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Dolmetschpool /<br />
muttersprachliche Begleitung<br />
Ein Schreckensszenario, das sich im Juli 2004 leider tatsächlich abgespielt<br />
hat: Eine türkische Staatsangehörige kommt im sechsten Monat ihrer<br />
Schwangerschaft wegen Schwangerschaftskomplikationen in die Frauenklinik<br />
des Grazer Landeskrankenhauses und wird stationär aufgenommen.<br />
Eines Abends verspürt die Patientin Schmerzen und meldet dies einer Krankenschwester.<br />
Diese bringt sie in den Kreißsaal. Als die Patientin sieht, dass<br />
das Krankenhauspersonal sie für die Entbindung vorbereitet, versucht sie,<br />
so gut es mit ihren spärlichen Deutschkenntnissen gelingt, zu erklären,<br />
dass der Geburtstermin noch lange nicht da ist. Das Personal ignoriert<br />
alle Einwände und leitet die Entbindung ein. Nicht einmal die Datentafel<br />
wird konsultiert, um nähere Informationen über die Krankengeschichte zu<br />
bekommen. Die Patientin wird zwangsentbunden. Das entbundene Kind<br />
wird als Folge der Frühgeburt bleibende Schäden haben. Die Mutter leidet<br />
seither an den Folgen dieses traumatischen Erlebnisses. Wäre der Patientin<br />
und dem Krankenhauspersonal eine Dolmetscherin oder muttersprachliche<br />
Begleitperson zur Verfügung gestanden, hätte diese folgenreiche Fehlbehandlung<br />
vermieden werden können.<br />
Aus diesem skandalösen Vorfall muss man den Schluss ziehen, dass<br />
öffentliche Einrichtungen, insbesondere solche des Gesundheitsbereichs,<br />
ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht in geeignetem Maß<br />
zur Verfügung stehen.<br />
OMEGA hat bereits 1997 das Projekt „muttersprachliche Begleitung“<br />
ins Leben gerufen. Ziel dieses Projekts ist es, (noch) nicht oder schlecht<br />
deutsch sprechenden Menschen die Kommunikation mit den öffentlichen<br />
Einrichtungen unseres Landes und den Zugang zu deren Leistungen zu erleichtern.<br />
Abdesalam Mahmoudi,<br />
Leiter des Dolmetschpools von OMEGA, bei<br />
einem Vortrag im Flüchtlingsheim Griesplatz.<br />
Im „Dolmetschpool“, der laufend<br />
ergänzt und aktualisiert wird, sind<br />
derzeit 150 Dolmetscherinnen und<br />
Dolmetscher erfasst. Im Bedarfsfall<br />
stehen sie für 43 verschiedene<br />
Sprachen zur Verfügung. 2004 hatten<br />
sie mehr als 500 Einsätze bei verschiedenen<br />
Einrichtungen (Krankenhäuser,<br />
Schulen, Ämter, Behörden<br />
und Ärzte). Besonders die Zahl der<br />
Einsätze bei den Schulen, Ärzten<br />
und Krankenhäusern ist sprunghaft<br />
gestiegen.<br />
Trotz der enormen Steigerung<br />
der Nachfrage in diesem Bereich,<br />
wurden die Finanzmittel des Dolmetschpools<br />
gekürzt. Sollten die<br />
Subventionen durch die zuständigen<br />
Stellen (Stadt Graz und Steiermärkische<br />
Landesregierung) nicht<br />
erhöht werden, können die Dienstleistungen<br />
des Dolmetschpools nicht<br />
mehr angeboten werden.<br />
Um die Professionalität der Dolmetscherinnen<br />
und Dolmetscher<br />
zu steigern und zu sichern, wurde<br />
von OMEGA und anderen Organisationen<br />
(Zebra, ISOP, Danaida und VS<br />
St. Andrä) in Zusammenarbeit mit<br />
dem Institut für Theoretische und<br />
Angewandte Translationswissenschaften<br />
der Karl-Franzens Universität<br />
2001 ein Hochschullehrgang<br />
für KommunaldolmetscherInnen<br />
ausgearbeitet. Dieser Lehrgang dauert<br />
4 Semester und startete im Sommersemester<br />
2004. Derzeit nehmen<br />
24 Personen an dieser Ausbildung<br />
teil.<br />
Abdesalam Mahmoudi<br />
OMEGA ´04 5 *