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Zeit1 - Regionale10

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4 — 5<br />

Vorwort<br />

Ein lebendes Labor<br />

oder: Die Regionale im Schloss<br />

Peter Pakesch im Gespräch mit Dietmar Seiler<br />

PP: Mit dieser Ausstellung befinden wir uns in einem Projekt mit einigen<br />

ungewöhnlichen und neuen Ansätzen. Wir sind dabei, aus den Perspektiven<br />

von Gegenwartskunst und kulturwissenschaftlicher Recherche<br />

einen Blick auf eine ganze Region zu werfen. Gerade die Ausstellung in<br />

Schloss Trautenfels zeigt exemplarisch viel davon auf. Wie verhält sich<br />

das für dich?<br />

DS: Für mich ist wichtig, dass ein Festival wie die regionale von der<br />

konkreten Realität einer Region und ihren echten Potenzialen ausgeht.<br />

Es wäre das Schlimmste für ein Festival, das temporär in eine Region<br />

kommt, diese Region mit mehr oder weniger beliebigen kulturellen<br />

Aktivitäten überziehen, die dann wieder vorbei sind − sozusagen<br />

ein „Festival aus der Retorte“. Das muss man dazusagen, weil das<br />

mittlerweile dauernd passiert. Gerade Festivals sind zurzeit bevorzugte<br />

Instrumente einer etwas missverstandenen Regionalentwicklung: Wenn<br />

der Tourismus nicht so gut funktioniert, wie man es gerne hätte, und<br />

die Industrie, die Wirtschaft im Umbruch sind, dann macht man Kultur,<br />

und schon hat man ein neues Standbein. Es wird bald klar sein, dass das<br />

so nicht funktioniert. Deswegen ist es für mich ganz wesentlich, dass<br />

die regionale10 dort anschließt, wo es bereits eine auffällige kulturelle<br />

Lebendigkeit gibt, und da ist das Schloss Trautenfels ein eminent wichtiger<br />

Ankerpunkt in der Region.<br />

PP: Da trifft sich natürlich etwas in unserem Interesse, denn wenn<br />

wir als Universalmuseum Joanneum gefordert sind, mit unseren verschiedenen<br />

Standorten adäquat umzugehen, ist Schloss Trautenfels<br />

natürlich etwas besonderes und spezielles. Es liegt in einer Region, die<br />

weit von den anderen Museumsstandorten entfernt und sehr spezifisch<br />

gewachsen ist. Schloss Trautenfels ist ein sehr spannendes Museum,<br />

das quasi wie eine Insel anmutet, wir bezeichnen es auch manchmal als<br />

„das Joanneum in Klein“ − es hat den selben Anspruch der Universalität<br />

innerhalb seiner eigenen Sammlung, die naturwissenschaftliche Aspekte<br />

ebenso umfasst wie Volkskunde, Archäologie oder Kunst. Dieses breite<br />

Spektrum wird in regelmäßigen Ausstellungen immer wieder neu<br />

präsentiert, aber gleichzeitig stellt sich für uns die große Frage: Wie<br />

verhalten wir uns als einer der großen kulturellen Faktoren da oben?<br />

Ich sage bewusst „da oben“, weil damit klar wird, wie weit weg es von<br />

unseren anderen Standorten großteils urbaner Kultur ist. So reflektiert<br />

Schloss Trautenfels schon rein kulturell sehr viel von den Problemstellungen<br />

seiner Region und dessen Einzugsgebiet, das vielleicht mehr<br />

nach Salzburg reicht als nach Graz. Damit will ich sagen, dass sich<br />

Region hier anders definiert. Diesen Ort als Museum nutzen zu können,<br />

ist einerseits spektakulär, erschwert aber auch den Zugang, weil dieser<br />

abgehobene Ort an der Wegkreuzung in erster Linie als Burg gesehen<br />

wird. Hier finden wir schon sehr viel symbolisches Potenzial, das wir<br />

auch nicht so einfach für uns knacken können. Schloss Trautenfels ist<br />

ein starker regionaler Faktor, aber wir können nicht davon ausgehen,<br />

dass es alle Bewohnerinnen und Bewohner der Region in- und auswendig<br />

kennen, obwohl es dort sonst nicht viel anderes gibt, in diesem<br />

Gewicht bzw. in vergleichbarer Ausrichtung. Gleichzeitig merken wir<br />

an den Besucherzahlen im Sommer, welche starke Rolle der Tourismus<br />

dort spielt. Es trifft eine außergewöhnliche Museumssituation auf eine<br />

diverse, aber auch starke und motivierte Community, was eben für das<br />

Joanneum spannend ist, und für dieses konkrete Ausstellungsprojekt<br />

als Motor wirkt bzw. Beteiligung einfordert.<br />

DS: Die Community ist für dich...<br />

PP: …der stärkste Verein, den wir haben! Die Community sind die vielen<br />

Menschen, die sich im Verein Schloss Trautenfels engagieren und die<br />

teilweise auch in der REX-Initiative mitarbeiten. Das große Interesse<br />

bzw. der Wille, in einer kulturellen Entwicklung vor Ort dabei zu sein, ist<br />

dort für mich geradezu verblüffend ausgeprägt.<br />

DS: In diesen beiden Punkten, die du ansprichst, befinden sich die regionale<br />

und das Schloss Trautenfels in einer ähnlichen Ausgangsposition.<br />

Das Schloss liegt auf einem Hügel, und man stellt sich die Frage: Wer<br />

kommt denn da rauf? Das gilt auch für ein Festival, das in eine Region<br />

hineingeht und dabei Dinge passieren lässt, die womöglich nicht unbedingt<br />

selbstverständlich sind. Ebenfalls nicht ganz unwesentlich finde<br />

ich den universellen Anspruch des Museums, der trotzdem irgendwie<br />

begrenzt werden muss. Wir haben dabei dieselbe geografische Begrenzung,<br />

den Bezirk Liezen. Aber beides − der universellt Anspruch und die<br />

notwendige Abgrenzung – muss auch permament hinterfragt werden.<br />

Was heißt es eigentlich, wenn eine im Grunde nur administrative Einheit

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