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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

BRAUNSCIIWEIGISCHES JAHRBUCH<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


Schriftleitung:<br />

Archivdirektor a. D. Dr. J. König, Wolfenbüttel, Forstweg 2<br />

(Niedersächsisches Staatsarchiv)<br />

Tausch und Vertrieb der Vereinsveröffentlichungen:<br />

P<br />

Cf<br />

-t<br />

A74<br />

( r-j)<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

<strong>Braunschweig</strong>ischer Geschichtsverein e. V .<br />

Tauschstelle<br />

334 W olfenbüttel, Forstweg 2<br />

(Niedersächsisches Staatsarchiv )<br />

ISSN 0068 - 0745<br />

Gedruckt in der Waisenhaus-Buchdruckerei <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Inhalt<br />

Das Ottonianum und die Jura Indaginis.<br />

Zum 750jährigen Jubiläum der Stadtrechte für Altstadt und Hagen in Braunsdtweig<br />

von Dr. Manfred Gar z man n, Braunsdlweig . . . . . . . . . . . . .. 9<br />

Kloster Riddagshausen und seine Äbte in dem Jahrhundert vor der Reformation<br />

von Dr. Gottfried Zirn m e r man n, <strong>Braunschweig</strong> . . . . . . . . . .. 1.5<br />

Wolfenbüttel.<br />

Ein stadtgeschidttlidter Abriß<br />

von Dr. Wolf-Dieter Mo h r man n, Osnabrück . . . . . . . . . . . .. 47<br />

Eine Wanddekoration aus dem Rokoko in einem WoIfcnbütteler Bürgerhaus.<br />

Mit 5 Abbildungen<br />

von Dr. Wolfgang K el s eh, Wolfenbüttel . . . . . . . . . . . . . . .. 71<br />

Das <strong>Braunschweig</strong>ische Criminalgesetzbudt von 1840.<br />

Einiges aus der Entstehungsgeschichte<br />

von Reinhard He i n e man n, Wolfenbüttel . . .<br />

Einiges aus der Geschichte des Amtsgeridtts vVoIfenbüttel (1879-1900)<br />

von Reinhard He i n e man n, Wolfenbüttcl .......... .<br />

:Friedridt von Holstein im Harz.<br />

Mit 7 Abbildungen<br />

von Dr. theol. Hans-Oskar Web er, Clausthal-Zellerfeld<br />

Zur Entwiddung des kommunalen Siegel- und Wappenwesens im Gebiet des<br />

ehemaligen Landes Braunsdlweig<br />

von Dr. Joseph K ö n i g, Wolfenbüttel . . . . . . . . . . . . . . . . .. 137<br />

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77<br />

99


Kleinere Beiträge<br />

Ekbert 11. von Braunsdtweig (t 1090) und Bischof Benno von Meißen (t 1106)<br />

in einer Hildesheimer Sage<br />

von Hans D 0 b be r ti n, Springe 3/ Eldagsen .......... 0<br />

0 0 0 153<br />

Hans Jürgen Querfurth t (Nadtruf) 159<br />

Thilo Vogelsang t (Nachruf)<br />

Joadtim Leusdmer t (Nadtruf)<br />

Ludolf Fiesel t (Nadtruf) 166<br />

Bibliographie zur braunsdtweigischen Landesgesdtichte 1977<br />

Bearbeitet von Irene Be r g, Wolfenbüttel 0<br />

Chronik des Braunsmweigischen Geschichtsvereins<br />

vom Mai 1977 bis zum 10. April 1978<br />

Zusammengestellt von Dro Joseph K ö n i g, Wolfenbüttel 0<br />

Verstorbene Mitglieder . 0<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

0 0 •• 0 0 0 0 0 • 0 0 • •• 169<br />

0 •• 0 • 0 0 0 103<br />

0 • 0 0 • 0 0 0 0 0 • 0 0 0 • 0 0 0 0 0 • 0 0 0 108<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

DEM ANDENKEN<br />

UNSERES UM DIE BRAUNSCHWEIGISCHE GESCHICHTE<br />

UND DEN BRAUNSCHWEIGISCHEN GESCHICHTSVEREIN<br />

HOCHVERDIENTEN VORSTANDSMITGLIEDS<br />

ARCHIVOBERRAT A. D. DR. HANS JüRGEN QUERFUR TH<br />

• BRAUNSCHWEIG 20. JANUAR 1915 t BRAUNSCHWEIG 14. MÄ.RZ 1978<br />

GEWIDMET<br />

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Das Ottonianum und die Jura Indaginis<br />

Zum 750jährigen Jubiläum der Stadtrechte für Altstadt und Hagen<br />

in <strong>Braunschweig</strong> .)<br />

Von<br />

Manfred Garzmann<br />

I<br />

In seinem grundlegenden Werk "Die Entstehung des deutschen Städtewesens"<br />

hat Kar! He gel vor nunmehr 80 Jahren den Begriff und die Bedeutung des Stadtrechtes<br />

mit folgenden Worten beschrieben: "Die Stadtgemeinde ... steht auch in einer<br />

Rechtsgemeinschaft. Das Stadtrecht ist ein besonderes Redlt, das Recht der Bürger,<br />

ius civile" 1). Es handelt sich also um das Recht, das die Bürgerschaft als eine anerkannt<br />

öffentlich-rechtliche Körperschaft vom jeweiligen Grund- bzw. Stadtherrn erwirken<br />

konnte. In den meisten Fällen reflektieren die statutarisdlen Rechtsaufzeichnungen<br />

die eigentümlichen Bedürfnisse dieser bürgerlichen Rechtsgemeinsdlaft, die<br />

im Handel und Gewerbe ihre wesentlidlen Existenzgrundlagen erlangt hat.<br />

Während des Mittelalters haben die Stadt und das Bürgertum ihre erste bedeutende<br />

Blütezeit erlebt. Dennoch hat das vielschichtige Phänomen "Stadt" in der Forschung<br />

unterschiedliche Interpretationen gefunden, die zwangsläufig darauf schließen<br />

lassen, daß es die mittelalterliche Stadt par excellence nicht gegeben hat. Vielmehr<br />

tritt sie als ein disparates Gebilde entgegen, das in den versdliedenen Landsmaften<br />

des europäischen und deutschen Kulturraumes teilweise hömst versmiedenartige Entwicklungsstufen<br />

durchlaufen hat. Um eine angemessene Definition bemüht sich Hans<br />

S t rah m in seinem 1950 publizierten Beitrag: "Die mittelaltediche Stadt kann als<br />

ein umfriedeter, verhältnismäßig dicht besiedelter und durch natürliche oder künstliche<br />

Befestigungen gesicherter Marktort definiert werden, der mit eigenem Remt<br />

bewidmet ist und der sich -aus der umgebenden Landschaft in -allen Lehensheziehungen<br />

deutlich abhebt" 2).<br />

In ihrer wechselseitigen Bedingilieit haben mehrere bedeutsame Faktoren die<br />

mittelalterliche Stadtverfassung im allgemeinen und diejenige <strong>Braunschweig</strong>s im be-<br />

.) Diesen Ausführungen liegt ein Vortrag (mit Lichtbildern) zugrunde, den der Verfasser<br />

am 13. Februar 1978 im Städtischen Museum <strong>Braunschweig</strong> vor dem <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />

Geschichtsverein gehalten hat. Entsprechend dem Charakter eines Vortrages werden<br />

in den Anmerkungen lediglich die wichtigsten Literatur- und Quellenangaben berücksichtigt.<br />

1) K. He gel, Die Entstehung des deutschen Städte wesens, 1898, S. 137 f.<br />

2) H. S t rah m, Zur Verfassungstopographie der mittelalterlichen Stadt, in: ZSchweiz­<br />

G 30 (1950), S. 371.<br />

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9


sonderen aufs nadlhaltigste beeinflußt. Jede Stadt erhält ihr spezifisdles Gepräge<br />

durdl ihren historisdlen und geographisdlen Standort, vor allem durdl ihre besondere<br />

Funktion S). Im 1 z. und 13. Jahrhundert heben skh die urbanen Siedlungskerne<br />

durdl ihre baulidle Gcsdllosscnheit, durdl ihre Befestigung und ihre ansehnlidle Bevölkerungskonzentration<br />

mit spezialisierten Berufsgruppen vom fladlen Lande ab 4).<br />

Nadl der redltlidlen Separation vom Land bildet die Stadt einen gesdllossenen Geridltsbezirk<br />

mit eigenem Geridlt und Stadtredlt als den beiden sinnfälligsten Ersdleinungsformen<br />

städtisdler Autonomie 5). In Braunsdlweig - wie in anderen deutsdlen<br />

Städten - war zunächst ein Beauftragter des Stadtherrn für die Gerichtsbarkeit und<br />

die Verwaltung zuständig. Später trat der Rat an die Spitze der autonomen Stadtgemeinde,<br />

deren Interessen er im Innern wie nadl außen und insbesondere gegenüber<br />

dem Stadtherm wahrgenommen hat. Der Rat wurde zum beherrsdlenden Symbol<br />

mittelalterlidler Stadtfreiheit; das Bürgertum ist während eines langen Zeitraumes<br />

seine zuverlässigste Stütze gewesen 6).<br />

Braunsdlweig zählt zu den ältesten Orten im sächsischen Gebiet, die im Mittelalter<br />

einen eindrucksvollen wirtschaftlichen und politisdlen Status erringen konnten.<br />

Dank ihrer günstigen geographisdlen Lage ,an widltigen Handelsstraßen und mrer<br />

ökonomisdlen Funktion 1st diese Stadt relativ schnell


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Festlegung der Stadt mit der fast zwangsläufigen Konsequenz, diese nunmehr mit<br />

einem geschriebenen Recht zu hewidmen 9).<br />

Hingegen beschreiben die beiden Stadtrechte <strong>Braunschweig</strong>s, die in ihrer ältesterhaltenen<br />

überlieferung aus dem Jahre 1227 stammen, einen seit längerem bestehenden<br />

Rechtszustand, ohne jedoch über die verschiedenen Phasen des Entstehens der<br />

einzelnen Remtssätze oder über deren Vorstufen konkrete Hinweise zu geben. Ebensowenig<br />

berichten sie über den soeben erwähnten wichtigen Zusammenhang zwischen<br />

der topographischen Existenz einer Stadt und der Kodifizierung ihres Rechts 10).<br />

Die insbesondere <strong>Braunschweig</strong> betreffenden reichspolitischen Verwicklungen, die<br />

im Sommer Ill7 zur Bestätigung althergebrachter bzw. zur Verleihung neuer Rechtssätze<br />

geführt haben, bleiben in den Stadtrechten gänzlich unberücksidltigt.<br />

Die Jura Indaginis entbehren des vollständigen klass-ischen Formenapparates der<br />

mittelalterlichen Urkunde. Diese offenkundigen Unzulänglichkeiten dürften slro indessen<br />

historisch dadurch erklären lassen, daß sich der Enkel Heinrichs des Löwen<br />

im Sommer Il27 nur wenige Tage in <strong>Braunschweig</strong> aufhalten konnte und binnen<br />

kürzester Frist versuchen mußte, sein territoriales Erbe gegen fremde Anspruche<br />

zu behaupten. Mit einer eindrucksvollen Pergamenturkunde (40 cm hoch, 15 cm<br />

breit), die in der typischen Minuskel geschrieben, in lateinischer Sprache abgefaßt<br />

und mit dem eingehängten Wachssiegel des Welfen besiegelt 'ist, hat Otto das Kind<br />

die Jura et libertates Indaginis, also die Rechte und Freiheiten des Hagens, bestätigt.<br />

Gleichsam brennpunktartig wird in einer eigentümlichen Kombination von promulgatio<br />

(= Verkündungsformel) und narratio (= Erzählung der tatsächlichen Umstände,<br />

die die Ausstellung der Urkunde veranlaßt haben) die Verbindung zwischen<br />

der Stadtgrundung und dem Stadtrecht hergestellt. Allem Anschein naro 1st dem<br />

Aussteller der enge Konnex zwischen der baulichen Konstituierung der Stadt und der<br />

schriftlichen Fixierung des dadurch bewirkten Rechtszustandes durchaus bewußt gewesen.<br />

Der wichtige Vorgang der Erbauung des Hagens, d. h. die Übertragung der<br />

Besitzrechte am Grund und Boden dieses Gebietes der Stadt auf die Neusiedler bzw.<br />

Bürger, die Begründung der Bürgergemeinde (universitas burgensium), die Errichtung<br />

der Häuser und die Entwicklung der Verfassung war von fundamentaler rerotlicher<br />

Bedeutung, die jedoch im § I auf ihren historischen Wert reduziert wird 11).<br />

Das Hagenrecht enthält keine bodenrechtliche Bestimmung über die veränderten<br />

Besitzrechte am Gelände dieses Weichbildes. Höchstwahf6cheinlich wurden die Bodenrechte<br />

den Bürgern von Heinrich dem Löwen nicht verbrieft, wie übrigens auch<br />

bei der Neugründung Lübecks durch den Herzog nach dem Brand von 1157. Es bleibt<br />

8) Friedrich K e u t gen, Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte, 1901, Nr. 133<br />

S. 117 ff. Vgl. vor allem: Walter Sc h I es i n ger, Das älteste Freiburger Stadtredlt. überlieferung<br />

und Inhalt, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 63 ffo; Walter He i ne m e y er, Der<br />

Freiburger Stadtrodcl. Eine paläographische Betrachmng, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 116 ff.<br />

10) Hierzu kürzlich: Hans Pa tz e, Stadtgründung und Stadtrecht, in: VortrrForsch 13<br />

(1977). S. 163 ff.<br />

11) VB der Stadt <strong>Braunschweig</strong> I Nr. 1 S. 1: Notum sit omnibus bane paginam videntibus,<br />

quod hee sunt iura et libertates Indaginis, quas burgenses a prima fundatione ipsius civitatis<br />

ab illustri viro Heinrieo duce Saxonie atque Bawarie obtinuerunt.<br />

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II


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ruhr innerhalb des welfischen Herrschaftsbereiches aus 17). Eine weitere Bestimmung<br />

befreit die Bürgerschaft des Hagens vom Zoll in Lüneburg und ,im übrigen<br />

Territorium der Welfen 18). Diese Sdtiffahrts- und Zollbefreiung mit ihren eindeutig<br />

wirtschaftlichen Vorteilen hat ",ich für jede Stadt vor allem in politisdler Hinsicht<br />

positiv ausgewirkt.<br />

Auf ein relativ frühes Vorhandensein einer gemeindlichen Exekutive läßt § 4<br />

schließen: burgenses advocatum unum de suis concivibus eligant 19). Es müßte als ein<br />

absolutes Novum gelten, wenn den Bürgern hiermit die weitreidtende Befugnis zugestanden<br />

worden wäre, den stadtherrlichen Repräsentanten bereits im 12. Jahrhundert<br />

aus ihren Reihen wählen zu dürfen. Vielmehr hat dieser Vogt als secundarius<br />

advocatus amtiert: Er war der Stellvertreter des herzoglichen "Beamten", stammte<br />

aus den Reihen der Bürger und ist im Hagen auch als magister civium belegt.<br />

Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt der Paragraph 15 aus dem frühen 13. Jahrhundert:<br />

Item burgenses suos consules habeant, sicut habere consueverunt, quorum<br />

consilio civitas regatur 20). Es dürfte indessen nicht zutreffen, aus der Wendung<br />

sicut habere consueverunt 21) eine seit längerem etablierte Ratsverfassung im Hagen<br />

abzuleiten 22). Erst zu einem relativ späten Zeitpunkte bezeugen Stbephanus et Ghereco<br />

suus filius de Indagine sowie weitere Brunewicensis [sie!] civitatis consules im<br />

Jahre 1257 die Zehntübertragung an das MarienspitaI 23 ). Jedoch werden sdton einige<br />

Jahrzehnte vor 1257 Ratsherren im Hagen amtiert haben. Mit den nachfolgenden<br />

Überlegungen wird versucht, den terminus ad quem, also den Zeitpunkt. zu<br />

dem der Rat spätestens bestanden hat. näher einzugrenzen. Trotz untersdtiedlidter<br />

Ansätze in der Besiedlung und Rechtsverlcihung ziehen wir die verfassungsredtt-<br />

Zur Interpretation dieser syntaktisch schwierigen Bestimmung: F. F ren s d 0 r f f, Studien<br />

11, 1906, S. 187; B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), S. 69.<br />

17) UB I Nr. I § 3: Si autem casu infortunatu aliqtla in aqua mergi aut quocumqlle modo<br />

periclitari contingat, domini rerum propter hoc nullam incidere debent penam vel culpam,<br />

set rebus suis ab aqlla ereptis et locatis et venditis indempnes omnio recedent. Diese Bestimmung<br />

galt für alle Weichbilde <strong>Braunschweig</strong>s, da sie auch im Ottonianum (UB I Nr.1 S.7<br />

Art. 56) aufgeführt ist.<br />

18) UB I Nr. I § 16: Item burgenses Lunenborch et alias quocumque ad nostram iuris<br />

dicionem declinaverint ab omni exactione absolut; manebunt. - Da der § 16 den Abschluß<br />

der Urkunde bildet, liegt die Vermutung nahe, daß es sich hierbei um einen späteren Zusatz<br />

handelt, dem ein älterer Rechtssatz als Vorlage gedient haben könnte. Hierzu: F. Fr e n sdorf<br />

f (wie Anm. 16), S.188, 308; B. Di este Ik a m p (wie Anm. 14), S. 73 f.<br />

19) UB I Nr. I S. 1 - Ludwig 0 h I end 0 r f, Das niedersächs. Patriziat und sein<br />

Ursprung, 1910, S. Il f.; Lotte H ü t t e b r ä u k er, Das Erbe Heinrichs des Löwen (Studien<br />

und Vorarbeiten zum Hist. Atlas Niedersachsens 9), 1917, S.16; Kar! Kr 0 e s ehe 11,<br />

Weichbild. Untersuchungen zur Struktur und Entstehung der mittelalter!. Stadtgemeinde in<br />

Westfalen, IQ60, S. 64 f.<br />

20) UB (Nr. 1 S.1 - Werner S pie ß, Die Ratsherren der Hansestadt <strong>Braunschweig</strong><br />

1l31-1671 (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke 42), 1970, S. 13.<br />

21) Eine inhaltliche Parallele enthält das Privileg Herzog Albrechts für die Lakenmacher<br />

im Hagen von 1l68: sicut tier; solet (UB I Nr.7 S. 14).<br />

U) SO die Ansichten von Siegfried R i e t s ehe I, Städtepolitik Heinrichs des Löwen, in:<br />

HZ 101 (1909), S.137 H. und Hans PI an i t z, Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954,<br />

S.145·<br />

23) UB 11 Nr. 173 S. 77. - W. S pie ß (wie Anm. 20), S. 199 ("Stevens").<br />

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liche Situation der Alrstadt als vergleichendes Moment heran. Zwei Urkunden des<br />

drittältesten Sohnes Heinrichs des Löwen und späteren Kaisers Otto IV. aus den<br />

Jahren JI99 und 1Z04 enthalten noch keine zwingenden Belege für das Konsulat 24).<br />

Zwar besitzen heide Diplome einen hohen wirtschaftspolitischen und verfassungsrechtLichen<br />

Rang, aber .in ihnen werden lediglich die -annähernd gleidlwertigen Formeln<br />

burgenses nostri de Bruneswic bzw. dilecti cives nostri de civitate nostra de<br />

Bruneswic verwendet. Am ehesten könnte das Privileg vom H. Oktober 1104<br />

einen enosdlcidenden Verfassungs wandel andeuten, sofern die darin namentlidl als<br />

Zeugen aufgeführten z 3 cives de Bruneswic bereits damals die redltlidle Qualität<br />

von consules besessen haben, wofür allerdings für die Altstadt <strong>Braunschweig</strong>s keine<br />

zuverlässigen Beweise vorliegen 25). Trotzdem enthält die Urkunde ein bedeutsames<br />

Moment. Denn Otto IV., der darin seine königliche Machtstellung betont, läßt ausdrücklich<br />

vermerken, daß er auf wiederholte Bitten seiner lieben Bürger nunmehr<br />

den Altstädtern das Recht verleiht, den Pfarrer an St. Martini zu wählen, die hier<br />

eindeutig als Marktkirche bezeidlnet wird 26). Immerhin ist es durchaus denkbar,<br />

daß auch in -der Altstadt im frühen 13. Jahrhundert eine vermutlich noch nicht vollständig<br />

ausgebildete Ratsverfassung bestanden hat, deren Repräsentanten Jn den<br />

überlieferten Urkunden deshalb nidlt als consules erscheinen 27).<br />

Keineswegs hat der Stadtherr im Hagenredlt seinen notwendlgen Konsens zur<br />

Einsetzung eines Ratskollegiums gegeben, vielmehr bestätigt er im § 15 die Existenz<br />

dieses bürgerlidlen Selbstverwaltungsorgans, quorum consilio civitas regatur. Diese<br />

Formulierung findet eine inhaltliche Parallele in dem Privileg Philipps von Sdlwaben<br />

für Speyer. Im Jahre JI98 erneuert er der Freien Reichsstadt d1e Gnade, daß<br />

aus den Reihen der Bürger I z gewählt wel"den sollen, die dann feierlidl schwören,<br />

das Wohl ihres Gemeinwesens uneigennützig zu fördern, et eorum consilio civitas<br />

gubernetur 28). f'ür den Hagen in Braunsmweig ist mit großer Sicherheit davon auszugehen,<br />

daß die Bürger den Rat mit ausdrückl:idler Billigung seitens des Stadtherrn<br />

- vermutlidl hat es sidl um König Otto IV. oder um den Pfalzgrafen Heinridl gehandelt<br />

- eingeführt haben. Das politische Selbstbewußtsein der gesamten Bürgersdlaft<br />

Braunsdlweigs hat in den Jahren um 1100 eine fiidlt zu unterschätzende Rolle<br />

gespielt; denn gerade sie erwies sidl für die bedrängten Welfen als eine zuverlässige<br />

und solide Stütze 29).<br />

24) UB 11 Nr. 30 S. Il f. und Nr. 33 S. 14 f.<br />

26) Für Lübeck hat Fritz R ö r i g, Lübeck und der Ursprung der Ratsverfassung, jetzt<br />

in: Der s., Wirtschaftskräfte im Mittelalter, 21971, S. 1-35, dargelegt, daß die eives und<br />

burgenses in der frühen Epodle dieser Stadt mit den späteren eonsules identisdl sind. - Zur<br />

synonymen Verwendung von eivis und burgensis vgI. Gerhard K ö b 1 er, Civis und ius<br />

eivile, in: ZSRG Germ. 83 (1966), S. 35 ff.<br />

t8) UB II Nr. 33 S. 14. - Hans Erich Fe i n e, Die genossenschaftliche Gemeindekirche<br />

im germanischen Recht, in: MIOG 68 (1960), S. 171 H., bes. S. 185.<br />

27) Edith E n n e n, Frühgeschichte -der europäisdlen Stadt, 1953, S. 170 ff.<br />

28) Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer, hrsg. von Alfred H i 1 gar d, 1885, Nr.<br />

u. - über die Entwicklung in Speyer: Elisabeth R ü tim e y er, Stadtherr und Stadtbürgerschaft<br />

in den rheinisdlen Bisdlofsstädten (Beihefte zur VjschrSozialWirtschG 13), 19z8,<br />

S. 109 ff.<br />

29) MGH Deutsche Chroniken II (wie Anm. 13), S. 516 H. - Hermann D ü r r e, Ge.<br />

schidlte der Stadt <strong>Braunschweig</strong> im Mittelalter, 1861, S. 81 ff.<br />

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pielIes Verbot aus 46), sondern beseitigt lediglich den Zwang zum Eingehen eines<br />

Zweikampfes als ein mögliches Beweismittel 47) im Strafrecht.<br />

Im Vergleich zu itlteren Rechtsquellen zeigt das prozeßrechtliche Institut der Verfestung<br />

48), die eine vorübergehende Rechtlosigkeit des Täters bewirkte, im Hagenrecht<br />

eine erstaunliche Liberalisierung: Der § 8 enthält die ausdrückliche Verpflichtung,<br />

die Angehörigen und das gesamte Vennögen des Rechtsfrevlers zu schützen 49).<br />

Diese fesre Zusage entspricht dem Selbstverständnis der Gemeinde als Friedensgemeinschaft<br />

und ihrem daraus resultierenden Bestreben, den einmaligen Rechtsbruch<br />

keineswegs in eine unkontrollierbare Automatik weiterer Vergehen und Verbrechen<br />

einmünden zu lassen, die das friedliche Zusammenleben aller Bürger aufs<br />

schwerste gefährden würde. Daher blieb die Gemeinde bemüht, den Verfesteten<br />

nach dessen erfolgter Aussöhnung mit dem Richter und dem Geschädigten erneut in<br />

ihre Rechts- und Friedensgemeinschaft aufzunehmen. Aus diesem wichtigen Motiv<br />

wird die besondere Fürsorgepflicht für die Familie sowie für das mobile und immobile<br />

Vennögen des Täters verständlich 50).<br />

Innerhalb der eigenständigen Stadtrechtsentwiddung in Braunschwejg nimmt der<br />

Rechtssatz über den Erwerb der Bürgerfreiheit nach Jahr und Tag einen herausragenden<br />

Platz ein 51). Sofern diese Bestimmung zu den Gründungsrechten des Hagens<br />

zlihlt, ist sie die ältesterhaltene Nachricht über das Auftreten der Bürgerfreiheit<br />

nach Jahr und Tag in Deutschland 52). Es überrascht, daß der Erwerb des Bürger-<br />

46) B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), der zugleich den Ursprung dieses Instituts<br />

in Flandern vermutet.<br />

&7) Als weitere Beweismittel nennt das Ottonianum den Parteieid mit 6 Eideshelfern<br />

(UB I Nr. 2 S. 6 Art. 28) und den Beweis mit Schreimannen (UB I Nr. 2 S. 7 Art. 65).<br />

48) In <strong>Braunschweig</strong> hatte die Verfestung, die nur mit Genehmigung seitens des Klägers,<br />

des Gerichts und der Stadt (= des Rates) aufgehoben werden konnte (L'B I Nr.1 S.6 Art.<br />

19), einen bemerkenswert umfassenden Anwendungsbereich, wozu u. a. Totschlag, Wundung<br />

und Eigentumsvergehen unterschiedlicher Art gehörten; vgI. den Ziber proscriptionum der<br />

Altstadt von 1306-1310 (UB 11 Nr.571 S. 198 ff.) sowie das Verfestungs- und Neubürgerbuch<br />

der Neustadt von ca. 1310-1345 (UB 11 Nr. 874 S. 5Il ff.).<br />

49) UB I Nr. 1 S.l § 8: ltem quicumque pro aZiquo excessu proscriptus fuerit, uxor et<br />

pueTi eius atque omnia bona sua pacem habebunt, quo usque idem proscriptus redeat atque<br />

cum civitate componat. Hingegen bestimmt


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III<br />

Ebenfalls im Sommer 1227 bestätigte Herzog Otto das Kind mit einer großen,<br />

wiederum in der typischen Minuskel geschriebenen Pergamenturkunde (57 cm hoch,<br />

43 cm breit) den Bürgern der Altstadt ihre angestammten Rechte, die höchstwahrscheinlich<br />

bereits Kaiser Lothar III. ihren Vorfahren um II30 mündlich verliehen<br />

hatte. Das Ottonianum - das Stadtrecht der Altstadt trägt als einzige Urkunde den<br />

Namen des Enkels Heinrichs des Löwen - enthält in seinen 66 Paragraphen überwiegend<br />

straf-, zivil- und prozeßrechtliche Vorschriften und gewährt den individuellen<br />

Freiheiten der Bürger verhältnismäßig geringen Raum. Ohne Ausnahme beginnen<br />

die 66 Rechtssätze mit einer roten Initiale, d. h. mit einem durch Verzierung<br />

und Farbe ausgezeichneten Anfangsbuchstaben 61). Das grüne Wachssiegel, das in der<br />

seit Mitte des 12. Jahrhunderts gebräuchlichen Form "anhängend" ist und der Urkunde<br />

als wichtigstes Beglaubigungsmittel für schriftliche Rechtshandlungen ihre<br />

öffentlich-rechtliche Beweiskraft verleiht, trägt folgende Umschrift: SIGILLVM<br />

OTTONIS DVCIS DE BRVNESVIC.<br />

Da auch dem Ottonianum einige Bestandteile des klassischen Formenapparates<br />

der mittelalterlichen Diplomatik fehlen, ist die Echtheit dieser großartigen Pergamenrurkunde<br />

mitunter in Zweifel gezogen worden. Diese offenkundigen Unzulänglichkeiten<br />

dürften sich mit der undurchsichtigen Situation in der Stadt <strong>Braunschweig</strong><br />

nach dem Tode des Pfalzgrafen Heinrich hinreichend erklären lassen. Der älteste<br />

