Ausgabe 4 / Juli 2012 zum download - WIRTSCHAFTSflash
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Wie bitte?<br />
«Ich schliesse Lohnprozente bei den Krankenversicherungen<br />
nicht mehr definitiv aus»,<br />
bekennt der Solothurner Finanzdirektor Christian Wanner am 15. Mai <strong>2012</strong> ungefragt<br />
im «Duell Aktuell» von Tele M. Man hört dreimal hin und stellt verdutzt fest:<br />
Ein freisinniger Regierungsrat identifiziert sich mit sozialistischen Maximen! Der<br />
gleiche Regierungsrat fordert ja auch die Aufhebung des Bankgeheimnisses, um<br />
Steuerbehörden die Überprüfung privater Einkommens- und Vermögensverhältnisse<br />
zu ermöglichen …<br />
Generös im Umgang<br />
mit dem Staatspersonal<br />
Christian Wanner rechtfertigt sich:<br />
«Wir haben das Geld in den letzten<br />
fünfzehn Jahren nicht <strong>zum</strong> Fenster<br />
hinaus geworfen». Niemand unterstellt<br />
ihm Verschwendungssucht. Und doch<br />
wird nicht nur aus Kreisen der Schweizerischen<br />
Volkspartei (SVP) infrage<br />
gestellt, wieweit die Regierung den an<br />
sie gerichteten Sparauftrag wirklich<br />
ernst genommen hat.<br />
Wenn es den Beweis braucht, dass derlei<br />
Zweifel gerechtfertigt sind, sei dafür etwa<br />
die Lohnpolitik des Kantons Solothurn<br />
zitiert. Allein in den letzten fünf Jahren<br />
gewährte der Kanton seinem Staatspersonal<br />
Lohnerhöhungen im Umfang von<br />
8,5 Prozent. Zieht man die Teuerung von<br />
2,7 Prozent davon ab, verbleibt immer<br />
noch eine satte Reallohnerhöhung von<br />
5,8 Prozent! Die Staatsausgaben für<br />
Löhne erhöhten sich zwischen 2007 und<br />
2011 um rund 38 Millionen auf mehr als<br />
336 Millionen Franken. In dieser stolzen<br />
Summe sind die Saläre der Mitarbeitenden<br />
der Solothurner Spitäler AG sowie<br />
der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
nicht inbegriffen. Der Kanton leistet an<br />
diese Institutionen pauschale Betriebsbeiträge.<br />
Die expansive Lohnpolitik ist eine<br />
«Frucht» des seit einigen Jahren gültigen<br />
Gesamtarbeitsvertrages, der dem Regierungsrat<br />
als Arbeitgeber die Kompetenz<br />
zugesteht, Lohnverhandlungen mit seinen<br />
Sozialpartnern abschliessend zu führen.<br />
Das Gewerbe und die Wirtschaft, die in<br />
diesen fünf Jahren als Leidtragende der<br />
Finanz- und Währungskrise Nullrunden<br />
fahren, Stellen abbauen, Arbeitszeiten<br />
verlängern und bei ihren Belegschaften<br />
weitere Zugeständnisse einfordern mussten,<br />
um dem immensen Kostendruck im<br />
internationalen Wettbewerb standhalten<br />
zu können, empfindet das muntere<br />
Geldverteilen im Staat als ein Affront.<br />
Der Regierungsrat wird ihnen entgegnen,<br />
man müsse marktgerechte Löhne<br />
bezahlen, um ausreichend qualifiziertes<br />
wirtschaftsflash | <strong>Juli</strong> <strong>2012</strong> | MASSNAHMENPLAN | 13<br />
Personal zu finden und der Verwaltung<br />
zu erhalten. Nun, so schlimm dürfte es<br />
um die Mitarbeiterzufriedenheit im<br />
Kanton Solothurn nicht bestellt sein.<br />
Die Hälfte aller Staatsangestellten kann<br />
auf eine Dienstzeit von zehn Jahren und<br />
mehr zurückblicken. Zudem verweist<br />
der Regierungsrat in den letzten Monaten<br />
in Steuerdiskussionen jeweils etwas<br />
hilflos auf die Standortqualitätsstudien<br />
der Credit Suisse, die für Einwohnerinnen<br />
und Einwohner des Kantons Solothurn<br />
überdurchschnittlich tiefe Lebenshaltungskosten<br />
berechnet hat.<br />
Staatsangestellte geniessen nach wie<br />
vor und das diametral zur Entwicklung<br />
in der Wirtschaft das Privileg der vorzeitigen<br />
Pensionierung. Der Übertritt ins<br />
Rentenalter erfolgt für sie mit 63 Jahren<br />
und sechs Monaten, obwohl die staatliche<br />
Pensionskasse seit Jahren beunruhigende<br />
Unterdeckungen beklagt (per<br />
