Prof. Dr. H.-J. Plewig-Es gibt keine hoffnungslosen Fälle_2_
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Sie er<strong>gibt</strong> sich aus den Gesetzen und den Aufgaben der jeweiligen Politikbereiche.<br />
Innerhalb jener muss es eine Hierarchie geben. Sie folgt aus dem Rechts- und<br />
Sozialstaatsgebot.<br />
<strong>Es</strong> geht um Schutz durch und auf Grund von Gesetzen.<br />
<strong>Es</strong> geht um ein Minimum von außen zu gewährender sozialer Teilhabe.<br />
Das Leitbild der Devianzpädagogik lautet: Möglichkeiten erkunden, nicht Defizite<br />
und ‚Ungeeignetheit’ in den Vordergrund stellen.<br />
Dieses Bild vom Staat wird ergänzt vom Menschenbild: Für wie verantwortlich<br />
dürfen und müssen wir wiederholt delinquente Jugendliche halten (vgl. unten 3.2)?<br />
Im Hinblick darauf, wie die Verhältnisse sind und wie sie professionell verbessert<br />
werden können, geht es nun um devianzpädagogische Inhalte.<br />
3. Inhaltliche Grundlagen<br />
Vielfach wird unterschätzt, in welchem Unfang interdisziplinäres Wissen (Theorie,<br />
Methoden, Forschung) für die Behandlung des Phänomens ‚Hochdelinquente junge<br />
Straftäter’ erforderlich ist. Der Leitgedanke lautet darum: Was muss ich wissen,<br />
was muss ich können? (vgl. dazu die ZJJ seit Heft 2/2003 und umfassend die<br />
Ergebnisse des 26. Deutschen Jugendgerichtstages 2004).<br />
Für die schrittweise Beantwortung dieser Fragen steht vorab fest: Im Wettbewerb<br />
und in der Zusammenarbeit der einzelnen Politikbereiche gilt der Vorrang der<br />
Jugendhilfe, unterstützt von Maßnahmen der Familien- und Sozialhilfe.<br />
Die Jugendhilfe muss sich bekennen zum Leitbild: Wir können das. Wir schaffen<br />
das auf der Basis von ‚Freiwilligkeit’.<br />
Wir machen weitgehend geschlossene Heimunterbringung, Jugendarrest und<br />
Jugendstrafe überflüssig. Die Jugendhilfe muss verdeutlichen, was sie unter<br />
‚erfolgreich’ versteht (vgl. B 1.) und sich ggf. gegenüber kriminalpädagogisch<br />
begründeten Forderungen abgrenzen.<br />
3.1 Wirksamkeit und Interventionsberechtigung<br />
Die Wirksamkeitsforschung hat vor allem mit dem SHERMAN-Report (1997; 2006)<br />
traditionelle Erkenntnisse der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik bestätigt:<br />
Punktuelle, aktionistische, auf primitiven Verhaltenstheorien basierende Eingriffe<br />
haben kaum langfristige erwünschte positive Auswirkungen.<br />
Der Umgang mit hochdelinquenten jungen Menschen stellt eine komplexe<br />
interdisziplinäre und interinstitutionelle Leistung dar. Der Verlauf von hochdelinquenten<br />
Karrieren kann länger andauern. Die Vielfalt belastete Lebenslagen<br />
macht offenkundig, dass selten kurzfristige Wunder erreicht werden können. Aus<br />
professioneller Sicht ist von einem längeren Prozess biographischer<br />
(Um-)Orientierung auszugehen. <strong>Es</strong> <strong>gibt</strong> verschiedene bedeutsame,<br />
konfliktspezifische Phasen im Leben dieser hoch Belasteten (Familie, Schule,<br />
Gleichaltrige, Pubertät, <strong>Dr</strong>ogen, Außenseiterkarrieren usw.). Dementsprechend<br />
bedeutet Wirksamkeit jeweils etwas Unterschiedliches.<br />
Das müssen die beteiligten Institutionen übergreifend berücksichtigen:<br />
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