StadtPlanung: Was ist das? StadtPlaner: Was machen die? Zitate ...
StadtPlanung: Was ist das? StadtPlaner: Was machen die? Zitate ...
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Handlungsfelder<br />
der Stadtplanung<br />
Begleitblätter<br />
zur Vorlesung<br />
bearbeitet von<br />
Klaus Selle<br />
<strong>StadtPlanung</strong>: <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>das</strong>?<br />
<strong>StadtPlaner</strong>: <strong>Was</strong> <strong>machen</strong> <strong>die</strong>?<br />
<strong>Zitate</strong>, Bilder und Impressionen<br />
Stichworte, Gedankengang<br />
Diese – einführende – Vorlesung <strong>ist</strong> in drei Abschnitte gegliedert:<br />
1. Im Büro: Ortsbesuche – was liegt auf unseren<br />
Schreibtischen?<br />
Anhand von Eindrücken aus der aktuellen Planungspraxis<br />
werden Mosaiksteinchen zu den Aufgaben der Stadtplanung<br />
und zum Berufsbild der Stadtplanerinnen und Stadtplaner<br />
zusammen gestellt.<br />
2. Entwicklungen: <strong>Was</strong> hat sich – in den letzten 10 Jahren –<br />
geändert?<br />
Aufgabenfelder und Berufsbilder ändern sich ständig. Einige<br />
der Veränderungen aus dem letzten Jahrzehnt werden hier<br />
kurz skizziert – als Ausgangspunkt für Annahmen über<br />
mögliche zukünftige Entwicklungen.<br />
3. BerufsBilder<br />
<strong>Was</strong> wird heute von Stadtplanern erwartet? Welche Anforderungen<br />
werden etwa am Stellenmarkt geäußert? <strong>Was</strong> folgt<br />
daraus – zum Beispiel für <strong>das</strong> Studium. Und: Gibt es Nähen<br />
zwischen dem Berufsbild der Stadtplaner und dem der Architekten?<br />
Stadtplanung – Aufgaben, Ziele<br />
<strong>Was</strong> Stadtplanung <strong>ist</strong> oder soll wird im folgenden mit zahlreichen<br />
<strong>Zitate</strong>n illustriert. Sie entstammen Gesetzen, Programmen,<br />
Berufs- und Tätigkeitsbeschreibungen sowie journal<strong>ist</strong>ischen<br />
Texten und ergänzen <strong>die</strong> Berichterstattung im<br />
Rahmen der Vorlesung.<br />
Auf den ersten Blick werden einige Widersprüche deutlich.<br />
Sie bleiben hier unaufgelöst, weil sie verschiedene Sichtweisen<br />
und unterschiedliche Realitäten spiegeln – und so möglicherweise<br />
zur Suche nach eigener Position anregen.<br />
Das BauGesetzBuch<br />
Für <strong>die</strong> Arbeit der Stadtplanerinnen und Stadtplaner stellt<br />
<strong>das</strong> BauGesetzBuch eine wichtige Grundlage dar. Im ersten<br />
Kapitel <strong>die</strong>ses Gesetzbuches („Allgemeines Städtebaurecht“)
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 2<br />
wird <strong>die</strong> „Bauleitplanung“ behandelt. Dabei handelt es sich<br />
um ein zentrales Instrument der Gemeinden, um bauliche<br />
Entwicklung zu ermöglichen und zu steuern.<br />
Im einzelnen heißt es in<br />
§ 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung<br />
(1) „Aufgabe der Bauleitplanung <strong>ist</strong> es, <strong>die</strong> bauliche und<br />
sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde<br />
nach Maßgabe <strong>die</strong>ses Gesetzbuches vorzubereiten und zu<br />
leiten.<br />
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender<br />
Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher<br />
Bauleitplan).<br />
(3) Die Gemeinden haben <strong>die</strong> Bauleitpläne aufzustellen, sobald<br />
und soweit es für <strong>die</strong> städtebauliche Entwicklung<br />
und Ordnung erforderlich <strong>ist</strong>.<br />
(4) …<br />
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche<br />
Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende<br />
sozial gerechte Bodennutzung gewährle<strong>ist</strong>en<br />
und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu<br />
sichern und <strong>die</strong> natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen<br />
und zu entwickeln. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne<br />
sind insbesondere zu berücksichtigen:<br />
… …“<br />
Die folgende, recht aufschlussreiche Aufl<strong>ist</strong>ung bitte bei Interesse<br />
selbst in einer Textausgabe (noch interessanter ein<br />
Kommentar) nachschlagen.<br />
Welche inhaltlichen Aufgaben sich heute ergeben könnten,<br />
mag aus den beiden folgenden <strong>Zitate</strong>n deutlich werden:<br />
Handlungsfelder für „Städte der Zukunft“<br />
Das zuständige Bundesmin<strong>ist</strong>erium (zur Zeit : Bundesmin<strong>ist</strong>erium<br />
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen) fördert<br />
Innovationen in Städtebau und Stadtplanung – unter anderem<br />
in Rahmen des so genannten ExWoSt (= Experimenteller<br />
Wohnungs- und Städtebau). Im Rahmen des Forschungsfeldes<br />
