JS-Schmerzphysiologie-2-mt-2001 - Weiterbildungsträger Manuelle ...
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Schmerz - Entstehung, Leitung, Verarbeitung<br />
und physiotherapeutische Beeinflussung, Teil 2<br />
I. Schomachel<br />
Willstätt<br />
Zusammenfassung: Schmep ist das häufigste symptom, das<br />
Päti€nter zum Aftt und physiothe.apeuten führt. Es werden<br />
die physiothe.äpeutischen Möglichkeiten aufqezeigt,<br />
Schmerl ln den verschiedenen Ebenen seiner Enktehung, Lei<br />
tlng und Verarbeitung zu beeinfllssen. Ziet des Beitrags ist<br />
die Schaffung eines Konsens zum schmeu. Unklare Aspekr€<br />
zum fhema werden äbs.hließend zur Diskussion gestetlr.<br />
Schlüsselwörter: Schmez - physioloqie des schmerzes -<br />
physiotherapeutische<br />
Schmerzbeh.ndlung<br />
summäry: Pain is the most common sympto<strong>mt</strong>aking patients<br />
to the docto. or physiotherapist. The aüthor describes the<br />
physiotherap€utic possibilities to @ntrot pain on its djfferent<br />
levels of origln, transmission and digestion. The aih is to<br />
.reate a consent to päid. Unseftled aspects of the topic are<br />
Put !p to discussion.<br />
(eywords: Pain - measurement , classification - physiotosy -<br />
PhysiotheraPeutic treatment<br />
il Schmerzbehändlung<br />
Die Behandluns von Schmerzen greifr an den verschied€nen<br />
Ebenen def Schmerzentstehung, leitüng und venrbeihrng<br />
an und kann entsprechend unrerteilt werden. Im Fotgenden<br />
wird auf die komplexen Wirkrngsweisen der Medikamenre<br />
verzjchtet. Es sei jedoch beront, dass ihre Effektivirät groß<br />
ünd jn d€r Behandluns hoch akurer ünd peßistierender<br />
Schmerzen oft unerlässlich ist. Man denke nur an die Zahnarztbehandluns<br />
ohne Lokalan:isthesie oder die Operation<br />
Auch die seit der Antike gebräuchliche Schmerz b€handluns<br />
mit opiüm {lsra€l 1968), in Form der Exraktion des feinen<br />
Morphins durch den deutschen Apotheker Fded ch Wilheln<br />
Se.lürner (1781 1841 ) verfeinert, isr nach wie vor aus der<br />
Schmerzbehandlung nicht weszudenken {Metrack u. Wall<br />
1996).<br />
Dje wohl vorrangigste Aufgab€ des Physiotherapeüren besteht<br />
in def möglichst frühzeitigen Besserung bzw Beseiti-<br />
<strong>Manuelle</strong> Therapie 5 (<strong>2001</strong>) ll2 120<br />
o CeorgThieme Verlag Stuttgart, New Yo.k<br />
ll anUeq&," Fachwissen; schmerz<br />
gung der L:isionsußache, die für den Manualthe.äpeuten als<br />
Fünktionsstömng im arthro-neü.o-muskulären System zü sü<br />
chen ist. Hinzu kom<strong>mt</strong>die Förd€rungdes üngesrörten Ablaufs<br />
def physiolosischen Wundheilung und die Steiseflrng def Belastbarkeit<br />
der cewebe (van den Berg 1999).<br />
Zur Verringerung des Schmerues können durch geeignere<br />
physiotherapeudsche Maßnahmen die Erresbärkeir der peripheren<br />
Rezeptorcn gesenkt und im ZNS sowohl die catecontrol<br />
Mechanismen als auch die abst€isende Hemmung<br />
stimuliert werden- Die posirive Beeinflussung der kognitjv-<br />
€motionalen Verarbeitung der Schmerzwahmehmung kann<br />
ebenfalls zu einer Linderuns führen. Dazu gehöft sowohldie<br />
sachliche Instruktion zunl Umgang lr]it dem Schmerz (Verhaltensrcselung)<br />
als auch die positive BeeinflussuDs des<br />
emotionalen Empfi ndens.<br />
Ineflektive Therapieansätze müssen fnihzeitig efkannt und<br />
geände.t werden. Lang andaüemde Schmerzen führen zur<br />
genännten Hyperseosibilisierüng der peripheren Rezeptoren<br />
