Wer beherrscht die Unternehmen? Shareholder Value ... - MPIfG
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20 Kapitel 1<br />
Noch stärker als in der Forschung zu den Mehrheitsdemokratien wurde in<br />
der Neokorporatismus-Forschung immer wieder darauf hingewiesen, dass<br />
<strong>die</strong> korporatistischen Länder nicht nur gleichwertige, sondern im Vergleich<br />
zu den pluralistischen Ländern sogar bessere Ergebnisse hinsichtlich Arbeitsfrieden,<br />
Inflationsraten und Arbeitslosenquoten erwirtschafteten. 2 Allerdings<br />
zeigten sich in den achtziger Jahren Entwicklungen, <strong>die</strong> sich mit dem<br />
korporatistischen Rüstzeug immer schwerer erklären ließen. Während korporatistische<br />
Länder wie Finnland und Schweden in Schwierigkeiten gerieten,<br />
erwies sich <strong>die</strong> japanische Ökonomie als besonders erfolgreich. Von<br />
eindeutiger Überlegenheit der korporatistischen Länder konnte keine Rede<br />
mehr sein, und der ehemals lineare Zusammenhang zwischen Grad an Korporatismus<br />
und Performanz krümmte sich zu einem Buckel (»Hump-shape«-<br />
Hypothese). Länder an den Extremen der Korporatismus-Skala erwirtschafteten<br />
vergleichbar gute Ergebnisse, <strong>die</strong> dazwischen liegenden Länder schlechtere.<br />
3<br />
Mit dem wirtschaftspolitischen Wechsel vom keynesianischen zum neoklassischen<br />
Paradigma schien <strong>die</strong> Konzertierung im Sinne Lehmbruchs obsolet<br />
zu werden. In den achtziger Jahren löste sich der Fokus der politökonomischen<br />
Forschung von der gesamtwirtschaftlichen Makro-Ebene ab und<br />
wandte sich nichtpluralistischen Formen der Interessenrepräsentation –<br />
Korporatismus im Sinne Schmitters – auf sektoraler Ebene zu. Grundlegende<br />
Wechsel in Erscheinungsformen des Korporatismus, nachvollzogen in<br />
der politökonomischen Forschung, scheinen sich etwa alle zehn Jahre zu<br />
vollziehen: In den neunziger Jahren zeigten sich erneut Formen der makroökonomischen<br />
Konzertierung (Korporatismus im Sinne Lehmbruchs) in nahezu<br />
allen europäischen Ländern, <strong>die</strong>smal allerdings nicht zur Stabilisierung<br />
keynesianischer Steuerungspolitik, sondern als »Angebotskorporatismen«<br />
(Streeck 1984b) auf zentraler Ebene. Als Reaktion auf <strong>die</strong>se »sozialen Pakte«<br />
sind wiederum Arbeiten entstanden, <strong>die</strong> im Lehmbruchschen Korporatismus-Konzept<br />
wurzeln (Hassel 2000).<br />
Die Aufmerksamkeit gilt im Folgenden der Entwicklung des Korporatismus-Konzepts<br />
Schmitterscher Spielart. Schmitter (1990), Hollingsworth/<br />
2 Siehe zum Beispiel Crepaz (1992), Czada (1983), Dell’Aringa /Lodovici/Samek (1992),<br />
Schmidt (1982).<br />
3 Siehe zum Beispiel Freeman (1988), Heitger (1987), Henley/Tsakalotos (1991), Paloheimo<br />
(1990). Ursprünglich bezog sich <strong>die</strong> These eines kurvenförmigen Zusammenhangs zur<br />
wirtschaftlichen Performanz nicht auf den Korporatismus, sondern auf den Zentralisierungsgrad<br />
des Lohnaushandlungssystems (Calmfors/Driffil 1988), wurde aber auf Korporatismus<br />
im engeren Sinne übertragen.