Ausgabe 4 / Juli 2012 zum download - WIRTSCHAFTSflash
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10 | MASSNAHMENPLAN | <strong>Juli</strong> <strong>2012</strong> | wirtschaftsflash<br />
Zurück an den Absender!<br />
Steuern, Gebühren und Bussenerträge erhöhen, Kosten in der Bildung und in Teilbereichen des<br />
operativen Geschäfts senken! So will der Regierungsrat des Kantons Solothurn befürchtete<br />
Defizite im Staatshaushalt minimieren. Doch der dazu erarbeitete Massnahmenplan wird in Parteien<br />
und Verbänden rundherum zerzaust und abgelehnt. Die Konsequenz daraus: Das Paket als<br />
Gesamtes muss an den Absender zurückgeschickt werden.<br />
Paul MEiEr<br />
Zu beneiden sind sie nicht, die Dame<br />
und die vier Herren im Regierungsrat<br />
des Kantons Solothurn. Die Entwicklung<br />
im Staatshaushalt macht ihnen Angst<br />
und Bange, es droht der Absturz in die<br />
Hölle. 100 Millionen jährlich müssen her,<br />
um die Rechnung wieder ins Gleichgewicht<br />
zu bringen. Ein 80 Seiten dickes<br />
Papier mit dem Titel «Massnahmenplan<br />
2013 <strong>zum</strong> IAFP 2013-2016» soll den<br />
Staat vor dem tiefen Fall in den feurigen<br />
Untergrund bewahren.<br />
Doch statt Lob erntet die Regierung<br />
ätzende Kritik von allen Seiten – von<br />
bürgerlichen und linken Parteien, von<br />
Wirtschaftsverbänden und Gewerk-<br />
Ein absolutes «No-Go»!<br />
schaften, von Bildungs- und Umweltlobbisten,<br />
von Medien und weiteren Meinungsmachern.<br />
Die einen qualifizieren<br />
das Paket als pure Provokation, andere<br />
bewerten die Vorschläge als illusorisch,<br />
das Oltner Tagblatt hält die Mixtur<br />
für ungeniessbar. Einzig darin ist man<br />
sich einig: Das Optimierungsprogramm<br />
aus dem Rathaus kommt spät, viel zu<br />
spät. Zu lange haben die Obrigkeit und<br />
mit ihr im Gleichschritt das kantonale<br />
Parlament dem Laster gefrönt «Wo viel<br />
Geld vorhanden ist, kann man auch viel<br />
Geld ausgeben». Jetzt läuten die Alarmglocken.<br />
Und einmal mehr sollen die<br />
Steuerpflichtigen zur Kasse gebeten<br />
werden.<br />
«Absolut unverständlich ist es aber, wenn die Regierung nun ein Massnahmenpaket<br />
vorstellt, das Steuererhöhungen vorsieht. Das ist doch bei dieser Ausgangslage – wie<br />
man heute sagt – ein absolutes ‹No-Go›. Soll der Kanton Solothurn denn vom drittletzten<br />
Platz noch auf den allerletzten Platz in Sachen Steuerbelastung abrutschen?<br />
Die Regierung setzt hiermit genau das richtige Signal für gute Steuerzahler, den Kanton<br />
zu verlassen beziehungsweise für auswärtige potenzielle Steuerzahler, sich ja<br />
vom Kanton Solothurn fernzuhalten.»<br />
Rolf Kissling, Präsident Kantonal-Solothurnischer Gewerbeverband (kgv)<br />
«Dass der Regierungsrat nicht wahrhaben will, dass der Kantonsrat im Dezember<br />
2011 eine Steuersenkung von 104 auf 100 Prozent beschlossen hat, ist eine Ignoranz<br />
ohnegleichen.» «Es gibt noch einige Dimensionen im Kanton Solothurn, in welchen<br />
die Wettbewerbsfähigkeit nicht gewährleistet ist. Daran müssen wir arbeiten. Dazu<br />