und des ZNS und begünstigen damit die Entstehungdes chro<br />
nischen Schme|zes. Daher sollte jeder Therapeur zum wohl<br />
seines Patienten die eigenen Crenzen bei der Schmerzbe,<br />
handlLrns €rkennen, um gegebenenfalls konsequent und<br />
möglichst schnell die Hilfe anderer personen des B€hand<br />
lungsreams zu sucnen_<br />
' Behandiung in Systen der schmenentstehung<br />
Be s ei ti gun I d e r Schad e n s ur sac h e<br />
Eine mechanische Gewebezerstörung sowie eine zü sräfke<br />
Beansprüchuns dürch Zug und Druck, sofern sie die Belastbarkeit<br />
der Gewebe überschreiten, führen direkt zur Stimu<br />
lation der Nozizeptoren. Die Behandlüng beinhaltet fotgtich<br />
eine riögliche Beseitigung der Schadensursache. Haltungsund<br />
Bewegünssforrnen, die zur Einwirhng zu großer äußerer<br />
Kräfte führen, sind daherzu vermeiden. Das ungewohnt lange<br />
und schwere Afbeiten in vo.nübe. gebeugter Rumplhalrung<br />
bei ein€m akuten Bandscheibenvorfall isr ein einleuchrendes<br />
Beispiel füf eine zu verneidende B€lashrng, die schme|z aus<br />
Iöst-<br />
Neben der Korrektur des (äußeren) Haltunss- ünd Bewe,<br />
sungsve.haltens ist besonders die Optimierung de. (innefen)
Schmetz Entstehufg. Leit!ng, Veraüeit!ng und physiotherapeutische Beeinfluss!nq, Tell 2 N4anuell€ TheEpie 5 (<strong>2001</strong>) 113<br />
Merke: Ansätze der Physiothe.apie in der S.hmezbehandlung<br />
System der Schmerzent5t€hung Bes€iugungdef vofallemmechafis.hen 5chadensußache(n) dosieftesBewegen<br />
Fijrderunq des ungestörten Ablaufs der physloloqischen Wundhei<br />
üns<br />
Steigerung def Be astbarkeit def 6ewebe<br />
- schnep inderung durch M nderung der En€gbtrkeit pe pherer<br />
systeo def Übedügun9<br />
systen der WJhrnehnung<br />
cate co.hol system<br />
abneigende Hemmunq<br />
Schmez indetung: koqnitiv.emotiona e Vefa|beitLng def 5chmep-<br />
FLrnktionen von Bedeutung, die eine physiologische Halturg<br />
und Bewegung efmöslichen. Dies b€trifft physiotherapeutisch<br />
betrachtet vo. allem die A.throldnematik, d.h. das phy<br />
siolosische Rollgleiten def Celenkflächen. sowohl Bewe<br />
güngseinschr;nkunsen (Hypomobilitäten) als auch Ubefbcweglichkeiten<br />
(Hyp€rmobilitäten) können zu einef urkontrollierten<br />
Belastung von Ceweben vom Celenkkno.pel bis<br />
hin zu den bewegenden Mlskeln ünd danit zu Miko bzw.<br />
Makroträumen führen.<br />
Alle Fakroren. die die Ctundfilnktion des Rollgleitens stören,<br />
sird jn def Physiothe.apie zu berücksichtigen. Daz! gebören<br />
,owol' fin"dsse de, rF,hdlis.tFr B-segrrg 2ppd r., rl.<br />
auch seines neurologischen steuersystems und des angiologischen<br />
Veßo.sunsssystems. Das Erieben der Beweglng, die<br />
Emährung und andere Faktoren sind zusätzlich zü beachten.<br />
Bei def Bewegungstherapie ist es wichtig, nozizeptorische<br />
Reize zu ve|meiden. dje F€hlinnervationen und damit unphysiologische<br />
Bewegungsabläufe zü. Folge haben. Daher sollte<br />
die physiotherÄpeurische Behandlurg generell schmeztiei<br />
sein (Ausnahnen s. u.l.<br />
Fördenlng des ungestörten Ablauß det physiolagisclpn wund<br />
heilung<br />
- Mlt zum dosierten B€wegen<br />
- positiv€ Bee nflu$ung<br />
- eventue I lllie beim Umqänq<br />
(Reiffeßcheid<br />
u. Weller 1989, de Moree 1997, lan den Be.g<br />
1999).<br />
Steigerung der Belastbatkeil der Cewebe<br />
Die Belastungsabhängigkeit f= stress dependenc€l aUer Bindeund<br />
Stützgewebe erklärt ihfe atrophische Reaktion (At.ophie<br />
. Rj.kbrldr rg Fi rFc orgar\ oder "ire. Cewebe.l dul Un.belastuns<br />
