Prof. Dr. H.-J. Plewig-Es gibt keine hoffnungslosen Fälle_2_
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In jedem Fall: ‚Hochdelinquent’ ist der Jugendliche, der – in der Regel von der Polizei<br />
– so bezeichnet wird. Weitere Stigmata sind unerziehbar, unbelehrbar, unbetreubar,<br />
untherapierbar, nicht mitarbeitsbereit usw.<br />
Die folgenden Ausführungen orientieren sich an zwei Bezugspunkten:<br />
� Seit vielen Jahren werbe ich – und zwar weitgehend erfolglos – für ein<br />
integratives Konzept von Sicherheitspolitiken, bestehend aus Familien,<br />
Kinder- und Jugend-, Sozial- und Innenpolitik.<br />
� Während in den 1970er Jahren die Formel Offensive Jugendhilfe Ausdruck für<br />
ein progressives, emanzipatorisches Selbstverständnis der damaligen Jugendwohlfahrt<br />
war, schlage ich nunmehr die Leitformel Integrierte Jugendhilfe vor.<br />
Diese beiden Grundgedanken<br />
− Sicherheitspolitiken als ein unerlässlicher Zusammenhang und<br />
− Integrierte Jugendhilfe als ein organisatorisches Programm<br />
sind Erkenntnis leitend für das vorgeschlagene Rahmenkonzept.<br />
2. Die Vorzeichen<br />
<strong>Es</strong> macht einen fundamentalen Unterschied, ob der Umgang mit ‚hochdelinquenten<br />
Minderjährigen’ aus der Perspektive des Strafrechts oder der Jugendhilfe diskutiert<br />
und praktiziert wird.<br />
Die Vorzeichen sind entscheidend.<br />
In beiden Systemen existieren unterschiedliche Denk- und Handlungslogiken. Das<br />
Jugendstrafrecht handelt in den Kategorien des Strafgesetzbuches und betont<br />
öffentliche Interessen nach Sicherheit. Die Jugendhilfe soll zwar auch die<br />
Sozialisation befördern, allerdings auf der Basis von freiwillig anzunehmenden Hilfeleistungen.<br />
Das Strafrecht straft und setzt damit Zwang ein.<br />
Die Jugendhilfe setzt auf freiwillige Zusammenarbeit.<br />
Strafrecht agiert distanzierter, Jugendhilfe teilweise parteilicher.<br />
Die Grundausrichtung ist unter anderem an der Sprache erkennbar.<br />
Reden wir von Delinquenz und Kriminalität?<br />
Stellen wir auf die Verantwortung des Täters oder die (Mit-) Verantwortung der<br />
Institutionen (verantwortlichen Erwachsenen) ab?<br />
Für beide Modelle <strong>gibt</strong> es fachliche Begriffe:<br />
Die Kriminalpädagogik ist dem Strafrecht (einschließlich Strafvollzug) eng verbunden.<br />
Die Devianzpädagogik dagegen prüft alle Vorgaben: Gesetze, Institutionen,<br />
Theorien, Begriffe, Konzepte, Praxis und Forschung daraufhin, von welchen<br />
Annahmen sie ausgehen und wie sie tatsächlich wirken, nicht zuletzt aus der<br />
Sicht von WILLY.<br />
Folglich wird zwischen dem ‚Störer-Paradigma’ (Defizit-These) und dem Hilfe-<br />
Paradigma (Normalitätsthese) unterschieden.<br />
Meine Position ist eine devianzpädagogische. Das heißt, ich betone zunächst den<br />
Vorrang ‚struktureller Mitverantwortung’.<br />
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