Sohn Heinrichs des Löwen war am 28. April 1227 in <strong>Braunschweig</strong> ohne männliche<br />

Deszendenz -rerstorben. Seine testamentarische Verfügung vom Juli 1223 zugunsten<br />

seines Neffen Otto von Lüneburg 62) WUNe von den Staufern und deren Parteigängern<br />

aufs heftigste angefochten. Denn die beiden Töchter des Pfalzgrafen hatten<br />

ihr jeweiliges Erbteil durch ihre Ehemänner - Agnes war mit dem Herzog Otto H.<br />

vun Bayern und Irmingard mit dem Markgrafen Hermann IV. von Baden verheiratet<br />

- dem Kaiser käuflich überlassen 63). Daher konnte sich Friedrich 11. im Jahre<br />

1227 zumindest de iure als Eigentümer der Stadt <strong>Braunschweig</strong> betrachten, während<br />

diese de facto mit kurzer Unterbrechung von den 'Velfen beherrscht worden ist.<br />

Bei seiner Rückkehr aus Holstein vermochte Otto von Lüneburg die Stadt zunächst<br />

nicht zu betreten, da zahlreiche M·inisterialcn und einige Teile der Bürgerschaft aus<br />

eigennützigen Motiven auf die Seite des Staufers übergewechselt waren. Mit Untcr-<br />

81) Hierzu: Jürgen Gutbrod, Die Initiale in Handschriften des 8. bis 13.Jahrhunderts,<br />

1965.<br />

82) UB II Nr. 60 S. 23. - August Mi ehe I s, Leben Ottos des Kindes, ersten Herzogs<br />

von <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, 1891, S. 23 f.; Fdedrich Bus eh, Beiträge zum Urkundenund<br />

Kanzleiwesen der Herzöge zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, I. Teil, 1921, S. 35 H.<br />

83) Origines Gue1ficae II1, S.701; Sudendorf I Nr'9 S.6; UB Asseburg<br />

I Nr. 139 S. 100 f. - Karl B r a n d i, Die Urkunde Friedrichs 11. vom August 1235<br />

für Otto von Lüneburg, in: QForschBraunschwG 6, 1914, S. 43 f., Hans Pa t z e, Die<br />

welfischen Territorien im 14. Jahrhundert, in: VortrrForsch XIV, 1971, S. 13. Dagegen erwähnt<br />

Lotte H ü t t e b r ä u k er, Das Erbe Heinrichs des Löwen (Studien und Vorarbeiten<br />

zum Historischen Atlas Niedersachsens 9), 1927, S. 5, daß lediglich der Markgraf von Baden<br />

das Erbteil Inningards dem Staufer verkauft. Ein Schreiben Friedrichs II. vom September<br />

1234 berichtet ebenfalls nur über diesen Verkauf; vgl. 0 r i gin e s G u elf i c a e IV, S. 141.<br />

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stützung ihm ergebener Bürger konnte Otto schließlich in den Hagen gelangen und<br />

. von dort die gesamte Stadt wieder unter seine Botmäßigkeit bringen. Innerhalb weniger<br />

Tage mußte der junge Welfe größte Anstrengungen unternehmen, um seine<br />

schwankenden Herrschaftsgrundlagen zu stabilisieren. Es war eine seiner entscheidenden<br />

Maßnahmen im Sommer 1227, die althergebrachten Rechte für die Bürger<br />

in der Altstadt in der überlieferten, von ihm besiegelten Empfängerausfertigung zu<br />

bestätigen. Obwohl das Ottonianum als eine Sammlung städtischer Statuten betrachtet<br />

wird 64), läßt sich eine derartig scharfe Differenzicnmg zwischen der statutarischen<br />

Rechtsetzung und der ausschließlichen Rechtsetzungsbefugnis des Stadtherm<br />

nach dem heutigen ForsdlUngsstand nicht mehr ohne weiteres durchführen 65).<br />

Wegen seines überaus vielschkhtigen Inhalts können sich die nachfolgenden Ausführungen<br />

lediglich mit den wichtigsten Bestimmungen des Ottonianums befassen,<br />

zumal einige Vorschriften bereits im Abschnitt über das Hagenrecht vergleichsweise<br />

herangezogen worden sind. Mit fast gleichlautenden Worten bekräftigen die Paragraphen<br />

60 und 66, daß de borgere von Bruneswich das aufgezeichnete Recht bi vnses<br />

aiden herren tiden an lande vnde an watere besessen und nunmehr von vnses herren<br />

genaden erhalten haben 66). Möglicherweise hat schon Heinrich der Löwe die Altstadt<br />

mit einem schriftlichen Stadtrecht begabt, das seine Nachfolger - Pfalzgraf<br />

Heinrich, Kaiser Otto IV. und vor allem Herzog Otto das Kind - dann den Bürgern<br />

in erweiterter Form bestätigt haben.<br />

Das Ottonianum ist das ältesterhaltene Rechtsdenkmal in mittelniederdeutscher<br />

Sprache. Es hat für mehrere Jahrhunderte der kontinuierlichen, weitgehend autonomen<br />

Rechtsentwicklung in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> bis zur Rezeption des römischen<br />

Rechtes :im Jahre 1532 die notwendige Grundlage gegeben 67). Hauptsächlich beruht<br />

das Ottonische Stadtrecht auf lokalem und traditionsmächcigem Gewohnheitsrecht,<br />

das lange mit dem geschriebenen Recht konkurriert und für privatrechdiche Streitigkeiten<br />

uneingeschränkte Geltung besessen hat. Weitere wichtige Quellen der Rechtsschöpfung<br />

waren einmal die fürstlichen Gunsterweise, zum andern die zunächst von<br />

den Bürgern beschworenen, dann vom herzoglichen Stadtherrn sanktionierten Rechtssatzungen<br />

68). Keineswegs bildete das Stadtrecht einen starren Kanon von dauernd<br />

gültigen Bestimmungen; vielmehr mußte es den sich häufig wandelnden wirtschaftlichen<br />

und sozialen Bedingungen angepaßt werden 69).<br />

Zwar kennt das Ottonianum keine strenge Systematik 70), jedodl heben sich innerhalb<br />

seines detaillierten Rechtsstoffes bestimmte, inhaltlich miteinander verbun-<br />

84) B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), S.6.<br />

65) Wilhelm E bel, Die Willkür (Göttinger rechtswissenschaftl. Studien 6), 1953,<br />

S·Sdf.<br />

88) Das 0 t ton i a nu m ist gedruckt in VB I Nr. 1 S. 4 H.<br />

87) Ferdinand Fr e n s d 0 r f f, Das <strong>Braunschweig</strong>ische Stadtrecht bis zur Rezeption, in:<br />

ZSRG Germ. 26 (19°5), S. 195 ff.<br />

88) W. E bel (wie Anm. 65), S.46.<br />

89) So zählt das sogenannte Leibnitianum von ca. 1350 (UB IV Nr.3 S. SSS ff.) als<br />

sechste Redaktion des <strong>Braunschweig</strong>ischen Stadtrechts bereits 163 Artikel.<br />

70) Erstmals gliedert das Stadtrecht von 1401/03 die gesamte Rechtsmaterie in 34 Artikel<br />

(UB I Nr.61 S. 101 ff.).<br />

10<br />

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dene Redttssätze heraus, wie z. B. das Straf- und Prozeßredtt (§§ 4-JI), die Schuldklagen<br />

(§§ 14-19), der Anefang als das übliche Mittel der gerichtlichen Fahrnisverfolgung<br />

im Mittelalter (§§ 13-16), die erb- und güterrechtl:idten Vorschriften<br />

(§§ 33-38, 43, 44) und schließlich die Zollbestimmungen (§§ 46-51).<br />

Mehrere Artikel befassen sich mit der rechtlichen Position des Vogtes, der als<br />

ständiger Vertreter des Stadtherrn mit weitreichenden verwaltungsmäßigen und gerichtlichen<br />

Kompetenzen ausgestattet war (§§ 1, 15, 40, 43, 44). Allerdings kann der<br />

Vogt nur mit der Mehrheit der Urteilsfinder den Beklagten überführen (§ 63). Hierin<br />

zeigt <strong>Braunschweig</strong>, das im deutlichen Gegensatz zu Magdeburg keine Schöffen, also<br />

keine ständig mit der Urteilsfindung betrauten Personen gekannt hat, übereinstimmende<br />

Rechtsverhältnisse mit den bedeutenden Hansestädten Bremen, Harnburg und<br />

Lübeck.<br />

Neben dem Vogtgericht billigt das Ottonianum auch dem Rat eine gerichtliche<br />

Kompetenz zu. Er ist bei der übertragung des Eigentums an städtischen Grundstücken<br />

subsidiär zugelassen (§ 64) und kann bei deren Verpfändung alternativ tätig<br />

werden (§ 12). Diese Bestimmungen verdeutlichen einerseits die reduzierten Befugnisse<br />

des herzoglichen Funktionsträgers, andererseits die erstarkende Machtstellung<br />

der Bürger, denen es noch im Jahre 1117 gelungen ist, gegen einen festen Jahreszins<br />

die Vogtei mit aller Nutzung und Gerechtigkeit vorn Stadtherrn zu erwerben 71).<br />

Es gehört zu den herausragenden Merkmalen des Bürgers, daß er innerhalb der<br />

Stadtmauern schotes vnde rechtes pleget (§ 50); d. h. er entrimtet den Schoß, also<br />

die seit dem 12. Jahrhundert in allen deutschen Territorien übliche Vermögenssteuer<br />

72), die teilweise aufgrund der Selbstveranlagung unter Eid erfolgte, und steht<br />

zu Recht entweder vor dem Vogte oder vor dem Rate in der Stadt (§ 13). Beide<br />

Verpflimtungen sind aus dem städtischen Grundbesitz erwachsen, so daß amh in der<br />

Altstadt ausnahmslos städtische Grundbesitzer zu den Bürgern gezählt haben. Da<br />

das Ottonianum keinen Wurt - oder Grundzins kennt, die ein persönliches und dingliches<br />

Abhängigkeitsverhältnis begründeten, liegt die Vermutung sehr nahe, daß die<br />

Altstädter ihren Grund und Boden von Anbeginn zu freiem Eigentum besaßen.<br />

Einen höchst bedeutsamen Rechtssatz für Zuzügler enthält der Artikel 41; Wer<br />

'Jahr und Tag zu <strong>Braunschweig</strong> ungestört Bürger gewesen ist, der kann von seinenx<br />

früheren Herrn nicht mehr zurückgefordert werden. Es wird allerdings stillschweigend<br />

vorausgesetzt, daß der ehemals Hörige inzwischen städtischen Grundbesitz erworben<br />

hat, wodurch er zwangsläufig der städtischen Gerichtsbarkeit und Steuerpflicht<br />

unterworfen wurde. Die im mittelalterlimen Rechtsleben häufig übliche Frist<br />

"Jahr und Tag" umfaßt einen Zeitraum von einem Jahr, sechs Wochen und drei<br />

Tagen.<br />

Im Gerichtswesen dominieren zwei institutionelle Formen: Während das echte<br />

Ding regelmäßig im sechswöchigen Turnus stattfindet (§ Il), tritt das gebotene<br />

71) VB II Nr. 75 S. 19.<br />

72) Adolf W aas. Vogtei und Bede in der deutsmen Kaiserzeit, 1 Bände, I9I91z3.<br />

I<br />

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mit dem Stadtrecht identisch geworden ist 76). Falls ein AItstädter Kaufmann inneroder<br />

außerhalb der Stadtmauern einen Wagen zur Aus- oder Einfuhr seiner Waren<br />

mietet, 50 entfällt die ZoIIpflicht für ihn und den Fuhrmann (§ 46). Alle Bürger,<br />

dieaußerhalb der Stadt rentierende Landgüter besitzen, genießen Zollfreiheit sowohl<br />

für ihre Meier als auch für die Einfuhr von Korn und Zehnten, die sie auf gemieteten<br />

oder geüehenen Wagen einbringen (§§ 49, 51). Ein Bürger, der nur vorübergehend<br />

die Stadt verläßt, ist von der Zahlung des Zolls befreit, sofern er seinen<br />

Pflichten uneingeschränkt genügt, also weiterhin schotes vnde rechtes pleget (§ 50).<br />

Die Durchfahrt mit voller Warenladung durch die Stadt ist zollfrei; wer jedoch ausspannt<br />

(leget he sine disle nedcr), muß den halben Zoll entrichten (§ 47). Derjenige<br />

hat den ganzen Zoll zu zahlen, der seine Waren in <strong>Braunschweig</strong> verkauft. Der<br />

Marktzoll beträgt einen Scherf von jedem Schlliing verkaufter Ware; für Verkäufe<br />

unrer einem Schilling wurden keine Abgaben erhoben (§ 48).<br />

Zwei Rechtsinstitute, die seit dem 12. Jahrhundert vornehmlich im nordwestdeutschen<br />

Raum und .im Verbreitungsgebiet des Sachsenspiegels nachweisbar sind,<br />

werden auch im Ottonianum aufgeführt. Die Gerade spielte als Sondervermögen<br />

der Frau für deren Unterhaltssicherung nach dem Tode ihres Mannes eine entscheidende<br />

Rolle (Art. 38). Das Heergewäte bezeichnete ursprünglich einen Inbegriff<br />

kriege.rischer Ausrüstungsobjekte, später indessen eine Gesamtheit für den Mann<br />

nützlicher Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Falls der Besitzer des IIeergewätes<br />

längere Zeit außerhalb der Stadt weilen oder versterben sollte, muß das Hcergcwäte<br />

an den Grundherrn bzw. dessen Vogt zurückgegeben werden, jedoch mit Ausnahme<br />

des Harnisches, der den Erben verbleibt, damit sie weiterhin die Stadt verteidigen<br />

können (§ 43). Das Heergewäte wurde grundsätzli


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Kloster Riddagshausen und seine Äbte<br />

In dem Jahrhundert vor der Reformation<br />

Von<br />

Gottfried Zimmermann<br />

"Kloster Riddagshausen und 'Seine Äbte" - damit soll ausgedrückt werden, daß<br />

die Haltung der jeweiligen Äbte, ihre Entscheidungen oder auch ihre Unterlassungen,<br />

überhaupt ihr ganzes persönliches "Format" Weg und Schicksal eines Klosters<br />

wesentlich beeinflußt haben. Je mehr das Normative im monastischen Leben Aufweichungs-<br />

bzw. Auflösungserscheinungen zeigt, um so spürbarer tritt das hervor,<br />

bei den Zisterziensern spätestens seit der Mitte des 14. Jahrhunderts 1), noch deutlicher<br />

in der darauffolgenden Zeit. Solche Ers


Bedingungen dieser Ablässe Schlüsse ziehen auf die mönchische Frömmigkeit sowie<br />

den inneren und äußeren Zustand des Klosters zu jener Zeit. Hier läßt uns die<br />

überlieferung im Stidt, wie so oft in Riddagshausen, wo die häufigen Verwüstungen<br />

zahllose Ardtivalien vernichtet haben.<br />

Johannes IV. Nadtfolger, Abt 10hannes V. (seit 1454), hat vermutlich nach kurzer<br />

Regierungszeit abgedankt, ein in jenem Jahrhundert im Klosterleben keineswegs<br />

seltener Vorgang, nicht immer aber ein gutes Zeichen. Der Vorgänger habe dann<br />

das Amt noch einmal kurze Zeit innegehaft, konstatiert Meibom gemäß dem Martyrologium<br />

des Klosters 11). Damit nennt er eine interessante Quelle: das Riddagshäuser<br />

Martyrologium. Er meint wohl das sog. Anniversarienbuch, in dem die Namen<br />

von profilierten Konventsmitgliedern und die von Wohltätern des Klosters<br />

verzeichnet wurden oder auch einen liturgischen Kalender mit lokalen Eintragungen.<br />

Jedenfalls hat Meibom das Martyrologium noch gekannt und auch benutzt. Für uns<br />

ist, wie vieles, auch dieses verloren. Wie sehr dürfen sich Amelungsborn, Loeeum<br />

und andere Klöster ihrer erhalten gebliebenen Anniversarienbücher freuen, die ihnen<br />

mancherlei wertvolle Aufschlüsse aus ihrer Vergangenheit vermitteln.<br />

Abt Matthias, der 34. Abt von Riddagshausen, tritt sein Regiment 1456 an; er<br />

wird es 17 Jahre innehaben (1456-63). Gleidt im ersten Jahr seiner Regierung<br />

nimmt er mit den Benediktineräbten von Königslutter und St. Godehard in Hildesheim<br />

an den großen Feierlichkeiten teil, die in St. Ägidien für den h1. Autor veranstaltet<br />

werden, wobei die Gebeine des in <strong>Braunschweig</strong> innig verehrten Heiligen aus<br />

einem besdteidenen kupfernen in einen kostbaren silbernen Sarg übertragen wurden.<br />

Das muß man in Abt Berthold Meiers zeitgenössischem Bericht nachlesen 12)! Meiborn<br />

berichtet in anderem Zusammenhang, daß zwei Jahre danach, 1458, ein nicht<br />

minder spektakuläres Ereignis in <strong>Braunschweig</strong> stattfand, nämlich ein Ordenskapitel<br />

der Franziskaner, das, sagte man, etwa dreihundert Brüder des hI. Franz in der Stadt<br />

zusammenführte 18). In Riddagshausen wird man das mit Aufmerksamkeit beobachtet<br />

haben, denn in puneto Beliebtheit beim Volke galten die Franziskaner schon<br />

lange als heimliche Konkurrenten der Zisterzienser. Sie hatten in Seelsorge und<br />

Predigt, in Volksmission und Liebestätigkeit und nicht zuletzt gerade in den Wissenschaften<br />

erstaunliche Aktivitäten entwickelt.<br />

Wissenschaftliche Betätigung hatte für die Zisterzienser von dem Gesetz her,<br />

nadt dem sie ,angetreten waren, keine Priorität. Bernhard von Clairvaux, der auf den<br />

Geist des Ordens im ersten halben Jahrhundert den stärksten und einen lang anhaltenden<br />

Einfluß ausübte, hatte ein tiefes Mißtrauen gegen einen gewissen Intellektualismus<br />

und eine damit verbundene Rationalisierung des Glaubens. Das gründete im<br />

11) Chron. Ridd. p. 376: constat enim ex monasterii martyrologio etc. Zitiert wird das<br />

Martyrologium als Quelle nur hier, ist aber mehrfach ausgewertet.<br />

12) s. Ludw. H a e n seI man n, Abt Berthold Meiers Legenden und Geschichten des<br />

Klosters St. Aegidien zu <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttel 1900, p. 34 und lxxvi. Abt Berthold tut<br />

freilich der Teilnahme des Riddagshäuser Prälaten keine Erwähnung!<br />

18) Das Ereignis wird in Chron. Ridd. P.378 berichtet bei Schilderung des frommen<br />

Eifers Riddags von \Vendens.<br />

18<br />

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Charakter seiner religiösen Natur, die auf das Kontemplative angelegt war 14). Erst<br />

von der Mitte des 13. Jahrhunderts an kann man von einer nennenswerten wissenschaftlichen<br />

Betätigung im Orden sprechen. 1237 wird vom Generalkapitel der<br />

Aufenthalt von Mönchen in Paris zum Zwecke des Studiums genehmigt. Jahrzehnte<br />

später finden wir zister.liensische Studienanstalten (studia generalia) in Toulouse,<br />

Oxford, Bologna und anderswo 15). Eine Herausforderung zu wissenschaftlicher Arbeit<br />

im Orden bedeutet im folgenden Jahrhundert eine Verlautbarung Papst Benedikts<br />

XII. (1334-42), der selbst Zisterzienser ist. Seine Constitutio pro reformatione<br />

Ordinis Cisterciensis vom Jahre 1335 16) will, um dem Niedergang im Orden zu<br />

wehren, u. a. zur Gründung von wissenschaftlichen Kollegien, d. h. an die Universitäten<br />

angelehnten Studienanstalten, ermuntern; und zwar nach dem Vorbild des<br />

studium Parisiense, "quod est ceteris praecipuum et fons omnium studiorum", d. h.<br />

"das das hervorragendste von allen und die Quelle aller Studien ist" 17). Ob Riddagshäuser<br />

Mönche früher oder später in Paris studiert haben, ist nicht bekannt,<br />

aber ausgeschlossen ist es keineswegs. Denn so viel weiter als für den Abt nach<br />

Citeaux zum Generalkapitel war der Weg für den Mönch nach Paris an die Univ·ersität<br />

auch. nicht.<br />

Für die Riddagshäuser Verhältnisse greifbar werden die Dinge erst im Blick auf<br />

andere Universitäten, und zwar Prag, Erfurt, Leipzig. Wir kennen mit Sich.erheit<br />

nur einen Riddagshäuser Mönch., der um 1370 in Prag studiert hat, ein gewisser<br />

Heinrich. von Evessen, der ex academia Pragensi reversus, d. i. von der Prager Universität<br />

zurückgekehrt, Prior in Marienrode geworden ist 18). Sich.erlich aber waren<br />

es im Lauf der Zeit in Prag mehr als nur dieser eine 19).<br />

Erfurt war generationenlang die beliebteste Universität der <strong>Braunschweig</strong>er. Um<br />

die Mitte des 15. Jahrhunderts stand sie in vollster Blüte. In der Zeit vor 1500 wur-<br />

U) s. Dom Jean Leclercq, St. Bemard et I'esprit cistercien, Bourges, 1975.<br />

15) s. Ludwig J. Lek a i, Geschichte und Wirken der Weißen Mönche, Köln, 1958,<br />

p. 178 ff.<br />

16) Vollständig bei Ca n i v e z 1335 p. 410 ff. mit den berühmten Eingangsworten<br />

Fulgens sicut stella matutina in medio nebulae, sacer Cisterciensis Ordo in Ecclesia militat<br />

operibus et exemplis etc. Die §§ 42-55 behandeln die Organisation der Studien.<br />

17) Jean-Berthold M ahn, Le pape Benoit XII et les Cisterciens, Paris 1949, beurteilt<br />

(P.35 H. und 50 H.) die Bestrebungen des Papstes mit großen Vorbehalten. Für das Prestige<br />

des Ordens sei die Teilnahme an dem "grand mouvement universitaire" unerläßIich, materiell<br />

aber eine sehr schwere Belastung gewesen (p. 66).<br />

18) Chron. rudd. p. 373. Er gehört zu den fratres, die von Abt Hermann II. (1372--92)<br />

nach Marienrode abgeordnet worden waren, um dem heruntergekommenen Kloster wieder<br />

aufzuhelfen. Me ibo m hat diese Nachricht Berntens Marienroder Chronik (Leibniz, Script.<br />

Brunsv. III., II. P.442) entnommen.<br />

18) Nach F. W in t er, a. a. 0., Bd. III p. 48 H. haben Mönche aus ganz Norddeutschland<br />

die 1348 gegründete Universität Prag besucht. Seit 1374 existierte dort ein Bernhardinerkolleg.<br />

Für den Zeitraum 1367-14°8 verzeichnet A. U I r ich, Niedersächsische Studenten<br />

auf fremden Universitäten (Zeitschr. d. hist. Vereins f. Niedersachsen 1889, p.199-280)<br />

p. 250 ff. zwar 89 nieders. Studenten, unter denen aber ein Zisterzienser aus Niedersachsen<br />

nicht erkennbar ist. Dies hat wohl seinen Grund in der Unvollständigkeit der Veröffentlichung<br />

der Prager Matrikel.<br />

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den 234 <strong>Braunschweig</strong>er an ihr immatrikuliert 20). Es sind zwar einige Zisterzienser<br />

anderweitiger Herkunft, aber nicht einer aus Riddagshausen in der Erfurter Matrik<br />

feststellbar; was nicht völlige Fehlanzeige bedeutet, da dort monastische Herkunft<br />

nur selten ausdrücklich verzeichnet ist 21).<br />

Von größter Bedeutung für die Zisterzienser Norddeutschlands wird die Gründung<br />

der Universität Leipzig im Jahre 1409. Schon 1427 wird daselbst eine zisterziensische<br />

Studienanstalt, das nachmals berühmte Collegium Bernhardinum, errichtet.<br />

Die Klöster von Sachsen, Thüringen, Hessen und Westfalen müssen dieses Institut<br />

durch laufende Beiträge unterhalten. Die Sache kommt zunächst etwas stockend in<br />

Gang; das Generalkapitel muß die Äbte mehrfach an Bezahlung der Beiträge und<br />

Abordnung von Mönchen nach Leipzig erinnern 22). Hier nun finden wir studierende<br />

Mönche ,auS MarienthaI, Walkenried, Michaelstein usw. und natürlich auch aus<br />

Riddagshausen. Den ersten Studierenden aus Kloster Riddagshausen verzeichnet<br />

Leipzig im WS 1435, den zweiten SS 1449, den dritten WS 1455. Das sind in zwanzig<br />

Jahren drei, und das ist nicht viel. Unter Abt Matthias (1456-73) werden<br />

zwischen 1462 und 1468 immerhin fünf fratres nach Leipzig abgeordnet 28).<br />

Gegen Ende der Amtszeit von Abt Matthias erfährt man durchs Generalkapitel<br />

von erschreckenden Vorgängen, die sich im Jahre 1471 im Kloster zugetragen haben.<br />

Bei einer Visitation durch den Abt von Morimund als Kommissar des Generalkapitels<br />

hat dieser Aufsässigkeit und Gehorsamsverweigerung erleben, ja Schimpfreden<br />

und Gewalttätigkeiten in Riddagshausen einstecken müssen. Die Äbte von<br />

Altzella und Lehnin werden beauftragt, an Ort und Stelle Untersuchungen durchzuführen<br />

und in Vollmacht des Generalkapitels die Ordnung wiederherzustellen 24).<br />

Es ist nicht recht ersichtlich, um welche Art Rebellion es sich gehandelt hat. Verges-<br />

20) Vgl. Heinrich Me i er, <strong>Braunschweig</strong>er Bürgersöhne auf deutschen Universitäten<br />

vor Errichtung der JuIius-Universität zu Helmstedt, in Jahrb. d. Geschichtsv. f. d. Herzogtum<br />

Braunschw., 1908, p.80-142, bes. 133 H.<br />

2!) s. Akten der Universität Erfurt, bearb. von Hermann W eis sen bor n (Bd. 8 der<br />

Geschichtsquellen der Provinz Sachsen, herausg. v. d. Hist. Comm. d. Provo Sachsen, Halle<br />

1891 H.), Teillu. 2: Allgern. Studentenmatrikel 1392-1636. - Die Zuordnung des "Bertoldus<br />

de Gotingen monachus professus de Ryfensteyn cisterciensis ordinis" S5 1451 (Weissenborn,<br />

Teil I p. 231 li Sp.) durch Winter (a. a. O. Bd. 111 p. 63) an Riddagshausen beruht auf<br />

irrtümlicher Gleichsetzung von Ryfensteyn (im Kreis Worbis) mit Riddagshausen.<br />

22) Ca n i v e z 141 I Nr. 33 wird die Gründung der Universität Leip:cig vom Generalkapitel<br />

mit Genugtuung begrüßt und die Errichtung eines collegium Ordinis nostri daselbst<br />

angeregt, dessen Unterhaltung den zugeordneten Klöstern anheimgegeben wird. Aber schon<br />

1413 Nr.40 wird geklagt und mit Strafen gedroht, weil die Äbte tarn in contribuendo pro<br />

dicta instauratione qua m in missione studentium desides et negligentes existunt.<br />

2.') s. Die Matrikel der Universität Leipzig, herausg. v. Georg Er I er, Leipzig 1895 ff.;<br />

I. Bd.: Die Immatrikulationen von 1409-1559; 2. Bd.: Die Promotionen von 1409-1559;<br />

3. Bd.: Register.<br />

14) s. Ca ni v e z 1471 Nr. 54: Volens generale Capitulum vires applicare possibiles ad<br />

sedandum iurgia quaecumque in Ordine suborta, auditis per scripta rationibus domini<br />

Morimundi super rebellionibus, inobedientiis, opprobriis et violentiis ae periculosis detentionibus<br />

sibi per abbatem de Ridagshusen, suisque compIicibus, eum ipsum monasterium,<br />

sieut Capituli generalis commissarius, novissime visitaret, factis et multipliciter iIlatis,<br />

aliundeque visis pro parte eiusdem abbatis de Ridagshusen multis adduetis ete.<br />

3°<br />

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sen wir nicht, daß dergleichen in diesem Jahrhundert in Klöstern garnicht so selten<br />

vorkam und hinter den Klostermauern Ruhe und Rumor oft dicht beieinander<br />

wohnten.<br />

Nach allem Auf und Ab der betrachteten drei Jahrzehnte gehen im Jahre 1473<br />

über dem Kloster Riddagshausen unter seinem 35. Abt Ebertus (1473-96) helle,<br />

um nicht zu sagen strahlende Tage auf. Mit Recht vermerkt der Chronist, daß kaum<br />

ein zweiter unter seinen Vorgängern ihm, Ebert, an Frömmigkeit, Verdiensten,<br />