(Akeson et al. 1992). Die dad'rrch verminderte cewebebelastbarkeit<br />
macht diese anfällis fü. Uberbelanung<br />
und da.aLß resültierende Mikro- und Makrotraumen, die<br />
letztendlich zur Degeneration und zu Schme|z führen.<br />
Die Komplexilät dieses G€schehens wird z. B- bei der osteoporose<br />
deutlich. Bewegungsmangel eryibt einen verminder-<br />
,Fn I\ ro.rprb ld Ingcre T LrdfehlhJ.(un8fr f'1 /u erner r"<br />
chanischen Meh.belastung der Knoche[ z.B- der ventfa]en<br />
wifbelköfpe(eile dufch Hyperkypbose der BWs {Klümpel<br />
1994).Vi€lschichtige hormonelle und metabolische Faktoren,<br />
die auf den Knochenstoffwechsel einwifken, sind neben Bewegung<br />
ünd Haltung mit aüsschlaggebend. Da.aus ergibtsich<br />
die Notwendiskeit einer plu disziplinären Behandlung.<br />
schmenLindenlng durch Minderuns der Effesbo*eiL peiphercr<br />
D.uck und Zugbeanspruchung dufch Bewegung in für alle Neben der mechanischen stimulieruns def Nozizeptoren ünd<br />
Gewebe des Bewegurgsapparats def funktionsefhaltende ande.er Rezeptoren führen chemische Stoffe der zerstörten<br />
R€iz. Dies gilt auch für di€ sich bilderden Narben- und Repa- Gewebe und des Entzündungsprozesses zu ihrer gesteigeften<br />
rationsgewebe w;hrend der Wundheil ng. Hinsichtlich der Erfegbarkeit. so hat beispielsweise Sauerstoffmangel in Mus-<br />
Dosierung der Eewegungstherapie ist zu beächten, däss die kel durch eine Abwebrspanmrng (Spasmus) eire Ubeßäue-<br />
spannuns aui die ve.letzten cewebeteile diese während der runs und damit Schnev zu. Folge. Eine Verbesserung der<br />
WundheilLrng nichl eneut schädigt. Die Immobilisation in Durchblutüng (im Müskel auch durch entspannende Maß<br />
def akuten Entzündungsphase ist eine wesentliche und leidef nah'nen) lördert durch ,,ALlsspillen" den Abtransport dieser<br />
olt v€rnachlässiste Maßnahme (de Morree 2000).<br />
SchneEmediatofen und bewirkt eine bessefe Saue.stoitue.<br />
sorgung def c€webe.<br />
Die Phasen der Wundheilung mit den entsprechenden thera<br />
peutischen Bewegrlngsbinweisen sind in Tabelle 5 dä.gestel1t Es wi.d angenommen, dass Kälte einen biochemischen<br />
SchmeEmediator (Fakto. Pl durch lnaktivieruns redu,jeren<br />
kann. Dies erklärt wahßch€inlich die dürch Kälteanwendun<br />
sen zu erzielende schmerzlinderung. Dasegen erscheint die<br />
.'"trry''T€ryry<br />
Fachwissen: schmerz tlnnUgl,!6"<br />
"
114 N4anuelle Th€rapie 5 {<strong>2001</strong>) j. schoma.her<br />
Iab.5 Phasef de.wundheilunq des Btndeqewebes<br />
4.-14. Taq)<br />
ca.5.-2r.<br />
rug<br />
160. Täg<br />
- Eiodflfgen der cefäße und Eifwandeff voi<br />
Leukoztten, Mäkrophag€f rid anderen Z€lie.<br />
E nwandem von F brcblastei !nd and€ren Z€l<br />
Steigerung der Aktivität der Flbrobaster<br />
Prc lfc€uon (= Wucherunq) de. zellen !nd Fa<br />
sern, vor a €m von Ko agen TyP rrl<br />
EReuqung vön crundsubstanz (Mat|x)<br />
- st€igeru.g de. Pfod!ktion von Cr!ndslbnanz<br />
Dickenzunahme der kolläsenei FAern !nd<br />
dercn Umwand unq vom weolqef belastba.en<br />
Typ lll ln den stäbilen Typ (bzw. Typ l)<br />
- Vermlndetunq def Anzahl ünd weitere Um<br />
wand un9 der Kollaqenfasem<br />
- O entietung def Fas€rn entspre.hefd der<br />
Spannunq bzw. der Belanlng des Cewebes<br />
- RuhigstellL.q der veret2ten Cewebetei€. lf<br />
defen leine Spdnnuhg entstehen so<br />
- spannungsfr€ie Bewegungen sind ndglich ud<br />
empfohlen. tofe.n lm veretzten Cew€be ke ne<br />
spa.iunq entsreht (Rouzaud 2000)<br />
