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10 REPORtaGE Gerade ältere Kühe und Tiere mit Klauenproblemen genießen den weichen Stallboden. Kühe genießen Freilauf auf einem hackschnitzel-Biobett Einen ganz besonderen Kuhstall haben Wim und Els Lubbersen gebaut. Der neue Laufstall hat keine klassischen Boxen, sondern eine Kompostliegefläche (Biobett) aus Hackschnitzeln. Um die Kompostierung in Gang zu bringen, wird Luft abgesaugt. Dies ist eine neue Technik, von der erwar- tet wird, dass weniger Ammoniak, Methan und Lachgas freigesetzt werden. Der Landwirt hat diese Entwicklung beim Innovationsfonds „Farmers for Farmers“ eingereicht. Nach der Begutachtung der Vorschläge durch die Jury war die Freude groß, denn der Fonds belohnt die Idee mit einem Geldbe- trag in der Höhe von 5.000 €. Der neue Freilaufstall wurde im Dezember letzten Jahres fertig, Heiligabend zogen die Tiere ein. Fünfzig Kühe bewegen sich seitdem frei nicht auf Rosten, sondern auf einem so genannten Biobett. Dies ist eine siebzig Zentimeter dicke Kompostschicht, die aus Hackschnitzeln, Laub und Grasschnitt besteht. Der Milchviehhalter hält im Freilaufstall vor allem die älteren Kühe und Kühe, die besondere Aufmerksamkeit benötigen. Die übrigen Tiere sind im beste- henden Liegeboxenstall untergebracht. Ein großer Vorteil des Freilaufstalls im Milchviehbetrieb ist, dass die Tiere komfortabel liegen, aufstehen und gehen können. Wim Lubbersen: „Die Kühe fühlen sich im Freilaufstall sehr wohl. Gerade einer lahmen Kuh fällt das Aufstehen aus dem Biobett viel leichter, sie können sich so auch mehr schonen. Die alten Kühe sind aktiver, behalten eine bessere Körperkondition und gehen dadurch eher zum Fressgitter, um zu fressen. Sie bleiben dadurch gesünder und benötigen weniger Antibiotika. Außerdem zeigen sie ihre Brunst besser. Im Liegeboxenstall sind ältere Kühe wenig aktiv, im Freilaufstall leben sie wieder auf, weil ihnen mehr Raum zur Verfügung steht und ihr Wohlbefinden gesteigert wird. Und dadurch haben auch wir mehr Freude an der Arbeit.“
Keine ammoniakemission Das Einzigartige am Freilaufstall von Lubbersen ist die Form der Kompostierung. Normalerweise erfolgt dies über eine Belüftung. In das Bett wird Luft geblasen, um den Kompostierungsprozess in Gang zu bringen. Dabei werden unter anderem Ammoniak und Lachgas freigesetzt. In der Tierhaltung gibt es in den Niederlanden Gesetze mit Grenzen für die erlaubte Emission von Ammoniak und Treibhausgasen. Deshalb hat sich der Milchviehhalter auf die Suche nach einer Alternative gemacht, bei der weniger Ammoniak und Lachgas freigesetzt werden. „Wir haben uns angesehen, wie die Kompostierung bei der Schlammaufbereitung verläuft, wo die Luftabsaugung eingesetzt wird. Wir erwarten, dass bei Luftabsaugung weniger Ammoniak, Methan und Lachgas freigesetzt werden. Um dieses System auch in der Tierhaltung einführen zu können, haben wir Kontakt mit der Firma ID Agro aufgenommen. Dort wollte man diese Innovation im Freilaufstall einsetzen.“ Optimale Komposttemperatur Im Boden unter dem Biobett wurden Rohre mit fünfzig Zentimeter Durchmesser in einem Abstand von eineinhalb Metern nebeneinander verlegt. Jedes Rohr hat jeweils nach einem Meter eine kleine Öffnung. Ein Ventilator saugt Luft auf der Unterseite des Betts ab. Ein Klimacomputer regelt diese Luftabsaugung. Wim erklärt: „Kompostierung funktioniert am besten, wenn Kot, Urin, Kohlendioxid und Sauerstoff im richtigen Verhältnis aufeinandertreffen. Im Bett muss eine Temperatur von fünfzig Grad herrschen. Das ist die optimale Temperatur für die Bakterien, die das Kompostbett aktiv halten. Der Computer zeigt an, ob die Kompostierung richtig verläuft oder ob mehr oder weniger Sauerstoff dazu muss. Wir versuchen, zu verhindern, dass sich die Kühe zu lange an einer Stelle aufhalten, indem wir jeden Tag neue Laufgänge machen. Wenn man in den Gittern zwischen dem Spaltenboden und dem Biobett Tore abwechselnd öffnet, lässt sich das leicht umsetzen.