Klugheit und Tapferkeit des Herzens gleichgekommen sei 25). Abt Ebertus ist, was<br />

von keinem anderen Abt vor ihm ausdrücklich bezeugt wird, ein geborener <strong>Braunschweig</strong>er.<br />

Die Buchdruckerkunst ist erfunden, der Humanismus ist en vogue -<br />

Abt Ebert läßt 1478 ein <strong>Bibliothek</strong>sgebäude errichten, industriae piae monumentum<br />

pulcherrimum, "das schönste Denkmal seines frommen Eifers". Und wie die Leipziger<br />

Matrik ausweist, wird er dafür sorgen, daß während seiner Amtszeit zehn<br />

fratres an die dortige Universität zum Studieren delegiert werden.<br />

Die interessantesten Informationen über Abt Eberts Wirken erhalten wir in<br />

jenen Jahren aus Beschlüssen des Generalkapitels. 1484, ein Jahrzehnt nach seinem<br />

Amtsantritt, wird dieser Riddagshäuser Abt vom Generalkapitel für zwei Jahre mit<br />

Visitation und Reformation aller männlichen und weiblichen Ordensklöster in der<br />

provincia Saxoniae beauftragt und erhält weitgehende Vollmachten, die genannten<br />

Klöster in geistlichen und weltlichen Dingen an Haupt und Gliedern zu visitieren<br />

und zu reformieren 26). Zwei Jahre später wird ihm ein ähnlich lautender, auf<br />

Thüringen erweiterter Auftrag zuteil 27). Diese Bevollmächtigungen lassen erkennen,<br />

wie man in Citeaux Autorität und Fähigkeiten des Abtes von Riddagshausen einschätzte.<br />

1486 wird er mit noch drei anderen Äbten für fünf Jahre zum Visitator des<br />

Collegium Bernhardinum in Leipzig bestellt, um mit dafür zu sorgen, daß die Kollegiaten<br />

"ruhiger und zielstrebiger den Gipfel der Wissenschaften erreichen können"<br />

28). Ein Jahr später wird ihm aufgetragen, in den für das Collegium Bernhardinum<br />

zu Leipzig zuständigen Gebieten nachlässige Äbte zur Delegierung von geeigneten<br />

Klosterbrüdern anzuhalten und sie notfalls dazu zu zwingen, da dem Orden<br />

!lI) Chron. Ridd. p. 379: pietate, meritis, prudentia animique fortitudine vix anteeessorum<br />

suorum ulli seeundus.<br />

26) Ca n iv e Z 14R4 Nr.34: ... generale Capitulum visitationem et reformationem<br />

omnium et singulorum monasteriorum Ordinis utriusque sexus in tota provincia Saxoniae<br />

per eontinuum sequens biennium eommittit domino abbati Riddageshusen eum potestate<br />

visitandi, reformandi, eorrigendi, instituendi et destituendi, in spiritualihus et temporalibus,<br />

in eapitibus et in membris etc.<br />

27) Ca n i v e Z 1486 Nr. 38.<br />

28) Ca n i v e Z 1486 Nr. 39: Cupiens generale Capitulum feHeem et prosperum sueeessum<br />

eollegii in Lipzik, et ut litterarum cupidi et studiosi ibidem quietius et expeditius ad<br />

optatum scientiarum eulmen eonscendere valeant, providere desiderans, abbatibus de<br />

Riddageshusen, de Porta, de Bud! et de Walkenried pie committendo mandat et praecipit,<br />

quatinus infra eontinuum sequens quinquennium quoties opportunum fuerit, praefatum<br />

collegium visitent ... in plenaria Ordinis potestate etc. Dieser Besd!luß läßt Sd!wierigkeiten<br />

im Studienbetrieb des Kollegiums vermuten.<br />

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3 1


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Während wir aus dem siebenjährigen Regiment von Abt Eberts Nachfolger, Abt<br />

Burchard II. (1496-15°3), nichts über wissenschaftliche Tätigkeit im Kloster hören,<br />

ändert sich das Bild unter dem 37. Riddagshäuser Abt Hermann IV. (1503-3 I),<br />

einer durch direkte Quellen nur schwach belegten, aber sehr interessanten hierarchischen<br />

Gestalt. 1503, im Todesjahr Papst Alexanders VI., kommt er ins Amt, als<br />

etwa Sechzigjähriger, gewählt propter aetatem maturam rerumque usum, "wegen<br />

seines reifen Alters und seiner Lebenserfahrung". Niemand ahnt, daß gerade dieser<br />

Riddagshäuser Abt fast drei Jahrzehnte, d. h. länger als alle seine Vorgänger regieren<br />

wird 83). Die Chronik meldet wenig von ihm, wohl aber belegen die Leipziger<br />

Matriken seine unbezweifelbaren Bemühungen, wissenschaftliche Aktivität im Kloster<br />

wieder zu beleben und in Gang zu halten. Schon S5 1504 läßt sich nach zwölfjähriger<br />

Pause erstmals wieder ein Riddagshäuser in Leipzig inscribieren. Es werden<br />

von da an bis 152 I insgesamt vierzehn sein!<br />

Abt Hermanns IV. Regiment umfaßt die ersten drei Jahrzehnte des 16., des<br />

Reformationsjahrhunderts. Drei Ereignisse dieses Zeitraums fordern unsere besondere<br />

Beachtung: Luthers Thesenanschlag (1517), der Reichstag zu Worms (1521),<br />

Bugenhagens Auftreten in <strong>Braunschweig</strong> (1528). Es wäre völlig abwegig anzunehmen,<br />

daß die Kunde von diesen drei Ereignissen vor den Klostermauern haltgemacht<br />

hätte. Natürlich sind Luthers Thesen, wie landauf landabin ganz Deutschland, so<br />

auch im Kloster Riddagshausen heimlich oder auch offen gelesen und mit allem Für<br />

und Wider diskutiert worden; natürlich hat man auch hier den Reichstag zu Worms<br />

und seine Konsequenzen mit Spannung verfolgt - bis zu dem Tage, wo im Jahre<br />

1521 aus Citeaux der eindeutige Spruch des Generalkapitels ergeht, der allen und<br />

jedem Ordens angehörigen streng untersagt, jene "perverse Lehre", deren Gerücht<br />

schon fast zu aller Ohren durchgedrungen sei und die von einem namens Luther<br />

ausgegangen sein soll, zu befolgen oder zu hören, noch seine Bücher zu lesen, zu<br />

behalten oder zu besitzen. Die Vorsteher der Kollegien sollen keinesfalls den Scholaren<br />

des Ordens gestatten, diese Lehre oder vielmehr Häresie zu studieren, Bücher<br />

darüber zu besitzen oder zu behandeln, sie vielmehr verbrennen oder vernichten und<br />

die Widerspenstigen bestrafen oder für immer aus den Kollegien verweisen 34).<br />

Schon Anfang desselben Jahres 1521, Sonntag Epiphanias, war ein Edikt Herzog<br />

Heinrichs d. J. ergangen mit der Anordnung, sich durch Luthers Schriften "in andere<br />

Wege nicht bringen zu lassen noch sich anders zu halten, denn als unser Christliche<br />

Vorfahren und Eltern bißher gethan haben, keine Secta [= Trennung] noch Verbundnusse<br />

oder Vereinigunge unterlang zu machende, das wider den heiligen Christlichen<br />

GIauben und die Satzunge der heiligen Kirchen seyn .•. möchte, bey<br />

33) Abt Hermann hat gegen Ende 1531 resigniert; das bestätigen seine und des Konvents<br />

gleidtzeitige Eingaben an den Herzog vom 6. 11. 153 1 (Staatsardt. Wolfenb. I I Alt 91<br />

Fb. I).<br />

34) Ca n i v e Z 1521 Nr. 10: ••• generale Capitulum summopere circa SUDS praecavendo,<br />

in virtute salutaris obedientiae et sub exeommunicationis latae sententiapoena, omnibus<br />

et singuHs Ordinis rcgularibus personis strictissime prohibet, ne pervers am illam doetrinam,<br />

cuius fama pene ;am omnium auribus pererebuit et dicitur a quodam Luthero nomine<br />

emanasse, seetentur aut audiant seu etiam !ibros ipsius et qui distribuuntur, Iegant, eonservent<br />

aut habeant ete.<br />

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33


Vermeidung unser peinlichen und schweren Straffe" 35). Wir verstehen, warum die<br />

Leipziger Matrikel bereits IS2I, d. h. schon unter dem Eindruck des Wormser<br />

Edikts, den letzten Studenten aus Riddagshausen verzeichnet. Noch war die Universität<br />

Leipzig zwar eine katholische Universität, erst 1539 wurde sie lutherisch;<br />

Abt Hermann aber hat es jedenfalls für rars.am gehalten, seine Schäflein lieber im<br />

Kloster unter seinen Augen und Ohren beisammenzuhalten; denn schon auf dem<br />

:Wege von Riddagshausen in die große Stadt konnte nur allzuviel passieren, die<br />

Ketzerei lag ja überall in der Luft!<br />

Es scheint ,angebracht, an dieser Stelle kurz zurückzublicken auf die annähernd<br />

zusammenhängende Reihe von klösterlichen Studenten, die in den bisher besprochenen<br />

Jahrzehnten die Universität Leipzig besucht haben. Die Zahlen, die wir geben<br />

'konnten, sind Mindestzahlen, denn die Anzahl der Hörer, die sich nicht in die<br />

Matrik aufnehmen ließen, ist im Mittelalter nicht gering gewesen 36). Außerdem ist<br />

nicht jeder Ordens angehörige immer als solcher bezeichnet worden. Von den vergleichbaren,<br />

weil auch an Leipzig gewiesenen vier niedersächsischen Zisterzienserklöstern<br />

Riddagshausen, Walkenried, Marienthal und Michaelstein hat in der Zeit<br />

von 1435 bis ISlI Riddagshausen die meisten fratres nach Leipzig delegiert, nämlich<br />

32, die drei anderen 22, 9 und 9.<br />

Von Riddagshäuser Klosterbrüdern kennen wir leider nur wenige Namen. Durch<br />

die Matrikeln sind uns wenigstens ein paar mehr Namen überliefert. Sie vermitteln<br />

interessante Aufschlüsse. Da der Gebrauch eines Familiennamens im IS. Jahrhundert<br />

noch schwankend war, setzte der Rektor, der die Eintragungen in die Matrikel selbst<br />

vollzog, zum Taufnamen denjenigen Stadtnamen hinzu, den der Mönch als Heimatsbzw.<br />

Geburtsort angab 37). Aus diesen Namen können wir Schlüsse ziehen auf das<br />

Einzugsgebiet des Klosters Riddagshausen. Da lesen wir z. B. Matthias Pattensen,<br />

Borkardus Helmstete, Heinrieus Scheningk, Conradus Stalberg, Helmoldus Brunswik<br />

und andere.<br />

Stehen Riddagshäuser fratres in der Matrikel direkt untereinander, so bedeutet<br />

dies, daß sie gleichzeitig von Riddagshausen delegiert wurden und wohl auch den<br />

Weg zusammen zurücklegten. Finden wir Riddagshäuser Brüder unmittelbar zusammen<br />

mit solchen aus MarienthaI, Michaelstein, Loccum, Walkenried oder Marienrode,<br />

so bedeutet auch dies: von ihren Klöstern gleichzeitig delegiert, haben sie sich<br />

nach gemeinsamer Reise dem Rektor gemeinsam vorgestellt. Die Äbte haben sich<br />

wohl vorher untereinander verständigt und rhren Scholaren die gemeinsame Reise<br />

organisiert, damit sie unterwegs einander beistehen konnten oder anders gesagt,<br />

damit sie während der Reise nicht auf dumme Gedanken kamen.<br />

Wir erinnern uns, Abt Hermann hatte seit dem rigorosen Spruch des Generalkapitels<br />

von 1522 weitere Abordnungen nach Leipzig eingestellt. Nicht verhindern<br />

16) Vollständig bei C. G. H. L e nt z, <strong>Braunschweig</strong>s Kirchenreformation im 16. Jahrh.,<br />

1818, p. 61 f.<br />

34<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

S6) s. G. Er I er, a. 3. 0., Bd. I, p. 30.<br />

S7) ibo p. XXXIX u. XU.<br />

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dem er sich einst entgegen dem vorrangigen Taufgelübde verpflichtete, mit Recht<br />

zerrissen 42).<br />

Den anderen ehemaligen Mönch, Antonius Corvin, jetzt Pfarrer in Witzenhausen,<br />

später als Refonnator des Herzogtums Calenberg berühmt geworden, hatte<br />

der Abt einst (1523) persönlich aus dem Kloster davongejagt 43). In einem Nachwort<br />

zur Schrift seines Freundes Poppius beschwört Corvin seinen früheren Abt, sich vom<br />

Irrtum des mönchischen Weges abzuwenden und zur Freiheit eines wahren Christenmenschen<br />

durchzudringen. Er gemahnt ihn an sein hohes Alter ("du bist ein Neunzigjähr.iger")<br />

und die nahe Ewigkeit 44). Seiner jetzigen Tätigkeit als Prediger stellt<br />

er die gesicherre Exi'Stenz im Kloster gegenüber. "Bei euch friert niemand, leidet<br />

niemand Hunger und Durst. Armut, Verfolgung und Schwert sind fern von euren<br />

gemeinsamen Wohnungen. Vielmehr ist da Wohlbehagen, Muße und Ergötzlichkeit.<br />

Die Welt hält euch für Heilige, unterstützt, verehrt und betet euch an. Wer<br />

sollte nicht erkennen, daß nichts dergleichen auf den schmalen Weg des Evangeliums<br />

führt? In der Welt erfährt ein Christ Bedrängnis, den Frieden aber in Gott" 45).<br />

Man muß dazu sagen, daß Corvin seinen Einsatz für das Evangelium zwanzig Jahre<br />

später tatsächlich mit dem Opfer seiner Gesundheit und seines Lebens bezahlt<br />

hat (ISS3).<br />

Aus den Äußerungen bei der aber ergibt sich ein Doppeltes. Auf der einen Seite<br />

das Bild von einem Leben unter harter klösterlicher Disziplin, auf der anderen Seite<br />

ein gesichertes Dasein hinrer den Klostennauern. Zu letzterem paßt, daß das Kloster<br />

unter Abt Hennann IV. das Dorf HondcIage ganz in Besitz genommen hatte, wo<br />

der Abt für sich und seine Nachfolger ein residuum vitae tranquillae, eine Zuflucht<br />

für ein ruhiges Leben einrichtete 46).<br />

Bemerkenswert ist, daß Abt Hermanns Name im Anniversarienbuch von Amelungsbornals<br />

eines Wohltäters dieses Klosters an seinem Todestage erscheint.<br />

Er sei, heißt es dort, dem Kloster AmcIungsborn besonders zugetan gewesen und<br />

habe ihm ein silbernes Gefäß im Wert von zehen Goldgulden zum Geschenk gemacht.<br />

Das Kloster Riddagshausen aber habe er im Geistlichen und Zeitlichen länger<br />

als dreißig Jahre mit großem Eifer hochgebracht und betreut 47).<br />

41) Impium votum monasticum, quod contra prim um christianumque votum baptismi<br />

voveram, iure disripui (Besmluß des Dedikationsbriefes ed. T sc h a c k e r t [so Anm.38]<br />

p.6).<br />

41) s. G. Gei sen hof, Corviniana, in Zeitschr. d. Hist. Vereins f. Niedersamsen,<br />

1898, p. 306 f.<br />

") In der Epistola ed. T sc h a c k e r t (5. Anm. 38) P.23.<br />

46) ibo p. 2 I.<br />

46) s. Chron. Ridd. p. 384; dazu Gerh. Bot he, Chronik d. Dorfes Hondelage, 1975,<br />

p. 25 f.<br />

47) Veröffentlicht von Hermann D ü r r e, Anniversaria eccl. Amelungsbornensis, in<br />

Zeitschr. d. Hist. Vereins f. Niedersachsen 1877; dort p. 44 der "Harmannus de Runnebarghe,<br />

quondam abbas in Riddageshusen" betr. Eintrag. Daß Abt Hermanns Amtszeit die Jahre<br />

1503-31, also 28 Jahre, umfaßte, steht fest und wird auch von Meibom konstatiert (Chron.<br />

Ridd. p. 380). Gegen 1531 als Todesjahr Abt Hermanns gibt es gewichtige Gründe. Vermutlim<br />

hat er nam seiner Resignation nom eine Zeit des Ruhestandes in Hondelage oder<br />

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sich noch in späten Jahren "S.F.G. Caplan" nennt, ist es gut denkbar, sich ihn als<br />

einstigen Kaplan an Seti. Longini -in Wolfenbüttel vorzustellen. Acht Ja'hre später,<br />

1536, wird er Abt von Riddagshausen. Wir hören freilich nichts von einer ordnungsgemäßen<br />

Wahl durch den Konvent, nichts auch von einer Investitur durch den Abt<br />

des Mutterklosters Amelungsborn, wie es sich doch gehörte. Ob ihm wohl das Amt<br />

durch Einfluß und Vertrauen des Herzogs zufiel, der in solchen Zeiten an solcher<br />

Stelle einen ihm genehmen und ergebenen Prälaten wissen wollte? Meibom bemerkt<br />

jedenfalls etwas vieldeutig, Lambertus habe endlich erlangt, was er lange begehrt<br />

hatte, nur hätte er den ordnungsgemäßen Zeitpunkt seiner Beförderung abwarten<br />

sollen 51)! Solche Worte deuten an, daß nicht alles ganz korrekt zugegangen ist. Der<br />

Wunsch des Reflcktanten und der Wille des Herzogs waren einander entgegengekommen,<br />

dem Konvent aber konnte das unter den prekären Verhältnissen jener<br />

Jahre nur recht sein.<br />

Es sollten Lambertus freilich nur sechs ungetrübte Jahre in seiner Amtszeit<br />

beschieden sein. Inmitten dieser Zeit - es geschah im Jahre 1538 - wurde ihm eines<br />

Tages ein Halbwaise zugeführt, ein dreizehnj1ihriger Junge aus <strong>Braunschweig</strong>, der<br />

durchaus Mönch werden wollte, gegen den Willen seiner evangelischen Mutter 52).<br />

Lambertus ahnte nicht, daß er mit dem braven Jungen denjenigen aufnahm, der<br />

einmal sein zweiter Nachfolger und der Reformator des Klosters werden sollte,<br />

Abt Johannes Lorber.<br />

Mit dem Beginn von Abt Lamberts Regiment scheint die Universität Leipzig<br />

wieder ins Blickfeld des Klosters gekommen zu sein. Nach einer Pause von 15 Jahren<br />

taucht dort 1537 erstmalig wieder ein Mönch aus Riddagshausen auf, frater Arnoldus<br />

Edler, Provisor des Riddagshäuser Klostergutes OffIehen, und zwar zusammen mit<br />

dem Prior von Kloster Michaelstein, Gregor Niger. Sie haben aber keine Nachfolger,<br />

sie sind die beiden letzten Zisterzienser an der Universität Leipzig überhaupt gewesen.<br />

Wenige Jahre später (1539) wurde die Universität lutherisch 53).<br />

Aber auch das Kloster Riddagshausen selbst sollte bald in den Bannkreis der<br />

lutherischen Reformation geraten, ungewollt und gewaltsam freilich. 1541 geschah<br />

es, die Truppen des Schmalkaldischen Bundes erobern das Land, zusammen mit<br />

einer wilden Horde aus <strong>Braunschweig</strong> besetzen, berauben und verwüsten sie das<br />

Kloster. Der Herzog ist außer Landes geflohen, Abt Lambertus weicht der Gewalt,<br />

der Konvent löst sich auf, dem Abt wird der Aufenthalt sowohl im Kloster als auch<br />

im Grauen Hof in <strong>Braunschweig</strong> verweigert 54). Abt Lambertus gibt auf, tut gegen-<br />

U) Chron. Ridd. p. 384: ... quod concupierat diu, impetravit tandem, nempe ut Riddagshusii<br />

abbatem ageret. Non erat isto honore indignus ... tantum expectasset iustum exaltationis<br />

suae tempus. Seine Promotion zum Licentiaten setzt Meibom viel zu früh an, sie<br />

geschah erst 1546 (5. Seite 9 oben)!<br />

52) Chron. Ridd. P.387: ... monasterium ingressus est, matre muItum reclamante,<br />

quippe quae religionem reform atem amplexa esset. Eine Aufzeichnung in der Handbibel<br />

Lorbers nennt 1538 als Eintrittsjahr; s. Anm.79.<br />

58) s. O. Kir n, Die Leipziger theoI. Fakultät in fünf Jahrhunderten, Leipzig 1909.<br />

54) Staatsann. Wolfenbüttel I Alt 8 Nr. 34 BI. 59: Bescheid Kurf. Joh. Friedrichs und<br />

Landgraf Philipps vom Dienstag n. Barthol. 1541 auf ein Bittschreiben von Abt Lambert.<br />

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über dem Kurfürsten von Sachsen Verzicht auf das Kloster und bitret für sich und<br />

seine 15 Klosterpersonen in einem eigenhändigen Schreiben um Unterhalt aus dem<br />

Klostervermögen (12. 1. 1543) 55). Im Vertrag vom 22. 5. mit Zusatz vom 10. II.<br />

1543 wird durch Abfindungen dem Abt ein standesgemäßer Lebensunterhalt und<br />

den Brüdern eine Existenzsicherong garantiert. Von den Besatzern aber wird der<br />

Abt als oeconomus (Verwalter) des Klosters in Pflicht genommen 58).<br />

Bekam Lambertus Wind davon, daß der Rat von <strong>Braunschweig</strong> noch ganz anderes<br />

mit dem Kloster vorhatte? Kein Vierteljahr nach der Besetzung müssen Kurfürst<br />

und Landgraf den Rat verw.arnen: die Klostergüter "sind noch zur Zeit unverändert<br />

und unzerteilt zu lassen" 57). Aber der Rat läßt nicht locker. In einer Eingabe<br />

an den Kurfürsten und den Landgrafen vom 15. I. 1543 macht er geltend, daß der<br />

Stadt aus dem Kloster Riddagshausen wegen seiner Lage nahe vor der Stadt und<br />

hart an der Landwehr schon allerlei Schaden und Nachteil erwachsen sei "und nu<br />

mer dar nein Closter lebent vorhanden, sunder desolert worden, das uns nachgelassen<br />

werde, das das schedtliche gebew ordentlicher weiß weg gethan werden mochte",<br />

da man an dieser Stelle die Lücke in der Landwehr schließen wolle 58). Aus mehrfachen<br />

Weisungen, die der Rat seinem Sekretär Dietrich Protze für den Bundestag<br />

der Schmalkaldener November 1541 zu Schwein furt und den Reichstag zu Nürnberg<br />

Frühjahr 1543 gibt, erhellt eindeutig das Ziel des Rates: nämlich die "thobrekung<br />

des Klosters Riddershusen und fullentehung der lantwehre"; es geht um die "wechdohung<br />

und affibrekung Riddershusen" 59). Dem Kloster soll das gleiche Schicksal<br />

beschieden werden wie dem Cyriacusstift ein paar Jahre später, es soll dem Erdboden<br />

gleichgemacht werden, aus militärischen Gründen. Daß es nicht dazu kam, ist<br />

wesentlich dem Mißtrauen des sächsischen Kurfürsten, der die Sache dilatorisch behandelte,<br />

zu verdanken 60).<br />

Abt Lambertus freilich fühlt sich auf verlorenem Posten. Er zeichnet seitdem<br />

"etwan Abt tho Riddagshusen", d. i. ehedem Abt zu Riddagshausen. Am 18.1.1543<br />

weiß Bugenhagen in einem Bericht an den Kurfürsten zu vermelden, Abt Lambertus<br />

&6) Lambertus van Balven, "etwan Abt zu Riddagshausen", an Kurf. Joh. Friedrich<br />

v. Sachsen v. H. 1. 1543 (s. P. T s c h a c k e r t, BriefwemseI d. Ant. Corvinus, 1900,<br />

p. 131 Nr. IS8): "". hab ich ". mim unter Ew. Churf. u. Fürst!. Gn. Flügel und Schutz<br />

begeben und der christlimen Reformation und der Religion Samen zu leben bewilliget, auch<br />

angenommen. Danam Ew. Churf. Gn. samt ... dem Landgrafen mit mir und meinen<br />

Klosterpersonen der Güter und Zubehörung halber ... Verzimt zu thun ... durm Ew.<br />

Churf. u. F. Gn. zu Wolfenbüttel Statthalter haben handeln lassen, mir und meinen<br />

Klosterpersonen alle Jahr, die Zeit unsers Lebens, etwas aus denselbigen Gütern zu unser<br />

Erhaltung zu geben".<br />

G6) Staatsarch. Wolfenbüttel Urk. Abt. 24 Nr. 911 a; dazu Schreiben Kurf. Joh. Friedrims<br />

an Bugenhagen v. 9.3.1543 in O. Vo g t, Joh. Bugenhagens BriefwemseI, 1888,<br />

p.262.<br />

67) Stadtarch. Braunschw. B IV 11 Nr. 13 v. Stg. n. Aegidii 1542 Pkt.6.<br />

G8) Staatsarm. Wolfenbüttel I Alt 8 Nr.27. Darauf ergeht an die Statthalter Befehl,<br />

nach vorgenommener Lokalinspektion zu berichten!<br />

G9) Stadtarch. Braunsmw. B IV 1 a Nr. 11 BI. 49 u. 55.<br />

eo) ibo BI. 14 U. 64.<br />

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habe die Absicht zu heiraten, er habe "ganz ehrlich gefreiet" 61). Danach hat man<br />

freilich nichts wieder von solchen Absichten gehört. Corvin, ein Verwandter Lamberts<br />

- unter Abt Hermann hatten sie zusammen im Kloster gelebt - verschafft ihm<br />

August 1544 dalS Amt eines Propstes 1m Damenstift Wülfinghausen, aber die provisorische<br />

Regierung in Wolfenbüttel entläßt ihn nicht aus seiner Pflicht als Administrator<br />

des Klosters Riddagshausen 62). Abt Lamberts Situation ist verzweifelt.<br />

Wie er es schließlich geschafft hat, doch noch von Riddagshausen loszukommen,<br />

ist nicht ersichtlich. Jedenfalls finden wir den ehemaligen Abt seit Anfang Juli 1545<br />

in Leipzig. Stadt und Universität sind mit dem Herzogtum Sachsen inzwischen<br />

lutherisch geworden. Lambertus korrespondiert von dort aus mit dem Rat zu <strong>Braunschweig</strong><br />

und der Rat mit ihm. Es geht darum, für <strong>Braunschweig</strong> einen neuen Stadtsuperintendenten<br />

zu gewinnen in der Person des D. Medler. Der ehemalige Abt<br />

vermittelt schriftlich und mündlich von Anfang Juli bis Ende September 1545 zwischen<br />

dem Rat und Medler. Am 4. 7. 1545 meldet Lambertus dem Rat, er, Lambertus,<br />

habe "am vergangenen Sonntag dieser Werbung halben die ehrwürdigen und<br />

hochgelehrten Herren Martinum Lutherum, Philippum Melanchthonem, Pomeranum<br />

(d. i. Bugenhagen), Georgium Maiorem, Casparn Crucigern angeredet, darauf sie<br />

gemeinet, der Rat solle in der Sache dem Kurfürsten schreiben; sie wollten das Ihre<br />

thun",geschrieben aus Leipzig am Dienstag n. Visitationis Mariae (4. 7.) 1545 63 ).<br />

Abt Lambertus hat also in dieser Sache mit Luther und seinen Fakultätskollegen persönlich<br />

verhandelt, eine erstaunliche Tatsache! Stand er Luther irgendwie nahe oder<br />

ist der geschickte Taktiker auf ihn und die übrigen Herren einfach zugegangen? Ich<br />

vermute das letztere.<br />

Am 16. Januar 1546, wenige Wochen vor Luthers Tod, werden an der Universität<br />

Leipzig fünf Magister durch den Dekan der Theologischen Fakultät, Alexander<br />

Alesius, zu Baccalaurien der Theologie promoviert, unter ihnen Magister Lambertus<br />

van Balven. Zwei Tag,e später erhält er durch den gleichen Dekan den Grad eines<br />

Licentiaten, d. h. licentiam, ut insignia doctorum perciperet, also die Berechtigung,<br />

den theologischen Doktorgrad zu erlangen 64). Bei dieser Gelegenheit hat Lambertus<br />

in frequentissiomo doctorum virorum coetu, d. i. vor einem großen Kreis gelehrter<br />

Herren, eine Rede gehalten über das Ansehen der hl. Schrift und den Inhalt und<br />

Nutzen des Briefs an die Römer. Die Rede hat er drucken lassen, Franz Anton Knittel<br />

hat sie vor 230 J abren zuletzt in den Händen gehabt; seitdem ist sie verschollen 65).<br />

