24.09.2012 Aufrufe

Zeit1 - Regionale10

Zeit1 - Regionale10

Zeit1 - Regionale10

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

68 — 69<br />

Maria Papadimitriou<br />

Maria Papadimitriou<br />

Temporary Office, 2004<br />

Fondazione Adriano<br />

Olivetti, Rom<br />

T.A.M.A., 2005<br />

die auf den provisorischen Betten unter freiem Himmel schliefen, konnten<br />

ihre Träume erhellen und gleichzeitig mythologische Praktiken des<br />

alten Griechenlands wiederbeleben. In diesen Interventionen erschafft<br />

Papadimitriou nicht nur einen Übergangsort für Menschen in Bewegung,<br />

sie bietet ihnen auch die Gelegenheit, ihre Erfahrung des Ortes einer Erinnerung<br />

aus der Vergangenheit einzuschreiben. Der „Nicht-Ort“ – egal<br />

ob Bahnhof oder Tankstelle – markiert eine außergewöhnliche Begegnung<br />

mit der Geschichte.<br />

Homer als Architekt<br />

Papadimitrious Antwort auf das Dilemma eines Lebens in ständiger<br />

Bewegung – Strukturen für die Mobilität und die Erinnerung zu kreieren<br />

– beinhaltet das Schaffen eines neuen Gleichgewichts zwischen<br />

Architektur und Eigentum. Um sicherzugehen, dass ihre Arbeiten von<br />

allen benutzt werden können, bevorzugt Papadimitriou Schauplätze, die<br />

dem Besessenwerden von nur einer Person widerstehen – Orte, die so<br />

kollektiv bleiben wie Sinnsprüche, Legenden und Volkslieder. Tatsächlich<br />

behandelt die Künstlerin Gebäude so, als wären sie Oral History: kollektiv<br />

besessen, immer verfügbar, durch Zirkulation überdauernd. Diese<br />

Vorliebe, Architektur wie Mythologie funktionieren zu lassen, hat einen<br />

direkten Einfluss auf Papadimitrious architektonische Designs. Während<br />

Reisende ihre idealen Benutzer darstellen, heißen ihre Arbeiten nicht nur<br />

Touristen und Geschäftsleute willkommen, sondern auch Pendler, Passanten,<br />

Wanderarbeiter und sowohl legale als auch illegale Migranten.<br />

Ihr bisher ambitioniertestes Projekt T.A.M.A., das sie 1998 startete und<br />

das noch immer läuft, verwandelt ein Zigeunerlager am westlichen Rand<br />

Athens in ein Temporäres autonomes Museum für alle (Temporary Autonomous<br />

Museum for All), in dem rumänische Nomaden mit Nomaden<br />

aus der Kunstwelt zusammenarbeiten können. Um universale Zugänglichkeit<br />

zu garantieren, bevorzugt die Künstlerin die öffentliche Sphäre<br />

– nicht genutzte Parzellen im Verbund mit Parks, Straßen, Museen – ihre<br />

Strukturen hingegen sind meist temporär, mobil und parasitisch, um der<br />

Verwandlung in nicht exklusives privates Eigentum von Anfang an zu<br />

widerstehen. Hotel Grande (2005) – ein Hotel, das in einem verlassenen<br />

Geschäft installiert wurde und rund um die Uhr für Reisende, die in Larissa<br />

Halt machten, offen stand – ist ein gutes Beispiel. Ihre Baumaterialien<br />

– billig, gefunden, second-hand – sind Ready-mades, die nicht in<br />

Gefahr kommen, abtransportiert zu werden, egal ob von Dieben, Vandalen<br />

oder der Müllabfuhr. Mit dieser Materialwahl erforscht Papadimitriou<br />

die seltsame Kategorie des Mülls: Dinge, die in einer Spannungslage existieren,<br />

da sie nicht mehr wirklich benutzt werden, aber auch noch nicht<br />

weggeworfen wurden. 2004 sammelte Papadimitriou den Müll, der im<br />

Keller der Fondazione Adriano Olivetti in Rom herumstand – altes Bürozubehör,<br />

darunter Olivettis eigene altmodische, aber voll funktionsfähige<br />

Maria Papadimitriou<br />

Luv car (Transbonanza Platform for Public Events), 2003, Menidi, Athen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!