Wer beherrscht die Unternehmen? Shareholder Value ... - MPIfG
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16 Kapitel 1<br />
Dieser Sachverhalt lässt sich durch folgendes Gedankenexperiment verdeutlichen:<br />
Angenommen, eine unvorhergesehene Verbesserung des Arbeitsklimas<br />
(x-Effizienz) eines <strong>Unternehmen</strong>s führe zu einem spürbaren<br />
Produktivitätsschub. Das Management entschlösse sich, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong>sen<br />
Produktivitätsschub ausgelöste zusätzliche <strong>Wer</strong>tschöpfung komplett an <strong>die</strong><br />
Beschäftigten auszuschütten. Der zusätzlichen <strong>Wer</strong>tschöpfung stünde somit<br />
kein zusätzlich geschaffener Cash-flow gegenüber. Auf den Aktienkurs des<br />
<strong>Unternehmen</strong>s hätte <strong>die</strong>ser Vorgang keinerlei Auswirkungen, denn wo weder<br />
gegenwärtige noch zukünftige, auf den Gegenwartswert diskontierte<br />
Cash-flows steigen, besteht für <strong>die</strong> Kapitalmarktteilnehmer kein Anlass, ein<br />
<strong>Unternehmen</strong> höher zu bewerten. Gleichwohl würde jeder zustimmen, dass<br />
das <strong>Unternehmen</strong> aus dem Gedankenexperiment nach dem Produktivitätsschub<br />
mehr <strong>Wer</strong>t schafft (werthaltiger, wertvoller ist) als vorher. Die Beschäftigten<br />
erzielen höhere Einkommensströme und steigern ihre Lebensqualität,<br />
wovon in der Folge andere <strong>Unternehmen</strong> der Region und <strong>die</strong> Gebietskörperschaften<br />
wegen steigender Einnahmen profitieren. Das Beispiel<br />
zeigt: Der <strong>Wer</strong>t eines <strong>Unternehmen</strong>s besteht in seiner <strong>Wer</strong>tschöpfung. Der<br />
Aktienkurs spiegelt nicht <strong>die</strong> <strong>Wer</strong>tschöpfung, sondern deren Verteilung wider<br />
(de Jong 1997). Aktionärsorientierte <strong>Unternehmen</strong>sführung zielt aber<br />
gerade nicht – wie im Lauf der Argumentation gezeigt werden wird – auf<br />
dauerhafte Steigerungen der <strong>Wer</strong>tschöpfung (zum Beispiel durch <strong>Unternehmen</strong>swachstum),<br />
sondern auf dauerhafte Steigerungen des Aktionärsnutzens,<br />
der mit den Ansprüchen, <strong>die</strong> andere Gruppen an <strong>Unternehmen</strong> richten,<br />
durchaus in Konflikt geraten kann.<br />
Das <strong>Shareholder</strong>-<strong>Value</strong>-Phänomen ist bemerkenswert, weil das deutsche<br />
Corporate-Governance-System als ein Stakeholder-System charakterisiert<br />
wurde, bei dem der Einfluss der Aktionäre durch zahlreiche Mitgestalter<br />
und Gegenkräfte eingeschränkt wird. Wenn Führungskräfte versuchen, <strong>die</strong><br />
Finanzinteressen der Aktionäre verstärkt in den Vordergrund zu rücken, liegt<br />
<strong>die</strong> Vermutung nahe, dass sich in den zugrunde liegenden Spielregeln und<br />
Kräfteverhältnissen, unter denen <strong>die</strong> am <strong>Unternehmen</strong>sgeschehen beteiligten<br />
Gruppen zusammentreffen (Corporate Governance), etwas verändert hat.<br />
Darüber hinaus lässt sich aus den Grundeinsichten der Theorien über unterschiedliche<br />
Spielarten des Kapitalismus <strong>die</strong> Hypothese ableiten, dass Veränderungen<br />
in der Corporate Governance Folgewirkungen auf andere Teilsphären<br />
von Produktionsregimen haben. Vor dem Hintergrund <strong>die</strong>ser Theorie<br />
werden nachfolgend <strong>die</strong> Forschungsfragen herausgearbeitet. Anschließend<br />
werden <strong>die</strong> Festlegungen hinsichtlich des Forschungsdesigns begründet.