autogramm - kbdonline.de
autogramm - kbdonline.de
autogramm - kbdonline.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Seite 12 Neue Län<strong>de</strong>r<br />
Wie ost<strong>de</strong>utsche Kommunen von<br />
einer Leipziger Firmenzentrale profitieren<br />
Im Oktober 2007 fan<strong>de</strong>n zwei wis -<br />
sen schafts- bzw. wirtschaftspolitische<br />
Nachrichten gera<strong>de</strong> bei kommunalen<br />
Amts- und Mandatsträgern<br />
aus Ost <strong>de</strong>utschland beson<strong>de</strong>re Aufmerksam<br />
keit<br />
Die erste Bot schaft lüftete das Geheim<br />
nis, welche wei teren <strong>de</strong>utschen<br />
Univer sitäten sich nach <strong>de</strong>r zweiten<br />
und vor erst letzten Evaluierungs run<strong>de</strong><br />
mit <strong>de</strong>m Etikett Exzellenz- und Eliteuniversitäten<br />
schmücken dürfen.<br />
Eine Uni aus <strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>rn<br />
war nicht dabei, und wenn es die Freie<br />
Universität Berlin nicht auf <strong>de</strong>n Thron<br />
geschafft hätte – Glückwunsch – hätte<br />
Ost<strong>de</strong>utschland komplett in die Röhre<br />
geguckt. Dieses Ergebnis sorgte für<br />
Gesprächs- und auch Zündstoff. Niemand<br />
ha<strong>de</strong>rte mit <strong>de</strong>r Auswahlkommission.<br />
Worauf aber verwiesen wur<strong>de</strong>:<br />
Ausgaben für Forschung und Entwicklung<br />
sind ein gewichtiger Indikator für<br />
die Zukunftsfähigkeit einer Region. Und<br />
die liegen pro Kopf in West<strong>de</strong>utschland<br />
fast viermal so hoch wie in <strong>de</strong>n neuen<br />
Län<strong>de</strong>rn. Angesichts dieser Faktenlage<br />
Ein strukturelles<br />
Problem, das gelöst<br />
wer<strong>de</strong>n muss<br />
ist das Ergebnis <strong>de</strong>r Evaluierung plausibel.<br />
Zugleich aber wird <strong>de</strong>utlich, dass<br />
es sich um ein strukturelles Problem<br />
han<strong>de</strong>lt. Wenn das nicht gelöst wird,<br />
sind die Aussichten für einen selbsttragen<strong>de</strong>n<br />
Aufschwung in <strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>rn<br />
trübe. Denn inves tieren<strong>de</strong> Unternehmen<br />
sie<strong>de</strong>ln sich zuvor<strong>de</strong>rst dort<br />
an, wo sie an hochleis tungsfähige wissenschaftlich-technische<br />
Einrichtungen<br />
unmittelbar andocken können. Und da<br />
haben Regionen im <strong>de</strong>utschen Sü<strong>de</strong>n<br />
auch weiterhin die mit Abstand besten<br />
Karten. Und wenn bei Evaluierungen<br />
<strong>de</strong>r vorge nannten Art weiter Äpfel mit<br />
Birnen ver glichen wer<strong>de</strong>n, dann wer<strong>de</strong>n<br />
die Ost-West-Unterschie<strong>de</strong> nicht<br />
kleiner, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Westen gerät immer<br />
mehr aus <strong>de</strong>r Sichtweite.<br />
Der Leipziger Regierungspräsi<strong>de</strong>nt<br />
Walter Christian Steinbach<br />
Diese Schlussfolgerung zieht auch<br />
eine Studie, die – und dabei han<strong>de</strong>lt es<br />
sich um die eingangs erwähnte zweite<br />
Botschaft – ebenfalls im Oktober <strong>de</strong>r<br />
Öffentlichkeit unter großer Beachtung<br />
vorgestellt wur<strong>de</strong>. Ihr Autor, <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaftler<br />
Prof. Dr. Norbert<br />
Peche, formuliert in dieser Schrift<br />
mit <strong>de</strong>m Titel „Selbst ist das Volk“ eine<br />
