braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
BRAUNSCIIWEIGISCHES JAHRBUCH<br />
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Schriftleitung:<br />
Archivdirektor a. D. Dr. J. König, Wolfenbüttel, Forstweg 2<br />
(Niedersächsisches Staatsarchiv)<br />
Tausch und Vertrieb der Vereinsveröffentlichungen:<br />
P<br />
Cf<br />
-t<br />
A74<br />
( r-j)<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
<strong>Braunschweig</strong>ischer Geschichtsverein e. V .<br />
Tauschstelle<br />
334 W olfenbüttel, Forstweg 2<br />
(Niedersächsisches Staatsarchiv )<br />
ISSN 0068 - 0745<br />
Gedruckt in der Waisenhaus-Buchdruckerei <strong>Braunschweig</strong><br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Inhalt<br />
Das Ottonianum und die Jura Indaginis.<br />
Zum 750jährigen Jubiläum der Stadtrechte für Altstadt und Hagen in Braunsdtweig<br />
von Dr. Manfred Gar z man n, Braunsdlweig . . . . . . . . . . . . .. 9<br />
Kloster Riddagshausen und seine Äbte in dem Jahrhundert vor der Reformation<br />
von Dr. Gottfried Zirn m e r man n, <strong>Braunschweig</strong> . . . . . . . . . .. 1.5<br />
Wolfenbüttel.<br />
Ein stadtgeschidttlidter Abriß<br />
von Dr. Wolf-Dieter Mo h r man n, Osnabrück . . . . . . . . . . . .. 47<br />
Eine Wanddekoration aus dem Rokoko in einem WoIfcnbütteler Bürgerhaus.<br />
Mit 5 Abbildungen<br />
von Dr. Wolfgang K el s eh, Wolfenbüttel . . . . . . . . . . . . . . .. 71<br />
Das <strong>Braunschweig</strong>ische Criminalgesetzbudt von 1840.<br />
Einiges aus der Entstehungsgeschichte<br />
von Reinhard He i n e man n, Wolfenbüttel . . .<br />
Einiges aus der Geschichte des Amtsgeridtts vVoIfenbüttel (1879-1900)<br />
von Reinhard He i n e man n, Wolfenbüttcl .......... .<br />
:Friedridt von Holstein im Harz.<br />
Mit 7 Abbildungen<br />
von Dr. theol. Hans-Oskar Web er, Clausthal-Zellerfeld<br />
Zur Entwiddung des kommunalen Siegel- und Wappenwesens im Gebiet des<br />
ehemaligen Landes Braunsdlweig<br />
von Dr. Joseph K ö n i g, Wolfenbüttel . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137<br />
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77<br />
99
Kleinere Beiträge<br />
Ekbert 11. von Braunsdtweig (t 1090) und Bischof Benno von Meißen (t 1106)<br />
in einer Hildesheimer Sage<br />
von Hans D 0 b be r ti n, Springe 3/ Eldagsen .......... 0<br />
0 0 0 153<br />
Hans Jürgen Querfurth t (Nadtruf) 159<br />
Thilo Vogelsang t (Nachruf)<br />
Joadtim Leusdmer t (Nadtruf)<br />
Ludolf Fiesel t (Nadtruf) 166<br />
Bibliographie zur braunsdtweigischen Landesgesdtichte 1977<br />
Bearbeitet von Irene Be r g, Wolfenbüttel 0<br />
Chronik des Braunsmweigischen Geschichtsvereins<br />
vom Mai 1977 bis zum 10. April 1978<br />
Zusammengestellt von Dro Joseph K ö n i g, Wolfenbüttel 0<br />
Verstorbene Mitglieder . 0<br />
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0 0 •• 0 0 0 0 0 • 0 0 • •• 169<br />
0 •• 0 • 0 0 0 103<br />
0 • 0 0 • 0 0 0 0 0 • 0 0 0 • 0 0 0 0 0 • 0 0 0 108<br />
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DEM ANDENKEN<br />
UNSERES UM DIE BRAUNSCHWEIGISCHE GESCHICHTE<br />
UND DEN BRAUNSCHWEIGISCHEN GESCHICHTSVEREIN<br />
HOCHVERDIENTEN VORSTANDSMITGLIEDS<br />
ARCHIVOBERRAT A. D. DR. HANS JüRGEN QUERFUR TH<br />
• BRAUNSCHWEIG 20. JANUAR 1915 t BRAUNSCHWEIG 14. MÄ.RZ 1978<br />
GEWIDMET<br />
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Das Ottonianum und die Jura Indaginis<br />
Zum 750jährigen Jubiläum der Stadtrechte für Altstadt und Hagen<br />
in <strong>Braunschweig</strong> .)<br />
Von<br />
Manfred Garzmann<br />
I<br />
In seinem grundlegenden Werk "Die Entstehung des deutschen Städtewesens"<br />
hat Kar! He gel vor nunmehr 80 Jahren den Begriff und die Bedeutung des Stadtrechtes<br />
mit folgenden Worten beschrieben: "Die Stadtgemeinde ... steht auch in einer<br />
Rechtsgemeinschaft. Das Stadtrecht ist ein besonderes Redlt, das Recht der Bürger,<br />
ius civile" 1). Es handelt sich also um das Recht, das die Bürgerschaft als eine anerkannt<br />
öffentlich-rechtliche Körperschaft vom jeweiligen Grund- bzw. Stadtherrn erwirken<br />
konnte. In den meisten Fällen reflektieren die statutarisdlen Rechtsaufzeichnungen<br />
die eigentümlichen Bedürfnisse dieser bürgerlichen Rechtsgemeinsdlaft, die<br />
im Handel und Gewerbe ihre wesentlidlen Existenzgrundlagen erlangt hat.<br />
Während des Mittelalters haben die Stadt und das Bürgertum ihre erste bedeutende<br />
Blütezeit erlebt. Dennoch hat das vielschichtige Phänomen "Stadt" in der Forschung<br />
unterschiedliche Interpretationen gefunden, die zwangsläufig darauf schließen<br />
lassen, daß es die mittelalterliche Stadt par excellence nicht gegeben hat. Vielmehr<br />
tritt sie als ein disparates Gebilde entgegen, das in den versdliedenen Landsmaften<br />
des europäischen und deutschen Kulturraumes teilweise hömst versmiedenartige Entwicklungsstufen<br />
durchlaufen hat. Um eine angemessene Definition bemüht sich Hans<br />
S t rah m in seinem 1950 publizierten Beitrag: "Die mittelaltediche Stadt kann als<br />
ein umfriedeter, verhältnismäßig dicht besiedelter und durch natürliche oder künstliche<br />
Befestigungen gesicherter Marktort definiert werden, der mit eigenem Remt<br />
bewidmet ist und der sich -aus der umgebenden Landschaft in -allen Lehensheziehungen<br />
deutlich abhebt" 2).<br />
In ihrer wechselseitigen Bedingilieit haben mehrere bedeutsame Faktoren die<br />
mittelalterliche Stadtverfassung im allgemeinen und diejenige <strong>Braunschweig</strong>s im be-<br />
.) Diesen Ausführungen liegt ein Vortrag (mit Lichtbildern) zugrunde, den der Verfasser<br />
am 13. Februar 1978 im Städtischen Museum <strong>Braunschweig</strong> vor dem <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Geschichtsverein gehalten hat. Entsprechend dem Charakter eines Vortrages werden<br />
in den Anmerkungen lediglich die wichtigsten Literatur- und Quellenangaben berücksichtigt.<br />
1) K. He gel, Die Entstehung des deutschen Städte wesens, 1898, S. 137 f.<br />
2) H. S t rah m, Zur Verfassungstopographie der mittelalterlichen Stadt, in: ZSchweiz<br />
G 30 (1950), S. 371.<br />
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9
sonderen aufs nadlhaltigste beeinflußt. Jede Stadt erhält ihr spezifisdles Gepräge<br />
durdl ihren historisdlen und geographisdlen Standort, vor allem durdl ihre besondere<br />
Funktion S). Im 1 z. und 13. Jahrhundert heben skh die urbanen Siedlungskerne<br />
durdl ihre baulidle Gcsdllosscnheit, durdl ihre Befestigung und ihre ansehnlidle Bevölkerungskonzentration<br />
mit spezialisierten Berufsgruppen vom fladlen Lande ab 4).<br />
Nadl der redltlidlen Separation vom Land bildet die Stadt einen gesdllossenen Geridltsbezirk<br />
mit eigenem Geridlt und Stadtredlt als den beiden sinnfälligsten Ersdleinungsformen<br />
städtisdler Autonomie 5). In Braunsdlweig - wie in anderen deutsdlen<br />
Städten - war zunächst ein Beauftragter des Stadtherrn für die Gerichtsbarkeit und<br />
die Verwaltung zuständig. Später trat der Rat an die Spitze der autonomen Stadtgemeinde,<br />
deren Interessen er im Innern wie nadl außen und insbesondere gegenüber<br />
dem Stadtherm wahrgenommen hat. Der Rat wurde zum beherrsdlenden Symbol<br />
mittelalterlidler Stadtfreiheit; das Bürgertum ist während eines langen Zeitraumes<br />
seine zuverlässigste Stütze gewesen 6).<br />
Braunsdlweig zählt zu den ältesten Orten im sächsischen Gebiet, die im Mittelalter<br />
einen eindrucksvollen wirtschaftlichen und politisdlen Status erringen konnten.<br />
Dank ihrer günstigen geographisdlen Lage ,an widltigen Handelsstraßen und mrer<br />
ökonomisdlen Funktion 1st diese Stadt relativ schnell
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Festlegung der Stadt mit der fast zwangsläufigen Konsequenz, diese nunmehr mit<br />
einem geschriebenen Recht zu hewidmen 9).<br />
Hingegen beschreiben die beiden Stadtrechte <strong>Braunschweig</strong>s, die in ihrer ältesterhaltenen<br />
überlieferung aus dem Jahre 1227 stammen, einen seit längerem bestehenden<br />
Rechtszustand, ohne jedoch über die verschiedenen Phasen des Entstehens der<br />
einzelnen Remtssätze oder über deren Vorstufen konkrete Hinweise zu geben. Ebensowenig<br />
berichten sie über den soeben erwähnten wichtigen Zusammenhang zwischen<br />
der topographischen Existenz einer Stadt und der Kodifizierung ihres Rechts 10).<br />
Die insbesondere <strong>Braunschweig</strong> betreffenden reichspolitischen Verwicklungen, die<br />
im Sommer Ill7 zur Bestätigung althergebrachter bzw. zur Verleihung neuer Rechtssätze<br />
geführt haben, bleiben in den Stadtrechten gänzlich unberücksidltigt.<br />
Die Jura Indaginis entbehren des vollständigen klass-ischen Formenapparates der<br />
mittelalterlichen Urkunde. Diese offenkundigen Unzulänglichkeiten dürften slro indessen<br />
historisch dadurch erklären lassen, daß sich der Enkel Heinrichs des Löwen<br />
im Sommer Il27 nur wenige Tage in <strong>Braunschweig</strong> aufhalten konnte und binnen<br />
kürzester Frist versuchen mußte, sein territoriales Erbe gegen fremde Anspruche<br />
zu behaupten. Mit einer eindrucksvollen Pergamenturkunde (40 cm hoch, 15 cm<br />
breit), die in der typischen Minuskel geschrieben, in lateinischer Sprache abgefaßt<br />
und mit dem eingehängten Wachssiegel des Welfen besiegelt 'ist, hat Otto das Kind<br />
die Jura et libertates Indaginis, also die Rechte und Freiheiten des Hagens, bestätigt.<br />
Gleichsam brennpunktartig wird in einer eigentümlichen Kombination von promulgatio<br />
(= Verkündungsformel) und narratio (= Erzählung der tatsächlichen Umstände,<br />
die die Ausstellung der Urkunde veranlaßt haben) die Verbindung zwischen<br />
der Stadtgrundung und dem Stadtrecht hergestellt. Allem Anschein naro 1st dem<br />
Aussteller der enge Konnex zwischen der baulichen Konstituierung der Stadt und der<br />
schriftlichen Fixierung des dadurch bewirkten Rechtszustandes durchaus bewußt gewesen.<br />
Der wichtige Vorgang der Erbauung des Hagens, d. h. die Übertragung der<br />
Besitzrechte am Grund und Boden dieses Gebietes der Stadt auf die Neusiedler bzw.<br />
Bürger, die Begründung der Bürgergemeinde (universitas burgensium), die Errichtung<br />
der Häuser und die Entwicklung der Verfassung war von fundamentaler rerotlicher<br />
Bedeutung, die jedoch im § I auf ihren historischen Wert reduziert wird 11).<br />
Das Hagenrecht enthält keine bodenrechtliche Bestimmung über die veränderten<br />
Besitzrechte am Gelände dieses Weichbildes. Höchstwahf6cheinlich wurden die Bodenrechte<br />
den Bürgern von Heinrich dem Löwen nicht verbrieft, wie übrigens auch<br />
bei der Neugründung Lübecks durch den Herzog nach dem Brand von 1157. Es bleibt<br />
8) Friedrich K e u t gen, Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte, 1901, Nr. 133<br />
S. 117 ff. Vgl. vor allem: Walter Sc h I es i n ger, Das älteste Freiburger Stadtredlt. überlieferung<br />
und Inhalt, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 63 ffo; Walter He i ne m e y er, Der<br />
Freiburger Stadtrodcl. Eine paläographische Betrachmng, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 116 ff.<br />
10) Hierzu kürzlich: Hans Pa tz e, Stadtgründung und Stadtrecht, in: VortrrForsch 13<br />
(1977). S. 163 ff.<br />
11) VB der Stadt <strong>Braunschweig</strong> I Nr. 1 S. 1: Notum sit omnibus bane paginam videntibus,<br />
quod hee sunt iura et libertates Indaginis, quas burgenses a prima fundatione ipsius civitatis<br />
ab illustri viro Heinrieo duce Saxonie atque Bawarie obtinuerunt.<br />
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II
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ruhr innerhalb des welfischen Herrschaftsbereiches aus 17). Eine weitere Bestimmung<br />
befreit die Bürgerschaft des Hagens vom Zoll in Lüneburg und ,im übrigen<br />
Territorium der Welfen 18). Diese Sdtiffahrts- und Zollbefreiung mit ihren eindeutig<br />
wirtschaftlichen Vorteilen hat ",ich für jede Stadt vor allem in politisdler Hinsicht<br />
positiv ausgewirkt.<br />
Auf ein relativ frühes Vorhandensein einer gemeindlichen Exekutive läßt § 4<br />
schließen: burgenses advocatum unum de suis concivibus eligant 19). Es müßte als ein<br />
absolutes Novum gelten, wenn den Bürgern hiermit die weitreidtende Befugnis zugestanden<br />
worden wäre, den stadtherrlichen Repräsentanten bereits im 12. Jahrhundert<br />
aus ihren Reihen wählen zu dürfen. Vielmehr hat dieser Vogt als secundarius<br />
advocatus amtiert: Er war der Stellvertreter des herzoglichen "Beamten", stammte<br />
aus den Reihen der Bürger und ist im Hagen auch als magister civium belegt.<br />
Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt der Paragraph 15 aus dem frühen 13. Jahrhundert:<br />
Item burgenses suos consules habeant, sicut habere consueverunt, quorum<br />
consilio civitas regatur 20). Es dürfte indessen nicht zutreffen, aus der Wendung<br />
sicut habere consueverunt 21) eine seit längerem etablierte Ratsverfassung im Hagen<br />
abzuleiten 22). Erst zu einem relativ späten Zeitpunkte bezeugen Stbephanus et Ghereco<br />
suus filius de Indagine sowie weitere Brunewicensis [sie!] civitatis consules im<br />
Jahre 1257 die Zehntübertragung an das MarienspitaI 23 ). Jedoch werden sdton einige<br />
Jahrzehnte vor 1257 Ratsherren im Hagen amtiert haben. Mit den nachfolgenden<br />
Überlegungen wird versucht, den terminus ad quem, also den Zeitpunkt. zu<br />
dem der Rat spätestens bestanden hat. näher einzugrenzen. Trotz untersdtiedlidter<br />
Ansätze in der Besiedlung und Rechtsverlcihung ziehen wir die verfassungsredtt-<br />
Zur Interpretation dieser syntaktisch schwierigen Bestimmung: F. F ren s d 0 r f f, Studien<br />
11, 1906, S. 187; B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), S. 69.<br />
17) UB I Nr. I § 3: Si autem casu infortunatu aliqtla in aqua mergi aut quocumqlle modo<br />
periclitari contingat, domini rerum propter hoc nullam incidere debent penam vel culpam,<br />
set rebus suis ab aqlla ereptis et locatis et venditis indempnes omnio recedent. Diese Bestimmung<br />
galt für alle Weichbilde <strong>Braunschweig</strong>s, da sie auch im Ottonianum (UB I Nr.1 S.7<br />
Art. 56) aufgeführt ist.<br />
18) UB I Nr. I § 16: Item burgenses Lunenborch et alias quocumque ad nostram iuris<br />
dicionem declinaverint ab omni exactione absolut; manebunt. - Da der § 16 den Abschluß<br />
der Urkunde bildet, liegt die Vermutung nahe, daß es sich hierbei um einen späteren Zusatz<br />
handelt, dem ein älterer Rechtssatz als Vorlage gedient haben könnte. Hierzu: F. Fr e n sdorf<br />
f (wie Anm. 16), S.188, 308; B. Di este Ik a m p (wie Anm. 14), S. 73 f.<br />
19) UB I Nr. I S. 1 - Ludwig 0 h I end 0 r f, Das niedersächs. Patriziat und sein<br />
Ursprung, 1910, S. Il f.; Lotte H ü t t e b r ä u k er, Das Erbe Heinrichs des Löwen (Studien<br />
und Vorarbeiten zum Hist. Atlas Niedersachsens 9), 1917, S.16; Kar! Kr 0 e s ehe 11,<br />
Weichbild. Untersuchungen zur Struktur und Entstehung der mittelalter!. Stadtgemeinde in<br />
Westfalen, IQ60, S. 64 f.<br />
20) UB (Nr. 1 S.1 - Werner S pie ß, Die Ratsherren der Hansestadt <strong>Braunschweig</strong><br />
1l31-1671 (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke 42), 1970, S. 13.<br />
21) Eine inhaltliche Parallele enthält das Privileg Herzog Albrechts für die Lakenmacher<br />
im Hagen von 1l68: sicut tier; solet (UB I Nr.7 S. 14).<br />
U) SO die Ansichten von Siegfried R i e t s ehe I, Städtepolitik Heinrichs des Löwen, in:<br />
HZ 101 (1909), S.137 H. und Hans PI an i t z, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954,<br />
S.145·<br />
23) UB 11 Nr. 173 S. 77. - W. S pie ß (wie Anm. 20), S. 199 ("Stevens").<br />
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liche Situation der Alrstadt als vergleichendes Moment heran. Zwei Urkunden des<br />
drittältesten Sohnes Heinrichs des Löwen und späteren Kaisers Otto IV. aus den<br />
Jahren JI99 und 1Z04 enthalten noch keine zwingenden Belege für das Konsulat 24).<br />
Zwar besitzen heide Diplome einen hohen wirtschaftspolitischen und verfassungsrechtLichen<br />
Rang, aber .in ihnen werden lediglich die -annähernd gleidlwertigen Formeln<br />
burgenses nostri de Bruneswic bzw. dilecti cives nostri de civitate nostra de<br />
Bruneswic verwendet. Am ehesten könnte das Privileg vom H. Oktober 1104<br />
einen enosdlcidenden Verfassungs wandel andeuten, sofern die darin namentlidl als<br />
Zeugen aufgeführten z 3 cives de Bruneswic bereits damals die redltlidle Qualität<br />
von consules besessen haben, wofür allerdings für die Altstadt <strong>Braunschweig</strong>s keine<br />
zuverlässigen Beweise vorliegen 25). Trotzdem enthält die Urkunde ein bedeutsames<br />
Moment. Denn Otto IV., der darin seine königliche Machtstellung betont, läßt ausdrücklich<br />
vermerken, daß er auf wiederholte Bitten seiner lieben Bürger nunmehr<br />
den Altstädtern das Recht verleiht, den Pfarrer an St. Martini zu wählen, die hier<br />
eindeutig als Marktkirche bezeidlnet wird 26). Immerhin ist es durchaus denkbar,<br />
daß auch in -der Altstadt im frühen 13. Jahrhundert eine vermutlich noch nicht vollständig<br />
ausgebildete Ratsverfassung bestanden hat, deren Repräsentanten Jn den<br />
überlieferten Urkunden deshalb nidlt als consules erscheinen 27).<br />
Keineswegs hat der Stadtherr im Hagenredlt seinen notwendlgen Konsens zur<br />
Einsetzung eines Ratskollegiums gegeben, vielmehr bestätigt er im § 15 die Existenz<br />
dieses bürgerlidlen Selbstverwaltungsorgans, quorum consilio civitas regatur. Diese<br />
Formulierung findet eine inhaltliche Parallele in dem Privileg Philipps von Sdlwaben<br />
für Speyer. Im Jahre JI98 erneuert er der Freien Reichsstadt d1e Gnade, daß<br />
aus den Reihen der Bürger I z gewählt wel"den sollen, die dann feierlidl schwören,<br />
das Wohl ihres Gemeinwesens uneigennützig zu fördern, et eorum consilio civitas<br />
gubernetur 28). f'ür den Hagen in Braunsmweig ist mit großer Sicherheit davon auszugehen,<br />
daß die Bürger den Rat mit ausdrückl:idler Billigung seitens des Stadtherrn<br />
- vermutlidl hat es sidl um König Otto IV. oder um den Pfalzgrafen Heinridl gehandelt<br />
- eingeführt haben. Das politische Selbstbewußtsein der gesamten Bürgersdlaft<br />
Braunsdlweigs hat in den Jahren um 1100 eine fiidlt zu unterschätzende Rolle<br />
gespielt; denn gerade sie erwies sidl für die bedrängten Welfen als eine zuverlässige<br />
und solide Stütze 29).<br />
24) UB 11 Nr. 30 S. Il f. und Nr. 33 S. 14 f.<br />
26) Für Lübeck hat Fritz R ö r i g, Lübeck und der Ursprung der Ratsverfassung, jetzt<br />
in: Der s., Wirtschaftskräfte im Mittelalter, 21971, S. 1-35, dargelegt, daß die eives und<br />
burgenses in der frühen Epodle dieser Stadt mit den späteren eonsules identisdl sind. - Zur<br />
synonymen Verwendung von eivis und burgensis vgI. Gerhard K ö b 1 er, Civis und ius<br />
eivile, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 35 ff.<br />
t8) UB II Nr. 33 S. 14. - Hans Erich Fe i n e, Die genossenschaftliche Gemeindekirche<br />
im germanischen Recht, in: MIOG 68 (1960), S. 171 H., bes. S. 185.<br />
27) Edith E n n e n, Frühgeschichte -der europäisdlen Stadt, 1953, S. 170 ff.<br />
28) Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer, hrsg. von Alfred H i 1 gar d, 1885, Nr.<br />
u. - über die Entwicklung in Speyer: Elisabeth R ü tim e y er, Stadtherr und Stadtbürgerschaft<br />
in den rheinisdlen Bisdlofsstädten (Beihefte zur VjschrSozialWirtschG 13), 19z8,<br />
S. 109 ff.<br />
29) MGH Deutsche Chroniken II (wie Anm. 13), S. 516 H. - Hermann D ü r r e, Ge.<br />
schidlte der Stadt <strong>Braunschweig</strong> im Mittelalter, 1861, S. 81 ff.<br />
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pielIes Verbot aus 46), sondern beseitigt lediglich den Zwang zum Eingehen eines<br />
Zweikampfes als ein mögliches Beweismittel 47) im Strafrecht.<br />
Im Vergleich zu itlteren Rechtsquellen zeigt das prozeßrechtliche Institut der Verfestung<br />
48), die eine vorübergehende Rechtlosigkeit des Täters bewirkte, im Hagenrecht<br />
eine erstaunliche Liberalisierung: Der § 8 enthält die ausdrückliche Verpflichtung,<br />
die Angehörigen und das gesamte Vennögen des Rechtsfrevlers zu schützen 49).<br />
Diese fesre Zusage entspricht dem Selbstverständnis der Gemeinde als Friedensgemeinschaft<br />
und ihrem daraus resultierenden Bestreben, den einmaligen Rechtsbruch<br />
keineswegs in eine unkontrollierbare Automatik weiterer Vergehen und Verbrechen<br />
einmünden zu lassen, die das friedliche Zusammenleben aller Bürger aufs<br />
schwerste gefährden würde. Daher blieb die Gemeinde bemüht, den Verfesteten<br />
nach dessen erfolgter Aussöhnung mit dem Richter und dem Geschädigten erneut in<br />
ihre Rechts- und Friedensgemeinschaft aufzunehmen. Aus diesem wichtigen Motiv<br />
wird die besondere Fürsorgepflicht für die Familie sowie für das mobile und immobile<br />
Vennögen des Täters verständlich 50).<br />
Innerhalb der eigenständigen Stadtrechtsentwiddung in Braunschwejg nimmt der<br />
Rechtssatz über den Erwerb der Bürgerfreiheit nach Jahr und Tag einen herausragenden<br />
Platz ein 51). Sofern diese Bestimmung zu den Gründungsrechten des Hagens<br />
zlihlt, ist sie die ältesterhaltene Nachricht über das Auftreten der Bürgerfreiheit<br />
nach Jahr und Tag in Deutschland 52). Es überrascht, daß der Erwerb des Bürger-<br />
46) B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), der zugleich den Ursprung dieses Instituts<br />
in Flandern vermutet.<br />
&7) Als weitere Beweismittel nennt das Ottonianum den Parteieid mit 6 Eideshelfern<br />
(UB I Nr. 2 S. 6 Art. 28) und den Beweis mit Schreimannen (UB I Nr. 2 S. 7 Art. 65).<br />
48) In <strong>Braunschweig</strong> hatte die Verfestung, die nur mit Genehmigung seitens des Klägers,<br />
des Gerichts und der Stadt (= des Rates) aufgehoben werden konnte (L'B I Nr.1 S.6 Art.<br />
19), einen bemerkenswert umfassenden Anwendungsbereich, wozu u. a. Totschlag, Wundung<br />
und Eigentumsvergehen unterschiedlicher Art gehörten; vgI. den Ziber proscriptionum der<br />
Altstadt von 1306-1310 (UB 11 Nr.571 S. 198 ff.) sowie das Verfestungs- und Neubürgerbuch<br />
der Neustadt von ca. 1310-1345 (UB 11 Nr. 874 S. 5Il ff.).<br />
49) UB I Nr. 1 S.l § 8: ltem quicumque pro aZiquo excessu proscriptus fuerit, uxor et<br />
pueTi eius atque omnia bona sua pacem habebunt, quo usque idem proscriptus redeat atque<br />
cum civitate componat. Hingegen bestimmt
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III<br />
Ebenfalls im Sommer 1227 bestätigte Herzog Otto das Kind mit einer großen,<br />
wiederum in der typischen Minuskel geschriebenen Pergamenturkunde (57 cm hoch,<br />
43 cm breit) den Bürgern der Altstadt ihre angestammten Rechte, die höchstwahrscheinlich<br />
bereits Kaiser Lothar III. ihren Vorfahren um II30 mündlich verliehen<br />
hatte. Das Ottonianum - das Stadtrecht der Altstadt trägt als einzige Urkunde den<br />
Namen des Enkels Heinrichs des Löwen - enthält in seinen 66 Paragraphen überwiegend<br />
straf-, zivil- und prozeßrechtliche Vorschriften und gewährt den individuellen<br />
Freiheiten der Bürger verhältnismäßig geringen Raum. Ohne Ausnahme beginnen<br />
die 66 Rechtssätze mit einer roten Initiale, d. h. mit einem durch Verzierung<br />
und Farbe ausgezeichneten Anfangsbuchstaben 61). Das grüne Wachssiegel, das in der<br />
seit Mitte des 12. Jahrhunderts gebräuchlichen Form "anhängend" ist und der Urkunde<br />
als wichtigstes Beglaubigungsmittel für schriftliche Rechtshandlungen ihre<br />
öffentlich-rechtliche Beweiskraft verleiht, trägt folgende Umschrift: SIGILLVM<br />
OTTONIS DVCIS DE BRVNESVIC.<br />
Da auch dem Ottonianum einige Bestandteile des klassischen Formenapparates<br />
der mittelalterlichen Diplomatik fehlen, ist die Echtheit dieser großartigen Pergamenrurkunde<br />
mitunter in Zweifel gezogen worden. Diese offenkundigen Unzulänglichkeiten<br />
dürften sich mit der undurchsichtigen Situation in der Stadt <strong>Braunschweig</strong><br />
nach dem Tode des Pfalzgrafen Heinrich hinreichend erklären lassen. Der älteste<br />
Sohn Heinrichs des Löwen war am 28. April 1227 in <strong>Braunschweig</strong> ohne männliche<br />
Deszendenz -rerstorben. Seine testamentarische Verfügung vom Juli 1223 zugunsten<br />
seines Neffen Otto von Lüneburg 62) WUNe von den Staufern und deren Parteigängern<br />
aufs heftigste angefochten. Denn die beiden Töchter des Pfalzgrafen hatten<br />
ihr jeweiliges Erbteil durch ihre Ehemänner - Agnes war mit dem Herzog Otto H.<br />
vun Bayern und Irmingard mit dem Markgrafen Hermann IV. von Baden verheiratet<br />
- dem Kaiser käuflich überlassen 63). Daher konnte sich Friedrich 11. im Jahre<br />
1227 zumindest de iure als Eigentümer der Stadt <strong>Braunschweig</strong> betrachten, während<br />
diese de facto mit kurzer Unterbrechung von den 'Velfen beherrscht worden ist.<br />
Bei seiner Rückkehr aus Holstein vermochte Otto von Lüneburg die Stadt zunächst<br />
nicht zu betreten, da zahlreiche M·inisterialcn und einige Teile der Bürgerschaft aus<br />
eigennützigen Motiven auf die Seite des Staufers übergewechselt waren. Mit Untcr-<br />
81) Hierzu: Jürgen Gutbrod, Die Initiale in Handschriften des 8. bis 13.Jahrhunderts,<br />
1965.<br />
82) UB II Nr. 60 S. 23. - August Mi ehe I s, Leben Ottos des Kindes, ersten Herzogs<br />
von <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, 1891, S. 23 f.; Fdedrich Bus eh, Beiträge zum Urkundenund<br />
Kanzleiwesen der Herzöge zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, I. Teil, 1921, S. 35 H.<br />
83) Origines Gue1ficae II1, S.701; Sudendorf I Nr'9 S.6; UB Asseburg<br />
I Nr. 139 S. 100 f. - Karl B r a n d i, Die Urkunde Friedrichs 11. vom August 1235<br />
für Otto von Lüneburg, in: QForschBraunschwG 6, 1914, S. 43 f., Hans Pa t z e, Die<br />
welfischen Territorien im 14. Jahrhundert, in: VortrrForsch XIV, 1971, S. 13. Dagegen erwähnt<br />
Lotte H ü t t e b r ä u k er, Das Erbe Heinrichs des Löwen (Studien und Vorarbeiten<br />
zum Historischen Atlas Niedersachsens 9), 1927, S. 5, daß lediglich der Markgraf von Baden<br />
das Erbteil Inningards dem Staufer verkauft. Ein Schreiben Friedrichs II. vom September<br />
1234 berichtet ebenfalls nur über diesen Verkauf; vgl. 0 r i gin e s G u elf i c a e IV, S. 141.<br />
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stützung ihm ergebener Bürger konnte Otto schließlich in den Hagen gelangen und<br />
. von dort die gesamte Stadt wieder unter seine Botmäßigkeit bringen. Innerhalb weniger<br />
Tage mußte der junge Welfe größte Anstrengungen unternehmen, um seine<br />
schwankenden Herrschaftsgrundlagen zu stabilisieren. Es war eine seiner entscheidenden<br />
Maßnahmen im Sommer 1227, die althergebrachten Rechte für die Bürger<br />
in der Altstadt in der überlieferten, von ihm besiegelten Empfängerausfertigung zu<br />
bestätigen. Obwohl das Ottonianum als eine Sammlung städtischer Statuten betrachtet<br />
wird 64), läßt sich eine derartig scharfe Differenzicnmg zwischen der statutarischen<br />
Rechtsetzung und der ausschließlichen Rechtsetzungsbefugnis des Stadtherm<br />
nach dem heutigen ForsdlUngsstand nicht mehr ohne weiteres durchführen 65).<br />
Wegen seines überaus vielschkhtigen Inhalts können sich die nachfolgenden Ausführungen<br />
lediglich mit den wichtigsten Bestimmungen des Ottonianums befassen,<br />
zumal einige Vorschriften bereits im Abschnitt über das Hagenrecht vergleichsweise<br />
herangezogen worden sind. Mit fast gleichlautenden Worten bekräftigen die Paragraphen<br />
60 und 66, daß de borgere von Bruneswich das aufgezeichnete Recht bi vnses<br />
aiden herren tiden an lande vnde an watere besessen und nunmehr von vnses herren<br />
genaden erhalten haben 66). Möglicherweise hat schon Heinrich der Löwe die Altstadt<br />
mit einem schriftlichen Stadtrecht begabt, das seine Nachfolger - Pfalzgraf<br />
Heinrich, Kaiser Otto IV. und vor allem Herzog Otto das Kind - dann den Bürgern<br />
in erweiterter Form bestätigt haben.<br />
Das Ottonianum ist das ältesterhaltene Rechtsdenkmal in mittelniederdeutscher<br />
Sprache. Es hat für mehrere Jahrhunderte der kontinuierlichen, weitgehend autonomen<br />
Rechtsentwicklung in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> bis zur Rezeption des römischen<br />
Rechtes :im Jahre 1532 die notwendige Grundlage gegeben 67). Hauptsächlich beruht<br />
das Ottonische Stadtrecht auf lokalem und traditionsmächcigem Gewohnheitsrecht,<br />
das lange mit dem geschriebenen Recht konkurriert und für privatrechdiche Streitigkeiten<br />
uneingeschränkte Geltung besessen hat. Weitere wichtige Quellen der Rechtsschöpfung<br />
waren einmal die fürstlichen Gunsterweise, zum andern die zunächst von<br />
den Bürgern beschworenen, dann vom herzoglichen Stadtherrn sanktionierten Rechtssatzungen<br />
68). Keineswegs bildete das Stadtrecht einen starren Kanon von dauernd<br />
gültigen Bestimmungen; vielmehr mußte es den sich häufig wandelnden wirtschaftlichen<br />
und sozialen Bedingungen angepaßt werden 69).<br />
Zwar kennt das Ottonianum keine strenge Systematik 70), jedodl heben sich innerhalb<br />
seines detaillierten Rechtsstoffes bestimmte, inhaltlich miteinander verbun-<br />
84) B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), S.6.<br />
65) Wilhelm E bel, Die Willkür (Göttinger rechtswissenschaftl. Studien 6), 1953,<br />
S·Sdf.<br />
88) Das 0 t ton i a nu m ist gedruckt in VB I Nr. 1 S. 4 H.<br />
87) Ferdinand Fr e n s d 0 r f f, Das <strong>Braunschweig</strong>ische Stadtrecht bis zur Rezeption, in:<br />
ZSRG Germ. 26 (19°5), S. 195 ff.<br />
88) W. E bel (wie Anm. 65), S.46.<br />
89) So zählt das sogenannte Leibnitianum von ca. 1350 (UB IV Nr.3 S. SSS ff.) als<br />
sechste Redaktion des <strong>Braunschweig</strong>ischen Stadtrechts bereits 163 Artikel.<br />
70) Erstmals gliedert das Stadtrecht von 1401/03 die gesamte Rechtsmaterie in 34 Artikel<br />
(UB I Nr.61 S. 101 ff.).<br />
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dene Redttssätze heraus, wie z. B. das Straf- und Prozeßredtt (§§ 4-JI), die Schuldklagen<br />
(§§ 14-19), der Anefang als das übliche Mittel der gerichtlichen Fahrnisverfolgung<br />
im Mittelalter (§§ 13-16), die erb- und güterrechtl:idten Vorschriften<br />
(§§ 33-38, 43, 44) und schließlich die Zollbestimmungen (§§ 46-51).<br />
Mehrere Artikel befassen sich mit der rechtlichen Position des Vogtes, der als<br />
ständiger Vertreter des Stadtherrn mit weitreichenden verwaltungsmäßigen und gerichtlichen<br />
Kompetenzen ausgestattet war (§§ 1, 15, 40, 43, 44). Allerdings kann der<br />
Vogt nur mit der Mehrheit der Urteilsfinder den Beklagten überführen (§ 63). Hierin<br />
zeigt <strong>Braunschweig</strong>, das im deutlichen Gegensatz zu Magdeburg keine Schöffen, also<br />
keine ständig mit der Urteilsfindung betrauten Personen gekannt hat, übereinstimmende<br />
Rechtsverhältnisse mit den bedeutenden Hansestädten Bremen, Harnburg und<br />
Lübeck.<br />
Neben dem Vogtgericht billigt das Ottonianum auch dem Rat eine gerichtliche<br />
Kompetenz zu. Er ist bei der übertragung des Eigentums an städtischen Grundstücken<br />
subsidiär zugelassen (§ 64) und kann bei deren Verpfändung alternativ tätig<br />
werden (§ 12). Diese Bestimmungen verdeutlichen einerseits die reduzierten Befugnisse<br />
des herzoglichen Funktionsträgers, andererseits die erstarkende Machtstellung<br />
der Bürger, denen es noch im Jahre 1117 gelungen ist, gegen einen festen Jahreszins<br />
die Vogtei mit aller Nutzung und Gerechtigkeit vorn Stadtherrn zu erwerben 71).<br />
Es gehört zu den herausragenden Merkmalen des Bürgers, daß er innerhalb der<br />
Stadtmauern schotes vnde rechtes pleget (§ 50); d. h. er entrimtet den Schoß, also<br />
die seit dem 12. Jahrhundert in allen deutschen Territorien übliche Vermögenssteuer<br />
72), die teilweise aufgrund der Selbstveranlagung unter Eid erfolgte, und steht<br />
zu Recht entweder vor dem Vogte oder vor dem Rate in der Stadt (§ 13). Beide<br />
Verpflimtungen sind aus dem städtischen Grundbesitz erwachsen, so daß amh in der<br />
Altstadt ausnahmslos städtische Grundbesitzer zu den Bürgern gezählt haben. Da<br />
das Ottonianum keinen Wurt - oder Grundzins kennt, die ein persönliches und dingliches<br />
Abhängigkeitsverhältnis begründeten, liegt die Vermutung sehr nahe, daß die<br />
Altstädter ihren Grund und Boden von Anbeginn zu freiem Eigentum besaßen.<br />
Einen höchst bedeutsamen Rechtssatz für Zuzügler enthält der Artikel 41; Wer<br />
'Jahr und Tag zu <strong>Braunschweig</strong> ungestört Bürger gewesen ist, der kann von seinenx<br />
früheren Herrn nicht mehr zurückgefordert werden. Es wird allerdings stillschweigend<br />
vorausgesetzt, daß der ehemals Hörige inzwischen städtischen Grundbesitz erworben<br />
hat, wodurch er zwangsläufig der städtischen Gerichtsbarkeit und Steuerpflicht<br />
unterworfen wurde. Die im mittelalterlimen Rechtsleben häufig übliche Frist<br />
"Jahr und Tag" umfaßt einen Zeitraum von einem Jahr, sechs Wochen und drei<br />
Tagen.<br />
Im Gerichtswesen dominieren zwei institutionelle Formen: Während das echte<br />
Ding regelmäßig im sechswöchigen Turnus stattfindet (§ Il), tritt das gebotene<br />
71) VB II Nr. 75 S. 19.<br />
72) Adolf W aas. Vogtei und Bede in der deutsmen Kaiserzeit, 1 Bände, I9I91z3.<br />
I<br />
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mit dem Stadtrecht identisch geworden ist 76). Falls ein AItstädter Kaufmann inneroder<br />
außerhalb der Stadtmauern einen Wagen zur Aus- oder Einfuhr seiner Waren<br />
mietet, 50 entfällt die ZoIIpflicht für ihn und den Fuhrmann (§ 46). Alle Bürger,<br />
dieaußerhalb der Stadt rentierende Landgüter besitzen, genießen Zollfreiheit sowohl<br />
für ihre Meier als auch für die Einfuhr von Korn und Zehnten, die sie auf gemieteten<br />
oder geüehenen Wagen einbringen (§§ 49, 51). Ein Bürger, der nur vorübergehend<br />
die Stadt verläßt, ist von der Zahlung des Zolls befreit, sofern er seinen<br />
Pflichten uneingeschränkt genügt, also weiterhin schotes vnde rechtes pleget (§ 50).<br />
Die Durchfahrt mit voller Warenladung durch die Stadt ist zollfrei; wer jedoch ausspannt<br />
(leget he sine disle nedcr), muß den halben Zoll entrichten (§ 47). Derjenige<br />
hat den ganzen Zoll zu zahlen, der seine Waren in <strong>Braunschweig</strong> verkauft. Der<br />
Marktzoll beträgt einen Scherf von jedem Schlliing verkaufter Ware; für Verkäufe<br />
unrer einem Schilling wurden keine Abgaben erhoben (§ 48).<br />
Zwei Rechtsinstitute, die seit dem 12. Jahrhundert vornehmlich im nordwestdeutschen<br />
Raum und .im Verbreitungsgebiet des Sachsenspiegels nachweisbar sind,<br />
werden auch im Ottonianum aufgeführt. Die Gerade spielte als Sondervermögen<br />
der Frau für deren Unterhaltssicherung nach dem Tode ihres Mannes eine entscheidende<br />
Rolle (Art. 38). Das Heergewäte bezeichnete ursprünglich einen Inbegriff<br />
kriege.rischer Ausrüstungsobjekte, später indessen eine Gesamtheit für den Mann<br />
nützlicher Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Falls der Besitzer des IIeergewätes<br />
längere Zeit außerhalb der Stadt weilen oder versterben sollte, muß das Hcergcwäte<br />
an den Grundherrn bzw. dessen Vogt zurückgegeben werden, jedoch mit Ausnahme<br />
des Harnisches, der den Erben verbleibt, damit sie weiterhin die Stadt verteidigen<br />
können (§ 43). Das Heergewäte wurde grundsätzli
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Kloster Riddagshausen und seine Äbte<br />
In dem Jahrhundert vor der Reformation<br />
Von<br />
Gottfried Zimmermann<br />
"Kloster Riddagshausen und 'Seine Äbte" - damit soll ausgedrückt werden, daß<br />
die Haltung der jeweiligen Äbte, ihre Entscheidungen oder auch ihre Unterlassungen,<br />
überhaupt ihr ganzes persönliches "Format" Weg und Schicksal eines Klosters<br />
wesentlich beeinflußt haben. Je mehr das Normative im monastischen Leben Aufweichungs-<br />
bzw. Auflösungserscheinungen zeigt, um so spürbarer tritt das hervor,<br />
bei den Zisterziensern spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts 1), noch deutlicher<br />
in der darauffolgenden Zeit. Solche Ers
Bedingungen dieser Ablässe Schlüsse ziehen auf die mönchische Frömmigkeit sowie<br />
den inneren und äußeren Zustand des Klosters zu jener Zeit. Hier läßt uns die<br />
überlieferung im Stidt, wie so oft in Riddagshausen, wo die häufigen Verwüstungen<br />
zahllose Ardtivalien vernichtet haben.<br />
Johannes IV. Nadtfolger, Abt 10hannes V. (seit 1454), hat vermutlich nach kurzer<br />
Regierungszeit abgedankt, ein in jenem Jahrhundert im Klosterleben keineswegs<br />
seltener Vorgang, nicht immer aber ein gutes Zeichen. Der Vorgänger habe dann<br />
das Amt noch einmal kurze Zeit innegehaft, konstatiert Meibom gemäß dem Martyrologium<br />
des Klosters 11). Damit nennt er eine interessante Quelle: das Riddagshäuser<br />
Martyrologium. Er meint wohl das sog. Anniversarienbuch, in dem die Namen<br />
von profilierten Konventsmitgliedern und die von Wohltätern des Klosters<br />
verzeichnet wurden oder auch einen liturgischen Kalender mit lokalen Eintragungen.<br />
Jedenfalls hat Meibom das Martyrologium noch gekannt und auch benutzt. Für uns<br />
ist, wie vieles, auch dieses verloren. Wie sehr dürfen sich Amelungsborn, Loeeum<br />
und andere Klöster ihrer erhalten gebliebenen Anniversarienbücher freuen, die ihnen<br />
mancherlei wertvolle Aufschlüsse aus ihrer Vergangenheit vermitteln.<br />
Abt Matthias, der 34. Abt von Riddagshausen, tritt sein Regiment 1456 an; er<br />
wird es 17 Jahre innehaben (1456-63). Gleidt im ersten Jahr seiner Regierung<br />
nimmt er mit den Benediktineräbten von Königslutter und St. Godehard in Hildesheim<br />
an den großen Feierlichkeiten teil, die in St. Ägidien für den h1. Autor veranstaltet<br />
werden, wobei die Gebeine des in <strong>Braunschweig</strong> innig verehrten Heiligen aus<br />
einem besdteidenen kupfernen in einen kostbaren silbernen Sarg übertragen wurden.<br />
Das muß man in Abt Berthold Meiers zeitgenössischem Bericht nachlesen 12)! Meiborn<br />
berichtet in anderem Zusammenhang, daß zwei Jahre danach, 1458, ein nicht<br />
minder spektakuläres Ereignis in <strong>Braunschweig</strong> stattfand, nämlich ein Ordenskapitel<br />
der Franziskaner, das, sagte man, etwa dreihundert Brüder des hI. Franz in der Stadt<br />
zusammenführte 18). In Riddagshausen wird man das mit Aufmerksamkeit beobachtet<br />
haben, denn in puneto Beliebtheit beim Volke galten die Franziskaner schon<br />
lange als heimliche Konkurrenten der Zisterzienser. Sie hatten in Seelsorge und<br />
Predigt, in Volksmission und Liebestätigkeit und nicht zuletzt gerade in den Wissenschaften<br />
erstaunliche Aktivitäten entwickelt.<br />
Wissenschaftliche Betätigung hatte für die Zisterzienser von dem Gesetz her,<br />
nadt dem sie ,angetreten waren, keine Priorität. Bernhard von Clairvaux, der auf den<br />
Geist des Ordens im ersten halben Jahrhundert den stärksten und einen lang anhaltenden<br />
Einfluß ausübte, hatte ein tiefes Mißtrauen gegen einen gewissen Intellektualismus<br />
und eine damit verbundene Rationalisierung des Glaubens. Das gründete im<br />
11) Chron. Ridd. p. 376: constat enim ex monasterii martyrologio etc. Zitiert wird das<br />
Martyrologium als Quelle nur hier, ist aber mehrfach ausgewertet.<br />
12) s. Ludw. H a e n seI man n, Abt Berthold Meiers Legenden und Geschichten des<br />
Klosters St. Aegidien zu <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttel 1900, p. 34 und lxxvi. Abt Berthold tut<br />
freilich der Teilnahme des Riddagshäuser Prälaten keine Erwähnung!<br />
18) Das Ereignis wird in Chron. Ridd. P.378 berichtet bei Schilderung des frommen<br />
Eifers Riddags von \Vendens.<br />
18<br />
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Charakter seiner religiösen Natur, die auf das Kontemplative angelegt war 14). Erst<br />
von der Mitte des 13. Jahrhunderts an kann man von einer nennenswerten wissenschaftlichen<br />
Betätigung im Orden sprechen. 1237 wird vom Generalkapitel der<br />
Aufenthalt von Mönchen in Paris zum Zwecke des Studiums genehmigt. Jahrzehnte<br />
später finden wir zister.liensische Studienanstalten (studia generalia) in Toulouse,<br />
Oxford, Bologna und anderswo 15). Eine Herausforderung zu wissenschaftlicher Arbeit<br />
im Orden bedeutet im folgenden Jahrhundert eine Verlautbarung Papst Benedikts<br />
XII. (1334-42), der selbst Zisterzienser ist. Seine Constitutio pro reformatione<br />
Ordinis Cisterciensis vom Jahre 1335 16) will, um dem Niedergang im Orden zu<br />
wehren, u. a. zur Gründung von wissenschaftlichen Kollegien, d. h. an die Universitäten<br />
angelehnten Studienanstalten, ermuntern; und zwar nach dem Vorbild des<br />
studium Parisiense, "quod est ceteris praecipuum et fons omnium studiorum", d. h.<br />
"das das hervorragendste von allen und die Quelle aller Studien ist" 17). Ob Riddagshäuser<br />
Mönche früher oder später in Paris studiert haben, ist nicht bekannt,<br />
aber ausgeschlossen ist es keineswegs. Denn so viel weiter als für den Abt nach<br />
Citeaux zum Generalkapitel war der Weg für den Mönch nach Paris an die Univ·ersität<br />
auch. nicht.<br />
Für die Riddagshäuser Verhältnisse greifbar werden die Dinge erst im Blick auf<br />
andere Universitäten, und zwar Prag, Erfurt, Leipzig. Wir kennen mit Sich.erheit<br />
nur einen Riddagshäuser Mönch., der um 1370 in Prag studiert hat, ein gewisser<br />
Heinrich. von Evessen, der ex academia Pragensi reversus, d. i. von der Prager Universität<br />
zurückgekehrt, Prior in Marienrode geworden ist 18). Sich.erlich aber waren<br />
es im Lauf der Zeit in Prag mehr als nur dieser eine 19).<br />
Erfurt war generationenlang die beliebteste Universität der <strong>Braunschweig</strong>er. Um<br />
die Mitte des 15. Jahrhunderts stand sie in vollster Blüte. In der Zeit vor 1500 wur-<br />
U) s. Dom Jean Leclercq, St. Bemard et I'esprit cistercien, Bourges, 1975.<br />
15) s. Ludwig J. Lek a i, Geschichte und Wirken der Weißen Mönche, Köln, 1958,<br />
p. 178 ff.<br />
16) Vollständig bei Ca n i v e z 1335 p. 410 ff. mit den berühmten Eingangsworten<br />
Fulgens sicut stella matutina in medio nebulae, sacer Cisterciensis Ordo in Ecclesia militat<br />
operibus et exemplis etc. Die §§ 42-55 behandeln die Organisation der Studien.<br />
17) Jean-Berthold M ahn, Le pape Benoit XII et les Cisterciens, Paris 1949, beurteilt<br />
(P.35 H. und 50 H.) die Bestrebungen des Papstes mit großen Vorbehalten. Für das Prestige<br />
des Ordens sei die Teilnahme an dem "grand mouvement universitaire" unerläßIich, materiell<br />
aber eine sehr schwere Belastung gewesen (p. 66).<br />
18) Chron. rudd. p. 373. Er gehört zu den fratres, die von Abt Hermann II. (1372--92)<br />
nach Marienrode abgeordnet worden waren, um dem heruntergekommenen Kloster wieder<br />
aufzuhelfen. Me ibo m hat diese Nachricht Berntens Marienroder Chronik (Leibniz, Script.<br />
Brunsv. III., II. P.442) entnommen.<br />
18) Nach F. W in t er, a. a. 0., Bd. III p. 48 H. haben Mönche aus ganz Norddeutschland<br />
die 1348 gegründete Universität Prag besucht. Seit 1374 existierte dort ein Bernhardinerkolleg.<br />
Für den Zeitraum 1367-14°8 verzeichnet A. U I r ich, Niedersächsische Studenten<br />
auf fremden Universitäten (Zeitschr. d. hist. Vereins f. Niedersachsen 1889, p.199-280)<br />
p. 250 ff. zwar 89 nieders. Studenten, unter denen aber ein Zisterzienser aus Niedersachsen<br />
nicht erkennbar ist. Dies hat wohl seinen Grund in der Unvollständigkeit der Veröffentlichung<br />
der Prager Matrikel.<br />
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den 234 <strong>Braunschweig</strong>er an ihr immatrikuliert 20). Es sind zwar einige Zisterzienser<br />
anderweitiger Herkunft, aber nicht einer aus Riddagshausen in der Erfurter Matrik<br />
feststellbar; was nicht völlige Fehlanzeige bedeutet, da dort monastische Herkunft<br />
nur selten ausdrücklich verzeichnet ist 21).<br />
Von größter Bedeutung für die Zisterzienser Norddeutschlands wird die Gründung<br />
der Universität Leipzig im Jahre 1409. Schon 1427 wird daselbst eine zisterziensische<br />
Studienanstalt, das nachmals berühmte Collegium Bernhardinum, errichtet.<br />
Die Klöster von Sachsen, Thüringen, Hessen und Westfalen müssen dieses Institut<br />
durch laufende Beiträge unterhalten. Die Sache kommt zunächst etwas stockend in<br />
Gang; das Generalkapitel muß die Äbte mehrfach an Bezahlung der Beiträge und<br />
Abordnung von Mönchen nach Leipzig erinnern 22). Hier nun finden wir studierende<br />
Mönche ,auS MarienthaI, Walkenried, Michaelstein usw. und natürlich auch aus<br />
Riddagshausen. Den ersten Studierenden aus Kloster Riddagshausen verzeichnet<br />
Leipzig im WS 1435, den zweiten SS 1449, den dritten WS 1455. Das sind in zwanzig<br />
Jahren drei, und das ist nicht viel. Unter Abt Matthias (1456-73) werden<br />
zwischen 1462 und 1468 immerhin fünf fratres nach Leipzig abgeordnet 28).<br />
Gegen Ende der Amtszeit von Abt Matthias erfährt man durchs Generalkapitel<br />
von erschreckenden Vorgängen, die sich im Jahre 1471 im Kloster zugetragen haben.<br />
Bei einer Visitation durch den Abt von Morimund als Kommissar des Generalkapitels<br />
hat dieser Aufsässigkeit und Gehorsamsverweigerung erleben, ja Schimpfreden<br />
und Gewalttätigkeiten in Riddagshausen einstecken müssen. Die Äbte von<br />
Altzella und Lehnin werden beauftragt, an Ort und Stelle Untersuchungen durchzuführen<br />
und in Vollmacht des Generalkapitels die Ordnung wiederherzustellen 24).<br />
Es ist nicht recht ersichtlich, um welche Art Rebellion es sich gehandelt hat. Verges-<br />
20) Vgl. Heinrich Me i er, <strong>Braunschweig</strong>er Bürgersöhne auf deutschen Universitäten<br />
vor Errichtung der JuIius-Universität zu Helmstedt, in Jahrb. d. Geschichtsv. f. d. Herzogtum<br />
Braunschw., 1908, p.80-142, bes. 133 H.<br />
2!) s. Akten der Universität Erfurt, bearb. von Hermann W eis sen bor n (Bd. 8 der<br />
Geschichtsquellen der Provinz Sachsen, herausg. v. d. Hist. Comm. d. Provo Sachsen, Halle<br />
1891 H.), Teillu. 2: Allgern. Studentenmatrikel 1392-1636. - Die Zuordnung des "Bertoldus<br />
de Gotingen monachus professus de Ryfensteyn cisterciensis ordinis" S5 1451 (Weissenborn,<br />
Teil I p. 231 li Sp.) durch Winter (a. a. O. Bd. 111 p. 63) an Riddagshausen beruht auf<br />
irrtümlicher Gleichsetzung von Ryfensteyn (im Kreis Worbis) mit Riddagshausen.<br />
22) Ca n i v e z 141 I Nr. 33 wird die Gründung der Universität Leip:cig vom Generalkapitel<br />
mit Genugtuung begrüßt und die Errichtung eines collegium Ordinis nostri daselbst<br />
angeregt, dessen Unterhaltung den zugeordneten Klöstern anheimgegeben wird. Aber schon<br />
1413 Nr.40 wird geklagt und mit Strafen gedroht, weil die Äbte tarn in contribuendo pro<br />
dicta instauratione qua m in missione studentium desides et negligentes existunt.<br />
2.') s. Die Matrikel der Universität Leipzig, herausg. v. Georg Er I er, Leipzig 1895 ff.;<br />
I. Bd.: Die Immatrikulationen von 1409-1559; 2. Bd.: Die Promotionen von 1409-1559;<br />
3. Bd.: Register.<br />
14) s. Ca ni v e z 1471 Nr. 54: Volens generale Capitulum vires applicare possibiles ad<br />
sedandum iurgia quaecumque in Ordine suborta, auditis per scripta rationibus domini<br />
Morimundi super rebellionibus, inobedientiis, opprobriis et violentiis ae periculosis detentionibus<br />
sibi per abbatem de Ridagshusen, suisque compIicibus, eum ipsum monasterium,<br />
sieut Capituli generalis commissarius, novissime visitaret, factis et multipliciter iIlatis,<br />
aliundeque visis pro parte eiusdem abbatis de Ridagshusen multis adduetis ete.<br />
3°<br />
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sen wir nicht, daß dergleichen in diesem Jahrhundert in Klöstern garnicht so selten<br />
vorkam und hinter den Klostermauern Ruhe und Rumor oft dicht beieinander<br />
wohnten.<br />
Nach allem Auf und Ab der betrachteten drei Jahrzehnte gehen im Jahre 1473<br />
über dem Kloster Riddagshausen unter seinem 35. Abt Ebertus (1473-96) helle,<br />
um nicht zu sagen strahlende Tage auf. Mit Recht vermerkt der Chronist, daß kaum<br />
ein zweiter unter seinen Vorgängern ihm, Ebert, an Frömmigkeit, Verdiensten,<br />
Klugheit und Tapferkeit des Herzens gleichgekommen sei 25). Abt Ebertus ist, was<br />
von keinem anderen Abt vor ihm ausdrücklich bezeugt wird, ein geborener <strong>Braunschweig</strong>er.<br />
Die Buchdruckerkunst ist erfunden, der Humanismus ist en vogue -<br />
Abt Ebert läßt 1478 ein <strong>Bibliothek</strong>sgebäude errichten, industriae piae monumentum<br />
pulcherrimum, "das schönste Denkmal seines frommen Eifers". Und wie die Leipziger<br />
Matrik ausweist, wird er dafür sorgen, daß während seiner Amtszeit zehn<br />
fratres an die dortige Universität zum Studieren delegiert werden.<br />
Die interessantesten Informationen über Abt Eberts Wirken erhalten wir in<br />
jenen Jahren aus Beschlüssen des Generalkapitels. 1484, ein Jahrzehnt nach seinem<br />
Amtsantritt, wird dieser Riddagshäuser Abt vom Generalkapitel für zwei Jahre mit<br />
Visitation und Reformation aller männlichen und weiblichen Ordensklöster in der<br />
provincia Saxoniae beauftragt und erhält weitgehende Vollmachten, die genannten<br />
Klöster in geistlichen und weltlichen Dingen an Haupt und Gliedern zu visitieren<br />
und zu reformieren 26). Zwei Jahre später wird ihm ein ähnlich lautender, auf<br />
Thüringen erweiterter Auftrag zuteil 27). Diese Bevollmächtigungen lassen erkennen,<br />
wie man in Citeaux Autorität und Fähigkeiten des Abtes von Riddagshausen einschätzte.<br />
1486 wird er mit noch drei anderen Äbten für fünf Jahre zum Visitator des<br />
Collegium Bernhardinum in Leipzig bestellt, um mit dafür zu sorgen, daß die Kollegiaten<br />
"ruhiger und zielstrebiger den Gipfel der Wissenschaften erreichen können"<br />
28). Ein Jahr später wird ihm aufgetragen, in den für das Collegium Bernhardinum<br />
zu Leipzig zuständigen Gebieten nachlässige Äbte zur Delegierung von geeigneten<br />
Klosterbrüdern anzuhalten und sie notfalls dazu zu zwingen, da dem Orden<br />
!lI) Chron. Ridd. p. 379: pietate, meritis, prudentia animique fortitudine vix anteeessorum<br />
suorum ulli seeundus.<br />
26) Ca n iv e Z 14R4 Nr.34: ... generale Capitulum visitationem et reformationem<br />
omnium et singulorum monasteriorum Ordinis utriusque sexus in tota provincia Saxoniae<br />
per eontinuum sequens biennium eommittit domino abbati Riddageshusen eum potestate<br />
visitandi, reformandi, eorrigendi, instituendi et destituendi, in spiritualihus et temporalibus,<br />
in eapitibus et in membris etc.<br />
27) Ca n i v e Z 1486 Nr. 38.<br />
28) Ca n i v e Z 1486 Nr. 39: Cupiens generale Capitulum feHeem et prosperum sueeessum<br />
eollegii in Lipzik, et ut litterarum cupidi et studiosi ibidem quietius et expeditius ad<br />
optatum scientiarum eulmen eonscendere valeant, providere desiderans, abbatibus de<br />
Riddageshusen, de Porta, de Bud! et de Walkenried pie committendo mandat et praecipit,<br />
quatinus infra eontinuum sequens quinquennium quoties opportunum fuerit, praefatum<br />
collegium visitent ... in plenaria Ordinis potestate etc. Dieser Besd!luß läßt Sd!wierigkeiten<br />
im Studienbetrieb des Kollegiums vermuten.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
3 1
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Während wir aus dem siebenjährigen Regiment von Abt Eberts Nachfolger, Abt<br />
Burchard II. (1496-15°3), nichts über wissenschaftliche Tätigkeit im Kloster hören,<br />
ändert sich das Bild unter dem 37. Riddagshäuser Abt Hermann IV. (1503-3 I),<br />
einer durch direkte Quellen nur schwach belegten, aber sehr interessanten hierarchischen<br />
Gestalt. 1503, im Todesjahr Papst Alexanders VI., kommt er ins Amt, als<br />
etwa Sechzigjähriger, gewählt propter aetatem maturam rerumque usum, "wegen<br />
seines reifen Alters und seiner Lebenserfahrung". Niemand ahnt, daß gerade dieser<br />
Riddagshäuser Abt fast drei Jahrzehnte, d. h. länger als alle seine Vorgänger regieren<br />
wird 83). Die Chronik meldet wenig von ihm, wohl aber belegen die Leipziger<br />
Matriken seine unbezweifelbaren Bemühungen, wissenschaftliche Aktivität im Kloster<br />
wieder zu beleben und in Gang zu halten. Schon S5 1504 läßt sich nach zwölfjähriger<br />
Pause erstmals wieder ein Riddagshäuser in Leipzig inscribieren. Es werden<br />
von da an bis 152 I insgesamt vierzehn sein!<br />
Abt Hermanns IV. Regiment umfaßt die ersten drei Jahrzehnte des 16., des<br />
Reformationsjahrhunderts. Drei Ereignisse dieses Zeitraums fordern unsere besondere<br />
Beachtung: Luthers Thesenanschlag (1517), der Reichstag zu Worms (1521),<br />
Bugenhagens Auftreten in <strong>Braunschweig</strong> (1528). Es wäre völlig abwegig anzunehmen,<br />
daß die Kunde von diesen drei Ereignissen vor den Klostermauern haltgemacht<br />
hätte. Natürlich sind Luthers Thesen, wie landauf landabin ganz Deutschland, so<br />
auch im Kloster Riddagshausen heimlich oder auch offen gelesen und mit allem Für<br />
und Wider diskutiert worden; natürlich hat man auch hier den Reichstag zu Worms<br />
und seine Konsequenzen mit Spannung verfolgt - bis zu dem Tage, wo im Jahre<br />
1521 aus Citeaux der eindeutige Spruch des Generalkapitels ergeht, der allen und<br />
jedem Ordens angehörigen streng untersagt, jene "perverse Lehre", deren Gerücht<br />
schon fast zu aller Ohren durchgedrungen sei und die von einem namens Luther<br />
ausgegangen sein soll, zu befolgen oder zu hören, noch seine Bücher zu lesen, zu<br />
behalten oder zu besitzen. Die Vorsteher der Kollegien sollen keinesfalls den Scholaren<br />
des Ordens gestatten, diese Lehre oder vielmehr Häresie zu studieren, Bücher<br />
darüber zu besitzen oder zu behandeln, sie vielmehr verbrennen oder vernichten und<br />
die Widerspenstigen bestrafen oder für immer aus den Kollegien verweisen 34).<br />
Schon Anfang desselben Jahres 1521, Sonntag Epiphanias, war ein Edikt Herzog<br />
Heinrichs d. J. ergangen mit der Anordnung, sich durch Luthers Schriften "in andere<br />
Wege nicht bringen zu lassen noch sich anders zu halten, denn als unser Christliche<br />
Vorfahren und Eltern bißher gethan haben, keine Secta [= Trennung] noch Verbundnusse<br />
oder Vereinigunge unterlang zu machende, das wider den heiligen Christlichen<br />
GIauben und die Satzunge der heiligen Kirchen seyn .•. möchte, bey<br />
33) Abt Hermann hat gegen Ende 1531 resigniert; das bestätigen seine und des Konvents<br />
gleidtzeitige Eingaben an den Herzog vom 6. 11. 153 1 (Staatsardt. Wolfenb. I I Alt 91<br />
Fb. I).<br />
34) Ca n i v e Z 1521 Nr. 10: ••• generale Capitulum summopere circa SUDS praecavendo,<br />
in virtute salutaris obedientiae et sub exeommunicationis latae sententiapoena, omnibus<br />
et singuHs Ordinis rcgularibus personis strictissime prohibet, ne pervers am illam doetrinam,<br />
cuius fama pene ;am omnium auribus pererebuit et dicitur a quodam Luthero nomine<br />
emanasse, seetentur aut audiant seu etiam !ibros ipsius et qui distribuuntur, Iegant, eonservent<br />
aut habeant ete.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
33
Vermeidung unser peinlichen und schweren Straffe" 35). Wir verstehen, warum die<br />
Leipziger Matrikel bereits IS2I, d. h. schon unter dem Eindruck des Wormser<br />
Edikts, den letzten Studenten aus Riddagshausen verzeichnet. Noch war die Universität<br />
Leipzig zwar eine katholische Universität, erst 1539 wurde sie lutherisch;<br />
Abt Hermann aber hat es jedenfalls für rars.am gehalten, seine Schäflein lieber im<br />
Kloster unter seinen Augen und Ohren beisammenzuhalten; denn schon auf dem<br />
:Wege von Riddagshausen in die große Stadt konnte nur allzuviel passieren, die<br />
Ketzerei lag ja überall in der Luft!<br />
Es scheint ,angebracht, an dieser Stelle kurz zurückzublicken auf die annähernd<br />
zusammenhängende Reihe von klösterlichen Studenten, die in den bisher besprochenen<br />
Jahrzehnten die Universität Leipzig besucht haben. Die Zahlen, die wir geben<br />
'konnten, sind Mindestzahlen, denn die Anzahl der Hörer, die sich nicht in die<br />
Matrik aufnehmen ließen, ist im Mittelalter nicht gering gewesen 36). Außerdem ist<br />
nicht jeder Ordens angehörige immer als solcher bezeichnet worden. Von den vergleichbaren,<br />
weil auch an Leipzig gewiesenen vier niedersächsischen Zisterzienserklöstern<br />
Riddagshausen, Walkenried, Marienthal und Michaelstein hat in der Zeit<br />
von 1435 bis ISlI Riddagshausen die meisten fratres nach Leipzig delegiert, nämlich<br />
32, die drei anderen 22, 9 und 9.<br />
Von Riddagshäuser Klosterbrüdern kennen wir leider nur wenige Namen. Durch<br />
die Matrikeln sind uns wenigstens ein paar mehr Namen überliefert. Sie vermitteln<br />
interessante Aufschlüsse. Da der Gebrauch eines Familiennamens im IS. Jahrhundert<br />
noch schwankend war, setzte der Rektor, der die Eintragungen in die Matrikel selbst<br />
vollzog, zum Taufnamen denjenigen Stadtnamen hinzu, den der Mönch als Heimatsbzw.<br />
Geburtsort angab 37). Aus diesen Namen können wir Schlüsse ziehen auf das<br />
Einzugsgebiet des Klosters Riddagshausen. Da lesen wir z. B. Matthias Pattensen,<br />
Borkardus Helmstete, Heinrieus Scheningk, Conradus Stalberg, Helmoldus Brunswik<br />
und andere.<br />
Stehen Riddagshäuser fratres in der Matrikel direkt untereinander, so bedeutet<br />
dies, daß sie gleichzeitig von Riddagshausen delegiert wurden und wohl auch den<br />
Weg zusammen zurücklegten. Finden wir Riddagshäuser Brüder unmittelbar zusammen<br />
mit solchen aus MarienthaI, Michaelstein, Loccum, Walkenried oder Marienrode,<br />
so bedeutet auch dies: von ihren Klöstern gleichzeitig delegiert, haben sie sich<br />
nach gemeinsamer Reise dem Rektor gemeinsam vorgestellt. Die Äbte haben sich<br />
wohl vorher untereinander verständigt und rhren Scholaren die gemeinsame Reise<br />
organisiert, damit sie unterwegs einander beistehen konnten oder anders gesagt,<br />
damit sie während der Reise nicht auf dumme Gedanken kamen.<br />
Wir erinnern uns, Abt Hermann hatte seit dem rigorosen Spruch des Generalkapitels<br />
von 1522 weitere Abordnungen nach Leipzig eingestellt. Nicht verhindern<br />
16) Vollständig bei C. G. H. L e nt z, <strong>Braunschweig</strong>s Kirchenreformation im 16. Jahrh.,<br />
1818, p. 61 f.<br />
34<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
S6) s. G. Er I er, a. 3. 0., Bd. I, p. 30.<br />
S7) ibo p. XXXIX u. XU.<br />
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dem er sich einst entgegen dem vorrangigen Taufgelübde verpflichtete, mit Recht<br />
zerrissen 42).<br />
Den anderen ehemaligen Mönch, Antonius Corvin, jetzt Pfarrer in Witzenhausen,<br />
später als Refonnator des Herzogtums Calenberg berühmt geworden, hatte<br />
der Abt einst (1523) persönlich aus dem Kloster davongejagt 43). In einem Nachwort<br />
zur Schrift seines Freundes Poppius beschwört Corvin seinen früheren Abt, sich vom<br />
Irrtum des mönchischen Weges abzuwenden und zur Freiheit eines wahren Christenmenschen<br />
durchzudringen. Er gemahnt ihn an sein hohes Alter ("du bist ein Neunzigjähr.iger")<br />
und die nahe Ewigkeit 44). Seiner jetzigen Tätigkeit als Prediger stellt<br />
er die gesicherre Exi'Stenz im Kloster gegenüber. "Bei euch friert niemand, leidet<br />
niemand Hunger und Durst. Armut, Verfolgung und Schwert sind fern von euren<br />
gemeinsamen Wohnungen. Vielmehr ist da Wohlbehagen, Muße und Ergötzlichkeit.<br />
Die Welt hält euch für Heilige, unterstützt, verehrt und betet euch an. Wer<br />
sollte nicht erkennen, daß nichts dergleichen auf den schmalen Weg des Evangeliums<br />
führt? In der Welt erfährt ein Christ Bedrängnis, den Frieden aber in Gott" 45).<br />
Man muß dazu sagen, daß Corvin seinen Einsatz für das Evangelium zwanzig Jahre<br />
später tatsächlich mit dem Opfer seiner Gesundheit und seines Lebens bezahlt<br />
hat (ISS3).<br />
Aus den Äußerungen bei der aber ergibt sich ein Doppeltes. Auf der einen Seite<br />
das Bild von einem Leben unter harter klösterlicher Disziplin, auf der anderen Seite<br />
ein gesichertes Dasein hinrer den Klostennauern. Zu letzterem paßt, daß das Kloster<br />
unter Abt Hennann IV. das Dorf HondcIage ganz in Besitz genommen hatte, wo<br />
der Abt für sich und seine Nachfolger ein residuum vitae tranquillae, eine Zuflucht<br />
für ein ruhiges Leben einrichtete 46).<br />
Bemerkenswert ist, daß Abt Hermanns Name im Anniversarienbuch von Amelungsbornals<br />
eines Wohltäters dieses Klosters an seinem Todestage erscheint.<br />
Er sei, heißt es dort, dem Kloster AmcIungsborn besonders zugetan gewesen und<br />
habe ihm ein silbernes Gefäß im Wert von zehen Goldgulden zum Geschenk gemacht.<br />
Das Kloster Riddagshausen aber habe er im Geistlichen und Zeitlichen länger<br />
als dreißig Jahre mit großem Eifer hochgebracht und betreut 47).<br />
41) Impium votum monasticum, quod contra prim um christianumque votum baptismi<br />
voveram, iure disripui (Besmluß des Dedikationsbriefes ed. T sc h a c k e r t [so Anm.38]<br />
p.6).<br />
41) s. G. Gei sen hof, Corviniana, in Zeitschr. d. Hist. Vereins f. Niedersamsen,<br />
1898, p. 306 f.<br />
") In der Epistola ed. T sc h a c k e r t (5. Anm. 38) P.23.<br />
46) ibo p. 2 I.<br />
46) s. Chron. Ridd. p. 384; dazu Gerh. Bot he, Chronik d. Dorfes Hondelage, 1975,<br />
p. 25 f.<br />
47) Veröffentlicht von Hermann D ü r r e, Anniversaria eccl. Amelungsbornensis, in<br />
Zeitschr. d. Hist. Vereins f. Niedersachsen 1877; dort p. 44 der "Harmannus de Runnebarghe,<br />
