ Sie wird bald vorüber sein,<br />
denn Anfang Oktober fliegt die junge<br />
Frau zurück in ihre Heimat, nach China.<br />
Zhuo war dann ein ganzes Jahr in Deutschland,<br />
im Rahmen eines Austauschprogramms<br />
von der Peking Universität, der besten Uni in<br />
ganz China. Die 23-jährige studiert „Internationale<br />
Beziehungen“ und wird im kommenden<br />
Jahr ihren Abschluss machen. „Ich habe im<br />
Alter von 17 Jahren mit meinem Studium an der<br />
Fremdsprachenuniversität Beijing begonnen,<br />
und zwar mit dem Bachelor Studiengang ‚Deutsche<br />
Philologie’. Da<strong>mal</strong>s wusste ich noch nicht<br />
so viel über Deutschland, fand aber die Wissenschaft<br />
von Sprache und Literatur spannend.<br />
Deutsch hat mich neugierig gemacht, auf das<br />
Land und die Leute, aber auch auf die Politik<br />
und Europa. Deswegen habe ich nach dem Bachelor<br />
Abschluss entschieden, noch den Master<br />
Studiengang ‚Internationale Beziehungen’<br />
zu absolvieren. Als dann die Chance zu einem<br />
Aufenthalt in <strong>Berlin</strong> kam, sagte ich natürlich zu.“<br />
Wie gefällt dir <strong>Berlin</strong>? Gab es einen Kulturschock<br />
bei deiner Ankunft? Zhuo lächelt:<br />
„Nein! Schließlich habe ich mich vorher vier<br />
Jahre lang mit Deutschland beschäftigt. Die<br />
erste Zeit war trotzdem nicht einfach: Ich<br />
musste mich in der Stadt und auf dem Campus<br />
zurechtfinden. <strong>Berlin</strong> ist im Vergleich zu<br />
Peking wie ein Dorf: In Peking leben 17 Millio-<br />
09<br />
nen <strong>Mensch</strong>en auf sehr engem Raum, da ist<br />
immer eine Menge los. Hier kann man viel entspannter<br />
leben, die Stadt ist schön grün und<br />
alle sind freundlich. Ich mag <strong>Berlin</strong> und genieße<br />
die Zeit hier, vor allem auch wegen der<br />
vielen kulturellen Veranstaltungen.“ Zhuo hat<br />
in den vergangenen Wochen neben ihrem Studium<br />
ein Praktikum im Bundestag absolviert:<br />
„Ich war in der SPD Fraktion und Teil der Arbeitsgruppe<br />
für europäische Angelegenheiten.<br />
Dort konnte ich einen Blick hinter die politischen<br />
Kulissen der Stadt werfen und eine<br />
Menge lernen.“ An der Uni besucht die junge<br />
Frau im Moment mehrere Seminare mit gesellschaftlichen<br />
wie auch politischen Inhalten<br />
rund um Deutschland und Europa. „Ich möchte<br />
meine Abschlussarbeit über Europäische Integration<br />
schreiben!“ erklärt Zhuo.<br />
Welche Schwierigkeiten sind dir begegnet?<br />
„Viele Leute haben große Vorurteile gegenüber<br />
China und dem politischen System. Sie wollen<br />
uns belehren und äußern ständig die unterschiedlichsten<br />
Vorwürfe. Das finde ich nicht gut:<br />
Natürlich haben wir zuhause viele Probleme.<br />
Aber die Leute vergessen immer, dass unsere<br />
Republik noch sehr jung ist. Wir wachsen mit<br />
den Herausforderungen. Die Demokratie in<br />
Deutschland hat sich auch erst über Jahrzehnte<br />
hin entwickelt. Man kann nicht über Nacht alles<br />
verändern, das würde zum Chaos führen. Außerdem<br />
möchten wir Chinesen unsere eigenen<br />
Angelegenheiten selbst bestimmen. Wir wollen<br />
uns nicht von außen drängen lassen.“<br />
Zhuo bedeutet im Chinesischen übrigens „Exzellent“<br />
– und das ist auch der Anspruch, den<br />
die junge Frau an sich sowie an ihre Arbeit hat:<br />
„Die Konkurrenz ist groß! Ich werde direkt nach<br />
meiner Rückkehr mit der Abschlussarbeit sowie<br />
der Suche nach einem Job beginnen. Vielleicht<br />
bekomme ich ja eine Stelle im politischen Bereich<br />
– das wäre toll. Auf jeden Fall werde ich in<br />
naher oder ferner Zukunft wieder nach<br />
Deutschland reisen! (Bild & Text: J. Nord)<br />
bick