Sonne, Spiegel, Lebensbaum.pdf - Dr. Michael Sturm-Berger
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A. Beziehungen zwischen Hochreligion und kultureller Entwicklung<br />
Ein Forschungsprogramm von <strong>Michael</strong> <strong>Sturm</strong>-<strong>Berger</strong> (Erstfassung 1987/88; Erst-Veröffentlichung:<br />
Berlin-Tempelhof 1991, Auflage 150)<br />
I. Einleitung<br />
Die vorliegende Schrift entstand hauptsächlich in den Jahren 1988/89. Sie war angeregt durch ‘Abdu'l-Bahás<br />
"Das Geheimnis göttlicher Kultur" 1 und Kapitel I der Friedensbotschaft des Universalen<br />
Hauses der Gerechtigkeit, in der es heißt:<br />
"Hätte die Menschheit die Erzieher ihrer kollektiven Kindheit in ihrem wahren Wesen gesehen,<br />
nämlich als die Triebkraft im Gesamtprozeß ihrer Kultivierung, dann hätte sie ohne Zweifel unermeßlich<br />
größeren Nutzen aus der kumulativen Wirkung ihrer aufeinanderfolgenden Missionen gezogen.<br />
Leider hat die Menschheit dies versäumt." 2<br />
Es geht hierbei um nichts Geringeres, als festzustellen, wie sich die Stiftung, Verbreitung, Blüte<br />
und Zerfall der Hochreligionen auf Geschichte und Kultur der Menschheit ausgewirkt haben.<br />
- Als Hochreligionen werden diejenigen Religionen bezeichnet, in denen der Glaube an einen einzigen<br />
Gott oder an eine allumfassende, allmächtige Kraft enthalten sind.<br />
- Als Kultur wird hier das Wirken der Menschheit im geistig-religiösen (spirituellen), zwischenmenschlichen<br />
(sozialen) und wirtschaftlichen (ökonomisch-ökologischen) Bereich verstanden.<br />
Für die vorchristliche Zeit sind Stiftungsdaten von Religionen nicht genau feststellbar, sollen hier<br />
aber angenähert werden. Im Anhang ist die Aufteilung der historischen Hochreligionen in jeweils<br />
vier bis acht aufeinanderfolgende Zeitabschnitte versucht worden. Dabei zeigte sich, daß nicht nur<br />
eine Betrachtung der Entwicklung der "reinen Lehre" einer Religion interessante Daten ergibt, sondern<br />
auch die der Veränderung älterer Religionen und der ganzen Menschheitsgeschichte.<br />
Wissenschaftlich setzt die Arbeit da an, wo andere aufhörten: Victor von Strauß (1809-99), Oswald<br />
Spengler (1880-1936), Karl Jaspers (1883-1969) und Arnold Joseph Toynbee (1889-1975). Die<br />
drei letztgenannten werden in wissenschaftlichen Werken immer wieder zitiert, ohne daß ihre Beobachtungen<br />
und Erkenntnisse wesentlich weiter untersucht und verfeinert würden. Hiermit soll eine<br />
Anregung zur Abhilfe dieses Mangels vorgelegt werden, an der alle weiterforschen mögen, die sich<br />
dazu in der Lage fühlen.<br />
II. Auseinandersetzung mit der "Achsenzeit"<br />
In "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte" 3 stellte K. Jaspers die Eigenheiten einer von ihm gefor-<br />
derten "Achsenzeit" zusammen, in welcher er die Ausgangsepoche für die Herausbildung der neueren<br />
eurasiatischen und nordafrikanischen Zivilisationen sah.<br />
Die grundlegenden Beobachtungen dazu wurden nicht erstmals von ihm selbst gemacht, sondern<br />
gehen bereits, wie er selber erwähnte, auf Ernst von Lasaulx (1805-61) 4 und Victor von Strauß 5<br />
zurück.<br />
1<br />
Verfaßt 1875; deutsch: Oberkalbach 1973, S. 68-88.<br />
2<br />
Aus: Die Verheißung des Weltfriedens, Haifa 1985; zitiert aus der zweiten deutschen Auflage, Hofheim-<br />
Langenhain 1985, S. 15.<br />
3<br />
Erstausgabe München 1949.<br />
4<br />
Neuer Versuch einer Philosophie der Geschichte, München 1856, S. 115.<br />
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