quondam abbas in Riddageshusen" betr. Eintrag. Daß Abt Hermanns Amtszeit die Jahre<br />
1503-31, also 28 Jahre, umfaßte, steht fest und wird auch von Meibom konstatiert (Chron.<br />
Ridd. p. 380). Gegen 1531 als Todesjahr Abt Hermanns gibt es gewichtige Gründe. Vermutlim<br />
hat er nam seiner Resignation nom eine Zeit des Ruhestandes in Hondelage oder<br />
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sich noch in späten Jahren "S.F.G. Caplan" nennt, ist es gut denkbar, sich ihn als<br />
einstigen Kaplan an Seti. Longini -in Wolfenbüttel vorzustellen. Acht Ja'hre später,<br />
1536, wird er Abt von Riddagshausen. Wir hören freilich nichts von einer ordnungsgemäßen<br />
Wahl durch den Konvent, nichts auch von einer Investitur durch den Abt<br />
des Mutterklosters Amelungsborn, wie es sich doch gehörte. Ob ihm wohl das Amt<br />
durch Einfluß und Vertrauen des Herzogs zufiel, der in solchen Zeiten an solcher<br />
Stelle einen ihm genehmen und ergebenen Prälaten wissen wollte? Meibom bemerkt<br />
jedenfalls etwas vieldeutig, Lambertus habe endlich erlangt, was er lange begehrt<br />
hatte, nur hätte er den ordnungsgemäßen Zeitpunkt seiner Beförderung abwarten<br />
sollen 51)! Solche Worte deuten an, daß nicht alles ganz korrekt zugegangen ist. Der<br />
Wunsch des Reflcktanten und der Wille des Herzogs waren einander entgegengekommen,<br />
dem Konvent aber konnte das unter den prekären Verhältnissen jener<br />
Jahre nur recht sein.<br />
Es sollten Lambertus freilich nur sechs ungetrübte Jahre in seiner Amtszeit<br />
beschieden sein. Inmitten dieser Zeit - es geschah im Jahre 1538 - wurde ihm eines<br />
Tages ein Halbwaise zugeführt, ein dreizehnj1ihriger Junge aus <strong>Braunschweig</strong>, der<br />
durchaus Mönch werden wollte, gegen den Willen seiner evangelischen Mutter 52).<br />
Lambertus ahnte nicht, daß er mit dem braven Jungen denjenigen aufnahm, der<br />
einmal sein zweiter Nachfolger und der Reformator des Klosters werden sollte,<br />
Abt Johannes Lorber.<br />
Mit dem Beginn von Abt Lamberts Regiment scheint die Universität Leipzig<br />
wieder ins Blickfeld des Klosters gekommen zu sein. Nach einer Pause von 15 Jahren<br />
taucht dort 1537 erstmalig wieder ein Mönch aus Riddagshausen auf, frater Arnoldus<br />
Edler, Provisor des Riddagshäuser Klostergutes OffIehen, und zwar zusammen mit<br />
dem Prior von Kloster Michaelstein, Gregor Niger. Sie haben aber keine Nachfolger,<br />
sie sind die beiden letzten Zisterzienser an der Universität Leipzig überhaupt gewesen.<br />
Wenige Jahre später (1539) wurde die Universität lutherisch 53).<br />
Aber auch das Kloster Riddagshausen selbst sollte bald in den Bannkreis der<br />
lutherischen Reformation geraten, ungewollt und gewaltsam freilich. 1541 geschah<br />
es, die Truppen des Schmalkaldischen Bundes erobern das Land, zusammen mit<br />
einer wilden Horde aus <strong>Braunschweig</strong> besetzen, berauben und verwüsten sie das<br />
Kloster. Der Herzog ist außer Landes geflohen, Abt Lambertus weicht der Gewalt,<br />
der Konvent löst sich auf, dem Abt wird der Aufenthalt sowohl im Kloster als auch<br />
im Grauen Hof in <strong>Braunschweig</strong> verweigert 54). Abt Lambertus gibt auf, tut gegen-<br />
U) Chron. Ridd. p. 384: ... quod concupierat diu, impetravit tandem, nempe ut Riddagshusii<br />
abbatem ageret. Non erat isto honore indignus ... tantum expectasset iustum exaltationis<br />
suae tempus. Seine Promotion zum Licentiaten setzt Meibom viel zu früh an, sie<br />
geschah erst 1546 (5. Seite 9 oben)!<br />
52) Chron. Ridd. P.387: ... monasterium ingressus est, matre muItum reclamante,<br />
quippe quae religionem reform atem amplexa esset. Eine Aufzeichnung in der Handbibel<br />
Lorbers nennt 1538 als Eintrittsjahr; s. Anm.79.<br />
58) s. O. Kir n, Die Leipziger theoI. Fakultät in fünf Jahrhunderten, Leipzig 1909.<br />
54) Staatsann. Wolfenbüttel I Alt 8 Nr. 34 BI. 59: Bescheid Kurf. Joh. Friedrichs und<br />
Landgraf Philipps vom Dienstag n. Barthol. 1541 auf ein Bittschreiben von Abt Lambert.<br />
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über dem Kurfürsten von Sachsen Verzicht auf das Kloster und bitret für sich und<br />
seine 15 Klosterpersonen in einem eigenhändigen Schreiben um Unterhalt aus dem<br />
Klostervermögen (12. 1. 1543) 55). Im Vertrag vom 22. 5. mit Zusatz vom 10. II.<br />
1543 wird durch Abfindungen dem Abt ein standesgemäßer Lebensunterhalt und<br />
den Brüdern eine Existenzsicherong garantiert. Von den Besatzern aber wird der<br />
Abt als oeconomus (Verwalter) des Klosters in Pflicht genommen 58).<br />
Bekam Lambertus Wind davon, daß der Rat von <strong>Braunschweig</strong> noch ganz anderes<br />
mit dem Kloster vorhatte? Kein Vierteljahr nach der Besetzung müssen Kurfürst<br />
und Landgraf den Rat verw.arnen: die Klostergüter "sind noch zur Zeit unverändert<br />
und unzerteilt zu lassen" 57). Aber der Rat läßt nicht locker. In einer Eingabe<br />
an den Kurfürsten und den Landgrafen vom 15. I. 1543 macht er geltend, daß der<br />
Stadt aus dem Kloster Riddagshausen wegen seiner Lage nahe vor der Stadt und<br />
hart an der Landwehr schon allerlei Schaden und Nachteil erwachsen sei "und nu<br />
mer dar nein Closter lebent vorhanden, sunder desolert worden, das uns nachgelassen<br />
werde, das das schedtliche gebew ordentlicher weiß weg gethan werden mochte",<br />
da man an dieser Stelle die Lücke in der Landwehr schließen wolle 58). Aus mehrfachen<br />
Weisungen, die der Rat seinem Sekretär Dietrich Protze für den Bundestag<br />
der Schmalkaldener November 1541 zu Schwein furt und den Reichstag zu Nürnberg<br />
Frühjahr 1543 gibt, erhellt eindeutig das Ziel des Rates: nämlich die "thobrekung<br />
des Klosters Riddershusen und fullentehung der lantwehre"; es geht um die "wechdohung<br />
und affibrekung Riddershusen" 59). Dem Kloster soll das gleiche Schicksal<br />
beschieden werden wie dem Cyriacusstift ein paar Jahre später, es soll dem Erdboden<br />
gleichgemacht werden, aus militärischen Gründen. Daß es nicht dazu kam, ist<br />
wesentlich dem Mißtrauen des sächsischen Kurfürsten, der die Sache dilatorisch behandelte,<br />
zu verdanken 60).<br />
Abt Lambertus freilich fühlt sich auf verlorenem Posten. Er zeichnet seitdem<br />
"etwan Abt tho Riddagshusen", d. i. ehedem Abt zu Riddagshausen. Am 18.1.1543<br />
weiß Bugenhagen in einem Bericht an den Kurfürsten zu vermelden, Abt Lambertus<br />
&6) Lambertus van Balven, "etwan Abt zu Riddagshausen", an Kurf. Joh. Friedrich<br />
v. Sachsen v. H. 1. 1543 (s. P. T s c h a c k e r t, BriefwemseI d. Ant. Corvinus, 1900,<br />
p. 131 Nr. IS8): "". hab ich ". mim unter Ew. Churf. u. Fürst!. Gn. Flügel und Schutz<br />
begeben und der christlimen Reformation und der Religion Samen zu leben bewilliget, auch<br />
angenommen. Danam Ew. Churf. Gn. samt ... dem Landgrafen mit mir und meinen<br />
Klosterpersonen der Güter und Zubehörung halber ... Verzimt zu thun ... durm Ew.<br />
Churf. u. F. Gn. zu Wolfenbüttel Statthalter haben handeln lassen, mir und meinen<br />
Klosterpersonen alle Jahr, die Zeit unsers Lebens, etwas aus denselbigen Gütern zu unser<br />
Erhaltung zu geben".<br />
G6) Staatsarch. Wolfenbüttel Urk. Abt. 24 Nr. 911 a; dazu Schreiben Kurf. Joh. Friedrims<br />
an Bugenhagen v. 9.3.1543 in O. Vo g t, Joh. Bugenhagens BriefwemseI, 1888,<br />
p.262.<br />
67) Stadtarch. Braunschw. B IV 11 Nr. 13 v. Stg. n. Aegidii 1542 Pkt.6.<br />
G8) Staatsarm. Wolfenbüttel I Alt 8 Nr.27. Darauf ergeht an die Statthalter Befehl,<br />
nach vorgenommener Lokalinspektion zu berichten!<br />
G9) Stadtarch. Braunsmw. B IV 1 a Nr. 11 BI. 49 u. 55.<br />
eo) ibo BI. 14 U. 64.<br />
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39
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habe die Absicht zu heiraten, er habe "ganz ehrlich gefreiet" 61). Danach hat man<br />
freilich nichts wieder von solchen Absichten gehört. Corvin, ein Verwandter Lamberts<br />
- unter Abt Hermann hatten sie zusammen im Kloster gelebt - verschafft ihm<br />
August 1544 dalS Amt eines Propstes 1m Damenstift Wülfinghausen, aber die provisorische<br />
Regierung in Wolfenbüttel entläßt ihn nicht aus seiner Pflicht als Administrator<br />
des Klosters Riddagshausen 62). Abt Lamberts Situation ist verzweifelt.<br />
Wie er es schließlich geschafft hat, doch noch von Riddagshausen loszukommen,<br />
ist nicht ersichtlich. Jedenfalls finden wir den ehemaligen Abt seit Anfang Juli 1545<br />
in Leipzig. Stadt und Universität sind mit dem Herzogtum Sachsen inzwischen<br />
lutherisch geworden. Lambertus korrespondiert von dort aus mit dem Rat zu <strong>Braunschweig</strong><br />
und der Rat mit ihm. Es geht darum, für <strong>Braunschweig</strong> einen neuen Stadtsuperintendenten<br />
zu gewinnen in der Person des D. Medler. Der ehemalige Abt<br />
vermittelt schriftlich und mündlich von Anfang Juli bis Ende September 1545 zwischen<br />
dem Rat und Medler. Am 4. 7. 1545 meldet Lambertus dem Rat, er, Lambertus,<br />
habe "am vergangenen Sonntag dieser Werbung halben die ehrwürdigen und<br />
hochgelehrten Herren Martinum Lutherum, Philippum Melanchthonem, Pomeranum<br />
(d. i. Bugenhagen), Georgium Maiorem, Casparn Crucigern angeredet, darauf sie<br />
gemeinet, der Rat solle in der Sache dem Kurfürsten schreiben; sie wollten das Ihre<br />
thun",geschrieben aus Leipzig am Dienstag n. Visitationis Mariae (4. 7.) 1545 63 ).<br />
Abt Lambertus hat also in dieser Sache mit Luther und seinen Fakultätskollegen persönlich<br />
verhandelt, eine erstaunliche Tatsache! Stand er Luther irgendwie nahe oder<br />
ist der geschickte Taktiker auf ihn und die übrigen Herren einfach zugegangen? Ich<br />
vermute das letztere.<br />
Am 16. Januar 1546, wenige Wochen vor Luthers Tod, werden an der Universität<br />
Leipzig fünf Magister durch den Dekan der Theologischen Fakultät, Alexander<br />
Alesius, zu Baccalaurien der Theologie promoviert, unter ihnen Magister Lambertus<br />
van Balven. Zwei Tag,e später erhält er durch den gleichen Dekan den Grad eines<br />
Licentiaten, d. h. licentiam, ut insignia doctorum perciperet, also die Berechtigung,<br />
den theologischen Doktorgrad zu erlangen 64). Bei dieser Gelegenheit hat Lambertus<br />
in frequentissiomo doctorum virorum coetu, d. i. vor einem großen Kreis gelehrter<br />
Herren, eine Rede gehalten über das Ansehen der hl. Schrift und den Inhalt und<br />
Nutzen des Briefs an die Römer. Die Rede hat er drucken lassen, Franz Anton Knittel<br />
hat sie vor 230 J abren zuletzt in den Händen gehabt; seitdem ist sie verschollen 65).<br />
Mein Versuch, sie in Leipzig ausfindig zu machen, erbrachte an Ort und Stelle den<br />
Bescheid, daß im Archiv für Geschichte der Universität die alten Bestände der theologischen<br />
Fakultät zerbomt sind. Vielleicht taucht sie eines Tages irgendwo anders<br />
81) S. o. V 0 g t, Joh. Bugenhagens Briefwechsel, 1888, P.257: Postscriptum zu Nr.<br />
216 v. 28.2.1543.<br />
62) s. P. Tschackert, BriefwecheseI d. Ant. Corvinus, 1900 p. 171: Postscripturn<br />
zu Nr.202 v. 3.7.1544 an Herzogin Elisabeth v. Braunschw.-Lüneburg; p. 177: Mitteilung<br />
in Nr.207 an dieselbe v. 29.7. 1544, daß die Räte Lambertus n von der verwaltung des<br />
closters Rittershausen keineswegs verlassen wollen".<br />
&) Stadtarch. Braunschw. B IV II Nr. 154 u. Nr. 246 BI. 15 u. 16.<br />
M) s. Gg. Er I er, a. a. O. Bd. II p. 31.<br />
66) F. A. K n i t tel in Braunschw. Anzeigen 1747 St.73 Sp. 1606 ff.<br />
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auf. Die wenigen von Knittel überlieferten Sätze aber charakterisieren sie zur Genüge.<br />
Wenn Lambertus vom Römerbrief sagt, er enthalte die wichtigsten Dinge,<br />
auf denen das universale Heil unseres Lebens beruht und zeige die unendliche Barmherzigkeit<br />
und den ewigen Ratschluß Gottes, das menschliche Geschlecht vom Tod<br />
und den ewigen Strafen zu befreien 66), so ist der evangelische Tenor seiner Rede<br />
offensichtlich. Lamberts Doktorvater, Alexander Alesius, war ein melanchthonisch<br />
gesonnener Theologe an einer Fakultät, die den irenischen Pfeffinger zum Haupte<br />
hatte 87).<br />
So war nun Lambertus ein Licentiat der hl. Schrift, wie er sich jetzt nannte, im<br />
übrigen aber ein gewesener Abt und nicht mehr. In dieser etwas trostlosen Situation<br />
erhält er im Juni 1547 aus Ulm von zwei kaiserlichen Kommissaren die Aufforderung,<br />
am u. Juni in Ulm zu erscheinen zwecks Anhörung einer Proposition kaiserlicher<br />
Majestät über Frieden und Einigkeit im Reich 68). Addressiert ist das Schreiben<br />
an den "ehrwürdigen Herrn N., Abt zu Riddagshausen", woraus hervorgeht, daß<br />
die kaiserlichen Kommissare sich über den gegenwärtigen Status des Klosters und<br />
seines Abtes in völliger Unklarheit befinden. Das Schreiben gelangt durch einen<br />
Boten trotzdem in van Balvens Hände; wo, entzieht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls<br />
antwortet Lambertus unter dem 14. Juni 1547 - von wo am, ist ebenfalls nicht<br />
ersichtlich -, am 12.. Juni nach Ulm zu kommen, sei ihm unmöglich gewesen, da<br />
er das kaiserliche Schreiben überhaupt erst an diesem Tage erhalten habe. Im<br />
übrigen erklärt er, daß zu der Zeit, da er als ein Abt die Regierung des Klosters<br />
Riddagshauscn innegehabt, er und auch seine Vorgänger seit unvordenklichen Zeiten<br />
des Rechtens sich nach den Herzögen des Fürstentums <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttelschen<br />
Teils, "als nähensten Landes" gerichtet und gehalten haben. "Zu dem, wie es<br />
itzo [also Mitte Juni 1547] umb das Closter Riddagshausen steet, das kein Abt und<br />
Clostcrrcgiment aldar mehr ist", sei ihnen doch wohl bewußt. Er bittet, ihn entschuldigt<br />
zu nehmen und mit dergleichen Sachen ihn fürderhin gnädiglich zu verschonen<br />
69). Zu didesem Zeitpunkt also konstatiert Lambertus, daß das Kloster in<br />
seiner verfaßten Gestalt nicht mehr existiert und bestätigt damit, was der <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Rat schon fünf Jahre vorher festgesteIlt hatte: es ist kein KlosterIeben<br />
mehr da 70).<br />
So stehen die Dinge im Sommer 1547, aber bald sollten sie ein anderes Gesicht<br />
bekommen. Denn kürzlich hatten sich ungeahnte Schicksale auf dem Schlachtfelde<br />
entschieden. Kaiser Kar! V. hatte zum Schlag gegen die verbündeten Protestanten<br />
ausgeholt und sie am 24. April 1547 bei Mühlberg an der EIbe niedergerungen. Der<br />
Kaiser zieht in Wittenberg als Sieger ein und steht in der Schloßkirche an Luthers<br />
Grab. Er befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Häupter der Pro te-<br />
66) ib.: ... quae complectitur res gravissimas, in quibus vitae nostrae salus universa consistit<br />
et mons trat immensum beneficium et eternum consilium Dei de liberando genere<br />
humano a morte et eternis penis.<br />
87) Ober Al. Ale 5 i u s (1500-1565, Mitglied der Theol. Fak. Leipzig seit 1544) s.<br />
O. Kir n, a. a. 0., P.45 u. 55 f.<br />
88) Staatsarm. Wolfenb. I Alt 8 Nr.557 BI. 11 I.<br />
89) ibo BI. 111. Konzept, wie es scheint, von Lambertus' Hand.<br />
70) S. S. 8 Mitte.<br />
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Prinzip: der Lernende stellt eine kurze Frage, der Lehrende gibt eine ausführlime<br />
Antwort. Witzels oberdeutsch verfaßten Katemismus hat Lambertus ins Niederdeutsche<br />
übertragen. Denn er will die Altgläubigen, d. h. die katholism Gebliebenen<br />
sowie die wieder zum alten Glauben Zurüd
schen Gehorsam noch verbunden fühlten, leisteten dem Ruf Folge. So hat sich der<br />
Konvent, wenn auch vermindert, wieder gesammelt. Zu Psalm 91, 7 "Es sind die<br />
Heiden in dein Erbe eingefallen, die haben deinen heiligen Tempel entweihet und<br />
aus Jerusalem einen Steinhaufen gemacht", bemerkt Lorber in Erinnerung an 1550<br />
- "Unse Closter ys von den vienden ock verstoret und tho einem steinhupen geworden".<br />
Bei Psalm 80, 7 "Du läss-est unsere Nachbarn sich um uns streiten und unsere<br />
Feinde verspotten uns", denkt er -an persönliche Erlebnisse dieses Jahres - er war<br />
damals 25 Jahre alt - und schreibt daneben "Alse wi ut dem Closter gan mosten<br />
midden dorch de viende und kernen vor dat steindör, do worden wi in dat elende<br />
gewiset, in der Landtwer von den Borgeren vor dem vallsleveschen dore naket<br />
utgetogen und also lantin gejagct. Godt vorgeve idt ohne in ienner welt" 79). In<br />
diesem Jahre (1550) unterzeichnete der Abt einmal ein Schreiben mit "Lambertus,<br />
elender Abt des verwüsteten Klosters Riddagshausen, der hI. Schrift Licentiat" 80).<br />
Diese harten Schläge hinderten ihn dennoch nicht, mit seinen Klosterbrüdern an<br />
die Wiederinstandsetzung der schwer angeschlagenen Abtei heranzugehen. Daneben<br />
erging an ihn vom Herzog im Juli 1551 ein Auftrag besonderer Art, nämlich an<br />
einem Verhör mitzuwirken, bei dem sich etwa siebzig Priester wegen ihrer Haltung<br />
während der Besetzung des Landes durch die Schmalkaldener verantworten sollten<br />
81). Die meisten von ihnen waren lutherisch geworden; genötigt, gezwungen,<br />
wie sie bekannten. Nun wollten sie, dem heimgekehrten Herzog gehorsam, wieder<br />
zur alten Lehre zurückkehren. Die Protokolle von diesen Verhören vermitteln freilich<br />
ein trübes Bild vom Zustand dieses Klerus, mit dessen Hilfe die katholische<br />
Kirche imHer zogtum wieder restauriert werden sollte. Vorerst galt es, die Pfarrer<br />
zu absolvieren, sie für das Priesteramt wieder zu bevollmächtigen und zu ertüchtigen.<br />
Um so intensiver will Lambertus s-ich als Vertrauensmann des Herzogs der Aufgabe<br />
widmen, den durch die Methoden der Schmalkaldener verunsicherten und durch die<br />
obwaltenden Verhältnisse vernachlässigten Klerus im Sinne eines geläuterten Katholizismus<br />
zu regenerieren. Dem Kloster Riddagshausen sollte dabei die Rolle eines<br />
geistlichen Erneuerungszentrums im Herzogtum zukommen. In diese Richtung jedenfalls<br />
weisen Geist und Methode des ganzen Katechismusunternehmens.<br />
Zeit und Verhältnisse freilich arbeiteten gegen den Abt und sein Vorhaben. Als<br />
kriegerische Wirren alles Wiederaufgebaute erneut und zwar zweimal nacheinander<br />
- 1552 unter dem Grafen von Mansfeld und im Jahre darauf unter dem Markgrafen<br />
von Brandenburg - verwüsteten, ist Abt Lambertus am Ende seiner Kraft. Er gibt _<br />
seine Pläne auf und zieht sich, ein gebrochener Mann, nach Wolfenbüttel zurück,<br />
wo er, seinem Herzog nahe, am 6. November 1553 stirbt und daselbst begraben wird.<br />
79) BibI. d. Predigerseminars Braunsdtweig, B V 38 Bd. I u. 11. Die eigenhändigen Eintragungen<br />
Lorbers (t 1586) stammen aus seinen letzten Lebensjahren.<br />
80) Stadtardt. Braunsdlw. B III 1 Nr. 30 e BI. 7.<br />
81) Diese aufschlußreidten Protokolle hat Friedr. S pan u t h veröffcntlidtt in Zeitsdtr.<br />
d. Ges. f. niedersädt .. Kirdtengesdt., 1937, P.241-88. Daß unter den vier "verordenthen<br />
Commissarien" Abt Lambertus die entsdteidende Rolle spielt, geht aus den Protokollen<br />
eindeutig hervor.<br />
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Eine Pfründe am Hochaltar von St. Blasius in <strong>Braunschweig</strong> ließ der Herzog<br />
einem Vetter von Lambertus zukommen, damit, wie der Herzog sich vernehmen<br />
läßt, "wir gemelten uns ern Abt von wegen seiner uns angenehme erzeigte Dienst<br />
halten mögen, was wir ihme versprochen und zugesaget" 82). In der Klosterkirche<br />
wird ihm ein Kenotaph mit seinem Bildnis errichtet 83). Aber schon Franz Anton<br />
Knittel hat das Monument im Jahre 1747 nicht mehr auffinden können 84).<br />
Nach Lambertus Tode wählte der Konvent einmütig den Abt '1odocus (1553-57),<br />
dem aber schon nach vier Jahren der Mann folgte, unter dessen Regiment zehn<br />
Jahre später das Kloster der lutherischen Reformation endgültig zugeführt werden<br />
sollte, Abt 10hannes Lorber. Mit ihm, dem 41. Abt von Riddagshausen, wird in der<br />
Klostergeschichte ein neues Blatt aufgeschlagen.<br />
In Kreisen der Zisterzienser geht das Wort um, die Geschichte des Ordens sei<br />
die Geschichte seiner Klöster 85). Wir möchten hinzufügen: die Geschichte der Klöster<br />
ist zum guten Teil die Geschichte ihrer Äbte. Für das erste Jahrhundert der<br />
Ordensgeschichte mag das nur sehr bedingt gelten, da dominiert das Normative der<br />
Regel und der Charta Caritatis. Aber daneben treten je länger je deutlicher die<br />
Individualitäten, die Persönlichkeiten der Äbte -hervor, ein komplexer Vorgang, der<br />
in den verschiedenen Epochen und Landschaften durchaus unterschiedlich verläuft.<br />
In ihm kann die Geschichte eines Klosters erfaßt und anschaulich gemacht werden.<br />
Die obigen Darlegungen haben dies für einen bestimmten Abschnitt der Geschichte<br />
des Klosters Riddagshausen aufzeigen wollen.<br />
82) Staatsarch. Wolfenb. II Alt Blas. 465.<br />
83) So Chron. Ridd. p. 385, wo auch die Inschrift des Kenotaphs überliefert wird: Praefuit<br />
hie quondam summa Lambertus honore Abbas a Baluen, vir pietatis amans. Destruitur vivo,<br />
reparatur eodem Hie loeus, heu Saxum nune pia membra tegit!<br />
84) s. Braunschw. Anzeigen 1747 Sp. 1654.<br />
85) s. Ludwig J. Lek a i, Geschichte u. Wirken, a. a. 0., P.5.<br />
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W olfenbüttel<br />
Ein stadtgeschichtlicher Abriß •<br />
Von<br />
Wolf-Dieter Mohrmann<br />
Widekindus de Wlferesbutle ist einer der Zeugen jenes Rechtsgeschäftes, in dem<br />
Bischof Reinhard von Halberstadt dem Augustiner-Chorfrauenstift zu Steterburg gestattet,<br />
im Dorf Linden eine Pfarrkirche zu bauen. Die in den "Steterburger Annalen"<br />
abschriftlich überlieferte Urkunde von I I 18 enthält mit diesem Namen die älteste<br />
gesicherte Erwähnung Wolfenbüttels 1). Es ist der südlichste der auf -büttel gebildeten<br />
Ortsnamen, von denen in Norddeutschland 164 bekannt sind. Trotz solcher<br />
Namenshäufigkeit lassen sich Rückschlüsse auf das Alter der Besiedlung dieser Ortschaften<br />
angesichts der widersprüchlichen Ergebnisse der Namensforschung nicht<br />
ziehen 2).<br />
Widukind von Wolfenbüttel gehörte einem Geschlecht an, das unter den Staufern<br />
zu bedeutender Stellung in der Reichsministerialität aufstieg. Seine Nachkommen<br />
nannten sich seit dem 14. Jahrhundert nach der vom Reichstruchseß Gunzelin von<br />
Wolfenbüttel erbauten Asseburg S). Die Burg Wolfenbüttel wurde 1191 von Herzog<br />
Heinrich dem Löwen und abermals 1255 von Herzog Albrecht 1. von <strong>Braunschweig</strong>-<br />
.) Erweiterte Fassung eines Vortrages, den der Verfasser am 3 I. Oktober 1977 in Wolfenbüttel<br />
vor dem Historisdlen Arbeitskreis zur Erforsdlung Wolfenbüttels gehalten hat. -<br />
Die Abkürzungen bedeuten: BJb = Braunsdlweigisdles Jahrbudl; StA = Niedersädlsisches<br />
Staatsardliv in Wolfenbüttel.<br />
1) Die Pergamenthandsdlrift der Steterburger Annalen von einer Hand des 14. Jahrhunderts<br />
in StA VII B Hs 365. Druck der Urkunde von 11 18 Nov. 13 in Urkundenbudl des<br />
Hodlstifts Halberstadt, Bd. I, 1883, Nr. 143. - Da das Stück lediglidl absdlriftlich überliefert<br />
ist, sind Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts nidlt auszuschließen. Mit gutem Grund<br />
schlägt ,Wo H ein e man n, Das Bistum Hildesheim im Kräftespiel der Reidls- und<br />
Territorialpolitik vornehmlich des U. Jahrhunderts (Quellen U. Darstellungen Z. Gesch.<br />
Niedersadtsens, Bd.72), 1968, S. 59 Anm. 330 vor, die Urkunde auf I II9 umzudatieren. Idl<br />
verdanke diesen Hinweis der Freundlidlkeit meines Kollegen Dr. R. Meier in Wolfenbüttel.<br />
t) Der Gang der Forsdtung über die Ortsdlaftsnamen auf -büttel bei G. 0 b erb eck,<br />
Die mittelalterlidle Kulturlandschaft des Gebiets um Gifhorn (Schriften d. wirtschaftswiss.<br />
Gesellsdl. zum Studium Niedersachsens, Neue Folge 66), 1957, S. 42 ff; vgl. zuletzt K.<br />
Mit tel h ä u s er, Ländliche und städtische Siedlung, in: Geschichte Niedersadlsens, Bd. I,<br />
hrsg. von H. Pa tz e, 1977, S. 259-438, hier S. 266 mit weiterer Lit.<br />
I) Zur politisdten Rolle der Herren von Wolfenbüttel K. B 0 sI, Die Reichsministerialität<br />
der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlidlen deutschen<br />
Volkes, Staates und Reiches, Bd. 2 (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 10), 1951,<br />
S. 582 ff; zuletzt S. Z i 11 man n, Die welfische Territorialpolitik im 13. Jahrhundert (lu8<br />
bis u67) (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke, Bd. 51), 1975, S. 33 H, 46 H.<br />
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Lüneburg zerstört. Seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts scheint sie zum welfischen<br />
Besitz gehört zu haben. 1183 wird sie von Herzog Heinrich Mirabilis als Wasserburg<br />
wieder aufgebaut, während sim herzogliche Vögte auf ihr seit 1318 namweisen<br />
lassen. Im Verlaufe des 14. und 15. Jahrhunderts halten sich die Herzöge mehr<br />
und mehr auf ihrer Burg Wolfenbüttcl auf. Mit der Herausbildung des neuzeitlichen<br />
Fürstenstaates im 16. Jahrhundert wird sie - zum Schloß umgebaut -landesherrlime<br />
Residenz der Herzöge von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg Wolfenbüttelsmen Teils 4).<br />
Die heutige Hauptkirche Mariae Beatae Virginis ging aus zwei älteren Vorgängerkirchen<br />
hervor, von denen die älteste zuerst 1301 als Marienkapelle erwähnt wird.<br />
Bei dieser Kapelle ist seit 1395 eine Totenbrüderschaft bezeugt, zu der aum Mitglieder<br />
der herzoglimen Familie gehört haben. Vor der Burg, auf dem Gelände des<br />
heutigen Kleinen Smlosses, lag die 13 15 zuerst genannte Longinuskapelle. Beide Kapellen<br />
waren Filialkirchen der Pfarrkirche zu Lechede, einem wüsten Dorf ("Lemlumer<br />
Holz"), das man in der Gegend des Roten Amtes vermutet. Im Jahr 1460 ist<br />
der Zustand von Dorf und Kirche Lemede bereits so desolat, daß Bismof Gebhard<br />
von Halberstadt den Dorfbewohnern erlaubt, ihre Toten auf dem Friedhof bei der<br />
Maricnkapelle zu bestatten und ihre Gottesdienste in der Longinuskapelle abzuhalten<br />
5).<br />
über die spätmittelalterlichen Siedler vor der Burg lassen sim nur smwer exakte<br />
Aussagen mamen. Verschiedene Namenseinträge im Register der genannten Toten-<br />
. brüderschaft legen nahe, daß die Anwohner ihren Unterhalt bei der fürstlimen Hofhaltung<br />
auf der Burg verdienten. Es treten Namen auf wie Laurentius Kammerknecht,<br />
Henning Westendorp Hoffmeister, Hinrim Bassuner, Hans \-Vettener quondam<br />
balneator in Wulfelbuttcl, Dirk Meyger alias Stallknemt. Der letztere läßt sich<br />
im Jahre 1499 als Besitzer eines Hauses auf dem Damm namweisen 6).<br />
Die Siedlung "auf dem Damme" ist bis 1515 gemeinsam mit der Burg befestigt<br />
und zur "Dammfeste ausgebaut worden. Gleimwohl hat die sumpfige Okerniederung<br />
nur geringen Anreiz zur Niederlassung geboten. Als Herzog Heinrim der Jüngere<br />
') Eine gen aue Angabe des Zeitpunktes der Niederlassung der Herzöge auf der Burg<br />
Wolfenbüttel ist nicht möglich. Das wiederholt genannte Jahr 1432 der Residenzausbildung<br />
Wolfenbüttels läßt sich quellenmäßig nicht erweisen, wie es überhaupt methodisch bedenklich<br />
erscheint, den genannten Vorgang auf ein bestimmtes Jahr fixieren zu wollen. Am<br />
Jahr 1432 hält noch fest S. Bus eh, Hannover, Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen<br />
und Stadterweiterungen in drei welfischen Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert (Quellen<br />
u. Darstellungen z. Gesch. Niedersachsens, Bd.75), 1969. S.25 und 26. - Zuverlässige Angaben<br />
bietet H. K 1 ein a u, Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes <strong>Braunschweig</strong>, Bd.<br />
L-Z (Veröff. d. Hist. Kommission f. Niedersachsen, Bd.30), 1968, Artikel 2343 "Wolfenbüttel",<br />
S. 721-723.<br />
5) Zu den kirchlichen Verhältnissen im Mittelalter vgl. G. S pie 5, Geschichte der<br />
Hauptkirche BMV in Wolfenbüttel (Quellen u. Forschungen z. braunschw. Geschichte, Bd. 7),<br />
1914. Zur Siedlung Lechede zuletzt K. W. 0 h n e so r ge, Wolfenbüttel. Geographie<br />
einer ehemaligen Residenzstadt (<strong>Braunschweig</strong>er Geograph. Studien, Bd. 5), 1974, S. 27 ff.<br />
8) Das Register der Totenbrüderschaft bei der Marienkapelle in StA VII D Hs 82.<br />
(Chr. \V 0 1 t e r eck), Wolfenbüttelsche Merckwürdigkeiten aus der Fürstlichen Hauptkirche<br />
B. Mariae, Wolfenbüttel 1729, enthält u. a. eine mangelhafte Edition des Registers.<br />
Dietrich Stallknecht ist mit seinem Haus auf dem Damm genannt in StA 46 Urk I.<br />
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1514 die Regierung antrat, da fand er Wolfenbüttel an (ohne) eine darbey liggende<br />
stat und burgerschaft ganz einic (verlassen) oder ode vor 7). Neben der Dammsiedlung<br />
ist eine zweite Siedlungszelle beim Vorwerk an der Marienkapelle ausgebaut<br />
worden. Dieser Bezirk tritt 1533 noch unter dem Kirchennamen "Zu unser lieben<br />
Frauen" auf, wechselt aber im Verlauf des 16. Jahrhunderts mehrfach den Namen.<br />
Er ist die Keimzelle der späteren Heinrichstadt gewesen 8).<br />
Die ersten Spuren eines vorstädtischen Verfassungslebens tauchen 1538 auf. Im<br />
Entwurf zu einem Privileg für die Schneidergilde alhier zu Wulffenbuttel vorm sloß<br />
und in unser stat zu unser lieben trauen Sa) nennt Herzog Heinrich d. J. "Bürger",<br />
"Bürgerknechte", "Bürgerschaft" und verwendet den Begriff "Stadt". Zwei Jahre<br />
später, 1540, verleiht der Fürst den Bewohnern bei der Siedlungsteile eine bürgerliche<br />
Ordnung. Darin setzt er zwei Bürgermeister ein, denen die Bürger als ihren<br />
körperlichen Oberherren Gehorsam zu leisten haben. Als Vertreter des Stadtherrn<br />
amtiert der Großvogt. Er nimmt den Bürgereid ab, bei ihm haben sich die Bürger<br />
abzumelden und ihm müssen sie ihre beherbergten Gäste namhaft machen. Besondere<br />
Sorgfalt gebietet diese bürgerliche Ordnung, die den Charakter einer Polizeiordnung<br />
trägt, beim Umgang mit Feuer und Licht 9). Bemerkenswert ist, daß es zu dieser<br />
Zeit wohl Bürgermeister, aber noch keinen Rat gibt 10).<br />
Trotz dieser Ansätze hat sich die Stadtwerdung der Siedlungen bei der Feste<br />
Wolfenbüttel nur in einem sehr gebremsten Prozeß vollzogen. Die frühen Spuren<br />
sind durch die kriegerischen Maßnahmen des Schmalkaldischen Bundes wieder zugeschüttet<br />
worden - Kriegsereignisse, die sich auch auf die Entwicklung der Verwaltung<br />
des Fürstentums hemmend ausgewirkt haben. Am Il. August 154l eroberten<br />
die Truppen des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen und Kurfürst<br />
Johanns von Sachsen Wolfenbüttel und zwangen den katholischen Herzog Heinrich<br />
d. J. zur Flucht. Bei einem Rückeroberungsversuch fiel der Fürst 1545 in hessische<br />
Gefangenschaft. Erst der Sieg Kaiser Karls V. über den Schmalkaldischen Bund in<br />
der Schlacht von Mühlberg 1547 gab dem Herzog die Freiheit zurück.<br />
Das Ausmaß der Zerstörungen der hessisch-sächsisdIen Truppen in der herzoglichen<br />
Residenz zeigt ein HolzsdInitt von Lucas Cranach d. Ä. Er hat im Auftrag<br />
des Kurfürsten der Belagerung \Volfenbüttels beigewohnt 11). Das SdIloß wurde<br />
7) StA 2 Alt 7698 fol. zr.<br />
S) Zn den Namen der Siedlungsbezirke F. T h ö n e, Wolfenbüttel unter Herzog JuHus<br />
1568-1589, BJb 33, 195 z, S.I-74. hier S. 5 ff. Zur Ausdehnung der Bezirke A. Be u e rman<br />
n, Die Grundrißentwicklung der Innenstadt von WolfenbütteI, in: J. K ö n i g (Hrsg.),<br />
Beiträge zur Gesmimte der Stadt Wolfenbüttel, 1970, S. 61-73 j vgI. aum 0 h ne S 0 r ge<br />
(wie Anm.5), S. 27 fi.<br />
Sa) Das Privileg für die Smneidergilde als Entwurf in StA 1 Alt 7698 fol. 2r-3r.<br />
8) Die "bürgerIime Ordnung" von IHo in StA 40 Slg 83. Ober die Anfänge der Verfassungs<br />
entwicklung ist einzusehen K. Beg e. Chronik der Stadt WolfenbütteI und ihrer<br />
Vorstädte, 1839, S. 33 ff. Wimtig aum die Bemerkungen bei K ö n i g (wie Anm. 8), S. 7-9.<br />
10) Aum die nimt behändigte Ausfertigung einer neuen bürgerlimen Ordnung vom<br />
Il. April 1548 rimtet sim lediglim an die Bürgermeister und gemeinen Einwohner des<br />
Dammes vor WolfenbütteI: StA 2 Alt 7 698 fol. 8r-IOv.<br />
11) H. Sei f e r t, Vater und Sohn Lucas Cranam und die Belagerung von Wolfenbüttel<br />
im August IH2. BJb 52, 1971, S. HI-1l4.<br />
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49
zerschossen und die Erdrondelle der Befestigung zum Teil niedergerissen. Zahlreiche<br />
Häuser und Katen der Einwohner waren verbrannt. Eine Beute der Sieger ist auch<br />
der Inhalt der herzoglichen Kanzlei geworden. Sie befand sich zu jener Zeit gegenüber<br />
dem Schloß auf dem Gelände des Kleinen Schlosses 12). An die Spitze dieser<br />
Kanzlei hat Heinrich d. J. später, 1556, einen Juristen von europäischem Rang als<br />
Kanzler berufen. Es war Dr. Joachim Mynsinger von Frundeck.<br />
Während der Schmalkaldischen Besetzung scheint die Heinrichstadt, derzeit Neustadt<br />
genannt, nicht mehr über die 1540 eingesetzten Bürgermeister verfügt zu haben.<br />
Die burger der Neustat zu Wulffenbuttel haben 1545 ohne diese ihre vorgesetzten<br />
Organe mit den Siegern verhandelt. Dem 1547 heimkehrenden Herzog hinterließen<br />
die Eroberer ein Schloß, das für die Aufnahme der fürstlichen Hofhaltung kaum<br />
noch geeignet war. Vor allem hat es an intakten Wirtschaftseinrichtungen gefehlt,<br />
die den Unterhalt des Hofstaates hätten gewährleisten können. Im Jahr 1548 empfahl<br />
Balthasar von Stechow, der herzogliche Groß vogt zu Wolfenbüttel, seinem Herrn,<br />
folgende Bauten unverzüglich in Angriff zu nehmen: einen Schafstall, ein Vorwerk,<br />
ein Schweinehaus, zwei Scheunen, einen Ochsenstall und einen Pferdestall 13 ). Nicht<br />
einmal Schweine gab es mehr in ausreichender Anzahl; von Stechow hatte Befehl,<br />
das Borstenvieh anzukaufen, allerdings nicht mehr schwein, dann zu unserer hoffhaltung<br />
notturfftig 14). Beim Schloß lagen die Einfriedigungen und Zäune verwüstet<br />
danieder. Um sie im Sommer des Jahres 1548 wieder herzurichten, war die Arbeit<br />
von 60 Zimmerleuten erforderlich 15). Gleichfalls am Schloß und bei der Marienkapelle<br />
verwilderten und verwucherten die fürstlichen Gärten, in denen früher einmal<br />
Springbrunnen geplätschert hatten. Zu Trümmern zusammengesunken war das<br />
fürstliche Lusthaus. Noch um die Jahreswende 1547/48 erhielt der Baumeister Simon<br />
aus <strong>Braunschweig</strong> den Auftrag, das Haus wieder aufzurichten 16). Angesichts des Ausmaßes<br />
der Zerstörungen kann es nicht verwundern, daß der Herzog anfangs gezögert<br />
hat, das Schloß W olfenbüttel überhaupt wieder als W ohn- und Regierungssitz<br />
einrichten zu lassen. Der Aufenthalt in Gandersheim erschien ihm aus mancherlei<br />
Gründen liebenswerter.<br />
Einen niederschmetternden Eindruck machte auch die Bevölkerungsentwicklung.<br />
1548 lebten in der Siedlung auf dem Damm einschließlich der fürstlichen Räte und<br />
des Kanzleipersonals 37 Hauswirte; bei "unser lieben frauen" waren es 36, zu denen<br />
noch einmal 18 Mieter kamen. Im gleichen Jahr sind in der Dammsiedlung einschließlich<br />
der fürstlichen Wirtschaftsbetriebe und Wachhäuser 45 Feuerstätten unterhalten<br />
worden. Man kann sich wohl die Verhältnisse nicht klein genug vorstellen;<br />
denn das Schloß allein barg ebenfalls bereits 35 Feuerstellen. Die hier genannten<br />
12) Zur Lage und frühen GesdJidlte der Kanzlei H. K 1 ein a u, GesdJidJte des NiedersädJsisdJen<br />
StaatsardJivs in Wolfenbüttel (Veröff. d. Nds. ArdJivverwaltung, Bd. I), 1953,<br />
S. 15 ff.<br />
18) StA 1 Alt 8 Nr. 47 fol. 51.<br />
14) ebendort fol. 73.<br />
15) ebendort fol. 53.<br />
50<br />
16) ebendort fol. 19.<br />
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Zahlen sind die frühesten, die über die Wolfenbütteler Bevölkerungsstatistik vorliegen<br />
17).<br />
Erst der Sieg des Herzogs und seines Verbündeten Kurfürst Moritz von Sachsen<br />
über Markgraf Albrecht AIcibiades von Brandenburg (Kulmbach-Bayreuth) in der<br />
Schlacht von Sievershausen 1553 erlaubte Heinrich d. J. die Wiederaufnahme der<br />
Baumaßnahmen in größerem Stil. Das Schloß ist allmählich wiederhergestellt worden.<br />
An die Stelle der alten zerstörten Befestigungen begann man neue, in italienischer<br />
Manier erstellte Anlagen zu setzen. Wichtiger Ratgeber des Herzogs ist hierbei der<br />
kaiserliche Oberst Lazarus von Schwendi Freiherr zu Hohenlandsberg (Elsaß) gewesen.<br />
In der Zeit von 1548 bis 1568 hat er selbst dreimal in Wolfenbüttel zu Besuch<br />
geweilt. Er vermittelte dem Fürsten den italienischen Festungsbaumeister Francesco<br />
Chiaramella di Gandino aus den Niederlanden. 1559 und 1560 hat dieser an den<br />
Bastionen für die Dammfeste gearbeitet. Daß er auch am Schloß gebaut hat, läßt sich<br />
freilich nicht erweisen 18).<br />
Ob der Ausbau der Festung in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Verfassungsentwicklung<br />
gestanden hat, ist möglich, aber noch unerforscht. J edenfaIIs<br />
begegnen erst 1567 zwei weitere, und zwar die wichtigsten städtischen Verfassungseinrichtungen:<br />
der Rat und die Ratsgerichtsbarkeit. Am Il. Juli 1567 räumte der<br />
Herzog den beiden Bürgermeistern und dem Rat der Neustadt - der Bürgermeister<br />
auf dem Damm wird nicht mehr gedacht - das Recht ein, drei- oder viermal jährlich<br />
Gericht zu halten 19). Es handelt sich um die Verleihung der niederen Gerichtsbarkeit<br />
an den Rat, der fortan für alle Rechtsfälle zuständig sein soll, die nicht unter<br />
den vom Stadtherrn aufgerichteten Burgfrieden fallen. Die verwirkten Gerichtsbrüche<br />
durfte der Rat vereinnahmen und zum Bau eines mit Steinen gepflasterten<br />
Weges verwenden. Von hier aus war es nur noch ein kurzer Schritt, um die Heinrichstadt<br />
auch mit dem Marktrecht zu privilegieren. Die Urkunde darüber ist am<br />
7. August 1570 von Herzog JuIius, dem Sohn und Nachfolger Heinrichs d. J., ausgestellt<br />
worden 20). In der Datumszei'le des Stückes hat er festhalten lassen, daß an<br />
diesem Tage das erste Floß seiner neu eingerichteten Harzflößerei auf der Oker vor<br />
der Heinrichstadt angekommen ist. Hinfort sollten in der Heinrichstadt - der Name<br />
Neustadt wird jetzt abgelegt - zwei Jahrmärkte und zwei Wochenmärkte, mittwochs<br />
und sonnabends, abgehalten werden. Außerdem verlieh der Herzog Bürgermeistern<br />
und Rat das Recht, ein Stadtwappen zu führen. Dasselbe wählte er aus der Helmzier<br />
seines Hauses und ließ es farbig auf das Pergament des Marktprivileges malen. Wenig<br />
17) StA 2 Alt 7698 fo!. I1r-14v.<br />
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18) W. D. Mo h r man n, Der .. welsche pawmaister" Chiaramella in Wolfenbüttel.<br />
BJb 57,1976, S. 7-22 und Nachtrag ebenda 58, 1977, S. 127 f.<br />
18) Die Verleihung der niederen Gerichtsbarkeit an den Rat der Neustadt StA 40 Slg<br />
5875 (Druck), S. 18-20.<br />
ID) StA 46 Urk 6, beh. Ausfertigung. Druck: ebenda 40 Slg 5875. S.24-28. Vgl. im<br />
Zusammenhang H. K 1 ein au, GOV (wie Anm.4), S.722; H. W i s w e, Handel und<br />
Wandel in Wolfenbüttel vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: K ö ni g (wie Anm.8),<br />
S.II-32·<br />
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mehr ausreichend bewältigt werden. Der Renaissancebau der neuen Kanzlei ist bis<br />
zur Mitte des 18. Jahrhunderts der zentrale Regierungs- und Verwaltungsbau des<br />
Fürstentums Wolfenbüttel geblieben 24).<br />
Man übersieht angesichts dieser imposanten Planungen und Maßnahmen leicht,<br />
daß sich die Bauprojekte des Herzogs Julius mit der Realität nicht immer zur Dekkung<br />
bringen ließen. Wahrscheinlich herrschte gegen Ende des Jahrhunderts eine<br />
regelrechte Baueuphorie; denn 1598 erklärten die herzoglichen Räte ihrem Herrn<br />
unverblümt, daß die Heinrichstädter die Feste Wolfenbüttel im Falle der Not keineswigs<br />
würden halten können 25). Offenkundig stand die Größe der Festung mit<br />
der Zahl der Bevölkerung in keinem rechten Verhältnis mehr zueinander. überdies<br />
ist unverkennbar, daß unter Herzog Julius erhebliche Spannungen in der Stadtbevölkerung<br />
herrschten. Sie haben sich freilich erst unter seinem Sohn und Nachfolger<br />
Heinrich Julius (1589-1613) entladen. Die Bewohner des Gotteslagers haben<br />
versucht, sich vom Heinrichstädter Rat zu emanzipieren und eine selbständige Stadt<br />
zu konstituieren. 1591 beschwerte sidJ. der Rat der Heinrichstadt beim Stadtherrn,<br />
daß im Gotteslager ein eigener Rat gebildet worden sei, der Bürgergeld erhebe und<br />
ein eigenes Siegel führe 26). Das Siegel scheint nie benutzt worden zu sein; wahrscheinlich<br />
hat der Herzog eingegriffen. Es war 1729 noch vorhanden und trug die<br />
Umschrift: Der neuen Heinrichstadt wapen im Gotteslager 27).<br />
Im Zuge des Konflikts zwischen Heinrichstadt und Gotteslager ist es 1596 zum<br />
Versuch einer Verfassungsänderung »von unten" gekommen. Am 18. August 1596<br />
verlangte ein Ausschuß von sechs geschworenen Männern, den vornemsten einwonern<br />
dieser stadt, von den beiden Bürgermeistern der Heinrichstadt zur unfuege Einsicht<br />
in die städtischen Finanzen und eine Kontrolle derselben 28). Es ist dies das einzige<br />
Mal, daß in Wolfenbüttels Geschichte ein solcher Bürgerausschuß begegnet; irgendwelche<br />
Folgen hat er nicht gezeitigt. Es kennzeichnet jedoch die Situation, daß die<br />
Mehrzahl der Geschworenen aus dem Gotteslager stammte und früher selbst Grundbesitz<br />
in der Heinrichstadt besessen hatte.<br />
24) über die neue Kanzlei s. H. K lei n a u, Staatsarchiv (wie Anm. u), S. 24 H. und<br />
F. T h ö n e, Wolfenbüttel in der Spätrenaissance. Topographie und Baugeschichte unter<br />
den Herzögen Heinrim Julius und Friedrim UIrim 158g-1634; BJb 35, 1954, S. 1-74, hier<br />
S·54·<br />
26) StA 2 Alt 7749 foI. I: 1598 Sept. 2.<br />
28) StA 2 Alt 7717.<br />
27) StA 34 N Fb. I Nr. I, 2.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
28) StA 34 N Fb. 1 Nr. I, I, foI. I: Notariatsinstrument aufgenommen am 18. Aug. 1596<br />
in der Kirche der Heinrichstadt durch den Notar Hieronymus Sander. Die sems Gesmworenen<br />
waren: Jürgen Meinherr, Austin Radeß, Berthold Wintergerste, Curt Reinellie, Thonnieß<br />
Reder und Henni Gremmers. Als der in der Kirche versammelte Rat dem H. Gremmers<br />
vorhalten ließ. daß er doch dem verordneten ratb in der Heinrichstat mit eiden und<br />
pflichten verwant were und derhalben ihme und seinen mitgesellen solche forderung ...<br />
nicht gebueret, da antwortete Gremmers unverdunckelt: er habe Herzog Heinrich Julius<br />
geschworen und nicht dem Rat; daher sei er auch lediglim dem Herzog mit Eiden und<br />
Pflichten verbunden.<br />
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53
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Festung Wolfenbüttel galt als stärkste Anlage ihrer Art in Norddeutschland.<br />
Sie wurde 1626 vom Oberst des Niedersächsischen Reichskreises, dem dänischen<br />
König Christian IV. 'besetzt, mußte aber bereits 16z7 vor den Truppen des luriserlichen<br />
Generals Gottfried Heinrich Graf von Pappenheim kapitulieren. Er hatte zwischen<br />
Groß Stöckheim und Leiferde einen Damm quer durch das Okerbett aufschütten<br />
lassen. Die furchtbaren überschwemmungen zwangen die dänische Besatzung in<br />
Stadt und Festung Wolfenbüttel zur Aufgabe. Fast 16 Jahre lang haben dann kaiserliche<br />
und bayerische Truppen Wolfenbüttel innegehabt. Auch eine Wiederholung<br />
der überschwemmung, die 164 I Schweden und Lüneburger durch einen neut'rlichen<br />
Dammbau ("Schwedendamm") verursachten, hat sie nicht vertreiben können 89).<br />
Erst im Jahre 1643 zog die Besatzung ab. Stadt und Feste wurden dem neuen Stadtherrn<br />
übergeben, der dies Ereignis in einer Münzprägung mit der Umschrift Tandem<br />
patientia victrix (Schließlich ist Geduld die Siegerin) feiern ließ.<br />
Gustavus Selenus nennt sich der Autor eines 'bedeutenden Buches über das Schachspiel,<br />
das in Hitzacker geschrieben und 1617 in Leipzig erschienen ist. Hinter dem<br />
Verfassernamen verbirgt sich niemand anders als Herzog August der Jüngere (1635-<br />
1666) aus der Dannenberger Nebenlinie der \Veifen. Der Tod Herzog Friedrich<br />
U1richs 1634 hatte ihm die Nachfolge im Fürstentum Wolfenbüttel beschert, in<br />
dessen ausgeblutete Residenz er am 13. September 1643 Einzug hielt. Ihm folgte<br />
seine in Hitzacker angelegte <strong>Bibliothek</strong>, die dann in Wolfenbüttel zur größten Büchersammlung<br />
des damaligen Europa erwuchs. - Die Heinrichstadt und die übrigen<br />
städtischen Siedlungsbezirke aber lagen danieder. Von den 16z6 vorhandenen 890<br />
Häusern waren 1643 330 völlig zerstört. Die Zahl der mit Bürgerrecht begabten<br />
Einwohner war von uso auf ea. 150 gesunken 40).<br />
Zur Stärkung des Wirtschaftslebens erteilte der neue Stadtherr 1646 ein Privileg<br />
auf fünf Jahrmärkte und einen Viehmarkt im Gotteslager. Damit einher gingen in<br />
den Jahren 1636 bis 1652 zahlreiche Gildeprivilegierungen für die Heinrichstadt. Das<br />
Instrument der Zunftrechtsverleihung ist in seiner Hand geradezu ein Mittel des<br />
städtischen Wiederaufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg geworden oll). Die Siedlungsfläche<br />
ließ Herzog August im Westen durch die 1652 begonnene Anlage der<br />
Auguststadt erweitern - eine stadtplanerische Konzeption die im Ausbau der Calenberger<br />
Neustadt in Hannover eine Parallele besitzt 42). Die Auguststadt bekam 1653<br />
eine eigene Kirche aus Fachwerk (St. Johannes). Ihre Innenausstattung wurde aus<br />
der fürstlichen SdlioßkapeIle zu Hessen genommen. Der Osten der Heinrichstadt ist<br />
1655 durch die neu errichtete Bastion Corneliusberg gesichert worden. Comclius van<br />
dem Bosch war der bedeutendste Festungsbaumeister Herzog Augusts d. J. Zum Bau<br />
des neuen Bollwerks benötigte er einen Großteil des Geländes der Gotteslagersiedlung<br />
Herzog JuIius'. Die von den Baurnaßnahmen betroffenen Bewohner scheinen<br />
39) H. V 0 ge s, Der Schwedendamm bei WoIfenbütteI, <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin<br />
1924, Sp. 33 ff.<br />
40) Verläßliche Angaben zu den Hofstätten in den Jahren 1585, 1626 und 1641 bei<br />
Ohnesorge (wie Anm.5), S.49 und 51.<br />
41) StA 34 N Fb. 1 Nr. XV, 14; vgI. Bus c h (wie Anm. 4), S. Z07.<br />
42) Busch (wie Anm.4), S. 117f.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
daher aus dem Gotteslager in die Auguststadt umgesiedelt worden zu sein 43). Für<br />
das 1660 geschlossene Kaisertor, aus dem die im Jahre 1700 geweihte Trinitatiskirche<br />
wurde, ist das nach <strong>Braunschweig</strong> führende Herzogstor erbaut worden.<br />
Zur Reihe der wichtigen Einzelbauten unter August d. J. gehört ferner der Umbau<br />
der alten Kanzlei vor dem Schloß. Hier wurde 1643 ein kleines Palais für den<br />
Erbprinzen Rudolf August eingerichtet, das hernach von 1687 bis 1715 die WoIfenbütteler<br />
Ritterakademie aufnahm 44). Zur Unterbringung seiner Büchersammlung,<br />
die bei des Herzogs Tod auf 116000 Einzelschriften, gebunden in 35000 Bänden,<br />
angewachsen war, ließ der Fürst ab 1649 den Marstall umbauen 45). Mit besonderem<br />
Eifer aber widmete er sich dem Lieblingswerk seines Hauses, der Fortführung des<br />
von Paul Francke begonnenen Baus der Hauptkirche 46). Hier war 162 I unter der<br />
von Gottfried Fritzsche erbauten Orgel der fürstliche Hofkapellmeister Michael<br />
Praetorius beigesetzt worden 460). Der Herzog widmete sich vor allem der Ausgestaltung<br />
der Außenwerke des Kirchenschiffs, die bis 166o im wesentlichen abgeschlossen<br />
war. Als August d. J. 1666 in der Fürstengruft unter der Kirche beigesetzt<br />
wurde, da war mit ihm der Stadtherr dahingegangen, dem Wolfenbüttel seinen<br />
Wiederaufstieg nach dem Dreißigjährigen Krieg verdankte. Bereits unter seinem<br />
Sohn Rudolf August (1666-17°4), der 1685 seinen Bruder Anton Ulrich (1685-<br />
1714) als Mitregenten annehmen mußte, aber ist der Keim zum Ende der Residenzstadt<br />
gelegt worden.<br />
Die Eroberung <strong>Braunschweig</strong>s 1671 leitete die Auszehrung der Heinrichstadt im<br />
18. Jahrhundert ein. Freilich ist das zunächst noch überdeckt worden von der unveränderten<br />
Konstanz der Sozialstruktur. Die Stadtbevölkerung gliederte sich im letzten<br />
Drittel des 17. Jahrhunderts nicht wesentlich anders als im 18. Jahrhundert. So sind<br />
die Bevölkerungsanteile der Handwerker (61 0/,), der Hofbeamten (25%) und der<br />
Kaufleute (13 Ofo) erstaunlicherweise in etwa gleich geblieben 46b). Vor allem aber<br />
ist der schleichende Niedergang überdeckt worden von der etwa 50 Jahre währenden<br />
Blütezeit, in der Wolfenbüttel von Herzog Anton Ulrich bis zu Herzog Kar! I.<br />
(1735-1780) zu einem einzigartigen Denkmal norddeutschen Barocks ausgebaut worden<br />
ist. So wie Paul Francke der Baumeister der Renaissance, ist der fürstliche Bauvogt<br />
und Landbaumeister Hermann Korb der Baumeister des Barock in WoIfen-<br />
48) Damit rückte die Auguststadt in die Funktion einer Ersatzsiedlung für das z. T.<br />
abgetragene Gotteslager; vgI. T h ö n e, Geist und Glanz (wie Anm. 38), S. 101; Bus c h<br />
(wie Anm. 4), S. 118.<br />
U) Zur Bautätigkeit Herzog Augusts vgI. aIIgemein T h ö n e, Geist und Glanz (wie<br />
Anm. 38), S. 97 H. - A. Kuh I e n kam p, Die Ri tterakadcmie RudoIf-Antoniana in<br />
WoIfenbüttel 1687-1715 (Beiträge zur Gesdtichte der Carolo-Wilheimina, Bd. 3), 1975.<br />
") über das Sdtrifttum zur Herzog August <strong>Bibliothek</strong> informiert P. Raa be, Die<br />
Herzog August <strong>Bibliothek</strong> WoIfcnbüttel (Kleine Sdtriftcn der HAB Wolfenbüttel, Bd.2),<br />
1971, S. 82 ff.<br />
46) A. F in k, Die Marienkirdte, Hauptkirdte BMV, 1957.<br />
46 1 ) Zu Michael Praetorius jetzt W. D e e t er s, Alte und neue Aktenfunde über<br />
Michael Praetorius, BJb 51, 1971, S. 101-UO.<br />
lOb) VgI. Bus eh (wie Anm. 4), S. 159.<br />
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57
üttel geworden 46c). Er errichtete nach dem Bau des Waisenhauses in der Auguststadt<br />
(1698-17°4) auf dem Platz des ehemaligen Marstalles die <strong>Bibliothek</strong> (1705-<br />
1713) mit der berühmten Rotunde 47). In den Jahren 1714 bis 1716 gab er dem<br />
Schloß mit seinen unterschiedlichen Bauteilen die einheitliche glanzvolle Fassade. Die<br />
Trinitatiskirche, die 1705 abbrannte, wurde von ihm 1716 unter Einbeziehung der<br />
beiden älteren erhaltenen Türme wieder aufgebaut. Sie ist 1719 neu geweiht worden.<br />
In dieser Zeit ist der Leiter der von Herzog August hinterlassenen <strong>Bibliothek</strong><br />
Gottfried Wilhelm Leibniz gewesen. 1691 war er von den Herzögen Rudolf August<br />
und Anton Ulrich als Hofrat in sein Amt eingesetzt worden, das er bis zu seinem<br />
Tode 1716 innegehabt hat 48). - Kulturelles und künstlerisches Leben aber blühten<br />
auf vor dem Hintergrund eines zur politischen Bedeutungslosigkeit absinkenden<br />
Fürstentums Wolfenbüttel. Die Stadteinwohner hatten im Guten wie im Schlechten<br />
teil am politischen Engagement Herzog Anton Ulrichs, der den Kampf gegen die<br />
1692 von den hannoverschen Vettern gewonnene neunte Kurwürde zum Leitzicl<br />
seiner Politik machte.<br />
Im Frühjahr 17°2 tauchten plötzlich im Lechlumer Holz ceIIesche und hannoversche<br />
Truppen auf. Zur Gegenwehr war es zu spät. Das Fürstentum Wolfenbüttel<br />
war:in einem Tag und einer Nacht eingenommen und besetzt worden 49). Der Stadtherr<br />
hat auf dem Felde einer weitgespannten Heiratspolitik den Widerstand gegen<br />
die erfolgreicheren welfischen Vettern fortg·esetzt. 1708 gelang es ihm, seine Enkelin<br />
Elisabeth Christine mit einem Habsburger, König Kar! von Spanien, zu verheiraten.<br />
Die Prinzessin hat dazu ihrem lutherischen Glauben ahschwören müssen. Zur Erinnerung<br />
an jene Hochzeit mit dem Habsburger, der hernach als Kar! VI. Kaiser des Heiligen<br />
Römischen Reiches Deutscher Nation wurde, gestattete Anton Ulrich seinem<br />
Hofküfer Georg Horneber 1709, sein Gasthaus in der Komrnißstraße "Zur Krone<br />
von Spanien" zu nennen 50). Diese Vertiefung der Beziehungen zum Haus Habsburg<br />
brachte für die in der Stadt ansässigen Katholiken eine Erleichterung ihrer Religionsausübung<br />
mit sich. 1707 erlaubte ihnen der Herzog, der 1710 ebenfalls konvertierte,<br />
die Errichtung eines eigenen Bethauses in der Krummen Straße 51).<br />
Olle) U. von A I v e n sie ben, Die <strong>Braunschweig</strong>ischen Schlösser der Barockzeit und<br />
ihr Baumeister Hermann Korb, 1937; T h ö n e, Geist und Glanz (wie Anm. 38), S. 110 ff;<br />
zu den Hofbeamtenhäusem jetzt 0 h n e s 0 r g e (wie Anm. 5), S. 85 ff.<br />
") Th. Vo g es, Die Geschichte der Herzoglichen <strong>Bibliothek</strong> zu Wolfenbütte1, in:<br />
Die <strong>Braunschweig</strong>er GNC-Monatsschrift, Dez. 1913, S.659-667.<br />
08) G. Sc he e I, Leibniz' Beziehungen zur Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel<br />
1678-1716, Bjb 54, 1973, S. 17l-199.<br />
49) G. Sc h n a t h, Die überwältigung <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttels durch Hannover<br />
und CelIe zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges, März 170l. BJb 56, 1975, S. 17-100.<br />
50) Wolfenbüttel. Wappen und Stadtgeschichte. Eine Ausstellung des Nds. Staatsarchivs<br />
in Wolfenbüttel (zusammengestelIt von W. D e e t e r s u. D. M a t t he s) (Veröff. d.<br />
Nds. Archivverwaltung, Beiheft u), 1970, S. 15.<br />
51) J. K ö n i g, Zur Geschichte der katholischen Gemeinde in Wolfenbüttel, in:<br />
Festschrift zur Weihe der St. Ansgar-Kirche in Wolfenbüttel am Sonnabend, dem 5. Mai<br />
1973, Wolfenbüttel 1973, S. 15-25.<br />
58<br />
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Die Verfassung der Heinrichstadt aber erlebte in dieser Zeit die typischen Eingriffe<br />
eines absolutistischen Stadtherrn. Das Präsentationsrecht des Rates wurde von<br />
Herzog Anton Ulrich so verändert, daß der Fürst von sich aus das Bürgermeisteramt<br />
mit ihm geeignet erscheinenden Personen besetzte. Der Protest des Heinrichstädter<br />
Rates, der auf sein in den Statuten von 1601 verbrieftes Vorschlagsrecht pochte, verhallte<br />
wirkungslos 52). Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, den Bürgermeister<br />
überhaupt als fürstlichen Diener und stadtherrlichen Beamten zu etablieren. Sein<br />
Amt war zeitweilig gekoppelt mit dem des landesherrlichen Landfiskals 53). Das hatte<br />
zur Folge, daß sich vorübergehend die Praxis ausbildete, die eine der beiden BürgermeistersteIlen<br />
mit einem ausgebildeten Juristen zu besetzen 54). Ebenfalls ist die<br />
städtische Finanzverwaltung umgebildet worden. Nach den Statuten von 1601 gehörte<br />
ihre Ausübung zu den Aufgaben der zwei Bürgermeister. Sie hatten acht Tage<br />
nach dem Dreikönigstag vor Schultheiß und Rat zur Rechnungsabhörung zu erscheinen.<br />
1715 werden besondere Stadtkämmererämter geschaffen, die mit den beiden<br />
ältesten Ratsmitgliedern zu besetzen waren 55). Die Bürgermeister kontrollieren fortan<br />
die Kämmerer, nehmen deren Aufgaben aber nicht mehr selbst wahr. Verändert<br />
wird gleichfalls die Zahl der Ratsmitglieder. Während sich 1645 noch 11 Ratsherren<br />
feststellen lassen, sind es zu Beginn des 18. Jahrhunderts nur noch acht Personen,<br />
deren Zahl sich seit etwa 1730 auf zehn erhöht hat.<br />
Im Folgejahr 1731 starb Herzog August Wilhelm. Er war der letzte seines Geschlechts,<br />
der in der Fürstengruft unter der Hauptkirche zur Ruhe gebettet wurde.<br />
Seit der Schlacht von Sievershausen 1553 hatte das Grabgewölbe der Kirche Angehörige<br />
der fürstlichen Familie aufgenommen. So ruhen hier die Söhne Heinrichs d. J.,<br />
Kar! Viktor und Philipp Magnus (beide gef. 1553), Heinrich d. J. selbst (gest. 1568)<br />
und dessen Sohn Herzog Julius (gest. 1589). Im Erbbegräbnis unter dem Chor stehen<br />
die Särge von 2.9 Angehörigen des Herzogshauses, darunter die von Herzog Heinrich<br />
Julius (gest. 1613), dessen beiden Söhnen Friedrich U1rich (gest. 1634) und Christi an,<br />
dem Bischof von Halberstadt, (gest. 1626). Ferner ruhen hier August d. ]., Anton<br />
U1rich (gest. 1714) und eben Herzog August Wilhelm 56).<br />
Nach seinem Tod begann im Folgejahr der Auszug der Behörden aus der Residenz.<br />
Die Kammer machte 1732 den Anfang und zog nach <strong>Braunschweig</strong>. Es schlossen<br />
sich an das Forstamt und 176 I die Kriegskasse, der 1771 die Klosterratsstube<br />
folgte. Innerhalb dieses gestreckten Prozesses markiert das Jahr 1753 den spürbarsten<br />
Einschnitt. Der Herzog gestattete seinen Beamten, ihre bis dahin vor dem Schloß<br />
62) StA 34 N Fb. I Nr. I, I, fol. 117. Am 21. Nov. 1701 Hrecommendiert" Herzog Anton<br />
Ulrich den Bürger und Handwerksmann Nikolaus Wilhelm Ulrich zur Aufnahme in den Heinrichstädter<br />
Rat bei der nächstfolgenden Vakanz einer Ratshermstelle: StA 2 Alt 7760 fol. 64.<br />
63) Das ist beispielsweise der Fall gewesen beim Bürgermeister Joh. HeinridJ. Schlüter in<br />
den Jahren 1698 und 1699: StA 1 Alt 7760 fol. 49 ff, 56r-57v.<br />
6') StA 1 Alt 7761 fol. 3r-4v (1703); vgl. auch StA 34 N Fb. I Nr. I, I (1719). StA 34<br />
N Fb. I Nr. I, I fol. 196 legt nahe, daß diese Praxis seit 1671 gehandhabt wurde.<br />
65) StA 1 Alt 7761 fol. 86r_ v und Nr.7762. Bereits aus dem Jahre 1709 liegt das Konzept<br />
eines Ratskämmereides vor: ebenda fol. 57r_v.<br />
66) S pie s (wie Anm. 5), S. 76 f.<br />
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59
und in der Heinrichstadt unterhaltenen Zweitwohnungen aufzugeben 57). Der ß.ehördenauszug<br />
brachte - sicher noch verstärkt durch die Auswirkungen des Siebenjährigen<br />
Krieges - einen überaus starken Bevölkerungsrückgang mit sich. In den Jahren<br />
zwischen 1750 und 1776 sank die Einwohnerzahl von ca. 9000 auf ca. 5600. Zu den<br />
Plänen einer Wiederbelebung der still gewordenen Residenz gehörte 1754 auch der<br />
Gedanke, die Universität von Helmstedt nach Wolfenbüttel zu verlegen. Er ist damals<br />
wie in den Folgejahren auf Ablehnung gestoßen.<br />
Dabei war in jener Zeit durchaus die Voraussetzung für einen neuen Aufstieg<br />
der Stadt gegeben. Die "Jurisdiktionsvereinigung" 58) von 1747 dehnte die gerichtliche<br />
Befugnis des Heinrichstädter Rates in Straf- und Zivilsachen auch auf die<br />
übrigen Siedlungsteile, die bis dahin noch dem Residenzamt Wolfenbütte1 unterstanden,<br />
aus. Sie beseitigte damit das zu vielfachen Reibungen führende Konkurrenzverhältnis<br />
zwischen dem Stadtrat und dem herzoglichen Amtmann von WoIfenbüttel.<br />
Die Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse auf der Grundlage der Heinrichstädter<br />
Statuten von 1601 hat jetzt auch die Vereinheitlichung des Stadtnamens<br />
nach sich gezogen. Jetzt erst, im Jahre 1747, ist die "Stadt Wolfenbüttel" ins Leben<br />
getreten. Der bis dahin allein an der Festung haftende Name ist auf die Gesamtheit<br />
der städtischen Siedlungsbezirke übergegangen. Die Gewalt des ehemals Heinrichstädter,<br />
nunmehr Wolfenbütteler Rates ist so an Inhalt und Umfang gemehrt worden.<br />
Dieser Vermehrung hat aber andererseits auch eine Verschärfung der stadtherrlichen<br />
Kontrolle entsprochen. Der gesamte Bereich der innerstädtischen Verwaltung,<br />
der "Polizei" im älteren Sinne, ist dem Rat genommen und einem eigens eingerichteten<br />
Polizei amt übertragen worden. Die Instruktion für die neue Behörde stammt<br />
vom 7. Januar 1749. Das Polizeiamt war mit vier fürstlichen Beamten unter dem<br />
Gerichtssd1Ultheißen an der Spitze besetzt und stand unmittelbar unter uns und unserer<br />
fürstlichen Geheimten Rahts-Stube" 59).<br />
Erst zwei Jahrzehnte später hat der Herzog auf diese direkte Kontrolle der wolfenbüttelschen<br />
Stadtverwaltung verzichtet. Er übertrug 1771 dem Rat die Einrichtung<br />
eines von euch abhängenden Polizey-Departements statt des bisherigen fürstlichen<br />
Polizey-Amtes, dergestalt, daß das ganze Magistrats-Collegium bey den Polizey<br />
Sachen den Nahmen des Polizey-Departements annehmen sollte 60).<br />
Die äußere Politik des Stadtherrn war in diesen Jahren gekennzeichnet von einer<br />
ausgeprägten Hinwendung zum Königreich Preußen. Die preußisch-welfische Doppelhochzeit<br />
von 1733 trug zur Festigung dieser Bindung wesentlich bei. Damals wurde<br />
zur Nachfeier der Hochzeit des preußischen Kronprinzen Friedrich mit Herzog<br />
Karls I. Schwester Elisabeth Christine im Kleinen Schloß, dem Gebäude der einstigen,<br />
17Z3 durch Hermann Korb umgebauten Ritterakademie, eigens ein noch<br />
heute vorhandener Festsaal eingebaut. Im Hause Reichsstraße 1 nahmen Herzog<br />
57) Bege (wie Anm.9), 5.165; DeeterslMatthcs (wie Anm.50), S.Z5.<br />
58) Bege (wie Anm. 9), S. 154ff; D e ete rs/M a t the s (wie Anm. 50), S.13<br />
69) StA 34 N Fb.1 Nr. I, 18; vgI. aum K lei na u, GOY (wie Anm.4), S.711 und<br />
o h n e s 0 r g e (wie Anm.5), 5.51. f.<br />
60) Die Umwandlung des Polizei amtes in das Polizeidepartement mittels Reskript vom<br />
11. Nov. 1771 in StA 34 N Fb.1 Nr. I, ZI.<br />
60<br />
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Karl I. und seine Gemahlin Philippine Char!otte, die Schwester des preußischen<br />
Kronprinzen, ihre erste Wohnung 61). Das Paar ist 1735 in das fürstliche Schloß umgezogen.<br />