braucht es auch den Willen der politischen Behörden.»<br />
Kurt Loosli, Präsident Solothurner Handelskammer (SOHK)<br />
«Zu zwei anderen Massnahmen mache ich einfach nur kurze Bemerkungen. Ich stelle<br />
die Massnahmen nicht definitiv in Frage: Streichung von Deutschlektionen. Haben<br />
Sie schon einmal die Deutschkenntnisse eines durchschnittlichen Sek-E-Schülers gesehen?<br />
Streichung einer weiteren Lektion Werken. Wie um Himmels willen, sollen wir<br />
im Gewerbe künftig Handwerker erhalten, wenn sie schon in der Grundstufe nicht<br />
mehr lernen, mit Werkzeugen umzugehen. Die Idee, den Schülern iPad abzugeben,<br />
wird die Schüler weiter Richtung Dienstleistung und Soziales leiten.»<br />
Andreas Gasche, Geschäftsführer Kantonal-Solothurnischer Gewerbeverband (kgv)<br />
«Wir müssen dort Geld holen, wo mehr Geld vorhanden ist.»<br />
Franziska Roth, Präsidentin SP des Kantons Solothurn<br />
Der Handlungsbedarf<br />
ist unbestritten<br />
Fakt ist: Von Jahr zu Jahr leistet sich<br />
der Staat Solothurn Mehrausgaben in<br />
extremis. Zwischen 2002 und 2011<br />
explodierte der Staatsaufwand um<br />
469,4 Millionen auf 1803,6 Millionen<br />
Franken. Der Regierungsrat stellt fest,<br />
aufgrund der Aufgabenablastungen des<br />
Bundes an die Kantone könne er nur<br />
noch rund 30 Prozent seiner <strong>Ausgabe</strong>n<br />
beeinflussen. Der Kanton selbst treibt<br />
diese Praxis zulasten derGemeinden<br />
weiter. Den Letzten beissen die Hunde.<br />
Auch andere Kantone beklagen die<br />
Delegation von Aufgaben mit entsprechenden<br />
Folgekosten von oben nach<br />
unten. Gleichwohl ist es ihnen möglich,<br />
Steuer-erleichterungen zu gewähren –<br />
<strong>zum</strong> Beispiel dem Nachbarkanton<br />
Aargau, wo der Grosse Rat vor Monatsfrist<br />
beschlossen hat, seine Steuerpflichtigen<br />
in den nächsten Jahren um weitere<br />
220 Millionen Franken zu entlasten.<br />
In seiner Botschaft vom 8. Mai zuhanden<br />
des Kantonsrats prophezeit der<br />
Regierungsrat, die Finanzlage des<br />
Kantons Solothurn werde sich fortan<br />
verschlechtern. Für <strong>2012</strong> sei mit einem<br />
Finanzfehlbetrag von 176 Millionen, für<br />
2013 mit einem Manko von 120 Millionen<br />
und für die Jahre 2014 bis 2016 mit<br />
Verlusten von 143 bis knapp 160 Millionen<br />
Franken zu rechnen. Das habe zur<br />
Folge, dass das heute noch vorhandene<br />
Eigenkapital im Verlaufe des Jahres 2016<br />
aufgebraucht sein werde. Als Gründe für<br />
diese Entwicklung nennt er unter anderem:<br />
Die reduzierten Gewinnausschüttungen<br />
der Schweizerischen Nationalbank,<br />
den Kostenschub aus der Revision<br />
des Krankenversicherungsgesetzes mit<br />
der freien Spitalwahl, Kostensprünge in<br />
den Bereichen Bildung und Soziales, die<br />
labile Wirtschafts- und Finanzlage mit<br />
tieferen, volatilen Steuererträgen bei<br />
den juristischen Personen. In den nächsten<br />
Jahren sei überdies mit dem Ausgleich<br />
der kalten Progression zu rech-