Mein Versuch, sie in Leipzig ausfindig zu machen, erbrachte an Ort und Stelle den<br />

Bescheid, daß im Archiv für Geschichte der Universität die alten Bestände der theologischen<br />

Fakultät zerbomt sind. Vielleicht taucht sie eines Tages irgendwo anders<br />

81) S. o. V 0 g t, Joh. Bugenhagens Briefwechsel, 1888, P.257: Postscriptum zu Nr.<br />

216 v. 28.2.1543.<br />

62) s. P. Tschackert, BriefwecheseI d. Ant. Corvinus, 1900 p. 171: Postscripturn<br />

zu Nr.202 v. 3.7.1544 an Herzogin Elisabeth v. Braunschw.-Lüneburg; p. 177: Mitteilung<br />

in Nr.207 an dieselbe v. 29.7. 1544, daß die Räte Lambertus n von der verwaltung des<br />

closters Rittershausen keineswegs verlassen wollen".<br />

&) Stadtarch. Braunschw. B IV II Nr. 154 u. Nr. 246 BI. 15 u. 16.<br />

M) s. Gg. Er I er, a. a. O. Bd. II p. 31.<br />

66) F. A. K n i t tel in Braunschw. Anzeigen 1747 St.73 Sp. 1606 ff.<br />

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auf. Die wenigen von Knittel überlieferten Sätze aber charakterisieren sie zur Genüge.<br />

Wenn Lambertus vom Römerbrief sagt, er enthalte die wichtigsten Dinge,<br />

auf denen das universale Heil unseres Lebens beruht und zeige die unendliche Barmherzigkeit<br />

und den ewigen Ratschluß Gottes, das menschliche Geschlecht vom Tod<br />

und den ewigen Strafen zu befreien 66), so ist der evangelische Tenor seiner Rede<br />

offensichtlich. Lamberts Doktorvater, Alexander Alesius, war ein melanchthonisch<br />

gesonnener Theologe an einer Fakultät, die den irenischen Pfeffinger zum Haupte<br />

hatte 87).<br />

So war nun Lambertus ein Licentiat der hl. Schrift, wie er sich jetzt nannte, im<br />

übrigen aber ein gewesener Abt und nicht mehr. In dieser etwas trostlosen Situation<br />

erhält er im Juni 1547 aus Ulm von zwei kaiserlichen Kommissaren die Aufforderung,<br />

am u. Juni in Ulm zu erscheinen zwecks Anhörung einer Proposition kaiserlicher<br />

Majestät über Frieden und Einigkeit im Reich 68). Addressiert ist das Schreiben<br />

an den "ehrwürdigen Herrn N., Abt zu Riddagshausen", woraus hervorgeht, daß<br />

die kaiserlichen Kommissare sich über den gegenwärtigen Status des Klosters und<br />

seines Abtes in völliger Unklarheit befinden. Das Schreiben gelangt durch einen<br />

Boten trotzdem in van Balvens Hände; wo, entzieht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls<br />

antwortet Lambertus unter dem 14. Juni 1547 - von wo am, ist ebenfalls nicht<br />

ersichtlich -, am 12.. Juni nach Ulm zu kommen, sei ihm unmöglich gewesen, da<br />

er das kaiserliche Schreiben überhaupt erst an diesem Tage erhalten habe. Im<br />

übrigen erklärt er, daß zu der Zeit, da er als ein Abt die Regierung des Klosters<br />

Riddagshauscn innegehabt, er und auch seine Vorgänger seit unvordenklichen Zeiten<br />

des Rechtens sich nach den Herzögen des Fürstentums <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttelschen<br />

Teils, "als nähensten Landes" gerichtet und gehalten haben. "Zu dem, wie es<br />

itzo [also Mitte Juni 1547] umb das Closter Riddagshausen steet, das kein Abt und<br />

Clostcrrcgiment aldar mehr ist", sei ihnen doch wohl bewußt. Er bittet, ihn entschuldigt<br />

zu nehmen und mit dergleichen Sachen ihn fürderhin gnädiglich zu verschonen<br />

69). Zu didesem Zeitpunkt also konstatiert Lambertus, daß das Kloster in<br />

seiner verfaßten Gestalt nicht mehr existiert und bestätigt damit, was der <strong>Braunschweig</strong>er<br />

Rat schon fünf Jahre vorher festgesteIlt hatte: es ist kein KlosterIeben<br />

mehr da 70).<br />

So stehen die Dinge im Sommer 1547, aber bald sollten sie ein anderes Gesicht<br />

bekommen. Denn kürzlich hatten sich ungeahnte Schicksale auf dem Schlachtfelde<br />

entschieden. Kaiser Kar! V. hatte zum Schlag gegen die verbündeten Protestanten<br />

ausgeholt und sie am 24. April 1547 bei Mühlberg an der EIbe niedergerungen. Der<br />

Kaiser zieht in Wittenberg als Sieger ein und steht in der Schloßkirche an Luthers<br />

Grab. Er befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Häupter der Pro te-<br />

66) ib.: ... quae complectitur res gravissimas, in quibus vitae nostrae salus universa consistit<br />

et mons trat immensum beneficium et eternum consilium Dei de liberando genere<br />

humano a morte et eternis penis.<br />

87) Ober Al. Ale 5 i u s (1500-1565, Mitglied der Theol. Fak. Leipzig seit 1544) s.<br />

O. Kir n, a. a. 0., P.45 u. 55 f.<br />

88) Staatsarm. Wolfenb. I Alt 8 Nr.557 BI. 11 I.<br />

89) ibo BI. 111. Konzept, wie es scheint, von Lambertus' Hand.<br />

70) S. S. 8 Mitte.<br />

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Prinzip: der Lernende stellt eine kurze Frage, der Lehrende gibt eine ausführlime<br />

Antwort. Witzels oberdeutsch verfaßten Katemismus hat Lambertus ins Niederdeutsche<br />

übertragen. Denn er will die Altgläubigen, d. h. die katholism Gebliebenen<br />

sowie die wieder zum alten Glauben Zurüd


schen Gehorsam noch verbunden fühlten, leisteten dem Ruf Folge. So hat sich der<br />

Konvent, wenn auch vermindert, wieder gesammelt. Zu Psalm 91, 7 "Es sind die<br />

Heiden in dein Erbe eingefallen, die haben deinen heiligen Tempel entweihet und<br />

aus Jerusalem einen Steinhaufen gemacht", bemerkt Lorber in Erinnerung an 1550<br />

- "Unse Closter ys von den vienden ock verstoret und tho einem steinhupen geworden".<br />

Bei Psalm 80, 7 "Du läss-est unsere Nachbarn sich um uns streiten und unsere<br />

Feinde verspotten uns", denkt er -an persönliche Erlebnisse dieses Jahres - er war<br />

damals 25 Jahre alt - und schreibt daneben "Alse wi ut dem Closter gan mosten<br />

midden dorch de viende und kernen vor dat steindör, do worden wi in dat elende<br />

gewiset, in der Landtwer von den Borgeren vor dem vallsleveschen dore naket<br />

utgetogen und also lantin gejagct. Godt vorgeve idt ohne in ienner welt" 79). In<br />

diesem Jahre (1550) unterzeichnete der Abt einmal ein Schreiben mit "Lambertus,<br />

elender Abt des verwüsteten Klosters Riddagshausen, der hI. Schrift Licentiat" 80).<br />

Diese harten Schläge hinderten ihn dennoch nicht, mit seinen Klosterbrüdern an<br />

die Wiederinstandsetzung der schwer angeschlagenen Abtei heranzugehen. Daneben<br />

erging an ihn vom Herzog im Juli 1551 ein Auftrag besonderer Art, nämlich an<br />

einem Verhör mitzuwirken, bei dem sich etwa siebzig Priester wegen ihrer Haltung<br />

während der Besetzung des Landes durch die Schmalkaldener verantworten sollten<br />

81). Die meisten von ihnen waren lutherisch geworden; genötigt, gezwungen,<br />

wie sie bekannten. Nun wollten sie, dem heimgekehrten Herzog gehorsam, wieder<br />

zur alten Lehre zurückkehren. Die Protokolle von diesen Verhören vermitteln freilich<br />

ein trübes Bild vom Zustand dieses Klerus, mit dessen Hilfe die katholische<br />

Kirche imHer zogtum wieder restauriert werden sollte. Vorerst galt es, die Pfarrer<br />

zu absolvieren, sie für das Priesteramt wieder zu bevollmächtigen und zu ertüchtigen.<br />

Um so intensiver will Lambertus s-ich als Vertrauensmann des Herzogs der Aufgabe<br />

widmen, den durch die Methoden der Schmalkaldener verunsicherten und durch die<br />

obwaltenden Verhältnisse vernachlässigten Klerus im Sinne eines geläuterten Katholizismus<br />

zu regenerieren. Dem Kloster Riddagshausen sollte dabei die Rolle eines<br />

geistlichen Erneuerungszentrums im Herzogtum zukommen. In diese Richtung jedenfalls<br />

weisen Geist und Methode des ganzen Katechismusunternehmens.<br />

Zeit und Verhältnisse freilich arbeiteten gegen den Abt und sein Vorhaben. Als<br />

kriegerische Wirren alles Wiederaufgebaute erneut und zwar zweimal nacheinander<br />

- 1552 unter dem Grafen von Mansfeld und im Jahre darauf unter dem Markgrafen<br />

von Brandenburg - verwüsteten, ist Abt Lambertus am Ende seiner Kraft. Er gibt _<br />

seine Pläne auf und zieht sich, ein gebrochener Mann, nach Wolfenbüttel zurück,<br />

wo er, seinem Herzog nahe, am 6. November 1553 stirbt und daselbst begraben wird.<br />

79) BibI. d. Predigerseminars Braunsdtweig, B V 38 Bd. I u. 11. Die eigenhändigen Eintragungen<br />

Lorbers (t 1586) stammen aus seinen letzten Lebensjahren.<br />

80) Stadtardt. Braunsdlw. B III 1 Nr. 30 e BI. 7.<br />

81) Diese aufschlußreidten Protokolle hat Friedr. S pan u t h veröffcntlidtt in Zeitsdtr.<br />

d. Ges. f. niedersädt .. Kirdtengesdt., 1937, P.241-88. Daß unter den vier "verordenthen<br />

Commissarien" Abt Lambertus die entsdteidende Rolle spielt, geht aus den Protokollen<br />

eindeutig hervor.<br />

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Eine Pfründe am Hochaltar von St. Blasius in <strong>Braunschweig</strong> ließ der Herzog<br />

einem Vetter von Lambertus zukommen, damit, wie der Herzog sich vernehmen<br />

läßt, "wir gemelten uns ern Abt von wegen seiner uns angenehme erzeigte Dienst<br />

halten mögen, was wir ihme versprochen und zugesaget" 82). In der Klosterkirche<br />

wird ihm ein Kenotaph mit seinem Bildnis errichtet 83). Aber schon Franz Anton<br />

Knittel hat das Monument im Jahre 1747 nicht mehr auffinden können 84).<br />

Nach Lambertus Tode wählte der Konvent einmütig den Abt '1odocus (1553-57),<br />

dem aber schon nach vier Jahren der Mann folgte, unter dessen Regiment zehn<br />

Jahre später das Kloster der lutherischen Reformation endgültig zugeführt werden<br />

sollte, Abt 10hannes Lorber. Mit ihm, dem 41. Abt von Riddagshausen, wird in der<br />

Klostergeschichte ein neues Blatt aufgeschlagen.<br />

In Kreisen der Zisterzienser geht das Wort um, die Geschichte des Ordens sei<br />

die Geschichte seiner Klöster 85). Wir möchten hinzufügen: die Geschichte der Klöster<br />

ist zum guten Teil die Geschichte ihrer Äbte. Für das erste Jahrhundert der<br />

Ordensgeschichte mag das nur sehr bedingt gelten, da dominiert das Normative der<br />

Regel und der Charta Caritatis. Aber daneben treten je länger je deutlicher die<br />

Individualitäten, die Persönlichkeiten der Äbte -hervor, ein komplexer Vorgang, der<br />

in den verschiedenen Epochen und Landschaften durchaus unterschiedlich verläuft.<br />

In ihm kann die Geschichte eines Klosters erfaßt und anschaulich gemacht werden.<br />

Die obigen Darlegungen haben dies für einen bestimmten Abschnitt der Geschichte<br />

des Klosters Riddagshausen aufzeigen wollen.<br />

82) Staatsarch. Wolfenb. II Alt Blas. 465.<br />

83) So Chron. Ridd. p. 385, wo auch die Inschrift des Kenotaphs überliefert wird: Praefuit<br />

hie quondam summa Lambertus honore Abbas a Baluen, vir pietatis amans. Destruitur vivo,<br />

reparatur eodem Hie loeus, heu Saxum nune pia membra tegit!<br />

84) s. Braunschw. Anzeigen 1747 Sp. 1654.<br />

85) s. Ludwig J. Lek a i, Geschichte u. Wirken, a. a. 0., P.5.<br />

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W olfenbüttel<br />

Ein stadtgeschichtlicher Abriß •<br />

Von<br />

Wolf-Dieter Mohrmann<br />

Widekindus de Wlferesbutle ist einer der Zeugen jenes Rechtsgeschäftes, in dem<br />

Bischof Reinhard von Halberstadt dem Augustiner-Chorfrauenstift zu Steterburg gestattet,<br />

im Dorf Linden eine Pfarrkirche zu bauen. Die in den "Steterburger Annalen"<br />

abschriftlich überlieferte Urkunde von I I 18 enthält mit diesem Namen die älteste<br />

gesicherte Erwähnung Wolfenbüttels 1). Es ist der südlichste der auf -büttel gebildeten<br />

Ortsnamen, von denen in Norddeutschland 164 bekannt sind. Trotz solcher<br />

Namenshäufigkeit lassen sich Rückschlüsse auf das Alter der Besiedlung dieser Ortschaften<br />

angesichts der widersprüchlichen Ergebnisse der Namensforschung nicht<br />

ziehen 2).<br />

Widukind von Wolfenbüttel gehörte einem Geschlecht an, das unter den Staufern<br />

zu bedeutender Stellung in der Reichsministerialität aufstieg. Seine Nachkommen<br />

nannten sich seit dem 14. Jahrhundert nach der vom Reichstruchseß Gunzelin von<br />

Wolfenbüttel erbauten Asseburg S). Die Burg Wolfenbüttel wurde 1191 von Herzog<br />

Heinrich dem Löwen und abermals 1255 von Herzog Albrecht 1. von <strong>Braunschweig</strong>-<br />

.) Erweiterte Fassung eines Vortrages, den der Verfasser am 3 I. Oktober 1977 in Wolfenbüttel<br />

vor dem Historisdlen Arbeitskreis zur Erforsdlung Wolfenbüttels gehalten hat. -<br />

Die Abkürzungen bedeuten: BJb = Braunsdlweigisdles Jahrbudl; StA = Niedersädlsisches<br />

Staatsardliv in Wolfenbüttel.<br />

1) Die Pergamenthandsdlrift der Steterburger Annalen von einer Hand des 14. Jahrhunderts<br />

in StA VII B Hs 365. Druck der Urkunde von 11 18 Nov. 13 in Urkundenbudl des<br />

Hodlstifts Halberstadt, Bd. I, 1883, Nr. 143. - Da das Stück lediglidl absdlriftlich überliefert<br />

ist, sind Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts nidlt auszuschließen. Mit gutem Grund<br />

schlägt ,Wo H ein e man n, Das Bistum Hildesheim im Kräftespiel der Reidls- und<br />

Territorialpolitik vornehmlich des U. Jahrhunderts (Quellen U. Darstellungen Z. Gesch.<br />

Niedersadtsens, Bd.72), 1968, S. 59 Anm. 330 vor, die Urkunde auf I II9 umzudatieren. Idl<br />

verdanke diesen Hinweis der Freundlidlkeit meines Kollegen Dr. R. Meier in Wolfenbüttel.<br />

t) Der Gang der Forsdtung über die Ortsdlaftsnamen auf -büttel bei G. 0 b erb eck,<br />

Die mittelalterlidle Kulturlandschaft des Gebiets um Gifhorn (Schriften d. wirtschaftswiss.<br />

Gesellsdl. zum Studium Niedersachsens, Neue Folge 66), 1957, S. 42 ff; vgl. zuletzt K.<br />

Mit tel h ä u s er, Ländliche und städtische Siedlung, in: Geschichte Niedersadlsens, Bd. I,<br />

hrsg. von H. Pa tz e, 1977, S. 259-438, hier S. 266 mit weiterer Lit.<br />

I) Zur politisdten Rolle der Herren von Wolfenbüttel K. B 0 sI, Die Reichsministerialität<br />

der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlidlen deutschen<br />

Volkes, Staates und Reiches, Bd. 2 (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 10), 1951,<br />

S. 582 ff; zuletzt S. Z i 11 man n, Die welfische Territorialpolitik im 13. Jahrhundert (lu8<br />

bis u67) (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke, Bd. 51), 1975, S. 33 H, 46 H.<br />

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Lüneburg zerstört. Seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts scheint sie zum welfischen<br />

Besitz gehört zu haben. 1183 wird sie von Herzog Heinrich Mirabilis als Wasserburg<br />

wieder aufgebaut, während sim herzogliche Vögte auf ihr seit 1318 namweisen<br />

lassen. Im Verlaufe des 14. und 15. Jahrhunderts halten sich die Herzöge mehr<br />

und mehr auf ihrer Burg Wolfenbüttcl auf. Mit der Herausbildung des neuzeitlichen<br />

Fürstenstaates im 16. Jahrhundert wird sie - zum Schloß umgebaut -landesherrlime<br />

Residenz der Herzöge von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg Wolfenbüttelsmen Teils 4).<br />

Die heutige Hauptkirche Mariae Beatae Virginis ging aus zwei älteren Vorgängerkirchen<br />

hervor, von denen die älteste zuerst 1301 als Marienkapelle erwähnt wird.<br />

Bei dieser Kapelle ist seit 1395 eine Totenbrüderschaft bezeugt, zu der aum Mitglieder<br />

der herzoglimen Familie gehört haben. Vor der Burg, auf dem Gelände des<br />

heutigen Kleinen Smlosses, lag die 13 15 zuerst genannte Longinuskapelle. Beide Kapellen<br />

waren Filialkirchen der Pfarrkirche zu Lechede, einem wüsten Dorf ("Lemlumer<br />

Holz"), das man in der Gegend des Roten Amtes vermutet. Im Jahr 1460 ist<br />

der Zustand von Dorf und Kirche Lemede bereits so desolat, daß Bismof Gebhard<br />

von Halberstadt den Dorfbewohnern erlaubt, ihre Toten auf dem Friedhof bei der<br />

Maricnkapelle zu bestatten und ihre Gottesdienste in der Longinuskapelle abzuhalten<br />

5).<br />

über die spätmittelalterlichen Siedler vor der Burg lassen sim nur smwer exakte<br />

Aussagen mamen. Verschiedene Namenseinträge im Register der genannten Toten-<br />

. brüderschaft legen nahe, daß die Anwohner ihren Unterhalt bei der fürstlimen Hofhaltung<br />

auf der Burg verdienten. Es treten Namen auf wie Laurentius Kammerknecht,<br />

Henning Westendorp Hoffmeister, Hinrim Bassuner, Hans \-Vettener quondam<br />

balneator in Wulfelbuttcl, Dirk Meyger alias Stallknemt. Der letztere läßt sich<br />

im Jahre 1499 als Besitzer eines Hauses auf dem Damm namweisen 6).<br />

Die Siedlung "auf dem Damme" ist bis 1515 gemeinsam mit der Burg befestigt<br />

und zur "Dammfeste ausgebaut worden. Gleimwohl hat die sumpfige Okerniederung<br />

nur geringen Anreiz zur Niederlassung geboten. Als Herzog Heinrim der Jüngere<br />

') Eine gen aue Angabe des Zeitpunktes der Niederlassung der Herzöge auf der Burg<br />

Wolfenbüttel ist nicht möglich. Das wiederholt genannte Jahr 1432 der Residenzausbildung<br />

Wolfenbüttels läßt sich quellenmäßig nicht erweisen, wie es überhaupt methodisch bedenklich<br />

erscheint, den genannten Vorgang auf ein bestimmtes Jahr fixieren zu wollen. Am<br />

Jahr 1432 hält noch fest S. Bus eh, Hannover, Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen<br />

und Stadterweiterungen in drei welfischen Residenzen vom 16. bis 18. Jahrhundert (Quellen<br />

u. Darstellungen z. Gesch. Niedersachsens, Bd.75), 1969. S.25 und 26. - Zuverlässige Angaben<br />

bietet H. K 1 ein a u, Geschichtliches Ortsverzeichnis des Landes <strong>Braunschweig</strong>, Bd.<br />

L-Z (Veröff. d. Hist. Kommission f. Niedersachsen, Bd.30), 1968, Artikel 2343 "Wolfenbüttel",<br />

S. 721-723.<br />

5) Zu den kirchlichen Verhältnissen im Mittelalter vgl. G. S pie 5, Geschichte der<br />

Hauptkirche BMV in Wolfenbüttel (Quellen u. Forschungen z. braunschw. Geschichte, Bd. 7),<br />

1914. Zur Siedlung Lechede zuletzt K. W. 0 h n e so r ge, Wolfenbüttel. Geographie<br />

einer ehemaligen Residenzstadt (<strong>Braunschweig</strong>er Geograph. Studien, Bd. 5), 1974, S. 27 ff.<br />

8) Das Register der Totenbrüderschaft bei der Marienkapelle in StA VII D Hs 82.<br />

(Chr. \V 0 1 t e r eck), Wolfenbüttelsche Merckwürdigkeiten aus der Fürstlichen Hauptkirche<br />

B. Mariae, Wolfenbüttel 1729, enthält u. a. eine mangelhafte Edition des Registers.<br />

Dietrich Stallknecht ist mit seinem Haus auf dem Damm genannt in StA 46 Urk I.<br />

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1514 die Regierung antrat, da fand er Wolfenbüttel an (ohne) eine darbey liggende<br />

stat und burgerschaft ganz einic (verlassen) oder ode vor 7). Neben der Dammsiedlung<br />

ist eine zweite Siedlungszelle beim Vorwerk an der Marienkapelle ausgebaut<br />

worden. Dieser Bezirk tritt 1533 noch unter dem Kirchennamen "Zu unser lieben<br />

Frauen" auf, wechselt aber im Verlauf des 16. Jahrhunderts mehrfach den Namen.<br />

Er ist die Keimzelle der späteren Heinrichstadt gewesen 8).<br />

Die ersten Spuren eines vorstädtischen Verfassungslebens tauchen 1538 auf. Im<br />

Entwurf zu einem Privileg für die Schneidergilde alhier zu Wulffenbuttel vorm sloß<br />

und in unser stat zu unser lieben trauen Sa) nennt Herzog Heinrich d. J. "Bürger",<br />

"Bürgerknechte", "Bürgerschaft" und verwendet den Begriff "Stadt". Zwei Jahre<br />

später, 1540, verleiht der Fürst den Bewohnern bei der Siedlungsteile eine bürgerliche<br />

Ordnung. Darin setzt er zwei Bürgermeister ein, denen die Bürger als ihren<br />

körperlichen Oberherren Gehorsam zu leisten haben. Als Vertreter des Stadtherrn<br />

amtiert der Großvogt. Er nimmt den Bürgereid ab, bei ihm haben sich die Bürger<br />

abzumelden und ihm müssen sie ihre beherbergten Gäste namhaft machen. Besondere<br />

Sorgfalt gebietet diese bürgerliche Ordnung, die den Charakter einer Polizeiordnung<br />

trägt, beim Umgang mit Feuer und Licht 9). Bemerkenswert ist, daß es zu dieser<br />

Zeit wohl Bürgermeister, aber noch keinen Rat gibt 10).<br />

Trotz dieser Ansätze hat sich die Stadtwerdung der Siedlungen bei der Feste<br />

Wolfenbüttel nur in einem sehr gebremsten Prozeß vollzogen. Die frühen Spuren<br />

sind durch die kriegerischen Maßnahmen des Schmalkaldischen Bundes wieder zugeschüttet<br />

worden - Kriegsereignisse, die sich auch auf die Entwicklung der Verwaltung<br />

des Fürstentums hemmend ausgewirkt haben. Am Il. August 154l eroberten<br />

die Truppen des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen und Kurfürst<br />

Johanns von Sachsen Wolfenbüttel und zwangen den katholischen Herzog Heinrich<br />

d. J. zur Flucht. Bei einem Rückeroberungsversuch fiel der Fürst 1545 in hessische<br />

Gefangenschaft. Erst der Sieg Kaiser Karls V. über den Schmalkaldischen Bund in<br />

der Schlacht von Mühlberg 1547 gab dem Herzog die Freiheit zurück.<br />

Das Ausmaß der Zerstörungen der hessisch-sächsisdIen Truppen in der herzoglichen<br />

Residenz zeigt ein HolzsdInitt von Lucas Cranach d. Ä. Er hat im Auftrag<br />

des Kurfürsten der Belagerung \Volfenbüttels beigewohnt 11). Das SdIloß wurde<br />

7) StA 2 Alt 7698 fol. zr.<br />

S) Zn den Namen der Siedlungsbezirke F. T h ö n e, Wolfenbüttel unter Herzog JuHus<br />

1568-1589, BJb 33, 195 z, S.I-74. hier S. 5 ff. Zur Ausdehnung der Bezirke A. Be u e rman<br />

n, Die Grundrißentwicklung der Innenstadt von WolfenbütteI, in: J. K ö n i g (Hrsg.),<br />

Beiträge zur Gesmimte der Stadt Wolfenbüttel, 1970, S. 61-73 j vgI. aum 0 h ne S 0 r ge<br />

(wie Anm.5), S. 27 fi.<br />

Sa) Das Privileg für die Smneidergilde als Entwurf in StA 1 Alt 7698 fol. 2r-3r.<br />

8) Die "bürgerIime Ordnung" von IHo in StA 40 Slg 83. Ober die Anfänge der Verfassungs<br />

entwicklung ist einzusehen K. Beg e. Chronik der Stadt WolfenbütteI und ihrer<br />

Vorstädte, 1839, S. 33 ff. Wimtig aum die Bemerkungen bei K ö n i g (wie Anm. 8), S. 7-9.<br />

10) Aum die nimt behändigte Ausfertigung einer neuen bürgerlimen Ordnung vom<br />

Il. April 1548 rimtet sim lediglim an die Bürgermeister und gemeinen Einwohner des<br />

Dammes vor WolfenbütteI: StA 2 Alt 7 698 fol. 8r-IOv.<br />

11) H. Sei f e r t, Vater und Sohn Lucas Cranam und die Belagerung von Wolfenbüttel<br />

im August IH2. BJb 52, 1971, S. HI-1l4.<br />

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zerschossen und die Erdrondelle der Befestigung zum Teil niedergerissen. Zahlreiche<br />

Häuser und Katen der Einwohner waren verbrannt. Eine Beute der Sieger ist auch<br />

der Inhalt der herzoglichen Kanzlei geworden. Sie befand sich zu jener Zeit gegenüber<br />

dem Schloß auf dem Gelände des Kleinen Schlosses 12). An die Spitze dieser<br />

Kanzlei hat Heinrich d. J. später, 1556, einen Juristen von europäischem Rang als<br />

Kanzler berufen. Es war Dr. Joachim Mynsinger von Frundeck.<br />

Während der Schmalkaldischen Besetzung scheint die Heinrichstadt, derzeit Neustadt<br />

genannt, nicht mehr über die 1540 eingesetzten Bürgermeister verfügt zu haben.<br />

Die burger der Neustat zu Wulffenbuttel haben 1545 ohne diese ihre vorgesetzten<br />

Organe mit den Siegern verhandelt. Dem 1547 heimkehrenden Herzog hinterließen<br />

die Eroberer ein Schloß, das für die Aufnahme der fürstlichen Hofhaltung kaum<br />

noch geeignet war. Vor allem hat es an intakten Wirtschaftseinrichtungen gefehlt,<br />

die den Unterhalt des Hofstaates hätten gewährleisten können. Im Jahr 1548 empfahl<br />

Balthasar von Stechow, der herzogliche Groß vogt zu Wolfenbüttel, seinem Herrn,<br />

folgende Bauten unverzüglich in Angriff zu nehmen: einen Schafstall, ein Vorwerk,<br />

ein Schweinehaus, zwei Scheunen, einen Ochsenstall und einen Pferdestall 13 ). Nicht<br />

einmal Schweine gab es mehr in ausreichender Anzahl; von Stechow hatte Befehl,<br />

das Borstenvieh anzukaufen, allerdings nicht mehr schwein, dann zu unserer hoffhaltung<br />

notturfftig 14). Beim Schloß lagen die Einfriedigungen und Zäune verwüstet<br />

danieder. Um sie im Sommer des Jahres 1548 wieder herzurichten, war die Arbeit<br />

von 60 Zimmerleuten erforderlich 15). Gleichfalls am Schloß und bei der Marienkapelle<br />

verwilderten und verwucherten die fürstlichen Gärten, in denen früher einmal<br />