wenig hoffnungsvolle Prognose für die<br />
Chancen einer eigenständigen ökonomischen<br />
Existenz <strong>de</strong>r ost<strong>de</strong>utschen<br />
Län<strong>de</strong>r. Aus seinen vielfältigen Begründungen<br />
sei hier nur folgen<strong>de</strong> herausgegriffen.<br />
Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl<br />
in ost<strong>de</strong>utschen Unternehmen<br />
liege gera<strong>de</strong> einmal bei 13. In<br />
Betrieben dieser Größe seien die meisten<br />
Ost<strong>de</strong>utschen tätig. Und für diese<br />
Betriebe gilt nach Auffassung von Norbert<br />
Peche, und er wird von namhaften<br />
Kollegen unterstützt, folgen<strong>de</strong> Wertung:<br />
sie sind zu klein, sie haben zu<br />
wenig Kapital, und sie sind zu wenig<br />
innovativ, um die volkswirtschaftliche<br />
Dynamik positiv beeinflussen zu können.<br />
Peche erhärtet diesen Befund mit einem<br />
weiteren Vergleich. Volkswirtschaftliche<br />
Relevanz hätten in erster<br />
Linie Unternehmen ab 250 Beschäftigten.<br />
Davon gäbe es in ganz Ost-<br />
KBD 11/2007<br />
<strong>de</strong>utschland gera<strong>de</strong> einmal 500. In<br />
West<strong>de</strong>utschland seien es über 7 400.<br />
Siemens, die Nummer 3 im <strong>de</strong>utschen<br />
Firmenranking mache allein mehr Umsatz<br />
und habe mehr Beschäftigte als<br />
die Top 100 Ost zusammengenommen.<br />
Dass sich im Osten zwar viele emsige<br />
„Zwerge“ tummeln, aber kaum Riesen,<br />
hat gravieren<strong>de</strong> Folgen nicht nur<br />
in Gänze, son<strong>de</strong>rn vor allem für die<br />
Regionen und Kommunen. Darauf<br />
weist Prof. Dr. Martin Rosenfeld vom<br />
Institut für Wirtschaftsforschung Halle<br />
(Saale) hin: „Sobald Firmen in einer<br />
Region nicht die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Wertschöpfungs potenziale aufweisen –<br />
und das trifft auf viele Bereiche Ost<strong>de</strong>utschlands<br />
zu – kommt es zu erheblichen<br />
Wettbewerbsnachteilen.“ Dieser<br />
negative Effekt wer<strong>de</strong> noch verstärkt,<br />
wenn es an Firmenzentralen mangele.<br />
Prof. Rosenfeld weiter: „Das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />
dieser Zentralen in einer Region<br />
führt zu mehr Stabilität als das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />
von reinen Betriebsstätten.<br />
In <strong>de</strong>n Zentralen sind Funktionen gebün<strong>de</strong>lt,<br />
die für die regionale und loka-<br />
75 Prozent <strong>de</strong>r<br />
Investitionen bleiben<br />
im Osten<br />
le Wirtschaft von größter Be<strong>de</strong>utung<br />
sind.“ Rosenfeld nennt hier die For -<br />
schungs- und Entwicklungs-Funktion,<br />
die Vergabe-Funktion, die Kaufkraft-<br />
Funktion, die Arbeitsplatz-Funktion, die<br />
Image-Funktion, die Sponsoring-Funktion<br />
und die Millieu-Funktion.<br />
Echte Firmenzentralen muss man in<br />
<strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Lupe suchen.<br />
Viele <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n „Top 100 Ost“<br />
ver sammelten Firmen mit klangvollen<br />
Namen wie BMW, Porsche o<strong>de</strong>r Volkswagen<br />
sind in Wahrheit nur Betriebsstätten.<br />
Und die können so komplexe<br />
Funktionen wie sie Professor Rosenfeld<br />
beschreibt, aus rein objektiven<br />
Grün<strong>de</strong>n gar nicht ausüben.<br />
Bei <strong>de</strong>r Suche nach echten Ostkonzernen<br />
trifft man unvermeidlich auf die