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Physiotherapeutische Tests zur Symptomlokalisation im ... - Mt-omt.de

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Originalarbeit<strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong><strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>im</strong> HWS-Bereich*Teil 1Physiotherapeutic <strong>Tests</strong> for Symptom Localisation in the Cervical Spine AreaZusammenfassungAbstractJ. Schomacher60Nackenschmerzen sind weit verbreitet. In <strong>de</strong>r Physiotherapiebzw. Manuellen Therapie wer<strong>de</strong>n sie häufig einem Segment zugeordnet(<strong>Symptomlokalisation</strong>), auf das sich die Therapie konzentriert.Zur wissenschaftlichen Evi<strong>de</strong>nz dieses Teils <strong>de</strong>r Untersuchungbesteht noch <strong>im</strong>mer Unklarheit.Die vorliegen<strong>de</strong> Literaturanalyse untersuchte die aktuelle Studienlage<strong>zur</strong> Reliabilität, Validität und erfor<strong>de</strong>rlichen Genauigkeit<strong>de</strong>r physiotherapeutischen <strong>Symptomlokalisation</strong>stests.Die gefun<strong>de</strong>nen Studien ergaben jedoch keine klaren Aussagen.Die Verschie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r Studien<strong>de</strong>signs, <strong>de</strong>r angewandtenTechniken und Beurteilungskriterien sowie unterschiedlicheDenkmo<strong>de</strong>lle erschwerten einen Vergleich <strong>de</strong>r Studien. DieSchmerzphysiologie erklärt, dass Physiotherapeuten schwereine Schmerz auslösen<strong>de</strong> Struktur, wohl aber eine Korrelationzwischen Bewegung und Schmerzverän<strong>de</strong>rung fin<strong>de</strong>n können.Die notwendige Forschung <strong>zur</strong> physiotherapeutischen <strong>Symptomlokalisation</strong>erfor<strong>de</strong>rt die Beschreibung <strong>de</strong>s benutzten Denkmo<strong>de</strong>lls,standardisiertes Vorgehen und Beachtung <strong>de</strong>r Schmerzphysiologie.Neck pain is very common. In physiotherapy and manual therapyit is often attributed to a certain spinal segment (symptom localisation)to which treatment is consequently focussed. Scientificevi<strong>de</strong>nce for this part of examination is still unclear.This literature review analysed currently available studies concerningthe reliability, validity and accuracy of physiotherapysymptom localisation tests. The studies found did not allow anyclear conclusion. Differences in study <strong>de</strong>sign, applied techniquesand evaluation criteria and in the various conceptual mo<strong>de</strong>ls appliedma<strong>de</strong> comparison difficult. Our knowledge of pain physiologymay help to explain why physiotherapists have difficulty indistinguishing pain provoking structures but can i<strong>de</strong>ntify correlationsbetween movement and pain variation.The necessary research into physiotherapy symptom localisationtests requires a <strong>de</strong>scription of the applied conceptual mo<strong>de</strong>l, astandardized approach and consi<strong>de</strong>ration of pain physiology.Schlüsselwörter<strong>Symptomlokalisation</strong> · HWS · Denkmo<strong>de</strong>ll · Schmerzphysiologie ·Physiotherapie · Manuelle TherapieKey wordsSymptom localisation · cervical spine · conceptual mo<strong>de</strong>l · painphysiology · physiotherapy · manual therapyEinleitung„There are great dangers, or ‘reasoning errors’, in assuming thatjust because a tissue palpated or tested reproduces a patientspain it has to be the ’source’ of the problem“ [32].* Abschlussarbeit <strong>de</strong>s Bachelor-Studiengangs Physiotherapie <strong>de</strong>r FH Fuldaund <strong>de</strong>r Universität Marburg.Korrespon<strong>de</strong>nzadresseJochen Schomacher PT· Dorfstr. 24 · CH-8700 Küsnacht · E-mail: Jochen-Schomacher@web.<strong>de</strong>Manuskript eingetroffen: 6.12.2005 · Manuskript akzeptiert: 24.1.2006BibliografieManuelle Therapie 2006; 10: 60 –68 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkDOI 10.1055/s-2006-926710ISSN 1433-2671


HWS-Beschwer<strong>de</strong>n verlangen von Physiotherapeuten eine klinischeLokalisation <strong>de</strong>r Symptome, um einen geeigneten Ort fürdie Untersuchung und Behandlung zu fin<strong>de</strong>n. We<strong>de</strong>r <strong>im</strong> Inhaltsverzeichnisnoch <strong>im</strong> In<strong>de</strong>x <strong>de</strong>r englischsprachigen Standardwerke<strong>de</strong>r Autoren Boyling und Palastanga [12] sowie Grieve [33]fin<strong>de</strong>n sich die Begriffe Symptom localisation, provocation, localisationund alleviation. Auch physiotherapeutische Fachzeitschriften<strong>im</strong> <strong>de</strong>utsch- und englischsprachigen Raum berichtenkaum über die <strong>Symptomlokalisation</strong>, wohingegen sie in <strong>de</strong>utschsprachigenFachbüchern <strong>zur</strong> Manuellen Therapie häufig beschriebenwird [52, 57, 65, 73, 76, 95].Die <strong>Tests</strong> beruhen auf <strong>de</strong>r selektiven Bewegung einzelner Regionenbzw. Gelenke/Segmente, die an <strong>de</strong>r Symptom auslösen<strong>de</strong>nBewegung <strong>de</strong>s Patienten beteiligt sind. Kleine Unterschie<strong>de</strong> inAusführungs<strong>de</strong>tails und Interpretation erschweren die Vergleichbarkeit.In <strong>de</strong>n genannten Quellen fehlen Angaben <strong>zur</strong> Reliabilität(Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit) <strong>de</strong>r <strong>Tests</strong>. Dies mag einGrund dafür sein, warum sich in Leitlinien, die sich mit <strong>de</strong>r HWSbeschäftigen, keine Hinweise auf eine <strong>Symptomlokalisation</strong> alsTeil <strong>de</strong>r Untersuchung fin<strong>de</strong>n [4, 58, 61]. Selbst die Ausbildungsrichtlinien(Educational standards) <strong>de</strong>r IFOMT (International Fe<strong>de</strong>rationof Orthopaedic Manipulative Therapists) erwähnen die<strong>Symptomlokalisation</strong> nicht ausdrücklich [46].Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit versucht, diese Lücke durch die Suchenach Studien <strong>zur</strong> Reliabilität, Validität und notwendigen Genauigkeit<strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong> zu schließen.Vorkommen <strong>de</strong>s NackenschmerzesIhre weite Verbreitung macht HWS-Beschwer<strong>de</strong>n für Physiotherapeutenrelevant. Die Angaben <strong>zur</strong> Lebenszeitprävalenz von Nackenschmerzenvariieren zwischen 35–40% [58], fast 50 % [2]und 70 % [56]. Die Punktprävalenz (Schmerz am Tag <strong>de</strong>r Befragung)beläuft sich auf 5 – 10% [56] bzw. 9,5% für Männer und13,5% für Frauen ([84] Tab.1). Diese Häufigkeit erklärt die enormenGesamtkosten <strong>im</strong> Zusammenhang mit Nackenschmerz [55].Relevanz <strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong>Die <strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>im</strong> HWS-Bereich ist wichtig, weil sichdie hier entstehen<strong>de</strong>n Beschwer<strong>de</strong>n auf vielfältige Weise äußernkönnen, sodass nicht von vornherein klar ist, ob und woher sieaus <strong>de</strong>r HWS kommen.Galm et al. [30] berichten beispielsweise von Schwin<strong>de</strong>l, <strong>de</strong>r sichbei 24 von 31 Patienten (77%) durch Behandlung von HWS-Dysfunktionenbesserte. Neumann [62] ist <strong>de</strong>r Ansicht, dass bei 40 %aller Schwin<strong>de</strong>larten die Ursache in <strong>de</strong>r HWS liegt. Reid undRivett [67] fan<strong>de</strong>n in ihrem systematischen Review zu zervikogenemSchwin<strong>de</strong>l 9 Studien mit nur niedriger methodologischerQualität, die jedoch alle