Springbrunnen geplätschert hatten. Zu Trümmern zusammengesunken war das<br />

fürstliche Lusthaus. Noch um die Jahreswende 1547/48 erhielt der Baumeister Simon<br />

aus <strong>Braunschweig</strong> den Auftrag, das Haus wieder aufzurichten 16). Angesichts des Ausmaßes<br />

der Zerstörungen kann es nicht verwundern, daß der Herzog anfangs gezögert<br />

hat, das Schloß W olfenbüttel überhaupt wieder als W ohn- und Regierungssitz<br />

einrichten zu lassen. Der Aufenthalt in Gandersheim erschien ihm aus mancherlei<br />

Gründen liebenswerter.<br />

Einen niederschmetternden Eindruck machte auch die Bevölkerungsentwicklung.<br />

1548 lebten in der Siedlung auf dem Damm einschließlich der fürstlichen Räte und<br />

des Kanzleipersonals 37 Hauswirte; bei "unser lieben frauen" waren es 36, zu denen<br />

noch einmal 18 Mieter kamen. Im gleichen Jahr sind in der Dammsiedlung einschließlich<br />

der fürstlichen Wirtschaftsbetriebe und Wachhäuser 45 Feuerstätten unterhalten<br />

worden. Man kann sich wohl die Verhältnisse nicht klein genug vorstellen;<br />

denn das Schloß allein barg ebenfalls bereits 35 Feuerstellen. Die hier genannten<br />

12) Zur Lage und frühen GesdJidlte der Kanzlei H. K 1 ein a u, GesdJidJte des NiedersädJsisdJen<br />

StaatsardJivs in Wolfenbüttel (Veröff. d. Nds. ArdJivverwaltung, Bd. I), 1953,<br />

S. 15 ff.<br />

18) StA 1 Alt 8 Nr. 47 fol. 51.<br />

14) ebendort fol. 73.<br />

15) ebendort fol. 53.<br />

50<br />

16) ebendort fol. 19.<br />

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Zahlen sind die frühesten, die über die Wolfenbütteler Bevölkerungsstatistik vorliegen<br />

17).<br />

Erst der Sieg des Herzogs und seines Verbündeten Kurfürst Moritz von Sachsen<br />

über Markgraf Albrecht AIcibiades von Brandenburg (Kulmbach-Bayreuth) in der<br />

Schlacht von Sievershausen 1553 erlaubte Heinrich d. J. die Wiederaufnahme der<br />

Baumaßnahmen in größerem Stil. Das Schloß ist allmählich wiederhergestellt worden.<br />

An die Stelle der alten zerstörten Befestigungen begann man neue, in italienischer<br />

Manier erstellte Anlagen zu setzen. Wichtiger Ratgeber des Herzogs ist hierbei der<br />

kaiserliche Oberst Lazarus von Schwendi Freiherr zu Hohenlandsberg (Elsaß) gewesen.<br />

In der Zeit von 1548 bis 1568 hat er selbst dreimal in Wolfenbüttel zu Besuch<br />

geweilt. Er vermittelte dem Fürsten den italienischen Festungsbaumeister Francesco<br />

Chiaramella di Gandino aus den Niederlanden. 1559 und 1560 hat dieser an den<br />

Bastionen für die Dammfeste gearbeitet. Daß er auch am Schloß gebaut hat, läßt sich<br />

freilich nicht erweisen 18).<br />

Ob der Ausbau der Festung in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Verfassungsentwicklung<br />

gestanden hat, ist möglich, aber noch unerforscht. J edenfaIIs<br />

begegnen erst 1567 zwei weitere, und zwar die wichtigsten städtischen Verfassungseinrichtungen:<br />

der Rat und die Ratsgerichtsbarkeit. Am Il. Juli 1567 räumte der<br />

Herzog den beiden Bürgermeistern und dem Rat der Neustadt - der Bürgermeister<br />

auf dem Damm wird nicht mehr gedacht - das Recht ein, drei- oder viermal jährlich<br />

Gericht zu halten 19). Es handelt sich um die Verleihung der niederen Gerichtsbarkeit<br />

an den Rat, der fortan für alle Rechtsfälle zuständig sein soll, die nicht unter<br />

den vom Stadtherrn aufgerichteten Burgfrieden fallen. Die verwirkten Gerichtsbrüche<br />

durfte der Rat vereinnahmen und zum Bau eines mit Steinen gepflasterten<br />

Weges verwenden. Von hier aus war es nur noch ein kurzer Schritt, um die Heinrichstadt<br />

auch mit dem Marktrecht zu privilegieren. Die Urkunde darüber ist am<br />

7. August 1570 von Herzog JuIius, dem Sohn und Nachfolger Heinrichs d. J., ausgestellt<br />

worden 20). In der Datumszei'le des Stückes hat er festhalten lassen, daß an<br />

diesem Tage das erste Floß seiner neu eingerichteten Harzflößerei auf der Oker vor<br />

der Heinrichstadt angekommen ist. Hinfort sollten in der Heinrichstadt - der Name<br />

Neustadt wird jetzt abgelegt - zwei Jahrmärkte und zwei Wochenmärkte, mittwochs<br />

und sonnabends, abgehalten werden. Außerdem verlieh der Herzog Bürgermeistern<br />

und Rat das Recht, ein Stadtwappen zu führen. Dasselbe wählte er aus der Helmzier<br />

seines Hauses und ließ es farbig auf das Pergament des Marktprivileges malen. Wenig<br />

17) StA 2 Alt 7698 fo!. I1r-14v.<br />

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18) W. D. Mo h r man n, Der .. welsche pawmaister" Chiaramella in Wolfenbüttel.<br />

BJb 57,1976, S. 7-22 und Nachtrag ebenda 58, 1977, S. 127 f.<br />

18) Die Verleihung der niederen Gerichtsbarkeit an den Rat der Neustadt StA 40 Slg<br />

5875 (Druck), S. 18-20.<br />

ID) StA 46 Urk 6, beh. Ausfertigung. Druck: ebenda 40 Slg 5875. S.24-28. Vgl. im<br />

Zusammenhang H. K 1 ein au, GOV (wie Anm.4), S.722; H. W i s w e, Handel und<br />

Wandel in Wolfenbüttel vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: K ö ni g (wie Anm.8),<br />

S.II-32·<br />

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mehr ausreichend bewältigt werden. Der Renaissancebau der neuen Kanzlei ist bis<br />

zur Mitte des 18. Jahrhunderts der zentrale Regierungs- und Verwaltungsbau des<br />

Fürstentums Wolfenbüttel geblieben 24).<br />

Man übersieht angesichts dieser imposanten Planungen und Maßnahmen leicht,<br />

daß sich die Bauprojekte des Herzogs Julius mit der Realität nicht immer zur Dekkung<br />

bringen ließen. Wahrscheinlich herrschte gegen Ende des Jahrhunderts eine<br />

regelrechte Baueuphorie; denn 1598 erklärten die herzoglichen Räte ihrem Herrn<br />

unverblümt, daß die Heinrichstädter die Feste Wolfenbüttel im Falle der Not keineswigs<br />

würden halten können 25). Offenkundig stand die Größe der Festung mit<br />

der Zahl der Bevölkerung in keinem rechten Verhältnis mehr zueinander. überdies<br />

ist unverkennbar, daß unter Herzog Julius erhebliche Spannungen in der Stadtbevölkerung<br />

herrschten. Sie haben sich freilich erst unter seinem Sohn und Nachfolger<br />

Heinrich Julius (1589-1613) entladen. Die Bewohner des Gotteslagers haben<br />

versucht, sich vom Heinrichstädter Rat zu emanzipieren und eine selbständige Stadt<br />

zu konstituieren. 1591 beschwerte sidJ. der Rat der Heinrichstadt beim Stadtherrn,<br />

daß im Gotteslager ein eigener Rat gebildet worden sei, der Bürgergeld erhebe und<br />

ein eigenes Siegel führe 26). Das Siegel scheint nie benutzt worden zu sein; wahrscheinlich<br />

hat der Herzog eingegriffen. Es war 1729 noch vorhanden und trug die<br />

Umschrift: Der neuen Heinrichstadt wapen im Gotteslager 27).<br />

Im Zuge des Konflikts zwischen Heinrichstadt und Gotteslager ist es 1596 zum<br />

Versuch einer Verfassungsänderung »von unten" gekommen. Am 18. August 1596<br />

verlangte ein Ausschuß von sechs geschworenen Männern, den vornemsten einwonern<br />

dieser stadt, von den beiden Bürgermeistern der Heinrichstadt zur unfuege Einsicht<br />

in die städtischen Finanzen und eine Kontrolle derselben 28). Es ist dies das einzige<br />

Mal, daß in Wolfenbüttels Geschichte ein solcher Bürgerausschuß begegnet; irgendwelche<br />

Folgen hat er nicht gezeitigt. Es kennzeichnet jedoch die Situation, daß die<br />

Mehrzahl der Geschworenen aus dem Gotteslager stammte und früher selbst Grundbesitz<br />

in der Heinrichstadt besessen hatte.<br />

24) über die neue Kanzlei s. H. K lei n a u, Staatsarchiv (wie Anm. u), S. 24 H. und<br />

F. T h ö n e, Wolfenbüttel in der Spätrenaissance. Topographie und Baugeschichte unter<br />

den Herzögen Heinrim Julius und Friedrim UIrim 158g-1634; BJb 35, 1954, S. 1-74, hier<br />

S·54·<br />

26) StA 2 Alt 7749 foI. I: 1598 Sept. 2.<br />

28) StA 2 Alt 7717.<br />

27) StA 34 N Fb. I Nr. I, 2.<br />

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28) StA 34 N Fb. 1 Nr. I, I, foI. I: Notariatsinstrument aufgenommen am 18. Aug. 1596<br />

in der Kirche der Heinrichstadt durch den Notar Hieronymus Sander. Die sems Gesmworenen<br />

waren: Jürgen Meinherr, Austin Radeß, Berthold Wintergerste, Curt Reinellie, Thonnieß<br />

Reder und Henni Gremmers. Als der in der Kirche versammelte Rat dem H. Gremmers<br />

vorhalten ließ. daß er doch dem verordneten ratb in der Heinrichstat mit eiden und<br />

pflichten verwant were und derhalben ihme und seinen mitgesellen solche forderung ...<br />

nicht gebueret, da antwortete Gremmers unverdunckelt: er habe Herzog Heinrich Julius<br />

geschworen und nicht dem Rat; daher sei er auch lediglim dem Herzog mit Eiden und<br />

Pflichten verbunden.<br />

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53


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Die Festung Wolfenbüttel galt als stärkste Anlage ihrer Art in Norddeutschland.<br />

Sie wurde 1626 vom Oberst des Niedersächsischen Reichskreises, dem dänischen<br />

König Christian IV. 'besetzt, mußte aber bereits 16z7 vor den Truppen des luriserlichen<br />

Generals Gottfried Heinrich Graf von Pappenheim kapitulieren. Er hatte zwischen<br />

Groß Stöckheim und Leiferde einen Damm quer durch das Okerbett aufschütten<br />

lassen. Die furchtbaren überschwemmungen zwangen die dänische Besatzung in<br />

Stadt und Festung Wolfenbüttel zur Aufgabe. Fast 16 Jahre lang haben dann kaiserliche<br />

und bayerische Truppen Wolfenbüttel innegehabt. Auch eine Wiederholung<br />

der überschwemmung, die 164 I Schweden und Lüneburger durch einen neut'rlichen<br />

Dammbau ("Schwedendamm") verursachten, hat sie nicht vertreiben können 89).<br />

Erst im Jahre 1643 zog die Besatzung ab. Stadt und Feste wurden dem neuen Stadtherrn<br />

übergeben, der dies Ereignis in einer Münzprägung mit der Umschrift Tandem<br />

patientia victrix (Schließlich ist Geduld die Siegerin) feiern ließ.<br />

Gustavus Selenus nennt sich der Autor eines 'bedeutenden Buches über das Schachspiel,<br />

das in Hitzacker geschrieben und 1617 in Leipzig erschienen ist. Hinter dem<br />

Verfassernamen verbirgt sich niemand anders als Herzog August der Jüngere (1635-<br />

1666) aus der Dannenberger Nebenlinie der \Veifen. Der Tod Herzog Friedrich<br />

U1richs 1634 hatte ihm die Nachfolge im Fürstentum Wolfenbüttel beschert, in<br />

dessen ausgeblutete Residenz er am 13. September 1643 Einzug hielt. Ihm folgte<br />

seine in Hitzacker angelegte <strong>Bibliothek</strong>, die dann in Wolfenbüttel zur größten Büchersammlung<br />

des damaligen Europa erwuchs. - Die Heinrichstadt und die übrigen<br />

städtischen Siedlungsbezirke aber lagen danieder. Von den 16z6 vorhandenen 890<br />

Häusern waren 1643 330 völlig zerstört. Die Zahl der mit Bürgerrecht begabten<br />

Einwohner war von uso auf ea. 150 gesunken 40).<br />

Zur Stärkung des Wirtschaftslebens erteilte der neue Stadtherr 1646 ein Privileg<br />

auf fünf Jahrmärkte und einen Viehmarkt im Gotteslager. Damit einher gingen in<br />

den Jahren 1636 bis 1652 zahlreiche Gildeprivilegierungen für die Heinrichstadt. Das<br />

Instrument der Zunftrechtsverleihung ist in seiner Hand geradezu ein Mittel des<br />

städtischen Wiederaufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg geworden oll). Die Siedlungsfläche<br />

ließ Herzog August im Westen durch die 1652 begonnene Anlage der<br />

Auguststadt erweitern - eine stadtplanerische Konzeption die im Ausbau der Calenberger<br />

Neustadt in Hannover eine Parallele besitzt 42). Die Auguststadt bekam 1653<br />

eine eigene Kirche aus Fachwerk (St. Johannes). Ihre Innenausstattung wurde aus<br />

der fürstlichen SdlioßkapeIle zu Hessen genommen. Der Osten der Heinrichstadt ist<br />

1655 durch die neu errichtete Bastion Corneliusberg gesichert worden. Comclius van<br />

dem Bosch war der bedeutendste Festungsbaumeister Herzog Augusts d. J. Zum Bau<br />

des neuen Bollwerks benötigte er einen Großteil des Geländes der Gotteslagersiedlung<br />

Herzog JuIius'. Die von den Baurnaßnahmen betroffenen Bewohner scheinen<br />

39) H. V 0 ge s, Der Schwedendamm bei WoIfenbütteI, <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin<br />

1924, Sp. 33 ff.<br />

40) Verläßliche Angaben zu den Hofstätten in den Jahren 1585, 1626 und 1641 bei<br />

Ohnesorge (wie Anm.5), S.49 und 51.<br />

41) StA 34 N Fb. 1 Nr. XV, 14; vgI. Bus c h (wie Anm. 4), S. Z07.<br />

42) Busch (wie Anm.4), S. 117f.<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

daher aus dem Gotteslager in die Auguststadt umgesiedelt worden zu sein 43). Für<br />

das 1660 geschlossene Kaisertor, aus dem die im Jahre 1700 geweihte Trinitatiskirche<br />

wurde, ist das nach <strong>Braunschweig</strong> führende Herzogstor erbaut worden.<br />

Zur Reihe der wichtigen Einzelbauten unter August d. J. gehört ferner der Umbau<br />

der alten Kanzlei vor dem Schloß. Hier wurde 1643 ein kleines Palais für den<br />

Erbprinzen Rudolf August eingerichtet, das hernach von 1687 bis 1715 die WoIfenbütteler<br />

Ritterakademie aufnahm 44). Zur Unterbringung seiner Büchersammlung,<br />

die bei des Herzogs Tod auf 116000 Einzelschriften, gebunden in 35000 Bänden,<br />

angewachsen war, ließ der Fürst ab 1649 den Marstall umbauen 45). Mit besonderem<br />

Eifer aber widmete er sich dem Lieblingswerk seines Hauses, der Fortführung des<br />

von Paul Francke begonnenen Baus der Hauptkirche 46). Hier war 162 I unter der<br />

von Gottfried Fritzsche erbauten Orgel der fürstliche Hofkapellmeister Michael<br />

Praetorius beigesetzt worden 460). Der Herzog widmete sich vor allem der Ausgestaltung<br />

der Außenwerke des Kirchenschiffs, die bis 166o im wesentlichen abgeschlossen<br />

war. Als August d. J. 1666 in der Fürstengruft unter der Kirche beigesetzt<br />

wurde, da war mit ihm der Stadtherr dahingegangen, dem Wolfenbüttel seinen<br />

Wiederaufstieg nach dem Dreißigjährigen Krieg verdankte. Bereits unter seinem<br />

Sohn Rudolf August (1666-17°4), der 1685 seinen Bruder Anton Ulrich (1685-<br />

1714) als Mitregenten annehmen mußte, aber ist der Keim zum Ende der Residenzstadt<br />

gelegt worden.<br />

Die Eroberung <strong>Braunschweig</strong>s 1671 leitete die Auszehrung der Heinrichstadt im<br />

18. Jahrhundert ein. Freilich ist das zunächst noch überdeckt worden von der unveränderten<br />

Konstanz der Sozialstruktur. Die Stadtbevölkerung gliederte sich im letzten<br />

Drittel des 17. Jahrhunderts nicht wesentlich anders als im 18. Jahrhundert. So sind<br />

die Bevölkerungsanteile der Handwerker (61 0/,), der Hofbeamten (25%) und der<br />

Kaufleute (13 Ofo) erstaunlicherweise in etwa gleich geblieben 46b). Vor allem aber<br />

ist der schleichende Niedergang überdeckt worden von der etwa 50 Jahre währenden<br />

Blütezeit, in der Wolfenbüttel von Herzog Anton Ulrich bis zu Herzog Kar! I.<br />

(1735-1780) zu einem einzigartigen Denkmal norddeutschen Barocks ausgebaut worden<br />

ist. So wie Paul Francke der Baumeister der Renaissance, ist der fürstliche Bauvogt<br />

und Landbaumeister Hermann Korb der Baumeister des Barock in WoIfen-<br />

48) Damit rückte die Auguststadt in die Funktion einer Ersatzsiedlung für das z. T.<br />

abgetragene Gotteslager; vgI. T h ö n e, Geist und Glanz (wie Anm. 38), S. 101; Bus c h<br />

(wie Anm. 4), S. 118.<br />

U) Zur Bautätigkeit Herzog Augusts vgI. aIIgemein T h ö n e, Geist und Glanz (wie<br />

Anm. 38), S. 97 H. - A. Kuh I e n kam p, Die Ri tterakadcmie RudoIf-Antoniana in<br />

WoIfenbüttel 1687-1715 (Beiträge zur Gesdtichte der Carolo-Wilheimina, Bd. 3), 1975.<br />

") über das Sdtrifttum zur Herzog August <strong>Bibliothek</strong> informiert P. Raa be, Die<br />

Herzog August <strong>Bibliothek</strong> WoIfcnbüttel (Kleine Sdtriftcn der HAB Wolfenbüttel, Bd.2),<br />

1971, S. 82 ff.<br />

46) A. F in k, Die Marienkirdte, Hauptkirdte BMV, 1957.<br />

46 1 ) Zu Michael Praetorius jetzt W. D e e t er s, Alte und neue Aktenfunde über<br />

Michael Praetorius, BJb 51, 1971, S. 101-UO.<br />

lOb) VgI. Bus eh (wie Anm. 4), S. 159.<br />

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57


üttel geworden 46c). Er errichtete nach dem Bau des Waisenhauses in der Auguststadt<br />

(1698-17°4) auf dem Platz des ehemaligen Marstalles die <strong>Bibliothek</strong> (1705-<br />

1713) mit der berühmten Rotunde 47). In den Jahren 1714 bis 1716 gab er dem<br />

Schloß mit seinen unterschiedlichen Bauteilen die einheitliche glanzvolle Fassade. Die<br />

Trinitatiskirche, die 1705 abbrannte, wurde von ihm 1716 unter Einbeziehung der<br />

beiden älteren erhaltenen Türme wieder aufgebaut. Sie ist 1719 neu geweiht worden.<br />

In dieser Zeit ist der Leiter der von Herzog August hinterlassenen <strong>Bibliothek</strong><br />

Gottfried Wilhelm Leibniz gewesen. 1691 war er von den Herzögen Rudolf August<br />

und Anton Ulrich als Hofrat in sein Amt eingesetzt worden, das er bis zu seinem<br />

Tode 1716 innegehabt hat 48). - Kulturelles und künstlerisches Leben aber blühten<br />

auf vor dem Hintergrund eines zur politischen Bedeutungslosigkeit absinkenden<br />

Fürstentums Wolfenbüttel. Die Stadteinwohner hatten im Guten wie im Schlechten<br />

teil am politischen Engagement Herzog Anton Ulrichs, der den Kampf gegen die<br />

1692 von den hannoverschen Vettern gewonnene neunte Kurwürde zum Leitzicl<br />

seiner Politik machte.<br />

Im Frühjahr 17°2 tauchten plötzlich im Lechlumer Holz ceIIesche und hannoversche<br />

Truppen auf. Zur Gegenwehr war es zu spät. Das Fürstentum Wolfenbüttel<br />

war:in einem Tag und einer Nacht eingenommen und besetzt worden 49). Der Stadtherr<br />

hat auf dem Felde einer weitgespannten Heiratspolitik den Widerstand gegen<br />

die erfolgreicheren welfischen Vettern fortg·esetzt. 1708 gelang es ihm, seine Enkelin<br />

Elisabeth Christine mit einem Habsburger, König Kar! von Spanien, zu verheiraten.<br />

Die Prinzessin hat dazu ihrem lutherischen Glauben ahschwören müssen. Zur Erinnerung<br />

an jene Hochzeit mit dem Habsburger, der hernach als Kar! VI. Kaiser des Heiligen<br />

Römischen Reiches Deutscher Nation wurde, gestattete Anton Ulrich seinem<br />

Hofküfer Georg Horneber 1709, sein Gasthaus in der Komrnißstraße "Zur Krone<br />

von Spanien" zu nennen 50). Diese Vertiefung der Beziehungen zum Haus Habsburg<br />

brachte für die in der Stadt ansässigen Katholiken eine Erleichterung ihrer Religionsausübung<br />

mit sich. 1707 erlaubte ihnen der Herzog, der 1710 ebenfalls konvertierte,<br />

die Errichtung eines eigenen Bethauses in der Krummen Straße 51).<br />

Olle) U. von A I v e n sie ben, Die <strong>Braunschweig</strong>ischen Schlösser der Barockzeit und<br />

ihr Baumeister Hermann Korb, 1937; T h ö n e, Geist und Glanz (wie Anm. 38), S. 110 ff;<br />

zu den Hofbeamtenhäusem jetzt 0 h n e s 0 r g e (wie Anm. 5), S. 85 ff.<br />

") Th. Vo g es, Die Geschichte der Herzoglichen <strong>Bibliothek</strong> zu Wolfenbütte1, in:<br />

Die <strong>Braunschweig</strong>er GNC-Monatsschrift, Dez. 1913, S.659-667.<br />

08) G. Sc he e I, Leibniz' Beziehungen zur Bibliotheca Augusta in Wolfenbüttel<br />

1678-1716, Bjb 54, 1973, S. 17l-199.<br />

49) G. Sc h n a t h, Die überwältigung <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttels durch Hannover<br />

und CelIe zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges, März 170l. BJb 56, 1975, S. 17-100.<br />

50) Wolfenbüttel. Wappen und Stadtgeschichte. Eine Ausstellung des Nds. Staatsarchivs<br />

in Wolfenbüttel (zusammengestelIt von W. D e e t e r s u. D. M a t t he s) (Veröff. d.<br />

Nds. Archivverwaltung, Beiheft u), 1970, S. 15.<br />

51) J. K ö n i g, Zur Geschichte der katholischen Gemeinde in Wolfenbüttel, in:<br />

Festschrift zur Weihe der St. Ansgar-Kirche in Wolfenbüttel am Sonnabend, dem 5. Mai<br />

1973, Wolfenbüttel 1973, S. 15-25.<br />

58<br />

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Die Verfassung der Heinrichstadt aber erlebte in dieser Zeit die typischen Eingriffe<br />

eines absolutistischen Stadtherrn. Das Präsentationsrecht des Rates wurde von<br />

Herzog Anton Ulrich so verändert, daß der Fürst von sich aus das Bürgermeisteramt<br />

mit ihm geeignet erscheinenden Personen besetzte. Der Protest des Heinrichstädter<br />

Rates, der auf sein in den Statuten von 1601 verbrieftes Vorschlagsrecht pochte, verhallte<br />

wirkungslos 52). Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, den Bürgermeister<br />

überhaupt als fürstlichen Diener und stadtherrlichen Beamten zu etablieren. Sein<br />

Amt war zeitweilig gekoppelt mit dem des landesherrlichen Landfiskals 53). Das hatte<br />

zur Folge, daß sich vorübergehend die Praxis ausbildete, die eine der beiden BürgermeistersteIlen<br />

mit einem ausgebildeten Juristen zu besetzen 54). Ebenfalls ist die<br />

städtische Finanzverwaltung umgebildet worden. Nach den Statuten von 1601 gehörte<br />

ihre Ausübung zu den Aufgaben der zwei Bürgermeister. Sie hatten acht Tage<br />

nach dem Dreikönigstag vor Schultheiß und Rat zur Rechnungsabhörung zu erscheinen.<br />

1715 werden besondere Stadtkämmererämter geschaffen, die mit den beiden<br />

ältesten Ratsmitgliedern zu besetzen waren 55). Die Bürgermeister kontrollieren fortan<br />

die Kämmerer, nehmen deren Aufgaben aber nicht mehr selbst wahr. Verändert<br />

wird gleichfalls die Zahl der Ratsmitglieder. Während sich 1645 noch 11 Ratsherren<br />

feststellen lassen, sind es zu Beginn des 18. Jahrhunderts nur noch acht Personen,<br />

deren Zahl sich seit etwa 1730 auf zehn erhöht hat.<br />

Im Folgejahr 1731 starb Herzog August Wilhelm. Er war der letzte seines Geschlechts,<br />

der in der Fürstengruft unter der Hauptkirche zur Ruhe gebettet wurde.<br />

Seit der Schlacht von Sievershausen 1553 hatte das Grabgewölbe der Kirche Angehörige<br />

der fürstlichen Familie aufgenommen. So ruhen hier die Söhne Heinrichs d. J.,<br />

Kar! Viktor und Philipp Magnus (beide gef. 1553), Heinrich d. J. selbst (gest. 1568)<br />

und dessen Sohn Herzog Julius (gest. 1589). Im Erbbegräbnis unter dem Chor stehen<br />

die Särge von 2.9 Angehörigen des Herzogshauses, darunter die von Herzog Heinrich<br />

Julius (gest. 1613), dessen beiden Söhnen Friedrich U1rich (gest. 1634) und Christi an,<br />

dem Bischof von Halberstadt, (gest. 1626). Ferner ruhen hier August d. ]., Anton<br />

U1rich (gest. 1714) und eben Herzog August Wilhelm 56).<br />

Nach seinem Tod begann im Folgejahr der Auszug der Behörden aus der Residenz.<br />

Die Kammer machte 1732 den Anfang und zog nach <strong>Braunschweig</strong>. Es schlossen<br />

sich an das Forstamt und 176 I die Kriegskasse, der 1771 die Klosterratsstube<br />

folgte. Innerhalb dieses gestreckten Prozesses markiert das Jahr 1753 den spürbarsten<br />

Einschnitt. Der Herzog gestattete seinen Beamten, ihre bis dahin vor dem Schloß<br />

62) StA 34 N Fb. I Nr. I, I, fol. 117. Am 21. Nov. 1701 Hrecommendiert" Herzog Anton<br />

Ulrich den Bürger und Handwerksmann Nikolaus Wilhelm Ulrich zur Aufnahme in den Heinrichstädter<br />

Rat bei der nächstfolgenden Vakanz einer Ratshermstelle: StA 2 Alt 7760 fol. 64.<br />

63) Das ist beispielsweise der Fall gewesen beim Bürgermeister Joh. HeinridJ. Schlüter in<br />

den Jahren 1698 und 1699: StA 1 Alt 7760 fol. 49 ff, 56r-57v.<br />

6') StA 1 Alt 7761 fol. 3r-4v (1703); vgl. auch StA 34 N Fb. I Nr. I, I (1719). StA 34<br />

N Fb. I Nr. I, I fol. 196 legt nahe, daß diese Praxis seit 1671 gehandhabt wurde.<br />