- Dies ist der Fal , wenn die Läsiof klein ist und<br />
bena.hbarte Ceweb€anteile oderOsteosyfthe<br />
sen bzw S.hiefef dle belm Eewegen ertste<br />
lrefde Spannung übemehnen können<br />
Beginn voßlchtiqer B€we9!ngen, ohne Sponnung<br />
aufdie belrotfenen Gewebeteie zu bi.qef<br />
leqi.f de.zlrehmender tparnlnq beih efdgra<br />
dlg€f Beweqef auch alf die betfoffenen Cewe<br />
- zunehmende 5.e&4i9 der Bew€gLngen bis<br />
aß Ende d5 Ausnaßes<br />
- vemehrte Eeaslunq d€s verlet2ten Gewebes<br />
oft genannte Senkung der Nervenleirgeschwindigkeit al5 Ef (d.h. als schmerz währgenommen) \verden, während sie für<br />
kläruns ansesichts der (längsamen) Leitungsgeschwindiskeit sich alleine lnbemerkt sebljeben wäre (Butlef 199s).<br />
von 0,5-2 m/s der c-Fasern als unbedeutend.<br />
Bei der physikalischen Therapie ist zu bedenken, däss wie<br />
Wärme führt zu einef Erböhung der schmerzschwelle und de.holte noxische (- schädig€nde) Reize die Schwelle der Re<br />
überdie Mehrdufchblutung zu einem Abtransportvon Rezep zeptoren senken und dadürcb evenluell aufDauer eine Chfo,<br />
tor sensibilisierenden Substänzen. Cleichstrom kann das nifizierung des Schmerzes einleiten können. Aus diesem<br />
Membranporenzial der Rezeptoren ve.ändem und so die Crund sollte die Physikalische Therapie schm€ülr€i sein<br />
Reizschwelle erhöhen.<br />
(Ausnahme s. u.).<br />
Einer der sensibilisierenden, durch Entzündüns freis€s€rzten<br />
Faktoren ist Prostaglandin, durch dessen Hemmung nichtsrefoidale<br />
Antirheümatika (das älteste ist Aspi n) peripher die<br />
Schme|zempflndlichkeit senken.<br />
Efferente sympathische Fasefn können Noradrenalin sezefnieren,<br />
das bei alpha-adrenergen Rezeptofen mögliche.weise<br />
die Enpfindlichkeil verstäiken kann (cifiord 2000). Dahe.<br />
kann die allgemeine sympathische Aktivitär auch einen Einflüss<br />
auf die Erfesbarkeit der Rezeptoren im Ceweb€ haben.<br />
Damit lässt sich zum Teil die schmerulindemde Wifkrng<br />
physiolh€rapeutischer Maßnahmen erklär€n, die wie die Bin<br />
d€gewebsmassage vor allem auf das vegetative NeNensys<br />
Die Mindetung bzw. Entfemuns eines im cewebe nozizeptorischen<br />
Reizes inl Verlaufdes Nervs hat eine Efhöhung seiner<br />
Schmerzschwelle und damit auch seine verringefte Eüegbar<br />
keit zur Folge. Dies silt besonders für das Doübl€ rnrrh pienomenon<br />
(doppeltes Quetschungssyndrori), bei dem eine 2.<br />
Läsion zu einer Steigerung def Empfindlichkeit des Nervs<br />
führt. Dadüfch kann die anlangliche Läsion klinisch relevant<br />
ltl au n$!9,," Fa.hwissen: schmerz<br />
Therapien, die die Crenze des schnerzhalten erreichen, sind<br />
nur in Sonde.fällen geboten, wie z.B. die DehnLrng von Nar<br />
bengewebe de. Haut nach Vefbrennungen oder bei Pleuriris<br />
zuf Verhind€runs einer Pleufaschwarle. Bei den bislans an,<br />
sesprcchen€n periphercn Mechänisnen sind möslichelweise<br />
zunl Teil die spinälen odef höheren ReaktioDen (mit) ent<br />
scheidelrd für den Therapieerfalg.<br />
Behondlung in System der übertragung<br />
venn eidunq zentraler Hpersensibilisierung<br />
Die komplexen Vorsänse im ZNS stellen ein ZusammenwiF<br />
ken verschiedener Faktofen von Eregung und Hemmung dar.<br />
Wiede-holre Lrd ärg irdauFrrdF sch nFr,,Fn fiFr"n 7u Fire<br />
Steigerüng der Exzitabiljtät und damit zu einer zenträlen Hypersensibilisie.ung,<br />
die es zu vefmeiden gilt. Die noxischen<br />
Afferenzen aus der Periphe e müssen daher so sedns wie<br />
möslich gehalten werden
