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Geschichte und Geschichten von Knittelfeld Geschichte und ...

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24 Allgemeines / BetrieBe<br />

auf die Bahnstrecke des Bezirkes verteilt, an Spenden<br />

erhielten wir einige Mann Militär als Verstärkung<br />

der Gendarmerie zugewiesen.<br />

Nach Mitternacht ging ich als Vertreter der k.k. politischen<br />

Expositur <strong>Knittelfeld</strong> (in Zivil) auf den streng<br />

abgesperrten Bahnhof, wo der Bahnhofkommandant<br />

gleichfalls in seinem militärischen Wirkungskreise<br />

Absperrungsvorkehrungen getroffen hatte.<br />

Ich hatte einen Gendarmen für alle Fälle als Assistenz<br />

mitgenommen.<br />

Die Reise des Kaisers, welcher an die Isonzofront<br />

fuhr, war so streng geheim gehalten, dass nur die<br />

politische Expositur als Sicherheitsbehörde, das<br />

Bahnhofkommando, <strong>und</strong> der Stationschef (aber nur<br />

so viel, als der Zugsverkehr in Betracht kam) hie<strong>von</strong><br />

wussten, ferner der Gendarmerieposten <strong>Knittelfeld</strong>,<br />

den wir, als Dienstbehörde, verständigen mussten;<br />

selbst der General wusste nichts.<br />

Pünktlich fuhr der Hofzug ein. Der Kaiser fuhr in<br />

seinem schmucklosen, aber gut gebauten Hofsalonwagen;<br />

das Gefolge je nach Rang, in Salonwägen,<br />

oder in gewöhnlichen Schnellzugswagen 1. <strong>und</strong><br />

2. Klasse.<br />

Die Reise war inoffi ziell, daher kein Empfang.<br />

Am Perron stand nun ich, der Bahnhofskommandant<br />

(Leutnant) <strong>und</strong> paar Schritte hinter mir, mein<br />

Gendarm.<br />

Der Zug hielt einige Minuten - aber alles schlief.<br />

Im Schlafwagen des Kaisers sah man ein offenes,<br />

mit Vorhang bedecktes Fenster. Es ist ein eigenes<br />

Gefühl, wenn man bedenkt: Hier, wenige Schritte<br />

<strong>von</strong> mir entfernt, schläft mein Kaiser!<br />

Tiefstes Schweigen herrschte in der schönen Sommernacht<br />

– ein kurzer Pfi ff des Zugsführers – <strong>und</strong><br />

lautlos fuhr der Zug weiter.<br />

Erst einige Tage später stand die Reise in der Zeitung;<br />

begreifl ich, dass man vorsichtig ist. Ich habe<br />

niemanden gesehen – <strong>und</strong> trotzdem, der Gedanke,<br />

für die Sicherheit des Monarchen gesorgt zu haben,<br />

war erhebend für mich!“<br />

Über das Jahr 1918 berichtet<br />

die Ortsgeschichte <strong>von</strong> <strong>Knittelfeld</strong><br />

unter anderem: „Vom<br />

2. 10. an Durchmärsche der<br />

zurückfl utenden Heereskörper<br />

aus der italienischen<br />

Front.“<br />

Die anfangs durchmar-<br />

Anton Regner, erster sozialdemokratischerBürgermeister<br />

<strong>von</strong> <strong>Knittelfeld</strong><br />

schierendenTruppenformationen mit ihren Offi zieren<br />

spannten sichtlich alle ihre<br />

- 2 -<br />

Kräfte an, um noch Haltung zu bewahren.<br />

Ende der ersten Novemberwoche zogen Scharen<br />

zerlumpter Soldaten, vermengt mit Kriegsgefangenen<br />

vor Hunger bettelnd <strong>und</strong> gelegentlich stehlend<br />

umher. Sie boten auch Ausrüstungsgegenstände<br />

zum Verkauf an. Zum Skelett abgemagerte Pferde<br />

vor Wagen gespannt, wurden <strong>von</strong> Soldaten mit Säbelhieben<br />

zum Weiterziehen angetrieben. Die Disziplin<br />

<strong>und</strong> Führung war weitestgehend verloren gegangen.<br />

Es bot sich ein grauenvolles Bild, wie sich<br />

diese rückfl utenden Truppen durch die Judenburgerstraße,<br />

der heutigen Kärntner Straße, <strong>von</strong> der italienischen<br />

Front zurückdrängten – nichts wie nach<br />

Hause.<br />

Mit den Truppen war auch ein Schwarm <strong>von</strong> Flugzeugen<br />

gekommen, die teils wegen Benzinmangels,<br />

teils auf Gr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Defekten im Bereich <strong>Knittelfeld</strong><br />

notlanden mussten. Auch Lastkraftwagen wurden<br />

aus denselben Gründen einfach in den Straßengraben<br />

gefahren <strong>und</strong> dort stehen gelassen.<br />

Danach kam der Tross. Offene Lastwagen, mit Beutegut<br />

beladen. Darauf befanden sich Klaviere, seidenbezogene<br />

Sofas, Bettzeug, Mobiliar, große Bilder,<br />

Weinfässer <strong>und</strong> aufgeputzte Weiber. Dazwischen<br />

befanden sich das Rote Kreuz <strong>und</strong> Lazarettwagen<br />

mit Verw<strong>und</strong>eten. Es fehlte auch nicht an lustig Singenden<br />

mit der Ziehharmonika Musizierenden – es<br />

bot sich ein grauenhafter „Maskenzug“ der einstigen<br />

k.k. Armee.<br />

Als das Gros des Rückzuges vorüber war, wurde<br />

die Judenburgerstraße <strong>von</strong> Sicherheitskräften, die<br />

auch für Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit sorgten, abgeriegelt<br />

<strong>und</strong> es wurde <strong>von</strong> diesen, jedes Fuhrwerk, jede<br />

Person angehalten <strong>und</strong> gezwungen etwaige Waffen<br />

sowie militärisches Gut abzugeben. Bei der Schule,<br />

der heutigen Kärntnerschule, lag bald ein Berg<br />

<strong>von</strong> Waffen, Geräten, Ausrüstungsgegenständen<br />

<strong>und</strong> Sattelzeug. Diese militärischen Güter wurden<br />

in den leer gewordenen Baracken des Lagers zwischengelagert<br />

<strong>und</strong> in weiterer Folge der Sachdemobilisierung<br />

zugeführt.<br />

Nach diesem Krieg, der nun endlich vorbei war, hat<br />

<strong>Knittelfeld</strong> 139 Gefallene zu beklagen. Bald machte<br />

sich auch in <strong>Knittelfeld</strong> die neue Zeit, die Republik<br />

bemerkbar. Der noch aus der Monarchie stammende<br />

Bürgermeister Josef Fischer trat am 20. Mai<br />

1919 aus der Gemeindevertretung aus <strong>und</strong> in weiterer<br />

Folge wurde der Sozialdemokrat Anton Regner<br />

Bürgermeister. Als äußerliche Zeichen folgten bald<br />

zum Beispiel die Unbenennung des Hauptplatzes

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