Dort ist ihm im gleichen Jahr 1735 der Erbprinz Kar! Wilhelm Ferdinand<br />
(1780-1806) geboren worden. Zu dessen Taufe am 14. Oktober 1735 reiste der<br />
preußische König Friedrich Wilhelm 1., der Großvater des Erbprinzen, nach WoIfenbüttel.<br />
Karl WilheIm Ferdinand und Julius sind die einzigen regierenden Herzöge<br />
von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg gewesen, die im Schloß Wolfenbüttel das Licht der<br />
Welt erblickt haben.<br />
Die Politik an der Seite Preußens führte das Fürstentum in den Siebenjährigen<br />
Krieg. Er bescherte der Stadt Wolfenbütte! zum dritten Mal in ihrer Geschichte den<br />
Schrecken fremder Eroberung und Besetzung. Nach hessischen und sächsischen im<br />
Schmalkaldischen sowie dänischen und kaiserlichen Truppen im Dreißigjährigen<br />
Krieg wird Wolfenbüttcl 1757 zum ersten Mal von einer französischen Besatzung<br />
heimgesucht. Zwar hat sie die Stadt bald wieder verlassen, doch kehrten die Franzosen<br />
unter dem Oberbefehl des Prinzen Xaver von Sachsen, einem Enkel Augusts<br />
des Starken, 1761 wieder zurück. Wolfenbüttel wurde belagert und heftig beschossen,<br />
wobei u. a. das Kleine Schloß in Brand geriet. Am 10. Oktober kapitulierte<br />
der Stadtkommandant von Stammer. Die Sieger preßten aus der Bevölkerung die<br />
hohe Summe von 200000 Talern, die nur mit Hilfe der beiden Wolfenbütteler<br />
Schutzjuden Meyer Gumpel und Samson Gumpe! aufgebracht werden konnte. Am<br />
15. Oktober 1762 rückten die Franzosen wieder ab. Aus der ruinierten Stadtbevölkerung<br />
nahmen sie acht Geiseln mit sich.<br />
An deren Spitze stand der Vizekanzler Georg Septimus Andreas von Praun. Erst<br />
1763 ist er in seine Dienstwohnung, dem Kanzlerhaus in der Kanzleistraße, zurückgekehrt.<br />
- G. S. A. von Praun 62), ein nüchterner Verwaltungsbeamter österreichischer<br />
Abstammung, ist mehr zum Leidwesen als zu dessen Freude der Vorgesetzte<br />
Lessings gewesen, der 1770 zur Leitung der <strong>Bibliothek</strong> nach Wolfenbüttel berufen<br />
worden ist. Von 1777 bis zu seinem Tode 1781 hat Lessing das später nach ihm benannte<br />
Lessinghaus bewohnt, das um 1739 als Wohnhaus für fürstliche Diener errichtet<br />
worden war 68). In die von Lessing schmerzlich empfundene Stille der einstigen<br />
Residenzstadt brachten erst die vor der Revolution aus ihrem Vaterland ausgewichenen<br />
französischen Flüchtlinge neues Leben. Die vornehmste Erscheinung unter<br />
diesen Emigranten in Wolfenbüttel, deren Zahl zeitweilig 240 Personen überstieg,<br />
ist zweifellos der ehemalige Marineminister König Ludwigs XVI. von Frankreich,<br />
der Marschall Charles Eugene Gabriel Marquis de Castries (1727-1800) ge-<br />
61) H. D r 0 y sen, Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von Braunsdlweig<br />
1732-1801. Bd. 1 (1732-1768), (Quellen u. Forsdlungen z. Braunsmw. Gesm., Bd. 7),<br />
1916, S. 3; s. aum StA 1 Alt II Nr.608.<br />
62) Knappe biographisme Angaben über v. Praun bei K lei na u (wie Anm. 12), S.67<br />
Anm·5·<br />
58) Tb. V 0 g es. Zur Gesdlimte des Lessinghauses in Wolfenbüttcl, Braunsmweigism<br />
es Magazin 1916, S.97-105; P. Raa be, Das Lessinghaus in WoIfenbütteI. 1978 (Kleine<br />
Sdlriften der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> WoIfenbüttel.,Heft 6).<br />
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61
wesen 64). In der Schlacht von Kloster Kamp (Kamp-Lintfort) hatte er 1760 Herzog<br />
Kar! Wilhe1m Ferdinand besiegt. Dieser stellte 1796 dem ehemaligen Kriegsgegner<br />
großzügig das Wolfenbütteler Schloß als Wohnsitz zur Verfügung.<br />
In eben jenen Jahren begann die Stadt, ausgehend von der Umgebung des SchlossC;,<br />
abermals ihr Aussehen zu verändern. Der Polizeidirektor Drost Räber von Rodenberg<br />
65), der bereits 1791 das Kleine Schloß und einen Teil des Schloßwalls gekauft<br />
hatte, ließ das Gebäude bis auf den jetzt noch stehenden Rest abbrechen und den<br />
Wall 1804 abtragen. Damit war das Ende der Festung Wolfenbüttel gekommen. Der<br />
Herzog erklärte Wolfenbüttel zu einer offenen Stadt, deren Befestigungen bis 1836<br />
eingeebnet oder zu Grünanlagen umgewandelt worden sind 66).<br />
Kampflos fiel die Stadt am 26. Oktober 1806 den napoleonischen Truppen in die<br />
Hände und blieb bis 1813 eine Provinzialstadt des Königreichs Westphalen unter<br />
König Jerome, dem Bruder Napoleons. Damit erlebte Wolfenbüttcl das Ende seiner<br />
"altbraunschweigischen" Zeit. Es hat sich besonders im Umbau der Stadtverfassung<br />
niedergeschlagen. Die neue "Mairieverfassung" beseitigte die Ratsgerichtsbarkeit und<br />
schaffte den vom Stadtherrn eingesetzten Gerichtsschultheißen sowie die aus der<br />
Mitte des Rates genommenen Bürgermeister ab. Richtungsweisend für die Zukunft<br />
wurde die Trennung von Justiz und Verwaltung, die mit einem 1808 für den Stadtkanton<br />
Wolfenbüttel eingesetzten Friedensgericht unter dem für vier Jahre ernannten<br />
Friedensrichter erzielt worden ist.<br />
Nach dem Untergang des Königreichs Westphalen sind jedoch Justiz und Verwaltung<br />
1814 zunächst wieder vereinigt worden. Das neugeschaffene Stadtgericht<br />
unter einem Stadtdirektor nahm jetzt die Rechtsprechung und die Verwaltung des<br />
städtischen Gemeindevermögens wahr. 1825 aber wird der Prozeß der Trennung<br />
von Justiz und Verwaltung eingeleitet. Die letztere obliegt nunmehr einem Stadtmagistrat,<br />
bestehend aus dem herzoglichen Kreisbeamten, dem Kämmerer, dem Sekretär<br />
und dem Polizeikommissar. Dem Magistrat gegenüber steht eine sechzehnköpfige<br />
Versammlung von Stadtdeputierten. An die Stelle des Kreisbeamten als<br />
Magistratsdirektor ist seit dem Jahre 1828 wieder der herzogliche Stadtdirektor getreten<br />
67). Er ist bis zum Jahre 1917 der erste Beamte in Wolfenbüttel geblieben.<br />
Einen Bürgermeister hat die Stadt bis dahin nicht mehr gekannt 68).<br />
14) R. R. Be er, Der Marquis de Castries. Gegner und Gastfreund Kad Wilhelm<br />
Ferdinands, Herzogs zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, BJb 56, 1975, S. 111-170.<br />
85) über diesen um die Stadt Wolfenbüttel hochverdienten und zu Unrecht in Vergessenheit<br />
geratenen Beamten s. P. Z i m m e r man n, Herzog Friedrich Wilhelm und<br />
Drost von Rodenberg, <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin 1897, S. 1-5 und 9-15.<br />
88) 0 h n e s 0 r g e (wie Anm. 5), S.57.<br />
17) Zur Stadtverfassung und -verwaltung finden sich einschlägige Hinweise bei H.<br />
M und h e n k e, Die Entwiddung der braunschweigischen Kreisverfassung von 1814-1884,<br />
BJb 35, 1954. S. 117-144; derselbe, Die Entwicklung der braunschweigischen Gerichtsverfassung<br />
von 1814-1877, in: Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesens im Lande <strong>Braunschweig</strong><br />
(Quellen und Forschungen z. braunschw. Gesch., Bd.14), 1954, S.107-135; R.<br />
He i n e man n, Zur Geschichte des Stadtgerichts Wolfenbüttel, BJb 54, 1973, S. lIO-UO.<br />
88) Daß gegen diesen Zustand durchaus ernsthafte verfassungs rechtliche Bedenken erhoben<br />
worden sind zeigt die scharfsinnige Schrift von A. Bau m gar t e n, Der Rechtszustand<br />
im Stadtmagistrat zu \Volfenbütte1, Wolfenbüttel 1892. .<br />
61<br />
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zelten unternehmerischen Sozialmaßnahmen gekommen. 1856 wurde in den bei den<br />
Zigarrenfabriken von Dosse und Stamm eine "Kranken-Sterbecasse für Cigarrenarbeiter"<br />
gegründet 73).<br />
1868, als die Einwohnerzahl der Stadt auf 10000 anstieg, gab es drei größere<br />
Fabriken in WoIfenbütteI, von denen jede 100 und mehr Arbeiter beschäftigte. Es<br />
waren die Ravensberger Spinnerei, die Maschinenfabrik Zickerick und die Eisengießerei<br />
Luther und Peters. Als frühe Organisationsform der Arbeitersdlaft ist 1866 ein<br />
Arbeiter-Bildungsverein gegründet worden, zu dessen hervorragendsten Lehrern Samuel<br />
Spier gehörte. Im Hauptberuf war Spier Erzieher an der Samson-Sdlule, einem<br />
der geistigen Zentren des Judentums im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> 74). Spier hat 1869<br />
zusammen mit Bebel und Liebknecht den "Allgemeinen Deutsdlen Social-Democratischen<br />
Arbeiter Congreß" nach Eisenach einberufen. Er wurde damit zu einem der<br />
Gründungsväter der heutigen SPD 75).<br />
Die wirtschaftliche Lage eines großen Teiles der Stadtbevölkerung ist während<br />
der Gründerjahre 1870 bis 1890 nicht durchgängig befriedigend gewesen. Eine TeuerungswelIe,<br />
die 1872 insbesondere Lebensmittel und ländlidle Produkte ergriffen<br />
hatte, führte am 17. Juli dieses Jahres zu einem gewalttätigen Aufruhr von 3000 bis<br />
4000 Wolfenbüttelern. Ausgelöst wurde er von den auf dem Stadtmarkt einkaufenden<br />
Hausfrauen, die ihre Wut über die gestiegenen Preise an den Bäuerinnen und<br />
deren Marktwaren ausließen. Die Hausfrauen übertrafen sich gegenseitig im Umstürzen<br />
der Kiepen, Zertreten der Hühnereier und Umhersdlleudern der Butterstücke.<br />
Und das erscheint bei dem Temperament der meisten dort kaufenden Frauen<br />
sehr natürlich, bemerkt der Polizeiberidlt lakonisch. Die Empörung steigerte sich<br />
zu Angriffen auf die Häuser einzelner Wolfenbütteler Kaufleute. Sie wurde durch<br />
den Einsatz von Polizei und Militär beendet 76).<br />
Auch heute nodl spiegeln sich die Gründerjahre in einer Reihe von Bauten im<br />
Stadtbild wider. Am HarztorwaII ist 1872 das herzogliche Lehrerseminar erridltet<br />
worden. Es setzte die seit 1753 bestehende Tradition der Lehrerausbildung im Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong> fort, die vom Waisenhaus in der Auguststadt ihren Ausgang<br />
nahm. Für die große 'Sdlule, einem humanistischen Gymnasium, das anfänglich in der<br />
Kommisse untergebracht war, wurde 1879 ein neu es Haus am RosenwaU erbaut. Es<br />
folgte 1875 in der WaIIstraße der Klinkerbau der I. Bürgerschule, dem sich 1898 der<br />
Bau der 11. Bürgerschule in der Karistraße ansdlloß 77).<br />
7S) StA 34 N Fb. 1 Nr. XIX, 60.<br />
74) H. Sc h u I z e, Beiträge zur Gesmimte der jüdismen Gemeinde in Wolfenbüttel.<br />
Teil I. BJb 48, 1967. S. 23-61; Teil H, BJb 49, 1968, S.61-85; derselbe, Samuel Meyer<br />
Ehrenberg 1773-1853, BJb 54, 1973, S.269-275.<br />
75) G. Eck e r t, Samuel Spier und Samuel Kokowsky in den Reihen der Braunsmweiger<br />
Arbeiterbewegung, in: Brunsvicensia Iudaica (Braunsmweiger Werkstücke, Bd. 35), J966,<br />
S. 71-93.<br />
76) IStA 12 A Neu Fb. 5 Nr. 6225.<br />
77) G. Füll n er, Wie Wolfenbüttel Stadt der Smulen wurde, in: K ö n i g (wie<br />
Anm. 8), S. 125-139, hier S. 129.<br />
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Man kann nicht von den Wolfenbütteler Schulen im 19. Jahrhundert sprechen,<br />
ohne die beiden Frauen zumindest zu nennen, die in der Geschichte der deutschen<br />
Pädagogik eine widltige Rolle gespielt haben. Seit 1864 unterhielt Henriette Breymann<br />
in der früheren Gastwirtsdlaft "Hartmannslust" am Neuen \Veg ein Mädchenpensionat,<br />
in dem sie Kindergärtnerinnen nach den Grundsätzen ihres Onkels Friedrich<br />
Fröbel ausbildete. Mit Henriette Breymann befreundet - später haben sich ihre<br />
Wege getrennt - war Anna Vorwerk. Sie hat 1866 im Schloß einen Kindergarten<br />
- das Wort ist eine Sdlöpfung Fröbels - gegründet, aus dem sidl hernadl eine höhere<br />
Mädcllensdlule und ein Lehrerinnenseminar entwickelt hat 78). Der <strong>Bibliothek</strong>sdirektor<br />
und Historiker Otto von Heinemann hat hier zeitweilig das Facll Geschidlte<br />
unterrichtet. Er ist es aucll, dem der heutige <strong>Bibliothek</strong>sbau zu verdanken ist, der von<br />
1882 bis 1886 nacll den Plänen von Kar! Müller und Gustav Bohnsack ausgeführt<br />
wurde 79). Die alte Bibliotheca Augusta, jener Korbsdle Rundbau, in dem Lessing<br />
gearbeitet hat, ist 1887 abgebrocllen worden. Sie hatte zuletzt ihre unteren Räume<br />
als Stallungen für Kavalleriepferde hergeben müssen.<br />
Die Reihe der Kulturbauten in Wolfenbüttel wird nacll der Jahrhundertwende<br />
mit dem Theaterneubau fortgesetzt, nachdem das 1835 von Kar! Theodor Ottmer im<br />
Sdlloß eingerichtete Theater aus feuerpolizeilichen Gründen 1904 hatte geschlossen<br />
werden müssen. Der 1909 fertiggestellte Neubau bekam im Jahre 1929 den Namen<br />
"Lessingtheater" 80). Diese rege Bautätigkeit ist aus doppeltem Grunde bemerkenswert.<br />
Zum einen verfügte die Stadtverwaltung über eine nur unvollkommene Organisation<br />
der Bauplanung. Ein eigenes Stadtbauamt ist erst 1908 eingerichtet worden.<br />
Zum andern kam es zwischen 1902 und 1911 beinahe Jahr um Jahr zu kleineren<br />
Streiks bei Wolfenbütteler Handwerksbetrieben. Gleidlwohl sdleint deren Leistungsfähigkeit<br />
davon nidlt ernsthaft beeinträdltigt worden zu sein 81).<br />
Die Gesdlicllte Wolfenbüttels im Ersten Weltkrieg untersdleidet sidl kaum von<br />
der vergleidlbarer Städte in dieser Zeit. Nocll kurz vor Kriegsausbrucll hielt am<br />
7. März 1914 vor dem "Socialdemocratisdlen Arbeiterverein" der Redltsanwalt Dr.<br />
Heinricll Jasper, der spätere braunsdlweigisdle Ministerpräsident, einen Vortrag zum<br />
Thema" Was dem werktätigen Volk nottut". Wenig später, am 14. Mai 1914, erlebte<br />
die Stadt zum letzten Mal in ihrer Gescllichte den Glanz der Krone. Das Herzogspaar<br />
Ernst August und Viktoria Luise hielt Einzug in Wolfenbüttel. Alsbald<br />
aber forderte der Krieg seine Opfer aucll von der Okerstadt. Drei Jugendkompanien<br />
sind 1915 aufgestellt worden. Ihre Führer waren der Oberlehrer Wille, der Bankier<br />
78) I. 0 h I er ich. Anna Vorwerk (1839-19°0). in: Niedersächsische Lebensbilder,<br />
Bd.8, hrsg. v. E. KaI t hof f, 1973. S.167-197.<br />
71) H. M. er ass, <strong>Bibliothek</strong>sbauten des 19· Jahrhunderts in Deutschland. Kunsthistorische<br />
und architektonische Materialien, 1976, S. 46 H.<br />
80) W. Wes sei, Wolfenbüttel. Gestern - heute - morgen, in: K ö ni g (wie Anm.<br />
8), S. 179-100, hier S. 184 f.<br />
81) StA 34 N Fb.4 Nr. 171. Es wurden bestreikt: 1901 3 Zimmereibetriebe und 3 Baugeschäfte;<br />
1903 1 Maurerbetrieb; 1904 1 Metallwarenfabrik; 1906 9 Malerbetriebe und 7<br />
Maurerbetriebe sowie 1 Steinsetzerbetriebe; 1907 1 Maurerbetrieb; 1908 1 Dachdeckerbetriebe;<br />
1910 1 Maschinenfabrik; 1911 1 Zuckerwarenfabrik; 19U IZigarrenfabrik.<br />
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Seeliger und der Konsistorialpräsident Sievers 82). Zugleich hinterließ die Rohstoffknappheit<br />
des Reiches ihre Spuren. Beim Kaufmann Ernst Hagemann in der Karrenführcrstraße<br />
richtete man 1916 die Sammelstelle für Zinngegenstände (Bierkrugdeckel)<br />
ein, bei der im Verlaufe dieses Jahres 75 Bierkruge von den Einwohnern abgeliefert<br />
wurden. Die Prüfung des Kunstwertes dieser Bierkrugdeckel oblag dem<br />
Direktor des herzoglichen Museums in <strong>Braunschweig</strong>, dem rühmlich bekannten Geheimen<br />
Hofrat Prof. Dr. Paul Jonas Meier 83).<br />
Wie andernorts, so haben auch in Wolfenbüttel mittelständische Betriebe Lieferungen<br />
für den Heeresbedarf während der Kriegszeit geleistet. Dies gilt - um nur<br />
drei Namen 7.U nennen - für die Planen- und Zeltefabrik Jäger und die Möbeltischlerei<br />
Knust. Diese, die früher u. a. den herzoglichen Hof mit exquisitem Mobiliar ausstattete,<br />
hat - anfänglich gemeinsam mit der Landmaschinenfabrik Welger - Sanitäts-,<br />
Proviant- und Munitionsfahrzeuge gebaut 84).<br />
Noch während der Kriegszeit ist es zur entscheidenden Veränderung in der Stadtverfassung<br />
gekommen. An die Stelle des vom Herzog eingesetzten und vom Staat besoldeten<br />
obersten städtischen Beamten, des Stadtdirektors, trat 1917 ein von der<br />
Stadtverordnetenversammlung gewählter Magistratsvorsteher. Die Wahl fand am<br />
I. April 1917 statt. Die Entscheidung fiel einstimmig auf den Rechtsanwalt und Notar<br />
Paul Eyferth, dem am 18. April 1917 Herzog Ernst August den Titel eines Bürgermeisters<br />
verlieh 85). Mit seiner Wahl bekam Wolfenbüttel seit dem Ende seiner alt<br />
'braunschweigischen Zeit zum ersten Mal wieder einen Bürgermeister. - In Verhandlungen<br />
mit dem Finanzkollegium ist es Eyferth gelungen, das Schloß, dessen nördlicher<br />
Mittelbau 1918 völlig ausbrannte, im Jahre 1919 zur Nutzung auf 99 Jahre für<br />
die Stadt zu erwerben. Im gleichen Jahr gelang es ihm, die beiden Rittergüter Linden<br />
und Neindorf für Wolfenbüttel zu kaufen. Sie sind bis 1929 bewirtschaftet und hernach<br />
verpachtet worden. 1924 konnten 336 ha Land von den Gemeinden Atzum,<br />
Ahlum, Wendessen und Linden erworben werden. Damit bekam die Stadt jetzt erst<br />
das, was ihr von Beginn an gefehlt hat, nämlich eine eigene Feldmark, die den nötigen<br />
Raum zur Ausdehnung bot 86).<br />
Paul Eyferth ist 1933 nach einem segensreichen Wirken von den Nationalsozialisten<br />
abgesetzt worden, pensioniert im Interesse des Dienstes, wie es hieß. Sein Nachfolger<br />
wurde Bürgermeister Fritz Ramien. Unter seiner Führung bemühte sich die<br />
Stadt um die Ansiedlung neu geschaffener Verwaltungsstellen des Dritten Reiches.<br />
Wolfenbüttel strebte danach, Sitz des Reichsnährstandes zu werden. Es blieb aber<br />
gegenüber dem konkurrierenden Goslar, das diesen Wettstreit 1934 für sich ent-<br />
82) Zum Vortrag von H. Jasper StA 34 N Fb.4 Nr. 340; zu den Jugendkompanien StA<br />
Il7 Neu I, vorI. Nr.468 ..<br />
83) StA Il7 Neu I, vorI. Nr. 506.<br />
84) (W. K n u s t sen.) Gesdlidlte eines alten Gewerbebetriebes, Wolfenbüttel 1945,<br />
S.17·<br />
85) StA Il A Neu Fb.13 Nr.s642; vgI. P. E y f e r t h, Erzähltes und Erlebtes aus<br />
WolfenbütteI in den letzten hundert Jahren, 1955, S. 9 f.<br />
86) Zur Nutzung des Sdllosses und zum Kauf der Rittergüter s. E y f e r t h (wie Anm.<br />
85), S. 15; W. Wes sei (wie Anm.80), S. 185 f.<br />
66<br />
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scheiden konnte, unterlegen 87). Von besonderer Bedeutung erwies sich in den Folgejahren<br />
die Gründung der Hüttenwerke in Salzgitter. Wolfenbüttel geriet damit in<br />
den Einzugsbereidt der Großindustrie, was sich in einem sprunghaften Anstieg der<br />
Einwohnerzahl bemerkbar machte. Die Stadtbevölkerung ist von 1935 bis 1939 um<br />
5000 Einwohner auf 14800 Personen angewadtsen. Die nahegelegene Industrie<br />
machte eine neue Verkehrsplanung erforderlidt, die im imposanten Neubau eines<br />
Bahnhofs beim heutigen Schwimmbad gipfeln sollte. Indessen ist es dazu nidtt mehr<br />
gekommen. Wohl aber erlebte die Stadt 1939 noch einen sdtweren Eingriff in ihre<br />
alte Bausubstanz. Es war der Durchbrudt der Langen Straße, der ehemaligen Reichsstraße<br />
4, die als Zubringer zum Bahnhof bis zum Nordausgang von Haldtter führen<br />
sollte. Die wichtigsten Straßenbau- und Brückenarbeiten sind 1941 bis in Höhe des<br />
Lessingtheaters fertiggesteIlt worden und kamen dann infolge des Krieges zum<br />
Erliegen 88). Widttiger waren jetzt Schutzbauten für die Zivilbevölkerung geworden.<br />
Auf dem Schützenplatz in der Auguststadt ging man an die Aushebung von Dekkungs-<br />
und Splittersdtutzgräben. Im ehemaligen Eiskeller in der Marktstraße 1-3<br />
wurden Luftschutzräume eingerichtet. Dem gleidten Zweck dienten auch die Kellergewölbe<br />
des Archivs, des ehemaligen Kanzleigebäudes in der Kanzleistraße 89). Der<br />
Ratsbeschluß zu diesen Maßnahmen stammt vom 9. April 1940. Unter solchen Vorzeichen<br />
schritt die Stadt wenige Tage später am 13. April zum großen Festakt ihrer<br />
400-Jahr-Feier.<br />
Den Wirkungen des Nationalsozialismus ist Wolfenbüttel nidtt minder ausgesetzt<br />
gewesen als andere Städte. Als 1942 der Bürgermeister der Beigeordnetenversammlung<br />
den Erwerb des jüdischen Friedhofs für die Stadt mitteilte, da hat man<br />
beiläufig die Verwertung der Grabdenkmäler als Schrottmaterial erörtert .•• 90).<br />
Am 18. Juli 1944 endete durch Selbstmord Werner Schrader. In den Händen des<br />
Oberstleutnants Schrader befand sich zeitweilig der Sprengstoff, mit dem am zoo Juli<br />
1944 IIider getötet werden sollte. Schrader ist im Zivilberuf Oberlehrer in Wolfenbüttel<br />
gewesen 91).<br />
Am II. April 1945 zogen amerikanische Truppen in die einstige herzoglidte Residenz.<br />
Der Krieg, der keinerlei nennenswerte Zerstörungen gebradtt hatte 92), war<br />
damit für die mit Flüdttlingen vollgestopfte Stadt zu Ende gegangen. Der Integration<br />
von 10000 Flüchtlingen und der Beschaffung von dringend benötigtem Wohnraum<br />
galt die größte Sorge des von den Siegern auf Vorschlag des dazu befragten Paul<br />
87) StA 19 B vorI. 1014.<br />
88) Wes sei (wie Anm. 80), S. 187.<br />
88) StA 34 N Zg. IOh977 vorI. Nr. 88. Später sind im Bereich der Weißen Schanze noch<br />
Panzergräben ausgehoben worden. Ihre letzten Spuren hat man 1951 beseitigt: StA K<br />
IZ9s6.<br />
80) StA 34 N Zg. IOh977 vor!. Nr. 88.<br />
81) E. A. R 0 I 0 f f, Bürgertum und Nationalsozialismus 1930-1933. <strong>Braunschweig</strong>s<br />
Weg ins Dritte Reich, 1961, S.7.<br />
82) Die Kriegsschäden beschränkten sich auf zwei Bombentreffer vom 14. Jan. 1944. Sie<br />
trafen das Gesundheitsamt im Kalten Tal und die Große Schule am Rosenwall: StA u A<br />
Neu Fb. 13 Nr. 45149 und 45164.<br />
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Eyferth eingesetzten neuen Verwaltungschcfs Willy Mull (1945 Bürgermeister, ab<br />
1946 Stadtdirektor, gest. 1975). Die in der Stadt ansässigen Betriebe vermochten diesen<br />
Menschenstrom nur in sehr beschränktem Maße aufzunehmen. Die Metallwerke,<br />
die während der Kriegszeit u. a. Patronenhülsen produziert hatten, wurden 1946<br />
demontiert 98). Immerhin arbeiteten aber noch vier Konservenfabriken und :z 1 Industriebetriebe.<br />
Die Zahl der selbständigen Handwerksunternehmen betrug 1946<br />
113 94 ).<br />
Der Wohnraumnot konnte erst wirksam begegnet werden, als von 1950 bis 1963<br />
an der Weißen Schanze eine Siedlungs fläche von 77 ha Land von den Gemeinden<br />
Fümmelse, Groß Stöckheim und Halchter erworben wurde 95). Der Verbundenheit<br />
mit ihren Flüchtlingen gab die Stadt mit der 1951 übernommenen Patenschaft für<br />
den schlesischen Kreis Landeshut Ausdruck.<br />
Die 1941 abgebrochenen Arbeiten an der Ortsdurchfahrt der ehemaligen Reichsstraße<br />
4 sind 1952 wieder aufgenommen worden. Auf den seinerzeit geplanten<br />
Bahnhofsneubau hat man freilich verzichtet. Wolfenbüttel hat sich seither ständig<br />
vergrößert. Die Einwohnerzahl wuchs von 36000 im Jahre 1950 auf 54000 im<br />
Jahre 1974. Durch das Eingemeindungsgesetz vom I. März 1974 erreicht dle Stadt<br />
mit nunmehr 78 Quadratkilometern Fläche die größte Ausdehnung ihrer bisherigen<br />
Geschichte 96). Das wirtschaftliche Leben wird bestimmt durch drei Großbetriebe<br />
der Spirituosenfabrikation, der chemischen Industrie und des Landmaschinenbaus sowie<br />
durch einen regen Einzelhandel. Die einst blühende Konservenindustrie ist jedoch<br />
stark zurückgegangen. Von den vier Konservenfabriken des Jahres 1946 besteht<br />
lediglich noch eine in Wolfenbüttel. Dieser Entwicklung entspricht ein Rückgang<br />
der Wolfenbütteler Garten- und Gemüseanbaubetriebe von 100 im Jahre 1951 auf<br />
gegenwärtig etwa 50.<br />
WoIfenbütteI hat sich heute zu einer beliebten Wohnstadt für die in Salzgitter<br />
und <strong>Braunschweig</strong> Beschäftigten entwickelt, wozu das ausgeprägte kulturelle Leben<br />
besondere Anreize geboten haben dürfte. Bereits 1946 ist es zur Gründung eines<br />
Kulturbundes und einer Volkshochschule gekommen. Theateraufführungen haben im<br />
Winter 1946/47 wieder eingesetzt und zunächst im Schloß stattgefunden, da das<br />
Lessingtheater von Engländern besetzt war. In jenen Jahren verlor das Kulturleben<br />
der Stadt einen seiner bedeutendsten Träger, der im Grunde wie ein Fossil aus herzoglicher<br />
Zeit noch in die grauen Nachkriegsjahre hinüberragte. 1951 schloß Ferdinand<br />
Saffe (geb. 1867) für immer die Augen. Er war herzoglich-braunschweigischer<br />
Musikdirektor und Organist an der Hauptkirche BMV, Musikhistoriker und Komponist<br />
von Orgel-, Kammer- und Chormusik und obendrein noch ein begabter Maler.<br />
U3) W. T r e u e. Die Demontagepolitik der Westmädlte nam dem zweiten Weltkrieg,<br />
1967. S. 104.<br />
94) Die Zahlenangaben aus StA 95 N 83.<br />
95) Wes seI (wie Anm.80), S. 190 f.<br />
96) Eingemeindet wurden die Dörfer Adersheim, Ahlum, Fümmelse, Atzum, Groß<br />
Stöddleim, Halmter, Leinde, Linden, Salzdahlum und Wendessen.<br />
68<br />
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1955 ist das Niedersächsische Staatsarchiv aus dem Kanzleigebäude, das seit 1913<br />
ausschließlich als Archiv gedient hat, in seinen Neubau am Forstweg umgezogen. Im<br />
gleichen Jahr begannen die Renovierungsarbeiten am Schloß. Am 12. April 1957<br />
konnten zwölf historische Schloßräume als Abteilung des Heimatmuseums der Öffentlichkeit<br />
übergeben werden. Zum Bilde Wolfenbüttels als einer Kulturstadt, als der<br />
Stadt, in der 1609 mit dem "Aviso" die älteste periodisch gedruckte Zeitung Deutschlands<br />
erschien 97), gehören ebenfalls die fünf hier ansässigen Verlage. Einen einzigartigen<br />
Anziehungspunkt bietet jedoch die Herzog August <strong>Bibliothek</strong>. Unter ihrem<br />
damaligen Direktor Erhart Kästner ist von 1962 bis 1971 das Innere des Gebäudes<br />
von F. W. Kraemer umgestaltet worden. Die <strong>Bibliothek</strong> ist heute Zentrum der vielfältigen<br />
wissenschaftlichen Aktivitäten, die Wolfenbüttcls Namen in die Welt hinaustragen.<br />
Von ihr gehen entscheidende Initiativen zur Erhaltung der alten Stadt aus -<br />
zuletzt sichtbar an der Wiedereröffnung des vollkommen restaurierten Lessinghauses<br />
im Jahr 1978 und an den langwierigen Renovierungsarbeiten am Zeughaus,<br />
das zu einer wissenschaftlichen Arbeitsbibliothek ausgebaut wird. Gemeinsam bemühen<br />
sich die <strong>Bibliothek</strong>, das Archiv und die Museen, die reiche Vergangenheit<br />
Wolfenbüttels wieder freizulegen und Einheimischen und Fremden den Blick für die<br />
Schätze der Geschichte dieser Stadt zu schärfen.<br />
97) 'V. Ha r t man n, Wolfenbüttel als Druckort des Aviso von 1609. der ältesten<br />
periodisch gedruckten Zeitung. Nieders. Jahrb. f. Landesgeschichte 31, 1959, S.I75-187;<br />
W. Ach i I I es. Anmerkungen zum Titelholzschnitt des "Aviso" von 16Il. ebenda 41/41,<br />
1969/70, S. 192-196.<br />
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Eine Wanddekoration aus dem Rokoko in einem<br />
W olfenbütteler Bürgerhaus<br />
Von<br />
Wolfgang Kelsch<br />
In dem Haus Reichsstraße 3 (früher "Reichenstraße") in Wolfenbüttel, einem<br />
für die Stadt typischen Hofbeamtenhaus des 17. Jahrhunderts, befindet sich in einem<br />
Eckzimmer des Oberstocks eine alle Zimmerwände ausfüllende Wanddekoration, die<br />
früher in, heute nicht mehr vorhandene, geschnitzte Rahmenleisten eingefaßt war 1).<br />
Es handelt sich um eine Panoramadekoration mit der Darstellung eines intimen Gartenfestes<br />
im Stil des Rokoko mit den für diese Zeit charakteristischen Motiven des<br />
galanten Zeitalters. Man schaut in eine offene, im englischen Stil gestaltete Parklandschaft,<br />
die mit Menschengruppen und Tieren belebt ist und in eine weite Seen- und<br />
Berglandschaft ausläuft. Auf den Grasflächen im Vordergrund spielen Hunde, und<br />
in dem Gartenpark lustwandeln vor einem Jagdschlößchen im französischen Geschmack<br />
des 18. Jahrhunderts gekleidete Paare (Abb. I). Die rechte Wand zeigt -<br />
leider durch eine Tür zerschnitten - den Ansatz eines GartenpaviIIons mit einer<br />
steinernen Balustrade und Marrnorbüste. Ein elegant gekleideter Kavalier in knielangem<br />
Rock, kurzem Beinkleid und Kniestrümpfen, mit Spitzenjabot und reichen<br />
Ärmelmanschetten überreicht in geziertem Tanzschritt einer Dame mit gerafften<br />
Reifrock und einem, mit Blumenstrüußchen geschmückten, breiten Gärtnerhut ein<br />
Blumengebinde. Ein dekorativer Rosenstrauch leitet als duftiges Rankenornament zu<br />
einem weiteren Paar über. Auch hier erhält die Dame mit spitzgeschnürter Taille und<br />
blumenbesetzten, mit Rüschen und Spitzen besetzten Reifrock und einem koketten<br />
Häubchen von ihrem Kavalier Blumen (Abb. 1). Im Hintergrund weitet sich der<br />
Park vor einem Wald in eine liebliche Landschaft mit einem Schwanensee und einem<br />
Aufweg, der zu einem Wachturm auf einer Felsklippe führt (Abb. 3).<br />
Eine besonders festliche Szene wird auf der dritten Wand dargestellt. Vor der<br />
Kulisse einer Baumgruppe musiziert eine Lautenspielerin mit einem fast antik wirkenden<br />
Kopfputz und enggeschnürter Taille mit einem flöteblasenden Knaben, während<br />
ein Sängerduo in der Mitte - die Dame ebenfalls in einem Reifrock mit kostbaren<br />
Stickereien, der Kavalier mit einem pompösen Hut - in Schauspielerpose<br />
agieren. Ein kleines, pausbackiges Mädchen, eng und spitz geschnürt in Kinderkleidern,<br />
die den der Erwachsenen nachgebildet sind, tanzt, wobei sie den Schleier ihres<br />
1) Me i er, Paul Jonas: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Wolfenbüttel. In:<br />
Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> III. Band, I. Abteilung.<br />
Wolfenbüttel 1904, Seite 198.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
7 1
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Reifrockes geziert rafft. Ein Notenbuch liegt, vom Winde aufgeschlagen, auf dem<br />
Erdboden. Im Hintergrund erkennt man in verschwimmenden Farben einen weiteren<br />
Schwanensee vor einer hochragenden Felsklippe und einem Bauernhaus (Abb.4).<br />
Die schmalen Wandflächen des unregelmäßig geschnittenen Zimmers sind mit<br />
dekorativen Blumenornamenten ausgefüllt, von denen ein prächtiges Blumengebinde<br />
über der Eingangstür besonders auffällt. Die linke Schmalseite neben der Tür zeigt<br />
ein aus hohen Kelchgläsern trinkendes Paar - die Dame mit hochtoupierter Frisur<br />
hält geziert die Korbflasche zum Einschenken bereit -, während ein kleiner Diener<br />
mit Spitzenkragen ein Tablett mit Süßigkeiten offeriert (Abb. 5).<br />
Die, vornehmlich in dunklen Farbtönen gehaltene, Fete galante könnte den liebenswürdigen<br />
Parkbildern und Sdläferszenen der französischen Meister des galanten<br />
Genres nachempfunden sein, von Nieolas Laneret (1690-1743> etwa oder dem<br />
Watteau-Schüler Jean Baptiste Franeois Pater (1695-1736), auch wenn sie weder<br />
in der Ausführung, der Leuchtkraft der Farben oder der dekorativen Meisterschaft<br />
die Eleganz .ihrer Vorbilder auch nur annähernd erreicht. Es handelt sich um ein<br />
künstlerisch mittelmäßiges Werk eines handwerklich tüchtigen Malers, der im Stil<br />
seiner Zeit das erotische Flair der ihm sicher bekannten französischen Gartenbilder<br />
nachzuahmen versucht. Die etwas ungeschickt gezierten Bewegungen und die pausbäckigen<br />
Gesichter der Kavaliere mit ihren Damen gehören nicht in die Parkanlagen<br />
um Paris oder der Loircschlösscr, sondern sind in das norddeutsch-biedere Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong> transponiert, und die höfischen französischen Herren des aneien<br />
regime geben sich hier als Angehörige des niederdeutschen Landadels, die in modischer<br />
Naturschwärmerei galante französische Schäferfeste nachahmen.<br />
Wenn P. J. Meier in seinen Bau- und Kunstdenkmälern der Stadt Wolfenbüttei 2)<br />
die Wandbekleidung als "ganz mäßige, schlecht erhaltene Leinwandbilder u charakterisiert,<br />
so mag dies darauf zurückzuführen sein, daß er die Bilder um die Jahrhundertwende<br />
in einem stark nachgedunkelten, kaum erkennbaren, verwahrlosten Zustande<br />
gesehen hat, während sie sich heute - nach einer fachmännisch durchgeführten,<br />
sorgfältigen Restaurierung - als Rokokowandbilder von gutem und solidem<br />
handwerklichen Können präsentieren und als solche für den Raum Wolfenbüttel<br />
<strong>Braunschweig</strong> sehenswert sind. Künstlerische Vergleiche mit ihren grazilen französischen<br />
Vorbildern sind hier nicht am Platz S).<br />
Tapeten oder textile Wandbekleidungen aller Art aus Leder, Seide, Damast oder<br />
Brokat sind für die Entwicklung der Wohnraumkultur seit der Renaissance wichtig,<br />
sie waren seit etwa 17°0 Mode geworden, indem man gespannte Leinwand bemalte<br />
oder die neuen Papiertapeten verwendete. Auch in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> hatte sich<br />
diese Neuerung durchgesetzt und zur Gründung einer Tapetenfabrik durch den<br />
Hofmaler J. v. Span geführt 4).<br />
!) Me i er, Paul Jonas: ebda. Seite 198.<br />
3) Dies gilt gleichennaßen für die Deckengemälde im Venussaal des Wolfenbütteler<br />
Sdtlosses, die 1977 aus dem Herrenhaus von Groß-Sdtwülper nadt Wolfenbüttel gebradtt<br />
wurden. Ein Vergleidt mit den das gleidte Thema behandelnden Fresken der Villa Famesina<br />
in Rom wäre abwegig.<br />
4) F u h se, F.: Gemalte Tapeten in: Braunsdtweig. Magazin, 16. Band. 1910, Seite 14.<br />
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Abb. J Parklandschaft mit Jagdschlößchen und spielenden H\.Il1den<br />
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Abb. 2 Zwei Paare in modischer Rokokotracht vor einer Gartenbalustrade<br />
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Abb.3 Parldandschaft mit See und einer Fcl sk lippc ,<br />
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Ahh. + Lautenspielerin, Sänger, flöteblasender Knabe, tanzendes Mädchen<br />
in einer Parklandschaft<br />
Ahh.5 Weintrinkendes Pa'lr mit Diener<br />
Sämtliche Fotos stammen von \Volfgang Lange, Wolf enbüttel, Campestraße 39 a.<br />
Wegen der stark nachgcdunkelten Farbtönung der Wandbespannung (Braun-Schwarz<br />
Tönung) sind Fotos nur unvollkommen anzufertigen.<br />
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Diese Mode mag auch den Besitzer des Hauses Reichsstraße 3 veranlaßt haben,<br />
einen Eckraum seines prächtigen Renaissanee-Fachwerkhauses, das um 1600 als repräsentatives<br />
Hofbeamtenhaus entstanden war, mit bemalten Wandbespannungen<br />
auszusdImürnen. Der Einbau dieser Dekorationen, die dem unregelmäßig geschnittenen<br />
Zimmer im Oberstock durchaus angepaßt sind, läßt auf eine eigens für diese<br />
Wohnung angefertigte modische VersdIönerung eines Wohnraumes schließen 5).<br />
Die Meinung, daß diese Ausstattung aus dem Abbruch des Salzdahlumer Schlosses<br />
im Jahre 1811/13 stamme, beruht auf einer unbewiesenen überlieferung.<br />
Auch die GesdIichte des Hauses läßt vermuten, daß es sich um eine für dieses<br />
Zimmer angefertigte Wandverkleidung handelte, die von einem einheimisdIen Maler<br />
angefertigt wurde. Das Haus gehörte in den Jahren des SdIloßabbruchs in Salzdahlum<br />
dem kaiserlichen Feldmarschall-Leutnant von Blum, der in Wien lebte und<br />
das Haus von seinem Vater, dem braunschweigischen Geheimrat von Blum geerbt<br />
hatte. Von Blum hatte bestimmt kein Interesse für die übernahme einer Wandverkleidung,<br />
denn er verkaufte das Haus im Jahre 18 19 an die Familie von Strombeck.<br />
Wer war der Maler der Wandbekleidung? Am unteren Rande der Dekoration läßt<br />
sich, zwar undeutlich, doch noch leserlich entziffern: Piecard feeit. Bei der Feststellung<br />
dieses Namens stößt man auf eine in <strong>Braunschweig</strong> und Wolfenbüttel ansässige<br />
Malerfamilie, die im 18. Jahrhundert über drei Generationen lang als Blumenmaler<br />
tätig war 6). Ein Johann Georg Pickhardt (Piceard, Piccart, Picker) war als Blumenmaler<br />
in Wolfenbüttel ansässig geworden. Von ihm ist das Heiratsdatum 1693 und<br />
sein Sterbejahr 1718 bekannt. Sein Sohn Heinrich Christoph Pickhardt war 1699<br />
geboren, wurde im Jahre 1718 - nach dem Tode seines Vaters - Hofmaler, heiratete<br />
1731, erhielt 1733 Bürgerrechte und starb 1767 im Alter von 68 Jahren. Eine verwandtschaftliche<br />
Beziehung zu der in Frankreich zur gleichen Zeit tätigen bekannten<br />
Maler- und Kupferstecherfamilie Piceard (Picard) läßt sich nicht nachweisen. Im<br />
Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttcl fanden sich noch drei Schriftstücke über<br />
Gehaltszahlungen nach dem Tode von Johann Georg Pickhardt im Jahre 1718:<br />
I. Am 7.. April 1718 wird durch herzoglichen Erlaß dem Maler Heinrich Christoph<br />
Pickhardt die Zahlung eines Gnadenquartals aufgrund des Todes seines Vaters<br />
besdIeinigt.<br />
1. Am 17. Dezember 1718 bittet HeinridI Christoph Pickhardt in einem Gesuch den<br />
Herzog August Wilhclm um Gewährung des Gehalts, das seinem Vater zugebilligt<br />
war.<br />
3. Am 17. November 1730 besdIeinigt Heinrich Christoph Pickhardt durch eigenhändige<br />
Unterschrift dem Herzog August Wilhelm den Erhalt eines ihm bewilligten<br />
Gehalts 7).<br />
6) Die Annahme, daß die Wandbilder aus dem Schloß Salzdahlum stammen, wird auch<br />
von P. J. M eie r: Bau- und Kunstdenkmäler, Bd. IH, Seite 198, bezweifelt.<br />
8) T h i e m e - B eck er: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler ... 37 Bde.,<br />
19°7-195°: Pickhardt (bearbeitet von P. J. Me i e r mit Angabe des wichtigsten Schrifttums).<br />
7) Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel 4 Alt 19 vor!. Nr. 3845.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
I<br />
73
Ober den Maler der Wanddekoration im Hause ReidlSStraße 3 wurden bei der<br />
Zuweisung innerhalb der Pirnhardt-Familie unterschiedliche Feststellungen getroffen:<br />
Paul Jonas Meier las an der verdunkelten Wandverkleidung "Piccart j" = Piccart<br />
Junior und schloß, von Heinrich Christoph Pirnhardt ausgehend, auf den Sohn Johann<br />
Heinrich (1744-1813) als den Maler 8).<br />
Friedrich Thöne bezeichnete dagegen - nach sorgfältiger archivalischer überprüfung<br />
- in dem Quellenverzeichnis seines Buches" Wolfenbüttel- Geist und Glanz<br />
einer alten Residenz" den Vater Heinrich Christoph Pirnhardt (1699-1767) als den<br />
Schöpfer der Wandverkleidung 9). Im Widerspruch zu diesen Angaben gibt er jedoch<br />
im Textteil seines Werkes einen Heinrich Christi an Pickhardt (1715-175°) als den<br />
Maler an, der ,,1718 als Nachfolger seines Vaters Johann Georg (?) Pirnhardt (1693-<br />
1718) Hofmaler wurde" 10). Der Irrtum Thönes läßt sich nur damit erklären, daß<br />
der exakte Quellenteil im Anhang bei der späteren Textkonzeption nicht richtig übernommen<br />
wurde.<br />
Die Lösung bei der Suche nach dem richtigen Pickhardt bringt meines Erachtens<br />
der Rürngriff auf die älteste vorhandene Quelle. In Kar! Heinrich von Heinernens<br />
"Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen" (11. Teil, Leipzig 1769) findet man<br />
folgende Angaben:<br />
"Ehe ich Wolfenbüttel verlasse, muss ich noch eines Blumenmahlers gedenken,<br />
von dessen Arbeit man dort artige Stürne sieht. Er hiess Piccart und ist erst voriges<br />
Jahr 1767 gestorben."<br />
In einer Anmerkung fügt Heinernen hinzu:<br />
"Heinrich Christoph Piccart, 1699, den I. Decr. zu grossen Salza geboren, erlernte<br />
die Bluhmenmalerei von seinem Vater, welchen er aber weit übertraf. Seine<br />
Stürnen sind indess nicht von gleicher Stärke, denn er musste ums Brod T a pet e n ,<br />
Wagen, Tisch und Bänke mahlen. Inzwischen hat er Stücke verfertigt, die ihm Ehre<br />
machen, und einer Rachel Ruysch 11) nahe kommen. Er war in Wolffenbüttel verheyratet,<br />
wo er auch gestorben, und zwei Töchter nebst einem Sohn hinterlassen,<br />
welcher letzterer ebenfalls ein Mahler ist" 12).<br />
Diese exakte Mitteilung Heinernens wird offensichtlich in Naglers Künstlerlexikon<br />
vorn Jahre 1841 übernommen. Hier heißt es:<br />
8) Me i er, Paul Jonas in: Bau- und Kunstdenkmäler, Band III, 1 Seite 198, sowie in<br />
T h 1 e m e - B eck e r (bearbeitet vom gleichen Verfasser).<br />
8) T h ö n e, Friedrich: Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten Residenz, München,<br />
1963, Seite 255 (Quellenverzeichnis).<br />
10) T h ö ne, Friedrich, ebda., Seite 141. Der offensichtliche Widerspruch zwischen den<br />
wissenschaftlichen Anmerkungen und dem Textteil bei Thöne ist darauf zurüdl:zuführen, daß<br />
Thöne das Heiratsdatum Johann Georg Pidl:hardts mit den Lebensdaten des Sohnes Heinrich<br />
Christoph verwechselt und aus diesem zudem noch einen .Heinrich Christi an Pidl:hardt"<br />
macht, der im Quellenverzeichnis mit seinen Lebensdaten 1715-1750 an keiner Stelle nachgewiesen<br />
wird.<br />
11) Ru y s eh, Rachel, 1664-175°, bekannte Blumenmalerin, s. a. T h i e m e - B eck er:<br />
Ruysch.<br />
12) He i n eck e n, Kar! Heinrich von: Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen,<br />
1. Teil, Leipzig 1769, Seite 22123.<br />
74<br />
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"Piccart, Heinrich Christoph, Maler von Salza, war der Sohn eines Blumenmalers,<br />
und er übte dasselbst die gleiche Kunst. Einige seiner Arbeiten sind schätzbar, andere<br />
sehr mittelmässig. Starb 1767 im 68. Jahr. Sein Sohn war ebenfalls Blumenmaler" 13).<br />
Unerfindlich bleibt, daß Heinecken in seiner Beschreibung Wolfenbüttels neben<br />
der eingehenden Schilderung der berühmten <strong>Bibliothek</strong>, bei der einige wichtige<br />
Schriften genau aufgeführt werden, und der bekannten Bildergalerie im Salzdahlumer<br />
Schloß als einzigen Repräsentanten der bildenden Kunst in Wolfenbüttel nur den das<br />
künstlerische Mittelmaß nicht überragenden Heinrich Christoph Pickhardt erwähnt.<br />
Vielleicht ist der Grund in dem 1753/54 erfolgten Abzug des herzoglichen Hofes nach<br />
<strong>Braunschweig</strong> zu suchen, der eine Verödung der einstigen Residenz zur Folge hatte.<br />
Für unseren Zusammenhang sind lediglich die exakten Angaben wertvoll, durch die<br />
eindeutig Heinrich Christoph Pickhardt (1699-1767) als der wohl bekannteste Maler<br />
innerhalb seiner Familie als Schöpfer der Wanddekorationen festgestellt ist, zumal<br />
ihn Heinecken neben seinem Metier als Blumenmaler ausdrücklich als Tapetenmaler<br />
bezeichnet.<br />
Eine stilkritische Überprüfung des modischen Dekors der Wandbilder bestätigt<br />
die getroffene Feststellung, denn die Kostüme der Gartengesellschaft weisen auf die<br />
Zeit um 1750 hin und dürften durch französische Moden dieser Zeit angeregt sein.<br />
Gewiß handelt es sich bei den Wandbespannungen nur um eine Nachgestaltung der<br />
Malerei einer galant-höfischen Zeit, aber in ihrer soliden handwerklichen Ausführung<br />
spiegeln sie noch etwas von dem Geist und Glanz eines prächtigen Hofbeamtenhauses<br />
in einer alten Residenz wider.<br />
13) N a gl e r s Künstlerlexikon, 184 I: Pid
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Das <strong>Braunschweig</strong>ische Criminalgesetzbuch von 1840<br />
Einiges aus der Entstehungsgeschichte<br />
Von<br />
Reinhard Heinemann<br />
Reform der Rechtspflege ist nicht nur ein Anliegen unserer Zeit. Humanisierung<br />
des Strafrechts, Beschleunigung aller Prozesse, mehr Rechte für Beschuldigte und Angeklagte<br />
und Humanisierung des Strafvollzuges werden gefordert und angestrebt.<br />
Doch nicht erst heute werden diese Forderungen laut, in früheren Zeiten schon gab<br />
es solche oder ähnliche Reformbestrebungen, es gibt sie im Grunde schon so lange,<br />
wie es Rechtspfl.ege überhaupt gibt. Wenn man weiß, daß manche Prozesse nicht<br />
nur jahrelang, sondern jahrzehntelang dauerten, kann man den Ruf nach Prozeßbeschleunigung<br />
in der Vergangenheit verstehen. Eine der ersten beachtlichen Reformen<br />
in der Rechtspflege ist in der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser KarIs V. zu<br />
sehen, die auf dem Reichstag zu Regensburg im Jahre 1533 angenommen worden ist.<br />
Sie trat jedoch nicht überall sofort in Kraft, im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> wurde sie<br />
erst durch die Anordnung Herzogs Heinrich des Jüngeren vom 14. April 1568 in<br />
Kraft gesetzt. Sie hatte noch im Jahre 1829 Gesetzeskraft in den braunschweigischen<br />
Landen, war durch einzelne Landesgesetze verschärft, jedoch kaum gemildert<br />
worden.<br />
Die Strafbestimmungen der Peinlichen Gerichtsordnung waren nicht nur hart,<br />
sondern auch barbarisch-grausam. Todesstrafe stand auf Hausdiebstahl, wenn der<br />
Wert des gestohlenen Gutes 10 Taler überstieg, und auf Diebstahl von Pferden. Als<br />
Todes-arten sah die Peinliche Gerichtsordnung vor: Das Vierteilen, das Verbrennen,<br />
das Rädern, das Lebendigbegraben, das Ertränken und das Enthaupten. Als Leibesstrafen<br />
konnte der Richter auf Abhauen einer Hand, auf Ausstechen der Augen, auf<br />
Abschneiden der Ohren sowie auf Auspeitschen mit Ruten erkennen.<br />
Die Peinliche Gerichtsordnung hatte übrigens auch Gutes geschaffen. In den<br />
Motiven zum Criminalgesetzbuch heißt es u. a.: "Die Peinlichen Gerichte waren<br />
meistens mit Personen besetzt, welche die Rechte nicht erlernt und in den Geschäften<br />
des Richters weder Erfahrung noch übung hatten. Von ihnen ward oftmals wider<br />
Recht und gute Vernunft gehandelt, und wurden entweder Unschuldige getötet und<br />
gepeinigt oder Schuldige durch unordentliche oder böswillige Verzögerung des Prozesses,<br />
der allgemeinen WohIf.ahrt zum großen Nachteil, der verdienten Strafe entzogen.<br />
Die stets wiederkehrenden Beschwerden über diesen jammervollen Zustand<br />
bei Kaiser und Reich hatten, nach langwierigen Verhandlungen, endlich .. , Erfolg"<br />
," Aus dem Landtagsabschied vom 7, I. 1647 mag folgendes noch zitiert sein:<br />
I<br />
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77
acht werden möge. Se. Durchlaucht werden in dieser Absicht auch den Rath und<br />
Gutachten getreuer Stände fordern, und in Gnaden erkennen, wenn ein oder anderer<br />
Magist!1at oder einzelne Glieder desselben brauchbare Entwürfe zu einem ganzen<br />
Landesrecht, oder auch nur zu einigen dahingehörigen Materien einschicken<br />
werden" 7).<br />
Die Bestrebungen, für das Land <strong>Braunschweig</strong> ein einheitliches Landesgesetzbuch<br />
"in der Landessprache" zu schaffen, führten nicht zum Ziel. Das Strafrecht war, da<br />
die Peinlidle Gerimtsordnung zwar formell nom in Kraft war, aber in aller Regel<br />
hinsidltlim der Strafzumessung nimt mehr angewendet wurde, am meisten und am<br />
dringendsten reformbedürftig. Dom Reformen zu dieser Materie ließen auf sim<br />
warten, wahrscheinlim zum Teil mitbedingt durch die Eingliederung des Landes<br />
<strong>Braunschweig</strong> in das Königreim Westphalen während der Napoleonischen Zeit.<br />
Ernstlich in Angriff genommen wurde die Reform des Strafrechts erst im Jahre<br />
1828. Das Ministerium in Braunsmweig ernannte unter dem 30. September 8) eine<br />
aus vier Mitgliedern bestehende Kommission, die einen Entwurf zu einem Strafgesetzbudl<br />
ausarbeiten und einreimen sollte. Zu Mitgliedern dieser Kommission wurden<br />
berufen: I) Hof- und Justizrat Dr. Fricke, 2) Oberappcllationsrat Günther, 3)<br />
Hofrat v. Schleinitz, 4) Stadtrat Dedekind. Den Vorsitz führte Dr. Fricke, iliren Sitz<br />
hatte sie in Wolfenbüttel.<br />
Zur Anfertigung eines Entwurfs bedurfte es der Herbeismaffung der notwendigen<br />
und erreichbaren Untedagen sowieilirer gründlimen Durmarbeitung. Es<br />
mußten dazu u. a. die in den deutschen Landen bereits erschienenen Strafgesetzbücher,<br />
aum die Entwürfe zu solmen, sorgfältig geprüft werden. Ferner mußte festgestellt<br />
werden, was Kritik und Remtslehre "über diesen wimtigen Gegenstand der<br />
Legislative" gesmrieben hatten. Am 10. Oktober 1828 teilte Dr. Fricke seine diesbezüglichen<br />
Wünsche dem Ministerium mit und bat gleichzeitig, die Kosten für die<br />
Herbeismaffung dieser notwendigen Hilfsmittel, die er auf 50 bis 70 Taler veranschlagte,<br />
zu bewilligen und diese Kosten auf die Kasse der Staatskanzlei zu übernehmen.<br />
Sie wurden bewilligt, und es wurden "mehrere Bümer und Smriften" angesmafft,<br />
aber der erteilte Auftrag wurde nie ausgeführt. Schon im Mai 1833 wußte man offenbar<br />
nimt mehr, wieviele und welme Bümer und Schriften angesmafft waren. Unter<br />
dem Datum des 17. Mai 1833 erhielt Hofrat Fricke ein Schreiben aus dem Ministerium,<br />
in welmem er gebeten wurde, mitzuteilen, wie es mit den angeschafften Materialien<br />
stände. Dr. Fricke antwortete zunämst nimt. Eine persönlime Aussprache<br />
smeint dann später eine Klärung gebramt zu haben. Am 5. November 1835 richtete<br />
nämlich der Präsident des Landesgerimts in Wolfenbüttel, von Praun, eine Eingabe<br />
an das Staatsministerium, in welcher er bat, "die angesmafften Werke über das<br />
Strafrecht der <strong>Bibliothek</strong> des Landesgerichts zu überweisen, da der angegebene Zweck<br />
dieser Kommission nun gegenwärtig aufgegeben sein dürfte" 8). Die Bümer blieben<br />
7) K. S te i na c k er, Sammlung der größeren Organisations- und Verwaltungsgesetze<br />
des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>, Holzminden 1837. .<br />
80<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
8) Staatsarchiv Wolfenbüttel 11 A Neu Fb. z Nr.III 56 Bd. I.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
in der <strong>Bibliothek</strong> des Staatsministeriums, wohin sie in der Zwischenzeit gelangt sein<br />
müssen. Zur gleichen Zeit etwa, da die erwähnte Kommission eingesetzt war, die<br />
den Criminalgesetz-Entwurf ausarbeiten sollte, veröffentlichte der "Fürstl. Lippische<br />
Geheimrat, FürstI. Waldecksche, Lippische und Schaumburg-Lippische Oberappellationsrat,<br />
Mitglied des Engen Ausschusses der <strong>Braunschweig</strong>ischen Landschaft und<br />
Landessteuerrat" Friedrich Kar! von Strombeck einen eigenen Entwurf eines Strafgesetzbuches<br />
für ein Norddeutsches Staatsgebiet, namentlich für das Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong> und die Fürstentümer Waldeck, Pyrmont, Lippe und Schaumburg<br />
Lippe. Dieser Entwurf erschien 1829 im Verlag von Friedrich Vieweg in <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Er umfaßte 589 Artikel. Da der Verfasser Gegner der Todesstrafe war,<br />
fehlt in seinem Entwurf auch als Strafart die Todesstrafe im üblichen Sinne. Auch<br />
andere, damals noch übliche Strafarten fehlten in diesem Entwurf. Er möge sich<br />
"den Fürsten und den Bürgern zeigen ohne Schwert, ohne Schandbühne, ohne Brandmark<br />
und Geissel" (Seite XVI des Entwurfs). Obwohl Gegner der Todesstrafe mußte<br />
v. Strombeck als Richter im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> auf Todesstrafe erkennen,<br />
wenn das Gesetz es verlangte, "doch mit Widerwillen. Ich faßte Todesurteile ab und<br />
unterschrieb sie: aber mit welcher Empfindung!" (Seite XV seines Entwurfs).<br />
Natürlich fordert v. Strombeck für Mord eine "Todes-Strafe", jedoch nicht den<br />
physischen, sondern den "bürgerlichen" Tod, der Freiheitsentzug auf Lebenszeit bedeutete<br />
mit einigen erheblichen Nebenfolgen. Im Art. 16 seines Entwurfs wird ausgeführt:<br />
Erstreckt sich die Strafe des großen Karrens auf die ganze Dauer des Lebens,<br />
dann führt diese Strafe den bürgerlidten Tod herbei. Was verstand der Verfasser<br />
unter dieser" Todesart"? Dieses: Das Vermögen des Verurteilten fällt ab Rechtskraft<br />
an seine Erben, die jedodt - wenn das Vermögen dazu ausreichte - die Staatskasse<br />
für den Unterhalt des Verurteilten zu entschädigen verpflichtet sein sollten;<br />
der Verurteilte ist keines Besitzes und keines Erwerbes fähig, er kann nicht vor Gericht<br />
auftreten und kein Zeuge sein; er kann keine Ehe sdtließen und seine bestehende<br />
Ehe wird aufgelöst. Der Staat schützt ihn jedoch vor Beleidigungen, der Verurteilte<br />
genießt die Tröstungen der Religion und der Sta,at hat schließlich dafür zu<br />
sorgen, daß der Verurteilte gottesdienstlichen Handlungen beiwohnen kann. Im<br />
übrigen kennt der v. Strombecksche Entwurf zehn selbständige Strafen, nämlich<br />
I) die Strafe des großen Karrens, 2) die Strafe des kleinen Karrens, 3) die Zuchthaus-<br />
und Zwangsarbeitsstrafe, 4) die Landesverweisung, 5) die Dienstentsetzung,<br />
6) das Gefängnis, 7) die Dienstentlassung, 8) die Dienstsuspension, 9) den gerichtlichen<br />
Verweis, 10) die Geldstrafe. Die Strafe des großen Karrens bestand - nach<br />
dem Entwurf - in öffentlidter Arbeit in schweren Ketten, eine Strafe, die nicht unter<br />
fünf Jahren verhängt oder auf Lebenszeit erkannt werden sollte, die im letzteren<br />
Falle als Folge den "Bürgerlichen Tod" mit den oben geschilderten Folgen nach sich<br />
zog (Art. 15). Das Zuchthaus sollte nach Art. Z5 hauptsächlich für Frauen und<br />
schwächliche Männer bestimmt sein. Beide Institute, Zudtthaus und Zwangsarbeitsanstalt,<br />
sollten nach dem Willen des Verfassers als eine einheitlidte Anstalt mit z Abteilungen<br />
angesehen werden mit dem ausgesprochenen Zweck, die Sträflinge zu bessern<br />
und ihnen handwerkliches Können und dergl. beizubringen, damit sie nach der<br />
Entlassung ihren Unterhalt selbst verdienen konnten. Auch Strafkürzung bei guter<br />
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81
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,<br />
Führung war im Entwurf schon vorgesehen und dem Anstaltsdirektor war zur Pflicht<br />
gemacht, sich darum zu kümmern, daß ein entlassener Sträfling wieder Arbeit erhalte.<br />
Zur moralischen Besserung sollten die Strafgefangenen Rcligionsunterricht bekommen<br />
und zum regelmäßigen Besuche des Gottesdienstes in der Strafanstalt angehalten<br />
werden.<br />
Über die Verpflegung in der Anstalt war im Strombeckschen Entwurf Bestimmung<br />
getroffen. Die Arbeit der Gefangenen sollte zwar schwer, aber nicht übermäßig,<br />
und die Behandlung der Gefangenen sollte "liebreich" sein, um auch auf diese<br />
Weise moralische Besserung zu erreichen (Art. 25). Aus den Motiven zum Entwurf<br />
eines Criminal-Gesetzes, der 1839 dem Landtage zugeleitet wurde, sei hier schon<br />
vorweg genommen, was darin ausgeführt wurde: "Vorsorglich aber verhüte man,<br />
daß die Strafanstalten eine Art belustigender Unterhaltung seien."<br />
Die Hausordnung für die Landesstrafanstalten in Wolfenbütte1 und für das<br />
Kreisgcfängnis ebendort vom 29. April 1843 9) war denn auch entsprechend diesem<br />
Grundsatze abgefaßt. Der in die Anstalten Aufzunehmende sollte rein von Ungeziefer<br />
und mit angemessener Kleidung und mit 2 Hemden versehen sein, um die<br />
Wäsche "gehörig" wechseln zu können. Die Gefangenen waren nach Geschlechtern<br />
zu trennen, und es sollte eine Klasseneinteilung dergestalt stattfinden, daß u. a. die<br />
jugendlichen Verbrecher von den älteren und "verdorbeneren" gesondert werden<br />
sollten. Die gewöhnliche Beköstigung bestand aus 1 1 / t Pfund Roggenbrot (für die<br />
Frauen gab es nur 1 1 /, Pfund) und 1 1 / 2 "Quartier" 10) Gemüse täglich sowie 2 Loth<br />
Salz wöchentlich; die mit öffentlichen oder hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigten<br />
Sträflinge und die, welche Schuhmacher-, Schneider-, Tischler-, Lehmentiererund<br />
ähnliche Arbeiten verrichteten, abends eine Sonderverpflegung, die -in 1 1 / 4 Pfund<br />
"Quartier", einer breiartigen Mehl-, Brot- oder Kartoffelsuppe bestand.<br />
Die Gefangenen mußten auf einer Strohmatratze schlafen, die -auf einer Holzpritsche<br />
ausgebreitet wurde. Die Arbeitszeit begann im Sommerhalbjahr morgens<br />
um 5 Uhr und im Winterhalbjahr um 6 Uhr morgens. Jeweils eine halbe Stunde<br />
vor Arbeitsbeginn wurde aufgestanden, um 9 Uhr abends war die Zeit zum Schlafengehen.<br />
Frühstück gab es in der Zeit von 8 bis 8 1 /2 Uhr, das Mittagessen war von 12<br />
bis I Uhr vorgesehen, wobei eine halbe Stunde der Erholung galt. Die Abendmahlzeit<br />
wurde in der Zeit von 7 bis 7 1 / 2 Uhr eingenommen. Sträflinge, die nicht im<br />
Freien arbeiteten und auch nicht mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt waren,<br />
sollten in jeder Woche mehrere Male (mindestens aber amSonntagnachmittag) eine<br />
Stunde lang -auf dem "großen Hofe" unter Aufsicht spazieren gehen dürfen.<br />
Für bestimmte Beschäftigungsarten waren feste Arbeitsaufgaben zu erfüllen,<br />
so hatten z. B. Flachsspinnerinnen 13 bis 15 Gebinde, Wollspinner 8 bis 10 Gebinde<br />
und Handschuhnäherinnen 2 Paar je Tag zu liefern. Wer diesen Verpflichtungen<br />
nicht nachkam, mußte nach-arbeiten und hatte außerdem disciplinarische Strafen und<br />
9) Beg e, Repertorium der Verordnungs-Sammlung für die Herzoglich <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Lande V. Teil, 1846, Seite 15.<br />
10) Quartier war die Einheit der Flüssigkeit. Es faßte 1 Pfund destilliertes Wasser bei<br />
15 Grad Reaumur; 31 Loth waren I Pund, jedes Loth zu vier Quentchen. (Gesetz vorn<br />
3°.3. 1837)'<br />
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Zwangsmaßnahmen zu erwarten. Mehrarbeit wurde dagegen besonders belohnt.<br />
Die "Strafarbeiten" sollten an Sonn- und Feiertagen nicht geleistet werden. Am Vormittag<br />
solcher Tage hatten die Sträflinge den Gottesdienst im Betsaale der Anstalt<br />
zu besuchen und die übrige Zeit zum Lesen erlaubter Bücher, zu ihrer Reinigung und<br />
zur Ausbesserung ihrer Kleidungsstücke zu verwenden.<br />
Der Gefangeneninspektor hatte darauf zu achten, daß die Gefängnisinsa5sen sich<br />
zeitig und gehörig gereinigt und gekleidet zur Arbeit einfanden, daß sie gut und<br />
fleißig arbeiteten, sich bei der Arbeit ruhig und schweigend und in jeder Hinsicht an-<br />
5tändig verhielten. Er hatte ferner dafür zu sorgen, daß bei der zum Essen und zur<br />
Erholung vorgesehenen Zeit kein Singen, kein Lärmen und keine unnötige Unterhaltung,<br />
keine Zänkereien oder sonstige unnütze Händel, auch kein unerlaubter Verkehr<br />
mit anderen Personen stattfände. Der Inspektor war verpflichtet, die Ordnung<br />
des Hauses aufrechtzuerhalten und konnte "in geringeren Fällen" durch Einsperrung<br />
"im schwarzen Loch" bei Wasser und Brot (bis zu drei Tage) Strafe verhängen,<br />
mußte aber von der verfügten Strafe binnen 24 Stunden der vorgesetzten Behörde<br />
Anzeige machen. Nur von der vorgesetzten Behörde zu verhängende Strafen waren:<br />
Einsame Beisperrung, Entziehung des Mehrverdienstes und körperliche Züchtigung.<br />
Letztere war nur bis zu "zwanzig Streichen" erlaubt, bei Frauen durfte diese Strafart<br />
nur dann angewandt werden, wenn die anderen Strafarten sich als erfolglos herausgestellt<br />
hatten.<br />
Bei Ablauf der Strafzeit waren die Häftlinge zu entlassen, wobei sie die bei ihrer<br />
Einlieferung abgenommenen Gegenstände zurück- und den Betrag ihres Mehrverdienstes<br />
ausgezahlt erhielten. Sie bekamen ferner je nach Dauer ihrer Heimreise für<br />
1/2 Tag die Männer 8/3 Pfund, die Frauen &Ja Pfund Brot und für einen ganzen Tag<br />
die Männer 1 1 / 2 Pfund Brot, die Frauen 1 1 / 4 Pfund und 1 Ggr. sowie für jeden folgenden<br />
Tag 2 Ggr. und für jede Nacht I Ggr. ausgehändigt. Starb ein Gefangener in der<br />
Anstalt, so waren die Angehörigen durch entsprechendes Ersuchen der Hcimatbehörde<br />
zu benachrichtigen.<br />
Kehren wir zurück zur Geschichte des Criminal-Gesetzbuchs. Der Anstoß zu<br />
seiner Schaffung ging von der Ständeversammlung aus. Im Jahre 1831 äußerte sie<br />
den Wunsch, es möge ein Criminalgesetzbuch .geschaffen werden. Der Herzog, der<br />
schon einmal einen Auftrag erteilt hatte, befahl auf den Wunsch des Landtages hin<br />
die Ausarbeitung des Entwurfs eines entsprechenden Gesetzes "um diesem längst<br />
gefühlten und höchst dringenden Bedürfnisse abzuhelfen". Wir haben schon gesehen,<br />
daß die im Jahre 1828 eingesetzte Kommission, deren Auftrag vom 30. September<br />
I 828 datierte 11), zu keinem Ergebnis gekommen ist. Formell ist der der Kommission<br />
erteilte Auftrag wohl nie zurückgenommen worden. Ein Entwurf zum Criminalgesetzbuch<br />
wurde zunächst im Ministerium ausgearbeitet und dann der Ministerialkommission,<br />
Sektion für Justizsachen, die auf Grund des Gesetzes vom 30. Oktober<br />
1832 gebildet worden war 12), unter dem 29. April 1839 zugeleitet. In dem übersendungsschreiben<br />
wird darauf hingewiesen, der Herzog habe die Absicht, den zwei-<br />
11) Staatsarmiv WoHenbütteI 12 A Neu Fb. 2. Nr. III 56 Bd. I.<br />
12) Gesetz- und Verordnungssammlung 1832. Seite 359. Die Ministerialkommission war<br />
nur beratende Behörde.<br />
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tcn Teil des Entwurfs binnen kurzem der Kommission zugehen zu lassen, und es<br />
sollten wegen der Wimtigkeit des Beratungsgegenstandes als außerordentlime Mitglieder<br />
hinzugezogen werden: Der Geheimrat und Oberappellationsrat von Strombeck,<br />
der Landesgerimtspräsident von Praun und der Kreisdirektor von Geyso; weiter<br />
sei es der Wille des Herzogs, die Beratungen sollten so besmleunigt werden, daß<br />
der Entwurf dem Landtage nom zum Schluß des Jahres vorgelegt werden könne;<br />
der Herzog selbst erwarte daher den Eingang des durchberatenen Entwurfs im Laufe<br />
des November.<br />
Die Mitglieder der Kommission nahmen zunämst smriftlich zu der Vorlage Stellung.<br />
Diese Stellungnahmen wurden, als alle Mitglieder sim geäußert hatten, dem<br />
Staatsminister v. Schleinitz übersandt, der alsbald die Kommission mit Schreiben vom<br />
29.9.1839 zur ersten beratenden Sitzung einlud mit dem Zusatz, die Herren mömten<br />
mit ihm mittags "eine Suppe einnehmen" und dem weitercn Hinweis, er werde die<br />
Einrichtung treffen, daß die "homgeehrtcn Herren, wenn sie wollten", mit der<br />
"letzten Eisenbahnfahrt" wieder nach Wolfenbüttd zurückfahren könnten. Diese<br />