„Städte der Zukunft“ wurden folgende Aufgaben einer<br />
Stadtplanung, <strong>die</strong> sich an den Zielen „nachhaltiger Entwicklung“<br />
orientiert, aufgel<strong>ist</strong>et (hier zitiert nach: Selle 2000,<br />
S. B 85 ff.)<br />
„Haushälterisches Bodenmanagement<br />
• Reduzierung des Zuwachses an bebauter Siedlungsfläche<br />
• Wiedernutzung von städtebaulichen Brachen und leerstehenden<br />
Gebäuden<br />
• Optimale Nutzung städtebaulicher Dichte<br />
• Erhaltung und Vernetzung klimawirksamer<br />
Freiflächen<br />
• Reduzierung der Bodenversiegelung
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 3<br />
Vorsorgender Umweltschutz<br />
• Energieeinsparung und Ausweitung des Anteils<br />
regenerativer Energien<br />
• Minderung der Luftschadstoffe und der<br />
Treibhausgase<br />
• Schutz und Pflege des Grundwassers und lokaler <strong>Was</strong>servorkommen<br />
• Stärkung von Stoffkreisläufen und Reduzierung des<br />
Restmüllaufkommens<br />
Stadtverträgliche Mobilitätssteuerung<br />
• Anbindung von Wohngebieten und Arbeitsstätten an<br />
ÖPNV<br />
• Reduzierung des Flächenbedarfs des motorisierten Individualverkehrs<br />
• Ausbau des Fahrradwegenetzes<br />
• Erhöhung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger/innen<br />
Sozialverantwortliche Wohnungsversorgung<br />
• Ressourcenschonender, kostenreduzierter Wohnungsbau<br />
• Versorgung von Wohnungssuchenden mit besonderem<br />
Wohnbedarf<br />
• Förderung nachbarschaftlicher Selbsthilfe<br />
• Sicherung wohnungsnaher Grundversorgung<br />
Standortsichernde Wirtschaftsförderung<br />
• Sicherung innerstädtischer Wirtschaftsstandorte<br />
• Schaffung wohngebietsverträglicher Arbeitsplätze<br />
• Stärkung und Entwicklung innerstädtischer Zentren<br />
• Gezielte Standortförderung für umweltschonende Betriebe“<br />
Man kann jede L<strong>ist</strong>e der Planungs-Aufgaben ergänzen oder<br />
anders strukturieren. Auch <strong>die</strong> oben zitierte. Für ein so eben<br />
begonnenes Forschungsprojekt (Innovative Projekte im<br />
Städtebau) wurde eine Ergänzung um drei Aspekte vorgeschlagen:<br />
• Soziokultur: gemeinwesenorientierte Initiativen<br />
und Infrastruktur;<br />
• integrierte Stadtentwicklung;<br />
• Prozess: Kooperative und kommunikative Prozessgestaltung;<br />
Das Schema auf der folgenden Seite zeigt, <strong>das</strong>s <strong>die</strong>se Aufgaben<br />
auf verschiedenen Ebenen bearbeitet werden (können):<br />
• Einzelobjekt (Gebäude, Gebäudegruppe, Siedlung,)<br />
• Stadtteil<br />
• Stadt/Region
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 4<br />
Der Min<strong>ist</strong>er zur Rolle der Stadtplanung<br />
Der nordrhein-westfälische Min<strong>ist</strong>er für Städtebau, Wohnen,<br />
Kultur und Sport sieht <strong>die</strong> Stadtplanung in de nstädten zur<br />
zeit unter Wert gehandelt. Er traut ihr erhebliche Gestaltungskraft<br />
zu. Ein Auszug aus seiner Rede:<br />
„Setzen Sie <strong>die</strong> Stadtplanung in Ihren Städten wieder in<br />
Wert. Stadtplanung muss handlungsfähig bleiben und wieder<br />
werden. Für mich <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Stadtplanung mehr als öffentliche<br />
Flächenverwertung und mehr als <strong>die</strong> Begleitung privater<br />
Investitionsmaßnahmen. Sie <strong>ist</strong> mehr als Wirtschaftsförderung.<br />
Sie <strong>ist</strong> <strong>die</strong> inhaltliche Klammer, <strong>die</strong> notwendig <strong>ist</strong>,<br />
Städte zu entwickeln. Stadtplanerinnen und Stadtplaner haben<br />
große Ver<strong>die</strong>nste dabei gehabt, <strong>die</strong> Strategie der IBA<br />
Emscher Park in unseren Städten und Gemeinden praktisch<br />
umzusetzen. Sie haben vielerorts in ganz Nordrhein-<br />
Westfalen hoch innovative Planungsverfahren entwickelt. Sie<br />
haben dazugelernt, Sie haben gelernt, innovativ zu denken<br />
und zu handeln. Sie haben gelernt, integrativ zu arbeiten<br />
und über den Tellerrand der Kommune hinaus zu schauen.<br />
Gerade weil wir Stadtplanerinnen und Stadtplaner hier im<br />
Land haben, weil wir qualifizierte Ausbildungs- und Forschungskapazitäten<br />
in Nordrhein-Westfalen haben, sind wir<br />
in der Bundesrepublik in vielen Themenbereichen führend.<br />
Wir sollten gemeinsam <strong>die</strong>ses Potential ausbauen. Ich setze<br />
besonders auf <strong>die</strong> jungen Stadtplanerinnen und Stadtplaner,<br />
<strong>die</strong> uns mit neuen Themen und Verfahren konfrontieren. Ich<br />
hoffe auf <strong>die</strong> erfahrenen Stadtplaner, weil <strong>die</strong> Wertediskussion<br />
in unseren Städten noch lange nicht abgeschlossen <strong>ist</strong>.