31. Dezember 2011 beträgt die Deckungslücke<br />
der PKSO 1,092 Milliarden<br />
Franken) und das Szenarium droht, dass<br />
diese Fehlbeträge mit Steuergeldern<br />
ausgeglichen werden müssen. Für die<br />
aktiv Versicherten bezahlt der Kanton<br />
als Arbeitgeber 60 Prozent des Beitrags.<br />
Auch diese Leistung ist luxuriös. Unter<br />
dem Code «FD9» seines Massnahmenpakets<br />
hat der Regierungsrat beschlossen,<br />
die Anpassung der AHV-Ersatzrente<br />
an das neue Pensionsalter von 65<br />
Jahren mit den Sozialpartnern zu verhandeln<br />
mit dem Ziel, ab dem 1. Januar<br />
2014 jährlich 3,9 Millionen Franken<br />
einzusparen. Indem man auf die Bezahlung<br />
der Übergangsrente verzichtet,<br />
entlastet man primär die Staatskasse,<br />
schiebt jedoch richtungweisende Veränderungen<br />
zur Lösung der finanziellen<br />
Nöte der staatlichen Pensionskasse auf<br />
die lange Bank. «FD9» ist also nur eine<br />
Scheinlösung des Problems.<br />
Die Verwaltung hat Speck angesetzt<br />
Selbst aus dem inneren Zirkel des<br />
Staates hört man in letzter Zeit regelmässig<br />
die Bemerkung: «Die Verwaltung<br />
hat Speck angesetzt!» In der<br />
öffentlichen Wahrnehmung ortet man<br />
die zunehmende Bildungsbürokratie,<br />
die überbordende Professionalisierung<br />
im Sozialbereich und vor allem den<br />
masslosen Regulierungswahn in diversen<br />
Amtsstuben, in welchen ein Heer<br />
von Juristen sich damit beschäftigt, das<br />
sprichwörtliche Haar in der Suppe zu<br />
suchen und mit Interventionen und<br />
überflüssigen Vorschriften beaufsichtigte<br />
Gemeinwesen, Gemeinden, Bürgerinnen<br />
und Bürger zu schickanieren. Für<br />
diesen Befund können ausreichend<br />
Belege beigebracht werden.<br />
Die Analyse der Stellenentwicklung<br />
in den einzelnen Departementen von<br />
2007 bis 2011 bringt aufschlussreiche<br />
Erkenntnisse zutage. Insgesamt sind in<br />
diesen fünf Jahren moderat mehr Pensen<br />
eingeführt (plus 32,1 Pensen), jedoch<br />
sind die Aufgaben auf mehr Köpfe<br />
aufgeteilt worden (plus 242 Mitarbeitende).<br />
Teilzeitpensen entsprechen gesellschaftlichen<br />
Bedürfnissen, wer zusätzliche<br />
Teilzeitpensen schafft, senkt aber<br />
keine Kosten. Zwei 50-Prozent-Stellen<br />
erfordern einen höheren finanziellen<br />
Aufwand als eine 100-Prozent-Stelle.<br />
Bei einer näheren Betrachtung der in<br />
den Globalbudgets ausgewiesenen<br />
Personaletats stellt man unterschiedliche<br />
Entwicklungen fest. Als positive Beispiele<br />
stehen das Amt für öffentliche Sicherheit<br />
(Anzahl Pensen: minus 36,5 Prozent), das<br />
Amt für Kultur und Sport (-60,2 Prozent),<br />
das Amt für Volksschule und Kindergarten<br />
(-43,5 Prozent), das Steueramt<br />
(-5,3 Prozent) und das Personalamt<br />
(-15 Prozent). In den Spitälern wurde der<br />
Personalbestand bis 2010 im Rahmen<br />
des Programms «Fit für <strong>2012</strong>» um<br />
154 Vollzeitstellen abgebaut. In der<br />
Abteilung Strassenbau wurden vor vier<br />
Jahren 30 Stellen an die für den Unterhalt<br />
der Nationalstrassen neugeschaffene<br />
separate Betriebsgesellschaft ausgegliedert.<br />
Massive Stellenaufstockungen<br />
erfolgten seit 2007 in den Bereichen<br />
Justizvollzug, Berufsschulbildung und<br />
Polizei. Die Kantonspolizei Solothurn<br />
weist per Ende 2011 einen Bestand von<br />
523 Mitarbeitenden aus (davon sind<br />
392 Korpsangehörige, 122 Zivilangestellte<br />
und neun Polizeischüler), 76 mehr als<br />
2007. In den meisten übrigen Organisationseinheiten<br />
bewegen sich die Veränderungen<br />
im einstelligen Bereich. Das<br />
ändert nichts an der Tatsache, dass der<br />
Verwaltungsaufwand zu den bedeutendsten<br />
Kostentreibern im Staat gehört.<br />
Hier sind grosse Kostensenkungspotenziale<br />
vorhanden. Der Regierungsrat<br />
scheint diese nicht wahrnehmen zu