als positives Ergebnis eine signifikanteVerbesserung <strong>de</strong>r Symptome und Schwin<strong>de</strong>lzeichen nach ManuellerTherapie <strong>de</strong>r oberen HWS zeigten.Aufgrund <strong>de</strong>r Nähe zu <strong>de</strong>n trigeminozervikalen Nuclei und <strong>de</strong>r erfolgreichenBehandlung von Dysfunktionen in diesem Bereichsteht <strong>de</strong>r zervikogene Kopfschmerz in enger Verbindung zu <strong>de</strong>noberen 3 Segmenten C0–C3 [10, 49]. Die KISS-Symptomatik (Kopfgelenk-induzierteSymmetriestörung) mit ihren vielfältigen Auswirkungenbe<strong>im</strong> Neugeborenen und Heranwachsen<strong>de</strong>n wird erfolgreichmit Manueller Therapie <strong>de</strong>r Kopfgelenke behan<strong>de</strong>lt [6,7]. Beson<strong>de</strong>rs Funktionsstörungen <strong>de</strong>s Segments C0–C1 gelten alsUrsache für viele Beschwer<strong>de</strong>n bis hin zu Wachstumsstörungenwie die Skoliose [17, 18]. Wolf [94] schreibt <strong>de</strong>n Kopfgelenken,<strong>de</strong>n Segmenten C2–C3 und <strong>de</strong>m zervikothorakalen Bereich als mechanischenÜbergangsregionen eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu, dasich hier häufig Funktionsstörungen fin<strong>de</strong>n. Die HWS-Segmenteunterhalb C3 bewirken lokale, in <strong>de</strong>n Arm und oberen Rumpf ausstrahlen<strong>de</strong>Beschwer<strong>de</strong>n, sicherlich auch aufgrund ihrer anatomischenBeziehung zu <strong>de</strong>n Nervenstämmen <strong>de</strong>s Plexus brachialis.Viele dieser Ansichten beruhen auf Erfahrung und Meinung <strong>de</strong>rAutoren und nicht auf wissenschaftlichen Studien. Bei diesen zahlreichenSymptomen muss die <strong>Symptomlokalisation</strong> herausfin<strong>de</strong>n,welche Region bzw. welches HWS-Segment mit <strong>de</strong>n Beschwer<strong>de</strong>nkorreliert und genauer untersucht bzw. therapiert wer<strong>de</strong>n muss.Seit langem fin<strong>de</strong>n die Bogengelenke große Beachtung alsSchmerz auslösen<strong>de</strong> Struktur, obwohl theoretisch alle HWS-Strukturen Schmerzen verursachen können. Schon Bogduk undMarsland [9] konnten bei 17 von 24 Patienten durch diagnostischeBlockierung mit Lokalanästhetikum <strong>de</strong>s medialen zervikalenNervenastes bzw. <strong>de</strong>r Zygapophysealgelenke <strong>de</strong>n idiopathischenNackenschmerz temporär ausschalten.Dwyer et al. [23] führten zum Dehnen <strong>de</strong>r Gelenkkapsel bis zumAuftreten von Schmerz bei 5 gesun<strong>de</strong>n Freiweilligen 11 Injektio-Originalarbeit61Tab. 1Epi<strong>de</strong>miologische Studien zum NackenschmerzAutoren Fragebogenaktion Rücklauf ErgebnisseGuez et al. [36]CotØ et al. [16]Bov<strong>im</strong> et al. [11]Im Rahmen <strong>de</strong>s WHO-MONICA-Projekts(Monitoring of Trends and Determinants inCardiovascular Disease) in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n nördlichstenRegionen Schwe<strong>de</strong>nsIn einer nordamerikanischen Befragung(Gebiet Saskatchewan) zum Gesundheitszustandvon ErwachsenenIn einer randomisierten Populationsgruppein Norwegen6.000 von 8.356(72 %)1.133 von 2.055(55 %)7.637 von 9.918(77 %)– Prävalenz <strong>de</strong>r Nackenschmerzen: 43 %, Frauen (48 %) mehr als Männer (38 %)– Chron. Nackenschmerz (> 6 Mon.): 19 %– Lebenszeitprävalenz: 66,7 %– Punktprävalenz 22,2 %– Nackenschmerzen und Fähigkeitseinschränkung mit geringer Intensität in<strong>de</strong>n letzten 6 Mon.: 39,7 %– Starke Nackenschmerzen mit geringen Fähigkeitseinschränkungen in <strong>de</strong>nletzten 6 Mon.: 10,1 %– <strong>de</strong>utliche Funktionseinschränkungen durch Nackenschmerz: 4,6 %– Nackenschmerz <strong>im</strong> vergangenen Jahr: 34,4 %– Chron. Nackenschmerz (> 6 Mon.): 13,8 % (Frauen > Männer)Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


Originalarbeit62nen <strong>de</strong>r Zygapophysealgelenke C2–C3 bis C6–C7 mit Kontrastmitteldurch. Dabei zeigte je<strong>de</strong>s Gelenk eine charakteristischeSchmerzausbreitung <strong>im</strong> Kopf-Nacken-Schulter-Bereich, die auf einerSchmerzkarte festgehalten wur<strong>de</strong> [23]. Studien wie diese belegendie Annahme von Ursachen in einzelnen HWS-Segmenten.Daneben kommen auch an<strong>de</strong>re Gewebe wie die neuralen Strukturen,Bandscheiben und <strong>de</strong>r subchondrale Knochen als Schmerzauslöserin Frage. Der Lokalisation <strong>de</strong>r Struktur geht eine Lokalisation<strong>de</strong>s Ortes voraus, an <strong>de</strong>m diese Struktur neben an<strong>de</strong>ren liegt.Sie zeigt, an welcher Stelle untersucht und behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n soll,während Erstere erklärt, was untersucht und behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>nkann.Auch in Wirksamkeitsstudien <strong>zur</strong> Therapie mit spezifischen Bewegungenist die <strong>Symptomlokalisation</strong> von Be<strong>de</strong>utung. SystematischeLiteraturreviews <strong>zur</strong> Wirkung von Manipulation und Mobilisationzeigen unklare Ergebnisse. Hurwitz et al. [45] stellteneine kurzzeitige Besserung bei akutem Nackenschmerz, vonHeymann [40] eine gute Evi<strong>de</strong>nz bei akutem und subakutem,weniger bei chronischem Nackenschmerz fest. Hingegen fan<strong>de</strong>nHoving et al. [41] in ihrer Kriterien-basierten Bewertung von 25Reviews <strong>zur</strong> Wirksamkeit konservativer Behandlungen bei Nackenschmerzenkeine Evi<strong>de</strong>nz für die Wirkung von Mobilisationund Traktion. Gross et al. [34, 35] schlussfolgerten in ihrem Review,dass Manipulation und Mobilisation alleine eine ähnlicheWirkung wie Plazebo zeigen. Sie empfehlen eine Kombinationaus Manipulation bzw. Mobilisation mit einfachen Übungen.Oft fehlen in <strong>de</strong>rartigen Studien Angaben <strong>zur</strong> <strong>Symptomlokalisation</strong>[67, 92]. Sie ist jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeitsüberprüfungvon Bewegungstechniken, die gezielt <strong>im</strong> „Schmerzauslösen<strong>de</strong>n“ Segment wirken wollen.Neben <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>n HWS-Beschwer<strong>de</strong>n korrelieren<strong>de</strong>n Bereichbzw. Segment und <strong>de</strong>r Symptom auslösen<strong>de</strong>n Struktur sind diepsychosozialen Faktoren zu beachten. Sie wer<strong>de</strong>n <strong>im</strong> gesamtenVerlauf <strong>de</strong>r Untersuchung analysiert und können die Symptomebeeinflussen, aber auch selbst durch die Problematik verän<strong>de</strong>rtwer<strong>de</strong>n. Dies erklärt beispielsweise, dass in einigen Län<strong>de</strong>rn chronischeBeschwer<strong>de</strong>n nach Beschleunigungsverletzungen <strong>de</strong>r HWS(Schleu<strong>de</strong>rtrauma) existieren und in an<strong>de</strong>ren nicht [26]. Wirbelsäulenpatienten– und nicht nur sie – sind <strong>im</strong>mer auf <strong>de</strong>r Basis<strong>de</strong>s biopsychosozialen Mo<strong>de</strong>lls zu beurteilen [90]. ¾rzte und Physiotherapeutenmüssen dies gleichermaßen be<strong>de</strong>nken. Vor <strong>de</strong>r Beurteilungund Behandlung <strong>de</strong>r psychosozialen Aspekte bei HWS-Beschwer<strong>de</strong>n muss sichergestellt sein, dass physische Ursachen<strong>de</strong>r Symptome ausgeschlossen bzw. berücksichtigt sind. Dafür istdie <strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>im</strong> Körper erfor<strong>de</strong>rlich.Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit beschränkt sich aus Platzgrün<strong>de</strong>n hierauf,ohne die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r psychosozialen Faktoren bei HWS-Beschwer<strong>de</strong>nmin<strong>de</strong>rn zu wollen.Ein weiterer Aspekt, <strong>de</strong>r die Relevanz <strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong>für Physiotherapeuten unterstreicht, ist das Bedürfnis <strong>de</strong>s Patienten,seine Beschwer<strong>de</strong>n besser zu verstehen. Fehlen<strong>de</strong> anatomischeund biomechanische Erklärungen für Rückenschmerzengelten als wesentlicher Grund für die Unzufrie<strong>de</strong>nheit vieler Rückenpatienten[97]. Mithilfe <strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong> könnenPhysiotherapeuten ihren Patienten zeigen, dass die Beschwer<strong>de</strong>nmit mechanischen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>im</strong> Bewegungssystem korrelierenund ernsthafte Pathologien auszuschließen sind.Hat die weitere <strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>de</strong>n „richtigen“ Ort für dieBewegungstherapie gefun<strong>de</strong>n und die anschließen<strong>de</strong> spezifischeUntersuchung die zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Funktionsstörung beschrieben,kann sie die Physiotherapeutin <strong>de</strong>m Patienten erklären. Einsolches Erklärungsmo<strong>de</strong>ll könnte beispielsweise beschreiben,dass die Nackenschmerzen mit <strong>de</strong>m HWS-Segment C5 korrelieren,das in Extension hypermobil ist und durch Muskeltrainingstabilisiert wer<strong>de</strong>n kann. Dies hilft <strong>de</strong>m Patienten möglicherweise,ein eventuelles Angstvermeidungsverhalten (Fear-avoidancebehaviour) zu überwin<strong>de</strong>n und seine Motivation <strong>zur</strong> aktivenMitarbeit in <strong>de</strong>r Physiotherapie zu steigern.Wesentliche Argumente für die <strong>Symptomlokalisation</strong> sind folglichdie Suche <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Symptomen korrelieren<strong>de</strong>n Regionund <strong>de</strong>r Symptom auslösen<strong>de</strong>n Struktur (auch in Studien <strong>zur</strong>Wirksamkeitsprüfung spezifischer Bewegungstechniken), dieAbgrenzung physischer von psychosozialen Faktoren und dieanatomisch-mechanischen Erklärungsmo<strong>de</strong>lle für ein leichteresSchmerzmanagement.BegriffsklärungZum besseren Verständnis wer<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Folgen<strong>de</strong>n einige in dieserArbeit verwen<strong>de</strong>te Begriffe <strong>de</strong>finiert.– Symptome: Vom Patienten geäußerte Beschwer<strong>de</strong>n, z.B.Schmerz, Steifigkeits- o<strong>de</strong>r Instabilitätsgefühl, Schwäche,Schwin<strong>de</strong>l.– Klinische Zeichen: Durch die Therapeutin feststellbare und(teilweise) messbare Parameter (z.B. Bewegungsausmaß,Muskelkraft). Der Zusammenhang zwischen Symptomen wieSchmerz, Schwäche, Schwin<strong>de</strong>l und Störungen <strong>de</strong>r HaltungsundBewegungsfunktion bil<strong>de</strong>t eine empirische Grundlage<strong>de</strong>r Physiotherapie [51, 57, 85]. Haltung und Bewegung sinddie wesentlichen Funktionen <strong>de</strong>s Bewegungssystems, <strong>de</strong>renStörung <strong>im</strong> Folgen<strong>de</strong>n als Funktionsstörung bezeichnet wird.– <strong>Symptomlokalisation</strong>: Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Ortes, an <strong>de</strong>m eine Haltungs-bzw. Bewegungsän<strong>de</strong>rung die Symptome am meistenverän<strong>de</strong>rt [73]. Dieser Ort ist nicht <strong>im</strong>mer mit <strong>de</strong>m i<strong>de</strong>ntisch,an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Patient seine Beschwer<strong>de</strong>n empfin<strong>de</strong>t. So kannbeispielsweise Leistenschmerz <strong>de</strong>utlicher mit Bewegungen in<strong>de</strong>r LWS als in <strong>de</strong>r Hüfte korrelieren, weshalb die LWS in diesemFall <strong>de</strong>r pr<strong>im</strong>äre Ansatzpunkt für Untersuchung und Behandlungist.– Synonyme für die <strong>Symptomlokalisation</strong>stests in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigenLiteratur sind: Differenzierungstest [57], Gelenklokalisation[95] und Bereichslokalisation mit spezifischerProvokation und Lin<strong>de</strong>rung [65].Kaltenborn [52] spricht von Lokalisations-, Symptomprovokations-und -lin<strong>de</strong>rungstests. Analog wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r englischsprachigenLiteratur Begriffe wie (Symptom) Localisation testsund Provocation tests benutzt.Manuelle Therapie stellt eine Spezialisierung innerhalb <strong>de</strong>rPhysiotherapie auf das arthroneuromuskuläre System dar[46]. Die Begriffe Physiotherapie und Manuelle Therapie wer<strong>de</strong>nin <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit gleichbe<strong>de</strong>utend verwen<strong>de</strong>t.Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


<strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>im</strong> UntersuchungsablaufDie <strong>Symptomlokalisation</strong> bei HWS-Beschwer<strong>de</strong>n ist fester Bestandteil<strong>de</strong>s Untersuchungsablaufs [52, 72]. Dabei kann zwischeneiner ersten orientieren<strong>de</strong>n Lokalisation <strong>im</strong> Organismusund einer zweiten groben bzw. spezifischen Lokalisation <strong>im</strong> Bewegungssystemunterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.– Erste orientieren<strong>de</strong> Lokalisation: Sie steht am Anfang je<strong>de</strong>r Patientenuntersuchung,wobei ¾rzte bzw. Physiotherapeutenherausfin<strong>de</strong>n müssen, ob:– Ernsthafte Pathologien wie Frakturen, Tumor und systemischeErkrankungen vorliegen;– Ernsthafte Gefahr für das Nervensystem besteht, oft durchKompression (z.B. Bandscheibenvorfall);– Es sich um so genannte einfache mechanische Beschwer<strong>de</strong>nohne o<strong>de</strong>r mit Beteiligung <strong>de</strong>s Nervensystems han<strong>de</strong>lt[90], die von Funktionsstörungen <strong>im</strong> arthroneuromuskulärenSystem verursacht wer<strong>de</strong>n.– Die erste orientieren<strong>de</strong> <strong>Symptomlokalisation</strong> <strong>im</strong> Organismusstellt gleichzeitig eine erste Klassifikation <strong>de</strong>s Problems dar. Sieist für ¾rzte und Physiotherapeuten gleich und dient auch alsKontrolle <strong>de</strong>r Indikation <strong>zur</strong> Physiotherapie. Diese ist bei einfachenmechanischen Beschwer<strong>de</strong>n und einer Kompression <strong>de</strong>sNervensystems gegeben, die konservativ behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>nkann. Die <strong>Symptomlokalisation</strong> wird klinisch durchgeführt undgrenzt <strong>de</strong>n Bereich ein, in <strong>de</strong>m die weitere Untersuchung stattfin<strong>de</strong>nsoll. Bei Hinweisen auf ernsthafte Pathologien und Gefahrenfür das Nervensystem müssen meist apparative Verfahrenwie z.B. Röntgen- und Labortechnik eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Umdie damit verbun<strong>de</strong>nen Kosten und Risiken für <strong>de</strong>n Patientengering zu halten, gilt es, die Region zu lokalisieren, in <strong>de</strong>r diesetechnischen Untersuchungen stattfin<strong>de</strong>n sollen. Sie erlauben oftdas Erkennen von Strukturverän<strong>de</strong>rungen. Ihre klinische Relevanz,d. h. ihr Zusammenhang mit <strong>de</strong>n vom Patienten beklagtenSymptomen, muss häufig klinisch nachgewiesen wer<strong>de</strong>n.Bestehen keine ernsthaften Erkrankungen und Gefahren, kann dieUntersuchung <strong>de</strong>r einfachen mechanischen Probleme stattfin<strong>de</strong>n,d.h. <strong>de</strong>r Funktionsstörungen <strong>im</strong> arthroneuromuskulären System.