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 5<br />
Wenn Sie <strong>die</strong> Stadtplanerinnen und Stadtplaner als Experten<br />
für <strong>das</strong> Lokale, <strong>das</strong> Besondere und <strong>das</strong> Einzigartige, für <strong>das</strong><br />
Verbindende und <strong>das</strong> Innovative verstehen, dann haben Sie<br />
meine Unterstützung.<br />
Aus: Michael Vesper: Stadt <strong>machen</strong>! Einführungsrede auf dem gleichnamigen<br />
Kongress am 1. Februar 2001 (unveröff. Ms.)<br />
Die Architektenkammer NW<br />
Der Stadtplaner, <strong>die</strong> Stadtplanerin<br />
Stadtplaner/in darf sich nur nennen, wer in <strong>die</strong> Stadtplanerl<strong>ist</strong>e<br />
einer Architektenkammer eingetragen <strong>ist</strong>.<br />
Das Aufgabengebiet der Stadtplaner/in <strong>ist</strong> <strong>die</strong> gestaltende,<br />
technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Stadt-,<br />
Regional- und Landesplanung. Die Tätigkeit kann in freiberuflicher,<br />
beamteter oder angestellter Position erfolgen.<br />
Zur Erarbeitung städtebaulicher Gestaltungs- und Funktionspläne<br />
auf verschiedenen Maßstabsebenen (Landesplanung,<br />
gemeindliche Flächennutzungspläne, Bebauungspläne,<br />
Rahmenpläne) gehören z.B. sonstige stadtökonomische<br />
und stadtökologische Fachgutachten, Satzungen für Sanierungs-,<br />
Denkmal und Entwicklungsbereiche, <strong>die</strong> Gestaltung<br />
des Wohnumfeldes im öffentlichen und privaten Raum. Zur<br />
nachhaltigen Entwicklung und Sicherung unserer Umwelt<br />
verlangen <strong>die</strong>se Planungen eine interdisziplinäre Arbeitsweise<br />
und setzen räumlich-gestalterische Fähigkeiten<br />
voraus.<br />
Die Ausbildung der Stadtplaner/innen an einer entsprechenden<br />
Hochschule (Studium der Stadtplanung, der<br />
Architektur oder Raumplanung mit Schwerpunkt Städtebau)<br />
muss somit Kenntnisse nicht nur in städtebaulich-räumlicher<br />
Gestaltung, sondern auch in Ökologie, Soziologie und technischen<br />
Disziplinen wie Verkehrsplanung u.ä. vermitteln.<br />
Zugleich müssen <strong>die</strong> städtebaulichen Aspekte der Hochbauarchitektur,<br />
der Landschaftsarchitektur und des Ingenieurbaus<br />
eingebracht werden.<br />
In ihrer planerischen und beratenden Tätigkeit sollen Stadtplaner/innen<br />
- unabhängig von Einzelinteressen - der<br />
Gemeinschaft verpflichtet sein. Sie verstehen sich als<br />
„Dienstle<strong>ist</strong>er“ zur planerischen Vorbereitung politischer<br />
Entscheidungen für <strong>die</strong> Entwicklung und Gestaltung unserer<br />
Umwelt. [http://www.aknw.de/wir/stadtpla.htm]<br />
Der Architekt, <strong>die</strong> Architektin<br />
„Berufsaufgabe der Architekten und Architektinnen <strong>ist</strong> <strong>die</strong><br />
gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale<br />
Planung von Bauwerken. Dazu gehört <strong>die</strong> Beratung, Betreuung<br />
und Vertretung des Auftraggebers in den mit der<br />
Planung und Ausführung zusammenhängenden Angelegenheiten<br />
sowie <strong>die</strong> Überwachung der Ausführungen.<br />
Die Bauwerksplanung- und Realisierung umfasst Neubauten,<br />
Wiederaufbauten, Erweiterungsbauten, Umbauten, Mo-
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 6<br />
dernisierungen, raumbildende Ausbauten, Instandhaltung<br />
und Instandsetzung von Gebäuden.<br />
Das Le<strong>ist</strong>ungsbild der Architekten umfasst für <strong>die</strong> Gebäudeplanung-<br />
und Realisierung Phasen der Grundlagenermittlung,<br />
Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung,<br />
der Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe,<br />
Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung, Objektbetreuung<br />
und Dokumentation.<br />
Der Architekt entwirft ein Konzept für <strong>die</strong> vom Bauherrn<br />
angestrebte Nutzung des Gebäudes. Dabei muss er unter Berücksichtigung<br />
der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
Entscheidungen in gestalterischer Hinsicht (Form, Gestalt,<br />
Material, städtebauliche Integration, etc.), in funktionaler<br />
Hinsicht (Nutzung), in technischer Hinsicht<br />
(konstruktive, bauphysikalische, ausstattungstechnische Anforderungen),<br />
in ökologischer Hinsicht (effiziente Energienutzung,<br />
gesundheitstaugliche Baustoffe, etc.)<br />
und in wirtschaftlicher Hinsicht (Festlegung von Baukosten,<br />
Planungskosten, Betriebskosten) treffen. Diesen Entwurf fixiert<br />
er in Form von Plänen, <strong>die</strong> zum einen<br />
Grundlage der behördlichen Kontroll- und Genehmigungsverfahren<br />
und zum anderen Handlungsanweisung für <strong>die</strong><br />
ausführenden Handwerker am Bau sind.<br />
Der Architekt beschreibt <strong>die</strong> Art und Menge der notwendigen<br />
Baule<strong>ist</strong>ungen. Daran schließt sich <strong>die</strong> Mitwirkung an<br />
der Vergabe von Baule<strong>ist</strong>ungen und Lieferungen, <strong>die</strong><br />
Koordination und Überwachung des Baubetriebs und <strong>die</strong><br />
Kontrolle von Terminen, Qualität und Kosten an.<br />
Der Architekt <strong>ist</strong> mit <strong>die</strong>sem umfangreichen Aufgabenspektrum<br />
in hohem Maße der Gesellschaft verpflichtet. Er steht im<br />
Schnittpunkt der Wünsche und Forderungen seiner Bauherren<br />
und der Gesellschaft. Diese miteinander zu vereinbaren<br />
und <strong>die</strong> jeweils beste Lösung zu finden, <strong>ist</strong> der Anspruch,<br />
der an Architekten im Alltag gestellt wird.<br />
Architekt oder Architektin darf sich nur nennen, wer in <strong>die</strong><br />
L<strong>ist</strong>e der Architekten einer Architektenkammer eingetragen<br />
und damit den gesetzlich definierten Berufsaufgaben verpflichtet<br />
<strong>ist</strong>.“<br />
Die Bundesarchitektenkammer:<br />
Die Stadtplaner<br />
„Als vierte, und damit jüngste Fachrichtung innerhalb der<br />
Bundes- und Länderarchitektenkammern hat sich neben den<br />
Hochbauarchitekten, den Innenarchitekten und den Gartenund<br />
Landschaftsarchitekten im Laufe der 90er Jahre <strong>die</strong><br />
eigenständige Berufsgruppe der Stadtplaner etabliert.<br />
Aktuell sind etwa 2100 Stadtplanerinnen und Stadtplaner im<br />
gesamten Bundesgebiet auf der Grundlage der jeweiligen<br />