65) StA 1 Alt 7761 fol. 86r_ v und Nr.7762. Bereits aus dem Jahre 1709 liegt das Konzept<br />

eines Ratskämmereides vor: ebenda fol. 57r_v.<br />

66) S pie s (wie Anm. 5), S. 76 f.<br />

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und in der Heinrichstadt unterhaltenen Zweitwohnungen aufzugeben 57). Der ß.ehördenauszug<br />

brachte - sicher noch verstärkt durch die Auswirkungen des Siebenjährigen<br />

Krieges - einen überaus starken Bevölkerungsrückgang mit sich. In den Jahren<br />

zwischen 1750 und 1776 sank die Einwohnerzahl von ca. 9000 auf ca. 5600. Zu den<br />

Plänen einer Wiederbelebung der still gewordenen Residenz gehörte 1754 auch der<br />

Gedanke, die Universität von Helmstedt nach Wolfenbüttel zu verlegen. Er ist damals<br />

wie in den Folgejahren auf Ablehnung gestoßen.<br />

Dabei war in jener Zeit durchaus die Voraussetzung für einen neuen Aufstieg<br />

der Stadt gegeben. Die "Jurisdiktionsvereinigung" 58) von 1747 dehnte die gerichtliche<br />

Befugnis des Heinrichstädter Rates in Straf- und Zivilsachen auch auf die<br />

übrigen Siedlungsteile, die bis dahin noch dem Residenzamt Wolfenbütte1 unterstanden,<br />

aus. Sie beseitigte damit das zu vielfachen Reibungen führende Konkurrenzverhältnis<br />

zwischen dem Stadtrat und dem herzoglichen Amtmann von WoIfenbüttel.<br />

Die Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse auf der Grundlage der Heinrichstädter<br />

Statuten von 1601 hat jetzt auch die Vereinheitlichung des Stadtnamens<br />

nach sich gezogen. Jetzt erst, im Jahre 1747, ist die "Stadt Wolfenbüttel" ins Leben<br />

getreten. Der bis dahin allein an der Festung haftende Name ist auf die Gesamtheit<br />

der städtischen Siedlungsbezirke übergegangen. Die Gewalt des ehemals Heinrichstädter,<br />

nunmehr Wolfenbütteler Rates ist so an Inhalt und Umfang gemehrt worden.<br />

Dieser Vermehrung hat aber andererseits auch eine Verschärfung der stadtherrlichen<br />

Kontrolle entsprochen. Der gesamte Bereich der innerstädtischen Verwaltung,<br />

der "Polizei" im älteren Sinne, ist dem Rat genommen und einem eigens eingerichteten<br />

Polizei amt übertragen worden. Die Instruktion für die neue Behörde stammt<br />

vom 7. Januar 1749. Das Polizeiamt war mit vier fürstlichen Beamten unter dem<br />

Gerichtssd1Ultheißen an der Spitze besetzt und stand unmittelbar unter uns und unserer<br />

fürstlichen Geheimten Rahts-Stube" 59).<br />

Erst zwei Jahrzehnte später hat der Herzog auf diese direkte Kontrolle der wolfenbüttelschen<br />

Stadtverwaltung verzichtet. Er übertrug 1771 dem Rat die Einrichtung<br />

eines von euch abhängenden Polizey-Departements statt des bisherigen fürstlichen<br />

Polizey-Amtes, dergestalt, daß das ganze Magistrats-Collegium bey den Polizey­<br />

Sachen den Nahmen des Polizey-Departements annehmen sollte 60).<br />

Die äußere Politik des Stadtherrn war in diesen Jahren gekennzeichnet von einer<br />

ausgeprägten Hinwendung zum Königreich Preußen. Die preußisch-welfische Doppelhochzeit<br />

von 1733 trug zur Festigung dieser Bindung wesentlich bei. Damals wurde<br />

zur Nachfeier der Hochzeit des preußischen Kronprinzen Friedrich mit Herzog<br />

Karls I. Schwester Elisabeth Christine im Kleinen Schloß, dem Gebäude der einstigen,<br />

17Z3 durch Hermann Korb umgebauten Ritterakademie, eigens ein noch<br />

heute vorhandener Festsaal eingebaut. Im Hause Reichsstraße 1 nahmen Herzog<br />

57) Bege (wie Anm.9), 5.165; DeeterslMatthcs (wie Anm.50), S.Z5.<br />

58) Bege (wie Anm. 9), S. 154ff; D e ete rs/M a t the s (wie Anm. 50), S.13<br />

69) StA 34 N Fb.1 Nr. I, 18; vgI. aum K lei na u, GOY (wie Anm.4), S.711 und<br />

o h n e s 0 r g e (wie Anm.5), 5.51. f.<br />

60) Die Umwandlung des Polizei amtes in das Polizeidepartement mittels Reskript vom<br />

11. Nov. 1771 in StA 34 N Fb.1 Nr. I, ZI.<br />

60<br />

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Karl I. und seine Gemahlin Philippine Char!otte, die Schwester des preußischen<br />

Kronprinzen, ihre erste Wohnung 61). Das Paar ist 1735 in das fürstliche Schloß umgezogen.<br />

Dort ist ihm im gleichen Jahr 1735 der Erbprinz Kar! Wilhelm Ferdinand<br />

(1780-1806) geboren worden. Zu dessen Taufe am 14. Oktober 1735 reiste der<br />

preußische König Friedrich Wilhelm 1., der Großvater des Erbprinzen, nach WoIfenbüttel.<br />

Karl WilheIm Ferdinand und Julius sind die einzigen regierenden Herzöge<br />

von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg gewesen, die im Schloß Wolfenbüttel das Licht der<br />

Welt erblickt haben.<br />

Die Politik an der Seite Preußens führte das Fürstentum in den Siebenjährigen<br />

Krieg. Er bescherte der Stadt Wolfenbütte! zum dritten Mal in ihrer Geschichte den<br />

Schrecken fremder Eroberung und Besetzung. Nach hessischen und sächsischen im<br />

Schmalkaldischen sowie dänischen und kaiserlichen Truppen im Dreißigjährigen<br />

Krieg wird Wolfenbüttcl 1757 zum ersten Mal von einer französischen Besatzung<br />

heimgesucht. Zwar hat sie die Stadt bald wieder verlassen, doch kehrten die Franzosen<br />

unter dem Oberbefehl des Prinzen Xaver von Sachsen, einem Enkel Augusts<br />

des Starken, 1761 wieder zurück. Wolfenbüttel wurde belagert und heftig beschossen,<br />

wobei u. a. das Kleine Schloß in Brand geriet. Am 10. Oktober kapitulierte<br />

der Stadtkommandant von Stammer. Die Sieger preßten aus der Bevölkerung die<br />

hohe Summe von 200000 Talern, die nur mit Hilfe der beiden Wolfenbütteler<br />

Schutzjuden Meyer Gumpel und Samson Gumpe! aufgebracht werden konnte. Am<br />

15. Oktober 1762 rückten die Franzosen wieder ab. Aus der ruinierten Stadtbevölkerung<br />

nahmen sie acht Geiseln mit sich.<br />

An deren Spitze stand der Vizekanzler Georg Septimus Andreas von Praun. Erst<br />

1763 ist er in seine Dienstwohnung, dem Kanzlerhaus in der Kanzleistraße, zurückgekehrt.<br />

- G. S. A. von Praun 62), ein nüchterner Verwaltungsbeamter österreichischer<br />

Abstammung, ist mehr zum Leidwesen als zu dessen Freude der Vorgesetzte<br />

Lessings gewesen, der 1770 zur Leitung der <strong>Bibliothek</strong> nach Wolfenbüttel berufen<br />

worden ist. Von 1777 bis zu seinem Tode 1781 hat Lessing das später nach ihm benannte<br />

Lessinghaus bewohnt, das um 1739 als Wohnhaus für fürstliche Diener errichtet<br />

worden war 68). In die von Lessing schmerzlich empfundene Stille der einstigen<br />

Residenzstadt brachten erst die vor der Revolution aus ihrem Vaterland ausgewichenen<br />

französischen Flüchtlinge neues Leben. Die vornehmste Erscheinung unter<br />

diesen Emigranten in Wolfenbüttel, deren Zahl zeitweilig 240 Personen überstieg,<br />

ist zweifellos der ehemalige Marineminister König Ludwigs XVI. von Frankreich,<br />

der Marschall Charles Eugene Gabriel Marquis de Castries (1727-1800) ge-<br />

61) H. D r 0 y sen, Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von Braunsdlweig<br />

1732-1801. Bd. 1 (1732-1768), (Quellen u. Forsdlungen z. Braunsmw. Gesm., Bd. 7),<br />

1916, S. 3; s. aum StA 1 Alt II Nr.608.<br />

62) Knappe biographisme Angaben über v. Praun bei K lei na u (wie Anm. 12), S.67<br />

Anm·5·<br />

58) Tb. V 0 g es. Zur Gesdlimte des Lessinghauses in Wolfenbüttcl, Braunsmweigism<br />

es Magazin 1916, S.97-105; P. Raa be, Das Lessinghaus in WoIfenbütteI. 1978 (Kleine<br />

Sdlriften der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> WoIfenbüttel.,Heft 6).<br />

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61


wesen 64). In der Schlacht von Kloster Kamp (Kamp-Lintfort) hatte er 1760 Herzog<br />

Kar! Wilhe1m Ferdinand besiegt. Dieser stellte 1796 dem ehemaligen Kriegsgegner<br />

großzügig das Wolfenbütteler Schloß als Wohnsitz zur Verfügung.<br />

In eben jenen Jahren begann die Stadt, ausgehend von der Umgebung des SchlossC;,<br />

abermals ihr Aussehen zu verändern. Der Polizeidirektor Drost Räber von Rodenberg<br />

65), der bereits 1791 das Kleine Schloß und einen Teil des Schloßwalls gekauft<br />

hatte, ließ das Gebäude bis auf den jetzt noch stehenden Rest abbrechen und den<br />

Wall 1804 abtragen. Damit war das Ende der Festung Wolfenbüttel gekommen. Der<br />

Herzog erklärte Wolfenbüttel zu einer offenen Stadt, deren Befestigungen bis 1836<br />

eingeebnet oder zu Grünanlagen umgewandelt worden sind 66).<br />

Kampflos fiel die Stadt am 26. Oktober 1806 den napoleonischen Truppen in die<br />

Hände und blieb bis 1813 eine Provinzialstadt des Königreichs Westphalen unter<br />

König Jerome, dem Bruder Napoleons. Damit erlebte Wolfenbüttcl das Ende seiner<br />

"altbraunschweigischen" Zeit. Es hat sich besonders im Umbau der Stadtverfassung<br />

niedergeschlagen. Die neue "Mairieverfassung" beseitigte die Ratsgerichtsbarkeit und<br />

schaffte den vom Stadtherrn eingesetzten Gerichtsschultheißen sowie die aus der<br />

Mitte des Rates genommenen Bürgermeister ab. Richtungsweisend für die Zukunft<br />

wurde die Trennung von Justiz und Verwaltung, die mit einem 1808 für den Stadtkanton<br />

Wolfenbüttel eingesetzten Friedensgericht unter dem für vier Jahre ernannten<br />

Friedensrichter erzielt worden ist.<br />

Nach dem Untergang des Königreichs Westphalen sind jedoch Justiz und Verwaltung<br />

1814 zunächst wieder vereinigt worden. Das neugeschaffene Stadtgericht<br />

unter einem Stadtdirektor nahm jetzt die Rechtsprechung und die Verwaltung des<br />

städtischen Gemeindevermögens wahr. 1825 aber wird der Prozeß der Trennung<br />

von Justiz und Verwaltung eingeleitet. Die letztere obliegt nunmehr einem Stadtmagistrat,<br />

bestehend aus dem herzoglichen Kreisbeamten, dem Kämmerer, dem Sekretär<br />

und dem Polizeikommissar. Dem Magistrat gegenüber steht eine sechzehnköpfige<br />

Versammlung von Stadtdeputierten. An die Stelle des Kreisbeamten als<br />

Magistratsdirektor ist seit dem Jahre 1828 wieder der herzogliche Stadtdirektor getreten<br />

67). Er ist bis zum Jahre 1917 der erste Beamte in Wolfenbüttel geblieben.<br />

Einen Bürgermeister hat die Stadt bis dahin nicht mehr gekannt 68).<br />

14) R. R. Be er, Der Marquis de Castries. Gegner und Gastfreund Kad Wilhelm<br />

Ferdinands, Herzogs zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, BJb 56, 1975, S. 111-170.<br />

85) über diesen um die Stadt Wolfenbüttel hochverdienten und zu Unrecht in Vergessenheit<br />

geratenen Beamten s. P. Z i m m e r man n, Herzog Friedrich Wilhelm und<br />

Drost von Rodenberg, <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin 1897, S. 1-5 und 9-15.<br />

88) 0 h n e s 0 r g e (wie Anm. 5), S.57.<br />

17) Zur Stadtverfassung und -verwaltung finden sich einschlägige Hinweise bei H.<br />

M und h e n k e, Die Entwiddung der braunschweigischen Kreisverfassung von 1814-1884,<br />

BJb 35, 1954. S. 117-144; derselbe, Die Entwicklung der braunschweigischen Gerichtsverfassung<br />

von 1814-1877, in: Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesens im Lande <strong>Braunschweig</strong><br />

(Quellen und Forschungen z. braunschw. Gesch., Bd.14), 1954, S.107-135; R.<br />

He i n e man n, Zur Geschichte des Stadtgerichts Wolfenbüttel, BJb 54, 1973, S. lIO-UO.<br />

88) Daß gegen diesen Zustand durchaus ernsthafte verfassungs rechtliche Bedenken erhoben<br />

worden sind zeigt die scharfsinnige Schrift von A. Bau m gar t e n, Der Rechtszustand<br />

im Stadtmagistrat zu \Volfenbütte1, Wolfenbüttel 1892. .<br />

61<br />

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zelten unternehmerischen Sozialmaßnahmen gekommen. 1856 wurde in den bei den<br />

Zigarrenfabriken von Dosse und Stamm eine "Kranken-Sterbecasse für Cigarrenarbeiter"<br />

gegründet 73).<br />

1868, als die Einwohnerzahl der Stadt auf 10000 anstieg, gab es drei größere<br />

Fabriken in WoIfenbütteI, von denen jede 100 und mehr Arbeiter beschäftigte. Es<br />

waren die Ravensberger Spinnerei, die Maschinenfabrik Zickerick und die Eisengießerei<br />

Luther und Peters. Als frühe Organisationsform der Arbeitersdlaft ist 1866 ein<br />

Arbeiter-Bildungsverein gegründet worden, zu dessen hervorragendsten Lehrern Samuel<br />

Spier gehörte. Im Hauptberuf war Spier Erzieher an der Samson-Sdlule, einem<br />

der geistigen Zentren des Judentums im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> 74). Spier hat 1869<br />

zusammen mit Bebel und Liebknecht den "Allgemeinen Deutsdlen Social-Democratischen<br />

Arbeiter Congreß" nach Eisenach einberufen. Er wurde damit zu einem der<br />

Gründungsväter der heutigen SPD 75).<br />

Die wirtschaftliche Lage eines großen Teiles der Stadtbevölkerung ist während<br />

der Gründerjahre 1870 bis 1890 nicht durchgängig befriedigend gewesen. Eine TeuerungswelIe,<br />

die 1872 insbesondere Lebensmittel und ländlidle Produkte ergriffen<br />

hatte, führte am 17. Juli dieses Jahres zu einem gewalttätigen Aufruhr von 3000 bis<br />

4000 Wolfenbüttelern. Ausgelöst wurde er von den auf dem Stadtmarkt einkaufenden<br />

Hausfrauen, die ihre Wut über die gestiegenen Preise an den Bäuerinnen und<br />

deren Marktwaren ausließen. Die Hausfrauen übertrafen sich gegenseitig im Umstürzen<br />

der Kiepen, Zertreten der Hühnereier und Umhersdlleudern der Butterstücke.<br />

Und das erscheint bei dem Temperament der meisten dort kaufenden Frauen<br />

sehr natürlich, bemerkt der Polizeiberidlt lakonisch. Die Empörung steigerte sich<br />

zu Angriffen auf die Häuser einzelner Wolfenbütteler Kaufleute. Sie wurde durch<br />

den Einsatz von Polizei und Militär beendet 76).<br />

Auch heute nodl spiegeln sich die Gründerjahre in einer Reihe von Bauten im<br />

Stadtbild wider. Am HarztorwaII ist 1872 das herzogliche Lehrerseminar erridltet<br />

worden. Es setzte die seit 1753 bestehende Tradition der Lehrerausbildung im Herzogtum<br />

<strong>Braunschweig</strong> fort, die vom Waisenhaus in der Auguststadt ihren Ausgang<br />

nahm. Für die große 'Sdlule, einem humanistischen Gymnasium, das anfänglich in der<br />

Kommisse untergebracht war, wurde 1879 ein neu es Haus am RosenwaU erbaut. Es<br />

folgte 1875 in der WaIIstraße der Klinkerbau der I. Bürgerschule, dem sich 1898 der<br />

Bau der 11. Bürgerschule in der Karistraße ansdlloß 77).<br />

7S) StA 34 N Fb. 1 Nr. XIX, 60.<br />

74) H. Sc h u I z e, Beiträge zur Gesmimte der jüdismen Gemeinde in Wolfenbüttel.<br />

Teil I. BJb 48, 1967. S. 23-61; Teil H, BJb 49, 1968, S.61-85; derselbe, Samuel Meyer<br />

Ehrenberg 1773-1853, BJb 54, 1973, S.269-275.<br />

75) G. Eck e r t, Samuel Spier und Samuel Kokowsky in den Reihen der Braunsmweiger<br />

Arbeiterbewegung, in: Brunsvicensia Iudaica (Braunsmweiger Werkstücke, Bd. 35), J966,<br />

S. 71-93.<br />

76) IStA 12 A Neu Fb. 5 Nr. 6225.<br />

77) G. Füll n er, Wie Wolfenbüttel Stadt der Smulen wurde, in: K ö n i g (wie<br />

Anm. 8), S. 125-139, hier S. 129.<br />

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Man kann nicht von den Wolfenbütteler Schulen im 19. Jahrhundert sprechen,<br />

ohne die beiden Frauen zumindest zu nennen, die in der Geschichte der deutschen<br />

Pädagogik eine widltige Rolle gespielt haben. Seit 1864 unterhielt Henriette Breymann<br />

in der früheren Gastwirtsdlaft "Hartmannslust" am Neuen \Veg ein Mädchenpensionat,<br />

in dem sie Kindergärtnerinnen nach den Grundsätzen ihres Onkels Friedrich<br />

Fröbel ausbildete. Mit Henriette Breymann befreundet - später haben sich ihre<br />

Wege getrennt - war Anna Vorwerk. Sie hat 1866 im Schloß einen Kindergarten<br />

- das Wort ist eine Sdlöpfung Fröbels - gegründet, aus dem sidl hernadl eine höhere<br />

Mädcllensdlule und ein Lehrerinnenseminar entwickelt hat 78). Der <strong>Bibliothek</strong>sdirektor<br />

und Historiker Otto von Heinemann hat hier zeitweilig das Facll Geschidlte<br />

unterrichtet. Er ist es aucll, dem der heutige <strong>Bibliothek</strong>sbau zu verdanken ist, der von<br />

1882 bis 1886 nacll den Plänen von Kar! Müller und Gustav Bohnsack ausgeführt<br />

wurde 79). Die alte Bibliotheca Augusta, jener Korbsdle Rundbau, in dem Lessing<br />

gearbeitet hat, ist 1887 abgebrocllen worden. Sie hatte zuletzt ihre unteren Räume<br />

als Stallungen für Kavalleriepferde hergeben müssen.<br />

Die Reihe der Kulturbauten in Wolfenbüttel wird nacll der Jahrhundertwende<br />

mit dem Theaterneubau fortgesetzt, nachdem das 1835 von Kar! Theodor Ottmer im<br />

Sdlloß eingerichtete Theater aus feuerpolizeilichen Gründen 1904 hatte geschlossen<br />

werden müssen. Der 1909 fertiggestellte Neubau bekam im Jahre 1929 den Namen<br />

"Lessingtheater" 80). Diese rege Bautätigkeit ist aus doppeltem Grunde bemerkenswert.<br />

Zum einen verfügte die Stadtverwaltung über eine nur unvollkommene Organisation<br />

der Bauplanung. Ein eigenes Stadtbauamt ist erst 1908 eingerichtet worden.<br />

Zum andern kam es zwischen 1902 und 1911 beinahe Jahr um Jahr zu kleineren<br />

Streiks bei Wolfenbütteler Handwerksbetrieben. Gleidlwohl sdleint deren Leistungsfähigkeit<br />

davon nidlt ernsthaft beeinträdltigt worden zu sein 81).<br />

Die Gesdlicllte Wolfenbüttels im Ersten Weltkrieg untersdleidet sidl kaum von<br />

der vergleidlbarer Städte in dieser Zeit. Nocll kurz vor Kriegsausbrucll hielt am<br />

7. März 1914 vor dem "Socialdemocratisdlen Arbeiterverein" der Redltsanwalt Dr.<br />

Heinricll Jasper, der spätere braunsdlweigisdle Ministerpräsident, einen Vortrag zum<br />

Thema" Was dem werktätigen Volk nottut". Wenig später, am 14. Mai 1914, erlebte<br />

die Stadt zum letzten Mal in ihrer Gescllichte den Glanz der Krone. Das Herzogspaar<br />

Ernst August und Viktoria Luise hielt Einzug in Wolfenbüttel. Alsbald<br />

aber forderte der Krieg seine Opfer aucll von der Okerstadt. Drei Jugendkompanien<br />

sind 1915 aufgestellt worden. Ihre Führer waren der Oberlehrer Wille, der Bankier<br />

78) I. 0 h I er ich. Anna Vorwerk (1839-19°0). in: Niedersächsische Lebensbilder,<br />

Bd.8, hrsg. v. E. KaI t hof f, 1973. S.167-197.<br />

71) H. M. er ass, <strong>Bibliothek</strong>sbauten des 19· Jahrhunderts in Deutschland. Kunsthistorische<br />

und architektonische Materialien, 1976, S. 46 H.<br />

80) W. Wes sei, Wolfenbüttel. Gestern - heute - morgen, in: K ö ni g (wie Anm.<br />

8), S. 179-100, hier S. 184 f.<br />

81) StA 34 N Fb.4 Nr. 171. Es wurden bestreikt: 1901 3 Zimmereibetriebe und 3 Baugeschäfte;<br />

1903 1 Maurerbetrieb; 1904 1 Metallwarenfabrik; 1906 9 Malerbetriebe und 7<br />

Maurerbetriebe sowie 1 Steinsetzerbetriebe; 1907 1 Maurerbetrieb; 1908 1 Dachdeckerbetriebe;<br />

1910 1 Maschinenfabrik; 1911 1 Zuckerwarenfabrik; 19U IZigarrenfabrik.<br />

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Seeliger und der Konsistorialpräsident Sievers 82). Zugleich hinterließ die Rohstoffknappheit<br />

des Reiches ihre Spuren. Beim Kaufmann Ernst Hagemann in der Karrenführcrstraße<br />

richtete man 1916 die Sammelstelle für Zinngegenstände (Bierkrugdeckel)<br />

ein, bei der im Verlaufe dieses Jahres 75 Bierkruge von den Einwohnern abgeliefert<br />

wurden. Die Prüfung des Kunstwertes dieser Bierkrugdeckel oblag dem<br />

Direktor des herzoglichen Museums in <strong>Braunschweig</strong>, dem rühmlich bekannten Geheimen<br />

Hofrat Prof. Dr. Paul Jonas Meier 83).<br />

Wie andernorts, so haben auch in Wolfenbüttel mittelständische Betriebe Lieferungen<br />

für den Heeresbedarf während der Kriegszeit geleistet. Dies gilt - um nur<br />

drei Namen 7.U nennen - für die Planen- und Zeltefabrik Jäger und die Möbeltischlerei<br />

Knust. Diese, die früher u. a. den herzoglichen Hof mit exquisitem Mobiliar ausstattete,<br />

hat - anfänglich gemeinsam mit der Landmaschinenfabrik Welger - Sanitäts-,<br />

Proviant- und Munitionsfahrzeuge gebaut 84).<br />

Noch während der Kriegszeit ist es zur entscheidenden Veränderung in der Stadtverfassung<br />

gekommen. An die Stelle des vom Herzog eingesetzten und vom Staat besoldeten<br />

obersten städtischen Beamten, des Stadtdirektors, trat 1917 ein von der<br />

Stadtverordnetenversammlung gewählter Magistratsvorsteher. Die Wahl fand am<br />

I. April 1917 statt. Die Entscheidung fiel einstimmig auf den Rechtsanwalt und Notar<br />

Paul Eyferth, dem am 18. April 1917 Herzog Ernst August den Titel eines Bürgermeisters<br />

verlieh 85). Mit seiner Wahl bekam Wolfenbüttel seit dem Ende seiner alt­<br />

'braunschweigischen Zeit zum ersten Mal wieder einen Bürgermeister. - In Verhandlungen<br />

mit dem Finanzkollegium ist es Eyferth gelungen, das Schloß, dessen nördlicher<br />

Mittelbau 1918 völlig ausbrannte, im Jahre 1919 zur Nutzung auf 99 Jahre für<br />

die Stadt zu erwerben. Im gleichen Jahr gelang es ihm, die beiden Rittergüter Linden<br />

und Neindorf für Wolfenbüttel zu kaufen. Sie sind bis 1929 bewirtschaftet und hernach<br />

verpachtet worden. 1924 konnten 336 ha Land von den Gemeinden Atzum,<br />

Ahlum, Wendessen und Linden erworben werden. Damit bekam die Stadt jetzt erst<br />

das, was ihr von Beginn an gefehlt hat, nämlich eine eigene Feldmark, die den nötigen<br />

Raum zur Ausdehnung bot 86).<br />

Paul Eyferth ist 1933 nach einem segensreichen Wirken von den Nationalsozialisten<br />

abgesetzt worden, pensioniert im Interesse des Dienstes, wie es hieß. Sein Nachfolger<br />

wurde Bürgermeister Fritz Ramien. Unter seiner Führung bemühte sich die<br />

Stadt um die Ansiedlung neu geschaffener Verwaltungsstellen des Dritten Reiches.<br />

Wolfenbüttel strebte danach, Sitz des Reichsnährstandes zu werden. Es blieb aber<br />

gegenüber dem konkurrierenden Goslar, das diesen Wettstreit 1934 für sich ent-<br />

82) Zum Vortrag von H. Jasper StA 34 N Fb.4 Nr. 340; zu den Jugendkompanien StA<br />

Il7 Neu I, vorI. Nr.468 ..<br />

83) StA Il7 Neu I, vorI. Nr. 506.<br />

84) (W. K n u s t sen.) Gesdlidlte eines alten Gewerbebetriebes, Wolfenbüttel 1945,<br />

S.17·<br />

85) StA Il A Neu Fb.13 Nr.s642; vgI. P. E y f e r t h, Erzähltes und Erlebtes aus<br />

WolfenbütteI in den letzten hundert Jahren, 1955, S. 9 f.<br />

86) Zur Nutzung des Sdllosses und zum Kauf der Rittergüter s. E y f e r t h (wie Anm.<br />

85), S. 15; W. Wes sei (wie Anm.80), S. 185 f.<br />

66<br />

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scheiden konnte, unterlegen 87). Von besonderer Bedeutung erwies sich in den Folgejahren<br />

die Gründung der Hüttenwerke in Salzgitter. Wolfenbüttel geriet damit in<br />

den Einzugsbereidt der Großindustrie, was sich in einem sprunghaften Anstieg der<br />

Einwohnerzahl bemerkbar machte. Die Stadtbevölkerung ist von 1935 bis 1939 um<br />

5000 Einwohner auf 14800 Personen angewadtsen. Die nahegelegene Industrie<br />

machte eine neue Verkehrsplanung erforderlidt, die im imposanten Neubau eines<br />

Bahnhofs beim heutigen Schwimmbad gipfeln sollte. Indessen ist es dazu nidtt mehr<br />

gekommen. Wohl aber erlebte die Stadt 1939 noch einen sdtweren Eingriff in ihre<br />

alte Bausubstanz. Es war der Durchbrudt der Langen Straße, der ehemaligen Reichsstraße<br />

4, die als Zubringer zum Bahnhof bis zum Nordausgang von Haldtter führen<br />

sollte. Die wichtigsten Straßenbau- und Brückenarbeiten sind 1941 bis in Höhe des<br />

Lessingtheaters fertiggesteIlt worden und kamen dann infolge des Krieges zum<br />

Erliegen 88). Widttiger waren jetzt Schutzbauten für die Zivilbevölkerung geworden.<br />