– Zweite grobe bzw. spezifische Lokalisation <strong>im</strong> Bewegungssystem.Dabei best<strong>im</strong>men die ärztlichen und physiotherapeutischenMöglichkeiten das jeweilige Vorgehen. Für eine vorwiegendpharmakologische und operative Therapie muss <strong>de</strong>r Arztmöglichst genau die Schmerz verursachen<strong>de</strong> Struktur herausfin<strong>de</strong>n.Wie be<strong>im</strong> Verdacht auf ernsthafte Erkrankungen wir<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bereich eingrenzen, <strong>de</strong>n er anschließend mit klinischenund technischen Verfahren genauer untersuchen will. Einergroben Lokalisation <strong>de</strong>s näher zu untersuchen<strong>de</strong>n Bereichsfolgt also eine möglichst spezifische Lokalisation <strong>de</strong>r mit<strong>de</strong>m Schmerz korrelieren<strong>de</strong>n Region und <strong>de</strong>r Schmerz verursachen<strong>de</strong>nStruktur.Prinzipiell folgen die Physiotherapeuten <strong>de</strong>rselben Logik wie die¾rzte (Tab. 2), wenn sich auch die Wege und Ziele etwas unterschei<strong>de</strong>n,da die Physiotherapie weitgehend auf klinische Untersuchungsmöglichkeitenund konservative Behandlungsmaßnahmenbeschränkt ist. Ihr oberstes Ziel ist die Verbesserung <strong>de</strong>rBewegungs- und Haltungsfunktion <strong>de</strong>s Patienten [91]. Ist diesez.B. durch Schmerzen, Instabilitätsgefühle, Schwin<strong>de</strong>l und Bewegungseinschränkungengestört, kann Physiotherapie dieSymptome lin<strong>de</strong>rn und die Funktionsstörungen verbessern, umHaltung und Bewegung zu opt<strong>im</strong>ieren. Folglich suchen Physiotherapeuten<strong>de</strong>n Ort, an <strong>de</strong>m Bewegungs- und Haltungsän<strong>de</strong>rungam besten auf die Symptome und Funktionsstörungen wirken.Hierfür eignen sich sowohl allgemeine (in mehrerenGelenken) als auch spezifische Bewegungen (in einem Gelenk).Letztere sind charakteristisch für die Manuelle Therapie.Allgemeine Bewegungen ermöglichen, die mit <strong>de</strong>n Symptomenkorrelieren<strong>de</strong> Funktionsstörung in einem Bereich wie Schultergürtel,BWS und untere o<strong>de</strong>r obere HWS zu lokalisieren. DieseLokalisation eines Bereichs reicht aus, wenn eine Therapie mitallgemeinen Bewegungen beabsichtigt ist. Plant die Therapeutinhingegen eine spezifische Therapie, muss auch die <strong>Symptomlokalisation</strong>gezielt das HWS–Segment herausfin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m dieseam besten wirken kann. Die Strukturlokalisation hat für Physiotherapeuteneinen sekundären Wert, da zuerst klar sein muss,wo behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n soll. Danach folgt die Überlegung, ob einemuskuläre, artikuläre, neurale o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Technik angebrachtist, d. h. die Frage nach <strong>de</strong>r Struktur. Sie wird hier nicht unter<strong>de</strong>m Begriff <strong>Symptomlokalisation</strong> behan<strong>de</strong>lt.Zusammengefasst verfolgt die physiotherapeutische <strong>Symptomlokalisation</strong>2 Ziele: Zum einen die Indikationskontrolle für Physiotherapieund zum an<strong>de</strong>rn das Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s opt<strong>im</strong>alen Ortesfür die weitere Untersuchung und Behandlung. Zur Indikationskontrollemüssen verschie<strong>de</strong>ne Warnhinweise (z.B. Red flags)beachtet und die mechanische Beeinflussbarkeit <strong>de</strong>r Symptomegeprüft wer<strong>de</strong>n, wofür auf die entsprechen<strong>de</strong> Fachliteratur verwiesensei [73, 90].Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit konzentriert sich auf das Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>sOrtes für die weitere Untersuchung und Behandlung.ZielsetzungNach <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Relevanz <strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong> undihres Platzes <strong>im</strong> Untersuchungsablauf stellt sich die Frage, wiezuverlässig und gültig die <strong>Symptomlokalisation</strong>stests sind.Reliabilität (Zuverlässigkeit) meint hier die Übereinst<strong>im</strong>mungwie<strong>de</strong>rholter Ergebnisse <strong>de</strong>sselben Untersuchers (Intrarater-Re-Originalarbeit631. Klassifikation als „orientieren<strong>de</strong>“Lokalisationfl„grobe“ Lokalisation(<strong>de</strong>s Bereichs)fl„spezifische“ Lokalisation(<strong>de</strong>s Segments)– Ernsthafte Pathologie– Ernsthafte Gefahr für das Nervensystem (z. B. durch Kompression)– Einfache mechanische ProblemeArzt: klinische und apparative Untersuchungenzum Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s spezifischzu untersuchen<strong>de</strong>n BereichsArzt: klinische und technische Untersuchungzum Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Symptomauslösen<strong>de</strong>n StrukturPhysiotherapeutin: klinische Untersuchungzum Auffin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s spezifischzu untersuchen<strong>de</strong>n BereichsPhysiotherapeutin: klinische Untersuchungzum Lokalisieren vorwiegend<strong>de</strong>r gestörten FunktionTab. 2 Logisches Vorgehen bezüglich <strong>de</strong>r<strong>Symptomlokalisation</strong> bei Arzt und PhysiotherapeutSchomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


Originalarbeit64liabilität) bzw. verschie<strong>de</strong>ner Untersucher (Interrater-Reliabilität;[20]). Reliabilität lässt sich auch als die Übereinst<strong>im</strong>mungmit einem als perfekt betrachteten Test (Goldstandard) bezeichnen[20]. Dies liegt vor, wenn die Ergebnisse klinischer <strong>Symptomlokalisation</strong>stestsmit <strong>de</strong>nen technischer <strong>Tests</strong> wie <strong>de</strong>r Lokalanästhesiebest<strong>im</strong>mter Strukturen verglichen wer<strong>de</strong>n.Validität (Gültigkeit) beschreibt allgemein, ob <strong>de</strong>r Test das misst,was er zu messen vorgibt [20]. In diesem Sinne sind die <strong>Symptomlokalisation</strong>stestsvali<strong>de</strong>, wenn sie <strong>de</strong>n Bereich bzw. das Segmentin <strong>de</strong>r HWS herausfin<strong>de</strong>n, das die Symptome am bestendurch Bewegung beeinflussen kann. An<strong>de</strong>re Behandlungsformenwie Elektro- und Thermotherapie wer<strong>de</strong>n hier nicht analysiert.Verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Reliabilität und Validität <strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong>ist die Frage nach <strong>de</strong>r notwendigen Genauigkeit <strong>de</strong>s Vorgehens.Reicht es aus, die Symptome in einem Bereich wie <strong>de</strong>rHWS zu lokalisieren o<strong>de</strong>r muss ein genauerer Ort wie die untereHWS o<strong>de</strong>r gar ein best<strong>im</strong>mtes Segment wie C5 gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n?Einige Studien zeigen eine höhere Wirksamkeit von aktivitätsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>nBehandlungskonzepten <strong>im</strong> Vergleich zu schmerzorientierterPhysiotherapie, zumin<strong>de</strong>st für die LWS [54]. Dies <strong>de</strong>utet daraufhin, dass eine „grobe“ Bereichslokalisation genügt. Der obengenannte Mangel an <strong>Symptomlokalisation</strong> in Wirksamkeitsstudientrifft jedoch auch für diese Arbeiten zu. Sie beschreiben oftnicht, ob die als Kontrolle durchgeführten physiotherapeutischenMaßnahmen indiziert waren und am „richtigen“ Ort appliziertwur<strong>de</strong>n. Somit bleibt die Frage nach <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Genauigkeit<strong>de</strong>r <strong>Symptomlokalisation</strong> offen.FragestellungenDie vorliegen<strong>de</strong> Arbeit geht folgen<strong>de</strong>n Fragen nach:– Wie zuverlässig (reliabel) sind physiotherapeutische <strong>Symptomlokalisation</strong>stests<strong>im</strong> HWS-Bereich?