S.hme|z Entstehung, Leitung. Vera.beltun! und physiotherapeutische Be€inilLrssung, Tell2 [4anuel€ Th€rapie 5 (200]) 115<br />
Merke: Behandlung id System der Schmerentetehung ond -zuleitlng<br />
Beseitisung def (mechafischen) SchadensuF - Ko ektu. des (äußefen) Naltunss lnd<br />
Kotrektlr d€r das Ro qleiten störcndentuktoren (2.8. Mechanik, Neu.oloql€....)<br />
Steigerurq der Eelastbarkeit der Cewebe<br />
Senkun! der Ereqbafkeit<br />
Die schnelle BehandlLrng ffisch€r Vedetzungen mit schmerz<br />
hemmenden N'laßnahmen ist daher zur Vermeiduns def zen<br />
tralen Hypersensibilisie.ung angezeigt (Melzack Lr. Wall<br />
1996, s. 178).ln der Sportthe.apie !vi.d dies durch die solor<br />
tige Anwendung von Käite, Komprcssion, Hochlagem und Ru<br />
higstellüng erreicht. Auch der cründsatz, dass Physiotherapie<br />
keinen schmerz pfovozieren soll, findet hier eine Beg|ündung.<br />
s ch me I zlinderu ry im cat e-conarol-Sysf em<br />
Sensorische Reize vor allem dickfase.iger beta Alferenzen<br />
(2.8. M€chanofezeptoren) können die komplexen Vorsänge<br />
zwischen lnhibirion und Exzitation in der Substantia gelalinosa<br />
Rolandi des Hintefhorns beeinflussen. Entsprechend der<br />
cote-Control:Thearie (Abb. 8l hemmen sie die Übertragtng<br />
vof allem def nozizeptiven C Faserinpulse (Melzack u. Wäll<br />
1996). Kälte, Wärme, Dtuck ünd Zog (dürch Bewesuns und<br />
N-'lassase) ebenso wie Hitze (heiße Rolle) ünd bestim<strong>mt</strong>e<br />
\rrö"ne def Elelr or\e dpie 5ind in der fhv5'o heriDi" j'gF<br />
wandte Stimuli, die über beta-Fas€rn hemmend auf diese<br />
SchmeEtore wirken. Diese sensorische Modulation ist ein<br />
Hauptansatzpunkt der allsemeinen Schmerzbehandlüng in<br />
der Physiotherapie.<br />
Schnetzlinderun! durch absteicende Hemmung<br />
Von den äufsteigenden nozizeptiven Leitungsb:hnen gehen<br />
Abzweigunsen in die Formatio reticulads (Visilänz = WachsamlGit)<br />
ünd in das periaquäduktale Clnu (in Medulla ünd<br />
N-'lesenzephalon) ab. Diese Hi.nsebiete haben eine onnnozi'<br />
zeptire F.rnfttion, d.h. sie können eine absteigende Hemmung<br />
auf die Ubeftrasungsstellen im Hinterhorn aurlösen (He<br />
1992). Dies geschiehr teils über Nerue|bahnen und teils über<br />
die kö|pereigenen Opiate (Endorphine, Enkephaline, ...).<br />
Entzünd!n!sphase: keine 5pannrng aüf die Läslon (evt. Ruhlgst€llü.q)<br />
Po ferauonsphase: Bew€ge. ohre spannug<br />
konsolidlerungsphaser Bewegen mit zunehmender Spännu.g<br />
RenodeLierurqsphaser B€weSen mit€ndqradlqef 5pann!nq<br />
Belastunqsabhänqigkelt aller Binde und stüt2!ewebe: otqane üha ten sich d!rch ihre<br />
veminde.te 8e astbarkelt i schne efe Uberbeänuog mlt [/ikro- !nd lvlak.oha!mata, die<br />
sch ne2 vetußachen können<br />
,,Auswas.hen von s.hmerzmedhtofen (Durchblut!igseAöhun!)<br />
Wäfme senkt Ercqb.fkeit def Re2eptofc. und efhöht Du.chblutung<br />
Cleichstrom efhöht die Reizs.hwe e<br />
Freisetzung von Nofadrcnalin du.ch effereite sympathische Frem<br />
Entfeffuns welteferschmepq!elen (double.tush ph€iomeioi)<br />
Aurnohmej nolwendlge cewebedehnlnq k.B. Brandnaö€f, P eurt t<br />
ko atefal€rAstvon<br />
A.b€ta Faser<br />
I s,bstant"c"tontno,unounai,<br />
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lri.ll"",ll::l"'<br />
e,zitätoris.hes \ffi<br />
Inremeu rcn<br />
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ko lat-"6LeA3tvon<br />
A de tä- buw. c'Faser<br />
Abb, I 5.hematis.he Übeßlcht über dle cate'cöntrol Theofle.<br />
Fachwissen: s.hmerz tlaun4{!ß".