Architektengesetzte in <strong>die</strong> Stadtplanerl<strong>ist</strong>en der<br />
Länderkammern eingetragen. Seit 1993 hat <strong>die</strong><br />
Bundesarchitektenkammer <strong>die</strong> 4. Fachrichtung durch <strong>die</strong><br />
Novellierung ihrer Satzung eingeführt und einen Ausschuss<br />
für <strong>die</strong> Belange der Stadtplaner gebildet. Der Vorsitzende
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 7<br />
<strong>die</strong>ses Ausschusses <strong>ist</strong> Mitglied des Vorstandes der BAK.<br />
Berufsaufgabe der Stadtplaner <strong>ist</strong> <strong>die</strong> gestaltende,<br />
technische, wirtschaftliche, umweltgerechte und soziale<br />
Orts-, Stadt- und Raumplanung, insbesondere <strong>die</strong><br />
Erarbeitung städtebaulicher Pläne.<br />
Die Stadtplanung als eigenständiger Berufsstand hat ihre<br />
Wurzeln in der Gründung der Deutschen Akademie für<br />
Städtebau und Landesplanung 1922 in Berlin. Die<br />
Berufsbilddiskussion war lange Jahre geprägt durch <strong>die</strong><br />
unentschiedene Position der Stadtplaner als gestaltende<br />
Baukünstler oder technische Ingenieure. Später kamen vor<br />
allem soziale, rechtliche, ökonomische und ökologische<br />
Themenstellungen hinzu. Die zentrale Aufgabe der<br />
Stadtplanung liegt jedoch in der Ausarbeitung von<br />
städtebaulichen Rahmenplänen, Bebauungsplänen und<br />
städtebaulichen Gestaltungskonzepten und <strong>ist</strong> damit<br />
vorrangig mit den Themen der Architektur verbunden.<br />
So stimmen alle etablierten Berufsverbände und Interessensvertretungen<br />
der Stadtplaner in Deutschland mit den Architektenkammern<br />
in der Auffassung überein, <strong>die</strong> Berufsgruppe<br />
und Interessensvertretung der Stadtplaner nach wie vor bei<br />
den Architektenkammern anzusiedeln und <strong>die</strong> Berufsbezeichnung<br />
„Stadtplanerin / Stadtplaner" einheitlich und<br />
durch abgestimmte und fachlich begründete Eintragungsvoraussetzungen<br />
in den Architektenkammern zu schützen<br />
und zu sichern.<br />
Ziel, Gegenstand und Aufgabe stadtplanerischer Tätigkeit<br />
<strong>ist</strong> <strong>die</strong> städtebaulich-räumliche und stadtgestalterische<br />
Ordnung der gesellschaftlichen und individuellen<br />
Lebenswelt der Menschen. Dabei übernehmen Stadtplaner<br />
vier wesentliche Rollen:<br />
• Als Treuhänder sind Stadtplaner […] objektive Berater im<br />
Hinblick auf intelligente, verantwortliche und städtebauliche<br />
Programme, Aufgabenstellungen und Planungsverfahren.<br />
• Als Entwerfer zeichnen sich Stadtplaner aus durch ebenso<br />
rationale wie schöpferische Tätigkeit, mit analytischer und<br />
konzeptioneller Begabung sowie umweltgestalterischen Fähigkeiten.<br />
• Als Moderatoren berücksichtigen Stadtplaner <strong>die</strong> fachlichinhaltliche<br />
Abwägung aller maßgebenden Planungsaspekte<br />
in ganzheitlicher Betrachtung, objektiver Entscheidungsvorbereitung<br />
und verständlicher Präsentation. Sie tragen<br />
damit bei zur Interessensvermittlung und Konfliktlösung in<br />
gesellschaftlicher Verantwortung.<br />
• Als Koordinatoren bestimmen Stadtplaner <strong>die</strong> und Projektsteuerung<br />
einer Planungsaufgabe in der inhaltlichen<br />
Komplexität der beteiligten Fachdisziplinen, in der Meinungsvielfalt<br />
der Interessen- und Betroffenengruppen sowie<br />
der Behörden und Entscheidungsträger. Sie sichern angemessene<br />
inhaltliche und zeitliche Planungsabläufe mit entsprechenden<br />
Planungs- und Realisierungskosten. Sie lösen<br />
damit zugleich erhebliche volkswirtschaftliche Wertschöpfungen<br />
aus.
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 8<br />
Städtebauliche Planung basiert auf Rechtsgrundlagen,<br />
insbesondere dem Bau- und Planungsrecht. In der "formellen<br />
Planung" auf der Basis des Baugesetzbuches erarbeiten und<br />
verhandeln Stadtplaner in geregelten Verfahren insbesondere<br />
der Flächennutzungsplanung, der Bebauungsplanung und<br />
weiterer Planungs- und Gestaltungssatzungen <strong>die</strong> gerechte<br />
Abwägung aller für Planungsentscheidungen wichtigen<br />
Grundlagen, Ziele und Interessen. Sie schaffen damit rechtliche<br />
Planungssicherheit für Kommunen, Investoren und betroffene<br />
Bürger. In der "informellen Planung" erarbeiten und<br />
vermitteln Stadtplaner städtebauliche Untersuchungen und<br />
Konzepte, welche als Entwicklungs- und Rahmenpläne sowie<br />
fachlich differenzierte städtebauliche Einzelgutachten<br />
<strong>die</strong> Aussageebenen und Verfahren der formellen Planung<br />
vorbereiten und umsetzen.<br />
Die Ausbildung der Stadtplaner erfolgt traditionell an den<br />
Architekturfakultäten der Hochschulen und Fachhochschulen<br />
durch Vertiefungsrichtungen und Aufbaustu<strong>die</strong>ngänge,<br />
seit der 60er Jahre auch in eigenständigen Stu<strong>die</strong>nrichtungen<br />
der Stadt- und Raumplanung. Stadtplaner üben Ihre Tätigkeit<br />
in freien Stadtplanungsbüros aus für private und öffentliche<br />
Auftraggeber oder in den unterschiedlichen Institutionen<br />
der Bundes- und Landesbehörden und in den Planungsabteilungen<br />
der Städte und Gemeinden.<br />
Freiberuflich tätige Stadtplaner sind unabhängige städtebauliche<br />
Berater und Dienstle<strong>ist</strong>er der kommunalen Entwicklungspolitik<br />
und Stadtgestaltung im weitesten Sinne. Dazu<br />
müssen sie wirtschaftlich unabhängig sein und dürfen keinen<br />
Interessenskonflikten zwischen Stadtplanung einerseits<br />
und Hochbauplanung oder weiteren Bau- und Erschließungsmaßnahmen<br />
andererseits ausgesetzt sein.<br />
[http://www.bundesarchitektenkammer.de/619.php3]<br />
<strong>Was</strong> macht Stadtplanung? Eindrücke aus Aachen<br />
Einige wenige Zeitungsausrisse aus Aachener Tageszeitungen<br />
<strong>machen</strong> deutlich, welche Aufgaben sich Stadtplanung<br />
und Stadtplanern stellen und wie sie arbeiten.<br />
Übrigens: Wer regelmäßig <strong>die</strong> Lokalteile seiner Heimatzeitung<br />
verfolgt, kann <strong>die</strong>ses Bild weiter komplettieren. Bei alledem<br />
<strong>ist</strong> allerdings zu berücksichtigen, <strong>das</strong>s in den Zeitungen<br />
nur ein Ausschnitt des Arbeitsspektrums sichtbar wird.<br />
Viele Alltagsaufgaben bleiben so noch unsichtbar.