erste mündlime Beratung fand am 26. Oktober 1839 im Konferenz-Zimmer des<br />
Staatsministeriums statt. Weitere Sitzungen folgten dann im Oktober und November<br />
abwechselnd im Landesgericht und im Ministerium und im Dezember aum nom<br />
"in der Behausung" des Geheimrats v. Schleinitz in Braunsmweig und des Kreisdirektors<br />
v. Geyso in Wolfenbüttel.<br />
Der durmberatene,in Einzelheiten, mehrfach ergänzte oder abgeänderte Entwurf<br />
ging an das Staatsministerium zurück, welches ihn zusammen mit den Motiven<br />
zum Gesetzentwurf dem Landtage zuleitete. In der Sitzung vom 17. Dezember 1839<br />
wurde der eingebramte Entwurf an den Ausschuß für Justizwesen überwiesen, der<br />
aus 7 Mitgliedern bestand, nämlich: Dem Oberappellationsrat Günther, dem Hofrat<br />
Breymann, dem Kammerrat von den Brinken, Herrn von Grone auf Westerbrak,<br />
dem Abt SaIIentien, dem Advokaten und Notar Hollandt und dem Kreisrimter<br />
Henke. Der Ausschuß begann seine Beratungen am 13. Januar 1840. Smon beim<br />
Titel des Gesetzes gab es widersprüchliche Meinungen. Hofrat Breymann meinte, der<br />
Titel müsse heißen "Gesetz über Verbrechen und Strafen", sollte jedoch dieser Titel<br />
für zu lang befunden werden, dann scheine ihm die Bezeichnung "Strafgesetzbuch"<br />
passender und richtiger. Derselbe Abgeordnete machte unter Hinweis auf die Entsmeidung<br />
des Obergerichts über die Gültigkeit der Peinlichen Gerimtsordnung im<br />
Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>, die auch in den Motiven erwähnt war, die Bemerkung,<br />
die Begriffe und Merkmale der Peinlichen Gerichtsordnung seien auch weiterhin geltend,<br />
lediglich die Bestimmungen der Strafen seien vom Obergericht, anschließend<br />
aum vom Landesgericht abgeändert worden. Die Kommission setzte auch eine einheitliche<br />
"angemessene" Terminologie für das gesamte Gesetzbum ein. Alle Straftatbestände<br />
wurden" Verbrechen" genannt, "ohne unter ihnen und Vergehen einen<br />
ohnehin auf einem sicheren Grunde nicht beruhenden Unterschied zu machen" 13).<br />
13) Verhandlungen der Stände-Versammlung des Herzogtums Braunsdlweig auf dem<br />
Landtage vom 23. März 184D-II. Mai 1841 Nr. XXII-LXXV. - Im Strafgesetzbum für das<br />
Deutsme Reim wird bekanntlidl zwisdlen übertretungen, Vergehen und Verbredlen untersdlieden.<br />
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dürfte. Zum Thema versicherte der Abgeordnete F., wenn er sich für die Beibehaltung<br />
der Todesstrafe entschieden habe, so sei das mit großem inneren Widerstreben<br />
geschehen, weil es sich nicht leugnen lasse, daß manche für deren AbsdJaffung geltend<br />
gemachten Gründe von großer ErheblidJkeit seien. Der Abgeordnete G., ein Befürworter<br />
für Beibehaltung der Todesstrafe, führte u. a. aus, wenn nun aber der Mensch<br />
durch Angriffe auf das Leben seiner Mitmenschen .aufhöre, im edlen Sinne des<br />
Wortes Mensch zu sein und sich zu den Bestien herabwürdige, so setze er sich selbst<br />
dadurch auf den 'Standpunkt, nach welchem er behandelt werden müsse, und wiJerstreite<br />
es weder den Forderungen des Rechts noch der Moral, gegen solche Individuen<br />
die Todesstrafe zur Anwendung zu bl"ingen. Nach weiterer reger Debatte<br />
wurde der Antrag des Abgeordneten A.abgclehnt, der jedoch vor der Schlußabstimmung<br />
nochmals auf das Problem der Todesstrafe zu sprechen kam, weil für<br />
ihn nunmehr die Frage entstehe, ob er den Entwurf wegen der Beibehaltung der<br />
Todesstrafe, die er ablehne, ablehnen müsse. Er führte aus, er habe sich aus ehrlicher<br />
überzeugung gegen die Todesstrafe ausgesprochen, und es sei jetzt die Frage,<br />
ob er sich für ein Gesetz erklären könne, welches diese, von ihm abgelehnte Strafart<br />
zwingend vorschl"eibe; da es ihm aber sehr schwer fallen werde, für die Ablehnung<br />
des Entwurfs zu stimmen, so habe er eine Beruhigung darin gefunden, daß bei der<br />
steigenden Bildung und aus anderen Gründen die Todesstrafe wohl nie zur Anwendung<br />
kommen werde, daß das Gesetz also diese Strafe gewissermaßen nur als<br />
ein Schreckbild aufstelle; infolge solcher Betrachtung sei er zu dem Entschluß gekommen,<br />
für den Entwurf seine Stimme abzugeben. In der Schlußabstimmung wurde<br />
der Entwurf denn auch (am 12.5.1840) einstimmig angenommen.<br />
Im Hinblick auf die Beibehaltung der Todesstrafe im Gesetz sei noch auf folgendes<br />
hingewiesen: Der § 62 des Gesetzes ermächtigte die Gerichte, auf die zunächst<br />
folgende geringere Strafe, statt beispielsweise auf Todesstrafe auf lebenslängliche<br />
oder zeitliche Kettenstrafe zu erkennen. Die Strafmilderungsgründe waren aber im<br />
Gesetz gen au festgelegt, bei Mord war eine Strafmilderung dann ausgeschlossen,<br />
wenn er verübt wurde um zu rauben, um Lohn, auf heimtückische Weise, durch Gift<br />
oder Brand, mit Peinigung des Getöteten, von mehreren vertragsmäßigen Teilnehmern<br />
oder an Angehörigen des Täters.<br />
Von Bedeutung und interessant ist die Bestimmung im § l44 des Gesetzes, in<br />
welchem eine Reihe von" Verbrechen" zu Antragsdelikten erklärt werden, so z. B.<br />
Verleitung zur Ehe, Schändung, Störung des Hausfriedens, Hausdiebstahl, wenn der<br />
Wert des Gestohlenen fünf Taler nicht überstieg, und Ehrenkränkungen. Bei letzteren<br />
bestimmte der § l47 Abs.4, daß dem Beleidigten das Recht zustehe, dem Beleidiger<br />
die Strafe ganz oder teilweise zu erlassen 14).<br />
Die Bekanntmachung von Strafvollstreckungen sollte durch die <strong>Braunschweig</strong>isehen<br />
Anzeigen erfolgen, wenn auf Zuchthaus oder eine härtere Strafe erkannt worden<br />
war, ferner bei Landesverweisung und Stellung unter Polizeiaufsicht, aber auch<br />
U )Schon in dem Gesetz vom 13.1. 1837 (GuVS. S.S8) war dem Beleidigten das Recht<br />
zuerkannt, dem Beleidiger die Strafe zu erlassen. In den Motiven zum Criminalgesetzbuch<br />
S. I I 8 wird auf dies Gesetz verwiesen, aber weiter ausgeführt, daß sich eine solche Bestimmung<br />
nicht auf andere Verbrechen anwenden lasse.<br />
86<br />
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dann, wenn dem Beteiligten das Recht zustand, die Bekanntmachung zu verlangen.<br />
Das Gericht konnte außerdem die Bekanntmachung anordnen, wenn es sie nach der<br />
Beschaffenheit des FaIles für angebracht und angemessen hielt (§ 2 I des Gesetzes).<br />
Die Todesstrafe war zwar im Criminalgesetzbuch festgelegt, aber es fehlte die<br />
Anweisung darüber, wie diese Strafe vollstreckt werden soIle. Vom Inkrafttreten des<br />
Gesetzes bis zum Jahre 1853 ist offenbar kein Todesurteil gefällt oder nicht vollstreckt<br />
worden. Erst in der Verordnung vom 16. August 1853 ist festgelegt worden,<br />
daß die Todesstrafe durch Enthauptung mit dem Beil stattfinden soIle. Es wird darin<br />
auch bestimmt, daß die Hinrichtung in einem geschlossenen Raume, tunlichst innerhalb<br />
des Hofes einer Gefangenenanstalt stattfinden soIle. Es ist auch darin Bestimmung<br />
getroffen, wer bei den Hinrichtungen zugegen sein soIlte: Außer dem Staatsanwalt<br />
auch der Verteidiger des Verurteilten und auf Verlangen des Verurteilten<br />
ein Geistlicher seiner Konfession 15).<br />
Auf Grund der Landesherrlichen Verordnung vom 10. Juli 1840 trat das Criminalgesetzbuch<br />
am I. Oktober 1840 in Kraft 16).<br />
Anhang<br />
Die Ständeversammlung (Landtag) hatte gleichzeitig mit der Landesverfassung<br />
im Jahre 1832 auch eine Geschäftsordnung erhalten. Sie kam zustande im Zusammenwirken<br />
zwischen Ministerium und Landtag, denn ohne Vorlage eines Entwurfs des<br />
Ministeriums und einen Beschluß des Landtages konnte kein Gesetz zustande kommen.<br />
Wie kamen die Abgeordneten zu ihren Sitzplätzen? Es gab damals keine Parteien<br />
im heutigen Sinne, es gab ·auch kein " rechts " oder "links" oder "Mitte". Die<br />
Geschäftsordnung ordnete ·an, daß der Platz, den jeder Abgeordnete einzunehmen<br />
hatte, durch das Los bestimmt werden sollte. Der Präsident des Ausschusses oder sein<br />
Stellvertreter ließen bei der Anmeldung des Abgeordneten diesen eine Sitznummer<br />
ziehen. Obwohl die Verhandlungen des Landtages in der Regel nicht geheim gehalten<br />
werden sollten, so sollten doch die aufgenommenen Sitzungsprotokolle unverzüglich<br />
durch den Druck bekannt gemacht werden, allerdings ohne Nennung der Namen der<br />
Redner und AntragsteIler. Diese erschienen im Protokoll nur mit großen Buchstaben,<br />
so z. B. "A" oder "C" oder "F". Es war ·also unmöglich, festzusteIlen, welcher<br />
Abgeordnete sich hinter diesen Buchstaben yerbarg.<br />
Diese Anonymität in den Sitzungsberichten des Landtages war den Abgeordneten<br />
alsbald nach Erlaß der Geschäftsordnung von 1831 ein Dorn im Auge. Schon in der<br />
Sitzung vom 2 I. Juli 1833 wurde ein Antrag auf Einführung einer vollkommenen<br />
Öffentlichkeit der Verhandlungen mit Zulassung von Zuhörern abgelehnt, und ein<br />
gleicher Antrag vom 27. November 1833, der zugleich auf Veröffentlichkeit der Namen<br />
der Redner und Antragsteller gerichtet war, wurde abgelehnt, obgleich sich die<br />
dafür eingesetzte Commission gegen eine Stimme für den Antrag auf Veröffentlichung<br />
der Namen ausgesprochen hatte. Mit außerordentlicher Zielstrebigkeit wurde<br />
in der Sitzung vom 19. Januar 1837 ein Antrag auf namentliche Bezeichnung der Red-<br />
16) Gesetz-und Verordnungssammlung 1853. Seite 145.<br />
U) Gesetz- und Verordnungssammlung 1840, Seite 115 H.<br />
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ner in den Sitzungsprotokollen des Landtages mit 34 Stimmen angenommen, der<br />
aber das Schicksal aller vorhergehenden Anträge teilen mußte; das Ministerium<br />
lehnte wiederum ab. Die Zustimmung wurde am 11. März 1837 versagt, weil seit<br />
Bestehen der Einrichtung eine zu kurze Zeit vergangen sei, um genügend beurteilen<br />
zu können, ob die vom Landtag vorgeschlagene oder die bestehende Bestimmung den<br />
Vorzug verdiene. Aber die Abgeordneten ließen sich nicht beirren. In der Sitzung<br />
vom 9. März 1840 wurde auf Vorschlag der Commission ein entsprechender Antrag<br />
im Plenum des Landtages mit großer Mehrheit angenommen und dieser Beschluß<br />
wurde noch am gleichen Tage dem Staatsministerium übermittelt. Er hat folgenden<br />
Wortlaut:<br />
Wir tragen ... gehorsamst darauf an, daß es Herzogl. Staatsministerium gefällig<br />
sein möge, bald thunlichst und noch während der jetzigen Diät einen Gesetzentwurf<br />
vorzulegen, durch welchen die namentliche Bezeichnung der Redner und Antragsteller<br />
in das der Öffentlichkeit zu übergebende ständische Protokoll für zulässig erklärt<br />
und die entsprechende Bestimmung in § 52 der Geschäftsordnung aufgehoben<br />
wird" 17).<br />
Die Regierung ließ sich jedoch viel Zeit. Erst in der Sitzung des Landtages vom<br />
7. Mai 1841 lag das Antwortschreiben, von den Staatsministern Graf von Veltheim,<br />
v. Schleinitz und F. Schulz unterzeichnet, mit folgendem Wortlaut vor:<br />
"Wir haben den Antrag löblicher Ständeversammlung vom 9. und 14. März v. J.,<br />
einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die namentliche Bezeichnung der<br />
Redner und Antragsteller in den der Öffentlichkeit zu übergebenden Protocolle für<br />
zulässig erklärt und die entgegenstehende Bestimmung in § 52 der Geschäftsordnung<br />
aufgehoben wird, seiner Zeit erhalten 18).<br />
Da Wir indeß eine Abänderung der mit dem Landesgrundgesetze erlassenen Bestimmungen<br />
nur dann für zulässig halten, wenn solche sich erfahrungsgemäß als unumgänglich<br />
nothwendig darstellt, eine solche Nothwendigkeit aber in Beziehung<br />
auf den gemachten Antrag um so weniger vorliegt, als die bestehenden Einrichtungen<br />
Gelegenheit darbieten, den Wählern Auskunft über die Thätigkeit der Ständeversammlung<br />
zu verschaffen, und das allgemeine Interesse an den ständischen Verhandlungen<br />
zu erhalten, so müssen Wü diesen Antrag ablehnen."<br />
Erst im Jahre 1848 ging der Wunsch der Abgeordneten auf Nennung der Namen<br />
der Redner und Antragsteller in Erfüllung 19).<br />
17) Landtagsverhandlungen von 1839-1840 Anlage I zu XIII Band 11.<br />
18) § 510 lautete: Die Verhandlungen der Ständeversammlung sollen in der Regel nicht<br />
geheim gehalten und die über dieselben aufgenommenen Protoeolle und deren Anlagen, jedoch<br />
ohne Nennung der Namen der Antragsteller und Redner, unverzüglich durch den<br />
Druck bekannt gemadtt werden.<br />
19) Gesetz über die öffentlidtkeit der ständisdten Verhandlungen vom 5. April 1848,<br />
Gesetz- und Verordnungssamrnlung Seite 23. Im § 1 Abs.2. wird bestimmt: "Das Verbot im<br />
ersten Absatz des § 51 der Geschäftsordnung vom u. Oetober 1832., die Nennung der Namen<br />
der Redner und Antragsteller in den für den Druck bestimmten Protoeollen betreffend, wird<br />
zugleidt aufgehoben."<br />
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Einiges aus der Geschichte des Amtsgerichts Wolfenbüttel<br />
(1879 -1900)<br />
Von<br />
Reinhard Heinemann<br />
Am 28. April 1879 berichtete das Wolfenbütteler Kreisblatt in seiner Nr. 34, es<br />
hätten in der letzten Zeit im Garten des damaligen Stadtgerichts Wolfenbüttel an<br />
der Neuen Straße Vermessungen und Bodenuntersuchungen stattgefunden. Das Blatt<br />
fügte hinzu, dem Vernehmen nach sei beabsichtigt, in diesem Garten ein (neues)<br />
Gerichtsgebäude zu errichten. Das war richtig, denn wo die Stallungen und Böden<br />
des früheren Wohn- und Brauhauses gestanden hatten, sollte ein Neubau für das<br />
Amtsgericht errichtet werden. Dieser Neubau aus gelben Backsteinen war pünktlich<br />
zum I. Oktober 1879 fertiggestellt, ein Bau, der neuerdings einem Neubau des Amtsgerichtsgebäudes<br />
(am Rosenwall) hat weichen müssen.<br />
Nach der Verfügung des Herzoglichen Staatsministeriums vom 25. September<br />
1879 sollte die feierliche "Constituirung" des Gerichts am I. Oktober 1879, dem Tage<br />
des Inkrafttretens der Rcichsjustizgesetze, stattfinden. Der aufsichtführende Richter<br />
des Amtsgerichts Wolfenbüttel, Oberamtsrichter Vages, erließ am 29. September an<br />
die Mitglieder des Gerichts (Oberamtsrichter Schmidt, Amtsrichter Rhamm, Registratoren<br />
Wessel und Gropp, Kanzlist Olfe, Gerichtsdiener Reinecke und die Gerichtsvollzieher<br />
Krickmeyer und Philipps) eine Einladung, sich am I. Oktober im<br />
"Neuen Amtsgerichtslocale" einzufinden. Einladungen erhielten auch die Obergerichtsadvocaten<br />
Kopp, Dr. Strümpel, Dr. Dedekind, Eyferth, Baumgarten und Runde,<br />
der Assessor von Alten, der Polizeikommissar Seeliger und der Stationskommandant<br />
Dold. Sie alle sollten der feierlichen Eröffnung des Gerichts an diesem Tage um 9 Uhr<br />
beiwohnen. Jedoch nicht alle geladenen Rechtsanwälte waren der Einladung gefolgt.<br />
Das Protokoll über die Eröffnung enthält die kurze Feststellung, daß sich die Anwälte<br />
Dr. Strümpe1, Eyferth und Runde nicht eingefunden hätten. Darüber, warum diese<br />
Anwälte der Einladung des Gerichtschefs nicht gefolgt waren, gibt das Protokoll<br />
keine Auskunft. Entschuldigungen lagen nicht vor. Möglich ist, daß sie durch Wahrnehmung<br />
von auswärtigen Gerichtsterminen verhindert waren.<br />
Die Geschäftsverteilung unter den Amtsrichtern, die ab I. Oktober wirksam<br />
werden sollte, hatte das Staatsministerium, Abt. der Justiz, bereits unter dem 20. August<br />
1879 verfügt. Sie sah so aus:<br />
1. Der Oberamtsrichter Voges hatte zu erledigen: a) alle die Aufsicht betreffenden<br />
Geschäfte, b) die Grundbuchsachen, c) die freiwillige Gerichtsbarkeit, d) einen<br />
Teil der Vormundschaftssachen, e) die Zwangsvollstreckungen in das unbewegliche<br />
,<br />
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könnten wegen körperlicher Schwäche das Protokoll in den Sitzungen nicht mehr<br />
führen. Oberamtsrichter Voges berichtete darüber an den Landgerichtspräsidenten<br />
Mansfeld. Unter dem 15. Oktober kam bereits die überraschende Antwort: Der Präsident<br />
wies den Oberamtsrichl'er Vogesan, heide Protokollführer zu Protokoll zu<br />
vernehmen und sie, wenn sie bei ihrer Erklärung verharren sollten, zu befragen, ob<br />
sie gegen ihre Pensionierung 'bzw. Entlassung etwas einzuwenden hätten. Die Akten<br />
enthalten weder ein Protokoll über diese Befragung noch einen weiteren Bericht an<br />
den Präsidenten. Weßel und OIfe führten weiterhin in den Sitzungen die Protokolle.<br />
Seitdem Wolfenbüttel die Straßenbeleuchtung durch Gaslaternen hatte, stand vor<br />
dem Hofe des Amtsgerichts eine "Hof-Laterne", deren Verbr:auch über die private<br />
Gasuhr des Oberamtsrichters Voges lief. Dieser hatte darüber berichtet und um eine<br />
Entschädigung gebeten. Sie wurde vom Ministerium unter dem 18. Dezember dahingehend<br />
zugestanden, daß eine jährliche Entschädigung von 18 Mark in monatlichen<br />
Raten von je 3,- Mark für die sechs Wintermonate mit Wirkung vom 4. Dezember<br />
1880 zu zahlen seL Die gleiche Entschädigung erhielt nach dem Tode des Oberamtsrichters<br />
Voges dessen Nachfolger OberamtsridIter du Roi durch EntsdIeid des Ministeriums<br />
vom 11. Oktober 1881 bewilligt.<br />
Oberamtsrichl'er Voges war am 21. April 188 I verstorben. Sein Vertreter berichtete<br />
am gleichen Tage an das Ministerium: "Mit Betrübnis erfülle idl die Pflicht<br />
... anzuzeigen, daß mein werther College Oberamtsrichter Voges heute Mittag nadl<br />
11 Uhr den körperlichen Leiden, womit er seit langer Zeit behaftet gewesen, erlegen<br />
und gestorben ist." Die Amtsgesdläfte würden, so wurde weiter berichtet, wie bisher<br />
bei Beurlaubungen üblidl von den in Frage kommenden Richtern wahrgenommen.<br />
Nachfolger des Verstorbenen wurde Oberamtsrichter du Roi.<br />
Im Garten des Amtsgerichts stand "an der Promenad" das alte und baufällige<br />
Haus Nr. 65, das vermietet war. Die Miete hatte Oberamtsrichter Voges eingenommen.<br />
Mit dem Rescript vom II. Oktober 1881, in weidIem die Entschädigung für<br />
den Gaskonsum der "Hof-Laterne" zuerkannt worden war, bestimmte das Mjnisterium<br />
,gleichzeitig, daß die aus der Vermietung des Hauses aufkommende Miete<br />
auch vom Oberamtsrichter du Roi erhoben und eingezogen werden könne.<br />
Der Amtsrichter Thielemann in Harzburg hatte vom 23. Juni bis zum 5. Juli<br />
Urlaub. Amtsrichter Rhamm in Wolfenhüttel wurde durch Verfügung des Landgerichtspräsidenten<br />
vom 13. Juni 1882 mit der Vertretung in Harzburg beauftragt<br />
und -ihm wurde aufgegeben, S'idl wegen der Übernahme der Amtsgeschäfte in Harzburg<br />
rechtzeitig mit Amtsrichter Thielemann in Verbindung zu setzen. Gleichzeitig<br />
wurde Oberamtsrichter du Roi von der Abordnung Rhamms unterrichtet.<br />
Im September 1885 starb Oberamtsrichter du Roi, Oberamtsrichter Behrens wurde<br />
sein Nachfolger. Zum 1. Oktober des gleichen Jahres wurde Oberamtsrichter<br />
Schmidt in den Ruhestand, zum gleichen Zeitpunkt wurde Oberamtsrichter Ludewig<br />
an das Amtsgericht Wolfenbüttel versetzt.<br />
Ein westlidl gelegenes Teilstück des Amtsgerichtsgartens wurde im Jahre 1886<br />
verkauft. Käufer war der am Amtsgeridlt tätige Oberamtsridlter Kaulitz. Im Kaufvertrag,<br />
der vom Oberamtsrichter Ludewig beurkundet wurde, wurde der Kauf-<br />
I<br />
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preis von 5500,- Mark festgesetzt. Auf diesem verkauften Teilstück stand noch immer<br />
das Haus Nr. 65, es wurde nicht mit verkauft. Die Landesregierung als Verkäuferin<br />
verpflichtete sich jedoch in dem Vertrage, es nach dem I. Oktober tunlichst bald<br />
auf Abbruch zu veräußern. Der Kaufpreis wurde an Landgerichtspräsidenten Mansfeld,<br />
der die Regierung beim Vertragsabschluß vertrat und Inkassovollmacht besaß,<br />
bezahlt.<br />
Beim Wechsel des "ersten Amtsrichters" mußte nicht nur die von ihm bewohnte<br />
Dienstwohnung, sondern auch der Garten dem Nachfolger formell übergeben<br />
werden. Das erste über eine Wohnungs- und Gartenübergabe vorhandene<br />
Protokoll trägt das Datum des 6. Oktober 188 I. Landgerichtspräsident Mansfeld leitete<br />
die übergabeverhandlung, das Protokoll über diese Verhandlung führte Kanzlist<br />
OIfe. Interessant ist, daß das Protokoll die Unterschrift des Landgerichtspräsidenten<br />
nicht trägt. Es schloß: "Beglaubigt" und es folgte der Name des Protokollführers,<br />
hier also: "OIfe". Unterschrieben wurde jedoch das Protokoll von allen anderen an<br />
der Verhandlung Beteiligten: Dem Nachfolger des Oberamtsrichters Voges, dem<br />
Oberamtsrichter du Roi, dem Referendar Voges als Vertreter seiner Mutter, der<br />
Witwe Voges. Der Kreisbaumeister Müller, der sich wohl als Vertreter der Regierung<br />
über den baulichen Zustand der Wohnung zu äußern hatte, konnte nicht unterschreiben,<br />
denn er hatte sich vor Schluß der Verhandlung entfernt. Die Anwesenden<br />
begaben sich zunächst in die Dienstwohnung. Es wurde festgestellt, daß sämtliche<br />
Wohnräume in gutem Zustande und daher Reparaturen nicht nötig waren. Dann<br />
wurde der Dienstgarten besichtigt, in welchem immer noch das Haus Nr.65 stand,<br />
das jährlich 20 Taler Miete einbrachte. Nach dem Ministerialerlaß vom 6. Juli 1874<br />
sollte die aufkommende Miete in die Gerichtskasse fließen. Oberamtsrichter du Roi<br />
bemerkte bei dieser Gartenbesichtigung, auf Grund mündlicher Genehmigung von<br />
Geheimrat Trieps, des Chefs der Justizabteilung im Ministerium, habe sein Amtsvorgänger<br />
die Mieten kassiert, was vom Referendar Voges, dem Sohn des Verstorbenen,<br />
bestätigt wurde. Du Roi bat, daß auch in Zukunft die Miete von ihm einkassiert<br />
werden dürfe. Wir sahen schon, daß diesem Wunsch unter dem I I. Oktober<br />
1881 entsprochen wurde. Schließlich enthält das Protokoll noch die Bitte des Wohnungsübernehmers,<br />
es möchten in den Kellerräumen die notwendigen Börte zur<br />
Lagerung von Obst und Wein angebracht werden. Der Kreisbaumeister wurde beauftragt,<br />
demnächst darüber zu berichten. Der Präsident wies bei der Gartenbesichtigung<br />
darauf hin, daß der Nutznießer "für die Erhaltung der vorhandenen Bosquet<br />
Anlagen und Baumpflanzungen Sorge zu tragen und sich bei etwaigen Veränderungen<br />
der fragI. Anlagen des Raths und der Mitwirkung des Oberförsters von Wachholtz<br />
auf Antoinettenruhe zu bedienen habe", was der Gartenübernehmer auch zusagte.<br />
Bei der am 29. September 1894 erfolgten weiteren übernahme von Dienstwohnung<br />
und Garten durch Oberamtsrichter Reinbeck von Oberamtsrichter Behrens<br />
wurden erhebliche Mängel in der Wohnung festgestellt. Die Verhandlung leitete<br />
Oberamtsrichter Kaulitz. Das Ergebnis der Wohnungsbesichtigung war: Zehn Dekken<br />
in Stuben und Kammern waren zu weißen, sieben Öfen zu reinigen und zu<br />
schwärzen, fünf Fensterscheiben einzusetzen und vier Stubenschlüssel neu zu beschaf-<br />
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fen. Oberamtsrichter Bchrens erkannte das an und verpflichtete sich, die Reparaturen<br />
und Anschaffungen auf seine Kosten zu veranlassen. Wohnung und Garten wurden<br />
dem neuen Wohnungsinhaber übergeben, nachdem dieser und Oberamtsrichter Behrens<br />
erklärt hatten, sie hätten sich wegen der übernahme der im Garten befindlichen,<br />
dem Oberamtsrichter Behrens gehörenden Pflanzen und Anlagen außergerichtlich<br />
geeinigt.<br />
Der im Jahre 1879 errichtete Neubau des Amtsgerichtsgebäudes war schon nach<br />
kurzer Zeit zu klein geworden: Das Grundbuchamt brauchte mehr Raum. Unter dem<br />
20. April 1895 berichtete deshalb der Behördenvorstand an den Landgerichtspräsidenten<br />
in <strong>Braunschweig</strong>, ein Anbau sei dringend erforderlich, der nach der Besprechung<br />
mit Kreisbauinspektor Müller in der \Veise leicht möglich sei dadurch, daß im<br />
Anschluß an das große Zimmer des Grundbuchamts (es lag nach Norden) ein Anbau<br />
in den Garten des Amtsgerichts hinein in der Richtung nach \-Vesten errichtet werden<br />
könne. Früher sdlOn hatte man die Teilung des großen Zimmers des Grundbuchamts<br />
in Vorschlag gebracht, aber bald die überzeugung gewonnen, daß mit einer<br />
solchen Zimmerteilung dem Raummangel nicht abgeholfen werde. Der Landgerichtspräsident<br />
teilte am 24. September 1895 nach Wolfenbüttel mit, ohne Zweifel werde<br />
die Herstellung des vorgeschlagenen Anbaus den Übelständen beim Grundbuchamt<br />
radikaler und nachhaltiger abhelfen, als die Teilung des großen Zimmers. Wegen<br />
des großen Unterschiedes in den Kosten sei es aber doch ratsam, auf den letzteren<br />
Ausweg wieder zurückzugreifen. Unter dem 2. Oktober des gleichen Jahres lehnte<br />
Oberamtsrichter Kaulitz den Vorschlag auf Teilung des Zimmers erneut ab mit der<br />
Begründung, die vorhandenen übelstände würden dadurch keine Besserung -erfahren.<br />
Er hatte Erfolg. Am 27. März 1896 teilte das Ministerium dem Landgerichtspräsidenten<br />
auf dessen Bericht vom 18. Oktober 1895 mit, daß die Herzogliche Baudirektion<br />
zur Einreichung eines genauen Kostenanschlages für den auszuführenden Anbau angewiesen<br />
sei. Der eingeschossige Anbau wurde 1896 fertiggestellt, aber schon 1m<br />
Oktober gab es Ärger. Oberamtsrichter Reinbeck beklagte sich in einem an den<br />
Behördenvorstand gerichteten Bericht darüber, daß 'beim Anheizen der Öfen im<br />
neuen Anbau Rauch und Kohlengruß aus dem zu niedrigen Schornstein unmittelbar<br />
in die Fenster des Schöffengerichtssaales und :in die Fenster seiner Dienstwohnung<br />
schlügen; der Schornstein auf dem Neubau sei nicht bis zur Höhe des Gerichtsgebäudes<br />
geführt worden; bei \Vind drücke dieser den Rauch und Ruß gegen die Fenster,<br />
die aus diesem Grunde nicht mehr geöffnet und die genannten Räume nicht mehr<br />
gelüftet werden könnten. Der Beschwerdeführer bat deshalb um Höherführung des<br />
Schornsteins und das Heizen im Neubau einzustellen, bis der Schornstein hochgezogen<br />
sei. Der Schornstein wurde höher gebaut und die Beanstandungen waren damit offenbar<br />
beseitigt.<br />
Durch den Anbau waren jetzt mehr Räume zu reinigen und mehr Fenster zu<br />
putzen als vor dem Neubau. Im Jahre 1883 waren für eine einmalige jährliche Generalreinigung<br />
des Gerichtsgebäudes 30,- Mark und für das Putzen der Fenster jährlich<br />
27,- Mark bewilligt worden. Das Gericht hatte nach dem Anbau für die Fensterreinigung<br />
Mehraufwendungen geleistet, die beanstandet wurden. Der Behördenvorstand<br />
mußte diese Mehraufwendungen rechtfertigen. Er berifhtete dem Land-<br />
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gcrimtspräsidenten am 11. Januar 1901, durm den Neubau habe sim die Zahl der zu<br />
reinigenden Fenster um 5 vennehrt und aus diesem Grunde sei dem das Putzen der<br />
Fenster besorgenden Glaser auf seinen mehnnaligen Antrag ab 1899 für die jedesmalige<br />
Fensterreinigung der Mehrbetrag von 12,- Mark gezahlt worden. Unter dem<br />
15. Februar 1901 erhielt das Gerimt vom Landgerimtspräsi'denten die Mitteilung,<br />
die für 1900 entstandenen Mehrausgaben für die Generalreinigung und das Fensterputzen<br />
von zusammen I Z,- Mark seien genehmigt worden und künftig dürften für<br />
die Generalreini,gung 33,- Mark und für Fensterputzen 36,- Mark ausgegeben werden.<br />
Nam einer Notiz in den Generalakten des Gerimts waren damals 16 Räume zu<br />
reinigen, 13 zu heizen sowie 35 Fenster und 3 Glastüren zu putzen. Die Gebäudereinigung<br />
spielte im Dezember 1902 nommals eine Rolle. Der n Vorsitzende Herzgl.<br />
Amtsgerimts" mußte dem Landgerimtspräsidenten herimten, Reinigung und Beleumtung<br />
der Diensträume oblägen nimt dem Gerichtsdiener, sondern dem Gerichtsheizer<br />
und Boten Bieneck, dem diese Stelle durm Reskript vom 17. August 1898<br />
übertragen und mit welmem anschließend ein entspremender D.ienstvertrag abgeschlossen<br />
worden sei, der in Absmrift "Ew. Hochwohlgeboren" nom am gleimen<br />
Tage übersandt worden sei. Offenbar war das beim Präsidenten in Vergessenheit<br />
geraten. Nam dem Vertrage habe Bieneck dafür zu sorgen (so wurde weiter berimtet),<br />
daß die Geschäftsräume bei Beginn der Bürostunden gehörig gereinigt, gelüftet<br />
und - soweit erforderlich - geheizt und be1eumtet seien. Die Holzzerkleinerung<br />
werde von Arbeitern besorgt. Die Einrimtungen hätten sich hewährt, und es werde<br />
gebeten, sie auch für die Zukunft bestehen zu lassen. Was dann wohl aum geschah.<br />
Das Staatsministerium hatte.im Jahl"e 1900 Anordnungen zur Vereinfachung des<br />
behördlimen Gesmäftsverkehrs erlassen, in welmen manmer überholte Zopf abgesmnitten<br />
wurde. Der Landgerimtspräsident unterrimtete am z. März 1900 die Amtsgerimte,<br />
zu folge Anweisung der Justizahteilung des Ministeriums seien diese Bestimmungen<br />
aum für die Justiz anzuwenden. Die ministeriellen Anordnungen lauteten:<br />
"Die Smreibweise der Behörden soll knapp und klar sein, ihrer Stellung zueinander<br />
und zum Publikumaum in der Fonn entsprechen und sich der allgemein<br />
üblimen Sprache des Verkehrs anschließen. Entbehrlime Fremdwörter, veraltete<br />
Kanzleiausdrücke, überflüssige Kurialien sind zu vermeiden. Der in engen Grenzen<br />
zu haltende Gebraum von Höflimkeitswendungen muß wesendim dem Taktgefühl<br />
überlassen bleiben. Sie können auf Ausdrücke "gehorsamst, el'gebenst" oder "geneigtest,<br />
gefälligst" beschränkt, oder sofern nur die erforderlime Häflimkeit der Ausdrucksweise<br />
im übrigen gewahrt wird, ganz weggelassen werden. Häufungen und<br />
Steigerungen wie z. B. "beehre mich ergebenst", "sehr gehorsamst", "ganz ergebenst"<br />
sind zu venneiden.<br />
Für Berimte an den Landesherrn, Schreiben an Fürstlime Personen und für ähnliche<br />
besondere Fälle behält es bei den bisherigen Fonnen sein Bewenden.<br />
Alle Berichte, Schreiben und Verfügungen tragen auf der ersten Seite des Schriftstücks<br />
oben rechts die Orts- und Zeitangabe, oben links die Amtsbezeichnung der<br />
schreibenden Behörde, darunter die Geschäftsnummer, ferner bei Berichten die ver<br />
,anlassende Verfügung - oder den Vermerk, daß ohne solme berimtet wird - eine<br />
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für die Richter einzuhalten, was auch für die mit richterlichen Geschäften beauftragten<br />
Assessoren gelte. Bei den übrigen Justizbeamten werde je nach ihrer Tätigkeit<br />
und der Stufenfolge ihrer Stellung das Bedürfnis der Erholung abgeschwächt oder es<br />
verschwinde ganz. Für die Gerichtsschreiber sei in der Regel jährlich höchstens eine<br />
dreiwöchige, für die anderen Beamten je nach ihrer Tätigkeit und Stellung eine achtbis<br />
höchstens vierzehntägige Urlaubszeit für ausreichend zu erachten. Bei Anträgen<br />
bis höchstens vierzehn Tagen Urlaub bedürfe es der besonderen Bewilligung des Ministeriums<br />
nicht.<br />
Die Einführung der neuen Gerichtsverfassung brachte für die Richter eine Änderung<br />
ihrer Amtstracht mit sich. Das Wolfenbütteier Kreisblatt berichtete in seiner<br />
Nummer 41 vom 22. Mai 1879 darüber und schrieb, diese Amtstracht sei in allen<br />
öffentlichen Sitzungen des Oberlandesgerichts, des Landgerichts und der Schwurgeridlte<br />
anzulegen, bei den Amtsgerichten komme diese Vorschrift nur für den Amtsrichter<br />
zur Anwendung, der in den öffentlichen Sitzungen des Schöffengerichts den<br />
Vorsitz führe. Im übrigen brauchten die Amtsrichter die neue Amtstracht in den<br />
Sitzungen der Zivil- und Strafabtei:lungen nicht anzulegen.<br />
Das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Nebengesetze brachte<br />
für die Richter, auch die des Amtsgerichts Wolfenbüttel, neue Probleme. Der Landgerichtspräsident<br />
Dedekind fragte mit Schreiben vom 15. Juni 1899 beim Oberamtsrichter<br />
Kaulitz, dem Behördenvorstand des Geridlt>s, an, wer von den Ridltern des<br />
Amtsgerichts bereit sei, dem Personal der Gerichtsschreihercien mündlich über die am<br />
1. I. 1900 1n Kraft tretenden Reichsgesetze und landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen<br />
Unterricht zu erteilen. Amtsrichter Dr. Winter und Oberamtsrichter<br />
Reinbeck lehnten ab. Dr. Winter erklärte insbt!somlere, er müsse die übernalune der<br />
Instruktion 'olblehnen, so lange ihm nicht die bereits vor 9 Monaten erbetene Entlastung<br />
durch Zuweisung eines Assessors gewährt werde; er sei durch seinen Dienst<br />
dermaßen in Anspruch genommen, daß er Nebengeschäfte nicht mehr übernehmen<br />
könne, habe auch selbst noch keine Zeit gehabt, sich so eingehend mit dem neuen<br />
Gesetzesmaterial zu beschäftigen, daß er die gewünschte Instruktion in ersprießlicher<br />
Weise werde erteilen können. Oberamtsrichter Reinbed{ schloß sich diesen Ausführungen<br />
an und Oberamtsrichter Kaulitz berichtete am 18. Juni 1899 an den Landgerichtspräsidenten,<br />
wobei er auch für seine Person die Instruktionserteilung ablehnte.<br />
Er führte aus, er müsse die Zeit, die ihm seine Dienstgeschäfte ließen, dazu benutzen,<br />
sich genügend mit den Bestimmungen des BGB und den mit diesem Gesetz<br />
:in Kraft tretenden Reichsgesetzen und den bislang noch nicht publizierten Ausführungsgesetzen<br />
beschäftigen; es komme hinzu, daß der nach Wolfenbüttel versetzte<br />
Grundbuchführer noch nicht lin Grundbuchsachen gearbeitet habe, daß die Gerichtsferien<br />
bevorständen und er in der ersten Julihälfte noch einen Teil der Dienstgeschäfte<br />
der anderen Richter übernehmen müsse; von Ende September bis gegen Ende<br />
November seien 10 Grundbuchsachen und den Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />
erfahrungsgemäß so viele Sachen zu erledigen, wie sonst im ganzen Jahre nicht;<br />
das Oktoberquartal bringe die meisten Arbeiten mit sich. Er halte, so führt er weiter<br />
aus, es für durchaus wünschenswert, daß dem Personal der Gerichtsschreibereien die<br />
erforderliche Instruktion erteilt werde und es habe nach dem Inhalt des fraglichen<br />
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Reskl'ipts den Anschein, daß in <strong>Braunschweig</strong> ein Kursus eingerichtet werde; er erlaube<br />
sich daher, anzuregen, zu erwirken, daß die beim Amtsgericht Wolfenhüttel<br />
tätigen Beamten der Gerichtsschreiberci an jedem Kursus gegen Vergütung des Fahrgeldes,<br />
das sich pro Person auf 50 Pfennig belaufe, teilnehmen könnten. Die Stellungnahme<br />
der Ridtter hatte Erfolg: Sie blieben von der nlnstruktionserteilung" verschont!<br />
1).<br />
1) Unterlagen für diesen Aufsatz waren die Reskriptsammlungen (40 Neu 14 Zettelkartei<br />
Nr. 1-4a) und Generalakten (40 Neu 14) des Amtsgerichts Wolfenbüttel, die sich jetzt<br />
unter der angegebenen Bezeichnung im Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttel befinden.<br />
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Scheu vor Verantwortung 4), vielleicht auch eine andere: häufiger im Licht der<br />
Öffentlichkeit stehen zu müssen als ihm lieb war, gesellschaftliche Verpflichtungen<br />
zu übernehmen (die ihm als Junggesellen wahrzunehmen wohl wirklich nicht leichtgefallen<br />
wären), im Reichstag und sonst auftreten und wohl auch von seiner offensichtlich<br />
sehr geliebten Schreibtischarbeit lassen zu müssen.<br />
Holstein lebte in sehr engem persönlichem Kreis. Seine Kusine Ida von Stülpnagel-Dargitz<br />
geborene von Holtzendorff, der Ministerialrat und Personal referent<br />
im Preußischen Ministerium des Innern Hermann von Lebbin und dessen Ehefrau<br />
Relene geborene von Brandt 5) sind wohl die einzigen Freunde gewesen, nach<br />
Lebbins Tod nur noch die heiden Frauen. Dodl gehören hierher die Namen Fürst<br />
Bülow, Fürst Radolin, von Kiderlen und von Brauer, denen, wie Brauer schreibt,<br />
Rolstein "bis zu seinem Tode unentwegt treue und wahre Freundschaft hielt" 6).<br />
Jahre hindurch war er Freund im Hause Bismarck, bis der Bruch eintrat. Sein Hauswesen<br />
besorgte die verwitwete Frau Julie Röber, zu der Holstein aber anscheinend<br />
keine persönliche Beziehung hatte, die über die des Hagestolzes zu seiner Haushälterin<br />
hinausging 7). Holstein bewohnte eine bescheidene Dreizimmerwohnung im<br />
Berliner Stadtt:eil Kreuzherg, Großbeerenstraße 408).<br />
Ins Bild des Junggesellen mit hohem Gehalt paßt gut Holsteins Gourmandise.<br />
Er war jahrelang ständiger Gast im Schlemmerlokal von Borchardt in der Französischen<br />
Straße. Täglich stand für ihn bis 1891 9) in diesem Haus ein Chambre separee<br />
zur Verfügung, in dem er fast täglich allein zu speisen pflegte. Nur selten brachte er<br />
einen männlichen Begleiter mit, der dann natürlich sein Gast war 10). Damen wurden<br />
nie gesehen. Vielleicht ist er der Prototyp der Kombination von Gourmand und<br />
Gourmet gewesen. Er soll des öfteren den Koch herbeizitiert und ihm Lob und<br />
4) Fra u end i e n 5 t Bd. 2, S. XVIII-XIX.<br />
G) Hildegard Baronin von Spitzemberg erwähnt Helene von Lebbin in ihrem" Tagebuch"<br />
(3. Aufl. Göttingen 1963) mehrlam: 13. I. 1903: " ... frühstüd
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Kritik gezollt, ihn aber auch auf neue Gerichte gebracht haben, so auch auf das heute<br />
noch bekannte Schnitzel a la Holstein. Allein in diesem Zusammenhang dürfte Holsteins<br />
Name heute noch am häufigsten genannt werden. Die Zitierenden werden sich<br />
wahrscheinlich nur selten über die Herkunft des Namens im klaren sein.<br />
Holsteins Lebenslauf ist rasch wiedergegeben. Am 24. _1.priI1837 in Schwedt an<br />
der Oder als Sohn eines Premier-Leutnants a. D. 11) geboren, wurde er privat<br />
unterrichtet 12), konnte aber bereits mit 16 Jahren 1853 am Köllnischen Gymnasium<br />
als Externer 13) (Extraneer, wie es damals hieß) die Reifeprüfung ablegen, die allerdings<br />
damals nur schriftlich war. Seine Eltern hatten in fortgeschrittenen Jahren<br />
geheiratet, bei seiner Geburt war die Mutter bereits 45 Jahre alt 14). Die Familie<br />
zog 1848 nach Berlin und war von hier aus viel auf Reisen, wobei der Sohn fließend<br />
Französisch und Italienisch lernte. Nach dem Abitur studierte er in Berlin - und nur<br />
hier - Rechtswissenschaft und konnte bereits im Alter von 19 Jahren als Auskultator<br />
(entsprechend dem heutigen Referendar) beim Kammergericht tätig sein 15).<br />
Sein Eifer, sein Wissen, seine Sprachenkenntnisse werden gelobt. Er ging als<br />
Attache in den Auswärtigen Dienst 16). Die erste Auslandsstelle war St. Petersburg,<br />
wo er unter dem Botschafter Otto von Bismarck seine Fachausbildung erfuhr und<br />
vom späteren Kanzler vielfältig ins Vertrauen gezogen wurde. Bismardc charakterisiert<br />
ihn 1862 in einer Dienstlichen Beurteilung als "für den auswärtigen Dienst in<br />
hohem Grade brauchbar" 17). Das Examen für den diplomatischen Dienst besteht<br />
Holstein 1863. In diesem Jahr stirbt sein Vater; die Mutter war schon 1858 gestorben<br />
18). Kurz danach tritt er seinen Dienst als Legationss·ekretär bei der Gesandtschaft<br />
in Rio de Janeiro an. Es folgen weitere Auslandsposten, zuletzt Washington.<br />
Hier scheint sich etwas ereignet zu haben, was Holstein sein ganzes Leben nachhing.<br />
Die Quellenlage über diese Ereignisse ist verständlicherweise dürfcig, handelt es sich<br />
doch möglicherweise um nähere oder allzu nahe Beziehungen zur Gattin eines ge-<br />
11) Friedrichs Vater August von Holstein war auch kurz vor seiner Eheschließung zum<br />
preuß. Kammerherrn ernannt worden. Die Umstände der Ernennung, die der Komik nicht<br />
entbehren, sind von Kar I H a e n ehe n in seinem Aufsatz "Friedrich von Holsteins Herkunft<br />
und Jugend" (Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter 7 [1931] 109-130) auf S. II5-<br />
116 dargestellt. Vgl. hierzu aber R 0 g g e: Holstein S. 3 bei Anm. 4.<br />
12) Durch Hauslehrer (R 0 g g e: Holstein S. n f. u. ö.).<br />
13) Er "besuchte" also das Gymnasium nicht: T rot h a irrt S. 70. Die Ablegung der<br />
Prüfung als Externer (nach vorangegangenem Privatunterrimt) geht aus der Personalakte<br />
Holsteins zweifelsfrei hervor. Die Personalakte befindet sich im Politischen Archiv des Auswärtigen<br />
Amtes. Ich verdanke die Auskunft Frau Dr. Keipert vom PoHt. Armiv.<br />
14) Diese Karoline geb. von Brünnow war die zweite Frau August von Holsteins, die ältere<br />
Schwester der verstorbenen ersten (R 0 g g e: Holstein S. 3).<br />
16) Wegen "smwacher Brust und allgemeiner Körperschwäche" war Holstein nie Soldat<br />
( Fra u end i e n s t Bd. 1, S. XLVIII - zitiert nach der Personalakte -, R 0 g g e: Holstein<br />
S. 14).<br />
18) Da ihm ein Teil der für diese Laufbahn vorgesmriebenen Ausbildungsstationen fehlte,<br />
erreimte er erst durch Ausnahmegenehmigung des Prinzregenten Wilhelm (ab 1861 König<br />
Wilhelm r.) seine Ernennung zum Attame (24. II. 1860) (R 0 g g e: Holstein S. 17-23).<br />
17) Zitiert nam R 0 g g e: Holstein S. 25. S. a. Johann Saß: Bismarcks Petersburger<br />
Bericht über Holstein vom 28. April 1862, in: Preuß. Jahrbümer 219 (1930) 232-134.<br />
18) Rogge: Holstein S. 31 bzw. 16.<br />
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wichtigen amerikanischen Politikers, des Senators Charles Sumner. George W. F.<br />
Hallgarten beklagte, daß ihm die Frankfurter Zeitung vom 3. Januar 1875, die eine<br />
kleine Notiz brachte, nicht zugänglich sei 19). Die Notiz konnte herbeigeschafft<br />
werden 20). Das Vorkommnis kann aufgebauscht, aber auch wirklich ein wenig<br />
skandalös gewesen sein. Arthur von Brauer, badischer Staatsmann, zeitweilig Vortragender<br />
Rat im Auswärtigen Amt, also Holsteins Kollege, schreibt in seinen<br />
Erinnerungen über diese Episode: "In Washington war es, wo Holstein erstmals,<br />
und wohl auch letztmals, von Amors Pfeil ernstlich verwundet wurde. Er verliebte<br />
sich leidenschaftlich in die schöne und kluge Frau eines amerikanischen Senators,<br />
fand wohl auch Gegenliebe. Die Sache drohte zum Skandal auszuwachsen. Er wurde<br />
deshalb von seinem Chef auf Reisen geschickt und dann abberufen" 21), zunächst<br />
nach Stuttgart versetzt.<br />
Von 1868 bis 1870 ist Holstein vom Dienst beurlaubt. In dieser Zeit widmet<br />
er sich dem Tauschiffahrt-Unternehmen auf dem Rhein, das schließlich nicht zum<br />
Ziel führt, aber wohl Holsteins Vermögen verschlang 22). Juli 1870 nimmt er seinen<br />
Dienst wieder auf, ist kurze Zeit in Brüssel und dann bei der Fcldkanzlei des<br />
Großen Hauptquartiers. Doch nach wenigen Wochen kehrt er nach Berlin zurück.<br />
Am 5. Januar 1871 erscheint Holstein wieder im Hauptquartier in VersaiIIes und<br />
übersetzt einen Teil der Kapitulationsdokumente 23). Nach Hatzfeld erschien Holstein<br />
"zur größten überraschung" 24), "ungerufen", wie Rogge und Frauendienst<br />
19) George F. W. Hall gar t e n: Fritz von Holsteins Geheimnis. Neues Limt auf die<br />
LebensgesmidIte der "Grauen Eminenz", in: Historische ZeitsdII'ift 177 (1954) 75-83, besonders<br />
S. 761. - N 0 r man R i eh: Eine Bemerkung über Friedrim von Holsteins Aufenthalt<br />
in Amerika, ebda. 186 (1958) 80-86.<br />
20) Sie steht in der Ausgabe vom Sonntag, 3. I. 1875, Morgenblatt, auf S. 3 unter dem<br />
Strim und lautet: "Baron Holstein, welmer zuletzt in dem Arnim'smen Prozeß in Berlin eine<br />
Rolle spielt, soll derselbe preußisdIe Diplomat sein, weldIer früher als Mitglied der preußisdIen<br />
GesandtsdIaft in Washington durdI seine Galanterie gegen die Gattin des Senators<br />
Summer [!] die wütende Eifersumt Summers [!] erregte. Der ,große amerikanisme Staatsmann'<br />
benutzte seine damalige Stellung als Vorsitzender des Senats-AussdIusses für auswärtige<br />
Angelegenheiten, um die Abberufung Holstein's von Washington zu bewirken, wiewohl<br />
er gar keinen Grund zum Mißtrauen gegen seine durdIaus adItungswerthe Frau hatte,<br />
die sidI bald darauf von ,ihm wegen seiner Unerträglimkeit trennte und später eine förmliche<br />
Scheidung erlangte." - Dazu die Äußerung von G ü n t e r R ich t e r (FriedridI von Holstein.<br />
Ein Mitarbeiter Bismarcks. 1966 = Historische Studien H. 397, S. 18-19): "Washington<br />
ist aum der Ort, an dem sidI angeblidI eine niemals restlos geklärte ,Liebesaffäre' Holstcins<br />
abgespielt hat. Er soll dort mit der Gattin des Senators Sumner ein Verhältnis gehabt und<br />
dadurm seine Washingtoner Stellung unmöglim gemamt haben. Abschließendes läßt sim darüber<br />
nidIt sagen ... ".<br />
ti) Arthur von Brauer (s. Anm. 6) S. 109. Hierzu Norman Rieh: Eine<br />
Bemerkung über Friedrich von Holstcins Aufenthalt in Amerika, in: Historische Zeitsmrift<br />
186 (1958) 85: "Brauers Memoiren sind voller Ungenauigkeiten, und es ist hödIst unwahrscheinlidI,<br />
daß Holstein Brauer in dieser Angelegenheit Vertrauen gesdIenkt hat. Brauers Information,<br />
wie so viele andere über diese Affaire, beruhten wahrsmeinlim auf Klatsch."<br />
22) R 0 g g e: Holstcin S. 70-87. S. a. Helmuth Rogge: Friedrim von Holstein, Max Eyth<br />
und die Tau-Smleppfahrt, in: Blätter für deutsme Landesgeschimte 89 (1951) 169-146.<br />
23) R 0 g g e: Holstein S. 99.<br />
24) Zit. nach R 0 g g e: Holstein S. 96.<br />
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schreiben 25). Er bleibt dort beim "diplomatischen Stabe des Kanzlers im Felde" 26)<br />
und macht sich nützlich. Ende 1871 wird Holstein zweiter Sekretär an der neu<br />
geschaffenen deutschen Botschaft in Paris unter Harry Graf Arnim. Holstein muß<br />
1874 im Prozeß gegen' Arnim (wegen der "Entwendung amtlicher Dokumente) •••<br />
als Zeuge auftreten" 27).<br />
Holsteins Lebensaufgabe findet sich dann im Auswärtigen Amt unter Bismarck<br />
und den folgenden Kanzlern, die ja gleichzeitig Minister des Auswärtigen waren<br />
(eines der wenigen Kaiserlichen, d. h. Reichsämter). Auf Grund seiner hervorragenden<br />
persönlichen Beziehungen zu den Auslandsposten, seines immensen Fleißes,<br />
seiner schwer übertreffbaren Kenntnisse macht er sich unentbehrlich. Wegen seiner<br />
oft schroffen und aum eigensinnigen Verhaltensweise wurde er gefürchtet. Das im<br />
Lauf der Jahre zunehmende Augenleiden (er litt am grauen Star und wurde deswegen<br />
audl zweimal operiert) machte ihn noch scheuer, weil unsicherer. Immer<br />
wieder auftretende Spannungen, ja Zerwürfnisse mit den Reichskanzlern und den<br />
Staatssekretären veranlaßten ihn, im Lauf der Jahre insgesamt mindestens vier<br />
Gesuche um Abschied einzureichen. Schließlich, 19°6, wurde dem Gesuch stattgegeben,<br />
und er zog sich nach seiner Entlassung am 16. April 28) in seine Wohnung<br />
zurück, wo er seine Papiere sichtete und die wenigen verbliebenen Verbindungen,<br />
am ehesten nom zu Helene von Lebbin, pflegte. Er starb schließlich am Herzschlag<br />
am 8. Mai 190929) und wurde am 1 I. Mai von der Kapelle des Augusta-Hospitals<br />
aus auf dem Invalidenfriedhof begraben 80). Es wird in der Literatur vermerkt, daß<br />
der Kaiser weder einen Abgesandten noch einen Kranz schickte. Doch Bülow und<br />
Frau erschienen ("im letzten Augenblick", wie Kürenberg berichtet) 31). Einerseits<br />
heißt es, "nur wenige Trauergäste begleiteten den Sarg" 32), andererseits, offenbar<br />
von einern Augenzeugen überliefert, "es waren viele Menschen da" 83).<br />
Holstein scheint nicht sehr wohlhabend gewesen zu sein. Er hat nach dem Intermezzo<br />
mit dem Tauschiffahrt-Unternehmen auf dem Rhein, "ein mechanisches<br />
.ft) R 0 g g e; Holstein S. XXV bzw. Frauendienst Bd. I, S. XIV.<br />
2ft) R 0 g g e: IIolstein S. 96.<br />
'7) Fra u end i e n s t Bd. I, S. L. Holsteins Aussage ist abgedruckt in "Darstellung der<br />
in der UntersudlUngssac:he wider den Wirk!. Geh. Rath Grafen von Amim vor dem Kg!.<br />
Stadtgericht zu Berlin im Dezember 1874 stattgehabten Verhandlungen" (Berlin 1875) auf<br />
den S. 131-141.<br />
'8) R 0 g ge: Holstein S. 147'.<br />
29) Am 8. Mai 1909 um 18.10 Uhr, wie der Arzt Dr. Grünfeld in einem Brief an Ida<br />
von Stülpnagel mitteilt (R 0 g ge: Holstein S. 340), also nicht am 9. Mai 1909, wie<br />
Fra u end i e n s t Bd. I, S, LIV sc:hreibt.<br />
30) T rot h a S. 19 und Kar! T r e u wer t h: Der Invalidenfriedhof in Berlin. Berlin<br />
1915, S. 43-44. Das Grab Holsteins befand sich im Feld E. Ob es noch erhalten ist, ließ sich<br />
nicht ermitteln.<br />
31) J 0 ach i m von Kür e n b erg: Holstein, die Graue Eminenz. 8. Auf!. StoIIhamm,<br />
Berlin 1954. S. Z56. Hinzuweisen ist auf Ludwig Herz' Urteil über Kür e nb erg s<br />
Buch: "Völlig wertlos" (H erz: Rätsel um Fritz von Holst ein, in: Preuß. Jahrbücher 131<br />
[1933] 161).<br />
32) Kürenberg (s. Anm. 31) S. 156.<br />
33) T rot h a S. zoo<br />
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103
Schleppsystem für Kanal- und Flußschiff-Transporte" 3'), ganz offensichtlich allein<br />
von seinem Beamtengehalt gelebt. Das Gehalt eines hohen Ministerialbeamten ist<br />
nicht gering gewesen: 1897: 9.900, 1906: 1I.000 Mark je Jahr 35). Seine Wohnung<br />
in der Großbeerenstraße war, wie vielfach versichert wird, bescheiden. Ein eigenes<br />
Haus besaß er jedenfalls nicht. Die Entlohnung seiner Haushälterin dürfte sich in<br />
den damals normalen Grenzen bewegt haben. Seine Mahlzeiten bei Borchardt allerdings<br />
haben gewiß einiges gekostet, insbesondere durch die Regelmäßigkeit, in der<br />
der Geheimrat sie einnahm, sich summiert haben. Selbst wenn es stimmt, daß er<br />
als junger Mann gespielt habe, deutet nichts darauf hin, daß er dieser Leidenschaft<br />
in seinen späteren Jahren gefrönt hätte. Er hat auch, wenigstens gegen Ende seines<br />
Lebens, keine kostspieligen Reisen unternommen. In den Jahren ab 1895 suchte er<br />
im Harz Erholung. Bis 1908 ist er regelmäßig mehrere Wochen im Herbst 36) in<br />
diesem für die Berliner damals am ehesten erreichbaren Mittelgebirge gewesen. Aus<br />
seinen Briefen, insbesondere denen an Ida von Stülpnagel und Helene von Lebbin,<br />
geht einiges hervor, das mitteilenswert ersch.eint. Die von Helmucl1 Rogge unter dem<br />
Titel "Friedrich von Holstein, Lebensbekenntnis .•• an eine Frau" (Berlin 1931) und<br />
die von Friedrich von Trotha in seinem Werk "Fritz von Holstein als Mensch und<br />
Politiker". (Berlin 1931) mitgeteilten Briefe Holsteins, diese teils ergänzt, teils berichtigt<br />
aus Holsteins Nachlaß im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes der<br />
Bundesrepublik Deutschland, sind die hauptsächlichen Quellen. An dieser Stelle ist<br />
der Leitung des Politischen Archivs für die Genehmigung zur Einsichtnahme des<br />
Holstein-Nachlasses aufrichtig zu danken.<br />
Ende Juli oder Anfang August 1895 war Holstein bei dem Versuch, auf die<br />
Pferdebahn aufzuspringen, gestürzt; er hatte sich die rechte Schulter beschädigt.<br />
Eine, besonders nachts lästige, Neuralgie kam dazu, so daß er in Bad Meinberg (nahe<br />
Detmold) Heilung suchen mußte. Diesen Kurort hatte Holstein aufgesucht, weil<br />
dort der Geheime Sanitätsrat Struck, ehemaliger Hausarzt Bismarcks 37), weilte,<br />
den er nötig habe, wie er schreibt 38). Um Anfang September herum muß Holstein<br />
dann nach Hasselfelde im Harz gefahren sein, von wo sein Brief an die Kusine Ida<br />
34) Fra u end i e n s t Bd. I, S. XLIX.<br />
86) Zu den 9.900 Mark trat infolge der Gehaltserhöhung im Haushaltsjahr 1897/98 eine<br />
Zulage von 1.100 M, so daß sim das Gehalt 1897 bereits auf 11.000 M belief. 1906 trat dazu<br />
nom ein Wohngeldzusmuß in Höhe von 690 M, so daß die gesamten Einkünfte 1906 brutto<br />
11.690 M betragen haben müssen. Frdl. Auskunft von Frau Dr. Keipert, Politismes Armiv des<br />
Auswärtigen Amts, aus Holsteins Personalakte. - Die Zahlen sagen nur etwas aus, wenn sie<br />
zu anderen Einkommen in Beziehung gesetzt werden. 0 t t 0 von Lei x ne r gibt in ,,1888<br />
bis 1891. Soziale Briefe aus Berlin", Berlin 1891, Beispiele für die Einnahmen (und Ausgaben)<br />
Berliner Familien. Im 16. Brief, wo "ein reiches Haus" für 1888 beschrieben wird, gibt er die<br />
Einnahmen mit 13.165 MlJahr an (S. 166), im 17. Brief, "eine Beamtenfamilie" betreffend,<br />
werden die Einnahmen für 1889 mit 5.450 M/Jahr angegeben (5. 176); in diesem Fall verfügt<br />
die Hausfrau über die Summe von 170 M/monatlich für die Ernährung einer sechsköpfigen<br />
Familie (5. 176 und 178). Holsteins Einkommen liegt (allerdings rd. 10 Jahre später) etwa<br />
in der Mitte zwismen den genannten.<br />
88) Die von ihm bevorzugte Jahreszeit: "Meine Zeit ist ... viel später [als Juni], wenn<br />
der Harz nicht so von Kindern wimmelt wie jetzt" (R 0 g g e: Holstein S. 133).<br />
37) R 0 g g e: Holstein S. 1312.<br />
311) R 0 g g e: Holstein S. 173.<br />
104<br />
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Abb. I Hotel Klapproth in Riefensbeck<br />
(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />
Abb. 2 Postkutsche nach St. Andreasberg vor dem Postamt in C13usrhal, '90 2<br />
(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />
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Abb.3 Postkutsche vor dem Dammhaus, 190 9<br />
(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />
Abb. 4 Auerhahn um 1896<br />
lBehme u. WesseI, Führer durch die Luftkurorte Hahnenklee ... , Wolfenbüttel 1896)<br />
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Abb. 5 Weinstuben Borchardt in Berlin, Französische Straße<br />
(B ildarchiv Preußisdler Kulturbesitz, Berlin)<br />
Abb. 6 Holstein in seinem Arbeitszimmer<br />
(Ullstein-Bildcrdienst, Berlin)<br />
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Abb. 7 Holsteins Beisetzung auf dem Invalidenfriedhof, vorn Fürst und Fürstin Bülow<br />
(UlIstcin-Bilderdicnst, Bcrlin)<br />
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von Stülpnagel vom 16. September 1895 gerichtet ist. "Gleich nach Strucks Abreise"<br />
ist er in den ihm "sympathischen Harz" gegangen, weil "in Meinberg ..• die Luft<br />
zu feucht und dick" war. Holsteins Empfindlichkeit gegenüber den klimatischen Verhältnissen<br />
ist deutlich erkennbar. Er war zu dieser Zeit 58 Jahre alt. Holstein empfindet<br />
es als sehr angenehm, von dienstlichen Informationen "ungeschoren" zu<br />
bleiben, da er seine Adresse nicht angegeben hat. Doch die Ruhe ist bereits ab<br />
15. September durch eintreffende Eilbriefe gestört. "Da fahre ich lieber gleich morgen<br />
nach Berlin zurück." Offenbar reist er tatsächlich rasch ab. In den Tagen des<br />
Aufenthaltes in HasseIfeIde nimmt er morgens Bäder von Staßfurter Salz, nachmittags<br />
"marschiert(e)" er" Tag für Tag 6 Stunden, ohne auszuruhen". Genau diesen<br />
Zeitraum gibt er als erforderlich an, um von HasselfeIde aus auf den Brocken zu<br />
steigen. So geschehen am Sonntag, 15. September. Als Verpflegung führt er nur<br />
"Brot, Schinken und Wein" mit, die er oben im Stehen V'Crzehrt. Ebenso bescheiden<br />
beköstigt er sich selbst oft auf seinen Wanderungen. Vom Gipfel wandert er nach<br />
Braunlage, wo er eine Portion Rührei zu sich nimmt. Mit einem Einspänner trifft er<br />
schließlich wieder 1n HasseIfeIde ein - offenbar recht spät am Abend, denn seine<br />
Wirtsleute sorgen sich bereits um ihn: " ... der Fremde habe sich im Dunkeln verirrt."<br />
An demselben Abend um 13 Uhr wird ihm noch ein Eilbrief zugestellt. Bemerkenswert<br />
scheint seine in diesem Brief noch geäußerte Ansicht über den höchsten<br />
Berg des Harzes: "Ein merkwürdiges Berglein ist doch der Brocken. Aus seinen<br />
elenden 3500 Fuß weiß er das Unglaubliche zu machen mit Rülfe des Wolkenspuks.<br />
Ähnliche Wolkenschieberei sah ich nie und nirgends. Wind und Wolken gibt's eben<br />
dort immer. Wenn man denkt, daß I 1/8 Meter Regen im Jahr auf dem Brocken fällt.<br />
Bei dem Gedanken allein schon können einem Schwimmhäute wachsen" 89).<br />
Aus diesem frühesten Harz-Bericht geht bereits hervor, was Rolstein seinen<br />
Briefempfängern, vor allem der Kusine Ida von Stülpnagel, mitzuteilen für wichtig<br />
hielt: Tagesablauf im Urlaub mit großen Wanderungen, genossenen Mahlzeiten,<br />
Landschaft und Wetter und immer wieder der Wunsch, für die Post unerreichbar zu<br />
sein, aber doch das Vermerken, daß Briefe, meist dienstliche Eilbriefe, cintrafen.<br />
17. September (Dienstag) oder wenig später dürfte Rolstein nach Berlin zurückgekehrt<br />
sein.<br />
1896, 1m folgenden Jahr also, schreibt Rolstein am Donnerstag, 13. August, an<br />
den Gesandten AIfred von Kiderlen-Wächter: "übermorgen oder spätestens Sonntag<br />
gehe ich auf Urlaub, wandere etwas umher ohne feste Adresse. Wenn inzwischen<br />
etwas Großes passiert, werde ich es ja durch die Presse erfahren" 40). An demselben<br />
Tag schreibt Holstein fast denselben Text an Philipp Graf zu Eulenburg: "Ich bin<br />
müde, will einige Wochen im Mittelgebirge auf gebahnten Wegen wandern und<br />
habe deshalb fürs erste keine Adresse" 41). Rolstein muß sich mit der bevorstehenden<br />
Harzreise intensiv beschäftigt haben, denn eine dritte Briefstelle, vom 15. August<br />
88) R 0 g ge: Holstein S. 174. Bei dem Brief handelt es sich um den oben erwähnten<br />
Eilbrief.<br />
10) Fra u end i e n s t Bd. 3, S. 581.<br />
11) Fr auen di ens t Bd. 3, S. 583.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
1°5
1896 aus Berlin an Ida von Stülpnagel, kündigt die Reise erneut an: "Ich will jetzt<br />
einige Wochen Fichtennadelbäder in Harzburg nehmen, da ich von Rheumatismen<br />
ziemlich geplagt bin; habe mir das selber verordnet. lIarzburg ist, glaube ich, teuer.<br />
1-3 Wochen werden genügen, nachher setze ich mich an einen anderen Ort, den ich<br />
schon kenne, wo ich ganz einsam und ungeniert bin und spazierengehen kann. Die<br />
Beine sind immer noch das Beste an mir" 42). Bald nach dem 15. wird er gereist sein.<br />
Er wohnt in Bad Harzburg 43) im Haus von Julius Fischer, das er mal Kate<br />
Fischer "), mal Villa Fischer 45), mal Nudelmühle 46) nennt. Am Freitag, 18. August<br />
geht er mit der Tochl'er Mieze einer bekannten Familie 47) von Harzburg nach<br />
Romkerhalle 48) im OkertaI. Sein Streben, doch lieber ohne Begleitung zu wandern,<br />
wird durch eine Stelle an Helene von Lebbin vom gleichen Tag deutlich: "Als ich .•.<br />
sicher war, daß niemand eine größere Fußtour machen wollte, erklärte ich, daß ich<br />
nun über den Ahrendsberg zu Fuß zurückkehren würde, was ich auch tat". Steil<br />
bergauf klettert er über eine Stunde in großer Wärme "durch das Tannenstangenholz<br />
ohne Weg aufwärts, den Hut auf den Rücken gehängt". Bezeichnend für den zurückgezogen<br />
Lebenden ist seine anschließende Bemerkung: "Fast oben stieß ich auf einen<br />
gut gehaltenen Forststeig, der sich in der Rimtung bewegte, wo ich hinwollte. Nach<br />
20 Minuten war ich auf dem Bergrücken, worauf der Steig verschwand. Die Forstleute<br />
haben ihn eben für sich angelegt und bringen ihn nicht bis an die Touristenwege,<br />
damit die Lümmel von Touristen ihn nicht benutzen. Das begreife ich". Gegen<br />
10.30 Uhr trifft er im Harzburger Quartier ein "mit dem Bewußtsein, einen mehr<br />
als sechsstündigen, zum Teil recht strapaziösen Marsch heute nachmittag geleistet<br />
zu haben". Bei großer Wärme ist ein sechsstündiger Fußmarsch, erst recht in<br />
bergigem Gelände und zum Teil in direktem Anstieg ohne Weg, eine anerkennenswerte<br />
Leistung. Im nächsten Satz, der auf den zuletzt zitierten folgt, erklärt er:<br />
"Aber das strapaziert mich gar nicht - gestern nachmittag ging ich auch gegen fünf<br />
Stunden" 49).<br />
Am Samstag, 5. September J 896, schreibt Holstein wiederum in einem Brief an<br />
Helene, daß er über Torfham, Altenau und den Ahrendsberg zurück nach Harzburg<br />
gewandert sei 50). Er versäumt nicht, der Freundin mitzuteilen, daß er "im Torfhaus<br />
(Försterei) •.. einen Eierkuchen mit Schinken" best-eIlt habe. "Indes kam allein<br />
der Eierkuchen, u. der Schinken, u. beides war schlecht. Dazu Bier. In Altenau Hotel<br />
U) R 0 g g e: Holstein S. 180.<br />
(3) Gleim hier sei erwähnt, daß das "Harzer Kur-Blatt. 5aison-Zeitsmrift für die Bäder,<br />
Luftkurorte und 50mmerfrismen des Harzes" (Braunsmweig: Lohmann), das für die Jahre<br />
1896 und 1897 durmgesehen wurde, keine Gästelisten enthält.<br />
U) 1896: Trotha 5.34.<br />
'") 1896: Trotha 5.35.<br />
(8) 1897: Trotha S.40.<br />
(7) Der Name ist nimt zu ermitteln.<br />
'") Nimt Romkerfalle, wie T rot h a S. 34 sm reibt. - Der Familienname wird nur mit<br />
M. (5.33) bzw. v. M. (5.34) angedeutet. Vielleimt aufzulösen als von Mimael?<br />
(9) T rot h a S. 34.<br />
GO) Die Angabe der Wanderstrecke "2 km" bei T rot ha S. 35 ist entweder ein 5mreibfehler<br />
Holsteins oder ein Setzfehler. Die ganze Strecke ist etwa 15 km lang.<br />
106<br />
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Rammelsberg 51) bekam ich dagegen guten kalten Rostbeaf und 1/2 Flasche Moselsäuerling,<br />
den ich in der Brusttasche mitnahm. Die zum Hotel Ramm[elsberg] gehörige<br />
nette Villa wird an Pensionäre a 5 Mk pro Zimmer - für alles - vermietet.<br />
Ich sagte dem Wirt ausdrücklich, daß es sich um eine Dame handle, die werden [!]<br />
kaum noch Bier trinkern]. Das wäre mal ein Ort. Aber ich bin nicht für solche abgelegenen<br />
Lokale. - Wenn das Wetter erträglich bleibt, wie es heute war, sehe ich<br />
mir Hahnenklee sicher noch an. - Was die Bäder mir genützt haben, bleibt dunkel.<br />
Heute beim Sprung über einen kleinen Waldbach tat die Wade wieder so weh, daß<br />
ich fast reinfiel. Ich setzte mich also geduldig hin und wieder, und nachher gings auch<br />
ohne Störung weiter. Das Ehepaar Michael-Ihlefcld 52) hat mich besucht. Gestern<br />
abend saßen wir im Actien-Hotel 53 ). Morgen zum Abschied Wiederholung. -<br />
Sonntag verschwinde ich, wie gesagt. Wohin? Ja, wenn ichs wüßte. - Heute lief<br />