ll6 l,4änuelle Therapie s (200])<br />
Zu dieser Tätigkeit we.den die Formatio reticulads und das<br />
periaquäduktale Crau durch rllgemeine Bewesunssreize(be<br />
sonders läns andauernde) anger€gt, weshalb Ausdaüertärig<br />
keiten eine schrnerzlindernde Wirftung haben. Auch be,<br />
stim<strong>mt</strong>e Stromform€n können die absreigenden Hemmmechanism€n<br />
fördern. Diese deszendierende Henmung der<br />
SchmeEübert.agung geht nicht vom segmentalen oder parasegmentalen<br />
Bereich aus. Di€ Formatio fericularis ünd das<br />
periaqüäduktale Craü können daiüf von überall, d.h. sowohl<br />
von anderen Reizen aus der Pedpherie als auch ourcn eno<br />
t'on:le Einflüsse stimulieft werden. Die Mechanismen erklä<br />
ren die mehdach nächsewies€ne Placeboanalsesie und könnlen<br />
auch der entscheidende Fakto. bei der Akupunkuf sein<br />
(Eenedettj 1997).<br />
Merke: Eeh.ndlung im systed der überrraglns<br />
Vermeidung derzentralen Hype߀nsibilisie.ung (senken der noxischen<br />
Afferen2€n in der Peripherie)<br />
Hemmuig 'l<br />
- Cate-Contfol System im fllnt€rhorn<br />
- Deszendierende Hemmme.hänisnen von der Fornatio rcicLtaris<br />
und dem periaquäduktalen 6fau<br />
Eine klassische Ausnahme des Prinzips der schmerzfreien Behandlung<br />
bildet diesogenannte counter-irdtation (cesenreizmg),<br />
bei der ein mechanischer oder elekt.ischer Zweitschmer<br />
(herd- bzw segmenrnah) pfovozierr wird, un den<br />
beklagt€n Schme.z zu lindem. Beispiele hierfür sind das blutige<br />
schröpfen oder die ,,schmerzhafre Fdktionsnrassase", die<br />
bei effabrenen Manualtherapeukn sesehen weden kann<br />
(Melzäck u. Wall 1996).<br />
Die Counter i.ntationwAd vofallenl bei starken chronischen<br />
Schmerzen angewandt; ihre theoretische Erldä.ung stehr<br />
noch aus (Melzack ü. Wall 1996). Aulgrund def genannten<br />
Möglichkeit, dass sich wied€rholter Schmez selbst bahnt<br />
und chronifiziert, muss die Ind;kation mit überleguns und<br />
Vorsicht gestellt werdenl Dafür sprechen aüch negative vegetative<br />
Reaktionen, die bein Patienten aultreten konnen.<br />
Behondlung in systen det Wahmehnung<br />
k hn erz 1 in d e nt fl E d urch ko enitiv - e no tio n a I e V e rc rb eitung d er<br />
Schmerzwshmehmung<br />
Kognitiv verhaltenstherapeotische Ansätze haben vof allem<br />
bei chronischenSchmerzpätienten einezunehmenoeAnwen<br />
dung gelunden (Hafdins 1998, Waddell 1998). Unter dem<br />
Begnff S.hmeEcoptns (= schmerzbewältigong) wefden folgende<br />
V€rfahren eingesetzt:<br />
- das Einüben Schme|z verhütenderund verdeckender Verhaltensweisen;<br />
hieru zählt auch die positive Beeinflussung<br />
der Stimmungslage durch den Physiotherapeuten;<br />
- das Betonen der (langsamen) Rückgewinnuns der Funktion<br />
statt der Konzenkation aüf den (noch vorhandenen)<br />
Schmerz. Dies ist ein wicbtiger Aspekt für den Physiothe-<br />
llnnq'1fu ,," Fachwissen: s.hmerz<br />
J. schomacher<br />
rapeüten, da ef den P:rienten diese Fünktion real erteben<br />
Die schmerzwahrnehmuns wird durch den Affekt (= heftige<br />
Eresuns, Zustand außergewöhntichef seelischer Ange<br />
spanntheit) ünd die Emotion (= Cemütsbewegung, seelische<br />
Lrregurg'de\ lr.renren sll k bceinflu(
schmerz Entstehunq, Leitunq, Vela$€itunq und physiotherapeutische BeeinllLrs!Lrnq Teil 2 vlanuelle Theraple s (<strong>2001</strong>) 1'17<br />
zes, obwohl ich dafür plädie.en wüfde, diese nehr auf die<br />
Funktionsstörungals äuf anatomische und strukturelle 1-äsio-<br />