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 9
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 10<br />
BerufsBilder und Anforderungen an <strong>die</strong> Arbeitsweise<br />
Wie sollen Stadtplanerinnen und Stadtplaner arbeiten? Welche<br />
Anforderungen werden an sie gestellt. Auch dazu wieder<br />
Zeitungsausschnitte – <strong>die</strong>smal aus Stellenanzeigen.<br />
Auch hier wieder der Hinweis, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> regelmäßige Lektüre<br />
solcher Anzeigen auch hilft, sich im Studium auf Inhalte zu<br />
konzentrieren, <strong>die</strong> für den späteren Berufseinstieg bedeutsam<br />
sein können.<br />
Aus Internet und Tagespresse<br />
Stadtplaner - Die Stadt von morgen im Visier<br />
Wer entscheidet, wie der Potsdamer Platz in Berlin künftig<br />
genutzt wird? Wo Straßen, Grünflächen und Kindergärten<br />
entstehen sollen? Wer sorgt für <strong>die</strong> Erneuerung der ehemaligen<br />
Kohle-und Stahlregion? Für den richtige Branchenmix<br />
im länderübergreifenden Gewerbepark? Viele Fragen -<br />
eine Antwort: der Stadtplaner.<br />
„Stadtplaner beschäftigen sich mit der Frage, wie <strong>die</strong> Stadt<br />
von morgen aussehen sollª, sagt Diplom- Ingenieur Peter<br />
Knoch vom Institut für Städtebau und Wohnungswesen in<br />
München.<br />
Wer sich für <strong>die</strong>sen Beruf interessiert, sollte vielseitige Interessen,<br />
Kreativität und <strong>die</strong> Fähigkeit zum konzeptionellen<br />
Denken mitbringen. Am Anfang der Laufbahn steht in der<br />
Regel ein Studium, etwa ein Voll- oder Aufbaustudium im<br />
Bereich Raum- oder Stadtplanung.
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 11<br />
Die Raumplanung gilt als übergeordneter Begriff, aber in<br />
den Städten arbeiten <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en Planer - für <strong>die</strong> Stadt- und<br />
Regionalentwicklung.<br />
Stu<strong>die</strong>ngänge bieten <strong>die</strong> Hochschule Dortmund, <strong>die</strong> technischen<br />
Universitäten Hamburg-Harburg, Berlin, Frankfurt/Oder,<br />
Aachen, Kaiserslautern oder <strong>die</strong> Fachhochschule<br />
Nöttingen in Baden-Württemberg an.<br />
Es <strong>ist</strong> aber auch möglich, im Rahmen des Diplomstu<strong>die</strong>ngangs<br />
Architektur <strong>die</strong> Fachrichtung Städtebau zu wählen.<br />
In Konkurrenz dazu treten zunehmend Ausbildungsangebote<br />
anderer europäischer Hochschulen: ´Es gibt in der EU<br />
56 Hochschulen, <strong>die</strong> zum Stadt- oder Raumplaner ausbildenª,<br />
so Peter Knoch.<br />
Das Studium <strong>ist</strong> in der Regel vielfältig. Entwurfslehre,<br />
Baurecht und Baugeschichte gehören dazu ebenso wie<br />
Stadtökologie, -ökonomie und -soziologie. ´Das Studium <strong>ist</strong><br />
genial, sagt der Hamburger Planer Ralf Koschny. ´Man<br />
wird mit übergreifenden Fragestellungen der Stadtentwicklung<br />
und Sozioökonomie konfrontiert.<br />
Nach Abschluss des Studiums trete häufig Ernüchterung<br />
ein. ´Stadtplanung <strong>ist</strong> <strong>das</strong> Einhalten von Vorschriften. Angefangen<br />
von der Wegeordnung bis zu Abstandsflächen<br />
und Grundstückstiefe. Das <strong>ist</strong> sehr bürokratisch.<br />
Die Verrechtlichung <strong>ist</strong> einer von drei Trends in der Raumplanung.<br />
Es gibt immer mehr Vorschriften und Richtlinien<br />
und durch <strong>die</strong> EU kommen ständig neue hinzu. Deshalb<br />
sollten Stadtplaner jur<strong>ist</strong>isches Grundwissen haben. ´Das<br />
Baugesetzbuch <strong>ist</strong> unser Gebetbuchª, meint Werner Klinge,<br />
Baurechtsexperte im Berliner Institut für Städtebau.<br />
Der zweite Trend scheint im Widerspruch zum ersten zu<br />
stehen: ´Diskurs, Bürgerbeteiligung und Vermittlung durch<br />
Worte sind zum Hauptteil des Berufes geworden, sagt Peter<br />
Knoch, der in München auch Fachseminare zum Thema<br />
´Kooperation und Bürgerbeteiligungenª mit den Schwerpunkten<br />
Rhetorik und Moderation gibt.<br />
Früher sei alles mit Vorschriften geregelt worden. Heute<br />
gelte es, <strong>die</strong> Leute zu überzeugen und zu einer für alle tragbaren<br />
Lösung kommen, gerade wenn ein Entwurf umstritten<br />
<strong>ist</strong>.<br />
Das hat etwa Andre Heller jüngst erfahren. Der Künstler<br />
aus Wien hatte im Januar einen städteplanerischen Entwurf<br />
für <strong>die</strong> Innenstadt-Gestaltung Passaus eingereicht, dann aber<br />
Kritik einstecken müssen. Nach einem ausgiebigen Gespräch<br />
mit dem Stadtentwicklungsreferenten wurden <strong>die</strong><br />
Differenzen beigelegt: Passau erhält eine Parkanlage und<br />
ein Kulturzentrum nach Hellers Ideen.<br />
Der dritte Trend lautet Computerisierung: Graphikprogramme<br />
wie CAD und GIS werden für <strong>die</strong> Handhabung<br />
von Plänen und Zeichnungen schon lange verwendet. Daraus<br />
entstand eine neue Disziplin: ´Cap - Computer Aided<br />
Planningª, rechnergestütztes Planen, <strong>das</strong> in Forschung und<br />
Ausbildung eine wichtige Rolle spielt.<br />