– Wie gültig (vali<strong>de</strong>) sind physiotherapeutische <strong>Symptomlokalisation</strong>stests<strong>im</strong> HWS-Bereich?– Wie genau müssen <strong>Symptomlokalisation</strong>stests in <strong>de</strong>r HWSdas mit <strong>de</strong>n Symptomen korrelieren<strong>de</strong> Segment suchen?InteressenkonfliktDie Studie ist ohne finanzielle Unterstützung als Abschlussarbeitzum Bachelor-Studiengang Physiotherapie <strong>de</strong>r FachhochschuleFulda und Universität Marburg entstan<strong>de</strong>n.medizinischer und physiotherapeutischer Fachgesellschaften sowieGoogle.<strong>de</strong>.Die Inhaltsverzeichnisse aller Ausgaben <strong>de</strong>r Zeitschriften ManualTherapy (Vol. 1, 1995 bis Vol. 10, 2005) und Manuelle Therapie(Vol. 1, 1997 bis Vol. 9, 2005) wur<strong>de</strong>n manuell durchsucht. Weitererfolgte die Durchsicht <strong>de</strong>r Literaturlisten <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen Artikel.Suchstrategie mit Ein- und AusschlusskriterienEs wur<strong>de</strong>n Studien gesucht, die sich mit einfachen mechanischbedingten Schmerzen <strong>de</strong>r HWS und Verfahren <strong>zur</strong> klinischen Lokalisation<strong>de</strong>r HWS-Beschwer<strong>de</strong>n am Menschen beschäftigen.Schwerpunkt <strong>de</strong>r Suche waren Reliabilität und Validität <strong>de</strong>r<strong>Symptomlokalisation</strong>.Ausgeschlossen waren Arbeiten <strong>zur</strong> Lokalisation neural bedingterSchmerzen und ernsthafter Erkrankungen <strong>de</strong>r HWS wie Metastasen,Frakturen und Luxationen ebenso wie Studien mit ausschließlichapparativen und pharmakologischen Techniken <strong>zur</strong>Lokalisation.Aufgrund <strong>de</strong>r wahrscheinlich geringen Ergebnisse beschränktesich die Suche nicht auf Metaanalysen und RCT (Randomisedcontrolled trial), son<strong>de</strong>rn akzeptierte je<strong>de</strong> Studienform. Es erfolgtekeine Begrenzung <strong>de</strong>r Sprachen, um sowohl englische,<strong>de</strong>utsche, italienische als auch französische Veröffentlichungenzu erreichen. Arbeiten in an<strong>de</strong>ren Sprachen wur<strong>de</strong>n nicht berücksichtigt.Gesucht wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n genannten Zeiträumen ohne Einschränkungenin allen Kategorien <strong>de</strong>r Datenbanken. Um eine Einschränkungdurch die Verfügbarkeit <strong>de</strong>r Artikel zu vermei<strong>de</strong>n,bestellte <strong>de</strong>r Autor Artikel, die nicht in <strong>de</strong>r UniversitätsbibliothekMarburg zu erhalten o<strong>de</strong>r nicht <strong>im</strong> Besitz <strong>de</strong>s Verfassers waren,über die Fernleihe <strong>de</strong>r Universität.Wegen <strong>de</strong>r wenigen Ergebnisse erfolgte die Suche mit verschie<strong>de</strong>nenBegriffen (Tab. 3 und 4). Aus <strong>de</strong>n Suchergebnissen <strong>de</strong>r Datenbanken,<strong>de</strong>n Inhaltsverzeichnissen oben genannter Fachzeitschriftenund <strong>de</strong>n Literaturlisten <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen Artikelwur<strong>de</strong>n die Studien in 3 Schritten ausgewählt. Zuerst wur<strong>de</strong>ndie Titel mit <strong>de</strong>n Ein- und Ausschlusskriterien verglichen. Von<strong>de</strong>n ausgewählten Titeln wur<strong>de</strong>n die Abstracts (soweit verfügbar)gelesen und wie<strong>de</strong>rum anhand <strong>de</strong>r Ein- und Ausschlusskri-Metho<strong>de</strong>Eine automatisierte und eine manuelle Literatursuche wur<strong>de</strong>nwie nachfolgend erläutert durchgeführt.Automatisierte und manuelle SucheIm jeweils vorgegebenen gesamten Zeitraum bis 2005 wur<strong>de</strong>nmehrere Datenbanken durchsucht. Aufgrund <strong>de</strong>s schwachen Ergebnisses<strong>de</strong>r 1. Suche (31.01.2005) fan<strong>de</strong>n weitere modifizierteSuchen statt (06.04, 06.05., 31.05. und 08.06.2005; Tab. 3). Insgesamtwur<strong>de</strong>n durchsucht: Mit medpilot.<strong>de</strong> erreichbare Datenbanken,Medline mit Suchmaschine Pubmed, Springer-Online-Journals, Thieme-connect, Cochrane Database, PEDro, HomepagesTab. 3 Einzeln verwen<strong>de</strong>te Suchbegriffe (* = Platzhalter für alle möglichenZeichen)Einzelne Suchbegriffe in englischsprachigenDatenbanken– Localisation– Manual examination– Examination– Reliability– Validity– Clinical examination– Neck– Provocation testEinzelne Suchbegriffe in <strong>de</strong>utschsprachigenDatenbanken– <strong>Symptomlokalisation</strong>– Halswirbelsäule klinische Untersuchung– HWS manuelle Untersuchung– Halswirbelsäule manuelle Untersuchung– Halswirbelsäule– Halswirbelsäule manuelle Untersuch*– Halswirbelsäule klinische Untersuch*Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


SuchbegriffKombiniert mitTab. 4Kombinierte SuchbegriffeLocalisation testSegmentalCervical spineManual therapySymptom localisationLocalisation testPain localisationLocalisationNeckNeck symptom localisationtest manualProvocation testterien geordnet. Von <strong>de</strong>n so ausgesuchten Titeln und <strong>de</strong>n Titelnohne verfügbare Abstracts wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Volltext gewählt bzw. bestellt.Alle diese Artikel wur<strong>de</strong>n gelesen und erneut mit <strong>de</strong>n EinundAusschlusskriterien verglichen.ErgebnisseSpine; pain; examination; manual examination; manual therapyExamination; examination and spine; provocationExamination manual; segmental examination; pain localisation; manual testCervical spine examination; symptom localisation; pain localisationCervical; cervical spine tests; cervical spine examination; neck; testManual therapyFunctional test; segmental testNeck test; manual neck; clinical neckLocalisation test; localisation test manualPain; pain cervical spine; pain cervical spine patient; pain cervical spine examination;pain cervical spine examination segmental; pain cervical spine examinationsegmental zygoapophysial jointNeck; segmental; segmental neckDie automatisierte Suche in <strong>de</strong>n Datenbanken zum SuchwortLocalisation ergab oft die apparative Untersuchung <strong>zur</strong> Lokalisationvon Infektionen, Metastasen und Hirnfunktionen. Es fan<strong>de</strong>nsich verschie<strong>de</strong>ne Studien, die klinische Zeichen für die ärztlicheDiagnose, die Prognose nach HWS-Schleu<strong>de</strong>rtrauma und dieDiagnose radikulärer Symptome untersuchten.Die manuelle Suche in <strong>de</strong>n Zeitschriften Manual Therapy undManuelle Therapie ermittelte zwar Artikel <strong>zur</strong> HWS, aber keine Studien<strong>zur</strong> <strong>Symptomlokalisation</strong>. Ergiebiger waren die Suche über dieDatenbankfunktion Related articles und das manuelle Durchforsten<strong>de</strong>r Literaturverzeichnisse von Artikeln. Von <strong>de</strong>n über 40 <strong>im</strong> Volltextgelesenen Arbeiten entsprachen 9 Studien <strong>de</strong>n Ein- und Ausschlusskriterien.5 dieser Studien lokalisierten eine schmerzhafteFunktionsstörung, von <strong>de</strong>nen 3 die Reliabilität prüften, in<strong>de</strong>m siedas Resultat <strong>de</strong>r klinischen <strong>Symptomlokalisation</strong>stests mit technischenUntersuchungsverfahren und <strong>de</strong>n Patientenangaben zumSchmerz verglichen. Die Übereinst<strong>im</strong>mung variierte zwischen100 % und nicht größer als <strong>de</strong>r Zufall. Eine Studie verglich die Resultatezweier Untersucher hinsichtlich <strong>de</strong>r Interrater-Reliabilität, dieinakzeptabel war. Eine Studie prüfte die Validität und fand keinenUnterschied zwischen <strong>de</strong>r Behandlung <strong>im</strong> lokalisierten HWS-Segmentund <strong>de</strong>r Behandlung in einem davon entfernten Segment. 