Antworten hieraüf könnten ihr Forum - auch in Fom einef<br />
Die kognitiv-vef haltensthef apeutischen Therapieansätze sol- Diskussion in dieser Zeitschrilt findenl Hieür sind die<br />
len daher nicht außefAcht selassen wefden, sonde.n die Ma- deutschsprachigen Physiothef apeuten angesichts der interna<br />
nuelle Therapie ergänzen, wie dies 'n den IFOMT-Standards tionalen Entwicklung aufg€fordef t.<br />
beschdeben ist (lF0MT 1992).<br />
tLlerke kognitiv-.dotionale Ve.arbeitu.g der Schdezwährneh-<br />
schmeRbewältisung (schmerzcoplng)<br />
- Einüben schmerz verhütend€r und - vefdeckenderVerfahren;<br />
- Betonlnq des (la ngn men) Wiedersewlnnens d€r Funktion (wlch<br />
tigef Arpekt für die Physlothefapiel)<br />
Eed.hter Affekc und Emouo. prägen die schmezbewältig!nq !nd<br />
können du.ch eln fdhliche! 2uveflichtliches Auftret€n des Physio<br />
the€peuten positiv beelnflL$twerdenl<br />
sage angewandt. welche Parameter existieren zur Indika<br />
tion, Wahl der Technik und ihrcr Dosie.uns?<br />
ä srhlussfolgerung<br />
.Every<br />
human being has a right to freedom from pain to tbe<br />
extent that our knowledge p€rmits health professionals to<br />
a.hieve this goal'(Melzack u. Wall 1996, Pretuce).<br />
oedes nenschliche Sein hat ein Recht aüf Fr€ihe't vom<br />
Schmerz bis zu dem Maß, zu d€m unsef Wissen die Cesundheitsberule<br />
befähigr, dieses Ziel zu erreichen.)<br />
s Diskussion<br />
Schmerz ist die bewusste, sowohl kognitive als auch emotio<br />
nal-affektiv€ Wahrnehmung der Nozizeptjon. Der Rezeptorenschmerz<br />
registriert periphere Geweb€schäden, während<br />
Dieser Beitrag möchte zur Diskussion und Ergänzung anre- der neuropathische Schmerz auf einer dirckten Läsion bzw.<br />
gen. Es ist an defZeit, dass Physioth€rap€uten ihf Wissen und Veränderung der Nervenaxone ünd def Umschältstellen im<br />
Könn€n zusammentragen, um geneinsam ihren Beruf zt1 ZNs b€ruht. Akuter Schmefz steht in einem m€hr odef wenr<br />
städ(en. Nur so ist die Basis zü schaffen, ihn auf dem 'Ce ger proporrionalen Verbältnis zu eirer Cewebeläsion, wäh-<br />
sundheitsmarld zu behaupten. Hiefür ist der Schmerz ein rend .hronischer Schmerz vof allem dufch die HypersenlibF<br />
geeignetes Thema, da er in fast allen Ber€ichen der Physio- lisierung der Umschaltstellen im ZNS geprägl ist. Diese Hy<br />
therapie von Bedeutung ist.<br />
persensibilisierung ist unter allen tlmständen zu vermejden.<br />
Daher soll die Physiotherapie bis auf wenige Ausnahmen<br />
Besonders zum chronischen schmerz stellen sich def Physio- schmepfrei sein und den Schmerz mit allen möglichen MiG<br />
therapie aktuelle Frag€n, die eine der Praxis dienliche Beantwortung<br />
erfordern. Das Vermeiden d€r Hypersensibilisierung<br />
teln rasch und elfektiv behandeln (Abb. 9).<br />
durch Reduktiondes Schmerzes und das Ceschehenlassen der Physiorherapeutisch sreht def mechanosensitive Charaktef<br />
physiolosischen Wundheilung der Läsion sind sicherlich die des Schmerzes im Mittelprlnkt: die Untersuchung findet heF<br />
wichtigste Prophylaxe.<br />
aus, welche Bewegung bzw Haltung mit den Schmerzen in<br />
Zusammenhang steht und wie diese in def Behandlung geän<br />
Doch wäs ist zu run, wenn der chronische Schmerz eingetre dert werden können, damit die Schnerzen nachlassen. Dabei<br />
ten ist? Zu diesem Problenbercich stellen sich folsende stellr die Hype.sensibilisi€runs des ZNs b€in chronischen<br />
Fragen:<br />