“ Widerruf der Genehmigung Wim und Els kamen auf außergewöhnliche Weise auf die Idee eines Freilaufstalls. Sie verfügten über eine Genehmigung zur Betriebserweiterung, hatten aber noch nicht mit der Umsetzung begonnen. Plötzlich teilte die Gemeinde mit, dass die Genehmigung widerrufen würde. Daraufhin wurde schnell etwas unternommen. „Wir haben ein paar Sparren mit Dach aufgestellt und dort Gruppenhaltung auf Stroh gemacht. Wir merkten, dass die Körperkondition der Kühe in diesem Raum um einiges besser war. Schon seit Jahren werden Liegeboxen- ställe entworfen und verbessert, aber die Milchkuh wird nicht älter. Also sah ich mich auch nach anderen Haltungssystemen um. In Anbetracht unserer Erfahrungen mit dem Gruppenraum interessierten wir uns für das Prinzip des Freilaufstalls.“ Verbesserung der tiergesundheit Das Ehepaar besuchte einige Betriebe mit Freilaufställen. Dort erfuhren die beiden von den Berufskollegen, dass die Kühe im Freilaufstall weniger Klauenprobleme und eine bessere Widerstandsfähigkeit haben und dass sowohl ihre Milchleistung als auch die durchschnittliche Nutzungsdauer gestiegen sind. Dies passte exakt zur Betriebsphilosophie von Lubbersen, der sich eine langlebige Milchviehherde, bei der die Anforderungen und Wünsche von Kuh, Landwirt, Umwelt und Gesellschaft berücksichtigt werden, zum Ziel gesetzt hat. „Der Freilaufstall ist sowohl gut für die Umwelt als auch für die Lebenserwartung der Herde. Im Freilaufstall wird die Milchkuh älter.“ Verkaufsleiter Gertie Klein Hegeman (r.) gratuliert Els und Wim Lubbersen zum Innovationspreis. BEtRiEBSDatEn Wim und Els Lubbersen-Brands. Wim und Els Lubbersen-Brands haben einen Milchviehbetrieb in Holten (in der nähe von Deventer). Sie haben zwei Söhne (15) und eine 10jährige Tochter. Lubbersen melkt 145 Kühe und bewirtschaftet 42 Hektar Fläche, davon 6,5 Hektar Mais. Das fehlende Grundfutter wird zugekauft. Die Milchkühe produzieren 9.704 kg Milch mit 4,41 % Fett und 3,56 % Eiweiß. Sie haben derzeit ein Durchschnittsalter von 4 Jahren und 3 Monaten mit einer Lebensleistung von 32.500 kg. Lubbersen möchte die Lebensleistung steigern, indem er die Umgebung und den Komfort für die Kuh optimiert. Die Ration der Milchkühe besteht aus: 55 % Grassilage, 45 % Mais, Grassamenheu, Pressschnitzeln, Unimix, Kreide und Univit Vruba, ergänzt um Super MELK Glucobrok und Supplement Sprintbrok im Melkroboter. Lubbersen wendet die dynamische Fütterung an. Er möchte eine optimale Milchleistung pro Kuh erreichen und dabei die Produktionskosten im Blick behalten. Der Saldo unterm Strich ist für ihn ausschlaggebend. Im Kompoststall können maximal sechzig Kühe gehalten werden. Hackschnitzel, Laub und Grasschnitt bilden den Bodenbelag. Das Endprodukt Kompost ist nach Angaben des Milchviehhalters ein perfektes Produkt zum Beispiel für Gärtnereien und Baumschulen. Es enthält gebundenen Stickstoff, beim Ausbringen entsteht also kein Ammoniak. Für den Bau des innovativen Stalls hat Lubbersen Fördermittel des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums bekommen. 11
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