Auf dem Schützenplatz in der Auguststadt ging man an die Aushebung von Dekkungs-<br />

und Splittersdtutzgräben. Im ehemaligen Eiskeller in der Marktstraße 1-3<br />

wurden Luftschutzräume eingerichtet. Dem gleidten Zweck dienten auch die Kellergewölbe<br />

des Archivs, des ehemaligen Kanzleigebäudes in der Kanzleistraße 89). Der<br />

Ratsbeschluß zu diesen Maßnahmen stammt vom 9. April 1940. Unter solchen Vorzeichen<br />

schritt die Stadt wenige Tage später am 13. April zum großen Festakt ihrer<br />

400-Jahr-Feier.<br />

Den Wirkungen des Nationalsozialismus ist Wolfenbüttel nidtt minder ausgesetzt<br />

gewesen als andere Städte. Als 1942 der Bürgermeister der Beigeordnetenversammlung<br />

den Erwerb des jüdischen Friedhofs für die Stadt mitteilte, da hat man<br />

beiläufig die Verwertung der Grabdenkmäler als Schrottmaterial erörtert .•• 90).<br />

Am 18. Juli 1944 endete durch Selbstmord Werner Schrader. In den Händen des<br />

Oberstleutnants Schrader befand sich zeitweilig der Sprengstoff, mit dem am zoo Juli<br />

1944 IIider getötet werden sollte. Schrader ist im Zivilberuf Oberlehrer in Wolfenbüttel<br />

gewesen 91).<br />

Am II. April 1945 zogen amerikanische Truppen in die einstige herzoglidte Residenz.<br />

Der Krieg, der keinerlei nennenswerte Zerstörungen gebradtt hatte 92), war<br />

damit für die mit Flüdttlingen vollgestopfte Stadt zu Ende gegangen. Der Integration<br />

von 10000 Flüchtlingen und der Beschaffung von dringend benötigtem Wohnraum<br />

galt die größte Sorge des von den Siegern auf Vorschlag des dazu befragten Paul<br />

87) StA 19 B vorI. 1014.<br />

88) Wes sei (wie Anm. 80), S. 187.<br />

88) StA 34 N Zg. IOh977 vorI. Nr. 88. Später sind im Bereich der Weißen Schanze noch<br />

Panzergräben ausgehoben worden. Ihre letzten Spuren hat man 1951 beseitigt: StA K<br />

IZ9s6.<br />

80) StA 34 N Zg. IOh977 vor!. Nr. 88.<br />

81) E. A. R 0 I 0 f f, Bürgertum und Nationalsozialismus 1930-1933. <strong>Braunschweig</strong>s<br />

Weg ins Dritte Reich, 1961, S.7.<br />

82) Die Kriegsschäden beschränkten sich auf zwei Bombentreffer vom 14. Jan. 1944. Sie<br />

trafen das Gesundheitsamt im Kalten Tal und die Große Schule am Rosenwall: StA u A<br />

Neu Fb. 13 Nr. 45149 und 45164.<br />

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Eyferth eingesetzten neuen Verwaltungschcfs Willy Mull (1945 Bürgermeister, ab<br />

1946 Stadtdirektor, gest. 1975). Die in der Stadt ansässigen Betriebe vermochten diesen<br />

Menschenstrom nur in sehr beschränktem Maße aufzunehmen. Die Metallwerke,<br />

die während der Kriegszeit u. a. Patronenhülsen produziert hatten, wurden 1946<br />

demontiert 98). Immerhin arbeiteten aber noch vier Konservenfabriken und :z 1 Industriebetriebe.<br />

Die Zahl der selbständigen Handwerksunternehmen betrug 1946<br />

113 94 ).<br />

Der Wohnraumnot konnte erst wirksam begegnet werden, als von 1950 bis 1963<br />

an der Weißen Schanze eine Siedlungs fläche von 77 ha Land von den Gemeinden<br />

Fümmelse, Groß Stöckheim und Halchter erworben wurde 95). Der Verbundenheit<br />

mit ihren Flüchtlingen gab die Stadt mit der 1951 übernommenen Patenschaft für<br />

den schlesischen Kreis Landeshut Ausdruck.<br />

Die 1941 abgebrochenen Arbeiten an der Ortsdurchfahrt der ehemaligen Reichsstraße<br />

4 sind 1952 wieder aufgenommen worden. Auf den seinerzeit geplanten<br />

Bahnhofsneubau hat man freilich verzichtet. Wolfenbüttel hat sich seither ständig<br />

vergrößert. Die Einwohnerzahl wuchs von 36000 im Jahre 1950 auf 54000 im<br />

Jahre 1974. Durch das Eingemeindungsgesetz vom I. März 1974 erreicht dle Stadt<br />

mit nunmehr 78 Quadratkilometern Fläche die größte Ausdehnung ihrer bisherigen<br />

Geschichte 96). Das wirtschaftliche Leben wird bestimmt durch drei Großbetriebe<br />

der Spirituosenfabrikation, der chemischen Industrie und des Landmaschinenbaus sowie<br />

durch einen regen Einzelhandel. Die einst blühende Konservenindustrie ist jedoch<br />

stark zurückgegangen. Von den vier Konservenfabriken des Jahres 1946 besteht<br />

lediglich noch eine in Wolfenbüttel. Dieser Entwicklung entspricht ein Rückgang<br />

der Wolfenbütteler Garten- und Gemüseanbaubetriebe von 100 im Jahre 1951 auf<br />

gegenwärtig etwa 50.<br />

WoIfenbütteI hat sich heute zu einer beliebten Wohnstadt für die in Salzgitter<br />

und <strong>Braunschweig</strong> Beschäftigten entwickelt, wozu das ausgeprägte kulturelle Leben<br />

besondere Anreize geboten haben dürfte. Bereits 1946 ist es zur Gründung eines<br />

Kulturbundes und einer Volkshochschule gekommen. Theateraufführungen haben im<br />

Winter 1946/47 wieder eingesetzt und zunächst im Schloß stattgefunden, da das<br />

Lessingtheater von Engländern besetzt war. In jenen Jahren verlor das Kulturleben<br />

der Stadt einen seiner bedeutendsten Träger, der im Grunde wie ein Fossil aus herzoglicher<br />

Zeit noch in die grauen Nachkriegsjahre hinüberragte. 1951 schloß Ferdinand<br />

Saffe (geb. 1867) für immer die Augen. Er war herzoglich-braunschweigischer<br />

Musikdirektor und Organist an der Hauptkirche BMV, Musikhistoriker und Komponist<br />

von Orgel-, Kammer- und Chormusik und obendrein noch ein begabter Maler.<br />

U3) W. T r e u e. Die Demontagepolitik der Westmädlte nam dem zweiten Weltkrieg,<br />

1967. S. 104.<br />

94) Die Zahlenangaben aus StA 95 N 83.<br />

95) Wes seI (wie Anm.80), S. 190 f.<br />

96) Eingemeindet wurden die Dörfer Adersheim, Ahlum, Fümmelse, Atzum, Groß<br />

Stöddleim, Halmter, Leinde, Linden, Salzdahlum und Wendessen.<br />

68<br />

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1955 ist das Niedersächsische Staatsarchiv aus dem Kanzleigebäude, das seit 1913<br />

ausschließlich als Archiv gedient hat, in seinen Neubau am Forstweg umgezogen. Im<br />

gleichen Jahr begannen die Renovierungsarbeiten am Schloß. Am 12. April 1957<br />

konnten zwölf historische Schloßräume als Abteilung des Heimatmuseums der Öffentlichkeit<br />

übergeben werden. Zum Bilde Wolfenbüttels als einer Kulturstadt, als der<br />

Stadt, in der 1609 mit dem "Aviso" die älteste periodisch gedruckte Zeitung Deutschlands<br />

erschien 97), gehören ebenfalls die fünf hier ansässigen Verlage. Einen einzigartigen<br />

Anziehungspunkt bietet jedoch die Herzog August <strong>Bibliothek</strong>. Unter ihrem<br />

damaligen Direktor Erhart Kästner ist von 1962 bis 1971 das Innere des Gebäudes<br />

von F. W. Kraemer umgestaltet worden. Die <strong>Bibliothek</strong> ist heute Zentrum der vielfältigen<br />

wissenschaftlichen Aktivitäten, die Wolfenbüttcls Namen in die Welt hinaustragen.<br />

Von ihr gehen entscheidende Initiativen zur Erhaltung der alten Stadt aus -<br />

zuletzt sichtbar an der Wiedereröffnung des vollkommen restaurierten Lessinghauses<br />

im Jahr 1978 und an den langwierigen Renovierungsarbeiten am Zeughaus,<br />

das zu einer wissenschaftlichen Arbeitsbibliothek ausgebaut wird. Gemeinsam bemühen<br />

sich die <strong>Bibliothek</strong>, das Archiv und die Museen, die reiche Vergangenheit<br />

Wolfenbüttels wieder freizulegen und Einheimischen und Fremden den Blick für die<br />

Schätze der Geschichte dieser Stadt zu schärfen.<br />

97) 'V. Ha r t man n, Wolfenbüttel als Druckort des Aviso von 1609. der ältesten<br />

periodisch gedruckten Zeitung. Nieders. Jahrb. f. Landesgeschichte 31, 1959, S.I75-187;<br />

W. Ach i I I es. Anmerkungen zum Titelholzschnitt des "Aviso" von 16Il. ebenda 41/41,<br />

1969/70, S. 192-196.<br />

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Eine Wanddekoration aus dem Rokoko in einem<br />

W olfenbütteler Bürgerhaus<br />

Von<br />

Wolfgang Kelsch<br />

In dem Haus Reichsstraße 3 (früher "Reichenstraße") in Wolfenbüttel, einem<br />

für die Stadt typischen Hofbeamtenhaus des 17. Jahrhunderts, befindet sich in einem<br />

Eckzimmer des Oberstocks eine alle Zimmerwände ausfüllende Wanddekoration, die<br />

früher in, heute nicht mehr vorhandene, geschnitzte Rahmenleisten eingefaßt war 1).<br />

Es handelt sich um eine Panoramadekoration mit der Darstellung eines intimen Gartenfestes<br />

im Stil des Rokoko mit den für diese Zeit charakteristischen Motiven des<br />

galanten Zeitalters. Man schaut in eine offene, im englischen Stil gestaltete Parklandschaft,<br />

die mit Menschengruppen und Tieren belebt ist und in eine weite Seen- und<br />

Berglandschaft ausläuft. Auf den Grasflächen im Vordergrund spielen Hunde, und<br />

in dem Gartenpark lustwandeln vor einem Jagdschlößchen im französischen Geschmack<br />

des 18. Jahrhunderts gekleidete Paare (Abb. I). Die rechte Wand zeigt -<br />

leider durch eine Tür zerschnitten - den Ansatz eines GartenpaviIIons mit einer<br />

steinernen Balustrade und Marrnorbüste. Ein elegant gekleideter Kavalier in knielangem<br />

Rock, kurzem Beinkleid und Kniestrümpfen, mit Spitzenjabot und reichen<br />

Ärmelmanschetten überreicht in geziertem Tanzschritt einer Dame mit gerafften<br />

Reifrock und einem, mit Blumenstrüußchen geschmückten, breiten Gärtnerhut ein<br />

Blumengebinde. Ein dekorativer Rosenstrauch leitet als duftiges Rankenornament zu<br />

einem weiteren Paar über. Auch hier erhält die Dame mit spitzgeschnürter Taille und<br />

blumenbesetzten, mit Rüschen und Spitzen besetzten Reifrock und einem koketten<br />

Häubchen von ihrem Kavalier Blumen (Abb. 1). Im Hintergrund weitet sich der<br />

Park vor einem Wald in eine liebliche Landschaft mit einem Schwanensee und einem<br />

Aufweg, der zu einem Wachturm auf einer Felsklippe führt (Abb. 3).<br />

Eine besonders festliche Szene wird auf der dritten Wand dargestellt. Vor der<br />

Kulisse einer Baumgruppe musiziert eine Lautenspielerin mit einem fast antik wirkenden<br />

Kopfputz und enggeschnürter Taille mit einem flöteblasenden Knaben, während<br />

ein Sängerduo in der Mitte - die Dame ebenfalls in einem Reifrock mit kostbaren<br />

Stickereien, der Kavalier mit einem pompösen Hut - in Schauspielerpose<br />

agieren. Ein kleines, pausbackiges Mädchen, eng und spitz geschnürt in Kinderkleidern,<br />

die den der Erwachsenen nachgebildet sind, tanzt, wobei sie den Schleier ihres<br />

1) Me i er, Paul Jonas: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Wolfenbüttel. In:<br />

Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> III. Band, I. Abteilung.<br />

Wolfenbüttel 1904, Seite 198.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

7 1


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Reifrockes geziert rafft. Ein Notenbuch liegt, vom Winde aufgeschlagen, auf dem<br />

Erdboden. Im Hintergrund erkennt man in verschwimmenden Farben einen weiteren<br />

Schwanensee vor einer hochragenden Felsklippe und einem Bauernhaus (Abb.4).<br />

Die schmalen Wandflächen des unregelmäßig geschnittenen Zimmers sind mit<br />

dekorativen Blumenornamenten ausgefüllt, von denen ein prächtiges Blumengebinde<br />

über der Eingangstür besonders auffällt. Die linke Schmalseite neben der Tür zeigt<br />

ein aus hohen Kelchgläsern trinkendes Paar - die Dame mit hochtoupierter Frisur<br />

hält geziert die Korbflasche zum Einschenken bereit -, während ein kleiner Diener<br />

mit Spitzenkragen ein Tablett mit Süßigkeiten offeriert (Abb. 5).<br />

Die, vornehmlich in dunklen Farbtönen gehaltene, Fete galante könnte den liebenswürdigen<br />

Parkbildern und Sdläferszenen der französischen Meister des galanten<br />

Genres nachempfunden sein, von Nieolas Laneret (1690-1743> etwa oder dem<br />

Watteau-Schüler Jean Baptiste Franeois Pater (1695-1736), auch wenn sie weder<br />

in der Ausführung, der Leuchtkraft der Farben oder der dekorativen Meisterschaft<br />

die Eleganz .ihrer Vorbilder auch nur annähernd erreicht. Es handelt sich um ein<br />

künstlerisch mittelmäßiges Werk eines handwerklich tüchtigen Malers, der im Stil<br />

seiner Zeit das erotische Flair der ihm sicher bekannten französischen Gartenbilder<br />

nachzuahmen versucht. Die etwas ungeschickt gezierten Bewegungen und die pausbäckigen<br />

Gesichter der Kavaliere mit ihren Damen gehören nicht in die Parkanlagen<br />

um Paris oder der Loircschlösscr, sondern sind in das norddeutsch-biedere Herzogtum<br />

<strong>Braunschweig</strong> transponiert, und die höfischen französischen Herren des aneien<br />

regime geben sich hier als Angehörige des niederdeutschen Landadels, die in modischer<br />

Naturschwärmerei galante französische Schäferfeste nachahmen.<br />

Wenn P. J. Meier in seinen Bau- und Kunstdenkmälern der Stadt Wolfenbüttei 2)<br />

die Wandbekleidung als "ganz mäßige, schlecht erhaltene Leinwandbilder u charakterisiert,<br />

so mag dies darauf zurückzuführen sein, daß er die Bilder um die Jahrhundertwende<br />

in einem stark nachgedunkelten, kaum erkennbaren, verwahrlosten Zustande<br />

gesehen hat, während sie sich heute - nach einer fachmännisch durchgeführten,<br />

sorgfältigen Restaurierung - als Rokokowandbilder von gutem und solidem<br />

handwerklichen Können präsentieren und als solche für den Raum Wolfenbüttel­<br />

<strong>Braunschweig</strong> sehenswert sind. Künstlerische Vergleiche mit ihren grazilen französischen<br />

Vorbildern sind hier nicht am Platz S).<br />

Tapeten oder textile Wandbekleidungen aller Art aus Leder, Seide, Damast oder<br />

Brokat sind für die Entwicklung der Wohnraumkultur seit der Renaissance wichtig,<br />

sie waren seit etwa 17°0 Mode geworden, indem man gespannte Leinwand bemalte<br />

oder die neuen Papiertapeten verwendete. Auch in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> hatte sich<br />

diese Neuerung durchgesetzt und zur Gründung einer Tapetenfabrik durch den<br />

Hofmaler J. v. Span geführt 4).<br />

!) Me i er, Paul Jonas: ebda. Seite 198.<br />

3) Dies gilt gleichennaßen für die Deckengemälde im Venussaal des Wolfenbütteler<br />

Sdtlosses, die 1977 aus dem Herrenhaus von Groß-Sdtwülper nadt Wolfenbüttel gebradtt<br />

wurden. Ein Vergleidt mit den das gleidte Thema behandelnden Fresken der Villa Famesina<br />

in Rom wäre abwegig.<br />

4) F u h se, F.: Gemalte Tapeten in: Braunsdtweig. Magazin, 16. Band. 1910, Seite 14.<br />

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Abb. J Parklandschaft mit Jagdschlößchen und spielenden H\.Il1den<br />

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Abb. 2 Zwei Paare in modischer Rokokotracht vor einer Gartenbalustrade<br />

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Abb.3 Parldandschaft mit See und einer Fcl sk lippc ,<br />

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Ahh. + Lautenspielerin, Sänger, flöteblasender Knabe, tanzendes Mädchen<br />

in einer Parklandschaft<br />

Ahh.5 Weintrinkendes Pa'lr mit Diener<br />

Sämtliche Fotos stammen von \Volfgang Lange, Wolf enbüttel, Campestraße 39 a.<br />

Wegen der stark nachgcdunkelten Farbtönung der Wandbespannung (Braun-Schwarz­<br />

Tönung) sind Fotos nur unvollkommen anzufertigen.<br />

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Diese Mode mag auch den Besitzer des Hauses Reichsstraße 3 veranlaßt haben,<br />

einen Eckraum seines prächtigen Renaissanee-Fachwerkhauses, das um 1600 als repräsentatives<br />

Hofbeamtenhaus entstanden war, mit bemalten Wandbespannungen<br />

auszusdImürnen. Der Einbau dieser Dekorationen, die dem unregelmäßig geschnittenen<br />

Zimmer im Oberstock durchaus angepaßt sind, läßt auf eine eigens für diese<br />

Wohnung angefertigte modische VersdIönerung eines Wohnraumes schließen 5).<br />

Die Meinung, daß diese Ausstattung aus dem Abbruch des Salzdahlumer Schlosses<br />

im Jahre 1811/13 stamme, beruht auf einer unbewiesenen überlieferung.<br />

Auch die GesdIichte des Hauses läßt vermuten, daß es sich um eine für dieses<br />

Zimmer angefertigte Wandverkleidung handelte, die von einem einheimisdIen Maler<br />

angefertigt wurde. Das Haus gehörte in den Jahren des SdIloßabbruchs in Salzdahlum<br />

dem kaiserlichen Feldmarschall-Leutnant von Blum, der in Wien lebte und<br />

das Haus von seinem Vater, dem braunschweigischen Geheimrat von Blum geerbt<br />

hatte. Von Blum hatte bestimmt kein Interesse für die übernahme einer Wandverkleidung,<br />

denn er verkaufte das Haus im Jahre 18 19 an die Familie von Strombeck.<br />

Wer war der Maler der Wandbekleidung? Am unteren Rande der Dekoration läßt<br />

sich, zwar undeutlich, doch noch leserlich entziffern: Piecard feeit. Bei der Feststellung<br />

dieses Namens stößt man auf eine in <strong>Braunschweig</strong> und Wolfenbüttel ansässige<br />

Malerfamilie, die im 18. Jahrhundert über drei Generationen lang als Blumenmaler<br />

tätig war 6). Ein Johann Georg Pickhardt (Piceard, Piccart, Picker) war als Blumenmaler<br />

in Wolfenbüttel ansässig geworden. Von ihm ist das Heiratsdatum 1693 und<br />

sein Sterbejahr 1718 bekannt. Sein Sohn Heinrich Christoph Pickhardt war 1699<br />

geboren, wurde im Jahre 1718 - nach dem Tode seines Vaters - Hofmaler, heiratete<br />

1731, erhielt 1733 Bürgerrechte und starb 1767 im Alter von 68 Jahren. Eine verwandtschaftliche<br />

Beziehung zu der in Frankreich zur gleichen Zeit tätigen bekannten<br />

Maler- und Kupferstecherfamilie Piceard (Picard) läßt sich nicht nachweisen. Im<br />

Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttcl fanden sich noch drei Schriftstücke über<br />

Gehaltszahlungen nach dem Tode von Johann Georg Pickhardt im Jahre 1718:<br />

I. Am 7.. April 1718 wird durch herzoglichen Erlaß dem Maler Heinrich Christoph<br />

Pickhardt die Zahlung eines Gnadenquartals aufgrund des Todes seines Vaters<br />

besdIeinigt.<br />

1. Am 17. Dezember 1718 bittet HeinridI Christoph Pickhardt in einem Gesuch den<br />

Herzog August Wilhclm um Gewährung des Gehalts, das seinem Vater zugebilligt<br />

war.<br />

3. Am 17. November 1730 besdIeinigt Heinrich Christoph Pickhardt durch eigenhändige<br />

Unterschrift dem Herzog August Wilhelm den Erhalt eines ihm bewilligten<br />

Gehalts 7).<br />

6) Die Annahme, daß die Wandbilder aus dem Schloß Salzdahlum stammen, wird auch<br />

von P. J. M eie r: Bau- und Kunstdenkmäler, Bd. IH, Seite 198, bezweifelt.<br />

8) T h i e m e - B eck er: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler ... 37 Bde.,<br />

19°7-195°: Pickhardt (bearbeitet von P. J. Me i e r mit Angabe des wichtigsten Schrifttums).<br />

7) Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel 4 Alt 19 vor!. Nr. 3845.<br />

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I<br />

73


Ober den Maler der Wanddekoration im Hause ReidlSStraße 3 wurden bei der<br />

Zuweisung innerhalb der Pirnhardt-Familie unterschiedliche Feststellungen getroffen:<br />

Paul Jonas Meier las an der verdunkelten Wandverkleidung "Piccart j" = Piccart<br />

Junior und schloß, von Heinrich Christoph Pirnhardt ausgehend, auf den Sohn Johann<br />

Heinrich (1744-1813) als den Maler 8).<br />

Friedrich Thöne bezeichnete dagegen - nach sorgfältiger archivalischer überprüfung<br />

- in dem Quellenverzeichnis seines Buches" Wolfenbüttel- Geist und Glanz<br />

einer alten Residenz" den Vater Heinrich Christoph Pirnhardt (1699-1767) als den<br />

Schöpfer der Wandverkleidung 9). Im Widerspruch zu diesen Angaben gibt er jedoch<br />

im Textteil seines Werkes einen Heinrich Christi an Pickhardt (1715-175°) als den<br />

Maler an, der ,,1718 als Nachfolger seines Vaters Johann Georg (?) Pirnhardt (1693-<br />

1718) Hofmaler wurde" 10). Der Irrtum Thönes läßt sich nur damit erklären, daß<br />

der exakte Quellenteil im Anhang bei der späteren Textkonzeption nicht richtig übernommen<br />

wurde.<br />

Die Lösung bei der Suche nach dem richtigen Pickhardt bringt meines Erachtens<br />

der Rürngriff auf die älteste vorhandene Quelle. In Kar! Heinrich von Heinernens<br />

"Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen" (11. Teil, Leipzig 1769) findet man<br />

folgende Angaben:<br />

"Ehe ich Wolfenbüttel verlasse, muss ich noch eines Blumenmahlers gedenken,<br />

von dessen Arbeit man dort artige Stürne sieht. Er hiess Piccart und ist erst voriges<br />

Jahr 1767 gestorben."<br />

In einer Anmerkung fügt Heinernen hinzu:<br />

"Heinrich Christoph Piccart, 1699, den I. Decr. zu grossen Salza geboren, erlernte<br />

die Bluhmenmalerei von seinem Vater, welchen er aber weit übertraf. Seine<br />

Stürnen sind indess nicht von gleicher Stärke, denn er musste ums Brod T a pet e n ,<br />

Wagen, Tisch und Bänke mahlen. Inzwischen hat er Stücke verfertigt, die ihm Ehre<br />

machen, und einer Rachel Ruysch 11) nahe kommen. Er war in Wolffenbüttel verheyratet,<br />

wo er auch gestorben, und zwei Töchter nebst einem Sohn hinterlassen,<br />

welcher letzterer ebenfalls ein Mahler ist" 12).<br />

Diese exakte Mitteilung Heinernens wird offensichtlich in Naglers Künstlerlexikon<br />

vorn Jahre 1841 übernommen. Hier heißt es:<br />

8) Me i er, Paul Jonas in: Bau- und Kunstdenkmäler, Band III, 1 Seite 198, sowie in<br />

T h 1 e m e - B eck e r (bearbeitet vom gleichen Verfasser).<br />

8) T h ö n e, Friedrich: Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten Residenz, München,<br />

1963, Seite 255 (Quellenverzeichnis).<br />

10) T h ö ne, Friedrich, ebda., Seite 141. Der offensichtliche Widerspruch zwischen den<br />

wissenschaftlichen Anmerkungen und dem Textteil bei Thöne ist darauf zurüdl:zuführen, daß<br />

Thöne das Heiratsdatum Johann Georg Pidl:hardts mit den Lebensdaten des Sohnes Heinrich<br />

Christoph verwechselt und aus diesem zudem noch einen .Heinrich Christi an Pidl:hardt"<br />

macht, der im Quellenverzeichnis mit seinen Lebensdaten 1715-1750 an keiner Stelle nachgewiesen<br />

wird.<br />

11) Ru y s eh, Rachel, 1664-175°, bekannte Blumenmalerin, s. a. T h i e m e - B eck er:<br />

Ruysch.<br />

12) He i n eck e n, Kar! Heinrich von: Nachrichten von Künstlern und Kunstsachen,<br />

1. Teil, Leipzig 1769, Seite 22123.<br />

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"Piccart, Heinrich Christoph, Maler von Salza, war der Sohn eines Blumenmalers,<br />

und er übte dasselbst die gleiche Kunst. Einige seiner Arbeiten sind schätzbar, andere<br />

sehr mittelmässig. Starb 1767 im 68. Jahr. Sein Sohn war ebenfalls Blumenmaler" 13).<br />

Unerfindlich bleibt, daß Heinecken in seiner Beschreibung Wolfenbüttels neben<br />

der eingehenden Schilderung der berühmten <strong>Bibliothek</strong>, bei der einige wichtige<br />

Schriften genau aufgeführt werden, und der bekannten Bildergalerie im Salzdahlumer<br />

Schloß als einzigen Repräsentanten der bildenden Kunst in Wolfenbüttel nur den das<br />

künstlerische Mittelmaß nicht überragenden Heinrich Christoph Pickhardt erwähnt.<br />

Vielleicht ist der Grund in dem 1753/54 erfolgten Abzug des herzoglichen Hofes nach<br />

<strong>Braunschweig</strong> zu suchen, der eine Verödung der einstigen Residenz zur Folge hatte.<br />

Für unseren Zusammenhang sind lediglich die exakten Angaben wertvoll, durch die<br />

eindeutig Heinrich Christoph Pickhardt (1699-1767) als der wohl bekannteste Maler<br />

innerhalb seiner Familie als Schöpfer der Wanddekorationen festgestellt ist, zumal<br />

ihn Heinecken neben seinem Metier als Blumenmaler ausdrücklich als Tapetenmaler<br />

bezeichnet.<br />

Eine stilkritische Überprüfung des modischen Dekors der Wandbilder bestätigt<br />

die getroffene Feststellung, denn die Kostüme der Gartengesellschaft weisen auf die<br />

Zeit um 1750 hin und dürften durch französische Moden dieser Zeit angeregt sein.<br />

Gewiß handelt es sich bei den Wandbespannungen nur um eine Nachgestaltung der<br />

Malerei einer galant-höfischen Zeit, aber in ihrer soliden handwerklichen Ausführung<br />

spiegeln sie noch etwas von dem Geist und Glanz eines prächtigen Hofbeamtenhauses<br />

in einer alten Residenz wider.<br />

13) N a gl e r s Künstlerlexikon, 184 I: Pid


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Das <strong>Braunschweig</strong>ische Criminalgesetzbuch von 1840<br />

Einiges aus der Entstehungsgeschichte<br />

Von<br />

Reinhard Heinemann<br />

Reform der Rechtspflege ist nicht nur ein Anliegen unserer Zeit. Humanisierung<br />

des Strafrechts, Beschleunigung aller Prozesse, mehr Rechte für Beschuldigte und Angeklagte<br />

und Humanisierung des Strafvollzuges werden gefordert und angestrebt.<br />

Doch nicht erst heute werden diese Forderungen laut, in früheren Zeiten schon gab<br />

es solche oder ähnliche Reformbestrebungen, es gibt sie im Grunde schon so lange,<br />

wie es Rechtspfl.ege überhaupt gibt. Wenn man weiß, daß manche Prozesse nicht<br />

nur jahrelang, sondern jahrzehntelang dauerten, kann man den Ruf nach Prozeßbeschleunigung<br />

in der Vergangenheit verstehen. Eine der ersten beachtlichen Reformen<br />

in der Rechtspflege ist in der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser KarIs V. zu<br />

sehen, die auf dem Reichstag zu Regensburg im Jahre 1533 angenommen worden ist.<br />