Schmeru ein größeres Problem dar als bein äkuren Schme.z,<br />
- Wie segm€ntspezifisch nüss die sensorische Moddalion bei dem die Bedingungen zrlr physiolosischen Wundheilung<br />
(N.,lelzack ü. Wall 1996) ausseübt bzw wie segmentnäh des cewebeschadens optimal gestaltet werd€n müssen.<br />
nüssen die mechanischen Alferenzen applizie* werden<br />
ond düfch die Interneurone wirken? sind dazu die spezifischen<br />
Techniken der <strong>Manuelle</strong> Therapie ertorderlich<br />
odef reichen z.B. bei chronischen Rückenpatienten allge<br />
mein aktivierende Bewegungsp.ogramme, wi€ sie delzeir<br />
propagie.t werden (voisjn et al. 1994, seeger et al. 1997,<br />
Beider Physiotherapie des schmerzes sind die folgenden An-<br />
Voisin 1999)?<br />
- lnwieweit wirken mechanische Reize allgem€iner Bewegungen<br />
aui die absteigenden Hemmmechanismen anre- - Senken der noxischen Afferenzen (Beheben der Schadensg€nd,<br />
und wie kann di€ allgemeine (lans andaüernde)<br />
Bewegung wirksamer e'ngesetzt werden?<br />
- Störungsfreier Ablauf der Wundheilüng (Troph'k T, Im-<br />
Wie stark ist die fationale und emotionale Modifikation mobilisation/dosierte Bewegung)<br />
def Schmeüwahrnehmung dufch kognitive Ve.haltens- Mindern der Rezeptorenempfi ndlichkeit:<br />
rhefapie, und wie kann sie der Physio- bzw. Manualthe ' wärme: erhöht die schnerzschwelle, fördert den Ab<br />
transport der Entzündungsmediatoren;<br />
Wie fünktioni€rl die Counter irritation? Sie ,,produziert ' Kälte: inhibitied biochemische Schmerzmediatoren<br />
Schne|z, um Schmerz zu lindem" und wird zur Erklärüng<br />
von Thefapien wie z.B. de. schmerzhaften Friktionsmas- .<br />
(2.B. Faktor P)i<br />
cleichstrom: erhöht die Reizschwellel<br />
f achwissen: schmerz tl anUfu .b
118 ltilanuelle Therapie 5 (<strong>2001</strong>) J. schomachel<br />
Abb. 9 zusammenfasende ÜbeEicht<br />
zum schmelzseschehen.<br />
RezeptorenschmeE<br />
Behaarte unbehaaft€Haut<br />
llan ldk ,. Fachwlssen: schmetz<br />
ne!roPatnG.herSchmeE<br />
f-,-.*,<br />
spinohalamicus Td.tus Com;issuDätba
S.hmerz Enistehufg, Leit!ng, Vefarbeilung !nd physiother:peLtisch€ Beeinfussurs. Teil 2 i\4anLrele TheEpie s (<strong>2001</strong>) 119<br />
. Synpathikotonus regülierenr dadurch weniger Frei I I CeNerc F, LairdJMA. One Pain or Many Pains? A New Look at<br />
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Dabei d.rf nicht vergessen werden, dass diese Cliederuns 19. Ciflo.d Ls, Brder D5. The Integrariotr of Pain sciences into<br />
didaktisch€f Nalu. ist und beim Menschen alle Ebenen miteinander<br />
verbunden sind und ein kompl€x€s, zeitgleiches Ceclinical<br />
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Viele offene Fragen zum Thema Schmerz bleiben weilef bestehen.<br />
Die Diskussion zu ihfer l(lärung sollte auch iD der<br />
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23. Hengeveld E. cedänken zuDr I'rdikationsbereich der li.lariüel'<br />
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Herrn P.ot Dr. med. W. Schmidt Kessen danke ich hefzlichst<br />
24. Hengev€ld E. cedank€n zun lDdikationsbereich der Nlanuellen<br />
Thehpie, Teil 2. Man!ell€ Therapie. 1999;3:2-7.<br />
fü. die äuslührliche Hilfe beim Efstellen dieses BeitGss und 25. IFOMT (lnternational Federation of Orthopaedic Manipuladve<br />
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J. Schomachel<br />
Bi.kenstraße 5<br />
77731 Willstätt Eckartsweie.<br />
ltlan u6l!9,," Fachwissen: schmen