Nur wer sich rechtzeitig, möglichst bereits zu Stu<strong>die</strong>nbeginn,<br />
auf <strong>die</strong>se Trends einstellt, hat auch <strong>die</strong> Chance auf ei-
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 12<br />
nen sicheren Arbeitsplatz, rät Werner Klinge. In Zeiten leerer<br />
öffentlicher Kassen haben sich sowohl <strong>die</strong> finanziellen<br />
Rahmenbedingungen als auch <strong>die</strong> Arbeitsmarktlage für<br />
Planer verschärft. Für den Einstieg in den öffentlichen<br />
Dienst wird häufig, wie bei Lehrern und Jur<strong>ist</strong>en, ein Referendariat<br />
erwartet. Nur <strong>das</strong> Gehalt liegt me<strong>ist</strong> unter <strong>die</strong>sen<br />
Berufsgruppen.<br />
„Reich werden kann man als Stadtplaner nicht. Zwar arbeiten<br />
<strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en Planer in freien Planungsbüros, doch auch<br />
<strong>die</strong> sind auf öffentliche Aufträge angewiesen. Dabei gibt es<br />
genug zu tun: Aktueller Planungsbedarf besteht bei Multiplexkinos,<br />
der Nachbesserung von Großbauvierteln oder<br />
sogenannten Stadthäusern, mit denen Besserver<strong>die</strong>nende in<br />
der Stadt gehalten werden sollen.<br />
Eine Nische für arbeitslose Planer bietet der europäische<br />
Markt. ´Die Sanierung von Plattenbausiedlungen <strong>ist</strong> auch<br />
für <strong>die</strong> osteuropäischen Länder von Interesseª, so Werner<br />
Klinge, der daher Fremdsprachenkenntnisse empfiehlt.<br />
Eine andere <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Spezialisierung auf Analyse und Beratung.<br />
´Wir führen Marktanalysen durch und erstellen unabhängige<br />
Gutachten für <strong>die</strong> ökonomische Tragfähigkeit von<br />
Investitionsguthabenª, erklärt Ralf Koschny. ´So werden Investitionsruinen<br />
vermieden.“<br />
Evita – Ihr persönlicher Job-Agent.<br />
http://www.evita.de/artikel/0,3109,13284,00.html<br />
Expedition nach Metropolis<br />
Süddeutsche Zeitung vom 20.10.98 Stefan Sippell<br />
Vom Versuch, Mensch und Raum zusammenzubringen:<br />
Stadtplanungs-Studenten aus ganz Europa erkunden <strong>das</strong><br />
neue Berlin Wir befinden uns im Jahr 2026. Die junge Frau<br />
mit dem blassen Gesicht und den weit aufgerissenen Augen<br />
erzählt <strong>die</strong> alte Geschichte vom Turmbau zu Babel. „Die, <strong>die</strong><br />
ihn bauten, wußten nichts von den Plänen. Und <strong>die</strong>, <strong>die</strong> ihn<br />
planten, kümmerten sich nicht um <strong>die</strong>, <strong>die</strong> ihn bauten“, ruft<br />
sie. „Die Wünsche der Wenigen waren der Fluch der Vielen!“<br />
Und dann reckt <strong>die</strong> junge Frau ihre Hände ganz nach<br />
oben, dahin, wo eigentlich der Himmel sein müsste. „Das<br />
Herz muß vermitteln zwischen Hand und Verstand.“<br />
Schmacht. Seufz. Doch nur ein ganz leises Kichern. Wir befinden<br />
uns im dunklen Bauch eines Theaterschiffs, fest vertäut<br />
in der Spree. Oben an Deck wird es Nacht, und man<br />
ahnt nur, wo der Himmel <strong>ist</strong> über Berlin 1998 – da, wo der<br />
Regen herkommt. Hier unten sitzen Stadtplanungs-<br />
Studenten aus ganz Europa und eröffnen ihren Jahreskongress.<br />
Diesmal suchen sie nach „Metropolis“ und einer „urbanen<br />
Landschaft für <strong>die</strong> globale Zukunft“. Dazu sind sie in<br />
<strong>die</strong> Hauptstadt gekommen, möglicherweise <strong>die</strong> einzige<br />
echte Metropole, <strong>die</strong> Deutschland zu bieten hat. Und mit<br />
„Metropolis“ fangen <strong>die</strong> Nachwuchsplaner an, dem
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 13<br />
Stummfilm-Klassiker von Fritz Lang, der 1926 von Berlin<br />
aus genau 100 Jahre in <strong>die</strong> Stadt der Zukunft sah. Irgendwie<br />
erzeugen <strong>die</strong> schwarz-weißen Bilder heute eine ganz besondere<br />
Stimmung im Bauch des Schiffs. Die Stadtplaner<br />
der Zukunft scheinen sich besonders angesprochen zu fühlen,<br />
als warteten sie darauf, ein Stück von Metropolis schon<br />
jetzt in Berlin zu finden. Wo steht <strong>die</strong> Stadtplanung zwischen<br />
Hand und Verstand? Irgendwo ein Turm zu Babel in<br />
Sicht?<br />
Baustellen gibt es ja an allen Ecken und Enden. Bald geht es<br />
sogar los an der Rummelsburger Bucht, wo ein Stück Berlin<br />
hineinragt in <strong>die</strong> Spree. Weil der Fluß richtig breit wird an<br />
<strong>die</strong>ser Stelle und der Wind richtige Wellen schlägt, fühlt man<br />
sich an der Spitze der Halbinsel Stralau fast wie am Meer.<br />
Die Organisatoren des Kongresses haben vier ihrer Kommilitonen<br />
hierher auf Metropolen-Expedition geschickt. Bisher<br />
kündigt nur ein Plakat <strong>die</strong> „<strong>Was</strong>serstadt Stralau“ als Boomtown<br />
an, ein paar von den Wohnungen in bester Lage stehen<br />
schon. Ein Projekt für <strong>die</strong> Expo 2000 soll <strong>das</strong> werden. Die<br />
Stadtplaner wundern sich: Findet <strong>die</strong> nicht in Hannover<br />
statt?<br />
Pläne vom Planologen<br />