4weitere Studien prüften die Intra- und Interrater-Reliabilität <strong>de</strong>rSchmerzpalpation und die Übereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>r Schmerzprovokationmit <strong>de</strong>r Patientenaussage. 2 dieser Studien zeigen einegute, die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n eine geringe Übereinst<strong>im</strong>mung. Für ein<strong>de</strong>tailliertes Verständnis dieser wi<strong>de</strong>rsprüchlichen Ergebnissewer<strong>de</strong>n die Studien <strong>im</strong> Folgen<strong>de</strong>n vorgestellt (Tab. 5).Lokalisation <strong>de</strong>r FunktionsstörungHun<strong>de</strong>rtprozentige Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen Physiotherapieund GelenkanästhesieJull et al. [48] prüften in einer doppelt verblin<strong>de</strong>ten Vergleichsstudiedie Exaktheit <strong>de</strong>r manuell durchgeführten Diagnose fürdie Zygapophysealgelenke <strong>de</strong>r HWS als Schmerzquelle. Hierzuwur<strong>de</strong>n 20 Patienten mit Nackenschmerzen von einer Physiotherapeutinmit Spezialisierung in Manueller Therapie untersucht.Sie diagnostizierte das Vorhan<strong>de</strong>nsein o<strong>de</strong>r Nichtvorhan<strong>de</strong>nseinvon Schmerzen <strong>im</strong> Zygapophysealgelenk und dieSegmenthöhe anhand <strong>de</strong>r Kriterien Bewegungswi<strong>de</strong>rstand, Endgefühlund Schmerzreproduktion bei passiven Zusatzbewegungen.Ihre Diagnose wur<strong>de</strong> verblin<strong>de</strong>t mit einer Lokalanästhesie<strong>de</strong>s medialen Astes <strong>de</strong>s R. dorsalis und intraartikulär <strong>de</strong>s Zygapophysealgelenksselbst überprüft. Bewertet wur<strong>de</strong> die Übereinst<strong>im</strong>mungzwischen <strong>de</strong>n Befun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Manualtherapeutin und<strong>de</strong>r Lokalanästhesie.Ergebnisse: Die manuelle physiotherapeutische und die ärztlicheDiagnose mit Lokalanästhesie st<strong>im</strong>mten mit 100 % Sensitivitätund Spezifität vollständig überein. Häufigster Schmerzauslöserwar das Zygapophysealgelenk C2–C3 (bei 9 von 20 Patienten),gefolgt von C3–C4 und C5–C6 (jeweils 3/20) sowie C4–C5 undC1–C2 (jeweils 1/20). Ein Patient hatte 2 schmerzhafte Zygapophysealgelenke(C3–C4 und C4–C5) und 4 Patienten zeigten keineBefun<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n Zygapophysealgelenken.Die Autoren schlussfolgerten, dass die Parameter Bewegungswi<strong>de</strong>rstand,Endgefühl und Schmerzreproduktion bei passiven Zusatzbewegungenin Kombination wegweisend für symptomatischeZygapophysealgelenke sind, während Gelenksteifigkeitalleine auch bei asymptomatischen Patienten vorkommt.Korrelation zwischen manueller Segmentlokalisation undSPECTWilke et al. [93] untersuchten in einer einfach verblin<strong>de</strong>tenVergleichsstudie die Korrelation zwischen <strong>de</strong>m manualtherapeutischenNachweis von bewegungsgestörten Wirbelsäulensegmentenund <strong>de</strong>r Knochenszintigraphie SPECT (Single-Photonen-Emissions-Computertomografie). Von einem Arzt und einer Physiotherapeutinwur<strong>de</strong>n 13 Patienten mit Wirbelsäulenbeschwer<strong>de</strong>nmanualtherapeutisch getestet und das Bewegungsausmaß generell(gesamte Wirbelsäule bzw. Wirbelsäulenabschnitt) undsegmental, Provokations- und Lin<strong>de</strong>rungstests, eine klinische neurologischeUntersuchung und die Druckdolenz <strong>de</strong>r Bogengelenkebewertet. Anschließend untersuchte ein Nuklearmediziner verblin<strong>de</strong>tdie Patienten mit <strong>de</strong>r Knochenszintigraphie SPECT und bewertetedie Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen manualtherapeutischerOriginalarbeit65Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


Tab. 5Zusammenfassung <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen Studien <strong>zur</strong> <strong>Symptomlokalisation</strong>Autoren Studientyp Proban<strong>de</strong>n Intervention Ergebnismessung(Outcome measures)ErgebnisseOriginalarbeit66FunktionsstörungJull et al.[48]Wilke etal. [93]Haas et al.[37]Hall u.Robinson[39]Pool et al.[66]SchmerzpalpationHubka u.Phelan[42]Nilsson[63]Schöps etal. [71]Stren<strong>de</strong>ret al. [81]Doppelt verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieProspektive, doppeltverblin<strong>de</strong>te,randomisierte undplazebokontrollierteStudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudieEinfach verblin<strong>de</strong>teVergleichsstudie20 Patienten mitNackenschmerz14 Wirbelsäulenabschnittebei13 Patienten mitWirbelsäulenbeschwer<strong>de</strong>n104 Patienten mitNackenschmerzJeweils 28 Patientenund asymptomatischeProban<strong>de</strong>n32 Patienten mitNackenschmerz30 Patienten miteinseitigem,mechanischenNackenschmerzManuelle Untersuchung zum Vorhan<strong>de</strong>nseino<strong>de</strong>r Nichtvorhan<strong>de</strong>nseinvon Schmerzen <strong>im</strong> Zygapophysealgelenkund die Segmentlokalisationanhand <strong>de</strong>r Kriterien Bewegungswi<strong>de</strong>rstand,Endgefühl und Schmerzreproduktionbei passiven ZusatzbewegungenManualtherapeutische Untersuchungund nuklearmedizinische Knochenszintigraphie(SPECT)Endgefühlpalpation und daraufhinManipulation <strong>im</strong> manualtherapeutischdiagnostizierten o<strong>de</strong>r eineman<strong>de</strong>ren Segment– Generelle HWS-Beweglichkeit mitCROM– Flexion-rotation-test C1–C2– 2 erfahrene PhysiotherapeutenMessung von:– C0–C1-Flexion– C1–C2-Rotation– C2–T2-Seitenneigung– Messung durch 2 erfahrene Physiotherapeuten– Lokalisation empfindlicherHWS-Punkte durch Palpation– 2 Chiropraktiker (1 u. 5 Jahre Erfahrung)Ergebniskontrolle mit Lokalanästhesie<strong>de</strong>s medialenZweiges <strong>de</strong>s R. dorsalis undintraartikulär <strong>de</strong>s ZygapophysealgelenksselbstÜbereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>r diagnostiziertenSegmenthöheSchmerz- und SteifigkeitsgefühlMessergebnis– Einschränkung ja/nein– Schmerzprovokation amBewegungsen<strong>de</strong> anhand11-Punkte-NRSÜbereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>rSegmenthöhe zwischenbei<strong>de</strong>n Untersuchern14 Freiwillige Muskelpalpation Übereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>rEmpfindlichkeitsbeurteilung20 Patienten mit<strong>de</strong>r DiagnoseHWS-Syndromund 20 gesun<strong>de</strong>Proban<strong>de</strong>n50 Freiwillige(davon 50 % mitNacken-Schulter-Beschwer<strong>de</strong>n)5 klinische <strong>Tests</strong> durch 5 ¾rzte mitZusatzausbildung in ManuellerMedizin– 10 klinische <strong>Tests</strong> für die HWS– 2 PhysiotherapeutenBewegungsausmaß undSchmerzprovokationÜbereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>rTestergebnisse100 %ige Sensitivität und Spezifität75 % Übereinst<strong>im</strong>mung– Kein Unterschied zwischen <strong>de</strong>nGruppen, die bei<strong>de</strong> besser wur<strong>de</strong>n– Folglich Endgefühlpalpation fürDiagnose ungeeignet– Kein Unterschied in generellerBewegung– Alle Patienten hatten RotationC1–C2 signifikant eingeschränkt– 24 von ihnen hatten C1–C2 alsSymptom auslösen<strong>de</strong>s Segment(ohne Angaben, wie dies ermitteltwur<strong>de</strong>)Hoch