ich auch wieder durch, aber das soll mich nicht anfechten" 54). - Am nächsten Tag<br />
möchte er abreisen, weiß aber eben das Ziel noch nicht. Offensichtlich von Harzburg<br />
aus hat Holstein trotz starken Regens den ganzen August über "regelmäßig Touren<br />
von 4-9 Stunden gemacht ... außer an zwei Tagen" 55). Zweimal hat er den Brod{en<br />
erklommen.<br />
Holstein muß sich sehr bald nach Beendigung des Briefes vom 5. September<br />
darüber klar geworden sein, daß er wieder, wie im Vorjahr, nach Hasse1f.elde weiterreisen<br />
will. Denn sein Brief vom Dienstag, 8. September 1896, meldet, daß er "seit<br />
vorgestern", d. i. 6. September, also einen Tag nach dem Brief vom 5., "wieder in<br />
dem schoflen Hasselfelde ... sitze" 56). Am 7. September 'aber schreibt er an die<br />
Kusine Ida von Stülpnagel: "Hasselfelde ist ein reinliches Städtchen" 57). Wenn auch<br />
schofel und reinlich nirnt echte Gegensätze sind, so fallen die verschiedenen Attribute<br />
doch auf. "Hasselfelde 0 h ne Spaziergänge ist nicht kurzweilig, nein" meldet der<br />
Gast am 9. September 58). Er wohnt im Gasthof Deutscher Kaiser 59). Trotz allem<br />
01) In M e y e r s Reiseführer Der Harz, 14. Aufl., Leipzig, Wien 1897, auf S. 167 als<br />
"Rammelsbergs Hotel, am \Vald, zugleich Kurhaus ... " aufgeführt und im Annoncen-Anhang<br />
vertreten. Das Hotel war nach dem Namen des Besitzers, C. Rammelsberg, genannt. Das<br />
Haus besteht noch als "Altenauer Hof".<br />
&2) Angaben über diese Familie konnten nicht ermittelt werden.<br />
&3) In M e y e r s Reiseführer (s. Anm. 5 I) auf S. I 16 verzeichnet: "Harzburger Hof<br />
oder Aktienhotel, am Schmalenberge". Das Haus besteht noch als "Harzburger Hof".<br />
ot) Akt e n Bd. 79, BI. I I-I 1 •<br />
.. ) R 0 g ge: Holstein S. 180.<br />
&6) Trotha S. 35.<br />
&7) R 0 g g e: Holstein S. 180.<br />
&8) T rot h a S. 36.<br />
&9) R 0 g ge: Holstein S. 180. - Zur Geschichte dieses Hauses wurde folgendes ermittelt:<br />
im Stadtplan von 1794 fehlt es noch, es erscheint zuerst in einer Schoßliste von 1834: auf der<br />
Ostseite der Blankenburger Straße als "Schützenhaus" (Schießstand und Schützenplatz in der<br />
Nähe), zunächst noch ohne Bewirtschaftung. Nach der ReichsgfÜndung erhielt das nunmehrige<br />
Gasthaus den Namen "Hotel zum Deutschen Kaiser", nach 1918 "Zum Deutschen Hause".<br />
Besitzer war ab 1870 Daniel Heydedce, dann dessen Nachfahren bis etwa 1930. Im Zweiten<br />
Weltkrieg wurde der Hotelbetrieb aufgegeben, nach Kriegsende kaufte das Haus eine Baufirma<br />
aus Halberstadt, um Büro- und Wohnräume einzurichten (die Firma war am Bau der<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
1°7
leibt Holstein rund zwei Wochen hier. In dem zitierten Brief vom 9. September<br />
charakterisiert Holstein den Harz und die Natur mit folgenden Worten: "Merkwürdig,<br />
wie rasch die Wechsel im Gebirge kommen. Heute Nacht war das Firmament<br />
prachtvoll. Heute Vormittag HasselfeIde was looking its best, mit dem Oberharz im<br />
blauen Duft [!] als Hintergrund. Gegen Mittag wurde die Sache bedenldich und<br />
jetzt, alles duster. - Gleichviel wie das Wetter morgen ist", fährt er fort, "ich<br />
werde morgen stilI zu sitzen haben. Heute Vormittag ging ich ganz langsam auf der<br />
Chaussee 3 Stunden, es hat aber doch die Zeitung gestört .... bleibe his zum 10.<br />
weg" 60).<br />
Im Postskript eines "Mittwoch" datierten, aber gewiß im September 1896 an<br />
Helene von Lebbin gerichteten Briefes teilt Holstein über sein Befinden mit: "Mein<br />
Magen, der in Berlin eine Zeitlang verärgert war, befindet sich wieder normal, wozu<br />
wohl mein maßvolles Essen beitragen mag. Rheumatismus vielleicht etwas - aber<br />
wenig - besser. Allgemeinbefinden gut" 61).<br />
Am Il. September schreibt Holstein der Freundin Helene von Lebbin: "Gestern<br />
saß ich den ganzen Tag zu Hause, des Fußes wegen, und kasteite mich dabei. Früh<br />
I schwarzen Kaffee, mittags Bouillon ohne sonst was und abds. z Eier. Abgesehen<br />
von gelegentlichen neuralgischen Kopfschmerzen geht es mir gut. - Wetter immer<br />
zweifelhaft. Ich gehe heute etwas, aber vorsichtig auf ebenen Wegen. Die ,Tollkühnheit'<br />
würde hier in dem guten Harz kaum Verwendung finden, auch bei gesunden<br />
Gliedmaßen. - Diese jetzige Lebensweise fällt mir ziemlich auf die Nerven. Von<br />
spätestens Montag ab werde ich jedenfalls wieder gehen wie andere Menschen, vielleicht<br />
auch mal nach Schierke. - Leben Sie wohl. - Ein schlecht gelaunter alter<br />
Brummer" 62). Der Il. September war ein Sonnabend. Bereits am 13., also am Sonntag,<br />
wandert Holstein nachmittags nach Rübeland und Wendcfurth, "da unten im<br />
Bodetal ist eine wärmere, weichere Luft als hier" 63) - so hat er also nicht bis zum<br />
Montag zu warten brauchen, der Fuß war vorher geheilt.<br />
Offenbar noch aus HasselfeIde schreibt Holstein einen Brief, den er lediglich<br />
"Montag Nachmittag" datiert, der aber im September 1896 geschrieben sein wird:<br />
"Es ist unsagbar, was man hier an Wäsche spart. Mein Hemde, dritter Tag, ist noch<br />
so, daß man in der Dämmerung es in Berlin tragen könnte. - Der Wirt behauptet,<br />
daß das Wetter besser wird. Aber die Wege, außer Chaussee, sind unpassierbar. Ich<br />
werde daher ganz bescheiden meine Tollkühnheit auf der Chaussee nach Tanne aus-<br />
Rappbodesperre und der Kanalisation in HasseIfeIde beteiligt). Während dieser Zeit hieß<br />
das Haus "Haus Halberstadt". Um 1960 wurde es umgebaut und einem Volkseigenen Gut<br />
zur Verfügung gestellt. Das Haus steht also noch (Nr. 107). (Frdl. Mitteilung von Herrn<br />
Kar! Böhnstede in HasseIfeIde.)<br />
60) Akten Bd. 79, BI. 15.<br />
61) Akt e n Bd. 79, BI. ZZV. Dem kalendarischen Befund und Holsteins Aufenthalt im<br />
Harz nach kommen nur die Mittwoche 9., 16., Z3. und 30. als Tage der Abfassung dieses<br />
Briefes in Betracht. Da auf das jüngste Befinden in Berlin Bezug genommen wird, liegt der<br />
9. 9· 1896 am nächsten.<br />
62) Akt e n Bd. 79, BI. 17v-I8.<br />
63) T rot h a S. 38.<br />
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toben lassen - diesen Brief werde ich, falls ich ans Ziel gelange, dort in den Kasten<br />
werfen" 64).<br />
Aus Harzburg schreiht Holstein am 5., aus Hasselfelde ,am 8. September 1896.<br />
Offenbar hat er die Bahnstrecke über Goslar, Harzburg, Nordhausen benutzt, denn<br />
von Goslar aus machre er zu Fuß einen Abstecher nach Hahnenklee, dessen Charakterisierung<br />
mitteilenswert ist: "Sonnabend inspizierte ich Hahnenklee. Von Goslar<br />
drei Stunden hinauf, nach Lautenthal 65 ) I 1/, Stunde hinunter, alles bei Regen.<br />
Hahnenklee ist eine grüne Wiese, von Wald umgeben. Recht schöne Lage, große<br />
Zukunft, ohne Zweifel. Eine ältere Dame, der ich vor dem Ort begegnete, vertraute<br />
mir an, Pensi{)n Schwcnzel 66) sei eine Spezialität für Damen und durchaus zu empfehlen.<br />
3 1/2-4 Mark. Der Wirt im Deutschen Haus 67) suchte mich durch die Mitteilung<br />
zu gewinnen, der OberIandforstmeister v. d. Borne 68) werde demnächst für einige<br />
Wochen erwartet. Gerade für meine Zwecke war das aber nichts, denn es waren<br />
noch ziemlich viele Fremde da, welche sich während des Regens unter der Veranda<br />
gegenseitig beobachteten. H i ergibt es das nicht. Als Frau von Michael 69) mich in<br />
Harzburg fragte: ,Was 1St denn das für ein Ort, wo Sie hingehen?' erwiderte ich:<br />
,Ein Ort, wo man ein Hemde zwei Tage tragen kann' - womit in der Tat die ganze<br />
Lage definiert ist. - I'ür Böttichers 70) würde ich Hahnenklee sehr empfehlen. Das<br />
Deutsche Haus macht einen gut e n Eindruck. Pension für einen Menschen, mit<br />
Zimmer I. Etage, 4,5071). Ich müßte mich irren, wenn Mutter Bötticher nicht manchmal<br />
wegen der hohen Harzburger Preise sich Sorgen machte. Harzburg ist wirklich<br />
M) Akt e n Bd. 79, BI. 24v-25.<br />
85) Bei Trotha S. 35 steht La n tenthal, was gewiß ein Lesefehler ist.<br />
88) Frhr. Grote gibt in seinem "Führer durdt die Umgebung der Luftkurorte Hahnenklee,<br />
Boc:kswiese und Auerhahn", Lautenthai [1895], S. 45 die Pe n s ion Sdtwenzel mit<br />
20 Betten in 15 Zimmern an, also eines der größten Häuser.<br />
07) In Meyers Reiseführer (s. Anm. 5 I) ist das Deutsdte Haus auf S. 147 verzeidtnet.<br />
Als Besitzer istFric:k angegeben,es wird als "sehrbesudtt,Zimmer(besdteiden) 1,50-2 [Mark],<br />
... Pens[ion] m[it] Z[immer] von 3,50 M. an" besdtrieben. Vgl. audt Anm. 71. - Zur Gesdtidtte<br />
dieses Hauses s. Kar! S eh u b e r t: Mein Heimatort Hahnenklee, o. O. 1932,<br />
S. 11-14.<br />
88) Es kann sidt um den Landforstmeister von dem Borne handeln, der im "Handbudt<br />
über den Kgl. Preuß. Hof und Staat" für die Jahre 1895-1897 als Vortragender Rat im Ministerium<br />
für Landwirtsdtaft, Domänen und Forsten, Abt. III Forst- und Jagdsachen, nachgewiesen<br />
ist. - Die in C1austhal erscheinende Tageszeitung "Offentliche Anzeigen für den Harz"<br />
bringt am 20. S. 1890 die Notiz vom 16., daß der Landforstmeister v. d. Borne innerhalb<br />
einiger Tage im Forstrevier Torfhaus zwei Auerhähne erlegt habe. - Es wird auch derselbe<br />
sein, der im Juli 1883 (ohne Angabe der Tage) im Hotel Zur Krone in C1austhal gewohnt<br />
hat, wie das Gästebuch mit der Eintragung "1883 Juli v. d. Borne, Ob-Forstmstr, Hannover"<br />
ausweist.<br />
89) s. Anm. 52.<br />
70) Gemeint ist das Ehepaar Karl Heinrich und Sophie (seit 1864: von) Bötticher. B.<br />
(1833-1907) war preuß. Staatsminister und Staatssekretär im Reichsamt des Innern, zuletzt<br />
Oberpräsident der Provinz Sachsen.<br />
71) Eine Anzeige des Hotels Deutsches Haus im fraglichen Jahr 1906 gibt als Pensionspreis<br />
"3,50 bis 4 M." an (F ri e d r ich B eh m e u. H. Wes sei: Führer durch die Luftkurorte<br />
Hahnenklee, Booowiese, Wildemann, Lautenthai und Wolfshagen im Harz. Wolfenbüttel<br />
1896, im unpaginierten Anzeigenteil am Ende des Bandes).<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
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laure auf den ersten Regentropfen, der aufs Papier fällt". In einem Postskriptum<br />
dieses Briefes lobt Holstein seine Haushälterin Röber mit den Worten: "Röberchen<br />
ist ein pünktliches Geschöpf. Vorgestern sdlfieb ich, sie solle was nachschicken, und<br />
heute vormittag war es da. Können Sie die nicht beim Umzug verwenden?" 77).<br />
Am 15. sieht er den Rückreisetermin für Montag, 2 I. September, vor. Doch am<br />
20. September, "Sonntag v[or]m[ittags]", schreibt Holstein: "So, alles ist gepackt.<br />
Ich schicke die Sachen heute nach Suderode und gehe meinerseits zu Fuß, soweit das<br />
Wetter es zuläßt. Anstatt quer durch den Harz zu gehen, werde ich, mit Rücksicht<br />
auf die unfreundlichen Wetterzeichen, mich wohl so halten, daß ich nicht allzuweit<br />
von der Bahn bin. Morgen werde ich von Suderode aus in aller Ruhe mich so einrichten,<br />
daß ich abends bei guter Zeit in Berlin bin. Wenn ich morgen mittag gefahren<br />
wäre, hätte ich nicht um 9 Potsdamer Bahnhof sein können. Deshalb fahre<br />
ich heute. Dieser Marsch wäre auch sehr hübsch, aber oh, dies Wetter!" 78) Holstein<br />
wird also am Sonntag, 20. September, bis Gernrode gefahren und dann von hier am<br />
Montag, 2 I., mit der Bahn nach Hause gereist sein. Er schreibt ja auch, er wolle über<br />
Gernrode 79) fahren und hoffe, gegen 20 Uhr in BerIin einzutreffen 80) "und nach<br />
9 •.. in der Bendlerstraße" zu sein 81). Es regnete weiterhin andauernd, denn er fügt<br />
die Wörter "patsch, patsch" dem Satz an, in dem er seine Absicht kundtut, den Brief<br />
"als Spazierziel nach Rübeland oder Blankenburg" zu tragen 82).<br />
Im nächsten Jahr, 1897, reist Holstein wieder in den Harz: Harzburg, Hasselfelde<br />
und Elbingerode sind die Aufenthaltsorte. Am Montag, 16. August 1897,<br />
nimmt er in "Solo-Speisung auf dem Potsdamer Bahnhof" sein Mittagessen ein und<br />
fährt nun etwa 15 Uhr nach Harzburg 83), wo er ca. 23.15 Uhr eintrifft 84). Er<br />
wohnt wieder bei Julius Fischer. Das dortige Bett hält er der Mitteilung für wert,<br />
stehe "gegen das heimatliche erheblich" zurück 85). Am Dienstag, 17. August erwähnt<br />
er in einem Brief an Helene von Lebbin den offenbar von einem früheren Besuch her<br />
bekannten Spitz: "Der Charakter des gelben Spitzes hat sich leider ungünstig entwickelt.<br />
Er stellte sich mit Maulkorb vor und umschritt enthaltsam die Untertasse<br />
mit Milch. Ich halte den Maulkorb für einen Erziehungsfehler. Lieber hauen." Und<br />
unvermittelt anschließend: "Einige Sachen, die hier sein sollten, z. B. Messer und<br />
Feder, sind blshcr noch nicht gefunden worden. Röberchen wird also das Vergnügen<br />
6) teilt S. 211 mit, daß Helene von Lebbin nBienchen" genannt wurde, "wie man im Freundeskreis<br />
sagte". Dom kann H. v. L. hier kaum gemeint sein, da der Brief an sie selbst gerimtet<br />
ist.<br />
77) s. Anm. 73.<br />
7S) Akte n Bd. 79, BI. 26.<br />
78) Nimt Gern e rode, wie T rot ha S. 38 drud
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Am 13. September 1897 (errechnete Datierung im Autograph; Holstein schreibt<br />
"Montag früh") teilt Holstein mit und berichtet er: "Heute geht nun die Packerei<br />
los. Das Gepäck schicke ich per Post morgen früh nach Braunlage. Ich wandre dann,<br />
nachdem ich Fr[au] v. W[edcI] fortgebracht, zu Fuß dorthin, wo mich ein Wagen<br />
aus Hasselfeide abholt. Wäre nicht das Gepäck, dann wanderte ich den ganzen<br />
Weg. - Gestern ging ich auf den Brocken, um den Nebel wogen zu sehen. Hinauf<br />
direkt durch den Wald, über den Königsberg. Hinunter mit weitem Umweg, nach<br />
IIsenburg bis zu dem Wege, der von Plessenburg nach Scharfenstein führt, dann auf<br />
Waldwegen durch das Maizen- 96) und Eckertal bis unter die Rabenklippen; dort<br />
von der Ecker his zur Rabenklippenmaussee ohne Pfad gerade aufgestiegen von 9 1 /4<br />
bis 1/2 7, mit 1/2 Stunde Rast, um ein Hähnchen und 1/4 Rotwein zu verzehren" 97).<br />
Zwei Tage später, 15. September, schreibt Holstein erneut an Helene von Lebbin<br />
u. a.: "Gestern setzte ich W[edel]chen in die Bahn und wanderte dann los. Nach<br />
Braunlage hatte ich den Wagen aus HasselfeIde bestelIt. Empört war ich, daß ich von<br />
hier bis Braunlage, um mein Gepäck mit der Post schid{en zu können, ein Billet für<br />
mich mit lösen mußte. In dem Punkt sind die Schweizer uns voraus. In Oderbrück<br />
aß ich etwas und erkundigte mich für zukünftige Eventualitäten nach den Modalitäten<br />
des Aufenthalts. Immer dieselbe Sache: nur Tabledhote, separat wird nicht<br />
serviert. - Ich werde während der nächsten Tage mich mal etwas in der weiteren<br />
Umgebung umtun. Mir schwebt Tanne, Rotehütte, Elbingerode vor. Finde ich nichts,<br />
was mir paßt, dann ertrage ich das Unvermeidliche hier" 98).<br />
Von Holsteins intensiver Wanderlust zeugt auch wieder der Bericht vom 17. September<br />
aus Hasselfelde an Helene von Lebbin: "Langsam im Kranichschritt mit<br />
Wettermantel und Schirm bin ich gegen 5 Stunden den Tag über marschiert, habe<br />
also meine Schuldigkeit getan", und nun "noch nicht Sechs, ..• habe ... bereits<br />
trockene Strümpfe und Pantoffeln angelegt mit dem Vorsatz, heute drin zu bleiben"<br />
99). Vier Tage soll es noch weiterregnen, sagte ihm ein Chausseearbeiter. "Vier<br />
Tage, das wäre also bis Sonntag. Montag siedle ich über nach dem ,Waldhof' in<br />
Elbingerode. Gestern Nachmittag ging ich hinüber - hin Trogfurter Brücke, zurück<br />
Rübeland und fand im Waldhof, vor der Stadt, ein großes Zimmer mit helIer Aussicht,<br />
während es hier der Bäume wegen an Regentagen so duster ist, daß ich selbst<br />
am Mittag nur unmittelbar am Fenster schreiben kann. Preis der gleiche wie hier.<br />
Von Sonnabend bis Montag haben sie dort Einquartierung, ich werde mich also im<br />
Laufe des Tags von hier nach Tanne fahren lassen und dort die Bahn nehmen, um<br />
die Strecke kennen zu lernen. Gegen 6 treffe ich dann in Elb[ingerode] ein. Ich<br />
vergaß die Hauptsache: keine Tabledhote, jeder ißt für sich, ob gleichzeitig, das ist<br />
mir gleichgültig" 100).<br />
S8) Die Me y e r 5 "Der Harz" (s. Anm. 5 I) beiliegende Karte "Harzburg-Ilsenburg"<br />
(zwischen S. II6 und 117) hat die Schreibweise Maitzcntal.<br />
S7) Akt e n Bd. 79, BI. 46 f.<br />
SS) Akt e n Bd. 79, BI. 49 f.<br />
89) T rot ha S. 41.<br />
100) Fortsetzung des Briefes, den T rot h a S. 41 f. im Auszug abdruckt: Akt e n Bd.<br />
79, BI. SlV f.<br />
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IIJ
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Wiederum zwei Tage später, am 18. September 1897 (Holstein datiert nur<br />
"HasselfeIde, Sonnabd"), meldet er Helene von Lebbin wiederholt: "Montag früh<br />
rücke ich aus, zu Fuß nach Tanne, während das Gepäck ebendorthin mit dem fahrenden<br />
Landbriefträger wandert. Von Tanne - Elbingrerode] nehme ich des Gepäcks<br />
wegen eine Fahrkarte - fast hätte ich geschrieben Billet - pfui - 3 ter Klasse, welche<br />
mir zugleich die Berechtigung gibt, zu Fuß zu gehen. Von dieser Berechtigung werde<br />
ich mit Erlaubnis des Wetters Gebrauch machen. Auf die Art ist der Tag ganz<br />
hübsch ausgefüllt. - Es gefällt mir hier weniger dieses Jahr. Sonst bedient mich der<br />
Wirt, dessen bauernschlaues Fuchsgesicht mir sympathisch Tst. Dieses Jahr aber ist er<br />
durch den Sohn, Kellner, zuletzt in Sylt, verdrängt, der mich, wenn ich mein einsames<br />
Mahl verzehre, nidlt aus den Augen läßt. Meine Mahlzeiten werden dadurch<br />
wesentlich abgekürzt, ich esse auch nicht viel, was ja sein Gutes hat. Außerdem ist<br />
bei dieser feuchten Kälte mein Zimmer kellerartig, hinter den dichten Bäumen, was<br />
Sie ja auch von der Pension Gold [?] schreiben. - Das Wetter hat sich übrigens<br />
bisher anständig gehalten. Seit gestern, Freitag früh, ist es im Ganzen trocken, nur<br />
gelegentlich mal eine Nebclhusche. Gestern ging ich einige dreißig km, heute früh<br />
dritthalb Stunden, nachher bringe ich vielleicht diesen Brief noch nach Wendefurth -<br />
aber nein, dann wird er erst morgen Vormittag mitgenommen. Na, zum Sonntag,<br />
wird er doch nicht ausgetragen. Also, wir werden sehen. Gestern hatte ich mal wieder<br />
zu arbeiten. - Die Halswickelung hat mir sehr gut getan, ich habe nur noch etwas<br />
Schnupfen. Von der Ortsveränderung hoffe ich auch darin eine Besserung. Der graugrüne<br />
Anzug ist für dieses Wetter wie geschaffen. - Sonst habe ich nichts zu erzählen"<br />
101).<br />
Nach seinem Aufenthalt von gut vier Wochen in Hanburg ist Holstein am<br />
14. September nach Hasselfeide umgezogen. Hier bleibt er nur sems Tage 102). über<br />
HasseIfeide teilt er in diesem Jahr lediglich mit, daß er sich "an einem einsamen<br />
Örtchen" befinde; von Wanderungen hört man nichts. Am 20. trifft er im "Waldhof"<br />
in Elbingerode ein 103): an diesem Nachmittag meldet er der Freundin Helene:<br />
"Nun also, hier wäre man. Aber vorläufig bin ich noch unter dem Einfluß des<br />
scheußlichen Wetters. Außerdem schreibt der Kleine [Köhlau 104)], er sei hier gewesen,<br />
die Verpflegung sei mangelhaft. Wenn dem so ist, werde ich wohl bald<br />
weiterwandern. Gestern blieb ich im Zimmer und machte \Vickelungen. Die Halsschmerzen<br />
sind ziemlich vorbei, was bei dem Wetter alles Mögliche ist. Die Laune<br />
ist schlecht. Deshalb empfehle ich mich auch schon" 105). Bereits zwei Tage später<br />
ersteigt Holstein wieder einmal den Brocken während einer neunstündigen Tour<br />
"ohne Einkehren, sogar ohne Hinsetzen, denn es war so naß, daß ich die mitgenommene<br />
Ration - Fleisch, eine Semmel und eine halbe Zeltinger [Moselwein] - im<br />
Stehen verzehrte 106). Der Marsch auf den Brocken freut mich jedesmal wegen der<br />
101) Akt e n Bd. 79, BI. 54 ff.<br />
102) R 0 g g e: Holstein S. 185.<br />
103) T rot ha S. 42.<br />
1(4) s. Anm. 88.<br />
105) Akt e n Bd. 79, BI. 56.<br />
100) Mit fast denselben Worten schreibt Holstein auch am 23. 9. an Helene von Lebbin<br />
(A k t e n Bd. 79, BI. 58).<br />
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wechselvollen Bilder beim Auf- und Abstieg, besonders dann, wenn es recht bewölkt<br />
ist. Leider wird der Brod
hatte, plötzlich heran, sagten lachend ,Guten Abend, Onkel', knixten und gaben die<br />
Hand. - Heute nach der Leistenklippe hinauf verfehlte ich den Weg und mamte<br />
dann die Klippe hinauf eine Kletterpartie, wie seit 91 nimt mehr 111). Hinterher fand<br />
ich den Weg, der mit eisernen Leitern sorgfältig eingerimtet war. Aber meine Turnübung<br />
hatte ich weg" 112).<br />
Mit den Worten "Ich habe alles abgelaufen", gesmrieben am 30. September, verahsmiedet<br />
sich Holstein Frau von Lebbin gegenüber aus Elbingerode nam fast zweiwömigem<br />
Aufenthalt. Da der 30. September ein Donnerstag war, wird der 1. Oktober<br />
der Reisetag zurüd< nach Berlin. Den Abend wird der Harzwanderer, entsprechend<br />
seiner Anmeldung in diesem Brief, bei der Freundin verbringen 118).<br />
Aum 1898 sucht Holstein den Harz auf. Am 17. August schreibt er an Helene<br />
von Lebbin: "Im möchte wohl nächsten Sonnabend fahren, aber wer weiß? In Elbingerode<br />
habe ich abbestellt." Und ein paar Seiten weiter: "Ich denke, im werde den<br />
4 ten in Harzburg sein" 114). Der Reisetermin verzögert sim aber: an dieselbe Empfängerin<br />
der Brief vom 22. August ("Montag abend") 115): "Ich denke, Donnerstag<br />
oder Freitag werde ich reisen können" und am 27. August: "Ob ich vor nächstem<br />
Sonnabend [3. September] fortkomme, ist mir höchst schleierhaft" 116). Es ist nicht<br />
zu ersehen, wann Holstein nach Harzburg fuhr: am 3. September smreibt er immer<br />
nom aus Berlin 117), am Mittwoch, 14. September dann aus Harzburg: "Hier regnete<br />
es Montag abd. u. nacht, gestern nicht, heute sieht da.s Wetter nicht schlecht, aber auch<br />
nicht sicher aus. Gestern war ich bis abends halb acht auf der Wanderung. Im Hotel<br />
Eckertal, einer Kneipe, wo im aß, wanderten die Kneipp-Leute von Jungborn 118)<br />
vorbei, barfuß, mit u. ohne Sandalen, ein junger, forscher Kerl mit braunen Sandalen<br />
mit Lederspitzen u. braunen, offenbar gefärbten Füßen. Auch eine Dame trippelte<br />
vorbei, mit ganz kurzem Schritt wie Frau Schwabach 119), verdeckte aber das Gesicht<br />
mit dem Schirm. - Frau v[on] W[edel] hat mir angekündigt, daß sie dieses Jahr den<br />
Harz sehen möchte. Ich habe also eine Tour zurechtgelegt: Schierke - Elend - Rotehütte<br />
- Rübeland, Treseburg, Hexentanzplatz, Thale (Waldkater). Drei Tage. Natürlich<br />
fahre ich mit. Mein Gepäck schicke ich vorher nach Osterode, behalte nur<br />
2 Hemden, richte mich also darauf ein, daß wir Sonnabend abreisen, ich Montag über<br />
Halberstadt nach Osterode fahre. Von da gehe ich nach Riefensbeek, was der kleine<br />
K[öhlau] 120) empfahl, bestelle aber nichts vorher, sondern sehe mir das Lokal mal<br />
111) Die Leistenklippe ist eine der Hohneklippen zwischen Elbingerode und BrQ(xen.<br />
112) Akt e n Bd: 79, BI. 64-65.<br />
113) T rot h a S. 43.<br />
114) Akt e n Bd. 79, BI. 74 und 75 r •<br />
11&) Akt e n Bd. 79, BI. 78r. Die im Autograph eingetragene Datierung ,,23. 8. 98" ist<br />
falsch, da der 23. ein Dienstag war.<br />
11S) Akt e n Bd. 79, BI. 8Ir.<br />
111) Brief an Moritz von Bissing: Fra u end i e n s t Bd. 4, S. 83.<br />
118) Bei Eckertal "der neue Luftkurort Jungborn, eine höchst eigenartige Naturheilanstalt<br />
mit Park; Kurmittel sind Licht, Luft und Sonnenbäder, das ,Justbad', Fruchtdiät, Erdumschlägeu.<br />
a." (Meyers "Der Harz" [so Anm. SI] S. 115).<br />
119) Es dürfte sich um die Ehefrau eines der bei den Geh. Kommerzienräte Julius Leopold<br />
oder Paul (von) S. handeln.<br />
120) s. Anm. 88.<br />
116<br />
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erst an" 121). Am 17. teilt der Schreiber aus Harzburg mit, daß er am Vortage einen<br />
siebenstündig·en "Gewaltmarsch" von Harzburg zum Aussichtsturm Schalke und<br />
Auerhahn gemadlt habe, "ohne Essen, Trinken oder Setzen. NatürIidl zweimal verlaufen<br />
- dadurdl wurde eben die Tour so lang - aber immer von alleine wieder<br />
zuredltgefunden. Stundenlang keinem Menschen begegnet. - Der Auerhahn ist ein<br />
aus drei Holzhäusern bestehendes Wirtshaus. Ein Fuhrwerk, worauf ich für rechtzeitige<br />
Rückkehr gerechnet hatte, bekam ich nicht, telegraphierte also der Villa<br />
[Name unleserlich] ab, ging noch die Kil [0] m[eter] nach Goslar, aß im Brusttuch zu<br />
Abend u. fuhr hierher" 122). Erst um 12.30 Uhr sei er zurückgekehrt. Die Angabe,<br />
sieben Stunden unterwegs gewesen zu sein, bezieht sich offensichtlich allein auf die<br />
Fußwanderung.<br />
Aus dem Hotel Krogstein bei Rübeland schreibt Holstein am "Sonntag abd."<br />
1 8. September 1 898 an Helene von Lebbin: "Das Wetter war ausgezeichnet, soweit<br />
ist auch nichts passiert, um Gesundheit oder Stimmung zu stören. Wir aßen Table<br />
dhote in Brocken-Scheidegg [d. i. Hotel Brocken-Scheideck bei Sch.ierke], hatten in<br />
Rote Hütt·e über zwei Stunden Zeit, und ich schlug vor, um Langeweile zu verhüten,<br />
vorauf der Bahn erst nach Tanne aufwärts und dann abwärts nach hier zu fahren,<br />
was auch geschah. Da das Coupe leer war, legte Fr[au] v. 'V[edel] sich hin, um zu<br />
schlafen, was aber nicht recht gelang. Sie schlief dann hier etwas. Wir gingen nachher<br />
noch 1/2 Stunde spazieren, jetzt ist sie längst zu Bett. Morgen geht es über Hexentanzplatz<br />
nach Thale" 123).<br />
Am 1 I. September, einem Mittwoch, zieht er um nach Riefensbeek im Sösetal,<br />
wenige Kilometer nordostwärts von Osterode und nahe der heutigen Sösetalsperre.<br />
Am zwanglosesten paßt hierhin ein Brief von einer Adelheid Fischer, offenbar der<br />
Harzburger Wirtin, von einem 11. September (ohne Jahresangabe), der im Holstein<br />
Nachlaß des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes aufbewahrt wird. Frau<br />
Fischer dankt Holstein für das ihrer Schwester hinterlassene Geldgeschenk, und sie<br />
stellt die Nachsendung des Gepäcks in Aussicht 124). In Riefensbeek nimmt Holstein<br />
Quartier im Gasthof Klapproth 125). Er lobt die "sehr gute Matratze", ist aber ungehalten<br />
über die gewiß wohlmeinende Absicht der als sehr nett bezeichneten Wirtin,<br />
ihm Unterhaltung zu verschaffen: "Nur ein Forstassessor wohnt noch im Hause, die<br />
Wirtin möchte mich mit dem zusammenkuppeln, ich wehre mich aber." Und am<br />
Folgetag, Donnerstag, 22. September: "Hier bin ich recht zufrieden ... Nur leidet<br />
die Wirtin unter der Vorstellung, daß ich so allein mich unglücklich fühlen muß.<br />
121) Akt e n Bd. 79, BI. 96v-97.<br />
122) Ergänzung des von T rot h a S. 44-45 abgedruckten Textes nam Akten Bd. 79,<br />
BI. 98v. - Die Smalke (497 m) liegt zwismen Hahnenklee und (der heutigen) Okertalsperre,<br />
Auerhahn etwa 1 km westnordwestlim von der Sm alke an der Bundesstraße 241 zwismen<br />
Clausthal-ZeIIerfeld und Goslar. Die Länge der Wegstrecke insgesamt beträgt mindestens<br />
35 km.<br />
123) Akt e n Bd. 79, BI. 100-101.<br />
1") Akten Bd. 6, Nr. 93.<br />
126) Der Gasthof war 1896 eröffnet worden und ging um 1926 in andere Hände über<br />
(frdl. Mitteilung von Herrn Oberstudienrat Lommatzsm, Ciausthal-Zellerfeld). Das Haus<br />
steht nom als Hotel Jägerhof (frdl. Mitteilung von Frau Eva Lader, Osterode-Riefensbeek).<br />
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Also kam sie gestern Abend mit dem Fräulein, was hier kochen lernt, und macht<br />
Konversation, während ich in der Veranda saß. Ich werde, wenn sich das wiederholt,<br />
gleich nach dem Abendessen aufs Zimmer gehen". Sehr bezeichnende Äußerungen<br />
des alten Einsiedlers. Bezeichnend ist auch der Satz vom 15. September: "Nachdem<br />
ich mit der Wirtin einige Gedanken über Gänsebraten ausgetauscht und mit der<br />
ältesten Tochter des Hauses - 17 Monate - mich unterhalten habe, sind meine<br />
sozialen Verbindlichkeiten erledigt". Immerhin schreibt er auch "So eine Frau wie<br />
Frau Klapproth hat doch ein saures Leben. Den ganzen Tag tätig, immerzu und<br />
nachts alle 1 Stunden heraus, um einem der beiden Kleinen [es sind ZwiIIinge] die<br />
Flasche zu geben - und das kleine Dritte unterwegs. Sie hat auch schon ganz graues<br />
Haar". Der Satz zeugt von Anteilnahme für diese geplagte Frau. Am Ankunftstag<br />
berichtet er He1ene von Lebbin: "Eben hatte ich Suppe, Filetbifstek (Warum soll<br />
mans nicht mal so schreiben?), Kartoffelbrei, Compott, alles reichlich und wirklich<br />
gut. Ich erregte Mißvergnügen, weil ich nur das halbe 'tek aß. Abends gibt es<br />
Omelette, kaltes Fleisch u. dergl. Der Wein a 2,50 die Flasche ist auch preiswürdig.<br />
Pension 4 Mark" 126).<br />
Verhältnismäßig viel Raum widmet Holstein in seinem Brief dat. "Sept. 98.<br />
Sonnabend abd." der Mitteilung seiner Kenntnis über den genannten Forstassessor:<br />
"Schrieb ich schon von dem hiesigen Oberförster? Ein ganz junger Mann noch, mit<br />
schlechtem BIid
und Lärm. - Bitte fragen Sie Röberchen, ob sie zum Ersten Geld braucht, dann<br />
werde ich es ihr smicken lassen. Dem Portier soll sie sagen, daß die Miete vor dem<br />
7. bezahlt werden wird. - Nein, die Aussicht von dieser Veranda ist zu hübsch:<br />
heute ist, seit ich hier bin, der erste ganz helle Tag. -Abenteuer habe ich keine<br />
gehabt, wenn Sie nicht Schuhvollfüllen und über eine Wurzel im Halbdunkel hinsmlagen<br />
so ansehen wollen (beides vorgestern)" 138). Das Postskript dieses Briefes<br />
enthält die Mitleidsbekundungen für die geplagte Wirtin Frau Klapproth (s. S. Jl8).<br />
An demselben Tag unternimmt Holstein eine größere Wanderung: "Hanskühnenburg,<br />
Sieber, Stieglitzecke" 139). Und später in demselben Brief vom 28. September:<br />
"Heute Nachmittag werde ich noch eine große Tour machen." Er geniert sich<br />
auch nicht mitzuteilen: "Ein Paar Schuhe ist gänzlich kaput [!l, zum Wegschmeißen,<br />
verschiedene Sachen geben auch schon Notsignale" 140). "Die großen stillen Wälder<br />
passen mir hier sehr. Wenig Wild gibt es. Im sah erst 5 Stück", so seine Bemerkungen,<br />
gerichtet an Helene von Lebbin am 30. September 1898 141).<br />
Am Freitag, 23. September 1898, schreibt Holstein aus Riefensbeek folgenden<br />
ausführlichen Brief an die Freundin Helene v. L., da es, wie aus dem Brief hervorgeht,<br />
regnet: "Heute ist Regenwetter. Nicht gewöhnlim,er Landregen, sondern verfeinerter<br />
Seenebel [sie] nadl Harzer Art. Ich habe mim jetzt, 9 Uhr früh in der<br />
Veranda etabliert, mit Paletot, Decke, Büchern und Schreibmaterial. Es ist im Regen<br />
wie bei anderen Widerwärtigkeiten ein Gefühl der Erleichterung, sidl zu sagen,<br />
daß man die Sache allein durmmacht .... Gestern nach dem Essen, d. h. 1/4 3 brach<br />
ich nadl der Hanskühnenburg 142) auf. Unterwegs überlegte ich mir, daß ich nodl<br />
ein Geschäftstelegramm schicken wollte. Da Eile wünschenswert, so beschloß ich,<br />
selber gleim nach Osterode zu gehen. Um 4 war ich auf der Hanskbg [sie], um 8/47<br />
in Osterode, schickte mein Tel., trank ein Glas Portwein u. fuhr mit Einspänner nach<br />
Hause, angetan mit einem geborgten Mantel. Familie Klapproth war bereits am<br />
Beraten, ob man nicht ein paar Leute mit Laternen bergauf schicken sollte. Ich verlaufe<br />
mich allerdings jeden Tag mindestens ein Mal, da ich unterwegs an andere<br />
Sachen denke. In dem guten Harz kann man sich das smon erlauben; den hiesigen<br />
Schwierigkeiten bin ich immer noch gewachsen, wenigstens solange es hell ist. - Was<br />
die Aussichtspunkte anlangt, so sind die mit beschränktem Gesichtskreis entschieden<br />
vorzuziehen, hier wie im ganzen Harz. - Vorgestern sah ich die Hammersreinklippen<br />
148), mit Aussicht auf einen besonders dusteren Tannentalkessel, sehr schön in<br />
seiner Art. Gestern auf der Hanskühnenburg hatte man einen ungeheuren überblick<br />
ringsum, bis in die Ebene hinein; das macht einen öderen, heimatloseren Eindruck als<br />
das Tannental bei den Hammersteinklippen. Als Wohnort mag das eine wie das<br />
andere heiter gewesen sein. Suff, Raub und wenns horn kam, Entführung einer<br />
Jungfrau, weiter blieb dem Ärmsten, der da hauste, von den Annehmlichkeiten des<br />
IlO<br />
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138) Akt e n Bd. 79, BI. 85-88.<br />
139) Akt e n Bd. 79, BI. 89.<br />
UD) Akt e n Bd. 79, BI. 90.<br />
1U) T rot h a S. 49.<br />
142) Aussichtspunkt auf dem langgestreckten Bergrücken Acker.<br />
143) Zwischen Stieglittecke und Morgenbrotstal.<br />
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Lebens nimts übrig. - Während im am Schreiben war, bramte mir der Postbote,<br />
der täglich zweimal kommt, Ihren Brief. Ja, sagen Sie mal, wie lange gehen denn die<br />
Briefe? Mein Brief mit den Photos, der vorgestern um halb zwölf von hier abging,<br />
hatten Sie offenbar nom nimt .... Ich habe das Centralbureau gebeten, mir das<br />
Datum von Bülows Rückkehr zu melden. Im meinerseits denke etwa den 4 10n einzutreffen,<br />
bis dahin habe ich die Woche festgemacht. Nach mir kommt nämlich nom<br />
ein General aus Hannover, der hier jagen will. - Heute mittag gibt es Linsen mit<br />
Fleischkläßmen und Schinkenbegräbnis. Letzteres muß, nach der Beschreibung, mit<br />
dem Begriff Prinzeßkartoffeln verwandt sein. - Inzwischen nebelt es draußen ruhig<br />
weiter, bald stärker, bald leichter, das wird der mageren kleinen Söse auf die Beine<br />
helfen. Die Aussicht auf das schmale grüne Wiesen tal mit den niedrigen Tannenbergen<br />
ist aum jetzt nicht melancholisch. In dieser Veranda kann ich eine Masse<br />
Regen aushalten; in 3 Tagen denke ich vielleimt anders - souvent homme varie" 144).<br />
Am Sonnabend, I. Oktober wird es ungemütlich. Holstein smreibt an Frau<br />
v. Lebbin: "Es ist Zeit, daß der hiesige Aufenthalt zu Ende geht. Es wird zu kalt. Ich<br />
schreibe heute mit ganz verklemmten [!] Händen. Obendrein sieht das Wetter so<br />
unsicher aus, daß im mir noch nicht klar bin, ob im eine große Tour riskiere. Gestern<br />
ging es noch glatt ab, über Nacht hat es sehr geregnet. Der Barometerstand der guten<br />
Laune ist erst heute etwas tiefer, da nom dazu der Wind die Frechheit hat, gerade<br />
in die Veranda hineinzublasen. Im sitze in einem Winkel" 145).<br />
Am Dienstag, 4. Oktober, will er wieder nam Berlin zurückreisen, wie er am<br />
Freitag, 30. September an Helene v. Lebbin smreibt und am I. Oktober wiederholt,<br />
und um 19.55 Uhr in BcrIin sein 146), "eine langwierige Tour für die kurze<br />
Strecke" 147). Am 3. Oktober 1898 schreibt er derselben Briefempfängerin dann: "Ich<br />
schreibe jetzt an Röbermen, daß sie morgen abds. 7.55 auf dem Potsdamer Bahnhof<br />
sein soll, werde dann also vor halb neun in der Bendlerstraße sein" 148).<br />
Holsteins nädtster Harz-Aufenthalt ist direkt erst für 1902 belegt 149). In diesem<br />
Jahr weilte er im Dammhaus 150), 8 km von Clausthal entfernt an der heutigen Bun-<br />
114) Akt e n Bd. 79, BI. I06-I09 v •<br />
11&) Akt e n Bd. 79, BI. 93.<br />
U6) Zur Datierung des Briefes "Sept. 98. Sonnabend Abend" (T rot ha S. 47-49):<br />
mit dem Tag kann nur der 24. 9. 1898 gemeint sein, denn der nädJste Brief (5. 49) ist vom<br />
30. 9. (Freitag). Der Brief S. 47 müßte also vor dem 25. 9. (S. 46) stehen, in dem Holstein<br />
ausdrücklidJ die "Sonntagsruhe" des Tages erwähnt. Der Inhalt der Briefe spridJt nidJt gegen<br />
die Umstellung. Ihn hinter den Brief vom 30. 9" der auf S. 49 als nädJster folgt, zu<br />
stellen, geht nidJt an, da auf den 30. 9. bereits der L 10. folgt. - Der Fahrplanbefund ergibt,<br />
daß Holstein den Zug benutzte, der um I LIO Uhr ab Seesen fuhr (Holstein dürfte in Osterode<br />
[Harz] um etwa 9.40 Uhr zugestiegen sein) und um 19.55 Uhr im Potsdamer Bahnhof<br />
eintraf. Die Strecke führte über Börßum und Magdeburg.<br />
141) Akt e n Bd. 79, BI. 116 v •<br />
148) Akt e n Bd. 79, BI. 119".<br />
149) Holstein ist aber offenbar regelmäßig in jedem Jahr im Harz gewesen: "Seit 1895 bin<br />
idJ jedes Jahr um diese Zeit im Harz" (Brief vom 25. 9. 1908; R 0 g g e: Holstein S. 322).<br />
Briefe aus diesen Jahren sdJeinen zu fehlen.<br />
160) Hermann vom Rath bezeidJnet es fälschlich als "einsames Forsthaus" (R.: Erinnerungen<br />
an Herrn v. Holstein, in: DeutsdJe Revue. Mannheim 1909, S. 16). Wohl auf Grund<br />
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121
desstraße 242 in Richtung Braunlage bzw. St. Andreasberg. Holstein besdlfeibt die<br />
Lage ziemlich korrekt mit "am Kreuzungspunkt der Straße Altenau-Osterode und<br />
Andreasberg-Klausthal" 151). Dasselbe Gebäude, in dem Holstein wohnte, steht<br />
nom. In dem Brief an Ida von Stülpnagel, die Kusine, den Rogge auf "ca. 1.5.9.02"<br />
datiert 152), der aber bestimmt nicht alsbald nach der Ankunft geschrieben wurde,<br />
erwähnt Holstcin, daß er nun schon das vierte Jahr 15.') in demselben Haus wohne,<br />
diesmal aus der Schweiz kommend, wo es ihm zu lebhaft war (Heiden und Rorschach,<br />
Kanton Appenzell bzw. St. Gallen). Im Gegensatz zur unruhigen Schweiz ("in der<br />
Schweiz gefiel mir's nicht. Es wimmelt überall von Menschen, Fremden und Einheimischen")<br />
154) ist es "hier, ... abgesehen von Sonntagen, unglaublich still und<br />
menschenleer. Der meilenweite Wald - alIes Tannen 155) - hat etwas Erfrischendes<br />
und Ermunterndes, was ich anderswo nicht finde. Wenn schlechtes Wetter ist, habe<br />
ich die Auswahl unter verschiedenen Ch:msseen". Die Termine des Aufenthalts 19°2<br />
lassen sich nicht bestimmen. JedenfaIls bringt Frauendienst eine "Aufzeichnung",<br />
dat. "Berlin, I. Oktober 1902" 156), also wird Holstein, wie vorgesehen, am 29. September<br />
heimgekehrt sein 157).<br />
Auch in diesem Jahr ersteigt 'er am "ersten schönen Tag" den Brocken. Mit Stolz<br />
meldet er, daß er "die 39 km hin und zurück (oder 5 1/, Meile) ... ohne Anstrengung<br />
in 8 3/, Stunden" schafft, was einer Durchschnittsleistung von knapp 4,5 km/h entspricht<br />
- eine beaclltliche Leistung sowohl hinsichtlich des bergigen Geländes als<br />
auch erst recht des Alters des Wanderers (Holstein ist jetzt 65 Jahre alt). GleidI am<br />
nämsten Morgen, dem Tag, an dem abends der undatierte Brief geschrieben wird,<br />
geht Holstein wiederum, wie schon 1898 von Riefensbeek, nun vom Dammhaus aus,<br />
zur IIanskühnenburg. Er meldet, daß er für den Hin- und Rückweg zusammen fünf<br />
Stunden gebraucht habe. Da eine Strecl{e 10 km lang ist, schaffte Hoistein auf dem fast<br />
ebenen Weg einen Stundendurmschnitt von 4 km; er ging also gemütlich. Nach<br />
Vollendung des langen Briefes will er "noch etwas auf dem Sperberhaier Damm 158)<br />
hin und her wandern", der dem Dammhaus, das daher seinen Namen trägt, gegenüber<br />
auf der anderen Straßenseite liegt. Holstein fügt dem Brief ein Bild des Dammes<br />
bei, und er erläutert den Zweck der Anlage. Anschließend gibt er einen neuen Beweis<br />
irgend einer Empfehlung konnte Holstein dort wohnen, denn das Haus sm eint auf Pensionsgäste<br />
nimt eingerimtet gewesen zu sein. In Me y e r s Reiseführer "Der Harz" (s. Anm. 51)<br />
wird auf S. 172 lediglim angegeben "Einkehr, kalte Küme". - Einer Notiz in der CIausthaler<br />
Zeitung "Offentlime Anzeigen für den Harz" vom 15. 7. 1890 zu folge befanden sim<br />
gegenüber dem Dammhaus Anlagen, wo sidl am Vortag dieser Ausgabe "eine remt animierte<br />
Gesellsmaft" bewegt habe, also offenbar der damals üblime Kaffee- bzw. Biergarten.<br />
101) R 0 g g e: Holstein S. 233.<br />
162) R 0 g g e: Holstein S. 211-214.<br />
1&3) Aus den Jahren 1899 bis 1901, in denen Holstein also aum im Dammhaus wohnte,<br />
liegen mir keine Briefe vor.<br />
164) R 0 g g e: Holstein S. 211.<br />
lG') Holstein drückt sidl ebenso ungenau aus wie die meisten: nidlt Tannen, sondern<br />
Fidlten sind die weit überwiegende Mehrzahl der Bäume im Harz, also audl in der Gegend<br />
um das Dammhaus.<br />
122<br />
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lG6) Fra u end:1 e n s t Bd. 4, S. 238.<br />
167) R 0 g g e: Holstein S. 213.<br />
1&8) Der Sperberhai ist ein Geländepunkt unmittelbar nördlich des Dammhauses.<br />
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für seine Anteilnahme an menschlichen Schicksalen: der harte Dienst des Wärters,<br />
eines Grabensteigers 1511), wird ebenso beschrieben wie erst recht das Unglück, das<br />
die Wirtsleute vier Jahre vorher traf, da das jüngste Kind im Alter von fünf Jahren<br />
in dem Wasser des Grabens ertrank.<br />
1903 muß Rolstein seinen Urlaub wieder im Dammhaus verlebt haben, wenn<br />
sich von ihm auch keine Briefe im Archiv des Auswärtigen Amtes befinden. Dort ist<br />
aber ein Brief des Geh. Justizrats Dr. Franz Fischer, dem Berliner Vertreter der<br />
Kölnischen Zeitung, aus Schloß Vehn bei Sinzig, dat. 3°.9.°3, an Rolstein aufbewahrt,<br />
wo es u. a. heißt: " ... Sie im Dammhaus wieder einen angenehmen Aufenthalt<br />
gefunden und sich gesundheitlich erholt haben" 160).<br />
Durch keinen weiteren Nachweis ist der Aufenhalt Rolsteins im Hotel zur Krone<br />
für die Zeit vom 16. bis 19. Juli 1904 in Clausthal, belegt durch die eigenhändige<br />
Eintragung im Gästebuch dieses Hauses, gestützt. Ganz offenbar eigenhändig ist<br />
eingetragen: Rolstein Wkl Geh Rath, Berlin 161). Bei Trotha ist kein Brief aus dem<br />
Jahr 1904 abgedruckt, bei Rogge: Rolstein folgt auf den Brief aus Berlin vom<br />
1. Juli der aus dem Dammhaus vom 14. September, bei Frauendienst folgt auf den<br />
Brief aus Berlin vom 10. Juli der vom 5. August, ebenfalls aus Berlin. 16. bis 19. Juli<br />
ist eine ungewöhnliche Zeit für Rolsteins Harzreisen. Wo warer evtl. noch?<br />
Der nächste Aufenhalt ist nämlich erst für September 1904, und zwar im Dammhaus,<br />
belegt, jedoch nur durch wenige Briefe Rolsteins, zunächst den vom "Dammhaus<br />
über Clausthal, Montagfrüh, 5. September 1904" an Fürst Radolin: "Gestern<br />
nachmittags machte ich bergauf bergab einen sechsstündigen Marsch ohne Essen,<br />
Trinken oder Hinsetzen. War hinterher kaum müde, bekam aber leichten Rexenschuß.<br />
Irgendwo will das Alter sich doch bemerkbar mamen" 162). Der nächste Brief<br />
ist an die Kusine Ida gerichtet, wieder aus dem "Dammhaus über KlausthaI, 14· 9."<br />
[1904] 163). "Vorläufig sind Kopf und Beine noch rüstig. Vorgestern [d. i. Montag,<br />
Il. September] machte im eine mehr als neunstündige Tour, Rehberger Graben pp.<br />
Gestern [d. i. Dienstag, 13. September] Brocken, von 9 früh bis 8 abends mit drei<br />
Viertelstunden StiIIsitzen und gehörigem Durmweichen beim Rüd
teilungen Holsteins über seine und seiner Kusine Gesundheit und die Mittel. die er<br />
zu ihrer Erhaltung anwandte" 165). An einer Briefstelle wie der des Briefes vom<br />
14. September 1904 bedauert man für unseren Zweck die herausgeberische Methode<br />
Rogges, wenngleich sie für den Zweck seiner Edition gerechtfertigt ist. Der Rehberger<br />
Graben zieht sich übrigens vom Oderteich nach Süden in Richtung St. Andreasberg.<br />
Auch in diesem Brief hebt Holstein hervor, daß er auf seiner Brockenwanderung<br />
von II Stunden nicht einmal eine ganze Stunde gerastet habe, also gut 10 Stunden<br />
wanderte. Wieder müssen wir seine Rüstigkeit bewundern; er ist 1904 67 Jahre<br />
alt.<br />
Der andere Brief ist vom 19. September, wieder "Dammhaus über Clausthal",<br />
an Graf Bülow. Er erwähnt darin einen ,,9-IOstündigen Fußmarsch" zum Brocken,<br />
die vierte Ersteigung "in diesen letzten Wochen". "Die Aussicht lohnt nicht der<br />
Mühe, aber die verschiedenen Wege dorthin sind eigenartig schön. außerdem wandere<br />
ich möglichst viel, um wenig zu lesen." Das bezieht sich auf sein Starleiden,<br />
über das er sich im Folgenden äußert 166).<br />
Schließlich ist ein Brief an Fürst Radolin, "Dammhaus. 20. September 1904", erhalten,<br />
aus dem hervorgeht, daß die vierte, im vorgenannten Brief erwähnte Brockenbesteigung<br />
am 18. September, einem Sonntag, war: "J awohl, ich sitze noch ruhig<br />
hier, sogar ruhiger als mir lieb ist, denn vorgestern habe ich bei der vierten diesjährigen<br />
Brockentour mir beide Füße durchgelaufen, weil die Schuhe infolge Durchweichens<br />
hart geworden waren" 167).<br />
1905 finden wir Holstein wieder im Harz. Er reist am Sonntag, 4. September<br />
"um 4 Uhr" von Berlin ab nach Goslar 168), wo er die Nacht im Hotel Achtermann<br />
verbringt. "Der Gasthof ist aufgebaut um einen Stadtturm herum. Letzterer ist<br />
Speisesaal geworden. Übrigens mäßig" urteilt er 169). Nach stürmischer Nacht fiel am<br />
Morgen des 5. September Nebelregen. Das hindert Holstein nicht, zu Fuß nach<br />
Clausthal zu wandern ("etwa 4 Stunden mit noo Fuß Höhenunterschied" 170». Das<br />
Gepäck schickt er als Reisegepäck auf eine als solche nicht ausgenutzte Fahrkarte<br />
("Billet dritter Güte" 171». In Clausthal (Holstein schreibt hier wieder Klausthai)<br />
ißt er zu Mittag - er gibt leider nich'tan, wo - und wandert dann die 8 km bis zum<br />
Dammhaus, wo er wieder Quartier nimmt.<br />
Am Mittwoch, 7. September, berichtet er Ida von Stülpnagel, der Kusine, in<br />
einem ausführlichen Brief von seinen Erlebnissen und Eindrücken. Es ist 'kaum<br />
glaubhaft, daß Holstein, wie er schreibt, am Ankunftstag zusätzlich zum Weg von<br />
Goslar (4 Stunden) und weiter bis zum Dammhaus (8 km) noch 6 Stunden gegangen<br />
sei; er wird die Summe dieser Wegstrecken meinen. Der in demselben Satz erwähnte<br />
165) R 0 g g e: Holstein S. VI.<br />
166) Frauendienst Bd. 4, S. 177.<br />
161) Frauendienst Bd. 4, 5.178.<br />
168) R 0 g g e: Holstein S. 241. - Lt. Fahrplan (wahrscheinlich ab Potsdamer Bahnhof)<br />
um 15.55 ab Berlin, an Goslar 10.59.<br />
119) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />
110) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />
111) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />
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Weg von über 9 Stunden Dauer nach Station Goetheweg (an der Brockenbahn)<br />
und zurück soll am Tage vor dem dieses Briefes, also am 6. September, unternommen<br />
worden sein. Am 7., da er den Brief schreibt, erwähnt er ausdrücklich, im Quartier<br />
geblieben zu sein (s. u.). Die unmittelbare Umgebung des Dammhauses, "früher<br />
ganz eigenartig schön ... , ist durch die vorjährige Windbruchkatastrophe doch sehr<br />
verschimpfiert, aber man kann prachtvolle Touren machen. Heute sitze ich still,<br />
weil ich eine Pfote mir durchgelaufen habe .... Ich kann mir nichts unsympathischeres<br />
denken, als in einem kleinen Kurhause zu sitzen, wo jeder auf den andern aufpaßt.<br />
In einer großen Karawanserei ist das gleichgültig. Am bequemsten für den, der Ruhe<br />
haben will, ist so ein Lokal wie mein Dammhaus. Dieses Jahr hat es freilich auch<br />
Unbequemlichkeiten. Die eine Tochter hat einen Bergmann geheiratet, der aber<br />
lieber Unterbeamter irgendwo werden möchte, und der fünf jährige Enkel umspielt<br />
mich öfter als mir lieb ist. Auch ist um das Haus herum viel Unruhe, infolge des<br />
Aufräumens der umgewehten Strecke. Aber vollkommen ist nichts, und ich mache<br />
mir diese Gedanken nur, weil ich wegen der kranken Po te [!] zu Hause sitzen muß .<br />
. . . Draußen scheint die Sonne, und der Wind saust durch die Tannen. 4 Uhr nachmittags.<br />
Ich werde nun mit Filzschuhen etwas auf dem Grabendamm auf und ab<br />
gehen, weiter kann ich heute nichts leisten" 172) - verständliche Ergüsse eines Urlaubers,<br />
der sich ans Haus gefesselt fühlt.<br />
Aus einem Brief vom 2. November 1905 an Ida von Stülpnagel geht hervor, daß<br />
Holstein in diesem Jahr "aus dem Dammhaus ... ausgeräuchert worden" ist, denn<br />
"der Ofen, der ebenso wie das ganze Dammhaus aus dem Jahre 1739 stammt, wollte<br />
nicht mehr richtig ziehen, sondern rauchte. Das treibt mich weg". Der Entschluß<br />
wurde gewiß dadurch erleichtert, daß bereits Mitte September Frost kam 178). Im<br />
Anschluß an den Aufenhalt im Harz hat sich Holstein noch in Thüringen aufgehalten,<br />
wo aber auch ungünstiges Wetter herrschte und er Anfang Oktober auf dem Inselsberg<br />
in Schneetreiben geriet 174).<br />
Ober die Rückkehr nach Berlin wird nidltS weiter gemeldet. Zwei Briefe Holsteins<br />
an Fürst Radolin - "Dammhaus bei ClausthaI. Mittwoch, 13. September 1905"<br />
bzw. ebda. ,,15. September 1905" datiert 175) - 'beweisen den Aufenthalt mindestens<br />
bis zum 15. Ober den Harz enthalten die Briefe keine Aussagen. Am 19. schreibt er<br />
aus Friedrichroda 176), er muß also am 16., 17. oder spätestens 18. vom Harz nach<br />
dem Thüringer Wald übergesiedelt sein.<br />
1906 hat Holstein den Harz offenbar nicht aufgesucht. Erst 1907 finden wir ihn<br />
wieder in der von ihm so geliebten Landschaft: vom 3 I. August bis etwa 22. September.<br />
Er reist zunächst von Berlin nach Braunlage, um dort zu übernachten und Frau<br />
von Spitzemberg zu besuchen, die "dort sommerfrischcIt" 177) und dann auch tat-<br />
172) Rag g e: Holstein S. 241-243.<br />
178) R 0 g g e: lIolstein S. 243.<br />
174) R 0 g g e: Holstein S. 243.<br />
176) Frauendienst Bd. 4. S. 331. 334.<br />
178) Fra u end i e n s t Bd. 4. S. 336.<br />
177) R 0 g ge: Holstein S. 287. Es handelt sich um Hildegard Freiin von S. geh. Freiin<br />
von Varnhüler.<br />
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sächlich Holstein am Bahnhof bcgrüßt 178). Die Tagebucheintragung der Baronin<br />
von Spitzemberg vom 3 I. August 1907 bestätigt das Zusammentreffen: "Da laut<br />
Nachricht von Frau von Lebbin Baron Holstein seit Wochen an Gicht und Venenentzündung<br />
zu Hause sitzt ,anstatt auf seinem eins'amen Sommersitze im Dammhaus<br />
bei Clausthal, war ich wie aus den Wolken gefallen, als er sich per Brief auf heute<br />
abend hier ansagte, um meine letzten Tage hier mit mir hier [sie] im ,Haus Düm<br />
Iing' 179) zuzubringen. Ich holte ihn natürlich an der Bahn ab, und er überrumpelte<br />
mich mit dem Vorschlage, morgen mit ihm auf den Brocken zu fahren ..•• Am<br />
Abend war er sehr munter und gesprächig, besonders aus der Bismarckschen<br />
Zeit" 180).<br />
Montag, z. September, schreibt er der Kusine Ida: "Jetzt werde ich meine Reisetasche<br />
pad{cn. dann Mittag essen, dann nach Königskrug vorauswandern und dort<br />
beim Kaffee den Einspänner abwarten" IR1) in Verwirklichung seines Vorhabens,<br />
das er im Brief vom 3 I. August nennt: "Morg,en gche ich dann in mein stilles Standquartier,<br />
Dammhaus bei Klausthai", freilich mit zwei Tagen Verspätung.<br />
Ab August 1906 hat sich eine nähere Verbindung zum Herausgeber der "Zukunft",<br />
Maximilian Harden, entwickelt. Die Korrespondenz zwischen Holstein und<br />
Harden hat ebenfalls Helmuth Rogge herausgegeben. Einige Briefe aus dem Harz<br />
gehen an Harden, so der vom Sonnabend, 7. September 1907 aus dem Dammhaus.<br />
Holstein hat sich bei einer Tour auf den Gipfel des höchsten Harzberges zuviel<br />
zugemutet, er beginnt mit: "Ich schreibe kürzer, als ich möchte [doch immerhin drei<br />
Textseiten im Druck], denn ich habe mich bei der sechsstündigen Brockentour übernommen<br />
und seitdem meist gelegen. Es geht jetzt gut, Montag, vielleicht schon<br />
morgen, werde ich die Beine wieder in Bewegung setzen" und später unvermittelt:<br />
"In diesem Augenblick habe ich ... Halsschmerzen. Kurz, es könnte mir etwas besser<br />
gehen" 182). In der Nachschrift dieses Briefes, verfaßt am folgenden Morgen, Sonntag,<br />
8. September, erwähnt Holstein eine "schwere Erkältung", die ihn hindere, an<br />
diesem Tage auszugehen 183). Den am Montag, 9. Septcmber an Harden gerichteten<br />
Brief bringt Holstein bei seinem "crsten Ausgang", "da die Post schon weg ist", zum<br />
Postamt nach Altenau, ,,5 km entfernt" 184). - Mitten in den die Politik behandelnden<br />
Brief vom 10. September an Harden streut Holstein unvermittelt Persönliches ein:<br />
178) R 0 g g e: Holstein S. z89. - Braunlage war bis nam dem zweiten Weltkrieg durm<br />
eine Stimbahn von Walkenried aus an das Smienennetz angesmlossen.<br />
179) Das Haus besteht nom unter demselben Namen. Im verdanke es den Besitzern, Herrn<br />
und Frau Smrader, daß ich das Gästebum der fraglimen Zeit einsehen konnte. Holstein hat<br />
sim nimt eingetragen, aber "Freifrau Hildegard von Spitzemberg geb. Freiin von Varnbüler<br />
mit ihrer Enkelin Hildegard von Wangenheim z. Juli bis 2. September 1907".<br />
180) Das Tagebum der Baronin Spitzemberg geh. Freiin v. Vambüler. Aufzeimnungen<br />
a. d. HofgeselIsmaft d. HohenzolIemreimes. Ausgew. u. hrsg. von Ru d 0 I f Vi e r hau s.<br />
3. Aufl. Göttingen 1963. S. 274 f.<br />
1"1) R 0 g g e: Holstein S. 290. - Der Königskrug ist ein Ausflugslokal an der heutigen<br />
Bundesstraße 41z42, etwa 4 km nordwestlim von Braunlage in Rimtung Torfhaus-Bad Harzburg.<br />
- Der Brief vom 31. August steht bei R 0 g g e: Holstein S. 287.<br />
126<br />
182) R 0 g g e: Harden S. 198 U. ZOI.<br />
183) R 0 g g e: Harden S. 202.<br />
184) R 0 g g e: Harden S. 203.<br />
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"Es geht mir besser, aber das Zusammentreffen der verschiedenen kleinen Beschwerden<br />
hat mich alten Knaben dom remt matt gemacht. Sie sehen es auch an der<br />
Schrift" - und die Beobachtungen: "Wetter bisher gut, mit Gewitterwolken. Unten<br />
streitet die Familie in hörbaren Tönen, ob der fünf jährige Enkel Züchtigung verdient<br />
hat oder nicht. Die Eltern sind für, die Großeltern gegen" 185).<br />
Den langen Brief vom Donnerstag, I z. September, an Harden smließt Holstein<br />
mit folgender ausführlicher Mitteilung: "Mir geht 'es besser. Der Kopf ist wieder<br />
frei. Die Beine werden erzogen. Im durchwandere die Harzwälder und pfeife -<br />
singen is nim - die Garibaldihymne: J'ai une jambe qui remus Et l'aut' qui ne va<br />
plus. Gestern ging ich 5 1/2 Stunden ohne Hinsetzen. Früher machte ich freilich<br />
dieselbe Tour in 4 1/2 Std., aber immerhin, ich habe sie doch wieder gemacht. Nachts<br />
machte ich ums Knie eine Wickelung mit saurer Tonerde und wandere dann weiter.<br />
Der Apotheker in Altenau, wo im dieses Wickelzeug kaufte, sagte mir, er habe<br />
öfters smon von Fällen gehört und gelesen, wo Aderentzündungen infolge von<br />
Durchleuchtungen eingetreten seien. Also, wenn Sie einer durchleudlten will ohne<br />
klaren Grund, leuchten Sie ihm heraus. Und die Zehe, die Wurzel des ganzen<br />
Malheurs, läuft, dick mit Watte umwickel t, ganz von alleine. Durm diesen Brief habe im<br />
den größten Teil meines Nachmittags interessant ausgefüllt. Nachmittags sitze ich<br />
meist zuhause. Da kommen ein bis zwei Dutzend Zeitgenossen - wenn aum nicht<br />
lauter Siebziger - von Cl aus thai, Altenau, Ricfensbeek - und trinken Kaffee und<br />
anderes. Da einige - vieIleicht Leser des ,Tageblatts' 186) oder des ,Hannoverschen<br />
Kuriers' - wie mir die Wirtin erzählte, den Wusch geäußert haben, ich möchte ihnen<br />
gezeigt werden, so ist das für mim ein Grund mehr, mich ruhig zu halten. Bei<br />
Sonnenuntergang oder schon vorher verschwindet alles, da die Waldwege recht<br />
dunkel sind. Dann gehe ich noch kurze Zeit auf dem Grabendamm spazieren" 187).<br />
Eine Woche später, am Donnerstag, 19. September, kündigt Holstein Harden<br />
gegenüber die Absicht an, nach dreiwöchigem Aufenthalt im Dammhaus dieses "am<br />
Sonntag", also am H. September, zu verlassen und "meist zu Fuß nun nom im Harz<br />
und in Thüringen" umherzuziehen, "ohne längere Station irgendwo". "Heute nachmittag<br />
ging ich nam Altenau hinunter, um mir den Bart, der allmählich prophetenhaft<br />
geworden war, zivilisieren zu lassen. Der Friseur, zugleich Heilgehilfe, erzählte mir,<br />
wer irgend könne, verlasse jetzt den bergmännischen Beruf. Durch die größere Intensität<br />
des Betriebes sei die Luft noch ungesünder geworden. Früher hätten die Bergleute<br />
es dom meist bis über 50 gebramt, jetzt kämen sie selten höher als 40. Zwismen<br />
35 und 40 stürben die meisten. Immer Bergkrankheit (Schwindsucht). Dadurm wird<br />
das ergänzt, was mir neulich ein anderer Mann sagte: ,Im Harz gibt es viele Witwen'.<br />
Durch solches Guck10m sieht man hinunter auf eine - für mich wenigstens - neue<br />
Schimt von Sorgen und Elend" 188). "Hier haben wir ganz nettes Wetter. Barometer<br />
183) R 0 g g e: Harden S. 205.<br />
188) Gemeint ist das Hannoversche Tageblatt.<br />
la7) R 0 g g e: Harden S. 210. Zu Garibaldi merkt Rogge an, daß er sehr rheumatisch<br />
gewesen sei.<br />
laa) R 0 g g e: Harden S. 213. Ähnlich an lda von Stülpnagel am 20. September, worauf<br />
Rogge 3ud! hinweist: Rogge: Holstein S. 290.<br />
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hübsch hoch. Aber der Harz hat eine melancholische Natur. Helle Fröhlichkeit ist<br />
ihm zuwider. Deshalb sitzen wir in dichtem, trockenem Nebel" 189).<br />
Am Freitag, 20. September 1907, berichtet Holstein auch wieder seiner Kusine<br />
Ida von Stülpnagel: "Es geht mir gut. Ich mache wieder Touren wie früher, ohne<br />
daß es mir schadet. Heute z. B. bin ich in 295 Minuten etwas über 21 Kilm. gewandert,<br />
bergauf, bergab. Von meinem Alter kann man nicht mehr verlangen" 190).<br />
Wieder folgen hier die eine Auslas.sung bezeichnenden Punkte Rogges. Am 2 I.<br />
schreibt Holstein dann gleich zwei Briefe an Maximilian Harden, noch aus dem<br />
Dammhaus, am 29. dann an denselben Empfänger aus Friedrichroda 191). In dem<br />
ersten der Briefe vom 21.: "Heute vormittag machte ich eine dreistündige, gestern<br />
eine fünfstündige Wanderung. Morgen nachmittag wandere ich nach Andreasberg,<br />
bleibe dort die Nacht und gehe übermorgen ostwärts, nach Benneckenstein und dem<br />
Netzkater. Weitere Pläne kann man nicht machen, des Wetters wegen. Das Wandern<br />
ist das wenigste. Dazu gehören nur zwei Beine" 192).<br />
Wie:im Vorjahr ist Holstein vom Harz zum Thüringer Wald übergewechselt,<br />
wo er mit Helene von Lebbin, ihrer Schwester Hedwig und deren Ehemann General<br />
Lothar von Trotha, dem Vater des Herausgebers des Briefwechsels Holsteins mit<br />
Hdene, zusammen war ("von uns Vieren bin ich noch der beinigste", vermerkt er<br />
stolz) 193). Von Friedrichroda ist er dann am Montag, 7. Oktober 1907, nach Berlin<br />
zurückgekehrt 194). Nachdem er noch ,etwas umhergewandert' ist, fiel es ihm<br />
"schwer, aus dem Grünen zu scheiden", wie er am nächsten Sonntag, 13. Oktober,<br />
Ida von Stülpnagel schreibt 195).<br />
Im Februar 1908 gebraucht Holstein eine vierzehntägige Kur gegen seine Gicht<br />
in Bad Salzschlirf 196). In den Harz kommt er zum letzten Mal Ende August 1908,<br />
er bleibt bis zum Montag, 28. September, im Dammhaus 197). Holstein wird bis<br />
189) R 0 g g e: Harden S. 114.<br />
190) R 0 g g e: Holstein S. 290.<br />
181) R 0 g g e: Harden S. 114 H.<br />
192) R 0 g g e: Harden S. 116.<br />
183) R 0 g g e: Harden S. 119.<br />
19') R 0 g g e: Harden S. 121.<br />
186) R 0 g g e: Holstein S. 191 f.<br />
186) Am 3. Februar teilt Holstein seiner Kusine Ida von Stülpnagel mit, daß er ein paar<br />
Tage zu Hause sitze wegen Gicht am Knöchel (R 0 g g e: Holstein S. 304). Am 16. schreibt<br />
er derselben Empfängerin: "Die Gicht ist vorbei. Vierzehn Tage Salzschlirf haben mir gut<br />
getan" (S. 3°5).<br />
187) Ein Brief an Helene von Lebbin, wenige Tage vor der Abreise geschrieben<br />
(T rot ha S. 49), enthält
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Goslar gefahren sein 198). Freitag, 18. August schreibt er: "Mein Zug geht um I loH.<br />
Ankunft in Goslar 4.11. Dann wenn Wetter erträglich hoffe ich eine Strecke zu gehen"<br />
199). Im Brief "Sonnabend früh 9 3/4." = 19. August 1908, vor der Abreise nach<br />
Goslar geschrieben: "Den Aufstieg von etwa 1000 Fuß, von Goslar bis Auerhahn<br />
denke ich zu wandern" 200). Jedenfalls teilt er dann weiter mit, zum "Auerhahn"<br />
aufgestiegen zu sein, "rund eine Stunde •.. ohne jede Ermüdung bei stömendem<br />
Regen" 201). Sowohl durch seine angegriffene Gesundheit ("erzwungene Ruhe",<br />
"Befinden hat sich wohl gebessert") 202) als auch durch das Wetter bedingt ("der [!]<br />
Barometer fällt immer ruhig weiter" 203» unternimmt Holstein nicht so viel wie in<br />
den früheren Jahren. "Hier [im Dammhaus] sitze ich und höre dem Heulen des<br />
Sturms zu .•. Wandre ... ruhig bei jedem Wetter. Vormittags gehe ich bergauf<br />
bergab zwei bis drei Stunden, 'auch n,achmittags bummle und sitze ich stundenlang<br />
umher. Als Anfang ist das befriedigend" schreibt Holstein am I. September, also<br />
ziemlich zu Beginn seines letzten Aufenthalts 204). Am 3. September beschreibt er<br />
das schlechte Wetter mit den Worten: "Sturm und Regen arbeiteten drei Tage lang<br />
wie zwei Schreier, die sich umschichtig unterbrechen, um zu Worte zu komm. Jetzt<br />
scheint es besser werden zu wollen. Kalt. Heute früh berichtete der PostilIon aus<br />
Andreasberg Schneefall auf dem Bruchberg, etwa 800 Fuß über hier. Spazierengehen<br />
konnte ich bei jedem Wetter auf zwei vom Walde geschützten Bergstraßen, von<br />
denen das Wasser ablief. Keinen Tag bin ich unter drei Stunden gewandert". Aber<br />
abends ist es still geworden: "Jetzt ist es etwas nach 10 Uhr, im Hause schläft alles,<br />
draußen im Walde ist es ganz windstill. Wenn man horcht, erkennt man, wie Kipling<br />
sagt, ,die Nachtgeräusche, die in ihrer Gesamtheit ein großes Schweigen ausmachen'"<br />
205). Wegen der oben zitierten erzwungenen Ruhe "gestaltet sich ..• der<br />
hiesige Aufenthalt ... langweiliger als in den Vorjahren. Sonst wäre ich wohl noch<br />