Sie kommen aus Deutschland, Holland, Polen und Makedonien,<br />
stu<strong>die</strong>ren Wirtschaftsgeographie, Raumplanung, Architektur.<br />
Der kleine Erkundungstrupp <strong>ist</strong> gut gemischt, ein<br />
echter Stadtplaner <strong>ist</strong> eigentlich gar nicht dabei. Als eigenständiges<br />
Fach und unter <strong>die</strong>sem Namen kommt Stadtplanung<br />
in Europa ziemlich selten vor. In Deutschland hat man<br />
<strong>die</strong> Auswahl zwischen Haupt- und Schwerpunktfach, oft<br />
kombiniert mit Städtebau oder Architektur. In Reinform gibt<br />
es Stadtplanung etwa in Berlin, Cottbus, Hamburg-Harburg<br />
oder Kassel. Am besten klingt allerdings <strong>das</strong>, was Bas Köhler<br />
aus Amsterdam an der Uni macht: „Planologie“, <strong>die</strong> Lehre<br />
vom Planen. Der 23jährige hat noch ein anderes schönes<br />
Wort parat, <strong>das</strong> <strong>die</strong> Umgebung perfekt beschreibt. Der einsame<br />
Fabrikschornstein, <strong>das</strong> Karl-Marx-Denkmal, der Kleingartenverein<br />
und viel Natur rund um <strong>die</strong> Dorfkirche Stralau<br />
– so eine Mischung nennt ein Planologe auf niederländisch<br />
„Rommelzone“. Statt dessen gibt es hier also bald einen<br />
neuen Stadtteil, der nach Hannover passt.<br />
„Wir suchen nach der besten Lösung, um Mensch und<br />
Raum zusammenzubringen“, erklärt Bas und grinst: „Das <strong>ist</strong><br />
sehr allgemein. Achim Schröer, einer vom Planungsstab für<br />
den Kongress, stu<strong>die</strong>rt am Institut für Stadt- und Regionalplanung<br />
in Berlin. Erst redet auch Achim von der „Abbildung<br />
von Gesellschaftsstrukturen im Raum“. Dann wird er<br />
doch konkreter: „Wir streiten um den Bebauungsplan.“ Ein<br />
Stadtplaner müsse den Blick einfach weiter einstellen, zum<br />
Beispiel auch Ökologie und Beschäftigungssituation in einem<br />
Gebiet im Auge haben. Und genau an <strong>die</strong>ser Stelle<br />
macht Gerd Schmitt-Eichstaedt, der Dekan der Berliner Studenten,<br />
den größten Unterschied zu den Architekten aus.<br />
„Die sind fürs Spektakuläre zuständig“, sagt der Professor.
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 14<br />
„Ein Dankesschreiben von einer Bürgerinitiative – so was erfreut<br />
<strong>das</strong> Herz unserer Leute.“<br />
Doch viel zu viele Städte sehen eben ganz anders aus als <strong>die</strong>se<br />
Woche mit den rund 70 Planungsstudenten aus 14 Ländern<br />
in Europa. Nicht so gut organisiert, weniger international,<br />
und lange nicht mit soviel Charme. Wo waren denn<br />
<strong>die</strong> Experten vom Berliner Institut zum Beispiel am Potsdamer<br />
Platz? „Wir hatten einen Generationswechsel“, entschuldigt<br />
sich der Dekan. „Das haben dort alles leider nur<br />
Architekten gemanagt“, schimpft Architektur-Soziologe<br />
Werner Sewing. Die Todesstreifenwüste habe man doch<br />
wohl kaum lassen können, fragen wir ihn. „Warum denn<br />
nicht“, entgegnet Sewing. Wenn’s denn so einfach <strong>ist</strong>.<br />
Der Zufall zeichnet mit<br />
Der Nachwuchs weiß weiter. Wieder ziehen mehrere Gruppen<br />
los, zum Experiment, wieviel Planung <strong>die</strong> Stadt vertragen<br />
kann. Besucht den Alexanderplatz, lautet der Auftrag<br />
der Berliner an ihre Gäste, <strong>das</strong> Zentrum des alten Ostdeutschlands<br />
in der neuen Republik. Dann macht was<br />
draus. „Dürfen wir auch zerstören?“, fragt Marta aus Polen.<br />
„<strong>Was</strong> ihr wollt“, sagt Gruppenleiter Andreas. Nach einem<br />
Nachmittag lang schauen, zeigen und zeichnen, basteln und<br />
überzeugen <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Überraschung perfekt. Der neue Alex <strong>ist</strong><br />
viel eher der alte, als er es früher jemals war. „Back to the<br />
roots“ hat Frank aus Amsterdam <strong>das</strong> Konzept genannt: „Wir<br />
müssen seinen Charakter noch verstärken, <strong>die</strong> Weite des<br />
Platzes, <strong>die</strong> großen, geraden Formen.“ Am Ende sind nur<br />
Kleinigkeiten verschwunden, Frank nennt sie „visuelle<br />
Umweltverschmutzung“ – der Himmel bleibt. Es gibt neue<br />
glatte Fassaden, auf denen Freiluftkino laufen könnte, eine<br />
Straßenbahn, etwas mehr Grün, ein paar Lichteffekte. Beinahe<br />
eine Rommelzone. Jedenfalls kein Metropolis.<br />
So ähnlich könnte <strong>das</strong> Ergebnis des Experiments lauten:<br />
Wenn es schon einen Fernsehturm gibt, kann man sich Babel<br />
sparen. Ein guter Stadtplaner kennt eben auch <strong>die</strong> Grenzen<br />
der Planung genau, er freut sich sogar darauf. „Je mehr du<br />
planst, desto härter schlägt der Zufall zu“, sagt Carsten aus<br />
Berlin: „Das <strong>ist</strong> der wahre Grund für unser Studium.“ Und<br />
Olivier aus Paris war schon nach der Filmvorführung am<br />
ersten Abend ganz euphorisch. „Das <strong>ist</strong> genau <strong>das</strong>, was ich<br />
immer sage: Wir müssen <strong>die</strong> Mittler sein zwischen Hand<br />
und Verstand.“<br />
Gegen den Strich<br />
Es sieht alles so eindeutig und klar aus. Die Aufgaben der<br />