variabel und inakzeptabel– Kappa-Koeffizient: 0,68 beip > 0,001– Übereinst<strong>im</strong>mung: 76,6 %Intra- und Interrater-Reliabilitätzeigten eine hohe Übereinst<strong>im</strong>mung– Druckschmerzhaftigkeit <strong>de</strong>r Gelenkfacettenund oberflächlichenNackenmuskeln sowie bei <strong>de</strong>rsegmentalen Funktionsuntersuchungauftreten<strong>de</strong>r Schmerzwaren bei Patienten signifikanthäufiger als bei <strong>de</strong>n gesun<strong>de</strong>nProban<strong>de</strong>n– Übereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>r Befun<strong>de</strong>zwischen <strong>de</strong>n 5 Untersuchernwar gering bis mäßig (Kappa--Koeffizient: 0,2 £ 0,6)– Foramen-Kompressionstest undPalpation <strong>de</strong>r Okzipitalmuskelnzeigten einen akzeptablen Kappa-Koeffizienten> 0,4– Die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n Schmerzpalpationstestsergaben einen Kappa-Koeffizienten> 0,3– Die Reliabilität <strong>de</strong>r übrigen <strong>Tests</strong>war geringund nuklearmedizinischer Lokalisation <strong>de</strong>s Symptom verursachen<strong>de</strong>nbzw. gestörten Segments.Ergebnisse: Bei <strong>de</strong>n 13 Patienten wur<strong>de</strong>n 14 Fälle beurteilt, da einePatientin HWS- und LWS-Beschwer<strong>de</strong>n aufwies. 12 Fälle zeigtenSchomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


eine manualtherapeutische Blockierung und eine Anreicherung<strong>im</strong> SPECT, 7 davon in <strong>de</strong>r HWS. 2 waren in bei<strong>de</strong>n Untersuchungsverfahrennegativ. In 9 <strong>de</strong>r 12 Fälle fan<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> Untersuchungsverfahrendasselbe Segment (75% Übereinst<strong>im</strong>mung) und in 10<strong>de</strong>r 12 Fälle bei<strong>de</strong> dieselbe Seite (83 % Übereinst<strong>im</strong>mung).Die Autoren schlussfolgerten, dass die hohe Übereinst<strong>im</strong>mung aufeine durch die Blockierung mechanisch bedingte St<strong>im</strong>ulation <strong>de</strong>rOsteoblastenaktivität <strong>im</strong> betroffenen Segment schließen lasse.Korrelation zwischen eingeschränkter Rotation C1–C2 un<strong>de</strong>inseitig dominantem KopfschmerzHall und Robinson [39] untersuchten in einer einfach verblin<strong>de</strong>tenVergleichsstudie die Korrelation zwischen Bewegungsausmaß <strong>de</strong>rHWS und Kopfschmerz. Sie testeten 28 Patienten mit zervikogenem,einseitig dominanten Kopfschmerz und 28 asymptomatischeProban<strong>de</strong>n und maßen das generelle Bewegungsausmaß <strong>de</strong>r HWSmit einem zervikalen Bewegungsausmaßinstrument (CROM) sowie2 Schwerkraft- und einem Kompasswinkelmesser. Weiterprüften sie die passive Rotation <strong>de</strong>s Kopfes bei passiv gehaltenerFlexion kaudal von C2 (Flexion-rotation-test). Der Kopfschmerzwur<strong>de</strong> mit einem Fragebogen erfasst. Unabhängig voneinan<strong>de</strong>rführten 2 erfahrene Physiotherapeuten die Messungen durch, von<strong>de</strong>nen einer am En<strong>de</strong> das Symptom auslösen<strong>de</strong> Segment mit nichtnäher beschriebenen manuellen <strong>Tests</strong> suchte.Ergebnisse: Das generelle Bewegungsausmaß war zwischen Patientenund Proban<strong>de</strong>n gleich. Dagegen betrug die Rotation inFlexion bei <strong>de</strong>n asymptomatischen Proban<strong>de</strong>n 448 und bei <strong>de</strong>nPatienten 288 zu je<strong>de</strong>r Seite. Bei 24 <strong>de</strong>r 28 Patienten konnte dasSegment C1–C2 als Symptom auslösend i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n.Die Autoren schlussfolgerten, dass <strong>de</strong>r Rotationstest in Flexionbei Dysfunktionen C1–C2 eingeschränkt ist und die dominanteUrsache für zervikogenen Kopfschmerz zu sein scheint.Keine Interrater-Reproduzierbarkeit <strong>de</strong>rphysiotherapeutischen UntersuchungstechnikenPool et al. [66] prüften die Wie<strong>de</strong>rholbarkeit <strong>de</strong>r physiotherapeutischenUntersuchung <strong>de</strong>r HWS. Dabei untersuchten 2 erfahrenePhysiotherapeuten 32 Patienten mit Nackenschmerz folgen<strong>de</strong>rmaßen:Sie testeten die aktiven generellen Bewegungenin <strong>de</strong>n anatomischen Ebenen mit passivem Überdruck und prüftendie intersegmentale Beweglichkeit mittels Seitenneigungzwischen C2 und T2. Das Segment C1–C2 testeten sie in Rotationund C0–C1 in Flexion. Bewertet wur<strong>de</strong>n jeweils eine Einschränkungmit ja/nein und eine Schmerzprovokation am Bewegungsen<strong>de</strong>anhand einer numerischen Ratingskala (11 Punkte). Die Ergebnisauswertungerfolgte verblin<strong>de</strong>t. Beurteilt wur<strong>de</strong>n dieReproduzierbarkeit anhand <strong>de</strong>r Übereinst<strong>im</strong>mung, <strong>de</strong>m Kappa-Koeffizienten und <strong>de</strong>r Bland-Altman-Metho<strong>de</strong> sowie die Reliabilitätmit <strong>de</strong>m Interkorrelations-Koeffizienten nach Cohen.Ergebnisse: Die Reproduzierbarkeit <strong>de</strong>r Beweglichkeitstests und<strong>de</strong>r Schmerzprovokation zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Untersuchernwar hoch variabel und inakzeptabel.Die Autoren schlussfolgerten, dass generelle und segmentale Beweglichkeitstestsmit Schmerzprovokation nicht für die Ergebnisbeurteilungzu empfehlen sind. Sie for<strong>de</strong>rten <strong>zur</strong> Suche nachzuverlässigeren Instrumenten und Techniken auf.Manipulation <strong>im</strong> als Schmerz auslösend lokalisiertenHWS-Segment hilft ebenso wie Manipulation in einem davonentfernten HWS-SegmentHaas et al. [37] erforschten die Bewertung <strong>de</strong>s Endgefühls als Indikatorfür Manipulation in einer prospektiven, doppelt verblin<strong>de</strong>ten,randomisierten und plazebokontrollierten Studie. 2 Chiropraktikermit 18 und 11 Jahren Lehr- und Praxiserfahrung untersuchten104 Patienten mit Nackenschmerz, die randomisiert in 2 Gruppengeteilt wur<strong>de</strong>n, während 2 an<strong>de</strong>re mit 20 und 2 Jahren Erfahrungdie Behandlung in Rückenlage mit Manipulation durchführten.Eine Patientengruppe erhielt Manipulation entsprechend <strong>de</strong>r Untersuchungsbefun<strong>de</strong>,die an<strong>de</strong>re Manipulation an zufällig ausgesuchtenan<strong>de</strong>ren Segmenten, jedoch entsprechend <strong>de</strong>r Verteilungin <strong>de</strong>r Verum-Gruppe. Die Untersucher maßen <strong>de</strong>n Schmerzund das Steifigkeitsgefühl direkt nach <strong>de</strong>r Manipulation mit einerVAS und am Abend <strong>de</strong>s Behandlungstags telefonisch mit einer 11Punkte umfassen<strong>de</strong>n numerischen Ratingskala.Ergebnisse: Es bestand kein Unterschied zwischen bei<strong>de</strong>n Gruppendirekt nach <strong>de</strong>r Manipulation und am darauf folgen<strong>de</strong>nAbend. Bei<strong>de</strong> Gruppen erzielten Verbesserungen von durchschnittlich37 % (Schmerz) und 46 % (Steifigkeitsgefühl) direktnach <strong>de</strong>r Manipulation, die bis zum Abend anhielten. Die SegmenteC1, C2 und C3 wur<strong>de</strong>n in bei<strong>de</strong>n Gruppen am häufigstenmanipuliert.Die Autoren schlussfolgerten, dass sich die Indikation einer Manipulationaufgrund eines eingeschränkten Endgefühls nicht von einerzufällig ausgewählten Segmentindikation hinsichtlich <strong>de</strong>rWirkung direkt nach Behandlung und am Abend <strong>de</strong>s Behandlungstagesunterschei<strong>de</strong>t. Die Schmerzmodulierung scheint nichtdie Spezifität <strong>de</strong>r Lokalisation und Vektorrichtung <strong>de</strong>r Manipulationzu verlangen, wie allgemein angenommen wird. Es scheinennichtlokale Effekte von Gelenkst<strong>im</strong>ulation und Schmerzlin<strong>de</strong>rungvorzuliegen.Lokalisation durch SchmerzpalpationSchmerzpalpation zeigt gute Interrater-ReliabilitätHubka und Phelan [42] untersuchten in einer einfach verblin<strong>de</strong>tenVergleichsstudie die Reliabilität <strong>de</strong>r Lokalisation empfindlicherHWS-Punkte durch Palpation an 30 Patienten mit einseitigem,mechanischen Nackenschmerz (19 Frauen, 11 Männer,Durchschnittsalter: 39,4 Jahre, Standardabweichung: 14,6) mitdurchschnittlicher Schmerzdauer von 21 Monaten (Standardabweichung:26,4) und Schmerz am Untersuchungstag. Die Segmenthöhenwur<strong>de</strong>n zuvor mit Strichen gleichen Abstands zu <strong>de</strong>nSpinosi von C2 und C7 auf <strong>de</strong>r Haut markiert. 