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Sonne, Spiegel, Lebensbaum.pdf - Dr. Michael Sturm-Berger

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und "aus schlechtem Denken" - in Frage gestellt 19 . Es fällt auf, daß in den Gathas großer Nachdruck<br />

auf die Bekämpfung von Lüge (druj) und 'Mordgrimm' (aêšma) gelegt wurde, worunter offenbar<br />

falsche Ethik und falscher Kult zu verstehen waren, unter letzterem vor allem auch die Rinderopfer.<br />

Weitere Kampfbegriffe der Gathas waren Hochmut (tar e mati oder parimati) und Mißherrschaft<br />

(dušhšathra). Die Verurteilung der daêvas erscheint stets in diesen Zusammenhängen. Direkte Forderungen<br />

nach Verehrung nur eines einzigen Gottes kann man in den Gathas zwar nicht finden, jedoch<br />

war Ahura Mazdâ nun mit allen positiven Eigenschaften der daêvas verbunden, so daß für die<br />

letzteren nur Nachteiliges übrigblieb. Schon im Rgveda ist - umgekehrt zur iranischen Entwicklung -<br />

zu beobachten, daß die ásuras allmählich in die Rolle von Dämonen abglitten, während die dêvas (z.<br />

B. Indra, Surva und Agni) wieder Hauptziele religiöser Verehrung wurden. Man führt dies auf die<br />

Herausbildung und den Aufstieg der Priesterklasse zurück, welcher die von Opfer und Ritual unabhängigen<br />

ásuras möglicherweise ein Dorn im Auge waren 20 . In diesem Zusammenhang ist auch eine<br />

negative Rückkopplung zwischen Indien und Iran in spätvedischer Zeit von Helmut Humbach zur<br />

Diskussion gestellt worden.<br />

8. Andererseits finden wir Ahura Mazdâ nun bezeichnet als Vater und Schöpfer des Guten Denkens,<br />

des Wahrseins, des Heilvollen Geistes und der Ergebenheit 21 , was später Anlaß zu Genealogie-<br />

Bildungen gegeben hat. Darüber hinaus steht Ahura Mazdâ in völligem Einklang mit Seinen geistigen<br />

Schöpfungen 22 . Demgegenüber wirkt die Anrufung der Erde und der Gewässer im YH 38 selt-<br />

sam naturreligiös, es sei denn, daß man diese als bildhafte Ausdrücke auffassen würde: Wasser z. B.<br />

als Symbol für Lebensspendung und Reinheit. Letztere hat im späteren Parsismus, besonders für die<br />

Priester, eine große Rolle gespielt. Solche bildhafte Auffassung ist insofern möglich, weil im YH<br />

39,1-3 sogar die Seelen der Nutztiere und Gläubigen in die Verehrung einbezogen werden, welche<br />

sich schwerlich selbst als Gottheiten angesehen haben dürften.<br />

Die Rolle Zarathustras als Stellvertreter Ahura Mazdâs in der stofflichen Welt findet man zwar erst<br />

im jüngeren Avesta 23 , wohl aber kommt Ihm in den Gathas die Verkündung von Willen und Absich-<br />

ten Seines Gottes zu.<br />

9. Die dritte Gatha enthält die Verkündigung von den "beiden ersten Geistern, welche als Zwillinge<br />

durch einen Traum (h v afna; oder: h v afnâ 'zwei Träume') vernommen wurden", nämlich "im Denken,<br />

Reden, Handeln das Bessere und das Schlechte" 24 .<br />

Stanley Inslers neuere Lesung als h v af e nâ, was er als 'Konflikt, Streit' übersetzte 25 , hat wenig An-<br />

klang gefunden und braucht hier nicht in den Mittelpunkt gestellt werden.<br />

Geht man also von wenigstens einer Audition des Stifterpropheten aus, die sehr wahrscheinlich im<br />

Traum stattfand, dann wurde diese von den Anhängern Zarathustras spätestens seit der Achämenidenzeit<br />

mythologisch aufgefaßt und gedeutet, obwohl die beiden dort aufgetretenen Wesenheiten<br />

anscheinend keine indo-iranischen Vorläufer hatten. Auch heute wird bei der Behandlung dieses<br />

Textes der Tatsache kaum Rechnung getragen, daß im Traum Elemente des Unbewußten personifi-<br />

19 Y 49,4 u. 32,2; zu vergleichen mit Jer 10,8-10; 16,19 u. Hab 2,18f.<br />

20 Vgl. hierzu u. zum folgenden: A. Hintze, wie Anm. 13, p. 7f. m. Anm. 29 u. 32.<br />

21 Y 31,8; 44,3f.; 45,4; 47,3.<br />

22 Vgl. Y 28,8; 32,2 u. 44,9.<br />

23 Vîspered 2,4.<br />

24 Y 30,3.<br />

25 S. Insler, The Gâthâs of Zarathustra, Leiden/Téhéran-Liège 1975 (= Acta Iranica 3/8/I), p. 11, 16 u. 33 (letzteres):<br />

"Yes, there are two fundamental spirits, twins which are renowned to be in conflict."<br />

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