etwas länger geblieben ••. Dies ist das erste Mal, daß ich noch keinen Hirsch schreien<br />
198) In dem Brief vom "Sept. 08", den T rot h a S. 54 abdrud
hörte" 206). In diesem Zusammenhang ist der Brief vom Dienstag, H. September<br />
1908 (der Poststempel des noch erhaltenen Briefumschlags gibt dieses Datum mit<br />
der Uhrzeit .. 5 N" = 17 Uhr an) der wörtlichen Wiedergabe wert: "Es ist ein<br />
prachtvoller Nachmittag. Ich gehe jetzt und setze mich eine halbe Stunde oberhalb<br />
in den Wald, um zu horchen, ob schon Hirsche schreien; ich glaube aber kaum ....<br />
Abends - Die Beleuchtung war prachtvoll, ich vermißte dabei ganz besonders die<br />
sorgsame Hand - die meine Brille klar hält - von Hirschen nichts zu hören. Sollten<br />
die etwa auch homosexuell 207) geworden sein? In der kommenden Woche wird<br />
sichs zeigen" 208).<br />
Obwohl Holstein "unter den musikalischen Talenten im Haus" leidet ("das rothaarige<br />
Dienstmädchen singt stundenlang bei der Arbeit und ein männliches Wesen<br />
pfeift fleißig im Hause umher"), kann er doch "zwischen 6 und 7 Stunden" schreiben<br />
209). In diesem Jahr hatte er sein Reisegeld mitzunehmen vergessen, "habe nur<br />
im Portemonnaie 91 Mark. Werde wÖchentlich nur das Trinkgeld berappen und im<br />
übrigen auf Pump leben. Frau Fischer lachte und ist einverstanden" 210). Im September<br />
1908 war es schon empfindlich kühl: "Zog mir dazu [zum Sitzen ,draußen umher']<br />
alles an, was ich anzuziehen mithatte, denn es ist recht kalt" 211). So erwähnt er<br />
Anfang des Monats, daß er bei 12 0 in seinem Zimmer im Dammhaus bei offenem<br />
Fenster sitze, aber habe heizen lassen, "draußen rauscht der Wind durch die Tannen"<br />
212). Aus solcher Perspektive sieht er an einem Regentag (",Heute regnet es<br />
nur ein Mol' 213), sagte eben Frau Fischer", die Dammhaus-Wirtin) "die Dinge ruhig<br />
vom Fenster aus an: Da liegt, mehrere hundert Meter lang, die Blöße, die vor 4<br />
Jahren Z14) der Sturm riß. Die Aufstapelung des Holzes ist jetzt noch kaum beendet.<br />
Am fernen Ende der Blöße steigt Rauch auf, wo Köhler ihr Wesen treiben. Sie<br />
schlafen auch dort in einem Hüttchen, nachts hört man einen Hund bellen. Das macht<br />
sich ganz gut, im Trockenen betrachtet, für die draußen, die den ganzen Tag nicht,<br />
und kaum die Nacht trocken werden, hat es wohl seine Schattenseiten. Man begreift,<br />
daß alle diese Leute nicht alt werden. Aber das ganze Bild, die Blöße mit Wald<br />
rundum, der Köhlerrauch und der über dem ganzen ausgegossene weiße Nebel, hat<br />
etwas einfach Harmonisches, Ruhiges, garnicht Trübes. Und auf der Chaussee unter<br />
dem Fenster rieseln emsig zwei kleine Regenbäche den Berg hinunter" 215). In demselben<br />
Brief gibt Holstein wieder Zeugnis von seiner Wanderleidenschaft, auch bei<br />
schlechtem Wetter: "Vormittags war lich nach Altenau hintmter, um mir Papier<br />
200) Brief an Ida von Stülpnagel vom 25.9. 1908 (R 0 g g e: Holstein S. 322).<br />
207) Das Wörtmen "auch" nährt die Vermutung, daß Holstein einen bestimmten Fall<br />
meint. Es ist stark anzunehmen, daß er auf die Affäre des Grafen Philipp zu Eulenburg anspielt,<br />
gegen den vom 29. 6. bis 17. 7. 1908, also rund zwei Monate vor Holsteins Brief, die<br />
Hauptverhandlung beim Landgerimt I Berlin lief.<br />
208) Akte n Bd. 81, S. E 3573IO-Il.<br />
208) Trotha S. 59 u. 61.<br />
210) T rot h a S. 54.<br />
211) T rot h a S. 60.<br />
212) T rot h a S. 54.<br />
218) T rot ha dru&t fälsmlim .. e Mol" (S. 57). Mol = Mal im Oberharzer Dialekt.<br />
21
- 50 Bogen und 25 Kuverts - zu holen; ging mit Umweg zurück. 3 1 /, Stunden,<br />
immer munt'Cr gegangen, immer auf- oder abwärts ohne besondere Ermüdung" 216),<br />
und das im Regen! Eine Strecke ist etwa 5 km lang. Nach der beiläufigen Mitteilung<br />
-an Harden im Brief vom 18. September ("Befinden zur Zeit mäßig. Zu vieles<br />
Marschieren hat den Magen geärgert. Ruhe und strenge Diät" 217» kann sich der<br />
sonst so rüstige Wanderer nicht mehr viel zumuten: am 21. schreibt er demselben<br />
Empfänger: "Meine gute Laune ist weg, seit ich mich nicht mehr müde laufen kann.<br />
Prachtwett!er, aber was habe ich davon? Lagere mich im Heidekraut. Mageres<br />
plaisir" 218).<br />
Durch eine kurze Bemerkung wird wieder deutlich, wie sehr Holstein doch auch<br />
am Schicksal seiner Mitmenschen Anteil nimmt: wie er 1898 über das Los der<br />
Wirtin in Riefensbcek warmherzige Bemerkungen macht (s. o. S. 118), so teilt er<br />
10 Jahre später mit: "Meinem Wirt habe ich gestern morgen gesagt, daß ich nicht<br />
annehme, er werde es noch lange machen, da Alkoholgenuß bei Zucker als ·eine Form<br />
von Selbstmord gilt" 219). Das ist nun zwar nicht gerade warmherzig zu nennen,<br />
aber es zeugt von Anteilnahme.<br />
Während dieses letzten Aufenthaltes im Dammhaus schreibt Holstein auch den<br />
berühmten Satz über Bernhard von Bülow, den Reichskanzler: "Ich denke viel über<br />
B. B. nach. Er macht eine ruchlose Politik, Bülow-Politik, nicht deutsche Politik ....<br />
Bülow hat immer die Besorgnis vor Augen, daß bei einer vollen Versöhnung zwischen<br />
König 220) und Kaiser er geopfert wird .•.. " Ein konkreter Anlaß zu den Sätzen<br />
,üben Bülow an Frau von Lebbin ist nicht erkennbar, zumal der betr. Brief nur<br />
"Dienstag abd 1/2 10" datiert ist 221).<br />
19°9·<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Nach dieser Reise hat Holstein den Harz nicht wieder gesehen. Er starb im Mai<br />
über sein Augenleiden hat Holstein öfter berichtet, und in den letzten Jahren<br />
litt er offenbar zunehmend unter Magenbeschwerden. Ober diese klagt er in den<br />
Briefen aus dem letzten Harzaufenthalt oft, so in einem undatierten Brief vom September<br />
1908 an Helene von Lebbin: "Der Magen verlangt noch alles Mögliche, Rücksicht.<br />
Zum Bei:spiel bekomme ich Druck, wenn ich ,gleich nach einer Mahlz,eit mich<br />
viel herumbewege. Deswegen verlangten beide Ärzte eindringliche Ruhe nach dem<br />
Essen" 222). Und kurz vorher in demselben Brief: "Abends verdarb ims durch Rührei<br />
und Kalbszunge. Danach Druck, den ich durch Bismuth beseitigte". Den nächsten<br />
Brief, ebenfalls ohne Datumsangabe, beginnt Holstein: "Heute habe ich gewissenhaft<br />
viermal, je I Stunde, festgelegen mit gutem Erfolg. Aber es ist eine schwere Gedulds-<br />
218) Trotha S.57.<br />
217) R 0 g g e: Harden S. 337.<br />
218) R 0 g g e: Harden S. 339.<br />
219) T rot h a S. 53 f.<br />
220) Gemeint ist der König von England, 1908 Eduard VII.<br />
221) Trotha S. 60. In Bd. 81 der Akten, S. E 357362, ist der Bleistiftvermerk<br />
"Sept. 08". Die berühmte ZitatsteIle steht auf S. E 357364.<br />
"") T rot h a S. 59.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
13 1
probe, hier viel mehr als in Berlin" 223) - und im nächsten Brief: "Die Notwendigkeit,<br />
in der besten Wanderzeit stundenlang zu liegen, drückt meine Lebensgeister<br />
herunter, das fühle ich. Aber ich werde durchhalten" 224). Bald darauf, gleich wieder<br />
im folgenden Brief, ebenfalls "Sept. 08", aus dem Dammhaus: "Vier Mal am Tage<br />
je eine Stunde fest zu liegen, und drei davon in der besten Wanderzeit, ist eine<br />
Pönitenz, aber ich glaube, es ist von großer Bedeutung. Gestern und heute hatte ich<br />
keine Beschwerden. Der Magen benahm sich wie ein bockiges Pferd, was die Ohren<br />
anlegt und den Schwanz ankneift, aber nicht bockt. Ich bin auch etwas weniger gegangen.<br />
Mir fiel ein Wort ein, das vor mehr als 10 Jahren Leyden 225) mir mal in<br />
Pontresina sagte: ,Bei angreifenden Touren wird der Magen auch angegriffen, denn<br />
er muß doch mit'" 226). Sein Magen wurde offensichtlich nicht gesdlOnt, erst gegen<br />
Ende seines Lebens mußte er bescheiden essen, doch kann von Diät kaum die Rede<br />
sein. Essen hat in Holsteins Leben einen wichtigen Platz eingenommen. Vielleicht<br />
wurde der Grund dazu im Elternhaus gelegt 227). Jedenfalls wirkt es fast grotesk,<br />
wie detailliert er oft mitteilt, was er gegessen hat. Ein Glas Bier beim Waldwärter<br />
zu trinken (1896) 228), geht noch an, auch das Rührei in Braunlage (1895) 229) und<br />
der Eierkuchen mit Schinken im Torfhaus (1896) 230) halten sich in bescheidenen<br />
Grenzen. Ebenso dürfte zu beurteilen sein, was er 1897 nach einem großen Spaziergang<br />
von Grünau nach Treptow noch nach Mitternacht zu Hause zu sich nimmt:<br />
"Schinkensemmel, 1 Apfelsinen und Graacher" [d. i. ein Moselwein] 231). In Riefensheek,<br />
wo Holstein offenbar besonders gut aß, genoß er am Sonnabend, 14. September<br />
1898, mittags "Erbsensuppe und einen vorzüglichen jungen Fasan mit hervorragender<br />
saurer Rahm-Sauce" und "zum Abend Schinken, roh und gekocht und die Extraspeise,<br />
heute Eierkudxen und Äpfel" 232). Erst zehn Jahre später finden sich in seinen<br />
Briefen wieder Nachrichten über genossene Speisen, nun aber muß Holstein sich<br />
&eines Magens wegen doch offenbar sdxonen: am 3 I. August 1908 ißt er im Dammhaus<br />
"einen Teller Reis und ein paar Happen Fleisdx. Jetzt eben um 4 Uhr habe idx<br />
wieder eine Tasse Milch mit Tee und zwei Eiern gehabt" 233). Wohl am Vortag aß<br />
er im Gasthof Auerhahn um 1/2 1 noch eine gehörige Portion Huhn mit Reis" 234),<br />
und ein paar Tage später im Dammhaus nachmittags "Mildx mit etwa.s Kaffee getitscht"<br />
235). Eine Mittagsmahlzeit bestand z. B. aus "Kalbskotelett, Reis, ein paar<br />
223) T rot h a S. 59.<br />
224) Trotha S.61.<br />
220) Professor Dr. Ernst Leyden (1831-1910) war seit 1885 Direktor der Ersten Medizinischen<br />
Klinik der Universität Berlin. Er wurde besonders durch seine Forschungen über<br />
die Rückenmarkserkrankungen bekannt.<br />
13 1<br />
220) T rot h a S. 61-62.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
227) s. dazu R 0 g g e: Holstein S. 12.<br />
228) T rot ha S. 38.<br />
228) R 0 g g e: Holstein S. 174.<br />
280) T rot ha S. 35 und ohen S. 106.<br />
281) Brief vom 16. 5. 1897 (R 0 g g e: Holstein S. 184).<br />
232) Trotha S.47.<br />
238) T rot ha S. 53.<br />
234) T rot ha S. 54.<br />
236) T rot h a S. 54 f.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
Kartoffeln, Schokoladenspeise" 286), ein Abendessen aus "Rührei und Kalbszunge"<br />
287), was aber nicht 'bekam. Seine Menues aus Borchardts Küche sind uns<br />
nicht bekannt, aber eine Speisenfolge im Haus Lebbin überliefert Trotha: "Ein<br />
warmes Gericht, Speise, Butter und Käse, Kaffee und Zigarren", zur Tafel "wurde<br />
ein leichter Weiß- oder Rotwein getrunken" 238). Trotha stellte dieser Beschreibung<br />
den Satz voran: "Der Geheimrat war überaus anspruchslos, daher das Essen immer<br />
einfach, gut bürgerlich". Nun ja, für die damalige Zeit wird es stimmen. Das sieht<br />
alles nicht übermäßig aus. Es ist aber doch wohl zu bedenken, daß Holstein gegen<br />
Ende seines Lebens - und in diese Periode fallen die Harzreisen - oft seine Magenbeschwerden<br />
hatte. Daß ihm die eingenommenen Mahlzeiten für der Mitteilung<br />
wert erschienen, zeugt von einer Originalität.<br />
In dieser Richtung ist noch anderes zu sehen wie etwa die Mitteilung vom lI.<br />
September 1898 aus Riefensbeek 239) an Helene von Lebbin: "Daß ich mit meiner<br />
eigenen Bettdecke und Roll wurst reise, gibt mir eine ungeheure moralische überlegenheit.<br />
Imponderabilien, aber man fühlt es heraus. Und der wonnige Gedanke,<br />
nur noch einmal einpacken zu müssen - dieses tägliche Auspacken abds. und Einpacken<br />
morgens stört wenigstens mir jedes Reisevergnügen, selbst ohne sonstige<br />
Mitstörungen. Ihr ergebener Krüppel H."<br />
Ein humoristischer Zug wird bei Holstein in seinem Brief an Helene von Lebbin<br />
aus HasseIfeide vom 14. September 1896 er!,ennbar, wo er den Wechsel eines Hemdes<br />
beschreibt: "Der heutige Tag begann für mich mit einer stillen häuslichen Feierlichkeit.<br />
Es galt die Einweihung eines reinen Hemdes. Jeder, selbst der in bescheidenen<br />
Verhältnissen lebende Zeitgenosse, kennt den Vorgang aus eigener Erfahrung,<br />
ich darf deshalb von einer Beschreibung der Einzelheiten absehen. Nicht unterlassen<br />
will ich aber, der l treuen jetzt zerknitterten Gefährten zu gedenken, welche mir<br />
über die letzten 6 trüben Tage hinweghalfen. Handelte es sich um Menschenbrüder,<br />
so würde man als Nachruf ihre fast unzerstörbare Reinheit und Unverdorbenheit<br />
hervorheben. Da es aber nur zwei einfache Hemden sind, so sagt man nichts, rümpft<br />
höchstens das Rümpfglied. Fürwahr nicht immer wird hinieden mit gleichem Maß<br />
gemessen. Indem so das innere Empfindungsleben zunächst zu gebührender Geltung<br />
gelangte, würden wir zu den Tagesereignissen übergehen können, wenn es deren<br />
gäbe" 240). Sonst tritt dieser Zug kaum hervor.<br />
Trotz vieler Detailangaben läßt sich auf Grund der letztlich doch sehr lückenhaften<br />
Quellenlage nur folgendes Harzitinerar aufstellen:<br />
1895 September Anfang HasseIfeide<br />
15. Brocken<br />
1896 August bald nach<br />
dem 15. Harzburg<br />
18. Romkerhalle<br />
238) Trotha S.57.<br />
237) T rot h a S. 59.<br />
t38) T rot h a S. 67.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
239) T rot h a S. 45j übrigens nicht, wie Trotha druckt, Riefensbe c kj wohl verlesen.<br />
UD) Trotha S.37.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
133
September<br />
1897 August<br />
September<br />
1898 September<br />
1901 Mitte August bis<br />
Ende September<br />
1903 wohl September<br />
1904 September<br />
134<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
vor 5. Torlhaus, Altenau<br />
zweimal Brocken<br />
6. Hasselfeide<br />
8. Hahnenklee<br />
13. Rübeland, Wendefurth<br />
Tanne<br />
10. Suderode<br />
16. Harzburg<br />
17. Torfhaus<br />
18. Brocken<br />
u. Brocken<br />
14. Braunlage, Hasselfeide<br />
16. Trogfurter Brücke, Rübeland, Elbingerode<br />
10. Elbingerode<br />
H. Brocken<br />
13. Heimburg<br />
15. Blankenburg<br />
17. Leistenklippe<br />
zwischen<br />
3. u. II. Harzburg<br />
13. Eckertal<br />
16.<br />
17·h8.<br />
19·<br />
11.<br />
11.<br />
13·<br />
17·<br />
Schalke, Auerhahn, Goslar<br />
Brocken-Scheideck, Rote Hütte, Tanne<br />
Hexentanzplatz, Thale<br />
Riefensbeek, Hammersteinklippen<br />
Hanskühnenburg, Osterode<br />
Acker<br />
Hanskühnenburg, Sieber, Stieglitzecke<br />
Dammhaus<br />
Dammhaus, Brocken, Hanskühnenburg<br />
Dammhaus<br />
I. Dammhaus<br />
11. Rehberger Graben<br />
13. Brocken<br />
18. Brocken (die 4. Besteigung während dieses Aufenthalts)<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
3. Fr i e d r ich von T rot h a: Fritz von Holstein als Mensch und Politiker. Eingel. von<br />
Friedrich Thimme. Berlin 193 I. Z i t. als: T rot h a<br />
4. Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins. Deutsche Ausg. von Wer n e r Fra u e n -<br />
die n s t. Göttingen. Berlin, Frankfurt 1957-63. Z i t. als: Fra u end i e n s t<br />
S. Nachlaß Holstein. Akten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Z i t. als: Akt e n<br />
Die übrigen Quellen sind je an ihrem Ort bibliographisch genau zitiert.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Zur Entwicklung des kommunalen Siegel- und Wappen<br />
wesens 1m Gebiet des ehemaligen Landes <strong>Braunschweig</strong><br />
Von<br />
Joseph König<br />
Seitdem durch die Arbeiten von Klemens S t a die r 1) und Arnold Ra b b 0 W 2)<br />
über die Wappen der Landkreise und Gemeinden im Gebiet des ehemaligen Landes<br />
<strong>Braunschweig</strong> gute übersichten vorliegen, sind wir über die Entwicklung und Begründung<br />
der einzelnen Wappen weitgehend unrerrichtet. Nicht voIl ausgeschöpft<br />
ist jedoch in diesen Büchern die Entwicklung des braunsmweigischen kommunalen<br />
Siegel- und Wappenwesens im aIlgemeinen und die Aufführung der einschlägigen<br />
rechtlimen Bestimmungen. Hier gilt es noch eine kleine Nad1lese zu halten.<br />
Vor 1807<br />
Lange vor den Landgemeinden oder gar Landkreisen waren es einzelne S t ä d t e,<br />
die sich auf dem Umweg über die Siegel der Wappen bedienten. Da die Wappen ursprünglich<br />
den Zweck hatten, den bewaffneten Krieger von anderen leicht zu unterscheiden,<br />
die Städte aber keine \Vaffen trugen, hatten diese zunächst keine Veranlassung,<br />
sich Wappen zuzulegen, wohl aber gebrauchten sie Zcichen zur Beglaubigung<br />
ihrer Urkunden im Siegel und für die Münzprägung. Die ersten Städtesiegel (Köln,<br />
Mainz, Trier usw.) begegnen uns im 12. Jahrhundert. Unsere Gegend folgt im 13.<br />
Jahrhundert. Für 1231 ist uns das erste Stadtsiegel von Braunsmweig bekannt, für<br />
IIp das von Helmstedt. Daran schließen sich dann nach längerem zeitlimen Abstand<br />
IH2 und IHS die von Schöningen und Bad Gandersheim an. Von unseren anderen<br />
Städten können wir Siegel erst aus dem 1 S. und 16. Jahrhundert nachweisen.<br />
Neben den großen Stadtsiegeln gab es bei den meisten Orten handlichere sogenannte<br />
Sekretsiegel zum täglimen Gebrauch, die das Siegelbild in vereinfachter Form<br />
wiedergaben oder ganz andere Embleme zeigten und in dieser Form in die bei uns<br />
dann im 14. Jahrhundert aufkommenden Städtewappen dadurch Aufnahme fanden,<br />
daß man sie in einen Wappenschild stellte.<br />
I) K I e m e n 5 S t a die r, Deutsche Wappen Bundesrepublik Deutschland. Bd. I: Die<br />
Landkreiswappen. Bremen: Angelsachsen-Verlag 1964. Bd. 5: Die Gemeindewappen der Bundesländer<br />
Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bremen: Angelsachsen-Verlag 1970.<br />
I) Ar n 0 I d Ra b b 0 w, <strong>Braunschweig</strong>isches Wappenbuch. Die Wappen der Gemeinden<br />
und Ortsteile in den Stadt- und Landkreisen <strong>Braunschweig</strong>, Gandersheim, Gifhorn,<br />
Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfsburg. <strong>Braunschweig</strong>: Eckensberger & Co 1977.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
137
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
überschaut man die braunschweigischen Städtewappen in ihrer Gesamtheit, so<br />
weisen die meisten von ihnen, besonders die älteren, in irgendeiner Form auf den<br />
Landesherrn hin. Embleme des welfischen Wappens haben Bad Harzburg, Eschershausen,<br />
Königslutter, Schöningen, Schöppenstedt, Seesen und Wolfenbüttel. Die<br />
Grafen von Regenstein-Blankenburg sind mit der Hirschstange im Wappen von<br />
BIanken'burg, die Eversteiner mit dem gekrönten Löwen im Wappen von Holzminden,<br />
die Homburger mit dem bordierten Löwen im Wappen von Stadtoldendorf,<br />
der Abt von Werden und Helmstedt durch die Figur des hl. Ludgerus im Helmstedter<br />
Wappen vertreten. .<br />
Redende Wappen s·ind ganz oder teilweise die von Bad Harzburg, Blankenburg,<br />
HasseIfeIde, Schöppenstedt, Seesen und Vorsfelde. Auf wirtschaftliche Gegebenheiten<br />
weisen die Wappen von LangeIsheim, Oker und Salzgitter, also vorwiegend<br />
Wappen jüngeren Datums hin. Die geographische Lage im Harzgebiet ist im Wappen<br />
von Bad Harzburg, Braunlage und Oker durch Tannen berücksichtigt. Zwei<br />
Städte haben Wappenbriefe: <strong>Braunschweig</strong> (1438) und Wolfenbüttel (1570).<br />
Inwieweit die sogenannten F lee k e n Siegel und ältere Wappen geführt haben,<br />
müßte im einzelnen überprüft werden. Hans Goetting bedauert, daß Paul Zimmermann,<br />
der kundige Erforscher der braunschweigischen Städteheraldik 3), die Flecken<br />
nicht mit in seine Untersuchungen einbezogen hat. Nach Goetting sind Flecken "seit<br />
dem 13. Jahrhundert nachweisbare oppida (wicbelde) mit städtischer Ratsverfassung,<br />
die sich ursprünglich nicht oder nur graduell von den übrigen Landstädten unterschieden<br />
und denen später vielfach nur durch einen mehr oder weniger zufälligen<br />
Verlauf ihrer Entwicklung die formelle Anerkennung als Stadt versagt war" 4).<br />
Von einigen Flecken sind uns Siege!! aus dem 16. und 17. Jahrhundert bekannt. So zeigt<br />
Calvörde Löwe und Hopfendolden im Siegelfeld, der 1965 zur Stadt erhobene Flecken<br />
Vorsfelde einen Eber. Von Gittelde berichten G. Hassel und K. Bege, 1803, daß der<br />
Flecken einen Rat besitze, der ein eigenes Siegel habe 5). Paul Zimmermann hat am<br />
5. I. 1906 die Gemeindevorstände der Flecken Bevem, Bodenburg, Delligsen, Gittelde,<br />
Greene, Heimburg, Hessen, Langelsheim, Lutter a. B., Ottenstein, Stiege, Thedinghausen,<br />
Walkenried und Zorge gebeten, ihm im Gebrauch befindliche und ältere<br />
Siegelstempel zu übermitteln 6). Einige Orte haben Textsiegel eingesandt, die aber<br />
wohl erst dem 19. Jahrhundert entstammen.<br />
1807-1813<br />
Einen Einschnitt in der kommunalen Sphragistik bildet die französisch-westphälische<br />
Zeit mit der starken Betonung von reinen Textsiegeln, die teilweise mit dem<br />
napoleonischen Adler versehen sind. Dennoch kündigen sich mit der nachstehenden<br />
S) P a u I Zirn m e r man n: Die Städtewappen des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>. <strong>Braunschweig</strong>isches<br />
Magazin Sept.lNov. 1905. auch Sonderdruck.<br />
4) Ha n s Go e t tin g, Das ürtswappen von Vorsfc1de - ein redendes Wappen. <strong>Braunschweig</strong>isches<br />
Jahrbuch 35, 1954. S. 54·<br />
5) Geographisch-statistische Beschreibung der Fürstenthümer Wolfenbüttel und Blankenburg.<br />
Bd. z <strong>Braunschweig</strong> 1803, S. Zl4.<br />
6) Staats-A. Wolfenbüttel. 36 Alt VI B 30.<br />
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Verordnung von 1808 konservativere Tendenzen an. Ferner wurde den La n dgern<br />
ein den die Erlaubnis erteilt, Siegel zu führen.<br />
Am 19. 10. 1808 gibt der Präfekt des Okerdepartements in <strong>Braunschweig</strong> bekannt:<br />
"Da mit einem, unrer dem 24sten v. M. anhero erlassenen Schreiben Sr.<br />
Excellenz des Herrn Justizminjsters, Modelle zu authentischen Siegeln für die verwaltenden<br />
und gerichtlichen Behörden des Departements allhier eingegangen und<br />
dem Graveur Herrn Merker hieselbst anvertrauet worden sind, so werden sämtliche<br />
Municipalitäten und Friedensgerichte hievon benachrichtiget, um, wenn sie<br />
dergleichen Amtssiegel stechen lassen wollen, sich deshalb an gedamten Graveur zu<br />
wenden, wobei ihnen jedoch unverhalten bleibt, daß nach einem unter dem I3ten<br />
d. M. anhero erlassenen anderweitigen Sm reihen des Herrn Ministers auch der fernere<br />
Gebrauch der bisherigen Siegel, wenn sie anders nicht mit dem Namen der ehemaligen<br />
Autoritäten oder der vorigen Landesherrn bezeimnet sind, unverwehrt<br />
sey" 7).<br />
Mit dieser Bekanntmachung war den Städten (und Flecken) zumindest Gelegenheit<br />
gegeben, ihre bisherigen Siegelbilder weiterzuführen, wenn auch manche bei<br />
ihren Textsiegeln mit oder ohne napoleonischem Adler zunächst verblieben.<br />
Neu ist, wie schon erwähnt, die Einbeziehung der La n d gern ein den in die<br />
Rcihe der Siegel träger. Wie die wenigen erhaltenen Si'egelstempcl zeigen, führten sie<br />
reine Textsiegcl, die nam gewissen einheitlichen Schemen gestaltet waren. Die meisten<br />
führten in der Legende die Bezeichnung "Königreim Westphalen", den Namen<br />
des Cantons und der Mairie. Manmmal ist statt der Cantonsbezeichnung die des<br />
Departements angegeben. Bei der Mairie Badenhausen tritt die Departementsbezeimnung<br />
zusätzlich zum Cantonsnamen. Die Angabe "Königreich Westphalen" fehlt bei<br />
Rüningen und Groß-Stöckheim. Die Stempel mit der kürzesten Legende führen neben<br />
der Bezeimnung "Mairie" nur den Gemeindenamen. Die Mairien Rüningen und<br />
Wobeck haben den gekrönten napoleonischen Adler im Siegelfeld 8).<br />
181 3- 1 935<br />
Nach der Vertreibung der Franzosen blieb die Wappen- und Siegelfähigkeit der<br />
Städte und Flecken unbestritten. Sie kehrten zu ihren vor der Zeit der Fremdherrschaft<br />
geführten Wappen und Siegeln zurück. Den Landgemeinden hingegen wurde<br />
die in der französischen Zeit gewonnene Beremtigung zur Siegelführung wieder<br />
untersagt. In einem Reskript des Kammerkollegiums vom 14. Mai 1818 heißt es:<br />
"Da es hin und wieder in Antrag gekommen ist, den Ortsvorstehern Dienstsiegel zu<br />
gestatten, bei genauerer Erwägung jedoch große Bedenken dagegen obwalten, so ist<br />
höchsten Orts beschlossen worden, daß die Ortsvorsteher dergleichen Siegel nicht<br />
führen sollen und haben die Oberhauptleute daher die fürstlichen Kreisgerichte danach<br />
zu instruiren und dergleichen etwa smon vorhandene Siegel sofort einzuziehen.<br />
Damit übrigens der Mangel eines solchen Siegels bei Versendung der Dienstsmreiben<br />
7) Braunscnw. Anzeigen 1808, 83. Stück, Sp.3065.<br />
8) Beispiele von Siegelstempeln aus der westphäliscnen Zeit siehe Staats-A. Wolfenbüttel,<br />
1 Sig Gr. I, 0 1-45 passim.<br />
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139
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kein Hindemiß mache, so ist der fürstlichen Post-Direction von Neuem eingeschärft<br />
worden, die mit der vorschriftsmäßigen Beziehung auf dem Couverte versehenen<br />
Officialschreiben der Ortsvorsteher auch ohne Beifügung eines Dienstsiegels portofrei<br />
zu befördern" 9).<br />
Trotz dieses Verbots haben manche Gemeinden nicht aufgehört, Dienstsiegel zu<br />
führen, die entweder reine Textsiegel sein konnten oder mit Pferd und Ortsnamen<br />
versehen waren 10).<br />
Der Gebrauch der Landgemeindesiegel wurde legalisiert durch die Landgemeindeordnung<br />
vom 19. März 1850. § 75 verfügt darin: "Urkunden, welche für die Gemeinde<br />
verbindlich s'ein sollen, müssen vom Gemeindevorsteher ausgefertigt und<br />
unterschrieben sein ... Der Gemeindevorsteher hat das Gemeinde..:Siegel zu führen<br />
und aufzubewahren" 11). Ein halbes Jahr später wurden hierfür gewissermaßen die<br />
Ausführungsbestimmungen erlassen und eine einheitliche Form für die Gemeindesiegel<br />
angeordnet. So verfügte das Staatsministerium am 23. Oktober 1850 an die<br />
Kreisdirektion Wolfenbüttel und wohl gleichzeitig an die anderen Kreisdirektionen:<br />
"Da es zweckmäßig erscheint, daß künftig die von den Vorstehern der Landgemeinden<br />
nach § 75 der Landgemeindeordnung zu führenden und aufzubewahrenden Gemeindesiegel<br />
übereinstimmend gleichmäßig für die sämmtlichen Landgemeinden des<br />
Landes angefertigt werden, so haben wir den hiesigen Münzgraveur Fritze deshalb<br />
mit Anweisung versehen. Das Siegel wird die Umschrift ,Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>'<br />
und in der Mitte die Bezeichnung der Gemeinde, z. B. ,Gemeinde Börnecke' enthalten"<br />
12).<br />
Das Staatsministerium ordnete also ein nüchternes Textsiegel ohne jedes Siegelbild<br />
an 13). Auch 1892 herrschten noch dieselben Verhältnisse. Die Landgemeindeordnung<br />
für das Herzogthum <strong>Braunschweig</strong> vom 18. Juni 1892 verfügte im § 75,<br />
daß Urkunden, die für die Gemeinde verbindlich sein sollten, mit dem Gemeindesiegel<br />
zu versehen seien 14).<br />
Mit Textsiegeln vorstehend genannter Art ("Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>" und<br />
Ortsname) haben sich die braunschweigischen Landgemeinden bis November 1918<br />
begnügen müssen. Nach der Abdankung des Herzogs wurde zunächst das Wort "Herzogthum"<br />
aus der bisher "Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>" lautenden Legende heraus-<br />
9) earl Beg e (Hrsg.), Repertorium der Verordnungs-Sammlung für die Herzoglim<br />
Braunsmweigismen Lande vom Jahre 1814 bis 1817. Helmstedt 1830, S.9tr9I.<br />
10) Beispiele von Siegelstempeln siehe Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Slg Gr. I, 0 I-50 passim.<br />
11) Gesetz- und Verordnungs-Sammlung für die Hcrzoglime Braunsmweigismen Lande,<br />
37. Jg., 1850, S·374.<br />
12) Staats-A. Wolfenbüttel, 36 Alt VI B 15 Bd.3.<br />
13) Ähnlim verlief die Entwicklung im Königreim Hannover (1814-1866). Dort setzten<br />
nam und nam die Landgemeinden ihre Siegelführung gegen den Widerstand des Innenministeriums<br />
durm, bis es 1848 den Weg zur Anschaffung von Siegeln frei gab. Siehe<br />
Joseph K ö n i g, Zur Entwiddung des kommunalen Wappen- u. Siegelwesens in Niedersamsen.<br />
(Festsmrift des Heraldischen Vereins "Zum Kleeblatt" I. Ausgabe der neuen Heraldischen<br />
Mitteilungen; 1963, S. 11-U).<br />
14) Gesetz- und Verordnungssammlung für die Herzoglim Braunsmweigismen Lande<br />
79.Jg., 1891, S·381.<br />
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geschnitten, was natürlich sehr unschön aussah. Dann kehrte man zum springenden<br />
Pferd, das in B e hör den - Siegeln immer gebraucht worden war, zurück und ordnete<br />
1919 Gemeindesiegel '
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zu führen. Er kann Wappen und Flaggen ändern. Die Gemeinde ist vorher zu<br />
hören" 20).<br />
Wesentliche Ergänzungen bringen die Ausführungsbestimmungen zu § lider<br />
Gemeindeordnung. über das Siegel wird verfügt, daß jede Gemeinde zur Führung<br />
eines Dienstsiegels verpflichtet sei. Da wegen der Form des Dienstsiegels weitere<br />
Anweisungen vorbehalten blieben, konnten die Gemeinden vorerst ihre bisherigen<br />
Siegel weiterführen. Soweit Gemeinden vor 1935 Wappen und Flaggen führten,<br />
sollte es hierbei sein Bewenden haben. Für den Freistaat <strong>Braunschweig</strong> bedeuteten<br />
also diese Bestimmungen, daß die Städte ihre bisherigen Wappen, Siegel und Flaggen<br />
weiterführten, während die Landgemeinden, die ja nur ein Siegel hatten, in diesem<br />
das springende Pferd auf Boden mit Gemeinde- und Kreisnamen als Umschrift<br />
zeigten.<br />
Für die Gestaltung der Wappen wurden folgende Richtlinien gegeben: "Die<br />
Wappen dürfen ... nicht gegen solche Regeln der Wappenkunde verstoßen, die auf<br />
historischen, künstlerischen und praktischen Gesichtspunkten beruhen (Bedeutung,<br />
Einfachheit, Klarheit, übersichtlichkeit). Das schließt jedoch nicht aus, daß an Stelle<br />
alter Symbole auch solche Formen und Bilder verwendet werden, die der modernen<br />
Umwelt entlehnt, dem Volke gemeinverständlich und für die betreffende Körperschaft<br />
charakteristisch sind.<br />
Das Wappen des Reichs, der Länder oder der Gemeindeverbände darf im Gemeindewappen<br />
nicht verwendet werden. Das gleiche gilt für sonstige Hoheitszeichen<br />
des Reichs oder Landes und anderer Körperschaften, insbesondere auch für das Hakenkreuz.<br />
Familienwappen dürfen nur mit Genehmigung der wappenberechtigten<br />
Familien übernommen werden" 21).<br />
Die Empfehlung an die Gemeinden, sich vor Annahme oder Änderung der Wappen<br />
mit dem zuständigen Staatsarchiv in Verbindung zu setzen, und die Verpflichtung<br />
der Gemeinden, den Staatsarchiven Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,<br />
hatte in <strong>Braunschweig</strong> durch die Autorität und Sachkunde des Geh. Archivrats Dr.<br />
Zimmermann, der von 1890 bis 1924 das Landeshauptarchiv Wolfenbüttelleitete,<br />
eine lange Tradition, wenn auch vorerst keine rechtliche Sanktionierung. Diese ergab<br />
sich für das braunschweigische Staatsarchiv durch die den preußischen Staatsarchiven<br />
schon seit 1925 übertragene Aufgabe der Wappenbegutachtung 22), ferner 1935 durch<br />
die genannten Ausführungsbestimmungen der Deutschen Gemeindeordnung 23).<br />
20) RGBl. I, 1935, S. So.<br />
21) MBli. V. 1935, Sp.424-425 vom 12.3. 1935.<br />
22) Siehe J. K ö n i g a. a. O. (Anm. 13) S. 25 u. Anm.31.<br />
13) Auch in dem RdErl. d. RuPr.M.I. vom 20.3. 1937 (RMBliV. 1937 Sp. 447-450) über<br />
Dienstsiegel der Gemeinden und Germeimleverbände wird bestimmt, daß die Aufsichtsbehörde<br />
die Stellungnahme der zuständigen Archivbehörde einzuholen hat. Wollte die zur<br />
Verleihung des Wappens zuständige Behörde von dem Gutachten der Archivbehörde abweichen,<br />
so waren dem Ministerium die Akten von der Verleihungsbehörde unter Darlegung<br />
ihres Standpunktes vor der Entscheidung vorzulegen. Das Ministerium behielt sich vor,<br />
ein weiteres Gutachten einzufordern. - Ferner gab der Runderlaß Richtlinien über die Gestaltung<br />
der Siegel. Er wurde ergänzt durch den RdErl. d. RuPrM.d.I. vom 13.5.1937 und<br />
des RMd.I. vom 9. 9.1938 über Dienstsiegel der Gemeinden und Gemeindeverbände (RMBliV<br />
1937, Sp·753-754 u. 1938, Sp. 1487-1490).<br />
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Zu der gleichen Auffassung bekannte sich auch die Stadt Königslutter, die vorübergehend<br />
erwog, ihr historisch sehr gut begründetes Wappen mit dem aus einem<br />
Gewässer der Lutter wachsenden Löwen gegen ein Siegelbild Kaiser Lothars auszutauschen,<br />
was heraldisch sicherlich nicht günstig gewirkt hätte 28).<br />
194 6 - 1 955<br />
Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches am Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
waren ·im Lande <strong>Braunschweig</strong> zunächst die Anordnungen der Militärregierung<br />
Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, auch auf dem Gebiete des kommunalen<br />
Wappen- und Siegelwesens maßgebend. Die der Verordnung Nr. 1I der Militärregierung<br />
vom 1. April 1946 als Anlage beigefügte revidierte Deutsche Gemeindeordnung<br />
29) bestimmte in § 11: "Die Gemeinden führen Dienstsiegel. Enthält ein<br />
Siegel außer dem Gemeindenamen irgend ein Sinnbild oder eine Inschrift, so ist es der<br />
Militärregierung zur Genehmigung vorzulegen, bevor es in Gebrauch genommen<br />
wird. Die Militärregierung kann Gemeinden das Recht verleihen, Wappen und Flaggen<br />
zu führen, sie kann auch Änderungen bestehender Wappen, Flaggen oder Dienstsiegel<br />
anordnen. Die betroffene Gemeinde ist vorher zu hören."<br />
Das <strong>Braunschweig</strong>ische Staatsministerium, Präsidialabteilung, ergänzte obige Bestimmungen<br />
im Amtsblatt der braunschweigischen Staatsverwaltung (einschließlich<br />
Ministerialblatt für djls braunschweigische Unterrichtswesen) Z5. Jg., Stück 19, vom<br />
z6. August mit folgendem Erlaß vom 8. Juli 194630): "I) Die Militärregierung hat<br />
bezüglich der Führung von Siegeln und Flaggen folgende Anordnung getroffen:<br />
J. Einzelne Beamte dürfen nicht ihre eigenen Siegel führen, vielmehr soll das<br />
Siegel das Symbol einer bestimmten Behörde sein ...<br />
z. Eine Gemeinde, die kein Amtssiegel hat, kann das Provinzialsiegel (Landessiegel)<br />
oder einen Stempel benutzen, der die Billigung der Militärregierung hat.<br />
H. Es wird weiterhin bekanntgegeben, daß das nachstehende Muster des braunschweigischen<br />
Pferdes [dargestellt ist ein steigendes Pferd mit aufgeschlagenem<br />
Schweif in der extremen Stellung der Levade mit der Umschrift ,<strong>Braunschweig</strong>isches<br />
Staatsministerium, Kanzlei'] nunmehr als Wappen des braunschweigischen Staates<br />
gilt. Die Militärregierung 31) hat ihre Zustimmung dazu gegeben."<br />
Die Erlaubnis der Militärregierung, daß eine Gemeinde, die kein Amtssiegel hat,<br />
das Landessiegel führen darf, ist nach der Bildung des Landes Niedersachsen für den<br />
Bereich des Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> nicht aufgehoben worden. 1947 haben<br />
fast 90 % aller Gemeinden in ihrem DienstsiegeI das frühere braunschweigische Landeswappen<br />
geführt. (Gemeint list das obengenannte erst am 8. 7. 1946 eingeführte,<br />
28) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V 223, BI. 7.<br />
19) Amtsblatt der Militärregierung Deutsdlland, Britisches Kontrollgebiet Nr. 7, S. 127 ff.<br />
ao) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V Ha BI. 11.<br />
81) Lt. Schreiben des Staatsarchivs Hannover an das in Wolfenbüttel vom 3.4.1951,<br />
St. A. 1000/51, geht der Amtsblatterlaß auf eine Verordnung der britischen Militärregierung<br />
zurück, die aber [in Hannover] bereits im Februar 1947 aufgehoben wurde. Staats-A.<br />
Wolfenbüttel, I Nds V na BI. 35.<br />
144<br />
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heraldisch unbefriedigende steigende Pferd mit aufgeschlagenem Schweif in der Haltung<br />
der Levade, das sog. "Eichhörnchen"). Diese Zahlen trafen im wesentlichen<br />
auch 1950 noch zu 32). Man hielt jedoch auch braunsmweigismerseits diesen Zustand,<br />
daß Gemeinde und Gemeindeverbände staatliche Hoheitszeichen führten, für unerwünscht<br />
und smlug ein nichtstaatlimes, für Niedersachsen marakteristismes Symbol,<br />
z. B. gekreuzte Pferdeköpfe, vor.<br />
Am 26. September 1956 (lV!x-332.200) 33) teilte der Nds. Minister des Innern<br />
mit, daß er keine Bedenken habe, denjenigen Gemeinden des Verwaltungsbezirks<br />
<strong>Braunschweig</strong>, die das steigende Pferd [mit aufgeschlagenem Smweif in der Stellung<br />
der Levade] in ihren Siegeln führten, dieses Recht weiterhin zu belassen. Dieses<br />
Wappenbild unterscheide sich in seiner Gestaltung sowohl vom springenden Pferd,<br />
das die (niedersämsischen) Landessiegel 84) zeigen als auch vom laufenden Pferd,<br />
das das Siegel der überkommenen heimatgebundenen Einrimtung des Landes Braunsmweig<br />
enthält 35).<br />
Bei neuen Anträgen von Gemeinden auf Verleihung von Wappen, die das steigende<br />
Pferd enthalten, war der Innenminister ebenfaIls bereit, dem zu entsprechen.<br />
Er bat jedoch, darauf hinzuwirken, daß die Gemeinden nach Möglimkeit Wappen<br />
besmlössen, die sim voneinander unterschieden.<br />
Die Zahl der von der Militärregierung in den Jahren 1945-1947 genehmigten<br />
Bildsiegel dürfte im <strong>Braunschweig</strong>ischen die Zahl 7 nimt überschritten haben. Manche<br />
von ihnen wie z. B. die von Oker und Mönchevahlberg sind heraldisch und<br />
künstlerisch wenig befriedigend. Das gleiche gilt auch für das Wappen des Kreises<br />
Gandersheim, das 1959/60 durch ein besseres ersetzt wurde.<br />
Durm die am 1. Dezember 1946 in Kraft getretene Verordnung Nr. 57 der Militärregierung<br />
betr. Befugnisse der Länder der Britischen Zone gingen die Selbstverwaltungsaufgaben<br />
der revidierten Deutschen Gemeindeordnung und damit auch<br />
die Verwaltung von Wappen, Flaggen und Siegeln wieder in die deutsche Zuständigkeit,<br />
d. h. in Niedersachsen, dem <strong>Braunschweig</strong> seit dem 23. November 1946 angehörte,<br />
in die des Innenministers über 36). Die 1. Ausführungsanweisung zum Gesetze<br />
zur vorläufigen Regelung einiger Punkte des Selbstverwaltungsrechts vom 28.<br />
Mai 1947 betr. Geltungsbereich der Deutschen Gemeindeordnung und Abgrenzung<br />
der Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten vom 10. Juli 1947 erklärte die<br />
81) Beridtt des Präsidenten des Verwaltungsbezirks Braunsdtweig, Abt. für Inneres<br />
] I b 1882/50 Az. v. 18. u. 1950 an den Nieders. Minister des Innern. (Staats-A. Wolfenbüttel,<br />
I Nds V II aBI. 45).<br />
83) Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Nds V 22a BI. 78.<br />
84) Gesetz über Wappen, Flaggen u. Siegel des Landes Niedersadtsen vom 13. 10. 19p.<br />
(Nds. GVB1. 1952, S. 160).<br />
15) Besdtluß des Landesmin;steriums vom 10. 12. 1952 (Nds. MB1. 1952 S. 612) u. vom<br />
10.8. 1954 (Nds. MBl. S. 382 f.): Pferd auf Laufboden. Lt. Erlaß des Nds. Ministers des<br />
Innem vom S. II. 1957 an den Verwaltungsbezirk Braunsdtweig (IVII-332.204"17) soll<br />
das Pferd im Wappen braunschweigisdter Gemeinden mit Laufboden dargestellt werden<br />
(Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V Ha BI. 79a).<br />
88) Amtsblatt der Militärregierung Deutsdtland, Britisdtes Kontrollgebiet Nr. IS, S. 344 ff.<br />
und RdErl. d. Nds. Md]. vom 16. I. 1948 (ABI. f. Nds. S.44).<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
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Mit Erlaß vom 30. 6. 1966 hat der Nieders. Minister des Innern die Regierungsund<br />
Verwaltungspräsidenten davon unterrichtet, daß<br />
I. für die Genehmigung der Annahme von Wappen durch Samtgemeinden die Zuständigkeit<br />
der Regierungs-(Verwaltungs-)Präsidenten gegeben ist,<br />
2. Samtgemeinden, die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden führen und in<br />
dieser Gemeinde ihren Sitz haben, auch deren Wappen als eigenes annehmen können<br />
48).<br />
Der Herr Nds. Ministerpräsident - Staatskanzlei - gab mit Erlaß vom 8. 8. 1966,<br />
S Nr. 398/66, den Staatsarchiven davon Kenntnis und wies sie darauf hin, daß es<br />
diesen nur obliege, die heraldische Seite der Wappen- und Siegelführung zu begutachten.<br />
Soweit beim Entstehen eine Möglichkeit zur Einflußnahme bestünde, sollte<br />
jedoch darauf hingewiesen werden, daß Dienstsitzgemeinde und Samtgemeinde nicht<br />
das gleiche Wappen führen, da das gegen den Grundsatz verstößt, daß Wappen verschiedener<br />
Personen und Körperschaften klar unterscheidbar und möglichst einmalig<br />
sein sollten. Wenn aber diese Einflußnahme nicht möglich sei und eine Samtgemeinde<br />
das Wappen ihrer Dienstsitzgemeinde übernehmen wolle, wird im Gutachten zweckmäßigerweise<br />
jedoch wenigstens auf die Wappengleichheit zwismen Samt- und<br />
Dienstsitzgemeinde hinzuweisen sein. Die Klärung der damit verbundenen rechtlichen<br />
Fragen sei den Regierungs-(Verwaltungs-)Präsidenten zu überlassen 48).<br />
Dies geschah :in unserem Bereich durch Verfügung des Präsidenten des Nicdcrs.<br />
Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> vom 14. 6. 1967 - J Ia 417/67 - an die Landkreise<br />
des Bezirks und nachrichtlich an das Staatsarchiv WoIfenbütteI. Es wird darauf<br />
hingewiesen, daß Samtgemeinden, die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden<br />
führen und in dieser Gemeinde ihren Sitz haben, auch deren Wappen als eigenes annehmen<br />
können. Der Nieders. Minister des Innern habe dieser Auffassung mit Erlaß<br />
vom 19. 7. 1966 - III/1(c) Nr. 33200/18 - zugestimmt. Für die Genehmigung der<br />
Annahme von Wappen durch Samtgemeinden im <strong>Braunschweig</strong>er Lande sei die Zuständigkeit<br />
des Präsidenten des Verwaltungs-Bezirks <strong>Braunschweig</strong> gegeben 49).<br />
Inzwischen ist 1975 im Zuge der Gebiets- und Verwaltungs reform die Zuständigkeit<br />
für die Genehmigung von Wappen und Flaggen der Landkreise, Gemeinden<br />
und Landgemeinden neu geregelt worden 50). Die Genehmigung von Wappen und<br />
Flaggen der braunschweigischen Landkreise und kreisfreien Städte oblag jetzt nicht<br />
mehr dem Innenminister, sondern dem Präsidenten des Verwaltungsbezirks, ab I. 2.<br />
1978 dem Regierungspräsident in <strong>Braunschweig</strong>. Für die Genehmigung der kreisangehörigen<br />
Gemeinden - mit Ausnahme der selbständigen Städte - und der Samtgemeinden<br />
waren jetzt die Landkreise zuständig.<br />
Dieser Abschnitt des Erlasses vom 18. 8. 1975 (s. Anm. 50) hat mit Runderlaß<br />
des Niedersämsischen Innenministers vom 25. S. 1978 (Nds. MB!. Nr. 26/x978,<br />
S. 811) wohl mit Rücksicht auf die Neufassung der Niedersächsischen Gemeindeord-<br />
48) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds. V 12e, BI. 3.<br />
U) Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Nds V He, BI. 4.<br />
&0) RdErl. d. MI v. 18.8. 1975 (Nds. MB!. Nr. 37h975, S. 1234).<br />
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nung und Landkrei50rdnung vom 18. Oktober 1977 (Nds. GVBI. 1977, S. 497 bzw.<br />
513) folgende geringfügige Änderung erhalten:<br />
Die Genehmigung der Wappen und Flaggen der Landkreise, der kreisfreien<br />
Städte, der großen selbständigen Städte und der selbständigen Gemeinden obliegt<br />
der Bezirksregierung. Demgegenüber genehmigen die Landkreise die Wappen und<br />
Flaggen der kreisangehörigen Gemeinden - mit Ausnahme der großen selbständigen<br />
Städte und der selbständigen Gemeinden - und der Samtgemeinden. - Unter selbständigen<br />
Gemeinden werden nach der Niedersächsischen Gemeindeordnung vom<br />
18.10.1977 solche mit mehr als 30000 Einwohnern verstanden.<br />
Neugebildete Gemeinden können nach dem Erlaß von 1975 (5. Anm. 50) Wappen<br />
und Flaggen einer beteiligten aufgelösten Gemeinde weiterführen. Samtgemeinden,<br />
die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden führen und in dieser ihren Sitz haben,<br />
können auch deren Wappen als eigenes annehmen, wenn die Gemeinde zustimmt.<br />
Im allgemeinen geht die Entstehung eines Gemeindewappens wie folgt vor sich:<br />
I. Die Gemeinde wird sich darüber klar, welche Sinnbilder wohl für sie besonders<br />
charakteristisch sind. Diese Sinnbilder können der Geschichte und Tradition des<br />
Ortes entnommen werden. Weiterhin können die Lage des Ortes, Sinnbilder des<br />
dort betriebenen Gewerbes und des Brauchtums bei der Wahl der Embleme berücksichtigt<br />
werden. Endlich giht es noch die Möglichkeit der sog. redenden Wappen,<br />
die an den Ortsnamen anknüpfen.<br />
Bereits bei diesem Vorstadium empfiehlt es sich, sich durch das Staatsarcbiv beraten<br />
zu lassen, das kostenlos gern Auskunft erteilt. Dann sollte die Gemeinde einen<br />
guten Graphiker oder Heraldiker beauftragen, der ihr zwei bis drei Entwürfe zur<br />
Auswahl vorlegt. Erst jetzt - nach dem Vorliegen heraldisch einwandfrei gezeichneter<br />
Vorbilder - ist es an der Zeit, im Gemeinderat einen Beschluß über das zu<br />
wählende Wappen zu fassen und diesen protokollarisch festzuhalten. Anschließend<br />
muß der von der Gemeinde gutgeheißene farbige \Vappenentwurf auf Karton (im<br />
Format DIN A 5, Größe 9 x I I cm) nebst dem Siegclentwurf (Karton DIN A 5,<br />
Durchmesser des Siegels 3,5 cm) zur amtlich vorgeschriebenen Begutachtung an das<br />
Staatsarchiv gesandt werden. Das Siegcl enthält das \Vappen und (ohne innere Randlinie)<br />
die Umschrift Gemeinde NN, Landkreis NN.<br />
Es folgt nunmehr das eigentliche Genehmigungsverfahren, für das je 4 Abbildungen<br />
unter Beifügung der Stellungnahme des Staatsarchivs einer beglaubigten Abschrift<br />
des Beschlusses der Vertretungskörperschaft mit einer Beschreibung und<br />
Begründung des Entwurfs dem zuständigen Landkreis (bei Wappen von Landkreisen<br />
sowie kreisfreien und selbständigen Städten dem Regierungspräsidenten) einzusenden<br />
sind. Nach erfolgter Genehmigung wird der Landkreis die Gemeinde davon<br />
durch übersendung je einer Ausfertigung des Wappen- und Siegel-, gegebenenfalls<br />
auch des Flaggenentwurfs unterrichten. Das Staatsarchiv wird ebenfalls benachrichtigt<br />
und enthält je zwei Wappen- und Siegel-, ggf. auch Flaggenabbildungen für<br />
seine Registratur sowie für die amtliche Sammlung sämtlicher niedersächsischer Gemeindewappen<br />
im Hauptstaatsarchiv Hannover.<br />
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149
des Innern nach Erlaß vom 26. 9. 1956 - IV!r - 332200 - keine Bedenken hatte, daß<br />
dieses Pferd noch weiterhin im Wappen der braunschweigischen Gemeinden belassen<br />
werden könne. Es ist nicht entschieden worden, bis zu welchen Zeitpunkt die Gemeinden<br />
das "steigende Pferd" in ihr Dienstsiegel aufgenommen haben mußten. Das<br />
Gesetz über Wappen, Flaggen und Siegd vom 13. 10. 1952 (Nds. GVBl. Sb. I S. 77)<br />
bestimmt in § 7 Abs. 3: "Die Siegelführung der Gemeinden und Kreise bleibt besonderer<br />
Regelung vorbehalten." Diese Regelung ist für die Gemeinden durch § 10 der<br />
Niedersächsischen Gemeindeordnung vom 4. März 1955 getroffen worden. Es wird<br />
deshalb davon auszugehen sein, daß nur diejenigen Gemeinden das "steigende Pferd"<br />
beibehalten könnten, die es vor Inkrafttreten der Niedersächsischen Gemeindeordnung<br />
(I. 4. 1955) in ihr Dienstsiegel aufgenommen haben. Der Präsident des Verwaltungsbezirks<br />
<strong>Braunschweig</strong> hat daher keine Bedenken, daß diejenigen Zweckverbände<br />
das steigende Pferd in ihrem Dienstsiegel bis auf weiteres führen, die dieses<br />
Wappen bereits vor dem 1. 4. 1955 übernommen haben. In allen anderen Fällen<br />
bittet er, die Verwendung des steigenden Pferdes im Dienstsiegel der Zweckverbände<br />
zu untersagen.<br />
Durch den Delegationserlaß des Niedersächsischen Minister des Innern vom 18. 8.<br />
1975 (Nds. MBl. Nr. 37, 1975, S. 1l34) ist die Zuständigkeit für die Genehmigung<br />
von Wappen und Flaggen der Gemeinden - mit Ausnahme der selbständigen Städte<br />
- von den Regierungspräsidenten / Präsidenten der Verwaltungsbezirke auf die Landkreise<br />
übergegangen. Demnach dürften Zweckverbände auf Gemeindeebene, die zur<br />
Führung eines eigenen Wappens berechtigt sind, ihr Dienstsiegel vom Landkreis genehmigt<br />
erhalten. Bei Wappen- und Flaggenentwürfen von Zweckverbänden auf<br />
Landkreisebene bliebe die Genehmigung den Regierungspräsidenten vorbehalten. In<br />
der Tat ist auch Wappen und Flagge des Zweckverbandes für Partnerschaften von<br />
Gemeinden des ehemaligen Landkreises <strong>Braunschweig</strong>am 2. 9. 1976 auch vom Präsidenten<br />
des Nds. Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> genehmigt worden 53).<br />
63) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V :ud.<br />
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KLEINERE BEITRÄGE<br />
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Ekbert H. von <strong>Braunschweig</strong> (1' 1090) und<br />
Bischof Benno von l\ieißen (1' 1106)<br />
in einer Hildesheimer Sage<br />
Von<br />
Hans Dobbertin<br />
Bei einem "Streit um Dinge der Meißener Kirche" habe Markgraf Ekbert - "wie<br />
man glaubt" - dem Bischof Benno eine Ohrfeige·) gegeben. Der "sehr milde" B:ischof<br />
habe geantwortet: "Binnen Jahresfrist wirst du deine Strafe am eigenen Leibe empfangen."<br />
Dann sei der Bischof am 16. 6. ,,1090" verstorben und im Meißener Dom<br />
begraben worden. Als Markgraf Ekbert "wenige Tage später" in den Dom eingedrungen<br />
sei und am Grabe Bennos geschmäht hatte, habe Ekbert plötzlich geschrien:<br />
"Benno kommt! Benno kommt!" und sei nach dieser Vision an Ort und Stelle tot<br />
umgefallen, ohne den Dom verlassen zu können.<br />
Dies berichtet uns im jetzigen Münchener Clm 17045 1) der 14502) als Mönch im<br />
Hildesheimer Michaeliskloster bezeugte Johan (= Henning) Spedel bald nach 1461.<br />
Hieronymus Emser lernte Spedels als "liber lcgendae" 15153) "kürzlich" in Meißen<br />
eingetroffene Aufzeichnungen erst nach Abschluß seiner Vorarbeiten zu seinem Buch<br />
"Divi Bennonis Misnensis ••. vita" (1512) kennen, und zwar wohl nur in Auszügen<br />
.) Hierzu s. Matthäus 5, 39 = Lukas 6, 19a, aber auch Mon. Germ. Hist., SS. XVI, 311<br />
(Ohrfeigung eines Stader Ministerialen durch seinen Herrn).<br />
1) Johannes Kir s eh, Beiträge zur Geschichte des hl. Benno Bischofs von Meißen<br />
(1066-1106), Bamberg 1911, 5.16-17 mit der Jahresangabe "1095 (richtig 1105)". Im<br />
Original in der Bayerischen Staatsbibliothek (fol. 8v) steht "Moxco" (= MOxcO), also 1090.<br />
2) Richard D ° e b n er, Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, 1881-19°1, VIII, N.70.<br />
Der 1404 bezeugte Hans Spedel (111, uo) war Johans 1405 verstorbener Großvater Henning<br />
Spedel (Clm 17045 fol. 4r), da Henning schon um 1300 eine Koseform für Johannes war.<br />
Paul L e h man n in: Zs. f. Kirchengesch. p, 19I1, S. 457-465 hat D 0 e b n e r s VB nicht<br />
ausgewertet, erkennt aber den Clm 17045 als Werk eines Mönches Spedcl aus der Zeit<br />
nach der Smlamt bei Grohnde (1411!) und nach dem Hildesheim-Besum des Kardinals<br />
NicoIaus Cusanus (1451) an. Der Fälsmungsverdamt von Wolfgang Petke in: ArchivaI.<br />
Zs. 66, 1970, S. 11-20 ist unberemtigt. Lehmann zitiert S. 464 f. einen eigenhändigen Bennopolim/Bunnopolis-Text<br />
Bennos von Meißen (Tri er BA liturg. 95,6 fol. 79v) von einer Arithmetiktafel.<br />
Er stammt spätestens aus der Zeit der Kiew-Reise des Trierer Dompropstes<br />
Burmard (Braunschw. Jb. 43, 1962, S·46; 53, 1972, S·52 f., 58, 66; 55, 1974. S.125) und<br />
gelangte erst nach 1802 von Paderbom nam Trier.<br />
S) Damals wurden von Meißen aus in Hildesheim Augenzeugen der ·Wiederauffindung<br />
dieses "liber legendae" aufgefordert, nach Meißen zur Beeidigung zu kommen (K i r s c h<br />
a. a. O. S. 14 mit Anm. I). 1515 hat man auch Bennos soeben gefundenen Profeßschein nach<br />
Meißen gesmickt.<br />
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153
ohne Kenntnis des Originals, und nennt sie daher irrtümlich oder überhöflich "sehr<br />
alt" 4). Im übrigen ist Emser besser als Spedel über Bennos Lebensdaten unterrichtet,<br />
vor allem durch Lampert von Hersfeld. Daher übernimmt er die Sage über Ekbert<br />
nicht. Er spricht statt dessen von Bennos Vorhersage des frühen Todes des Meißener<br />
Markgrafen Heinrich von Eilenburg (t 1103), der übrigens 10895) nach Absetzung<br />
Ekberts Markgraf von Meißen und nach der Ermordung Heinrichs von Northeim<br />
(t 1101) der dritte Gatte von Ekberts Schwester Gertrud von <strong>Braunschweig</strong> geworden<br />
war. Ferner berichtet Emser 6), Benno habe aum vorhergesagt, daß Kaiser Heinrich<br />
IV. (t 7. 8. 1106) ihn (Benno) nicht lange überleben werde.<br />
Der Friesengraf und Meißener Markgraf Ekbert H. von Braunsmweig wurde in<br />
Wirklichkeit am 3. Juli 1090 im Unterharz in einer Selkemühle bei Belagerung einer<br />
Sachsen-"urbs" (der Ballenstedter Burg Anhalt ?) 7) erschlagen, also von Benno<br />
ebenso überlebt wie sogar noch Heinrich von Eilenburg. Bennos Nachfolger im Amte,<br />
Bischof Rerwig von Meißen, wurde durch Erzbischof Heinrim von Magdeburg<br />
(1105-1107) ordiniert 8) und urkundete seit 1108.<br />
Quellenmäßig ist von Zwistigkeiten zwismen Benno und Ekbert nimts überliefert,<br />
dom werden wir annehmen müssen, daß Benno mit Ekberts Feldzug gegen<br />
Bischof Udo von Hildcsheim und mit Ud os Gefangenhaltung (1089) 9) nimt einverstanden<br />
gewesen ist und sim offen gegen beide Maßnahmen ausgesprochen hat.<br />
Benno war nämlim sehr wahrsmeintim ein Sohn des Ostfalengau-Grafen und Hildesheimer<br />
Vogtes Tiemo/Tamma/Thiatmar 10) und spendete als Kind dem in seinen<br />
letzten Lebensjahren kränkelnden, mit ihm blutsverwandten Bismof (und Grafenbruder)<br />
Bernward (t 1022) seit seinem fünften Lebensjahr durch besondere Fähig-<br />
') Hieronymus Ern s er, Divi Bennonis Misnensis quondam episcopi vita, miracula et<br />
alia quedam ... , Leipzig 1512, caput 28.<br />
6) Zur Lebensgeschichte Ekberts 11. von <strong>Braunschweig</strong> s. Heinrich B ö t t ger, Die<br />
Brunonen, Hannover 1865, S.587-688; Otto Pos se, Die Brunonen, in: Codex dip!.<br />
Saxoniae regiae I, I, 1881, S. 84-113.<br />
6) Ern s e r (cap. 31). Als Todestag Bennos wird hier der 16. Juni 1106 angegeben.<br />
Während Spedel (fol. 6r u. v) Benno zum "Goslarer Propst" und unmittelbaren Nachfolger<br />
des Meißener BisdlOfs Thiderich (" t 1050" nach Spedel, ridltig t 1040) macht, hat für<br />
Ern 5 e r (cap. 14) Benno nach dem Goslarer Propst Crafft, der zum Meißener Bischof erwählt<br />
war, den Meißener Bischofsstuhl bestiegen (s. Lamperti ... opera, ed. O. Hol der<br />
E g ger, P.104) und den "Suffraganbischof Theoderich" (Gegenbischof Felix!) mit einer<br />
Pfründe versorgt (cap.15)'<br />
') B ö t t ger a. a. O. S.668-688 denkt an eine Belagerung Quedlinburgs.<br />
8) MGH. SS. XIV, 409; Ern s er (cap.31).<br />
8) Ann. Hildesheimenses, ed. G. W a i tz 11878, %1947, P.59 (z. J. 1089) = Annalista<br />
Saxo, MGH. SS. VI, 726 (z. J. 1089) = Chronicon Hildesheimense, MGH. VII, 854 (ohne<br />
Jahresangabe zur Regierungszeit Bischof Udos). Zur vor 1079 vollzogenen oder begonnenen<br />
Stadterweiterung beim Andreashospital (!) nach Nordosten s. Johanne9 Ge bau er. Gesch.<br />
d. Stadt Hildesheim I, 11922, ' 1976, S. 37 ff., 44 ...<br />
10) Vg!. Die Diözese Hildesheim 43. 1975, S.31 Anm.4 (zu Braunschw. Jb. 43, 1962,<br />
S. 56 ff. Anm. 59 und 63 f.) und S. 44 Anm. 57. Zu S. 47 f. und Anm. 84: mlat. infra =<br />
innerhalb! - Benno von Meißen ist nicht zu verwechseln mit dem aus Schwaben stammenden<br />
Hildesheimer Dompropst und späteren Bischof Benno 11. von Osnabrüdr (über den Letzteren<br />
s. Nicolaus C. Heu t ger in: Jb. d. Ges. f. nieders. Kirchengesch. 67, 1969. S. 1°7-114).<br />
154<br />
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üttclcr Logikbüchlcins 16), da es wic das Bildungsbüchlcin einen gelehrten Mönch<br />
Albcrich erwähnt. Demnam war der "Bennopolitanus" Benno von Meißen auf keinen<br />
Fall ein unbedeutender Mann für die Geschichte der Kirche, der Wissensdlaft und<br />
des Reiches. Und die durch allegorische Erfassung eines polemism betrachteten historischen<br />
Ereignisses entstandene Ohrfeigensage über diesen Benno zwingt zu neuem<br />
Namdcnken über den eher irreführenden Begriff" Wandersage", auch und besonders<br />
im Zusammenhang mit den Mäusesagen 17) in Burgdorf (bei Hannover), Hameln,<br />
Bingen, Osnabrück, Eberswalde (bei Berlin) und Kurken (Ostpreußen) und mit den<br />
Reliquiensagen 18) in St. Mihiel (30 km s Verdun), Hildesheim und Evron. - Die<br />
Wolfenbütteler Kopie eines durch Erzbischof Ansc1m von Canterbury dem rechtmäßigen<br />
Papst Urban H. (1088-1099) gewidmeten Bümlcins 19), die laut (schwarzer)<br />
Besitzereintragung im frühen 13. Jahrhundert der Priester Aescelin im Hildesheimer<br />
Michacliskloster besaß, stammt vermutlich auch mit aus dem Nachlaß Bennos von<br />
Meißen, dcnn auch Benno hat 1097 Urban H. anerkannt.<br />
18) Cod. Guelf. 56. 10 Aug. 8° fol. 148v-16zr (Leibniz nennt es im Index: Liber de<br />
Dialectica seu Logica). Vgl. dazu den zur Zeit Gregors VII. und Heinrichs IV. Urkundenanfänge<br />
für Monte Cassino entwerfenden Alberich bei R 0 c kin ger a. a. O. S. 18 H. und<br />
VIVARIUM IV. 1966. p. I-57. wo an einen anderen Alberich gedacht wurde. Im Bildungsbüchlein<br />
(fol. If) wird auf Irrtümer "Aginulfi vel abbati(s) Samaritani" hingewiesen.<br />
17) Zur Hamelner Kinderausfahrt (1284) in: Wörterbuch d. dt. Volkskunde Cl. Auflage)<br />
s. neuerdings Nieders. Jb. 49. 1977. S. 315-310. und (in: Monographien zur Kulturgeschichte<br />
VI, Der Bauer. Abb. 88) den "Reuter". der am "I. September dieses 1675. Jahrs bey Brochdorp<br />
unweit Hanover" den "letzten Ratz" tötete und dann vor dessen "Mäuse-Heer" Boh<br />
(= Volrad von Depenau. t 1283. der 1175 während oder nach den Kämpfen gegen die<br />
Preußcnhäuptlinge Henricus Monte und Glappo - aus Klein-QuedinlDypenowe nach Niedersachsen<br />
geflohen war? !). - Die "Ratten- und Mäuseplage" in Hameln um 1184 wurde durch<br />
hier die Weser überquerende Auswanderer verursacht, die "Mäuseplage" bei Bingen unter<br />
ErJ:bischof Hatto (891-913) durch hungrige Bauern und Rheinschiffer. die "Mäuseplage" in<br />
Osnabrück (Osn. Mitt. 46, 1914. 367 H.) unter Benno 11. (1068-1088) durch die unsittsamen<br />
Nonnen von Herzebrock. für die Benno das Gertrudenkloster erbaut hatte (Vita Bennonis c. 11).<br />
in das sie aber erst 1141 übersiedelten und das kurz nach 1181 auf den heutigen Gertrudenberg<br />
verlegt wurde. Mit "Ratten und Mäusen" sind zumindest in diesen Sagen unliebsame Menschen<br />
gemeint. - Den "LibelIus" von "1514" (Verlag C. Kientzler. Hameln) fälschte<br />
wohl Wilhelm Raa b e, s. seine Novelle "Die Hämelsdlen Kinder" (1863) und seinen<br />
Roman "Der Hungerpastor" (1864).<br />
18) Zu Nieders. Jb. 49. 1977. S. 67 H. (vgI. S.69 m. Anm. 10) s. Die Diözese 43. 1975.<br />
S. 58 f. m. Anm. 108 (vgl. Hans. GeschBII. 95. 1977. S. 169) und Unsere Diözese 10. 1951.<br />
H. 3/4. S. 53 (vgI. Für die Menschen bestellt, Hildeshcim 1978. 5.17). Eridl M ü I I e r (Qu.<br />
u. Darst. z. Gesch. Nds. 47. 1938. S. 84) entstcIlt den Wortlaut zweier früher QueIlen über<br />
die "aulica Eltze" und Bischof Guntar (Leibniz, 55. rer. Br. I. 160 f. vor Il16; Annalista<br />
Saxo. MGH. SS. VI. 571 um 1140). H. v. Ja n und M. Ha man n haben beide auch nicht<br />
nachgeprüft. sondern folgen M ü I I e r blindlings (Nds. Jb.49. S. 67 ff. mit Anm. I und<br />
S. 310 mit Anm.30). Gisela Sc h u I z e entschied das Bennopolis-Problem. indem sie im<br />
Bereidl der Martinikirche die geradlinige nordwestliche Fortsctzung der im Süden noch vorhandenen<br />
Bernwards-Ringmauer fand (Sommer 1978).<br />
18) Cod. Guelf. 56. 10 Aug. 8° foI. 8U-I11V. - Hau c k s abwertende Bemerkungen<br />
über den Charakter Bennos von Meißen und über die Phantasie der frühen Biographen<br />
Bennos waren unsachlich und unzutreffend. Solche Art von Geschichtsforschung soIlte uns<br />
heute abschrecken.<br />
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Durch die Sachsen Bruno und Tancward sei KarIs Bistum Schieder (bei Lügde)<br />
nach FaIIerslcben, durch Heinrich I. nach Vrose (wüst in der Magdeburger Neustadt!),<br />
durch auo d. Gr. "in Partinopolin qua,e est Magdoburg" verlegt worden,<br />
und Heinrich 1. habe das "castrum Misnae" (!), Goslar und Quedlinburg gegründet<br />
(Leibniz, SS. rer. Brunsv. I, 260-262). Diese Quelle kann Benno von Meißen verfaßt<br />
haben, denn sie erwähnt den nach 1040 anstelle der Krypta des Hildesheimer Cäciliendomes<br />
erbauten "jetzigen BischofshofkelIer", aber noch nicht seine seit 12z6 nachweisbare<br />
Verwendung als LaurentiuskapeIIe. Ein Randzusatz weist auf das Jahr 1203<br />
hin. Bruno und Tancward waren die legendären Gründer von <strong>Braunschweig</strong> und<br />
Dankwarderode (auch für diese Quelle !). - In K(i)eIlu/ZheIlae/Chelle (AltenceIle)<br />
war 1089 die Burg schon vorhanden (s. Brschw. ]b. 43, S. 59 f. mit Anm. 66-69),<br />
aber noch ohne Stein- und Fachwerkgebäude als Vor- und HauptwalI. Die dortige,<br />
in der Frühgotik um ein Querhaus erweiterte Gertrudenkirche ist wohl nur ebenso<br />
alt wie die Dankwarderoder Burgkirche St. ]ürgen und Gertrud (s. H. Dobbertin,<br />
Benno von Meißen und Bennopolis, 3257 Springe 3,1978).<br />
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',.'