2 Chiropraktikermit 1 und 5 Jahren Erfahrung führten unabhängig voneinan<strong>de</strong>rdie Schmerzpalpation auf <strong>de</strong>n Bogengelenken zwischen C2 undC7 durch. Bewertet wur<strong>de</strong> ihre Übereinst<strong>im</strong>mung.Ergebnisse: Die Übereinst<strong>im</strong>mung war gut (76,6%), mit einemKappa-Koeffizienten von 0,68 bei p > 0,001.Originalarbeit67Die Autoren schlussfolgerten, dass die Palpation auf Schmerzempfindlichkeitein einfaches und zuverlässiges Instrument <strong>zur</strong>Lokalisation <strong>de</strong>s zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Segments ist.Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68


Originalarbeit68Schmerzempfindlichkeitspalpation <strong>de</strong>r HWS-Muskeln istreliabel (Intra- und Interrater-Reliabilität)Nilsson [63] prüfte in einer einfach verblin<strong>de</strong>ten Vergleichsstudiedie Intrarater- und Interrater-Reliabilität <strong>de</strong>r Schmerzpalpation<strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>r HWS. 14 Freiwillige wur<strong>de</strong>n mit 20-minütigemAbstand 2-mal von einem Physiotherapeuten für dieIntrarater-Reliabilität und zusätzlich einmal von einem weiterenPhysiotherapeuten für die Interrater-Reliabilität untersucht unddie Palpationsempfindlichkeit folgen<strong>de</strong>r Muskeln bilateral getestet:M. sternocleidomastoi<strong>de</strong>us, M. trapezius <strong>im</strong> Schultergürtelbereich,M. erector spinae <strong>im</strong> Bereich von C2–C7 und die subokzipitalenMuskeln. Die Empfindlichkeit war von 0 = keineEmpfindlichkeit bis 3 = <strong>de</strong>utliche und schmerzhafte Empfindlichkeiteingeteilt. Bewertet wur<strong>de</strong> die Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rholten Befun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s einen und <strong>de</strong>nen bei<strong>de</strong>rPhysiotherapeuten.Ergebnisse: Intra- und Interrater-Reliabilität zeigten eine hoheÜbereinst<strong>im</strong>mung (Spearman rank correlation coefficient > 0,8;Wilcoxon rank sum test of two data sets p > 0,5).Die Autoren schlussfolgerten, dass die Empfindlichkeitspalpation<strong>de</strong>r Nackenmuskeln ein zuverlässiges und einfaches Mittelfür Klinik und Forschung ist.Interrater-Reliabilität <strong>zur</strong> Unterscheidung gesund/krank istvorhan<strong>de</strong>n, nicht aber bezüglich <strong>de</strong>r einzelnen <strong>Tests</strong>Schöps et al. [71] testeten in einer einfach verblin<strong>de</strong>tenVergleichsstudie die Reliabilität manualmedizinischer Untersuchungstechnikenan <strong>de</strong>r HWS. Hierzu wur<strong>de</strong>n 20 Patienten mit<strong>de</strong>r Diagnose HWS-Syndrom und 20 altersentsprechen<strong>de</strong> gesun<strong>de</strong>Proban<strong>de</strong>n randomisiert 5 ¾rzten mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Zusatzausbildungin Manueller Medizin zugewiesen. Diese untersuchten verblin<strong>de</strong>t,ob die Person gesund o<strong>de</strong>r krank war. Die Untersuchungstechnikenumfassten die Palpation <strong>de</strong>r Bogengelenke und <strong>de</strong>rProcc. spinosi auf Druckschmerzhaftigkeit, die Palpation <strong>de</strong>r HalsundNackenmuskeln auf Druckschmerzhaftigkeit und Tonuserhöhungund die segmentale Beweglichkeit <strong>de</strong>r HWS sowie dabei auftreten<strong>de</strong>Schmerzen. Bewertet wur<strong>de</strong>n das Erkennen von gesun<strong>de</strong>nProban<strong>de</strong>n und Patienten sowie die Übereinst<strong>im</strong>mungzwischen <strong>de</strong>n ¾rzten bezüglich <strong>de</strong>r Einzelbefun<strong>de</strong>.Ergebnisse: Die Schmerzhaftigkeit bei <strong>de</strong>r Palpation <strong>de</strong>r Bogengelenkeund <strong>de</strong>r oberflächlichen Nackenmuskeln sowie Schmerzbei <strong>de</strong>r segmentalen Funktionsuntersuchung waren bei Patientensignifikant häufiger als bei <strong>de</strong>n gesun<strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n. KeineUnterschie<strong>de</strong> fan<strong>de</strong>n sich bei <strong>de</strong>r übrigen Muskelpalpation und<strong>de</strong>r segmentalen Beweglichkeit. Die Übereinst<strong>im</strong>mung <strong>de</strong>r Befun<strong>de</strong>zwischen <strong>de</strong>n 5 Untersuchern war gering bis mäßig (Kappa-Koeffizient:0,2 £ 0,6).Die Autoren schlussfolgerten, dass <strong>de</strong>r Untersuchungsablaufstandardisiert und Trainingsphasen für die Untersuchung eingerichtetwer<strong>de</strong>n sollten.Akzeptable Interrater-Reliabilität bei nur 2 von 10 klinischen<strong>Tests</strong>Stren<strong>de</strong>r et al. [81] prüften in einer einfach verblin<strong>de</strong>ten Vergleichsstudiedie Interrater-Reliabilität von 10 klinischen <strong>Tests</strong>für die HWS. 2 Physiotherapeuten untersuchten hierzu unabhängigvoneinan<strong>de</strong>r 50 Freiwillige (davon 50% mit Nacken-Schulter-Beschwer<strong>de</strong>n). Die <strong>Tests</strong> umfassten: Konsistenz und Schmerz beiPalpation <strong>de</strong>r Okzipitalmuskeln, Länge und Palpationsschmerz<strong>de</strong>r Pars <strong>de</strong>scen<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>s M. trapezius, Beweglichkeit <strong>de</strong>s SegmentesC0–C1 bei Seitenneigung und gegensinniger Rotation,generelle Beweglichkeit <strong>de</strong>r Segmente C0–C1 und C1–C2 in Rotationbei flektierter unterer HWS, Palpation <strong>de</strong>r BogengelenkeC2–C3 auf Konsistenz und Schmerz, Beweglichkeit <strong>de</strong>s SegmentsC2–C3 und Foramen-Kompressionstest. Bewertet wur<strong>de</strong> dieÜbereinst<strong>im</strong>mung zwischen bei<strong>de</strong>n Therapeuten.Ergebnisse: Der Foramen-Kompressionstest und die Schmerzpalpation<strong>de</strong>r Okzipitalmuskeln zeigten einen akzeptablen Kappa-Koeffizienten > 0,40 und die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n Schmerzpalpationstests> 0,30. Die Reliabilität <strong>de</strong>r übrigen <strong>Tests</strong> war gering.Befun<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r linken Seite überwogen diejenigen <strong>de</strong>r rechten.Die Autoren schlussfolgerten, dass eine fehlen<strong>de</strong> Standardisierung<strong>de</strong>r <strong>Tests</strong> (was ist normal und was pathologisch?) erklärenkönnte, warum nur 2 von 10 klinischen <strong>Tests</strong> eine akzeptable Reliabilitätzeigen. Da Rechts-Links-Vergleiche eine akzeptable Reliabilitätergaben, sollten sie berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, ohne dassdie Autoren genauere Angaben dazu machten.(Diskussion und Schlussfolgerungen erscheinen in Heft 3/06)Schomacher J. <strong>Physiotherapeutische</strong> <strong>Tests</strong> <strong>zur</strong> … Manuelle Therapie 2006; 10: 60–68

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