Stadtplaner scheinen nicht strittig zu sein, oder doch? Hier<br />
zwei <strong>Zitate</strong>, <strong>die</strong> zeigen, <strong>das</strong>s man auch ganz anders an <strong>die</strong>se<br />
Frage heran gehen kann. Sie fordern zugleich auf, sich eine<br />
eigene Meinung zu bilden:<br />
Iona Friedman und <strong>die</strong> Stadt<br />
„Die Stadt kann nicht geplant werden. Die Stadt wird.“
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 15<br />
Rem Koolhaas und <strong>die</strong> Urban<strong>ist</strong>en<br />
„Die mit dem Schicksal der Stadt befassten Experten ähneln<br />
Schachspielern, <strong>die</strong> gegen einen Computer antreten und<br />
verlieren. Ein unsichtbarer Autopilot durchkreuzt pausenlos<br />
alle Bemühungen, der Stadt Herr zu werden.; er unterläuft<br />
jeden Versuch, sie zu definieren, gibt all <strong>die</strong> schwungvoll<br />
vorgetragenen Thesen über ihr aktuelles Scheitern und ihre<br />
zukünftige Unmöglichkeit der Lächerlichkeit preis und hält<br />
sie unbeirrbar auf ihrem nach vorne gerichteten Kurs.<br />
Irgendwie wird jede Katastrophe von der unendlichen Decke<br />
des Urbanen aufgefangen.<br />
…<br />
Für Urban<strong>ist</strong>en mag <strong>die</strong> verspätete Wiederentdeckung der<br />
Vorzüge der traditionellen Stadt – zu einer Zeit als <strong>die</strong>se<br />
Vorzüge bereits unwiederbringlich der Vergangenheit<br />
angehörten – den Punkt markiert haben, von dem es kein<br />
Zurück mehr gab, jenen verhängnisvollen Moment der<br />
Abtrennung und Disqualifizierung. Inzwischen sind sie<br />
Experten in Sachen Phantomschmerz geworden, Ärzte, <strong>die</strong><br />
über <strong>die</strong> medizinischen Implikationen amputierter<br />
Gliedmaßen diskutieren.<br />
Der Übergang von einer früheren Machtpositionen zu einer<br />
untergeordneten Stellung von relativer Bescheidenheit <strong>ist</strong><br />
schwer zu bewältigen. Die Unzufriedenheit mit der<br />
modernen Stadt hat nicht zur Formulierung einer<br />
glaubwürdigen Alternative geführt; sie hat lediglich bewirkt,<br />
<strong>das</strong>s immer raffiniertere Methoden der Formulierung <strong>die</strong>ser<br />
Unzufriedenheit ersonnen werden.<br />
Eine Berufsgruppe besteht hartnäckig auf ihren Utopien und<br />
ihrer Ideologie, auf ihren Ansprüchen und<br />
Selbsttäuschungen hinsichtlich Engagement und<br />
Entscheidungsfreiheit; daher <strong>ist</strong> sie unfähig, sich auf<br />
bescheidenere Neuansätze zu besinnen, auf punktuelle<br />
Eingriffe, strategische Umorientierungen und<br />
Kompromisslösungen, mit denen man viellei8cht Einfluss<br />
nehmen, einen neuen Anlauf <strong>machen</strong>, innerhalb bestimmter<br />
Grenzen Erfolg haben, andere Akzente setzen und vielleicht<br />
sogar noch einmal bei Null anfangen könnte, <strong>die</strong> einen aber<br />
nie wieder zurück an <strong>die</strong> Machthebel bringen werden.“<br />
(Stadtkultur an der Jahrtausendwende, In: Stefan Bollmann (Red.) Kursbuch<br />
Stadt. Stuttgart-München [DVA] 1999, S. 8f.)
<strong>StadtPlanung</strong>,-Planerinnen und -Planer 16<br />
Lese-Hinweise<br />
Gerd Albers (1988) Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung.<br />
Darmstadt [Wissenschaftliche Buchgesellschaft]<br />
Gerd Albers (1997) Perspektiven der Stadtentwicklung. Folgerungen<br />
aus fünf Jahrzehnten. In: BMBau (Hg) Die Stadt im<br />
Strukturwandel, Symposion zu Ehren von Bundesmin<strong>ist</strong>er a.<br />
D. Karl Ravens anlässlich seines 70. Geburtstages am 10. 11.<br />
1997, S. 5 ff. Bonn<br />
Gerd Albers (1999) Wie sähe heute <strong>das</strong> Gründungskonzept<br />
einer Raumplanungsfakultät aus? - Betrachtungen eines<br />
Dortmunder „Gründervaters“. (Dortmunder Beiträge zur<br />
Raumplanung Bd. 89). In: Schmals, Klaus M. (Hg.) <strong>Was</strong> <strong>ist</strong><br />
Raumplanung? S. 28-41.<br />
Stefan Bollmann (Red.): Kursbuch Stadt. Stadtleben und<br />
Stadtkultur an der Jahrtausendwende. Stuttgart-München<br />
[DVA] 1999<br />
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): Stadtentwicklung<br />
und Städtebau in Deutschland. Ein Überblick.<br />
Berichte Bd. 5. Bonn 2000<br />
Irene K<strong>ist</strong>ella, Detlef Kurth, Maria T. Wagener (Hg.) Städtebau…<br />
dem Ort, der Zeit, den Menschen verpflichtet.<br />
Dortmunder Beiträge zur Raumplanung Bd. 100. Dortmund<br />
2000<br />
Klaus Selle (Hg.) Vom „Sparsamen Umgang“ zur „Nachhaltigen<br />
Entwicklung“. Programme, Positionen und Projekte<br />
zur Freiraum- und Siedlungsentwicklung. Ein Lesebuch für<br />
Stu<strong>die</strong>rende und andere Interessierte. 2. Auflage, Dortmund<br />
2000 [Dieses Buch kann zu für Stu<strong>die</strong>renden vergünstigten Preisen<br />
im Sekretariat PT erworben werden]<br />
Links<br />
Eine Einblick in <strong>das</strong> Berufsfeld der Stadtplanung und <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nmöglichkeiten<br />
an der RWTH gibt:<br />
http://www.pt.rwth-aachen.de/stadtplanung/index.html<br />
Die Bundesarchitektenkammer zum Thema:<br />
[http://www.bundesarchitektenkammer.de/619.php3]