Ellbogengelenks blieb zurüdc und wurde später als Kriegsbeschädigung (30010) anerkannt.<br />
In den letzten Kriegsmonaten war er ,in Dänemark eingesetzt. Dort geriet<br />
er Mai 1945 durch die Kapitulation in engHsme Gefangensmaft, wurde mit seinem<br />
Truppenteil nadl. Dithmarschen überführt und daselbst im September 1945 entlassen.<br />
Insgesamt hat Q. durch Wehrdienst in Frieden und Krieg nicht weniger als<br />
8 Jahre für seine Berufsausbildung verloren!<br />
Nun galt e6, unter vielen Schwierigkeiten das Studium zum Abschluß zu bringen.<br />
Aber die Hochschulen waren überfüllt und auf ehemalige ParteimitgHeder, wenn sie<br />
der NSDAP auch nur nominell angohört hatten, und ehemalige Offiziere nicht erpicht.<br />
Nach erfolgter Entnazifizierung durch einen Homschulausschuß (1945) konnte<br />
Q. sein Studiwn;im Winter 1945/46 zunächst nur an der Philosophischen Abteilung<br />
der Technischen Hochsmule <strong>Braunschweig</strong> wiederaufnehmen. Anschließend studierte<br />
er zwei Semester an der Universität Kie1. Dort wurde er am 15. Juli 1949 mit einer<br />
von Prof. Dr. Otto Bedcer in Kiel betreuten sehr guten Di'Ssertation "Die Unterwerfung<br />
der Stadt <strong>Braunschweig</strong> durch die Herzöge von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg im<br />
Jahre 16]1" zum Doktor der Philosophie promoviert. Die Arbeit 1st weitgehend<br />
aus Quellen des Stadtarchivs Braunsmweig und des Staats archivs Wolfenbüttel erwachsen<br />
und 1953 in einer überarbeiteten Fassung unter dem Titel "Die Unterwerfung<br />
der Stadt Braunsmweig im Jahre 1671. Das Ende der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtfreiheit"<br />
als Band 16 der "<strong>Braunschweig</strong>er Werkstüme" gedrudct worden. Seinen<br />
1949 in Kiel gefaßten Plan, das Staatsexamen für das höhere Lehrfarn abzulegen,<br />
ließ Q. fallen, als jhm unter Vermittlung des Stadtarchivs <strong>Braunschweig</strong> und der<br />
Niedersächsischen Archivverwaltung Gelegenheit geboten wurde, ab August 1949<br />
an dem bereits angelaufenen ersten Lehrgang an der Archivsmule in Marburg (Lahn)<br />
teilzunehmen. Mit der archivarischen Staatsprüfung vom 18. Oktober 1950 qualifizierte<br />
er sich für den höheren Archivdienst (Archivassessor).<br />
Die nun folgenden Bemühungen um eine Archivarsstelle gehören zu der zweiten<br />
Gruppe von Widrigk,eiten, die Querfurths Leben überschatteten. Es gelang ihm zunächst<br />
nicht, die erhoffte Anstellung am Stadtarmiv <strong>Braunschweig</strong> zu erlangen. So<br />
mußte er sein Leben mit Gelegenheitsarbeiten fristen. Eine von diesen war eine<br />
Geschichte der Braunschwei,gischen Landes-Brandversicherungsanstalt, die 1954 unter<br />
dem Titel "Braunsmweigische Landes-Brandversicherungs-Anstalt 1754-1954. 100<br />
Jahre im Dienste des Gemeinwohls" gedrudct wurde. Ferner hat er einen Teil des<br />
Ortsregisters für das 1955 von Werner Spieß im Auftrage der Historischen Kommission<br />
für Niedersachsen herausgegebene Register zum I. Band der Helmstedter<br />
Matrikel bearbeitet. Von November 1951 bis Mitte Juli 1953 war Q. mit der Neuordnung<br />
des Stadtarchivs der Stadt Bad Kreuznam beauftragt. Es folgte eine befristete<br />
Anstellung am Staatsarchiv Wolfenbüttel (16. Juli 1953 - 30. April 1954), während<br />
der er mit dcm Tätigkeitsbereich eines größeren Archivs vertraut wurde (Ordnungsarbeiten<br />
am Bestand "Kreisdirektion <strong>Braunschweig</strong>", Benutzersaalaufsicht, Recherchendienst,<br />
Archivpflege). Der damalige Staatsarchivdirektor Dr. Kleinau bestätigte<br />
ihm, daß er "seine Arbeiten gewissenhaft und sorgfältig erledigt und die Gelegenheit,<br />
seine praktischen Erfahrungen zu erweitern, ohne Zweifel gut auszunutzen<br />
gewußt" habe. Mit einer Tätigkcit beim Johann-Gottfried-Herder-Institut in Mar-<br />
160<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
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konnten iJun entscheidende Linderung seiner Beschwerden verschaffen. Vereinzelt<br />
erschien er noch auf den Vortragsabenden, seine Treue zum Geschichtsverein damit<br />
in rührender Weise dokumentierend.<br />
In unserer schnellebigen Zeit mögen diese Zeilen die Erinnerung an Hans J ürgen<br />
Querfurth und &ein erfolgreiches Wirken unter erschwerten Lebensumständen wachhalten.<br />
In Homachtung und Dankbarkeit sei seinem Gedenken dieses Jahrbuch gewidmet.<br />
J oseph König<br />
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Thilo Vogelsang t<br />
Am 2. April 1978 1st der Leiter der <strong>Bibliothek</strong> und stellvertretende Direktor des<br />
Instituts für Zeitgeschichte, Professor Dr. Thilo Vogelsang, unerwartet im 60. Lebensjahrin<br />
München verstorben.<br />
Thilo Vogelsang, der am 14. Februar 1919 in <strong>Braunschweig</strong> geboren wurde, begann<br />
seine wissenschaftliche Laufbahn als Mediaevist und war im Jahre 1949 als<br />
Schüler von Hermann Heimpel (Gättingen) mit einer Untersuchung "Die Frau als<br />
Herrscherin im hohen Mittelalter. Studien zur ,consors regni' Formel" zum Dr. phi!.<br />
promoviert worden. Nach Abschluß seiner Ausbildung zum wissenschaftlichen <strong>Bibliothek</strong>ar<br />
in Frankfurt/Main hat sich Dr. Vogclsang, seit November 1951 am Institut<br />
für Zeitgeschichte tätig, insbesondere mit wichtigen Studien zur Weimarer Republik<br />
befaßt und als einer der ersten Historiker in der Bundesrepublik Deutschland eine<br />
intensive Erforschung der deutschen Nachkriegsgeschichte eingeleitet. Zu seinen bekanntesten<br />
Veröffentlichungen gehören "Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge<br />
zur deutschen Geschichte 1930-1932" (1962), "Hinrieb Wilhelm Kopf und Niedersachsen"<br />
(1963), "Kurt von Schleicher. Ein General als Politiker" (1965) und "Das<br />
geteilte Deutschland" (1966). Im Jahre 1973 wurde Thilo Vogelsang zum Honorarprofessor<br />
für Zeitgeschichte an der Technischen Universität München ernannt.<br />
Wir werden das Andenken unseres verstorbenen Mitgliedes stets in Ehren halten.<br />
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Manfred Garzmann
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J oachim Leuschner t<br />
Am 12. Apri:l 1978, dem ersten Tage seiner Vorlesungen im Sommersemester<br />
1978, ,ist der Inhaber des Lehrstuhls A für Geschidtte an der Technischen Universität<br />
Hannover, Professor Dr. Joachim Leuschner, 'lInerwartetim Alter von 55 Jahren<br />
verstorben. Joachim Leuschner wurde am 22. Juni 1922 in Berlin geboren und studierte<br />
seit 1940 Geschichte, Gern1ani\Stik sowie englische und lateinische Philologie<br />
an der dortigen Friedrich-Wilhelm-Universität. Durch den Wehr- und Kriegsdienst<br />
wurde sein Studium mehrere Jahre unterbrochen, das erst 1946 an der Georg-August<br />
Universität Göttingen fortgesetzt werden konnte. Aufgrund seiner von Professor<br />
Hermann Heimpd betreuten Dissertation "Zur Idee der Deutschen Geschichte im<br />
späten Mittelalter" wurde Joachim Leuschner im Jahre 1951 zum Dr. phi!. promoviert.<br />
Anschließend war er Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur<br />
Herausgabe der historisch-politischen Schriften Dietrichs von Nieheim, einem Kurialen<br />
aus Westfalen (t 1417), der auf dem Konzil zu Konstanz zur Reformgruppe gehörte.<br />
Djcse Edition, seit 1967 gemeinsam mit Katharina Colberg bearbeitet und<br />
1976 abgeschlossen, w.ird in Kürze erscheinen.<br />
Ein volles Jaluzehnt war Dr. Leuschner als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der<br />
Bayerischen Akademie der Wissenschaften für die Jahrbücher Kaiser Siegmunds in<br />
der Reihe der Jahrbücher der Deutschen Geschichte tätig, bevor er 1963 die Professur<br />
für Geschichte und jhre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Göttingen<br />
übernahm. Im Jahre 1969 wurde er zum ordentlichen Professor für Geschichte<br />
an der Technischen Universität Hannover berufen. Unter seiner engagierten Lcitung<br />
wurde die <strong>Bibliothek</strong> des Historischen Seminars in der Landes- und Rechtsgeschichte<br />
beträchtlich erweitert. Aus beiden Bereichen stammen eine Reihe von Dissertationen,<br />
die, von Professor Leuschner betreut, tei.lweise unter Verwendung von<br />
Archivalien der staatlichen und kommunalen Archive Niedersachsens angefertigt<br />
worden sind.<br />
Seine große Hanse-Exkursion ,im Juni 1977 begann in <strong>Braunschweig</strong>, wo er vor<br />
den mehr als 40 Teilnehmern an den bedeutendsten Bauwerken unserer Stadt seine<br />
methodische und didaktische Konzeption entwickelt hat: Geschichte durch Anschauung<br />
begreifen zu lernen.<br />
Professor Leuschner ist der Geschichtswissenschaft, die er liebte und aus der heraus<br />
er lebte, bis zu seinem unerwarteten Tode mit großer Hingabe und leidenschaftlichen<br />
Engagement verbunden geblieben. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen<br />
gehören "Volk und Raum. Zum Stil der national-'Sozialistischen Außenpolitik"<br />
(1958), "Geschichte an Universitäten und Schulen" (gemeinsam mit Hans-Heinrich<br />
Nolte und Brigide Schwarz, 1973), die Kapitel VII b:is XII des Teiles "Mittelalter"<br />
im "Studienbuch Geschichte" (hrsg. von Reinhard Elze und Konrad Repgen, 1974)<br />
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und "Deutschland im späten Mittelalter" (1975) als Band 3 der von ihm seit 1973<br />
herausgegebenen "Deutschen Geschichte".<br />
Sein plötzliches Ableben hat eine schmerzliche Lücke hinterlassen. Dank seiner<br />
integren Persönlichkeit und seiner wissenschaftlichen Werke wird sein Andenken in<br />
uns fortleben.<br />
Manfred Garzmann<br />
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Ludolf Fiesel t<br />
Als wir bei der Hauptversammlung am 15. Dezember 1978 den Senior des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Geschichtsvereins, unser Mitglied Museumsdirektor und Lande:.konserv,ator<br />
a. D. Dr. phil. Ludolf Fiesel, Wienhausen, nach einer Würdigung seiner<br />
wissenschaftlichen Arbeiten und seiner Verdienste um den Verein mit einem Buchgeschenk<br />
ehrten, ahnten wir nicht, daß er schon am 21. Januar 1979 aus unserer Mitte<br />
scheiden würde. Mit den Angehörigen trauern wir um einen Mann von vorbildlichen<br />
menschlichen Eigenschaften und hoher wissenschaftlichiCr Qualität. Wir wissen es zu<br />
würdigen, daß er, obwohl in Wienhausen wohnend, nach seiner übersiedlung aus der<br />
DDR in die Bundesrepublik Deutsdtland unserem Verein beitrat, in unserem Jahrbuch<br />
einen Beitrag veröffentlichte, und noch jn den letzten Tagen seines Lebens an<br />
einen weiteren Aufsatz über ka:rolingische Orte östlich der Oker, darunter Wolfenbüttel,<br />
Gifhorn usw., für das Jahrbuch arbeitete. Der Tod hat ihm die Feder aus der<br />
Hand genommen.<br />
Ludolf Otto Fiescl wurde am 13. Juli 1888 in Ribbesbütte1, Kreis Gifhom, als<br />
Sohn des Leiters der Diakonisdlen Heime m Kästorf (Ldkr. Gifhorn), Pastor Karl<br />
Fiesel, geboren. Nach Besuch der Gymnasien in Celle (bis 1905) und in WolfenbüttC'l<br />
(bis 1909), studierte er von 1909 bis 1910 in München Geschichte, Kunstwissenschaft<br />
und Germanistik, von 1910 bis 1914 in Berlin und Göttingen Geschichte, Germanistik<br />
und Psychologie. Da er wegen körperlicher Behinderung als Kriegsfreiwilliger<br />
zunächst nicht verwendbar war, begründete er ,jn Göttingen einen "Studentischen<br />
Hilfsdienst", der für andere Hochschulen vorbildlich wurde. Im März 1915 bestand<br />
er in Göttingen das Staatlrexamen für das Lehramt an höheren Schulen in Geschichte,<br />
Deutsch und Englisch. Anschließend wurde er dodl nom zum Militärdienst im Ersten<br />
Weltkrieg eingezogen und während dieser Zeit zum LC'Utnant der Reserve und Kompanieführer<br />
befördert. Nach Verwundung war er Führer und Ausbildungsleiter des<br />
Maschinengewehr-Ausbildungskommandos des X. Armeekorps in Munster-Lager.<br />
Noch vor seiner Entlassung am 30. November 1918 wurde er an der Universität<br />
Göttingen am 13. Februa-r 1918 mit einer Dissertation über "Das öffentliche Geleit<br />
-im frühen Mittelalter" zum Dr. phil. promoviert.<br />
Zunächst wandte sich Fiesel nun dem Schuldienst zu: am 2. Oktober 1919 am<br />
Gymnasium Doberan, dann als wissenschaftlicher Hilfslehrer und ab 1920 als Studienrat<br />
an der Oberrealschule in Rostock, von 1934 bis 1945 am Realgymnasium daselbst.<br />
Dazu kam von 1920 bis 1926 seine Tätigkeit als Gesrnäftsführer und Dozent an der<br />
Volkshochschule in Rastock sowie von 1926 bis 1931 als Mitarbeiter der Mecklenburgischen<br />
Monatshefte.<br />
Seit dem I. Oktober 1945 war Fiesel Leiter des Armivs und der Museen der Stadt<br />
Rostock, 1950 Städt. Museumsdirektor und Konservator für Bau- und Kunstdenkmale<br />
des Bezirks Rostock. Daneben wirkte er seit 1946 als Vorlesungs-beauftragter<br />
166<br />
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und vertretungsweise als Leiter des Historischen Seminars an der Universität Rostock.<br />
Die Absicht der Philosophischen Fakultät, F. mit einer Professur zu betrauen,<br />
konnte nicht verwirklicht werden, da das Ministerium die Fachrichtung Geschichte<br />
nicht anerkannte. Ein Antrag des ausscheidenden Direktors des Zentralarchivs Potsdam<br />
auf Ernennung Fieseis zu seinem Nachfolger äm Mai 1951 wurde von der Personalabteilung<br />
des Ministeriums des Innern nicht genehmigt. Da war es ihm eine gewisse<br />
Genugtuung, daß die Historische Kommission für Niedersachsen ihn 1955 zu<br />
ihrem Mitglied erwählte. Nach Versetzung in den Ruhestand wurde er im Februar<br />
1957 durch Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.<br />
Er wohnte seitdem zusammen mit seiner Schwester in Wienhausen.<br />
Dr. Fiesels fleißiger Feder entstammen so viele wissenschaftliche Veröffentlichungen,<br />
daß 'Sie hier z. T. nur summarisch erwähnt werden können. Im Zusammenhang<br />
mit seiner bereits genannten Dissertation über das Geleitsrecht im Mittelalter sind<br />
in angesehenen Zeitschriften mindestens 5 größere Aufsätze erschienen, die sich mit<br />
Geleit bzw. Zollgelcit befassen. ZahlreidIe weitere Beiträge hat er 1926-1932 in den<br />
Mecklenburgischen Monatsheften, sodannin den "Beiträgen zur Geschichte der Stadt<br />
Rostock" herausgegeben. Im Zusammenhang damit stehen Arbeiten wie die "Geschichtliche<br />
GrundJagedes Mecklenburgischen Städtewesens" (1938), eine "Synoptische<br />
Tabelle zur Geschichte der Stadt Rostock" sowie" Werden und Wachsen der<br />
Stadt Rostock" .<br />
Für uns sind seine sprach.- und siedlungsgesdlichtlichen Arbeiten am wichtigsten,<br />
die etwa ,ab 1933 einsetzen und z. T. :im Korrespondenzblatt des Vereins für Niederdeutsche<br />
Sprachforschung veröffentlicht sind. Besonders zu nennen sind die Aufsätze<br />
"Frühmittelalterliche Siedlung mit dem Grundwort -büttel" (Zeitsdir. f. Ortsnamenforschung<br />
9, 1933 und 10, 1934), "Ortsnamenforschung und frühmittclalterliche<br />
Siedlung in Niedersach.sen" (ForsdlUng u. Fortschritte 9, 1933, sowie Teuthonista,<br />
Beiheft 9, Halle/Saale 1934, 36 S.), "Gründungszeit deutscher Orte mit dem Grundwort<br />
-leben und Siedlungs beginn :in der Magdeburger Börde" (Blätter f. dtsche. Landesgesdl.<br />
90. Jg. 1953, S. 30-77), "Die Borstel südlich der Niedereibe" (Nds. Jb. f.<br />
Landesgesch. 26, 1954, S. 1-23), "OffIeben und Kaierde in den Traditiones Corbeienses.<br />
Ein Beitrag zur sächsischen Stammesaristokracie" (Braunschw. Jb. 44, 1963, S. 5-<br />
41) und vor allem der letzte große Aufsatz "Franken im Ausbau altsächIsischen Landes"<br />
(Nds. Jb. f. Landesgesch. 44, 1972, S. 74-158).<br />
Dr. Fiesel hat sich mit den zuletzt genannten Aufsätzen gewissermaßen in die<br />
vorderste Kampflinie der Ortsnamenforsdlung und Siedlungskunde vorgewagt. Es<br />
war daher beinahe vorauszusehen, daß nicht jedes der von ihm vorgetragenen Er<br />
,gebnisse voll angenommen würde. Immerhin gibt die von Hans Patze herausgegebene<br />
neue "Geschichte Niedersachsens" Bd. I, 1977, durchaus die Thesen FieseIs wieder.<br />
Zu dessen letztem Aufsatz über die Franken als Träger des Ausbaus im Sachsenlande<br />
nach Kar! dem Großen bringt sie zwar kritische Bemerkungen (S.267) gibt aber<br />
(S.592) zu, daß die entvölkerten Gebiete "wahrscheinlkh auch mit Nichtsachsen"<br />
(also z. B. mit Franken) aufgefüllt wurden. Es ist zu spät, um dem Autor, der manchmal<br />
darunter litt, daß nicht alle seiner Aufsätze die von ihm gewünschte Anerkennung<br />
fanden, mit Hinweisen vorstehender Art zu trösten. Das letzte Wort in vielen<br />
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der von Fiesel anges
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10. L ° m m atz s eh. Herbert: Unser täglich Brot gib uns heute! Berichte aus d. Hungerwinter<br />
1771/71 im niedersächsischen Harz. In: Unser Harz. Jg. 15. 1977. S. 15-17. I Abb.<br />
I I. Her b s t. Rudolf: Alte Grenzsteine quer durch den Harz. In: Unser Harz. Jg.15.<br />
1977. S. 147-15°.1 Abb.<br />
11. Mo r i t z. Kar!: Aus Braunlage berichtet: 90 Jahre Harzklub-Zweigverein. In: Unser<br />
Harz. Jg. 15· 1977· S. 229·<br />
13. Satzung. gültig ab 16.3.1977. Harzklub Zweigvercin Wolfenbüttel c. V. (Wolfenbüttel<br />
1977.) 14 S.<br />
14. Historisch-Iandeskundliche Exkursionskarte von Niedersachsen. Maßstab I : 50000. T.6:<br />
Blatt Wolfsburg. bearb. von Wolf Ti e t z e. hrsg. von Erhard K ü h I h 0 r n. [Nebst]<br />
Er!äuterungsheft. Hildesheim: Lax in Komm. 1977. Erl.-H.: 163 S. mit 15 Abb .• 3 Stadtpläne.<br />
(Veröffentlichungen d. lnst. f. Hist. Landesfomh. d. Univ. Göttingen. 1. T.6.)<br />
[Da, Blatt
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
34. Bus eh, Ralf: Archäologische Burgenforschung in Norddeutschland. Möglichkeiten<br />
d. künftigen Werla-Forschung unter d. Aspekt d. Untersuchung mittelalterlicher Königspfalzen.<br />
Ein Vortrag. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr. 259. Vom<br />
5. Nov. 1977·<br />
35. Bus eh, Ralf: Möglichkeiten der künftigen Werla-Forschung. In: Heimatbuch f. d.<br />
Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978. [1977.] S. 40-43, 2 Planskizzen.<br />
36. Met z, Wolfgang: Quellenstudien zum Servitium regis (900-Il50). T. I. In: Archiv<br />
f. Diplomatik, Schriftgesch., Siegel- u. Wappenkde. Bd 22. 1976. S. 187-271.<br />
[Aufgeführt werden u .•. Gandersheim u. Goslar. s. übersidlt über die Belege S. 131.]<br />
37. B r ü h I, Carlrichard: Purpururkunden. In: Festschrift für Helmut Beumann zum 65.<br />
Geburtstag. Sigmaringen 1977. S. 3-21.<br />
[Darin u. a. die sog. Heiratsurkunde .97' Apr. 14: Otto 11. für Theophanu Da. 11. lI".J<br />
38. He i n e m e y er, Walter: Erzbischof WiIligis von Mainz. In: BII. f. dt. Landesgesch.<br />
Jg. 1 IZ. 1976. S. 41-57.<br />
[Darin u. R. "der sog. Gandersheimer Streit".]<br />
39. S eh w.j n e k ö per, Berent: Königtum und Städte bis zum Ende des Investiturstreites.<br />
Die Politik d. Ottonen u. Sal1er gegenüber d. werdenden Städten im östlichen Sachsen<br />
u. in Nordthüringen. Sigmaringen: Thorbecke 1977. 167 S., 14 Stadtpläne. (Vorträge<br />
u. Forsch. Sonderbd Ir.)<br />
[Darin 11 ••• : Goslar. S. 105-121; Braunsmweig. S. 130-137; N.men- 11. Ortsreg. S. l00-167.J<br />
40. Fe n s k e, Lutz: Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen.<br />
Entstehung u. Wirkung d. sächsischen Widerstandes gegen d. salische Königtum<br />
während d. Investiturstreits. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977. 401 S., 1 Kt.<br />
Skizze. [überarb. u. erw. Phi!. Diss. Frankfurt 1969.] (Veröffentlichungen d. Max<br />
Planck-Inst. f. Gesch. 47.)<br />
[So 386-401: Orts- o. Personenreg.]<br />
41. Bar z, Paul: Heinrich der Löwe. Ein Welfe bewegt die Geschichte. Biographie. Bonn:<br />
Keil ('977). 431 S., 26 Abb. auf 8 Taf.<br />
[Bespremung von Rimard Moderh.ck in: Braunsmw. Heimat. Jg. 64.1978. S. 30-31.J<br />
42. Hili er, Helmut: Friedrich Barbarossa und seine Zeit. Eine Chronik. München: List<br />
(1977)· 448 S., 14 Abb.<br />
[So 437-447: Namenreg.J<br />
43. Sc ara m e 11 i n i, Guido: Barbarossa ed Enrico il Leone a Chiavenna. Chiavenna<br />
(: Centro di studi storici Valchiavennaschi) 1976. 61 S., 13 Abb. (Quademi deI Centro<br />
di studi storici Valchiavennaschi. 5.)<br />
44. R i eck e n be r g, Hans Jürgen: Mandelsloh - ein Kirchenbau Heinrichs des Löwen?<br />
Mit, Abb. In: Nds. Jb. f. Landesgesch. Bd 19. '977' S. 3°3-314. 1 Taf.<br />
45. K ö n i g, Joseph: Die Stauferausstellung in Stuttgart 1977 und das ehemalige Land<br />
<strong>Braunschweig</strong>. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses. <strong>Braunschweig</strong>. e. V. Jg. 27 = H.<br />
78. 1977. S. 22-24·<br />
46. S t a c k man n, Karl: Kleine Anmerkung zu einer Ehrung für Albrecht den Grossen.<br />
In: Zs. f. deutsches Altertum U. deutsme Literatur. Bd 106. 1977. S. 16-14.<br />
[Albremt I. Herzog zu Braunsmweig u. Lüneburg in d. Braunsmweiger Reimmronik.]<br />
47. E I1 e r m e y er, J ürgen: Sozialgruppen, Selbstverständnis, Vermögen und städtische<br />
Verordnungen. Ein Beitrag zur Erforschung spätmittelalterlimer Stadtgesellschaft. In:<br />
BII. f. dt. Landesgesm. Jg. 113· 1977. S. 1°3-175.<br />
48. Mo h r man n, Wolf-Dieter: Der "welsche pawmaister" Chiaramella in Wolfenbüttel.<br />
Ein Nachtrag. In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. Il7-Il8.<br />
[Erg. aus d. Korrespondenz Herzog Heinrims d. J. über d. Aufenthalt von Francesco Chiaramella di<br />
Gandino in Wolfenbüttel; s. Bibliogr. 1976, Nr. 40.]<br />
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49. Sc h rad er, Franz: Ringen, Untergang und überleben der katholischen Klöster in<br />
den Hochstiften Magdeburg und Halherstadt von der Reformation bis zum Westfälischen<br />
Frieden. Münster: Aschendorff (1977). 104 S. (Katholisches Leben u. Kirchenreform<br />
im Zeitalter d. Kirchenspaltung. 37.)<br />
[Darin u .•. Herzog Heinrich Julius zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg als Bischof von Halberstodt; Personenu.<br />
Ortsreg. S. 97-'04.]<br />
SO. He in r ich, Gerd: "Nova Ithaka." Fürstliches Landleben u. soziale Wirklichkeit im<br />
Herzogtum Dannenberg-Hitzad
61. Mit gau, Hermann: Aus alten Kindertagebüchern <strong>Braunschweig</strong>s (18.h9. Jahrhundert).<br />
In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 = H.78.<br />
1977. S. 7-18, 3 Abb.<br />
61. Gen s r ich, Theo: Der "Schwarze Herzog" im Gefecht bei Oelper. Truppenbewegungen<br />
auf d. Heerstraße zwischen CeIle u. <strong>Braunschweig</strong> am 3 I. Juli 1809. In: Der<br />
Heimatspiegel. Bei!. d. Peiner AlIgcm. Zeitung. Nr 134. 1977. S. 4-6, 4 Abb.<br />
63. D e e te r s, Walter: Kar! 11., Herzog von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg-Wolfenbüttel. In:<br />
Neue dt. Biogr. Bd I I. 1977. S. 116.<br />
64. S t rom b e e k, Helmut von: Audienzen beim Herzog (Kar!II. von <strong>Braunschweig</strong><br />
Lüneburg 1819). In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S. 21-14, 2 Abb.<br />
65. B rat man n, Kurt: Herzogliche Millionen halfen die Stadt Genf verschönern. (Herzog<br />
Kar! 11. zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg setzte d. Stadt Genf zum Erben seines Vermögens<br />
von 24545761,24 Goldfranken ein.) In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S.15-28,<br />
3 Abb.<br />
Wilhelm Herzog zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg s. auch Nr 109.<br />
66. B erg man n, Helmut: Thedinghausen und Herzog Wilhe1m. In: HeimatkaI. f. d.<br />
Landkr. Verden. [21:] 1978. [1977.] S. 95-97, 2 Abb.<br />
[Denkmal für Herzog Wilhelm zu Braunsdlweig u. Lüneburg. enthüllt am 19. Okt. 1900.]<br />
67. Toury, Jaeob: Soziale und politische Geschichte der Juden in Deutschland 1847 bis<br />
1871. Zwischen Revolution, Reaktion u. Emanzipation. Düsseldorf: Droste (1977).<br />
4IJ S. (Veröffentlichungen d. Diaspora Research Institute. Buch 20.) Zugl. =(Schriftenreihe<br />
d. Instituts für Deutsche Geschichte Universität Tel Aviv. 1.)<br />
[5. 399-411: Personenverzeidlnis u. Ortsverzeidlnis. darin o .•. Braunsdlweig o. Seesen.]<br />
68. Eng e 1 h a r d t, Ulrich: "Nur vereinigt sind wir stark." Die Anfänge d. deutschen<br />
Gewerkschaftsbewegung 1862/63 bis 1869/70. Bd 1.2. (Stuttgart:) Klett-Cotta (1977)'<br />
1412 S. 2 Bde (Industrielle Welt. Bd 23.)<br />
[Personenreg. S. 13'5-1)65: kein Ort.reg.]<br />
69. B oll, Friedhelm: Spontaneität der Basis und politische Funktion des Streiks 1914 bis<br />
1918. Das Beispiel <strong>Braunschweig</strong>. In: Archiv für Sozialgesch. Bd 17. 1977. S.337-366.<br />
70. G re bin g, Helga: Zur Problematik der personellen und programmatischen Kontinuität<br />
in den Organisationen der Arbeiterbewegung in Westdeutschland 1945/46. In:<br />
Führende Kräfte und Gruppen in der deutschen Arbeiterbewegung. LimburglLahn<br />
1976. S. 171-194. (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit. Bd 9.)<br />
[Darin S. 183-18S: "4: <strong>Braunschweig</strong>"; S. :119-216: Namenrcg.; kein Ortsrcg.]<br />
71. PoIl man n, Birgit: Reformansätze in Niedersachsen 1945-49. ([Hannover:] Niedersächs.<br />
Landeszentrale für Politische Bildung 1977.) 160 S. [Gekürzte u. im Anm.<br />
Apparat überarb. Phil. Diss. TU <strong>Braunschweig</strong> 1976.] (Schriftenreihe d. Landeszentrale<br />
für Politische Bildung. R. B, H. 10.)<br />
Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte<br />
72. S eh 0 r man n, Gerhard: Hexenprozesse in Nordwestdeutschland. Hildesheim: Lax<br />
1977. VIII, 183 S. (Quellen u. Durst. zur Gesch. Nds. Bd 87·)<br />
[5. 179-181: Ortsreg.]<br />
73. Ho p f gar t e n, Gerhard: "Wenn das Gewehr ohne Absicht losgeht ••. " Aus alten<br />
herzoglich braunschweigischen Jagdregeln. Es hagelte hohe Strafen. (Jagdregeln dat.<br />
I. Aug. 1831.) In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 141-141.<br />
174<br />
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Kirchengeschichte<br />
74. Kirme und Gesellschaft in Niedersamsen während des Mittelalters. Vorträge auf d.<br />
Tagung d. Hist. Komm. für Niedersachsen u. Bremen in Hildesheim am 8./9' Mai 1975.<br />
In: Nds. Jb. f. Landesgesch. Bd 49. 1977. S. 1-86.<br />
[Darin: I. Sc h m i d t, Heinrim: Ober Christianisierung und gesellsm.ftlimes Verhalten in Samsen und<br />
Friesland. S. '-44. - 2. Pi tz, Ernst: Religiöse Bewegungen im mittelalterlimen Niedersamsen. S. 4S<br />
bis 66. - 3. J. n, Helmut von: Bürger, Kirme und Bismof im miItelalierlimen Hildesheim. 5.67 bis<br />
84. - 4. Eng fe r, Herm.nn: Die Wahlkapitulationen der Bismöfe und des Domkapitels in Hildesheim.<br />
(Zsfassung d. am 9. S' '97S geh. Vortrags.) S. 8S-86.]<br />
75. Pa t z'e, Hans: Klostergründung und Klosterchronik. In: BlI. f. dt. Landesgesm. Jg.<br />
113.1977. S. 8
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
85. Bur 0 se, Hans: Die Wünschelrute im Oberharzer Bergbau des 17. und 18. J ahrhunderts.<br />
In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 23-17, I Abb.<br />
86. SI 0 t ta, Rainer: Architekturen des Bergbaus im Spiegl seiner Entwicklung. In: Der<br />
Anschnitt. Jg. 29. 1977. S. 66-79, 19 Abb.<br />
[Darin u .•.• Stollenbau· (im Oberharz) u .• Bergstädte im Oberharz" .1<br />
87. Lau b, Gerhard: Der Magnetenstollen. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978 [1977.] S.<br />
68-73-<br />
88. H u m m, Albert: 200 Jahre Tiefer-Georg..stollen. - Das Einweihungsfest des Tiefen<br />
Georg-Stollens. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 36-40, 3 Abb.<br />
89. Ho P f gar t e n, G[erhard]: 1916: Braunlages letzte Bergbautage. Bergleute fuhren,<br />
an Gürteln befestigt, in die alten Schädtte ein. Drei Schichten. In: Harzer Heimatland.<br />
Geschichtsbeil. zur Goslarschen Zeitung. 1977, Nr. r. Vom 29. April.<br />
90. Bö r ger, H.: Alta Capella: Hohegeiß und die Geschichte des Bergbaus. In: Harzer<br />
Heimatland. Geschichtsbeil. zur Goslarschen Zeitung. 1977, Nr. I Vom 29. April. Mit<br />
I Abb.<br />
91. Gun zer t [, GerhardJ: Der heutige Metallerzbergbau im Oberharz. In: Allgern.<br />
Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.) S. 44-46, 2 Abb.<br />
92. Bot h e, Gerhard: Die Commerz-Collegien der Herzöge Rudolf August und Anton<br />
U1rich von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel 1674 und 1686. In: Braunschw. Jb. Bd 58.<br />
1977. S. 43-67.<br />
93. H ö P p ne r, Heinz-Peter: Aus der Entwicklung der "<strong>Braunschweig</strong>ischen Öffentlichen"<br />
(Sachversicherung u. Lebensversicherung, gegr. 14. April 1924). In: Heimatbuch f. d.<br />
Landkr. WolfenbütteI. Jg. 24: 1978. [1977'] S. IU-II3.<br />
94. T h eis sen, Hans: Die gewerbliche Entwicklung in Deutschland während der industriellen<br />
Revolution - vornehmlich im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. (Berlin 1977.) IH,<br />
172 gez. BI. 4° [Masch.Schr. vervielf.] Berlin, Wiss. Hausarb. im Rahmen d. I. (wiss.)<br />
Staatsprüfung f. d. Amt d. Studienrats.<br />
95. BIo s S, Otto: Die älteren Glashütten in Südniedersachsen. Hildesheim: Lax 1977.<br />
1015., 4 Taf. mit 8 Abb., IKt. (Veröffentlichungen d. Inst. f. hist. Landesforsch. d.<br />
Univ. Göttingen. Bd 9.)<br />
IS. 181-101: Personennamtnreg., Orts-, Glashütten-, Flur- u. Forstnamen-Reg., Schlagwort- u. Sadtreg.]<br />
96. Sc h m i d t ehe n, Volker: Riesengeschütze des 15. Jahrhunderts - technische Höchstleistungen<br />
ihrer Zeit. T. (1.)1. In: Technikgesdlichte. Bd.44. 1977. 5.153-173, 1I3 bis<br />
137,35 Abb.<br />
[Darin u .•. die .Faule Mette von <strong>Braunschweig</strong>", Bronzegeschütz von '4! LI<br />
97. W i s w e, Mechthild: Die Mühlen - Zeugnisse alter Technik. In: Freundeskreis d. Gr.<br />
Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg. 27 = H. 79· 1977. S. 14-17, 3 Abb.<br />
98. D e t t e, Joachim: Berufsausbildung einst und jetzt. (<strong>Braunschweig</strong>ische Mühlenordnung<br />
von 175 I.) In: Die Mühle + Mischfuttertechnik. Jg. 114. 1977. S. IH.<br />
99. De t t e, Joachim: Berufsausbildungsprobleme des Müllergewerbes in der Mitte des<br />
vergangenen Jahrhunderts. In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. ID-I I.<br />
100. Ne w man, Michael: Die deutschen Porzellan-Manufakturen im 18. Jahrhundert. Bd<br />
1.2. <strong>Braunschweig</strong>: Klinkhardt & Biermann (1977). (<strong>Bibliothek</strong> für Kunst- und Antiquitätenfreunde.<br />
Bd 50.)<br />
IIn Bd I, S. 301-334, Abb .• 63-.86, Farbtaf. XVII-XX: Fürstenberg; Namensreg. 5.386-391.1<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
101. B r z ° s k a, Hugo G. F.: Der Oberharzer Polsterberg am Beispiel der Familie Krügener.<br />
(Wasserwirtschaft im Harz.) In: Allgem. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. z8-35,<br />
zAbb.<br />
10Z. H u m m, Albert: Die Bohrung des RadaustolIens. Trinkwasser aus der Radau für<br />
die Granetalsperre. In: AlIgem. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S.4z-43.<br />
103. Wie g leb, Gerhard: Die ökologische Bedeutung der Oberharzer Teiche und Vorschläge<br />
zu ihrer Erhaltung. In: Neues Archiv f. Nds. Bd 26. 1977. S.392-409, 4 Abb.<br />
Post s. 3um Nr 177.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
104. Il5 Jahre Braunsmweiger Briefmarken. Landes-Ausstellung im Rang 11. Jubiläums<br />
Ausstellung vom 5. bis 8. Mai 1977 im <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesmuseum an d. Ägidienkirche<br />
u. Freizeit- u. Bildungszentrum Bürgerpark. (Festschrift u. Ausstellungskatalog<br />
für d. Jubiläums-Ausstellung ... ) (<strong>Braunschweig</strong> 1977.) 40, XVI S. [Umschlagt.]<br />
[Darin u. l.: Ger ha r d. Fritz: Gedanken zum Sammelgebiet Braunsmweig. S. '3. 'So 17. '9. u. 13. -<br />
P lud 1 er. Gerhard: Die Gesd1ichte der Stadt-Brief-Beförderung .Hammonio". S. 1S. 17. 19. 31.]<br />
l0S. Me ibo m, Horst: Lok Nr 011063 als Denkmal (vor dem <strong>Braunschweig</strong>er Hauptbahnhof).<br />
In: Braunschw. KaI. 1978. [1977-] S. 69-71, 2 Abb.<br />
106. W:i I hel m, Herbert: Die wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs für den<br />
Harz. In: Neues Archiv f. Nds. Bd z6. 1977. S. 380-391, 5 Abb.<br />
Geschichte der geistigen Kultur, Kunstgeschichte und Denkmalpflege<br />
107. H u m m, A[lbert]: 70 Jahre Hauptgebäude der TU Clausthal. 1907 wurde d. Bau<br />
d. Hauptgebäudes als e. großer Fortschritt in d. Entwicklung d. Bergakademie ClausthaI<br />
gefeiert. In: Mitteilungsblatt TU Clausthal. H. 44. 1977. S. 43-44, 3 Abb.<br />
108. Bau mg art, Peter: "Die Gründung der Universität Helmstedt." Festvortrag anläßl.<br />
d. 400. Wiederkehr d. Gründungstages d. Universität Helmstedt nm 15.0kt. 1976.<br />
(Helmstedt:) Landkr. Helmstedt 1977. 20 S., I Abb. (Beiträge zur Geschichte d. ehern.<br />
Universität Helmstedt. H. 1.)<br />
[s. lUm Bibliogr. '976. Nr 109.]<br />
109. V 0 I k man n , RoIf: Die geschichtliche Entwicklung der Universität Helmstedt.<br />
(Schluß.) In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. 1-4, I Abb.<br />
[Anfang s. Bibliogr. '976. Nr 111.]<br />
II 0. K ö n i g, Joseph: 400 Jahre ehemalige Universität Helmstedt 1576-1976. Ein Rückblick<br />
auf d.. Festveranstaltungen. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,<br />
e. V. Jg. 27 = H. 78.1977. S. 10-21.<br />
I I I. R ü c k b rod, Konrad: Universität und Kollegium, Baugeschichte und Bautyp. Darmstadt:<br />
Wiss. Buchges. 1977. X, 189 S .• 43 Abb. auf Taf.<br />
[Darin S. '37-'39 u. Abb. 16-17: .Das Gesamtgebäude der Universität He1mstedt".]<br />
H2. W i I be r g, Emst-Eberhard: Die Leibniz'sche Rechenmaschine und die Julius-Universität<br />
in Helmstedt. (Hrsg.: Alfred Kuh I e n kam p.) (Braunsmweig: Braunschw.<br />
Hochsmulbund e. V. 1977.) XIV, 134 S., 1I Abb. (Beiträge zur Geschichte d. Carolo<br />
Wilhelmina. Bd 5.)<br />
lI3. BI e eck, Klaus: Adelserziehung auf deutschen Ritterakademien. Die Lüneburger<br />
Adelsschulen 1655-185°. T.1.2. Frankfurt a. M., Bem. Las Vegas: P. Lang (1977).<br />
677 S. 1 Bde. [Ersm. zugleich als Phil. Diss. Marburg.] (Europäische Hochschulsduiften.<br />
R. 3, Bd 89.)<br />
[Verf. hat Bestände d. Nd •• StaatsA u. d. Herzog August BibI. in Wolfenbütte1 über d. Collegium Carolinum<br />
in <strong>Braunschweig</strong> u. d. Ritterakademie in Wolfenbüttel zum Vergleim herangezogen.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
177
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
114. L 0 m m atz sc h, Herbert: Vom Lesezettel zur Bergschule. Tendenzen u. Praxis d.<br />
Bildungswege u. d. Unterrichtsmaßnahmen für d. Pochknaben im Erzbergbau d. braunschweigisch-Iüneburgischen<br />
u. hannoverschen Harzes zwischen 1650 u. 1866. In: Braunschw.<br />
Jb. Bd 58. 1977. S. 69-101.<br />
115. J ü h r i g, Hartrnut: Niedersächsische "Schreibkalender" im 17. Jahrhundert. In: Niedersachsen.<br />
Jg. 77.1977. S. 130-135, 2 Abb.<br />
116. L 0 m m atz s eh, Herbert: Der "Allgemeine Harz-Berg-Kalender". Ein 275jähriges<br />
Spiegelbild d. Bergbaus u. d. Menschen im Oberharz. In: Der Anschnitt. Jg.29. 1977.<br />
S.24-28, 6 Abb. - Nachdr. in: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 17-zz, 6 Abb.<br />
117. Toury, Jacob: Toleranz und Judenrecht in der öffentlichen Meinung vor 1783.<br />
In: Judentum im Zeitalter der Aufklärung. Wolfenbüttel 1977. S.55-73. (Wolfenbütteler<br />
Studien zur Aufklärung. Bd 4.)<br />
[Darin wird zur Diskussion in d. Periodica u .•. genannt "BraunsAweigische Gelehrte Bey träge", Beilage<br />
zu d. Braunschw. Anzeigen 1178.]<br />
u8. Eulenspiegel-Jahrbuch. Hrsg. vom Freundeskreis TiIl Eulenspiegels e. V. Schrifd.:<br />
S[iegfried) Sie h t e r man n. Jg. 17. (Schöppenstedt) 1977.72 S. mit Abb.<br />
[Darin u .•. : Hoc k er, Bemd Ulrich: Neue Eulenspiegelforschungen. S. 3-29 •• Abb. - Met z n er,<br />
E[mstl: "Der leidige Trompeter TiIl". S. 19-34. - Wie m er.. Gerald: Der Dichter Kudchoff und<br />
sein Drama. Zur Wirkungsgeschichte von Adam Kuckhoffs "Ti11 Eulenspiegel". S. 34-39. - S t i eie r ,<br />
Franz: Julius WolfEs Verserzählung" Ti11 Eulenspiegel redivivus". 5.40-41. - 5 eh 0 1 z, Richard: Eulenspiegels<br />
Aufbruch nach Esperantujo. S. 42-45. - Wie Knesselare Till Eulenspiegel entdeckte. S.45-48.<br />
I Abb.l<br />
119. Buh b e, Otto, Siegfried Sie h t e r man n: TilI Eulenspiegel. Aufnahmen aus d.<br />
Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt, mit e. Geleitw. von Willi T h i eIe. (Fotos:<br />
Gerhard S t oIe tz k i, Bernd-Peter K eis er.) 2. Aufl. (Schöppenstedt [: Freundeskreis<br />
TilI Eulenspiegels e. V.) 24 BI., 40 Abb.<br />
120. H u c k er, Bemd Ulrich: Hermen Bote - der Dichter der Hanse und sein "Ulenspiegel".<br />
In: Text & Kontext. 5,1. Kopenhagen 1977. S. 35-48.<br />
121. H u c k er, Bernd Ulrich: Der neuentdeckte älteste Eulenpiegeldruck Straßburg 1510/1 I.<br />
Ein Beitrag zur Datierung u. textlichen Bedeutung (mit 2 Abb.) In: Niederdeutsches<br />
Wort. Bd 16. 1976. S. 144-163.<br />
IZ2. Sc h mit z, Günter: WoIfskehls Eulenspiegel. In: Korr.bl. d. Vereins f. niederdt.<br />
Sprachforsch. Jg. 84. 1977. S. 21-ZZ.<br />
123. Me n k e, Hubertus: Vom harmlosen Spassvogel zum bösartigen Anti-Helden. Eulenspiegel-Symposion,<br />
Bremen. In: Korr.bI. d. Vereins f. niederdt. Sprach forsch. Jg.84.<br />
1977. S. 23-28.<br />
IZ4. Li n d 0 w, Wolfgang: Eulenspiegel heute. In: Niedersachsen. Jg.77. 1977. S. 1-4,<br />
3 Abb.<br />
U5. Lei g h ton, Joseph: Das barocke Sonett als Gelegenheitsgedicht. In: Deutsche Barockliteratur<br />
und europäische Kultur. Hamburg 1977. S. 141-167. (Dokumente d. Internat.<br />
Arbeitskreises für deutsche Barockliteratur. Bd 3.)<br />
[Verf. untersumt "dni Gelegenhcitssonctte aus dem Umkreis der Herzöge von Braunscnwcig-Lüncburg (in<br />
Wolfeobüttel) näher".]<br />
u6. 11 u eck, Monika: Die Unterwerfung der Stadt <strong>Braunschweig</strong> im Jahre 1671 im<br />
Spiegel von Huldigungsgedichten auf Herzog Rudolf August von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel.<br />
[Kurzreferat.] In: Deutsche oßarockliteratur und europäische Kultur. Hamburg<br />
1977. S. 305-307. (Dokumente d. Internat. Arbeitskreises für -deutsche Barockliteratur.<br />
Bd 3.)<br />
u7. Ho Y t, Giles Reid: The Delopment of Anton UJrich's narrative prose on the basis<br />
of surviving "Octavia" manuscripts and prints. Bonn: Bouvier 1977. z75 S. [Ersch.<br />
zuerst als Phi!. Diss. Univ. of IIlinois at Urbana-Champaign 1973'] (Studien zur Germanistik,<br />
Anglistik u. Komparistik. Bd 53.)<br />
[Diss. s. Bibliogr. '975. Nr 1]1.)<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
139. Wes eher, Paul: Kunstraub unter Napoleon. ßerlin: Mann (1976).1835., 31 Taf.<br />
mit 131 Abb. (Gebr. Mann Studio Reihe.)<br />
[ln Kap. VI: Der ,deutsme Anteil' wird kassiert (,806-07) = S.98-,08 u. ö •• Beraubung der Kulturgüter<br />
des Herzogtums Braunsmweig"; S. 155-183: • Verzeichnis der entführten Kunstwerke nam Künstlern<br />
geordnet", mit Rüdlkehr-Vermerk.J<br />
140. Ach i 11 es, Walter: Bilder aus dem alten Hochstift Hildesheim. Gemälde von Pascha<br />
(Johann Friedrich) Weitsch (1713-1803). Bd I: Hildesheim und der Nordteil. Hildesheim:<br />
Gerstenberg (1977)' 71 S., 59 Abb. quer-8°<br />
141. Gosebruch, Mutin: Von der Verschiedenheit der Vorbilder in der sächsischen<br />
Kunst der Frühgotik. In: Niederdt. Beitrr. zur Kunstgesch. Bd 16. 1977. S. !)-16, 17 Abb.<br />
[Ver!. nennt aus Goslar: Rathausevangeliar u. die SefIranken d. Neuwerkskirche = Abb. I, " U U. IUS<br />
Wolfenbüuel, Herzog August BibI., Cod. Guelf. Helmst. 515 u. 5ZI = Abb. 13.J<br />
141. T h i eIe man n, Otto: Alsengemmen am Heininger Bernwardskreuz. In: Allgern. Harz<br />
Berg-KaI. 1978. [1977.] S. 135-137, 1 Abb.<br />
143. L ö b e r t, Horst: Das verzierte Steinzeug aus Duingen, Kreis Alfeld. Studien zu<br />
seiner Entwicklung seit d. 16. Jahrhundert u. zu seinen Beziehungen zu d. deutschen<br />
Steinzeugzentren, insbes. zu d. rheinischen Herstellungsorten. In: Zs. d. Archäologie<br />
d. Mittelalters. Jg. 5. 1977- S. 7--95, 3 I Abb.<br />
[Die besefIriebenen Smerben u. Gefäße befinden sich u. I. auch in braunschw. Sammlungen, s. S. 46.]<br />
144. B r a nd es, F[riedrich]: Wo blieben die Steinkreuze? Sie standen einst in Wend essen<br />
[Wolfenbüttel], Räbke u. Schapen [<strong>Braunschweig</strong>]. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />
Jg. 191, Nr 153, Vom 19. Okt. 1977. Mit 3 Abb.<br />
Volkskunde, Sprachgeschichte, Namenkunde, Naturschutz<br />
145. G ri e p, Hans-Günther: Äten un Drinken im Harzerland. (Sonderdr. für d. Firma Die<br />
Blauen Quellen AG aus Anlaß d. loo-jähr. Jubiläums d. Harzer Grauhof-Brunnens<br />
Goslar 1977.) Goslar a. Harz: Thuhoff (1977)' 64 S., 91 Zeichn.<br />
146. T h i eIe man n, Otto: Eine Lanze für das Osterfeuer: Ignis Paschalis. In: Goslarer<br />
BergkaI. Jg. 360: 1978. [1977·] S. SI-53, I Abb.<br />
147. (D i e der ich s, UIf, u. Christa Hin z e :) Sagen aus Niedersachsen. Zwischen Harz,<br />
Heide u. Meer. (Gesammelt u. hrsg. Mit 108 Abb.) (Düsseldorf, Köln:) Diederichs<br />
(1977). 336 S.<br />
[5. 333-336: Ortsreg.; S. 336: Bekannte 5agengestalten.]<br />
148. "Sagen aus Niedersachsen. " [Ort a. Handlung: 4 x Wolfenbüttel, I x Schöppenstedt.]<br />
In: Niedersachsen. Jg. 77. 1977. S. 83-84, I Abb.<br />
149. Voll b r e c h t, Ursula: "Buko von Halberstadt. " (Altes Kinderlied aus d. Harz.) In:<br />
GoslarerBergkal. Jg. 360: 1978. [1977-] S·57-59·<br />
150. F 1 e e h s i g, Werner: Hauptmerkmale der ostfälischen Volkstracht und deren Verbreitung<br />
im 18.Jahrhundert. In: ßraunschw. Heimat. Jg.63' 1977. S.lI-IB, 55-61,<br />
71- 80, 4 Abb.<br />
151. W i s w e, Mechthild: Aus der Schmuckschatulle eines Uehrder Bauernhofes. In: Heimatbuch<br />
f. d. Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977-] S. u3-u6, 1 Abb.<br />
151. W i s w e, Mechthild: Vom Schmuck einer Bäuerin aus Waggum. [<strong>Braunschweig</strong><br />
Waggum.] In: Braunschw. KaI. 1978. [1977'] S. SI-51, I Abb.<br />
180<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
1S3. K n 0 11, Lothar: Die Berürnsimtigung des Niederdeutsmen in den Lehrplänen und<br />
Rimtlinien seit 1900. In: Festsmrift für Gerhard Cordes zum 6S. Geburtstag. Bd 1.<br />
Neumünster 1976. S. 1l0-1l9.<br />
[Für d. UntersudlUng wurden lum Rimtlinien u. Lehrpläne für braunsmw. Smulen ausgewertet.)<br />
154. Sc h rad er, Wilhelm: Datt "Knei'sme" Platt. (Das Kniestedter Plattdeutsm.) Eine<br />
Zsstellung von Wörtern, Redensarten, Namen, Anekdoten u. Smnurren in niederdeutsmer<br />
Sprame, Kniestedter Mundart. Aus d. Erinnerung u. d. Spramgebraudt d.<br />
ehern. Dorfes Kniestedt, Krs. Goslar (ca. 550 Einwohner) von "cn oolen Knci'smen".<br />
Salzgitter: Verf. 1977.248 gez. BI. 4° [Masdt.Sdtr. vervielf.]<br />
155· Fr i c k e, Rudolf: Das Rotwelsch der Knomenhauer aus unserer engeren Heimat. In:<br />
Braunsdtw. KaI. 1978. [1977.] S. 55.<br />
IS6. Bis c hof f, Karl: Klint im Deutsdten (mit I Kt.) In: Fcstsmrift für Gerhard Cordes<br />
zum 65. Geburtstag. Bd 1. Neumünster 1976. S. 10-41.<br />
[In d. BeiegsammI. nVB Braunsmweig" S. 38-39.)<br />
IS7. 0 f f ne r, Herbert: Unsere Naturparke. Gepflegte Landsmaften u. Stätten d. Erholung.<br />
Bd I: Sdtleswig-Holstein, Hamburg, Niedersamsen, Nordrhein-Westfalen. Stuttgart:<br />
DRW-VerI. (1976.) 140 S. mit zahlr. Abb. quer-8°<br />
IS. 48-135: Die Narurparke in Niedersamsen. Darin u. a.: nNarurpark Harz - '10 Millionen Jahre alte.<br />
Gebirge". S. 68-77, 4 Abb., 1 KI.; nDer EIm - WiIheIm Raabes Mosteriorst". S. 114-n8, 1 Abb., 1 KI.)<br />
158. F Ü I I n er, Gustav: Der Gedanke Naturpark Elm-Lappwald. In: Heimatbum f. d.<br />
Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977.] s. S7-60.<br />
159. R öhr, I1einz: Naturpark Elm-Lappwald. In: Heimatbudt f. a. Landkr. WolfenbütteI.<br />
Jg. 14: 1978. [1977.] S.61-6z.<br />
Geschichte einzelner Orte<br />
Abbenrode s. Cremlingen.<br />
Astfeld s. Langelsheim.<br />
160. K ö n j g, Joseph: Olber a. w. Wege, Burgsitz der Herren von Cramm. (Baddedenstedt-Olber<br />
a. w. Wege.] In: Heimatbudt f. d. Landkr. WoIfenbütteI. Jg.24: 1978.<br />
[1977.] S. 119-111, 1 Abb.<br />
Bamstort s. U ehrde.<br />
Belenrode s. Königslutter.<br />
Berel s. Burgdorf.<br />
BerkUngen s. Vahlberg.<br />
Bömede s. aum Nr 30.<br />
161. Ha n sen, Einhard: Das Dorf Bömecke bei Blankenburg am Harz. In: Unser Harz.<br />
Jg. 2S· 1977· s. 33-34, I Abb.<br />
Braunlage s. aum Nr Il, 89,9°.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
161. Ku m me r, Karl: Zur Gesdtidtte der Braunlager Eisenhüttenwerke. Mit Taf. VIII.<br />
In: Harz-Zs. Jg. 19. 1977. s. 4S-91 mit 1 Abb.<br />
Braunsdlweig s. aum Nr 39, 51, 52, 67, 69, 70, 7S-78, 104, lOS, 113, Il6, 13 8, 144,<br />
152, 3 I 8, 33 4·<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
181
193. Me wes, Bernhard: Die Entwiddung der Literarischen Vereinigung <strong>Braunschweig</strong>.<br />
In: Imprimatur. N. F. 1976. S. 165-178,5 Abb.<br />
194 Sc h m i d t, Ewald: Kette des Großen Königs hat hohes Gewicht. (<strong>Braunschweig</strong>er<br />
Schützengesellschaft von IS4S e. V.) In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S. 3, I Abb.<br />
195. Li n dem a n n, Hans: Olper. Die Geschichte e. <strong>Braunschweig</strong>er Pfahldorfes. Mit e.<br />
geologischen Einführung von Günther K ü h 1 e. <strong>Braunschweig</strong>: Waisenhaus-Buchdr.<br />
u. Ver!. 1977. 299 S., 93 Abb. auf 9 Taf. u. S. 243-299.<br />
196. K la f f k e, Kaspar: Olper See - ein Traum wurde Wirklichkeit. In: Braunschw. KaI.<br />
1978. [1977.] S. 44-46, I Abb.<br />
197. Bor n s ted t, Wilhelm: Aus der Geschichte von Rautheim an der Wabe. Hrsg. vom<br />
Ortsrat d. Ortschaft Rautheim (<strong>Braunschweig</strong>). (Mit 2J Kt. u. Bildern.) (<strong>Braunschweig</strong>)<br />
1977. J08 S.<br />
198. Z i m m e r man n, Gottfried: Johann Georg Justus Ballenstedts "Geschichte des<br />
Klosters Riddagshausen". Eine Klostergeschichte im Lichte d. Aufklärung. In: Braunschw.<br />
Jb. Bd 58. 1977. S. 11 1-116.<br />
199. 0 er tel, Hermann: Der biblische Bilderzyklus in der Klosterkirche zu Riddagshausen<br />
(<strong>Braunschweig</strong>). In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. Jl9-I)2, 6 Abb.<br />
200. Gen s r ich, Theo: Die Vorfahren der Grimminger folgten dem Einladungsedikt<br />
(vom 29. April 1747) von Herzog Carl I. Pfälzer Aussiedler zogen nach Veltenhof<br />
[<strong>Braunschweig</strong>-Veltenhof] und wollten dort sogar Wein anbauen. In: Der Heimatspiegel.<br />
Beil. d. Peiner Allgern. Zeitung. Nr 124. 1977. S. 4-5, 3 Abb.<br />
Brunshausen s. Gandersheim<br />
201. B 0 c k, Ewald: Das Dorf Berel und sein Ries. [Burgdorf-Berel.) In: Heimatbuch f. d.<br />
Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978 [1977.[ S. 86-93, 6 Abb.<br />
Burghagen s. Wolfshagen.<br />
ClausthaI-Zellerfeld s. auch Nr 107.<br />
202. Ku t t er, UIi: Seltsame Weihnachten im Oberharz. (Bericht aus Zellerfeld 1774.) In:<br />
HeimatbI!. f.d. süd-west!. Harzrand. H. 33. 1977. S. 23-42.<br />
Clus s. Gandersheim.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
203. Landschafts- und Erholungsrahmenplan Gemeinde Cremlingen, Landkreis Wolfenbüttel,<br />
bearb. im Auftr. d. Gemeinde Cremlingen, 1976/77, Büro für Stadtplanung,<br />
<strong>Braunschweig</strong>, W[ilhelm] Sc h wer d t, Mitarb .... (Cremlingen [1977]. 38 gez.<br />
BI., 10 Abb., 9 Kt. 4°<br />
104. Eie h h 0 r n, Heinz: Kleine Chronik des Elmdorfes Abbenrode [Gemeinde Cremlingen]<br />
und seiner Bockwindmühle. Eine Information für Heimat- u. Wanderfreunde.<br />
Zeichn.: Ernst S t r a ß n e r u. Ernst-Dietrich Wo I f f. <strong>Braunschweig</strong>: Archiv-Ver!.<br />
1977. 20 S., 9 Abb.<br />
205. Eie h h 0 r n, Heinz: Bericht aus Abbenrode am Elm [Cremlingen-Abbenrode]. In:<br />
Niedersachsen. Jg. 77. 1977. S. 110, I Abb.<br />
206. Dettumer Mühle einst & jetzt. Wiedereröffnung am 24. Sept. 1977. (Dettum: Freundeskreis<br />
Dettumer Windmühle 1977-) 4 BI., 2 Abb. [Umschlagt.]<br />
207. K ö ni g, Joseph: Domus Sanctae Trinitatis in Dorstadt (Dorstadt). In: Monasticon<br />
Windeshemense.T. 2: Deutsches Sprachgebiet. Brüssel 1977. S.478-489, 5 Abb. (Archives<br />
et bibliotheques de Belgique. Nr spec. 16.)<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
'44-'45, .84-.85, 325-326, 365-366, 406-407, 450-451. - St. Konradkirche Oker im neuen Glanz. S .• 6. -<br />
Va II b e eh t, V[rsula]: Vom Fichtenzweig zur Pritsche. (Fastnachtsbriuche in Goslar.) S. 50, I Abb. -<br />
Da. Lob der Goslarschen Gose. S. 59-62. - Straßen im Oberharz .einst und jetzt". S. 66. - Aus einem<br />
olten Reiseführer ... (Griebens Reise-Bihliothek, Bd 60 .Der Harz" 18\)0.) S. 83, 1 Abb. - Neue ZUKunft<br />
für Kloster Grauhof. S. 86, I Abb. - B ehr, Oskar: Hahnenkleer Familiennamen vermitteln ein Bild<br />
ihrer Herkunft. S. 94. - H ahn e man n, Hans: Ein Goslarer begründete die deutscne F.rdölindustrie<br />
(Georg Hunaeus 180.-1882). S. 102-103. - Ha h n e mon n, H.: Goslarer Kulturpreisträger wurde vor<br />
100 Jahren geboren (Hugo Berthold Heinrich Duensing 1877-1961, Pastor an d. Marktkirche in Goslar<br />
1926-1948). S. 130. - Ihr hundertjähriges Bestehen kann sm I. Mai die bekannte Gaststätte ,. Waldhaus<br />
im Okertal" feiern. S.I54-155. - Erwas über Goslar. ersten Buchdrud
U5. Ha h n e man n. Hans: Dreifadtes Jubiläum der GosIarer Bergkanne (von 1477). In:<br />
Der Ansdtnitt. Jg. 19. 1977. S. 184-185. I Abb.<br />
u6. Ha h n e man n. Hans: Erste Druckerei in GosIar wurde 1604 eröffnet. In: Harzer<br />
Heimatland. Gesdtidttsbeil. zur Goslarsdten Zeitung. 1977. Nr 1. Vom I I. Juli.<br />
u7. HilI e b r an d. Werner: 375 Jahre Drud
236. Ku 1 k e, Heinz: Alte Homburger Geschichten. H. K. blätterte in alten Kirchenbüchern<br />
d. Fachwerkjuwels Homburg. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 88.<br />
Vom 16. April 1977. Mit 1 Abb.<br />
137. (S eng pie I, Fritz:) Volkstümliches Heimatmuseum Homburg mit den Abteilungen<br />
Stadt- u. Burggeschichte, Landwirtschaft, Fachwerkbau ... u. d. AußensteIle "Biedermeierhaus",<br />
im Burggraben 7. Museumsführer. (Homburg: Förderkreis Heimatmuseum<br />
Homburg 1977-) 18 S., 7 Abb. [Umschlagt.]<br />
138. Füll n er, Gustav: Homburg stellt seine Geschichte vor. (Heimatmuseum.) In: Heimatbuch<br />
f. d. Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977.] S. 105-110,6 Abb.<br />
Isingerode s. Schladen.<br />
Kissenbrthk s. Nr 19.<br />
Kniestedt s. Salzgitter.<br />
139. Das Moosholzmännchen, heimatkundliches Beiblatt des lutterschen Stadtbüttels. Nr<br />
123-119. (Königslutter am Elm) 1977. [Kopft.]<br />
[Darin u. I.: R öhr. H[einz]: Wie alt ist König,lutter? Nr 11). - R öhr. H.: Ursprung und<br />
Werdegang des Dorf .. Sdleppau. Nr 114. I Abb. - R öhr. H.: Der Dorm .1. Wandergebiet. Nr us.)<br />
140. Ge f f e r s, Heinrich: Beschreibung der Veränderungen in dem Landschaftsgebiet, das<br />
von den Waldungen und Feldmarken der Dörfer und Ortschaften Sunstedt, SchickeIsheim,<br />
Hagenhof, Süpplingen, Räbke und LeIm eingegrenzt wird, verbunden mit einer<br />
kurzgefaßten Entwicklungsbeschreibung der genannten Dörfer und Ortschaften, zsgest.<br />
nach amtl. Karten u. Unterlagen. LeIm 1977. 31 gez. BI., 3 Kt. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />
[OrfSt.ile von Königslutter, mit Ausnahme d. selbständigen Gemeinden Räbke u. Süpplingen.)<br />
141. R öhr, Heinz: Königslutter in der Nachkriegszeit 1945-1975. (Königslutter:) Stadt<br />
Königslutter am Elm 1977. 131 S., 16 Abb., 2 Planskizzen.<br />
241. R öhr, Heinz: Seltsamer Jagdfries am Dom zu Königslutter. In: Braunschw. KaI.<br />
1978. [1977-] S. 74-76, I Abb.<br />
143. Z i pp e I, Heinz: Das Moosholzmännchen - ein Mondmännchen? [In Königslutter,<br />
Stiftskirche.] Mit 5 Abb. In: Mitteilungsb!. f. Vor- u. Frühgesch. Jg. 28. 1977. S. 187-205.<br />
244. Z i P pe l, Heinz: Pro und Contra um den Jagdfries [in Königslutter, Stiftskirche].<br />
Mit 4 Abb. In: Mitteilungsbl. f. Vor- u. Frühgesch. Jg. 28. 1977- S. 207-111.<br />
145. S a I d a v s, Eva-Maria: Phasen und Formen des Strukturwandels von Beienrode bei<br />
Helmstedt: Gutsdorf - Bergwerksgemeinde - Pendlergemeinde. [Königslutter-Beienrode.]<br />
([Göttingenl 1977.) 68 gez. BI.. 15. 9 Abb. 4 0 Göttingen. Geogr. Hausarbeit d.<br />
wiss. Prüfung für d. Lehramt an Realschulen v. 19. April 1977.<br />
146. Ge f f e r 5, Heinrich: Schilderung der Grenzveränderungen in der Gemarkung Leim<br />
im äußeren und inneren Bereich im Ablauf der vergangenen fünf Jahrhunderte. Leim<br />
1977- 31 gez. BI., VIII Kt.Anl. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />
147. R öhr, Heinz: Torfgewinnung, Entwässerungsarbeiten und Naturschutzbestrebungen<br />
im Gebiet des Rieseberger Moores [Königslutter-RiesebergJ. In: Braunschw. Heimat.<br />
Jg. 63· 1977- 5.41-49, 1 Abb.<br />
Kreiensen s. auch Nr log.<br />
148. L e h man n, Albrecht: Das Leben in einem Arbeiterdorf [Greene, seit 1974 Orts teil<br />
von Kreiensen]. Eine empirische Untersuchung über d. Lebensverhältnisse von Arbeitern.<br />
Stuttgart: Enke 1976. X, 191 S. [Ersch. auch als Phi!. Diss. Göttingen 1975.] Göttin<br />
ger Abhandlungen zur Soziologie u. ihrer Grenzgebiete. Bd 13.)<br />
188<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
volle Neuerwerbungen des Städt. Museums. H. 3. S. 12, 14, I" 1 Abb. - Go S s 0 w, Klaus: Der Gaußstein<br />
im Salzgitter-Höhenzug. H.4. S. 3-5, 1 Abb. - Bemühungen um den "Gaeßenhof" (in Gitter). H.4.<br />
S. rs, I" 1 Abb. - Das alte Haus des Statius Hagemann. Das Lattemannshaus in Gebhardshagen. H.4.<br />
S. 18-19, Abb. auf S. I. - Neue Grabungen beim "lägerlager". H.9. S. 3, 18-'9. - Nodt ein lahr Sanierung:<br />
Außen Sdtloß. innen Museum (in Salder). H. 11. S.3-6. 1 Planskizzen. - Das Stadthild ent.meidend<br />
geprägt: 40 Jahre Salzgitter Wohnungs AG. H. 11. S. 14, 17, I Abb. - H u m bur g, H[ans) M[ax):<br />
Persönlidtkeiten der Heimat. Ludolf und Friedridt von Vnger. H. I. S. 21; Gerhard Gesemann, geb. 1888<br />
in Limtenberg. H.l. S. 21; Augusta Friedrichs, geh. 1861. H.3. S. 10; Heinrich August Christian Willmer,<br />
geb. 1841 in Lebenstedt. H. 4. S. 11; Bürgermeister Wilhelm Eberhardt, geS!. 11. j'ebr. 19'5. H.5. S.<br />
16; Prof. Dr. Heinrich Abren!, geh. IRoS in Salzgitter-Bad. H.6. S.11-1], J Abb.; Dr. Anton Raky, 1868<br />
bis 1943, H.7. S.21-13, 1 Abb.; August Siegfried von Goue, 174.-1789. H.8. S. '4-15, 1 Abb.; Ernst<br />
Gottlieb Ludley, 1847-1916. H.9. S. 11; Prof. Dr. Johannes Weigelt, 18go--1948. H. 10. S. ll; Dr. Ernst<br />
Fric:kc, geh. 1876 in Lobmachtersen. H. JI. S. 11; Nikolaus Deciu9, ISIsrlS11 im Augustiner-Chorfrauenstift<br />
zu Steterburg. H. 11. s. l(r-l,.)<br />
258. Sc h r e u er, Siegfried: Urkunden und alte Bücher berichten aus Salzgitters Vergangenheit.<br />
Vortr. am 9. Nov. 1977 in d. Kath. Familienbildungsstätte in Salzgitter-Lebenstedt.<br />
(Ergänzt durch Bücherliste u. Rcg. über Personen, Orte u. Sachen.) (Salzgitter<br />
1977-) 66 gez. BI., 1 Stadtplan. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />
259. Stadt Salzgitter, Informationen für Neubürger. (Salzgitter; Kissing: WEKA-VerI. 1977.)<br />
64 S., 14 Abb. quer-8° [Umschlagt.]<br />
260. Salzgittersee 1977. (Aufgestellt vom Tiefbauamt d. Stadt Salzgitter unter Mitw. von<br />
[KLaus] Spellier [u. a.l) (Salzgitter: Stadt Salzgitter 1977.) 4. 61 gez. BI. 4° [Masch.<br />
Schr. vervielf.)<br />
z61. (War m e r s [, Erich) u. [Kad] Aus t;) Die ·ev·angelisch-luthcrische Altstadtkirche<br />
St. Mariae-Jakobi zu Salzgitter-Bad 1977. Geschichte, Kunstwerke, Bedeutung. (Fotos:<br />
Klaus GI u f k e.) (Salzgitter-Bad: Kirchenvorstand d. ev.-Iuth. Kirchengemeinde St.<br />
Mariae-Jakobi 1977.) 8 BI., 14 Abb.<br />
262. u5 Jahre Ortsfeuerwehr Gebhardshagen 18p-1977. Stadtfeuerwehrtag Salzgitter<br />
10.-12. Juni 1977. (Gestaltung: Heinz G r 0 b e.) (Salzgitter: Freiwillige Feuerwehr<br />
Gebhardshagen 1977.) 68 S., 13 Abb. [Umschlagt.]<br />
[Darin u. I.: Die Fuhrer der Ortsfeuerwehr Gebhardshagen. S. 15. - Die k e, Karl: Kommunalpolirik<br />
IUS früheren Zeiten. Aus d. Protokollen d. fruheren Gemeinderats Gebhardshagen. S. 19-'5. - Das<br />
Spritzenhaus von 1875. Aus d. Chronik. S.18. - Die k e, K: Besenbinder von einst. S. '9-31. -<br />
St. Gabriel und die Freiwillige Feuerwehr. S. 33-37. - Gebhardshagen und seine St. Nikolai-Kirdte. S.<br />
37-43. - Einsätze der Feuerwehr Gebhardshagen ab '911 bis jetzt. 5.45-47. - Feuerwehr Gebhardshagen.<br />
Aus d. Chronik. S. 47-63.]<br />
Sdlapen s. <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Sdleppau 6. Königslutter.<br />
SdJ.itkelshelm s. Königslutter.<br />
263. Reinecke, Adolf: Fast viertausend Jahre sind die Hügelgräber alt. (23 Hügelgräber<br />
im Sudholz bei SdJ.iaden.) In: elus u. Dolmen. Jg.4 = H.I2. 1977. S. 17-18.<br />
264. Re i n eck e, Adolf: Schladen in alten Ansichten. ZaltbommellNiederlande: Europäische<br />
<strong>Bibliothek</strong> 1977.39 BI., 78 Abb. quer-8°<br />
z6S. Schladen. Bericht über d. Ergebnis d. vorbereitenden Untersuchungen. Im Auftr. d.<br />
