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Mitteilungen der Freien Waldorfschule Stade

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Einschulung<br />

Wann bekomme ich<br />

meine Schultüte?<br />

Der große Tag naht. Die Vorboten kündigten<br />

sich schon früh an. Am letzten Kin<strong>der</strong>gartentag<br />

flossen die Tränen und unserem Sohn<br />

fiel <strong>der</strong> Abschied schwer. Er wußte, nun<br />

kommt etwas an<strong>der</strong>es. Aber was ist das?<br />

„Wann stehe ich auf?“ „Ich will rechnen lernen.“<br />

„Kann ich dann auch Papas Namen<br />

schreiben?“ Fragen, Gedanken, Neugierde<br />

und Freude, dann auch ein Großer zu sein.<br />

Natürlich konnte er am Vorabend nicht<br />

einschlafen, und am Samstagfrüh hatte er als<br />

erster die Augen auf und war in rekordverdächtiger<br />

Zeit angezogen. Alles dauerte ihm<br />

zu lange. Wir haben es gerade so geschafft in<br />

den Saal zu kommen. Fast alle Stühle waren<br />

besetzt. Der Saal summte und die Luft vibrierte<br />

vor Erwartung und Freude. Überall sah<br />

man Eltern und Großeltern sitzen mit wun<strong>der</strong>schönen<br />

Schultüten ...<br />

Die Schultüte!!! Sie lag zu Hause, gut versteckt,<br />

damit unser Sohn sie nicht vorher finden<br />

konnte. Ich hatte es so verstanden, daß<br />

die Schultüte eine „private Sache“ sei und<br />

nicht mit in die Schule gehört. Tja, und die<br />

erste Frage unseres Sohnes war natürlich:<br />

„Wann bekomme ich meine Schultüte?“<br />

Mein Mann und ich guckten uns nur an.<br />

„Hast du nicht?“ „Nein hab ich nicht.“ „Ich<br />

fahre nachher und hole sie.“<br />

Stillsitzen war schwer in dieser Situation<br />

und so stellten wir uns an die Seite und konnten<br />

dadurch auch das tolle Spiel <strong>der</strong> nun zweiten<br />

Klasse genießen. Körperkontakt o<strong>der</strong> gar<br />

Handhalten war für unseren Sohn in diesem<br />

Moment etwas, das er nicht wollte. Er suchte<br />

den Blickkontakt und den Austausch übers<br />

Reden.<br />

Plötzlich verän<strong>der</strong>te sich die Stimmung<br />

8<br />

und die Lautstärke im Saal. Unser Sohn setzte<br />

sich die Schultasche auf, streckte sich und<br />

schaute erwartungsvoll nach vorne. Sein<br />

Name wurde aufgerufen und er ging los –<br />

ohne zu Zögern, ohne sich umzudrehen. Er<br />

begann seinen Weg. Ich habe diesen Moment<br />

sehr bewußt wahrgenommen – dieses Gefühl<br />

des Loslassens meinerseits und des Losgehens<br />

unseres Sohnes.<br />

Alle Kin<strong>der</strong> unserer ersten Klasse sind alleine<br />

losgegangen. Die einen forsch, die an<strong>der</strong>en<br />

aufrecht, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e zögerlich, einige gingen<br />

über die Treppe, an<strong>der</strong>e über die Bühne.<br />

Aber alle gingen bewußt los, übereichten ihrer<br />

Lehrerin Frau Schwerd ihre Sonnenblume<br />

und setzten sich. Beim Erzählen des Märchens<br />

konnte man gut sehen, wer sich ablenken<br />

läßt, wer versucht zuzuhören und wie sie mit<br />

dieser neuen Situation umgehen. Unsere<br />

Kin<strong>der</strong> verließen Hand in Hand den Saal, hier<br />

ein Blick, da ein Zuruf und machten sich auf,<br />

ihr neues Reich zu erkunden.<br />

Wir Zurückgebliebenen hatten die Möglichkeit<br />

uns beim Imbiß auszutauschen – eine<br />

Dreiviertelstunde Zeit, es könnte gerade reichen<br />

die Schultüte zu holen – als die Kin<strong>der</strong><br />

aus ihrer ersten Schulstunde zurückkehrten<br />

sah man teils Unsicherheit, teils strahlende<br />

Augen. Ich gehe jetzt wirklich zur Schule. In<br />

all dem Gewusel und Gewimmel wurde zum<br />

Gemeinschaftsbild gebeten. Zum Klassenfoto<br />

war unsere Schultüte da.<br />

Es war eine sehr schöne Feier, die unseren<br />

Kin<strong>der</strong>n das Gefühl <strong>der</strong> Gemeinschaft vermittelt<br />

hat. Ich wünsche allen Kin<strong>der</strong>n, ihren<br />

Eltern und Frau Schwerd eine Zeit in <strong>der</strong> sie<br />

miteinan<strong>der</strong> wachsen und sich gegenseitig helfen<br />

können. SABINE BLOCK

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