Gemeinde Schladen, Landkreis Wolfenbüttel, Verw.-Bez. <strong>Braunschweig</strong>. (Durchführung:<br />
NILEG Niedersächs. Landesentwiddungsgesellschaft mbH. [Bearb.:] Brigitte Bösman<br />
n tu. a.l) [Hannover:] NILEG (1977). 48 gez. BI. mit zahlr. Kt. u. Abb. 4°<br />
266. Kaplane in Schladen (18°5-1917). In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg.191,<br />
Nr 83. Vom 9. April 1977.<br />
267. B r a n des, F[riedrich]: Isingeroder Schwedenschanze. [Schladen-Isingerode.] In: Wolfenbütteler<br />
Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 163. Vom 16. Juni 1977. Mit 2 Abb.<br />
Sdlöningen s. auch Nr 26, z9, 30.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
168. Unsere Heimat. Mitteilungsbl. d. Heimatvereins Schöningen u. Umgebung. (Schrifti.:<br />
Karl R 0 se.) Jg. 16. (Schöningen) 1977- 88 S. [Kopft.]<br />
[Darin u. a.: R 0 se, K.: 15 Jahre ",Unsere Heimat.., S. I. - R 0 5 e, K.: Schöninger Bier, Brauereien,<br />
Niederlagen und Gaststätten einst und jetzt. (Fons.) S. 1-4. '7-%3. JJ-36. - R 0 se. Wolfgang: Nomadisierender<br />
Schäfer 1913 in Schöningen. S. S. - R 0 se, W.: "Tip-Gemeinsmaften" sdlon vor 70 Jahren<br />
(Louerie·Vereine). S. 7. - R o. e. K. u. W.: Bewohner des sogen. Bürgermeisterhauses Am Wallganen<br />
Nr 37 (fr. Gartenstr. Nr 37) von '9'S bis Gegenwart. S. %5-%7. - R 0 se. W.: Verschollener Urkunden-Text<br />
aufgefunden. Bei Grundsteinlegong d. Stadtrand,iedlung '9JJ Urkunde eingemauert. S. %8-30. -<br />
R 0 se, W.: Feuersbrünste und Milde Stiftungen im 16. Jahrhundert. S. 37-)8. - R 0 se. K.: sO Jahre<br />
Textil-, Handarbeits- und WoUwarengeschäft !";iedemstraße Nr %. S. 39-43. - R 0 • e, W.: Das letzte<br />
Schöninger Armenhaus. S. 43-46. - R o. e. W.: So Jahre Heimatverein Schöningen. S. 49"64. -<br />
R 0 se, W.: so Jahre Hcimattnuscum. S. 64-71. - R 0 se, W.: 15 Jahre "Unsere Heimat",<br />
S. 7'-']%. R o. e. K.: Die letzten Schüler des ehemaligen "Anna Sophianeum." in Schöningen.<br />
S. 73-,]4. - R o. e, W.: Vor 311 Jahren der Große Stadtbrand. 4fs der Gebäude abgebrannt.<br />
Brand,tiftungsverdächtige flohen. S. 75-']6. - Naduichten über Schöninger. die .811 an dem<br />
Zuge nach Rußland teilnahmen und nicht heimkehrten. S. 76-78. - R 0 se, W.: "Bürgerinitiative" in<br />
Schoningen bereits vor 111 Jahren. S. 79-80. - Ein Blick in ein 70 Jahre altes Poesie·Album. S. 80-8 •. ]<br />
169. R 0 se. Karl: Erinnerungen an den ehemaligen nKanzlerhof" in Schöningen. In: Braunschw.<br />
KaI. 1978. [1977.] S. 56-57. I Abb.<br />
170. [F r eis t, Wemer:] Heimat-Museum Schöningen. (Schöningen [1977].) 10 BI., 14<br />
Abb. [Umschlagt.]<br />
Sdlöppenstedt s. auch Nr 30, 119, 148.<br />
171. T ho n, Lydia u. Ekkehard: Schöppenstedt in alten Ansichten. ZaltbommeL'Niederlande:<br />
Europäische <strong>Bibliothek</strong> 1977. 39 DI., 78 Abb. quer-8°<br />
171. T h 0 [n, Ekkehard]: Schöppenstedt, ein Ausflugsort am Elm. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />
Heimatseite. Jg. 191, Nr 11. Vom 15. Jan. 1977.<br />
173. T ho n, Ekkehard: Die Kirche St. Stephanus zu Schöppenstedt. In: Wolfenbütteier<br />
Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 153. Vom 19. Okt. 1977. Mit 3 Abb.<br />
Seesen s. Nr 67, 187.<br />
174. 100 Jahre Fr. Strube, Saatzucht, 1877-1977 (in Sölllngen). (SölIingen 1977.) 47 S. mit<br />
zahlr. Abb. [Umschlagt.]<br />
Sfippllngen s. Nr 140.<br />
Sunstedt s. Königslutter.<br />
Thedinghausen s. auch Nr 66.<br />
175. Bor n s ted t, W1lhelm: Der Erbhof in Thedinghausen. In: HeimatkaI. f. d. Landkr.<br />
Verden. [1I:] 1978. [1977.] S.90-
280. 50 Jahre Verein für deutsche Schäferhunde S. V., Ortsgruppe Vienenburg e. V. Landesgruppen-Ausscheidungsprüfung<br />
27.+ 28. Aug. 1977. (Vienenburg 1977.) 20 BI., I Abb.<br />
[Umschlagt.]<br />
(Darin u... R. u t • r, Ernst: V.rein für dcutsdt. Sdtäferhund. (SV), Ortsgruppe Vienenburg e. V.<br />
Chronik. BI. 5-'1.]<br />
Waggum s. <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Walkenried s. auch Nr 214.<br />
281. Sie g m und, Johannes Jürgen: Zisterzienserstift Walkenried. Mit e. Beitrag von<br />
Maximilian Oskar Ra m 5 g a t t e r. Walkenried: Verein für Heimatgeschichte Walkenried<br />
u. Umgebung e. V. 1977.48 S., 23 Abb.<br />
281. (R[ ein bot hl, W[alther]:) Walkem'ieder Zeittafel. (Walkenried: Verein für Heimatgeschichte<br />
Walkenried u. Umgebung e. V. 1977.) 7 BI., 4 Abb. [Umschlagt.]<br />
283. Heu t ger, Nicolaus [Carl]: 850 Jahre Kloster Walken ried. Mit Beitr. von Gerhard<br />
He i n t z e Cu. a.] Hildesheim: Lax 1977. XII, 163 S., 37 Taf. mit 73 Abb.<br />
284. Heu t ger, Nicolaus ([Carl]: 850 Jahre Kloster Walkenried. In: Heimatbll. f. d. südwestl.lIarzrancl.<br />
H. 33. 1977. S. 1-10, 5 Taf.<br />
185. Heutger, Nicolaus C[arl]: 850 Jahre Kloster Walkenried. Zusammenfassung seiner<br />
Geschichte. In: Unser Harz. Jg.25. 1977. S. 143-144 mit I Abb. u. Abb. auf cl. Heft<br />
Titelbl.<br />
286. Pa t z e, Hans: Zur Rechtsgeschichte des Klosters Walkenried. In: BII. f. dt. Landesgesch.<br />
Jg. I u. 1976. S. 58-86.<br />
187. Hel bi g, Kar!: Geschichte der Walken ried er Klosterhöfe in Nordhausen, Göttingen,<br />
Goslar, Osterwieck, Münchehof. (Herzberg/Harz 1977: Jungfer.) 8 BI., I Abb.<br />
288. Bö t t ehe r, August: Vom Bau, Glanz und Verfall der Walkenrieder Klosterkirche.<br />
In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 104-107, I Abb.<br />
289. M art in i, Gottfried: Sicherung und Ausbau des überkommenen Baubestandes des<br />
ehemaligen Zisterzienserklosters Walkenried. In: Heimatbll. f. d. süd-west!. Harzrand.<br />
H. 33. 1977. S. 11-13, I Grundriß.<br />
290. 150 Jahre JunggeseIlschaft Meerdorf, 1826-1976. 10JII./U. Sept. 1976 ([Wendeburg<br />
Meerdorf] 1976.) 30 S., 4 Abb. [Umschlagt.; Masch.Schr. vervieIf.]<br />
[Darin u .•. : Otronik. S. 13. 15-17. 19. 11. ').1<br />
Wendessen s. Wolfenbüttel.<br />
Weda s. Nr 34. 35.<br />
291. Meyer, B[ernd]-U[we]: Winnigstedts Einwohner vor 500 Jahren. In: Wolfenbütteler<br />
Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 6. Vom 6. Jan. 1977.<br />
Witlmar 5. auch Nr 33.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
292. Das Gräberfeld bei Wittmar. In: Clus u. Dolmen. Jg.4 = H. 13. 1977. S. 20-23,2 Abb.<br />
Wolfenbütlel s. auch Nr 13,18-20, ll, 48.113.141,144,148,328,349,375.<br />
293. WoIfenbütteI. [Infonnationsbroschüre.] (Wolfenbüttel; Kissing: WEKA-Ver!. 1977.)<br />
64 S. quer-8° [Umschlagt.]<br />
294. K ö n i g, Joseph: Historischer Arbeitskreis zur Erforschung Wolfenbüttels. In: Informationen<br />
zur modernen Stadtgeschichte. 1977, H. 2. S. 30-31.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
295. Raa h e, Paul: Lessingstadt? Fragen, Wege, Hoffnungen. In: Heimatbum f. d. Landkr.<br />
Wolfenhüttel. Jg. 14: 197B. [1977·] S. 31-39,4 Abh.<br />
296. Wolfenbüttel, Altstadt-Sanierung. Berimt über d. Ergebnis d. vorbereitenden Untersuchungen.<br />
Im Auftr. d. Stadt Wolfenbüttel, Verw.-Bez. <strong>Braunschweig</strong>. (Durchführung:<br />
NILEG Niedersäms. LandesentwiddungsgeseIIschaft mbH., Hauptabt. Städtebau. Bearh.:<br />
Dieter-J. Me h I h 0 r n Cu. a.]) (Hannover:) NILEG (1977). 103 S. mit zahlr. Kt. u.<br />
Abb·4°<br />
297. G run 0 w, Heinz, u. Wolfgang Wes sei: Wolfenbüttel, ein Bildband, fotogr. von<br />
Wolfgang La n g e, Zeichn. von E[Iisabeth] R ö g n e r - See c k. (Wolfenhüttel:<br />
Rod!: 1977.) 135 S., 139 Abb.<br />
29B. Pa eck e I man n, Kurt: Hinter der Harzstraße gab es einst eine Synagoge, der Hofbankier<br />
Samson Gumpel gründete sie 17B6. (Wolfenbüttel, Harzstr. H.) In: WoIfenbütteler<br />
Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 205. Vom 3. Sept. 1977. Mit 4 Abb.<br />
299. W i s w e, MechthiId: Wolfenbüttels Smloßplatz in alten Ansimten. In: Niedersamsen.<br />
Jg.77. 1977· S. BI-Bl, 4 Abb.<br />
300. Kulke, Heinz: Wolfenbüttel im Jahre des Herrn 1677. Was d. Kirmenbümer über<br />
Mensmen u. Smicksale jener Zeit berimten. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />
Jg. 191, Nr 30. 36. 41. Vom So. H., 19. Febr. 1977. Mit 3 Abb.<br />
301. Ku I k e, Heinz: Wolfenbütteier Weihnamt Anno 1877. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />
Heimatseite. Jg. 191, Nr 282. 28B. 294. 300. Vom 3., 10., 17.,24. Dez. 1977.<br />
301. Füllner, Gustav: Was alte Wolfenbütteler erzählen. In: Heimathum f. d. Landkr.<br />
Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978. [1977·] S. 149-151.<br />
303. Internationale Woche, Altstadtfest '77, 5.-14. August 1977, Wolfenhüttel. Programm.<br />
(Wolfenbüttel: Stadt Wolfenbüttel 1977.) 48 S. quer-BO<br />
304. L ö 1 0 f f, Wilhelm: Die Ehrenbürger der Stadt Wolfenbüttel. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />
Heimatseite. Jg. 191, Nr 24. Vom 29. Jan. 1977. Mit 3 Abb.<br />
305. Herzog August <strong>Bibliothek</strong> [in Wolfenbüttel]. In: Niedersamsen. Jg.77. 1977. S. 85-86,<br />
2 Ahh.<br />
306. Mi I d c, Wolfgang: Neuentdeckte Widmungsexemplare von Gleim und Lipsius [in<br />
der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> Wolfenhüttel, Widmungen an braunsmw. Persönlimkeiten].<br />
In: Wolfenhütteler Notizen zur Bumgesmimte. Jg. 2. 1977. S. 88-89.<br />
307. Aus s tell u n g s kat a log e der Herzog August <strong>Bibliothek</strong>. Nr 19-22. Wolfenhüttel:<br />
Herzog August BibI. (1977.) 4°<br />
['9. Sc h m i d t - Bi g g e m I n n. Wilhelm: Blrum de Spinoza ,677-1977. "s S., 8] Abb. - 20.<br />
L In g, Arond, unter Mitarb. von U1rike Geh I er t u. Yord< Alexander H I I se: Du Kartenbild<br />
der Renaissance. 98 S., 54 Abb. - 21. Ob Baron Knigge lum wirklim rodt ist? Eine Ausstellung zum<br />
"s. Geburtstag des Adolph Freiherrn Knigge. Bearb. von Ernst-Otto Feh n [n. I.] Vorw.: Paul R I I b e.<br />
'4' S .• 5' Ahb. - ... Li n d n er. Kurt. unter Mitarb. von Helmar H ir tel: Bibliotheci Tilianl.<br />
Alte JIgdbümer IUS IUer Welt. 60 S .• 48 Abb.]<br />
30B. Ga w I i c k, Günter: Barum de Spinoza 1631-1677. Vortr. anläßI. d. Eröffnung d.<br />
Gedenkausstellung d. Herzog August-BibI. Wolfenbüttel am 21. Fehr. 1977. Bremen,<br />
Wolfenbüttel: Jacohi (1977). 29 S. (Wolfenbütteler Hefte. 4.)<br />
309. So Jahre Gesundheitszentrum der AOK WoIfenbütteI. (1927-1977.) Ihre Gesundheit<br />
unser Anliegen. (Wolfenbüttel 1977-) 2 BI. [Masm.Smr. vervielf.]<br />
,<br />
31o. Wolf f, Heinz: Karstadt in WoIfenbütteI. Wie die Armitektur entwickelt wurde.<br />
In: Niedersamsen. Jg. 77.1977. S. 87-89. 4 Abb.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
193
311. Ku I k e, Heinz: Wenn in Haldlter [Wolfenbüttel-Halchterl die Hochzeitsglocken<br />
läuteten. Eine heimatkundliche Erzählung (nach d. Traubuch Halchter 1602-1631). In:<br />
Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 151. Vom 1. Juli 1977. Mit 2 Abb.<br />
3 I 2. Ku I k e, Heinz: Eine besinnliche Frühlingsgeschichte. Eine Erzählung um d. alte Groß<br />
Stöckheim, heute Wolfenbütteler Stadtteil. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />
Jg. 191, Nr 1U. II7. Vom 14. u. 21. Mai 1977. Mit 3 Abb.<br />
313. Re u t her, Hans: Das Treppenhaus im Lustschloss Salzdahlum [Wolfenbüttel-Salzdahlum].<br />
Ein Beitrag zur Genese barocker Stiegenanlagen. In: Niederdt. Beitrr. zur<br />
Kunstgesch. Bd 16. 1977. S. 53-68, Il Abb.<br />
314. W i I ger 0 t h, August: Burghagen bei Wolfshagen im Harz. In: Braunschw. Heimat.<br />
Jg. 63· 1977· S. 41-42, 1 Kr.<br />
315. Pa es, RudoIf: "Bökers Hof" ist als Familienbesitz bis zum 30jährigen Krieg nachweisbar.<br />
Einer d. neun Woltorier Halbspännerhöfe. ,,700 Thaler Brautschatzgeld. " In: Der<br />
Heimatspiegel. Beil. d. Peiner AlIgem. Zeitung. Nr u5. 1977. S. 7-8, 1 Abb.<br />
f.Brandkataster '779: Nr 4 braunsdlw., beute Kirdlstr. 97.1<br />
316. Pa es, RudoIf: Der heurige "Matthies-Hof am Witschenberge" (in Woltorf). Seit<br />
mehr als 330 Jahren im Familienbesitz nachweislich. Grove-Linie bis 1814. In: Der<br />
Heimatspiegel. Beil. d. Pein er Allgern. Zeitung. Nr 133. 1977. S. 10-11, 1 Abb.<br />
f.Brandkataster 1779: Nr 9 braunsdlw., heute Breite Straße 66.]<br />
317. Pa es, RudoIf: "Meer-Groben"-Hof. Vermutlich einer der Woltorfer Ursprungshöfe.<br />
Handdienste bei Herrschaftsbauten in <strong>Braunschweig</strong>. In: Der Heimatspiegel. Beil. d.<br />
Peiner AIIgem. Zeitung. Nr 134. 1977. S. 2-3, 1 Abb.<br />
f.Brandkataster '779: Nr 20 braunsdlw., heute Am Kahlenteidl 30 oder Breite Straße 6 •. ]<br />
ZeUerield s. Clausthal-Zellerfeld.<br />
Bevölkerungs- und Personengeschichte<br />
s. auch Nr 209, 304.<br />
318. Fr ü h, Gustav, Hans G 0 e d e k e u. Hans Jürgen v. W i lek e n s: Die Leichenpredigten<br />
des Stadtarchivs <strong>Braunschweig</strong>. Bd I: Aarends - v. EinsiedeI. Hannover 1976.<br />
XV, 648 S. (Nds. Landesverein f. Familienkde e. V., Hannover. Sonderveröffentlichung.<br />
14.)<br />
319. G r i m m, Claus: Zur Geschichte der Glasmacher in Est- und Nordlivland. In: Genealogie.<br />
Bd 13 = Jg. 16.1977. S. 4°3-425.<br />
["Die zahlenmäßig weitaus stärkste Einwanderung von Glasmadlem erfolgte seit d. Jahre '79' bis in d.<br />
Mitte d. 19. Jh. aus BraunschwciR u. Hannover ... " bes. aus Grünenplan; S. 411-414; Vcrl:cidmis d. Glasmadlemamen·1<br />
320. S chi 0 t t er, Hans: Bismarcks Ahnen: <strong>Braunschweig</strong>er und Hildesheimer Goldschmiede.<br />
In: Zs. f. niederdt. Familienkde. Jg. p. 1977. S. 43-47.<br />
321. Bau m gar t, Peter: Die soziale und wirtschaftlime Stellung der Helmstedter Universitätsprofessoren<br />
am Ausgang des 16. Jahrhunderts. In: Historische Studien zu Politik,<br />
Verfassung und Gesellschaft. Bem, FrankfurtlM & München 1976. S. 52-69.<br />
[Vgl. Bibliogr. '975, Nr 115·]<br />
Ahrens, Heinrich s. Nr 257.<br />
Jl2. G ri e p, Hans-Günther, Hans U 11 r ich, Gerhard W a gen i tz: Johann Christian<br />
Peter Arckenhausen 1784-1855. Goslar: Museumsverein 1977. Jl S. mit 3 Textabb.,<br />
8 Taf. 4° (Goslarer Künstler u. Kunsthandwerker. Bd 1.)<br />
194<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
Aster, Ernst Ludwig von s. Nr Z14.<br />
Ballenstedt, Johann Georg Justus s. Nr 198.<br />
3z3. Co r e 11, Christian: Karl Barthel - in seiner Heimatstadt heute unbekannt und vergessen.<br />
In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S.53-54.<br />
Baum, Friedrich s. Nr 60.<br />
3%4. G r ö s sei, Hans: Flötenspiel von Nockenwalzen. Jacques Vaucanson, ein Mechanikus<br />
des 18. Jahrhunderts. In: Süddeutsche Zeitung. Feuilleton-Beilage. Nr93. Samstag/<br />
Sonntag, Z3.!z4. April 1977. Mit 3 Abb.<br />
[Darin u .•. die .künstliche Ente", 1785-1809 im Besitz von Prof. Gottfried Olristoph Belrels in Helmotedl;<br />
vgl. Bibliosr. 1966, Nr 305.)<br />
Bender, Johannes s. Nr Z14.<br />
325. Sc h u I z, Werner: Professor Dr. Hennann Blank, ein vielseitiger <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Wissenschaftler. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 =<br />
H. 78. 1977. S. 1-6, 1 Abb.<br />
Bote, Hennann s. Nr uo.<br />
316. Forche, Wolfram: Zum Tode von Otto Bothe - Salzgitter. (Wolfenbüttel 16. u.<br />
1903-18.6. 1976 Nordstemmen.) In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. 19.<br />
317. G run d t geb. Brückmann, Irmgard: Die Ahnen meiner Eltern Werner Brilckmann,<br />
I 875r1964, 00 lIse Zur Mengede 1886-1975. Wolfenbüttel (1977)' SI gez. BI., 1 Ahnentaf.<br />
4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />
3%8. 18. Familientag der "Nachkommen des Johann Jacob Brückmann" in Wolfenbüttel am<br />
5./6. Juni 1976. Bericht. ([Hrsg.:] Inngard G run d t geb. Brückmann.) (Wolfenbüttel<br />
1976.) 3 I gez. BI. 4° [Umschlagt.; Masch.Schr. vervielf.]<br />
Bugenhagen, Johannes s. Nr 77.<br />
Burchtorff, Anton Ulrich von s. Nr zQ9.<br />
319. Be h r, Hildegard: Cornelius van den Busdl aus Holland, ein Wolfenbütteler Festungskommandant.<br />
(Utrecht zoo Z. 1616 - 8.6.1657 Wolfenbüttel.) In: Norddt. Familienkde.<br />
Bd Jl = Jg.16. 1977. S. H-38. - Auch in: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />
Jg. 191, Nr 139. Vom 18. Juni 1977·<br />
HO. Genealogisches Handbuch der adeligen Häuser. Hauptbearb.: Walter V. H u eck. B,<br />
Bd U. Limburg a. d. Lahn: Starke 1977· XLIV, 534 S. mit Abb. {GeneaI. Handbuch d.<br />
Adels. Bd 64.)<br />
[Darin U ••. : Pet. r s d 0 r f f - C am p e n, Eckhard v., Hennins v. R. d • n: Camoen. S. 54-59. -<br />
Löbbeck •• S. '59-179, 1 Wappenabb., 3 Taf. mit 5 Abb. - Sc h w • r in v. Kr 0 • i g k, D.do Graf:<br />
WestphIlIen. S. 489-491.)<br />
Chlaramella di Gandino, Francesco s. Nr 48.<br />
Cramm, Familie von S. Nr 160.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
33 I. D in g e d a h I, Carl Heinz: Die Familie Curlo in Ottemdorf und Hamburg. In: Zs.<br />
f. niederdt. Familienkde. Jg. p. 1977. S. 1°3-110.<br />
[Johonn Carl Danie! Curio, • Helmstedt 3. 11. 1754. in <strong>Braunschweig</strong>, ebenso sein. Kinder u. Enkel.]<br />
33 Z. D i n g e d a h I , Carl Heinz: J ohann Carl Daniel Curio, Lehrer, Schriftsteller und<br />
Redakteur. In: Hamburgische Geschichts- u. Heimatbll. Bd 10. 1977. S. 1-17.<br />
333; Mo 11 e n hau er, Heinz: Paul Dähling - geboren 14. Juni 1891, gestorben ll. August<br />
1977. Neu bel t, Wolfgang: Paul Dähling lebt nicht mehr. In: Freundeskreis<br />
d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg. Z7 = H. 79. 1977. S. 1 U. 4, 1 Abb.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
195
343. K ö h I er, Werner: Dem Fürsten der Mathematiker. Zum 200. Geburtstag von Carl<br />
Friedrim Gauß am 30. April. In: Der Heimatspiegel. Beil. d. Pein er Allgern. Zeitung.<br />
Nr 127. 1977. S. 2-4, 2 Abb.<br />
344. K ü s s n er, Martha: Die Frauen um Carl Friedrim Gauß. (Mit Namtr. von Horst<br />
Mi chI in g.) In: Göttinger Monatsblätter. Ständige Beil. im "Göttinger Tageblatt".<br />
Jg.4. 1977 = Ausg. 37. S. 2-3, 3 Abb.; Ausg. 38, S. 6-7. 3 Abb.<br />
345. Mi chI i n g, Horst: C. F. Gauß und seine Namkommen. In: Göttinger Monatsblätter.<br />
Ständige Beil. im "Göttinger Tageblatt". Jg.4. 1977 = Ausg.42. S.4-5, 4 Abb.; Ausg.<br />
43. S. lI, 3 Abb.<br />
346. Pes tel, Eduard: Mensdlheit vor neuen Imperativen. Festvortrag anläßI. d. Carl<br />
Friedrim-Gauß-Gedenkfeier d. Braunsmw. Wiss. Ges. am 30. 4. 1976. In: Abhandlungen<br />
d. Braunsmw. Wiss. Ges. Bd 26: 1976. (1977.) S. 107-117.<br />
347. Reich, Karin: Carl Friedrim Gauß 1 777/x977. Münmen: Moos (1977). 128S., 112<br />
Abb. im Text u. auf 5 Taf.<br />
348. W ein b erg er, Joseph, unter Mitw. von Werner K ö h I er: Carl Friedrim Gauß<br />
1777-1855 und seine Namkommen. In: Armiv f. Sippenforsm. u. alle verwandten Gebiete.<br />
Jg. 43 = H. 66. 1977- S. 73-98, 37 Abb.<br />
Gerstäcker, Friedrim s. Nr 133.<br />
Gesemann, Gerhard s. Nr 257.<br />
349. (G ö r i g, Heinz:) (Chronik der Familie Görig.) 1: Hornburg und Wolfenbüttel.<br />
Fürstlime Leib-Musketiere und Zolleinnehmer. (Bonn: Verf. 1977.) 11, 30, 12 S., 15<br />
Abb., 6 Kt. 4° [Masm.Smr. vervielf.J<br />
[Darin 11 S., 6 Abb., 3 Kt.: Der Zoll vor dem Herzogtor
Hunaeus, Georg s. Nr 114.<br />
John, Johann Jakob s. Nr 137.<br />
354. R i eck e n be r g. Hans Jürgen: Franz KaIe, Bürgermeister von <strong>Braunschweig</strong>. In:<br />
Neue dt. Biogr. Bd I I. 1977. S. 54-55.<br />
355. R (0 sen). E(dgar) R[obert]: Prof. Dr. phil. Norhert Kamp. Eine biographische<br />
Skizze. In: Mitteilungen d. TU Carolo-Wilhelmina zu Braunschw. Jg. H, H. Ih 1977.<br />
S. 15-16, I Abb.<br />
356. V 0 gel san g, Thilo: Wilhe1m KelteI, Generalfeldmarschall. In: Neue dt. Biogr.<br />
Bd 11.1977. S. 4Il-413.<br />
357. K ö n i g, Joseph: Hermann Kleinau t. 14. Juli 1901-18. Januar 1978. In: Braunschw.<br />
Jb. Bd 58. 1977. S. 139-14°.<br />
Knigge, Adolph Frh. s. Nr 307.<br />
Koch, Rudolf s. auch Nr 181.<br />
358. Lu f f t, Peter: Rudolf Koch. ein Maler aus <strong>Braunschweig</strong>. Zu seinem fünfundsiebzigsten<br />
Geburtstag (. 12. Aug. 1901). In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,<br />
e. V. Jg. 17 = H. 79. 1977. S. 9-1 I, I Abb.<br />
König verm. Lessing. Eva s. Nr 130.<br />
Kopmann, Johann s. Nr 78.<br />
359. Lu f f t, Peter: Friedrich Wilhelm Kraemer: Nicht nur Star-Architekt (. 11. Mai<br />
1907.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,e. V. Jg. 17 = H.79. 1977.<br />
S.18.<br />
Kroll von Freyen, Johann Anton s. Nr 110.<br />
Krügener, Familie s. Nr 101.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
360. Bau m g·a r t e n. Wilhelm: Der Aufstieg der Familie von Lafferde in <strong>Braunschweig</strong><br />
zu erheblichem Einfluß. Wemer von Lafferde schuf die entscheidenden wirtschaftlichen<br />
Voraussetzungen. In: Der Heimatspiegel. Beil. d. Peiner Allgern. Zeitung. Nr<br />
H9. 1977. S. 2-3. I Abb.<br />
361. E ver s. Wilhe1m: Oberjägermeister Johann Georg von Langen (1699-1776). Ein<br />
deutscher Forstmann u. Organisator von europäischem Rang. In: Niedersachsen. Jg.77.<br />
1977. S. 73-74. I Abb.<br />
361. Ha h ne man n, Hans: Wilhelm de La Tour, der letzte Propst von Riechenberg (Goslar).<br />
In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. 133-137, I Abb. - Mit leicht gekürztem Text,<br />
ohne Anm. u. Literaturverzeichnis u. d. T. "Der letzte Propst von Riechenberg" in:<br />
GoslarerBergkaI. Jg. 360: 1978. [1977·] S. 43-46.1 Abb.<br />
363. Ho p f gar t e n, Gerhard: Vom einst ältesten Bürger des Landes <strong>Braunschweig</strong>. Harzluft<br />
ließ ihn I I I Jahre alt werden. (Christian lehrnann, • Holzdorf b. Merseburg<br />
18. Okt. 1718 t Seesen 22. Nov. 1819.) In: Unser Harz. Jg. 25. 1977. S. 174-175-. I Abb.<br />
Leibniz, Gottfried Wilhelm s. Nr 53. IH.<br />
364. Sc h lösse r, H[ans]-J[örg]: Henri Leonbardt t. (26. Aug. 1900 - <strong>Braunschweig</strong> -<br />
H. Okt. 1976.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses. <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 =<br />
H. 77. 1977. S. 1, I Abb.<br />
Lessing, Gotthold Ephrairn s. Nr Il8-132, 295. 375.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
Löbbecke, Familie von s. Nr 330.<br />
365. Z im m e r man n, Gottfried: Der vermißte Abt ist wieder da. Bildnis des Johann<br />
lorber lehnte an der Klosterpforte. Er war der Reformator des Klosters Riddagshausen.<br />
In: Braunsdtweiger Evangelisdte Zeitung. Nr 17. Vom 14. April 1977. Mit<br />
1 Abb.<br />
ludIey, Ernst Gottlieb s. Nr 2.57.<br />
366. Peter lufft 65 Jahre. (. 31. Dez. 19II Braunsdtweig.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses,<br />
Braunsdtweig, e. V. Jg. 17 = H. 77.1977. S. 5-6,1 Abb.<br />
367. K 0 h I, Rolf Dieter: Der älteste Druck der Quonik der Grafen von der Mark des<br />
Levold von Northof und sein Herausgeber Heinridt Meibom d. Ä. In: Der Märker.<br />
Jg. 2.6. 1977. S. 13-16, 2. Abb. u. Abb. auf d. HeftumsdtI.<br />
368. Mltgau, Hermann: Gemeinsames Leben. Bd 4: Gesammelte Abhandlungen zur Familiengesdtidtte<br />
1937-1976. Göttingen: Reise in Komm. 1977. 178 S. 4° (Veröffentlidtungegn<br />
d. Familienkundl. Komm. f. Niedersadtsen, Bremen sowie angrenzende Gebiete.)<br />
369. Moll e n hau er, Astrid: Heinz Mollenhauer - geboren 2.2.. August 1893, gestorben<br />
5. September 1977. Ger me r, Walter: In memoriam Heinz Mollenhauer. Kr a f t,<br />
Armin: Trauerfeier für den Redttsanwalt und Notar Heinz Mollenhauer am Donnerstag,<br />
dem 8. September 1977. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, Braunsdtweig,<br />
e. V. Jg. 17 = H. 79. S. 3, 5-7. I Abb.<br />
370. F lee h s i g, Werner: Heinz Mollenhauer zum Gedenken (t 5. Sept. 1977). In: Braunsdtw.<br />
Heimat. Jg. 63. 1977. S. 9C>-92., I Abb.<br />
Müller-Oelmann, Rudolf s. Nr 181.<br />
371. Moll e n hau er, Astrid: Aus dem Leben eines ehemaligen Waisenkindes: Carl<br />
Eugen Mulert (Braunsdtweig 13. Okt. 1869 - 1963 Grasleben.) In: Freundeskreis d.<br />
Gr. Waisenhauses, Braunsdtweig, e. V. Jg. 2,7 = H. 77.1977. S. 7-II, 1 Abb.<br />
372.. (G e f f e r s, Heinridt:) Stammtafel eines Zweiges des Gesdtledtts .. Oduiendori" in<br />
LeIm, heute ansässig in Holland. (Leim 1977.) 5 gez. BI., 2. BI. 4° [Kopft.; Masdt.Sdtr.<br />
vervielf.]<br />
373. U P m e y er, Dietridt: Die Herren von Oldershausen und die Herausbildung des<br />
Geridtts Westerhof. [Nebst] Taf. Bd. Hildesheim: Lax 1977. VIII, 3105., 10 Taf. u.<br />
Kt. [Geringfügig überarb. Phi!. Diss. Göttingen 1977.] (Veröffentlidtungen d. lnst. f.<br />
hist. Landesforsdt. d. Univ. Göttingen. Bd 10.)<br />
Pilgrim, Hubertus von s. Nr 179.<br />
374. K ö ni g. Joseph: Wilhelm Pleister t (am 16. Okt. 1977. seit 1970 Vorsitzender des<br />
Braunsdtweigisdten Gesdtidttsvereins). In: Braunsdtw. Jb. Bd 58. 1977. S. 138.<br />
375. Paul Raabe zum 1I. Februar 1977 von Freunden und Mitarbeitern. (Hamburg: HauswedellI977.)<br />
161 S.<br />
''!- [Darin u. a.: H ä r tel, Helmar: Zur Provenienz einiger spätmittelaIterIicher Handschriften in der Stiftsbibliothek<br />
zu Gandersheim. S. 2C>-26. - B ire her. Martin: Barod
Reinerding, Johann Thiele s. Nr 53.<br />
376. Ku 1 k e, Heinz: Eine alte Linde am Alten Wege (44) erzählt. Eine heimatkundliche<br />
Betrachtung. (Gärtner Christian Dietrich Leonhard Röber. 1738-[810, und Nachkommen.)<br />
In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 18. Vom u. Jan. [977. Mit<br />
I Abb.<br />
377. Schwarz geb. Dierling, Ilse: Anna Maria Schau zum Gedenken. (1892-1977, Leiterin<br />
d. städt. Alumnats in WolfenbütteI.) In: BII. aus d. Schlosse. Nr 56. 1977. S.5-7.<br />
378. D i c k man n, Wemer: Johann Scbeyrlng, Artlum et utriusque juris Doctor. Herzoglicher<br />
Rat in Wolfenbüttel von 1535 bis 1538. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />
Jg. 191, Nr 113. 128. Vom 28. Mai u. 4. Juni 1977. Mit 3 Abb.<br />
379. SchmldtbodlUm, Erich, Aus dem Leben eines Künstlers. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses,<br />
<strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.27. 1977 = H.77. S. 17, I Abb; H.78. S.24-25.<br />
I Abb.<br />
[Anfang s. Bibliogr. '97', Nr 449; '97), Nr 40'; '974, Nr 400; '975, Nr )69; 1976, Nr )8).)<br />
380. Sc h m i d t b 0 c um, Erich: Museum Erich Schmidtbochum. (Wolfenbüttel: Ven.<br />
1977-) 4 BI., 3 Abb.<br />
381 Schwartz, K[ad] A[dolf] von: WJe J(ohann) F(riedrich) Schwartz höchst unromantisch<br />
1789 bei Göttingen eine Reise begann. In: Göttinger Monatsblätter. Ständige<br />
Beil. im "Göttinger Tageblatt". Jg. 4 = Ausg. 38. 1977- S. 8--9, 1 Abb.<br />
Schwelmb, Andreas s. Nr 137.<br />
Sebexen, Heinrich von s. N r 21 o.<br />
Sleverts, Johann Georg s. Nr 53.<br />
382. K ö ni g, Joseph: Wemer Spieß • 5.2.1891 t 7.12.1972. Nachruf d. Braunschw.<br />
Wiss. Ges. vorgetr. in d. Plenarsitzung am 9. April 1976. In: Abhandlungen d. Braunschw.<br />
Wiss. Ges. Bd 16: 1976. (1977-) S. 155-156.<br />
383. Ku 1 k e, Heinz: St:perintendent earl Friedrich Spobr und Familie. Eine familiäre<br />
Heimatgeschichte aus Schöppenstedt. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg.191,<br />
Nr 94- 100. Vom 23. u. 30. April 1977. Mit 4 Abb.<br />
384. Amburger, Erik u. Eleni: Richard Stegemann ([856-1925). Sein Leben u. Wirken<br />
für wirtschaftlichen u. sozialen Fortschritt. In: Genealogisches Jb. Bd 16!I7. 1977.<br />
S.171- 107·<br />
385. H u m m, Albert: Der Lebensweg des Oberbergmeisters (Georg Andreas) Steltzer<br />
(1725-1801). In: Allgern. Harz-Berg-KaI. 1978. [[977.] S. 41-42,1 Abb.<br />
Steuben, Christoph Heinrich von s. Nr 109.<br />
Stobwasser, Familie s. Nr 183.<br />
386. Sc h war z w ä 1 der, Herbert: Technische Sehenswürdigkeiten im Bremen der<br />
Barockzeit. In: Bremisches Jahrbuch. Bd 55.1977. S. 19-75, 22 Abb.<br />
[Darin u. a.: Leonhard Christoph Sturm. ,694-17°' Lehrer für Mathematik u. Ardlitektur an d. WoIfenbütteIer<br />
Ritterakademie; 17.8-'7'9 (t 6. Juni) in Blankenburg Baudircktor bei Herzog Ludwig Rudolf.)<br />
387. Kr i e ger, Heinz-Bruno: Ahnentafel des Dr. jur. Willi Thiele, Präsident des Niedersächsischen<br />
Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong>, Professor an der Technischen Universität<br />
<strong>Braunschweig</strong>. (Königslutter) 1977- 59 S. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />
200<br />
Trott, Eva von s. Nr 209.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568
388. Die Tubbesings aus Ravensberg. ([Hrsg.:] Bruno Tub b e s i n g.) Forts. 3. (Bielefeld:<br />
Hrsg. 1977-) 104 S. mit zahlr. Abb. 4° [Umschlagt.; Masch.Schr. vervieIf.]<br />
[S. 71-7,b: Hauptslamm der <strong>Braunschweig</strong>er Tübbesing; s. Bibliogr. 1970, Nr 373 u. 1971, Nr 461.]<br />
Unger, Friedrich u. Ludolf von s. Nr 157.<br />
Voigt. Johann s. Nr 214.<br />
Weigelt, Johannes s. Nr 157.<br />
Weitsch, Pascha Johann Friedrich s. Nr 140.<br />
Westermann, George s. Nr 177.<br />
Westphalen, Familie von s. Nr 330.<br />
Westphalen, Ludwig von s. Nr 335.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Willmer, Heinrich August Christi an s. Nr 257.<br />
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Chronik des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
vom :Mai 1977 bis zum 20. April 1978<br />
Die Hauptversammlung des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins fand am 30. November<br />
1977 im Restaurant Seela, <strong>Braunschweig</strong>-Gliesmarode, statt. Wegen des am 16. Oktober 1977<br />
erfolgten Todes des Vorsitzenden Dr. Wilhelm Pie ist e r wurde die von 89 Mitgliedern<br />
besuchte Versammlung zunächst durch den Stellvertretenden Vorsitzenden, Archivdirektor<br />
Dr. K ö n i g, geleitet. Den Jahresberidlt seit der letzten Hauptversammlung am 14. Dezember<br />
1976 erstattete der Gcsdläftsführer, Ardliv- und <strong>Bibliothek</strong>sdirektor Dr. 15 r a e I. Es<br />
folgte die Totenehrung. Wegen langjähriger treuer Mitgliedschaft erhielten ein Buchgeschenk:<br />
Obermedizinalrat a. D. Dr. Fritz Bar n s tor f, Königs!utter, Land- und Forstwirt Segeband<br />
von H e n ni n ge s, Lucklum, Oberschulrat a. D. Dr. Hermann 0 e r tel, <strong>Braunschweig</strong>,<br />
Ardlivoberrat a. D. Dr. Hans Jürgen Q u er f ur t h, Braunsdlweig, und Lehrer a. D. Adolf<br />
Ca u er s, Wolfenbüttel. Ferner dankte Dr. K ö n i g Herrn Landesarchäologen a. D. Dr.<br />
Ni q u e t und Herrn Bankdirektor a. D. F. Ger h a r d für die großen Verdienste, die sie<br />
sich als Beisitzer um den Verein erworben haben.<br />
In dem vom Schatzmeister Museumsdirektor Dr. G. S pie s erstatteten Kassenbericht<br />
über das Vereinsjahr 1976 sind die Einnahmen und Ausgaben am 3 I. Dezember 1976 auf<br />
93 334,94 DM festgestellt worden. Dem Schatzmeister und dem Vorstand wurde Entlastung<br />
erteilt. Da die letzte Vorstandswahl am 17. November 1974 stattgefunden hatte, standen<br />
Neuwahlen an. Die Hauptversammlung bestimmte das Ehrenmitglied Ardlivdirektor a. D.<br />
Dr. Mo der ha e k zum Wahlleiter und beschloß, das Wahlverfahren mündlich durdlzuführen.<br />
Zum neuen Vorsitzenden wurde das Vorstandsmitglied der Norddeutsdlen Landesbank<br />
Braunsdlweig, Rudolf T ö rn er gewählt. Die weiterhin Gewählten sind bereits im<br />
Braunsdlweigischen Jahrbuch 58, 1977, Seite 183 mitgeteilt worden.<br />
Nach dem Dank des Vorsitzenden für das ihm erzeigte Vertrauen teilte Frau Oberkustodin<br />
Dr. Mcdlthild W i s w e die für 1978 geplanten Studienfahrten mit. Dr. K ö n i g<br />
berichtete über die Beiträge des <strong>Braunschweig</strong>isdlen Jahrbudls 58 (1977) und über die Vorträge<br />
des Winterhalbjahrs 1977/78.<br />
Beim Punkte" Versdliedenes" kamen die in Braunsdlweig interessierenden wissenschaftlidlen<br />
Unternehmungen der Historisdlen Kommission für Niedersachsen und Bremen zur<br />
Spradle.<br />
Die Mitgliederversammlung sdlloß mit einem Referat von cand. phil. Jürgen Me r t e n s<br />
über das Studienprojekt "Braunsdlweig-Atlas", eine Arbeit, weldle die seit 1961 publizierten<br />
Kartensammlungen abschließend behandelt. Alte Karten, Pläne und Ansichten der Stadt<br />
Braunsdlweig und ihrer näheren Umgebung werden hier auf ihren Quellenwert hin überprüft<br />
und in einer zusammenhängenden Folge als Dokumentation zur Stadtgesdlidlte aufgearbeitet.<br />
Die Kultur-, die Kunst- und die politisdle Gesdlichte werden in der umfassenden<br />
Textierung wesentIidle Berücksidltigung finden.<br />
*<br />
Die erste S tu die n f a h r t führte am 14. Mai 1977 zu Burgen und Kirchen des<br />
Innersteberglandes. Zuerst wurde in 0 1 b e r a m w e J ß e n Weg e der aus einer mittelalterlichen<br />
Rundburg 1588 in ein Renaissancesdlloß umgewandelte Wohnsitz des Gesdlledlts<br />
von Cramm nebst Unterburg eingehend besichtigt. Die ev.-luth. Kirdle daselbst ist unlängst<br />
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1°3
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renoviert und enthält im Innern sowie an der äußeren Kirchenwand eine Reihe sehenswerter<br />
Epitaphe. über Holle-Henneckenrode ging es dann nach B 0 den bur g. Dort bildeten<br />
das Schloß der Familie von Steinberg, die im Gutspark aufgestellten Grabdenkmäler des<br />
Geschlechts und die in Renovierung befindliche ev. Johanneskirche mit barocker Ausstattung<br />
lohnende Gegenstände der Besichtigung.<br />
Etwas schlichter ist in Alt wal I m 0 den die Kinne gehalten. Dafür bietet die aus<br />
verschiedenen Zeiten stammende Baugruppe des Herrenhauses einen besonders reizvollen<br />
Anblick. Besonders gilt dies für den aus Fachwerk hergestellten Teil des Gutsgebäudes, dem<br />
der berühmte Sagenheld Thedel Unverferd, d. h. der Unerschrockene, v. Wall moden, ein<br />
Zeitgenosse Heinrichs des Löwen, entstammte. Für den Wehrturm aus dem 14. Jahrhundert<br />
mit Schießscharten und späteren Giebelaufbauten aus Fachwerk besteht allerdings Einsturzgefahr.<br />
[J. König]<br />
Die zweite Studienfahrt, eine Halbtagsexkursion am 15. Juni 1977, galt der archäologischen<br />
Denkmalspflege. Eingangs stellte Ardläologierat Hartmut Röt tin g M. A. die von<br />
ihm konzipierte Ausstellung "Archäologische Denkmalspflege <strong>Braunschweig</strong>. Rettung oder<br />
Zerstörung? 1976", die im <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesmuseum gezeigt wurde, in einer<br />
instruktiven Führung vor. In der Ausstellung waren die wichtigsten der 16 größeren Fundbergungen<br />
und Ausgrabungen des Jahres 1976 mit Funden, Großfotos, Karten und Plänen<br />
vertreten. Darüberhinaus waren neue Bodenfunde ehrenamtlicher Mitarbeiter der archäologischen<br />
Denkmalspflege zu sehen. Zeitlich reichte das Spektrum der Exponate von der<br />
Jungsteinzeit bis in das 18. Jahrhundert. Den Schwerpunkt bildeten Objekte aus der Untersuchung<br />
des jungsteinzeitlichen Gräberfeldes der Kulturgruppen der Bandkeramiker und<br />
Rössener am Assehang am Rande des Ortes W i t t m a r. Diese Grabung war 1976 ein<br />
Exkursionsziel unseres Vereins. Im übrigen kann hier auf den Ausstellungsführer verwiesen<br />
werden. Die sensationellen Funde, die im Jahre 1951 beim Bau einer Kläranlage an der<br />
Krähenriede bei S al z g i t t e r - Leb e n s ted t gemacht wurden, haben nur einen Teil<br />
des dortigen jungsteinzeitlilnen JägerIagers erfaßt. Eine geplante Erweiterung der Kläranlage<br />
war Anlaß, die Grabung wieder aufzunehmen. Sie war das zweite Ziel der Exkursion.<br />
H. Rötting berichtete hier, daß Probebohrungen bereits zahlreiches neu es Material,<br />
Knochen und Geräte, zutagegebracht hätten und führte des weiteren in die Methoden der<br />
Grabungstechnik ein. Anschließend würdigte Dr. Alfred Tod e, der die Ausgrabungen<br />
von 1951 geleitet hatte, die wissensdlaftliche Bedeutung der damaligen Befunde. Während<br />
in der Regel an vergleichbaren Fundplätzen lediglich Einzelobjekte geborgen werden konnten,<br />
ließ sich bei Salzgitter-Lebenstedt ein Lager der eiszeitl1chen Rentierjäger in situ erschließen<br />
und auch die tundrenhafte Flora ermitteln. Die Bedeutung des Fundortes erhellt<br />
daraus, daß nach diesem zahlreiche andere FundsteIlen chronologisch eingeordnet werden.<br />
Wichtigstes Fundstück ist das Scheitelbein eines Vorneandertalers.<br />
Von der Krähenriede ging die Fahrt, leider etwas beeinträchtigt durch den einsetzenden<br />
Regen, zum Bur g be r g über S al z g i t t e r - L ich t e n be r g. Nach der Kaffeetafel<br />
fand die Besichtigung der Burgruine unter Führung des Leiters des Städtischen Museums<br />
Salzgitter, Lehrer Wolfram F 0 reh e, statt. Gegliedert in die Vor- und die Hauptburg,<br />
war die Burg Lichtenberg während des Mittelalters eine der bedeutendsten Höhenburgen<br />
unseres Raumes. Ihre strategische Bedeutung hatte sie durm ihre Lage hom auf einer<br />
Kalkkuppe über dem Kreuzungspunkt der Fernstraße Halberstadt-Hildesheim mit derjenigen<br />
Goslar-Frankfurt. W. Forche erläuterte die wechselvollen Smicksale der Burg im Kampf<br />
zwismen Welfen und Staufern sowie in den folgenden Jahrhunderten bis zu ihrer Zerstörung<br />
im Jahre 1551 durch Volrad von Mansfeld sowie die Geschichte der archäologischen<br />
Forschung, die bereits in den 1860ziger Jahren begann. Besonders eingegangen wurde auf<br />
die Arbeiten von Dr. H. A. S eh u I t z, auf die hier verwiesen werden kann. [M. Wiswe]<br />
Die romanischen Bauwerke im Raum G a n der s h ei m, C 0 r v e y und P ade rbor<br />
n standen im Mittelpunkt der Studien fahrt am 3J4. September 1977. Den gewichtigen<br />
Einstieg in das Thema machte die Stiftslcirche in Ga n der s h e im, eine fcühromanische<br />
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Basilika mit gotischen Seitenkapellen. Hier führte uns Pastor Bau man n und berichtete<br />
von der Geschichte des Bauwerks, das einst Hrotsvitha und Theophanu aufgesucht hatten und<br />
das baugeschichtliche Verwandtschaft zu den Domen in Goslar und Hildesheim aufweist.<br />
Die E ri eh sb u r g bei Dassel ist in ihrer jetzigen Gestalt 1604-1612 von dem Wolfenbütteler<br />
Baumeister Paul Frandl:e unter Herzog Heinrich Julius gebaut worden. Sie zeigt<br />
starke Anklänge an das Helmstedter Juleum. 1891 wurde die Erichsburg Predigerseminar der<br />
hannoverschen Landeskirche, das man 1953 nach Hildesheim verlegte. Daraufhin wurde im<br />
Schloß das Corvinusseminar als Ausbildungsstätte des theologischen Nachwuchses eingerichtet,<br />
jedoch zum I. Januar 1971 aufgelöst. Seither wird das Schloßgebäude als kirchliches<br />
Freizeitheim genutzt.<br />
Nadl rascher Fahrt durdl den Soll i n g, von dem uns die Gesamtleiterin der Fahrt,<br />
Frau Oberkustodin Dr. Mechthild W i s w e, das Wesentliche erläuterte, ging es am ehemaligen<br />
Jagdschloß Neu hau s (Kreis Holzminden) vorbei nach H ö x t e r. Bei der Besichtigung<br />
von Co r v e y standen das karolingisdle Westwerk mit "Krypta" und Johannes<br />
Chor im Mittelpunkt, nicht minder aber auch die Barodl:-Gebäude, weil sich hier besonders<br />
enge Beziehungen zwischen Herzog Anton Ulrich von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel und dem<br />
Corveyer Abt Florenz von (der) Velde durch die Forschungen unseres Führers Dr. Hans<br />
Joachim B r ü n i n g, Corvey, nachweisen ließen. Nach seinen Studien haben Hermann<br />
Korb als Bauvogt und Giacomo Perinetti als Stukkateur an den Schloßgebäulichkeiten mitgewirkt.<br />
Ein großer Teil der Abtgalerie wird von Dr. Brüning dem auch in Wolfenbüttcl<br />
bekannten Maler Tobias Querfurt zugescllrieben. Friedricll Thöne hat in seinem bekannten<br />
Buch "Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten Residenz" Tobias Querfurt 1715 in<br />
Corvey nachgewiesen. Von einer braunschweigischen Fürstin aus der Zeit Anton Ulrichs<br />
befindet sicll in Corvey ein wertvolles gestidl:tes Antependium. Alle diese Beziehungen<br />
zwiScllen dem Abt Horenz von Corvey und Herzog Anton Ulrich hängen mit den katholisierenden<br />
Neigungen des letzteren zusammen, über die Dr. Bruning inzwischen einen Aufsatz<br />
"Herzog Anton Ulrich von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg zu Wolfenbüttel und Abt Florenz von<br />
Corvey" (Westfälische Ztschr. 126h27. Bd. 1976/z977, S. 329-371) veröffentlicht hat.<br />
Zeitweise im Gegensatz zu den Äbten von Corvey stand die Stadt H ö x te r, die anschließend<br />
mit ihren kirchlichen und weltlichen Gebäuden besichtigt wurde. Ihren besonderen<br />
Reichtum bilden die vielen erhaltenen Fachwerkhäuser, deren Stilmerkmale von der<br />
ausgehenden Gotik bis zum Barodl: noch in allen Stufen zu verfolgen sind.<br />
Am nächsten Tag ging es dann über Bad D r i bur g, dessen Badeanlagen, Parks und<br />
Alleen durch den braunschweigischen Oberjägermeister Caspar Heinrich von Sierstorff (1782)<br />
sehr gefördert wurden, nach P ade rb 0 r n. Hier hatten wir dann in Dr. H 0 h man n ,<br />
dem Leiter des dortigen Geschichtsvereins, einen Führer, der über die bedeutenden Ausgrabungen<br />
der karolingischen und ottonischen Zeit am Dom ebensogut Bescheid wußte<br />
wie über das Gotteshaus und das diesem vorgelagerte Diözesanmuseum. Auch die Besonderheiten<br />
der Stadt mit aufstrebender Industrialisierung wurden nicht vergessen. Daß sich<br />
der" Tolle Christian" am Liborius-Schrein vergriff und Teile desselben zu Münzen mit der<br />
Aufschrift "Gottes Freindt - Der Pfaffen Feindt" schlagen ließ, gereicht diesem nicht zur<br />
Ehre.<br />
Streitigkeiten mit den Paderborner Bürgern veranlaßten Bischof Simon I. von Paderborn<br />
im Jahre 1275, seine Residenz nach Schloß Neu hau s zu verlegen. Im 16. Jahrhundert<br />
fanden umfangreiche Ausbauten statt, an denen als Bauherr u. a. Bischof Erich von <strong>Braunschweig</strong><br />
und als Künstler seit etwa 1524 der schwäbische Baumeister Jörg Unkair, bekannt<br />
durch seine Bauten im Wesergebiet, beteiligt waren. Die Vierflügelanlage wurde unter<br />
Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg gegen Ende des 16. Jahrhunderts vollendet. Von dem<br />
ehemaligen prächtigen Lustgarten hat sich nichts erhalten.<br />
Die letzte Station der Studienfahrt waren die Ex t ern s t ein e mit dem daran befindlichen<br />
Kreuzabnahme-Relief. Wie Archivoberrat Dr. Dieter M at t he s erläuterte, stehen<br />
sich bei diesem Relief für die Datierung zwei Theorien gegenüber: eine, die es dem frühen<br />
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2°5
H. Jahrhundert zuschreibt, und eine andere, die das erste Drittel des 9. Jahrhunderts für<br />
möglich hält. Nach Prof. Dr. Walther M a t t h es, Harnburg, könnte das Relief von Corbier<br />
Mönchen (Adelhard und Wala), die in der Tradition ihres Klosters Corbie an der Sornrne<br />
standen, zu dieser Zeit gestaltet worden sein. Vgl. Walther Matthes: Zur Entstehung des<br />
Kreuzabnahmereliefs an den Extemsteinen. In: Die Grenze der machbaren Welt. Festschrift<br />
der Klopstockstiftung anläßlich ihres 10jährigen Bestchens. Hrsg. von E. Benz, Leiden:<br />
Brill 1975. [J. König]<br />
Im vorigen Jahr (1976) hatte eine Studienfahrt des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
die Teilnehmer mit dem Mühlenwesen in unserem Lande bekannt gemacht. Dieses<br />
Mal (1. Oktober 1977) galt es, den Be r g bau näher kennenzulernen, dem die Menschheit<br />
eine Fülle mineralogismer und technischer Kenntnisse verdankt.<br />
Schön ausgebildete Kristalle haben S t. A n d r e a sb erg als "Mineralienkabinett" des<br />
Harzes berühmt gemacht. 1910 wurde die letzte Grube "Samson" geschlossen und später<br />
in ein Bergwerksmuseum umgewandelt. Seit 1511 hat diese Grube ihren Dienst getan. Bis<br />
auf eine Schamttiefe von 810 Meter war man vorgestoßen. Die gewaltigen Kehrräder, die<br />
die Erze ans Licht beförderten, hatten einen Durchmesser von 9 Meter. Die Bergleute, versehen<br />
mit einer Grubenlampe, wurden durch die sog. "Fahrkunst" an ihre Arbeitsstelle tief<br />
im Innern der Erde gebracht. Später, als die Ausbeute versiegte, warfen sim die Bewohner<br />
z. T. auf die Harzer Kanarienvogelzumt. Die sog. "Harzer Roller" wurden bis ins Ausland<br />
exportiert.<br />
Da günstige und ungünstige Zeiten in der Förderung abwechselten, kam es darauf an, die<br />
Versorgung des Oberharzes mit Brotgetreide zu sichern. Dies gesmah im großen Kornmagazin,<br />
das 17191zo am Söseufer in 0 s t e rod e errichtet wurde. Der breite Mittelgiebel<br />
vor der Längsseite des gewaltigen Dames trägt das hannoversme Staatswappen, von Löwe<br />
und Einhorn gehalten. Die Kornböden in den Haupt- und Dachgeschossen besaßen ein<br />
Fassungsvermögen von 15000 Malter Korn (etwa 40000 Ztr.), die hier "zum Nutzen des<br />
Harzes" bereitgehalten wurden. Die evangelisme Schloßkirme St. Jacobi und die cvangelisme<br />
Marktkirme St. Aegidien bildeten die kunstgeschichtliche Seite des von Stadtarchivar a. D.<br />
Dr. G r a n z i n geleiteten Besumsprogramms in Osterode.<br />
Im 0 b e r h a r zer Mus eu m im ehemaligen Zellerfelder Rathaus war wiederum<br />
Gelegenheit gegeben, Gesmichte und Kultur des Bergbaus mit besonderer Berürnsichtigung<br />
seiner technismen Einrichtung kennenzulernen. Das langsame Fortschreiten von Muskelkraft<br />
über Pferdegöpel zur 'Wasserkraft bei der Förderung der Erze konnte man an plastismen<br />
Modellen ablesen. Von nicht minder großer Bedeutung war die Entwiddung vorn Hanfseil<br />
über das Kettenseil zum Drahtseil, mit dem Oberbergrat Albert in Cl aus t h a 1- Zell e rf<br />
eid die Mensmheit beglürnte.<br />
Das mühsame Arbeiten mit Schlägel und Eisen wurde durm Feuersetzen und schließlich<br />
mit Dynamit, mit dem man das Gestein mürbe mamte, erheblim erleichtert. "Hunde",<br />
das sind kleine Erzwagen, bildeten die unterirdische "Eisenbahn". Wie fromm der Bergmann<br />
seine Arbeit ausübte, zeigten die schlichte Kapelle in der Zellerfelder Bergwerksanlage und<br />
die gewaltige Holzkirme zum HI. Geist in CI aus t haI.<br />
Auf dem Wege von St. Andreasberg nam Osterode wurde aum Schloß Her z be r g<br />
besumt, obwohl hier nicht der Bergbau, sondern dynastisrne und kunstgesrnimtlirne Motive<br />
eine Rolle spielten. Die Reimsburg an der Sieber gehörte zu den Besitzungen, die IIS8 in<br />
einem großen Güteraustausch von Friedrich Barbarossa an Heinrich den Löwen und damit<br />
(bis 1866) an die Welfen fielen. - Bis IS96 eine der Residenzen des Hauses Grubenhagen,<br />
war die Burg bis 1617 in wolfenbüttelschem Besitz, mußte dann aber durch Reichskammergerichtsentscheid<br />
an die Herzöge der Lüneburger Linie herausgegeben werden. Später wurde<br />
sie durch Herzog Georg von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg, dem hier je vier Töchter und Söhne<br />
geboren wurden, Starnrnschloß des Hauses Hannover. Stammhausflüge\, Marstallflügel, Sieberflügel<br />
und Grauer Flügel bilden ein annäherndes Rechtern. Wo Sieberflügel und Grauer<br />
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Flügel zusammenstoßen, erhebt sidt ein mädttiger Lnrenturm, dessen Verzierungen italienisch<br />
beeinflußt sind. Heute wird das Schloß vom Amtsgericht bewohnt; außerdem ist man<br />
dabei, ein Heimatmuseum einzuridtten.<br />
Anläßlidt der 200. Wiederkehr der ersten Brockenbesteigung von Johann Wolfgang<br />
von Go e t h e veranstaltete der Geschidttsverein eine Fahrt nadt Tor f hau s mit<br />
Spaziergang auf dem "Goetheweg". Ansdtließend hielt Prof. Dr. Jost Sc h i I lern ei t, TU<br />
Braunsdtweig, im Gasthaus "Königskrug" den Festvortrag: "Goethe und das Gebirgs- und<br />
Steinreich. "<br />
*<br />
Die Reihe der Vor t r ä g e im Winterhalbjahr 1977/78 begann Prof. Dr. Jürgen<br />
Pa u I vom Lehrstuhl für Baugeschichte an der Technischen Universität <strong>Braunschweig</strong>. Er<br />
spradt (mit Lidttbildern) zu dem Thema: "Die Stadt des Mittelalters. Bild und geschidttliche<br />
Wirklichkeit." Wie der Redner ausführte, ist das heutige Bild von der Stadt des Mittelalters<br />
stark geprägt von rezeptiven Momenten; es ist die Interpretation der historischen Stadt<br />
aus der Sidtt und als Gegenbild der modemen Großstadt. Es ist eine primär ästhetisdte<br />
Interpretation. In dem Vortrag wurde "dieses rezeptive Bild mit der geschichtlichen Wirklichkeit<br />
der Formwerdung und Funktion der Stadt des Mittelalters verglichen".<br />
Der zweite Vortrag war der Ur- und Frühgeschichte gewidmet. Oberkustos Hajo<br />
Ha yen, von der Abteilung für Moorforschung des Staatlichen Museums für Naturkunde<br />
und Vorgeschichte in Oldenburg (i.O.) machte mit neuen Ergebnissen zur Geschichte von<br />
Weg und Wagen bekannt und ließ seine Zuhörer einen Blick in die neuere Geschichte der<br />
Bohlwegforschung tun. Besonders eingehend wurden die Bohlenwege in den großen Mooren<br />
am Dümmer behandelt. (Vgl. Hayens gleichnamige Arbeit, erschienen als Bd.45 im "Archiv<br />
für deutsche Heimatpftege GmbH", Köln 1977 und als Sonderdruck aus der Heimatchronik des<br />
Kreises Vechta).<br />
Am 20. Januar 1978 sprach Studiendirektor Jürgen Sc h u I tz, <strong>Braunschweig</strong>, über<br />
"Die Akademie für Deutsche Jugendführung der Hitlerjugend in <strong>Braunschweig</strong>". Es liegt<br />
uns darüber folgender Bericht der Wolfenbütteler Zeitung vom 4. Februar (- mö -) vor .<br />
.. Wir fahren oft an dem pseudo-antiken Bauwerk an der Wolfenbütteler Straße unweit<br />
des Schlosses Richmond vorbei, ohne an die Geschichte, an den eigentlichen Sinn dieses<br />
pompösen Baues zu denken. Wir wissen vielleicht, daß er heute die Müller-Schule und das<br />
<strong>Braunschweig</strong>-Kolleg beheimatet, daß dieses Gebäude - ganz nach dem Gesdtmack der<br />
nationalsozialistischen Zeit - einst die ,Führer der deutschen Jugend', die Elite der Hitlerjugend,<br />
beherbergen sollte, das wissen heute nur noch wenige.<br />
Da ,die Jugend von der Jugend geführt' werden sollte, brauchte man ständig neue<br />
Jugendführer. Einen neuen Beruf wollte man kreieren, ein Führerkorps - eine elitäre<br />
Schicht - sollte herangezogen und besonders ausgebildet werden. Als Standort dieser<br />
Akademie wählte man die Löwenstadt <strong>Braunschweig</strong>, und der ehemalige Bürgermeister<br />
Hesse versprach, nicht nur das Gelände zu stellen, sondern den ganzen Komplex zu<br />
finanzieren.<br />
Der erste Spatenstich war im September 1937; Pfingsten 1938 feierte man das Richtfest;<br />
im August des Jahres 1939 zogen die ersten Teilnehmer des ersten Lehrganges ein. Allerdings<br />
mußte man zur Eröffnung am 50. ,Führergeburtstag' (20. April) nach Potsdam ausweichen,<br />
da die Handwerker noch in der künftigen ,Akademie für deutsche Jugendführung<br />
der Hitlerjugend in <strong>Braunschweig</strong>' arbeiteten. Der endgültige Ausbau mit Schießständen,<br />
Sporthalle und einem See war ohnehin erst nach dem ,Endsieg' geplant, denn mittlerweile<br />
hatte der Zweite Weltkrieg begonnen. Die Reihen der 100 Schüler und 30 Lehrer lichteten<br />
sich, der Bau von vielleicht zehn Millionen Reichsmark stand leer, der erste Lehrgang<br />
,verteidigte' sein Vaterland im Westen und bald in Rußland. - Ab und zu wurden Lehrgänge<br />
des BDM (,Glaube und Schönheit') in den neuen Räumen abgehalten. Im Jahre 1942<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
1 °7
funktionierte die Wehrmacht das Gebäude zum Lazarett um. Bis zum Kriegsende wurden<br />
Lehrgänge für Versehrte durchgeführt." Druck der 308 Seiten starken Arbeit in den <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Werkstücken Reihe A, Bd. 15, 1978 (Waisenhaus-Buchdruckerei).<br />
Zum Jubiläum der Stadtteilrechte für die Altstadt und den Hagen in <strong>Braunschweig</strong><br />
sprach Archivassessor Dr. Manfred Gar z man n, <strong>Braunschweig</strong>, am 13. Februar 1978 über<br />
"Das Ottonianum und die Jura Indaginis". Zum Inhalt vgl. die Schrift des Redners" 7 50 Jahre<br />
Stadtrechte für Altstadt und Hagen". Katalog der Ausstellung vom I. November 1977 bis<br />
31. Januar 19711. <strong>Braunschweig</strong> 1977. (Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunsmweig. Kleine<br />
Schriften I).<br />
Der Vortrag von Pastor Dr. Gottfried Zirn m e r man n, <strong>Braunschweig</strong>, am 30. März<br />
1978 über "Kloster Riddagshausen und seine Äbte im Jahrhundert vor der Reformation"<br />
wird im <strong>Braunschweig</strong>ischen Jahrbuch 59, 1978 gedruckt.<br />
Die Vortragsreihe schloß am 10. April 1978 mit dem Referat von Frau Dr. Mechthild<br />
W i s w e, <strong>Braunschweig</strong>, über "Markt und Rathaus im südlichen Niedersachsen in alten<br />
Ansichten" (mit Lichtbildern). [J. König)<br />
VERSTORBENE MITGLIEDER<br />
Ehlers, Hans, Kirchenrat a. D., <strong>Braunschweig</strong><br />
Fiesei, Ludolf, Dr., Museumsdirektor und Landeskonservator a. D., Wienhausen<br />
Heinemann, Kurt, Lehrer a. D., Wolfenbüttel<br />
Kaul, Erich, Dr., Direktor, <strong>Braunschweig</strong><br />
Kuhlenkamp, Alfred, Dr.-Ing., Prof., <strong>Braunschweig</strong><br />
Leuschner, '1oachim, Prof., Dr., Hannover<br />
Müller, Alfred-Wolfgang, Kaufmann, Wolfenbüttel<br />
Ohlmann, Horst, Dr., Oberstudienrat, Wolfenbüttel<br />
Pfiughöft, Claus, Stadtangestellter, <strong>Braunschweig</strong><br />
Schultz, Hans, Dr. med., Facharzt, <strong>Braunschweig</strong><br />
Vogelsang, Thilo, Prof., Dr., München<br />
Wesche, Erich, Realschullehrer a. D., Wolfenbüttel<br />
208<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Geschichte<br />
Bd. I. Meier, Heinrich: Die Straßennamen der Stadt <strong>Braunschweig</strong>. 1904.<br />
Bd. 1. Bode, Georg: Herkunft und Heimat Gunzelins von Hagen, des ersten<br />
Grafen von Schwerin. Der Forst von Hasselfeide, ein welfisches Allod.<br />
Zwei geschichtliche Studien. 1911.<br />
Bd. 3. Kriegserinnerungen des Obersten Franz Morgenstern aus westfälischer<br />
Zeit. Herausgegeben von Heinrich Meier. 1911.<br />
Bd. 4. Mutke, Eduard: Helmstedt im Mittelalter. Verfassung, Wirtschaft, Topographie.<br />
1913.<br />
Bd. s. Vollmer, Bernhard: Die Wollweberei und der Gewandschnitt in der Stadt<br />
<strong>Braunschweig</strong> bis zum Jahre 1671. 1913.<br />
Bd. 6. Festschrift für Paul Zimmermann zur Vollendung seines 60. Lebensjahres.<br />
1914.<br />
Bd. 7. Spies, Gustav: Geschichte der Hauptkirche B. M. V. in WolfenbütteI. 1914.<br />
Bd. 8. Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von <strong>Braunschweig</strong><br />
1731-1801. Mitgeteilt von Hans Droysen. Bd. I: 1731-1768. 1916.<br />
Bd. 9. Meier, P. 'J.: Der Streit Herzog Heinrichs des Jüngeren von <strong>Braunschweig</strong><br />
WoIfenbüttel mit der Reichsstadt Goslar um den Rammelsberg. 1918.<br />
Bd.lo. Keilitz, Al/red: Die Wirkungen des Dreißigjährigen Krieges in den Witturns<br />
ämtern des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel. 1938.<br />
Bd. 1 I. Biehringer, Frieda: Herzog Karl I. von <strong>Braunschweig</strong>. 1910.<br />
Bd. 11. Behse, Arthur: Die juristische Fakultät der Universität Helmstedt im Zeitalter<br />
des Naturrechts. 1910.<br />
Bd. 13. Böse, Dtto: Die Revolution von 1848 in <strong>Braunschweig</strong>. 1948.<br />
Bd. 14. Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesens im Lande <strong>Braunschweig</strong>. Hrsg.<br />
von Werner Spiep. 1954.<br />
Bd.IS. Forschungen zur braunschweigischen Geschichte und Sprachkunde. Hrsg.<br />
von Fritz Timme. 1954.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Bd. 16. Eckert, Georg: Die <strong>Braunschweig</strong>er Arbeiterbewegung unter dem Sozialistengestz,<br />
I. Teil (1878-1884).1961.<br />
Bd. 17. Wiswe, Mechthild: Die Flurnamen des Salzgittergebietes. 1970.<br />
Bd.18. Giesau, Peter: Die Benediktinerkirche St. Ägidicn zu <strong>Braunschweig</strong>. Ihre<br />
Baugeschichte von 1178 bis 1478 und ihre Stellung in der deutschen Architektur<br />
des 13. bis 1 s. Jahrhunderts. 1970.<br />
Bd.19. Kleinau, Hermann: Die von Werle im Raum <strong>Braunschweig</strong> - Nordharz<br />
Halberstadt. Ein Beitrag zur Geschichte der welfischen Dienstmannschaft<br />
und zur Pfalzenforschung. 1971.<br />
Bd. 10. Gruhne, Fritz: Auswandererlisten des ehemaligen Herzogtums Braunsdtweig<br />
ohne Stadt Braunsmweig und Landkreis Holzminden 1846-1871.<br />
1971•<br />
Bd.11. Knauf, Tassilo: Die Armitektur der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtpfarrkirchen in<br />
der ersten Hälfe des 13. Jahrhunderts. 1974.<br />
Bd. 12. Gerkens, Gerhard: Das fürstliche Lustschloß Salzdahlum und sein Erbauer<br />
Herzog Anton UIrich von <strong>Braunschweig</strong>-WoIfenbütteI. 1974.<br />
Bd.13. <strong>Braunschweig</strong>ische Landesgeschichte im überblick. Im Auftrage des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Geschichtsvereins herausgegeben von Richard Moderhack.<br />
I. Auf!. 1976.2. Auf!. 1977.<br />
Bd. 14. Sander, Julie: Kulturelles Leben in Mitteldeutschland im ersten Viertel des<br />
19. Jahrhunderts, dargestellt am Gästebuch der Industrie-Töchter-Schule in<br />
Blankenburg am Harz (180S-1838). 1976.<br />
Von den Bänden 1-24 sind Bd. 1,4-7,9, 1 I-IS und 13, I. AufL, vergriffen.<br />
Vertrieb: Braunsmweigischer Gesmichtsverein e. V., Tauschstelle,<br />
334 Wolfenbüttel, Forstweg 1 (Niedersämsisches Staatsarmiv)<br />
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2546638<br />
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