Sie trat jedoch nicht überall sofort in Kraft, im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> wurde sie<br />

erst durch die Anordnung Herzogs Heinrich des Jüngeren vom 14. April 1568 in<br />

Kraft gesetzt. Sie hatte noch im Jahre 1829 Gesetzeskraft in den braunschweigischen<br />

Landen, war durch einzelne Landesgesetze verschärft, jedoch kaum gemildert<br />

worden.<br />

Die Strafbestimmungen der Peinlichen Gerichtsordnung waren nicht nur hart,<br />

sondern auch barbarisch-grausam. Todesstrafe stand auf Hausdiebstahl, wenn der<br />

Wert des gestohlenen Gutes 10 Taler überstieg, und auf Diebstahl von Pferden. Als<br />

Todes-arten sah die Peinliche Gerichtsordnung vor: Das Vierteilen, das Verbrennen,<br />

das Rädern, das Lebendigbegraben, das Ertränken und das Enthaupten. Als Leibesstrafen<br />

konnte der Richter auf Abhauen einer Hand, auf Ausstechen der Augen, auf<br />

Abschneiden der Ohren sowie auf Auspeitschen mit Ruten erkennen.<br />

Die Peinliche Gerichtsordnung hatte übrigens auch Gutes geschaffen. In den<br />

Motiven zum Criminalgesetzbuch heißt es u. a.: "Die Peinlichen Gerichte waren<br />

meistens mit Personen besetzt, welche die Rechte nicht erlernt und in den Geschäften<br />

des Richters weder Erfahrung noch übung hatten. Von ihnen ward oftmals wider<br />

Recht und gute Vernunft gehandelt, und wurden entweder Unschuldige getötet und<br />

gepeinigt oder Schuldige durch unordentliche oder böswillige Verzögerung des Prozesses,<br />

der allgemeinen WohIf.ahrt zum großen Nachteil, der verdienten Strafe entzogen.<br />

Die stets wiederkehrenden Beschwerden über diesen jammervollen Zustand<br />

bei Kaiser und Reich hatten, nach langwierigen Verhandlungen, endlich .. , Erfolg"<br />

," Aus dem Landtagsabschied vom 7, I. 1647 mag folgendes noch zitiert sein:<br />

I<br />

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77


acht werden möge. Se. Durchlaucht werden in dieser Absicht auch den Rath und<br />

Gutachten getreuer Stände fordern, und in Gnaden erkennen, wenn ein oder anderer<br />

Magist!1at oder einzelne Glieder desselben brauchbare Entwürfe zu einem ganzen<br />

Landesrecht, oder auch nur zu einigen dahingehörigen Materien einschicken<br />

werden" 7).<br />

Die Bestrebungen, für das Land <strong>Braunschweig</strong> ein einheitliches Landesgesetzbuch<br />

"in der Landessprache" zu schaffen, führten nicht zum Ziel. Das Strafrecht war, da<br />

die Peinlidle Gerimtsordnung zwar formell nom in Kraft war, aber in aller Regel<br />

hinsidltlim der Strafzumessung nimt mehr angewendet wurde, am meisten und am<br />

dringendsten reformbedürftig. Dom Reformen zu dieser Materie ließen auf sim<br />

warten, wahrscheinlim zum Teil mitbedingt durch die Eingliederung des Landes<br />

<strong>Braunschweig</strong> in das Königreim Westphalen während der Napoleonischen Zeit.<br />

Ernstlich in Angriff genommen wurde die Reform des Strafrechts erst im Jahre<br />

1828. Das Ministerium in Braunsmweig ernannte unter dem 30. September 8) eine<br />

aus vier Mitgliedern bestehende Kommission, die einen Entwurf zu einem Strafgesetzbudl<br />

ausarbeiten und einreimen sollte. Zu Mitgliedern dieser Kommission wurden<br />

berufen: I) Hof- und Justizrat Dr. Fricke, 2) Oberappcllationsrat Günther, 3)<br />

Hofrat v. Schleinitz, 4) Stadtrat Dedekind. Den Vorsitz führte Dr. Fricke, iliren Sitz<br />

hatte sie in Wolfenbüttel.<br />

Zur Anfertigung eines Entwurfs bedurfte es der Herbeismaffung der notwendigen<br />

und erreichbaren Untedagen sowieilirer gründlimen Durmarbeitung. Es<br />

mußten dazu u. a. die in den deutschen Landen bereits erschienenen Strafgesetzbücher,<br />

aum die Entwürfe zu solmen, sorgfältig geprüft werden. Ferner mußte festgestellt<br />

werden, was Kritik und Remtslehre "über diesen wimtigen Gegenstand der<br />

Legislative" gesmrieben hatten. Am 10. Oktober 1828 teilte Dr. Fricke seine diesbezüglichen<br />

Wünsche dem Ministerium mit und bat gleichzeitig, die Kosten für die<br />

Herbeismaffung dieser notwendigen Hilfsmittel, die er auf 50 bis 70 Taler veranschlagte,<br />

zu bewilligen und diese Kosten auf die Kasse der Staatskanzlei zu übernehmen.<br />

Sie wurden bewilligt, und es wurden "mehrere Bümer und Smriften" angesmafft,<br />

aber der erteilte Auftrag wurde nie ausgeführt. Schon im Mai 1833 wußte man offenbar<br />

nimt mehr, wieviele und welme Bümer und Schriften angesmafft waren. Unter<br />

dem Datum des 17. Mai 1833 erhielt Hofrat Fricke ein Schreiben aus dem Ministerium,<br />

in welmem er gebeten wurde, mitzuteilen, wie es mit den angeschafften Materialien<br />

stände. Dr. Fricke antwortete zunämst nimt. Eine persönlime Aussprache<br />

smeint dann später eine Klärung gebramt zu haben. Am 5. November 1835 richtete<br />

nämlich der Präsident des Landesgerimts in Wolfenbüttel, von Praun, eine Eingabe<br />

an das Staatsministerium, in welcher er bat, "die angesmafften Werke über das<br />

Strafrecht der <strong>Bibliothek</strong> des Landesgerichts zu überweisen, da der angegebene Zweck<br />

dieser Kommission nun gegenwärtig aufgegeben sein dürfte" 8). Die Bümer blieben<br />

7) K. S te i na c k er, Sammlung der größeren Organisations- und Verwaltungsgesetze<br />

des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>, Holzminden 1837. .<br />

80<br />

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8) Staatsarchiv Wolfenbüttel 11 A Neu Fb. z Nr.III 56 Bd. I.<br />

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in der <strong>Bibliothek</strong> des Staatsministeriums, wohin sie in der Zwischenzeit gelangt sein<br />

müssen. Zur gleichen Zeit etwa, da die erwähnte Kommission eingesetzt war, die<br />

den Criminalgesetz-Entwurf ausarbeiten sollte, veröffentlichte der "Fürstl. Lippische<br />

Geheimrat, FürstI. Waldecksche, Lippische und Schaumburg-Lippische Oberappellationsrat,<br />

Mitglied des Engen Ausschusses der <strong>Braunschweig</strong>ischen Landschaft und<br />

Landessteuerrat" Friedrich Kar! von Strombeck einen eigenen Entwurf eines Strafgesetzbuches<br />

für ein Norddeutsches Staatsgebiet, namentlich für das Herzogtum<br />

<strong>Braunschweig</strong> und die Fürstentümer Waldeck, Pyrmont, Lippe und Schaumburg­<br />

Lippe. Dieser Entwurf erschien 1829 im Verlag von Friedrich Vieweg in <strong>Braunschweig</strong>.<br />

Er umfaßte 589 Artikel. Da der Verfasser Gegner der Todesstrafe war,<br />

fehlt in seinem Entwurf auch als Strafart die Todesstrafe im üblichen Sinne. Auch<br />

andere, damals noch übliche Strafarten fehlten in diesem Entwurf. Er möge sich<br />

"den Fürsten und den Bürgern zeigen ohne Schwert, ohne Schandbühne, ohne Brandmark<br />

und Geissel" (Seite XVI des Entwurfs). Obwohl Gegner der Todesstrafe mußte<br />

v. Strombeck als Richter im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> auf Todesstrafe erkennen,<br />

wenn das Gesetz es verlangte, "doch mit Widerwillen. Ich faßte Todesurteile ab und<br />

unterschrieb sie: aber mit welcher Empfindung!" (Seite XV seines Entwurfs).<br />

Natürlich fordert v. Strombeck für Mord eine "Todes-Strafe", jedoch nicht den<br />

physischen, sondern den "bürgerlichen" Tod, der Freiheitsentzug auf Lebenszeit bedeutete<br />

mit einigen erheblichen Nebenfolgen. Im Art. 16 seines Entwurfs wird ausgeführt:<br />

Erstreckt sich die Strafe des großen Karrens auf die ganze Dauer des Lebens,<br />

dann führt diese Strafe den bürgerlidten Tod herbei. Was verstand der Verfasser<br />

unter dieser" Todesart"? Dieses: Das Vermögen des Verurteilten fällt ab Rechtskraft<br />

an seine Erben, die jedodt - wenn das Vermögen dazu ausreichte - die Staatskasse<br />

für den Unterhalt des Verurteilten zu entschädigen verpflichtet sein sollten;<br />

der Verurteilte ist keines Besitzes und keines Erwerbes fähig, er kann nicht vor Gericht<br />

auftreten und kein Zeuge sein; er kann keine Ehe sdtließen und seine bestehende<br />

Ehe wird aufgelöst. Der Staat schützt ihn jedoch vor Beleidigungen, der Verurteilte<br />

genießt die Tröstungen der Religion und der Sta,at hat schließlich dafür zu<br />

sorgen, daß der Verurteilte gottesdienstlichen Handlungen beiwohnen kann. Im<br />

übrigen kennt der v. Strombecksche Entwurf zehn selbständige Strafen, nämlich<br />

I) die Strafe des großen Karrens, 2) die Strafe des kleinen Karrens, 3) die Zuchthaus-<br />

und Zwangsarbeitsstrafe, 4) die Landesverweisung, 5) die Dienstentsetzung,<br />

6) das Gefängnis, 7) die Dienstentlassung, 8) die Dienstsuspension, 9) den gerichtlichen<br />

Verweis, 10) die Geldstrafe. Die Strafe des großen Karrens bestand - nach<br />

dem Entwurf - in öffentlidter Arbeit in schweren Ketten, eine Strafe, die nicht unter<br />

fünf Jahren verhängt oder auf Lebenszeit erkannt werden sollte, die im letzteren<br />

Falle als Folge den "Bürgerlichen Tod" mit den oben geschilderten Folgen nach sich<br />

zog (Art. 15). Das Zuchthaus sollte nach Art. Z5 hauptsächlich für Frauen und<br />

schwächliche Männer bestimmt sein. Beide Institute, Zudtthaus und Zwangsarbeitsanstalt,<br />

sollten nach dem Willen des Verfassers als eine einheitlidte Anstalt mit z Abteilungen<br />

angesehen werden mit dem ausgesprochenen Zweck, die Sträflinge zu bessern<br />

und ihnen handwerkliches Können und dergl. beizubringen, damit sie nach der<br />

Entlassung ihren Unterhalt selbst verdienen konnten. Auch Strafkürzung bei guter<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

81


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,<br />

Führung war im Entwurf schon vorgesehen und dem Anstaltsdirektor war zur Pflicht<br />

gemacht, sich darum zu kümmern, daß ein entlassener Sträfling wieder Arbeit erhalte.<br />

Zur moralischen Besserung sollten die Strafgefangenen Rcligionsunterricht bekommen<br />

und zum regelmäßigen Besuche des Gottesdienstes in der Strafanstalt angehalten<br />

werden.<br />

Über die Verpflegung in der Anstalt war im Strombeckschen Entwurf Bestimmung<br />

getroffen. Die Arbeit der Gefangenen sollte zwar schwer, aber nicht übermäßig,<br />

und die Behandlung der Gefangenen sollte "liebreich" sein, um auch auf diese<br />

Weise moralische Besserung zu erreichen (Art. 25). Aus den Motiven zum Entwurf<br />

eines Criminal-Gesetzes, der 1839 dem Landtage zugeleitet wurde, sei hier schon<br />

vorweg genommen, was darin ausgeführt wurde: "Vorsorglich aber verhüte man,<br />

daß die Strafanstalten eine Art belustigender Unterhaltung seien."<br />

Die Hausordnung für die Landesstrafanstalten in Wolfenbütte1 und für das<br />

Kreisgcfängnis ebendort vom 29. April 1843 9) war denn auch entsprechend diesem<br />

Grundsatze abgefaßt. Der in die Anstalten Aufzunehmende sollte rein von Ungeziefer<br />

und mit angemessener Kleidung und mit 2 Hemden versehen sein, um die<br />

Wäsche "gehörig" wechseln zu können. Die Gefangenen waren nach Geschlechtern<br />

zu trennen, und es sollte eine Klasseneinteilung dergestalt stattfinden, daß u. a. die<br />

jugendlichen Verbrecher von den älteren und "verdorbeneren" gesondert werden<br />

sollten. Die gewöhnliche Beköstigung bestand aus 1 1 / t Pfund Roggenbrot (für die<br />

Frauen gab es nur 1 1 /, Pfund) und 1 1 / 2 "Quartier" 10) Gemüse täglich sowie 2 Loth<br />

Salz wöchentlich; die mit öffentlichen oder hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigten<br />

Sträflinge und die, welche Schuhmacher-, Schneider-, Tischler-, Lehmentiererund<br />

ähnliche Arbeiten verrichteten, abends eine Sonderverpflegung, die -in 1 1 / 4 Pfund<br />

"Quartier", einer breiartigen Mehl-, Brot- oder Kartoffelsuppe bestand.<br />

Die Gefangenen mußten auf einer Strohmatratze schlafen, die -auf einer Holzpritsche<br />

ausgebreitet wurde. Die Arbeitszeit begann im Sommerhalbjahr morgens<br />

um 5 Uhr und im Winterhalbjahr um 6 Uhr morgens. Jeweils eine halbe Stunde<br />

vor Arbeitsbeginn wurde aufgestanden, um 9 Uhr abends war die Zeit zum Schlafengehen.<br />

Frühstück gab es in der Zeit von 8 bis 8 1 /2 Uhr, das Mittagessen war von 12<br />

bis I Uhr vorgesehen, wobei eine halbe Stunde der Erholung galt. Die Abendmahlzeit<br />

wurde in der Zeit von 7 bis 7 1 / 2 Uhr eingenommen. Sträflinge, die nicht im<br />

Freien arbeiteten und auch nicht mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt waren,<br />

sollten in jeder Woche mehrere Male (mindestens aber amSonntagnachmittag) eine<br />

Stunde lang -auf dem "großen Hofe" unter Aufsicht spazieren gehen dürfen.<br />

Für bestimmte Beschäftigungsarten waren feste Arbeitsaufgaben zu erfüllen,<br />

so hatten z. B. Flachsspinnerinnen 13 bis 15 Gebinde, Wollspinner 8 bis 10 Gebinde<br />

und Handschuhnäherinnen 2 Paar je Tag zu liefern. Wer diesen Verpflichtungen<br />

nicht nachkam, mußte nach-arbeiten und hatte außerdem disciplinarische Strafen und<br />

9) Beg e, Repertorium der Verordnungs-Sammlung für die Herzoglich <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />

Lande V. Teil, 1846, Seite 15.<br />

10) Quartier war die Einheit der Flüssigkeit. Es faßte 1 Pfund destilliertes Wasser bei<br />

15 Grad Reaumur; 31 Loth waren I Pund, jedes Loth zu vier Quentchen. (Gesetz vorn<br />

3°.3. 1837)'<br />

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Zwangsmaßnahmen zu erwarten. Mehrarbeit wurde dagegen besonders belohnt.<br />

Die "Strafarbeiten" sollten an Sonn- und Feiertagen nicht geleistet werden. Am Vormittag<br />

solcher Tage hatten die Sträflinge den Gottesdienst im Betsaale der Anstalt<br />

zu besuchen und die übrige Zeit zum Lesen erlaubter Bücher, zu ihrer Reinigung und<br />

zur Ausbesserung ihrer Kleidungsstücke zu verwenden.<br />

Der Gefangeneninspektor hatte darauf zu achten, daß die Gefängnisinsa5sen sich<br />

zeitig und gehörig gereinigt und gekleidet zur Arbeit einfanden, daß sie gut und<br />

fleißig arbeiteten, sich bei der Arbeit ruhig und schweigend und in jeder Hinsicht an-<br />

5tändig verhielten. Er hatte ferner dafür zu sorgen, daß bei der zum Essen und zur<br />

Erholung vorgesehenen Zeit kein Singen, kein Lärmen und keine unnötige Unterhaltung,<br />

keine Zänkereien oder sonstige unnütze Händel, auch kein unerlaubter Verkehr<br />

mit anderen Personen stattfände. Der Inspektor war verpflichtet, die Ordnung<br />

des Hauses aufrechtzuerhalten und konnte "in geringeren Fällen" durch Einsperrung<br />

"im schwarzen Loch" bei Wasser und Brot (bis zu drei Tage) Strafe verhängen,<br />

mußte aber von der verfügten Strafe binnen 24 Stunden der vorgesetzten Behörde<br />

Anzeige machen. Nur von der vorgesetzten Behörde zu verhängende Strafen waren:<br />

Einsame Beisperrung, Entziehung des Mehrverdienstes und körperliche Züchtigung.<br />

Letztere war nur bis zu "zwanzig Streichen" erlaubt, bei Frauen durfte diese Strafart<br />

nur dann angewandt werden, wenn die anderen Strafarten sich als erfolglos herausgestellt<br />

hatten.<br />

Bei Ablauf der Strafzeit waren die Häftlinge zu entlassen, wobei sie die bei ihrer<br />

Einlieferung abgenommenen Gegenstände zurück- und den Betrag ihres Mehrverdienstes<br />

ausgezahlt erhielten. Sie bekamen ferner je nach Dauer ihrer Heimreise für<br />

1/2 Tag die Männer 8/3 Pfund, die Frauen &Ja Pfund Brot und für einen ganzen Tag<br />

die Männer 1 1 / 2 Pfund Brot, die Frauen 1 1 / 4 Pfund und 1 Ggr. sowie für jeden folgenden<br />

Tag 2 Ggr. und für jede Nacht I Ggr. ausgehändigt. Starb ein Gefangener in der<br />

Anstalt, so waren die Angehörigen durch entsprechendes Ersuchen der Hcimatbehörde<br />

zu benachrichtigen.<br />

Kehren wir zurück zur Geschichte des Criminal-Gesetzbuchs. Der Anstoß zu<br />

seiner Schaffung ging von der Ständeversammlung aus. Im Jahre 1831 äußerte sie<br />

den Wunsch, es möge ein Criminalgesetzbuch .geschaffen werden. Der Herzog, der<br />

schon einmal einen Auftrag erteilt hatte, befahl auf den Wunsch des Landtages hin<br />

die Ausarbeitung des Entwurfs eines entsprechenden Gesetzes "um diesem längst<br />

gefühlten und höchst dringenden Bedürfnisse abzuhelfen". Wir haben schon gesehen,<br />

daß die im Jahre 1828 eingesetzte Kommission, deren Auftrag vom 30. September<br />

I 828 datierte 11), zu keinem Ergebnis gekommen ist. Formell ist der der Kommission<br />

erteilte Auftrag wohl nie zurückgenommen worden. Ein Entwurf zum Criminalgesetzbuch<br />

wurde zunächst im Ministerium ausgearbeitet und dann der Ministerialkommission,<br />

Sektion für Justizsachen, die auf Grund des Gesetzes vom 30. Oktober<br />

1832 gebildet worden war 12), unter dem 29. April 1839 zugeleitet. In dem übersendungsschreiben<br />

wird darauf hingewiesen, der Herzog habe die Absicht, den zwei-<br />

11) Staatsarmiv WoHenbütteI 12 A Neu Fb. 2. Nr. III 56 Bd. I.<br />

12) Gesetz- und Verordnungssammlung 1832. Seite 359. Die Ministerialkommission war<br />

nur beratende Behörde.<br />

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tcn Teil des Entwurfs binnen kurzem der Kommission zugehen zu lassen, und es<br />

sollten wegen der Wimtigkeit des Beratungsgegenstandes als außerordentlime Mitglieder<br />

hinzugezogen werden: Der Geheimrat und Oberappellationsrat von Strombeck,<br />

der Landesgerimtspräsident von Praun und der Kreisdirektor von Geyso; weiter<br />

sei es der Wille des Herzogs, die Beratungen sollten so besmleunigt werden, daß<br />

der Entwurf dem Landtage nom zum Schluß des Jahres vorgelegt werden könne;<br />

der Herzog selbst erwarte daher den Eingang des durchberatenen Entwurfs im Laufe<br />

des November.<br />

Die Mitglieder der Kommission nahmen zunämst smriftlich zu der Vorlage Stellung.<br />

Diese Stellungnahmen wurden, als alle Mitglieder sim geäußert hatten, dem<br />

Staatsminister v. Schleinitz übersandt, der alsbald die Kommission mit Schreiben vom<br />

29.9.1839 zur ersten beratenden Sitzung einlud mit dem Zusatz, die Herren mömten<br />

mit ihm mittags "eine Suppe einnehmen" und dem weitercn Hinweis, er werde die<br />

Einrichtung treffen, daß die "homgeehrtcn Herren, wenn sie wollten", mit der<br />

"letzten Eisenbahnfahrt" wieder nach Wolfenbüttd zurückfahren könnten. Diese<br />

erste mündlime Beratung fand am 26. Oktober 1839 im Konferenz-Zimmer des<br />

Staatsministeriums statt. Weitere Sitzungen folgten dann im Oktober und November<br />

abwechselnd im Landesgericht und im Ministerium und im Dezember aum nom<br />

"in der Behausung" des Geheimrats v. Schleinitz in Braunsmweig und des Kreisdirektors<br />

v. Geyso in Wolfenbüttel.<br />

Der durmberatene,in Einzelheiten, mehrfach ergänzte oder abgeänderte Entwurf<br />

ging an das Staatsministerium zurück, welches ihn zusammen mit den Motiven<br />

zum Gesetzentwurf dem Landtage zuleitete. In der Sitzung vom 17. Dezember 1839<br />

wurde der eingebramte Entwurf an den Ausschuß für Justizwesen überwiesen, der<br />

aus 7 Mitgliedern bestand, nämlich: Dem Oberappellationsrat Günther, dem Hofrat<br />

Breymann, dem Kammerrat von den Brinken, Herrn von Grone auf Westerbrak,<br />

dem Abt SaIIentien, dem Advokaten und Notar Hollandt und dem Kreisrimter<br />

Henke. Der Ausschuß begann seine Beratungen am 13. Januar 1840. Smon beim<br />

Titel des Gesetzes gab es widersprüchliche Meinungen. Hofrat Breymann meinte, der<br />

Titel müsse heißen "Gesetz über Verbrechen und Strafen", sollte jedoch dieser Titel<br />

für zu lang befunden werden, dann scheine ihm die Bezeichnung "Strafgesetzbuch"<br />

passender und richtiger. Derselbe Abgeordnete machte unter Hinweis auf die Entsmeidung<br />

des Obergerichts über die Gültigkeit der Peinlichen Gerimtsordnung im<br />

Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>, die auch in den Motiven erwähnt war, die Bemerkung,<br />

die Begriffe und Merkmale der Peinlichen Gerichtsordnung seien auch weiterhin geltend,<br />

lediglich die Bestimmungen der Strafen seien vom Obergericht, anschließend<br />

aum vom Landesgericht abgeändert worden. Die Kommission setzte auch eine einheitliche<br />

"angemessene" Terminologie für das gesamte Gesetzbum ein. Alle Straftatbestände<br />

wurden" Verbrechen" genannt, "ohne unter ihnen und Vergehen einen<br />

ohnehin auf einem sicheren Grunde nicht beruhenden Unterschied zu machen" 13).<br />

13) Verhandlungen der Stände-Versammlung des Herzogtums Braunsdlweig auf dem<br />

Landtage vom 23. März 184D-II. Mai 1841 Nr. XXII-LXXV. - Im Strafgesetzbum für das<br />

Deutsme Reim wird bekanntlidl zwisdlen übertretungen, Vergehen und Verbredlen untersdlieden.<br />

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dürfte. Zum Thema versicherte der Abgeordnete F., wenn er sich für die Beibehaltung<br />

der Todesstrafe entschieden habe, so sei das mit großem inneren Widerstreben<br />

geschehen, weil es sich nicht leugnen lasse, daß manche für deren AbsdJaffung geltend<br />

gemachten Gründe von großer ErheblidJkeit seien. Der Abgeordnete G., ein Befürworter<br />

für Beibehaltung der Todesstrafe, führte u. a. aus, wenn nun aber der Mensch<br />

durch Angriffe auf das Leben seiner Mitmenschen .aufhöre, im edlen Sinne des<br />

Wortes Mensch zu sein und sich zu den Bestien herabwürdige, so setze er sich selbst<br />

dadurch auf den 'Standpunkt, nach welchem er behandelt werden müsse, und wiJerstreite<br />

es weder den Forderungen des Rechts noch der Moral, gegen solche Individuen<br />

die Todesstrafe zur Anwendung zu bl"ingen. Nach weiterer reger Debatte<br />

wurde der Antrag des Abgeordneten A.abgclehnt, der jedoch vor der Schlußabstimmung<br />

nochmals auf das Problem der Todesstrafe zu sprechen kam, weil für<br />

ihn nunmehr die Frage entstehe, ob er den Entwurf wegen der Beibehaltung der<br />

Todesstrafe, die er ablehne, ablehnen müsse. Er führte aus, er habe sich aus ehrlicher<br />

überzeugung gegen die Todesstrafe ausgesprochen, und es sei jetzt die Frage,<br />

ob er sich für ein Gesetz erklären könne, welches diese, von ihm abgelehnte Strafart<br />

zwingend vorschl"eibe; da es ihm aber sehr schwer fallen werde, für die Ablehnung<br />

des Entwurfs zu stimmen, so habe er eine Beruhigung darin gefunden, daß bei der<br />

steigenden Bildung und aus anderen Gründen die Todesstrafe wohl nie zur Anwendung<br />

kommen werde, daß das Gesetz also diese Strafe gewissermaßen nur als<br />

ein Schreckbild aufstelle; infolge solcher Betrachtung sei er zu dem Entschluß gekommen,<br />

für den Entwurf seine Stimme abzugeben. In der Schlußabstimmung wurde<br />

der Entwurf denn auch (am 12.5.1840) einstimmig angenommen.<br />

Im Hinblick auf die Beibehaltung der Todesstrafe im Gesetz sei noch auf folgendes<br />

hingewiesen: Der § 62 des Gesetzes ermächtigte die Gerichte, auf die zunächst<br />

folgende geringere Strafe, statt beispielsweise auf Todesstrafe auf lebenslängliche<br />

oder zeitliche Kettenstrafe zu erkennen. Die Strafmilderungsgründe waren aber im<br />

Gesetz gen au festgelegt, bei Mord war eine Strafmilderung dann ausgeschlossen,<br />

wenn er verübt wurde um zu rauben, um Lohn, auf heimtückische Weise, durch Gift<br />

oder Brand, mit Peinigung des Getöteten, von mehreren vertragsmäßigen Teilnehmern<br />

oder an Angehörigen des Täters.<br />

Von Bedeutung und interessant ist die Bestimmung im § l44 des Gesetzes, in<br />

welchem eine Reihe von" Verbrechen" zu Antragsdelikten erklärt werden, so z. B.<br />

Verleitung zur Ehe, Schändung, Störung des Hausfriedens, Hausdiebstahl, wenn der<br />

Wert des Gestohlenen fünf Taler nicht überstieg, und Ehrenkränkungen. Bei letzteren<br />

bestimmte der § l47 Abs.4, daß dem Beleidigten das Recht zustehe, dem Beleidiger<br />

die Strafe ganz oder teilweise zu erlassen 14).<br />

Die Bekanntmachung von Strafvollstreckungen sollte durch die <strong>Braunschweig</strong>isehen<br />

Anzeigen erfolgen, wenn auf Zuchthaus oder eine härtere Strafe erkannt worden<br />

war, ferner bei Landesverweisung und Stellung unter Polizeiaufsicht, aber auch<br />

U )Schon in dem Gesetz vom 13.1. 1837 (GuVS. S.S8) war dem Beleidigten das Recht<br />

zuerkannt, dem Beleidiger die Strafe zu erlassen. In den Motiven zum Criminalgesetzbuch<br />

S. I I 8 wird auf dies Gesetz verwiesen, aber weiter ausgeführt, daß sich eine solche Bestimmung<br />

nicht auf andere Verbrechen anwenden lasse.<br />

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dann, wenn dem Beteiligten das Recht zustand, die Bekanntmachung zu verlangen.<br />

Das Gericht konnte außerdem die Bekanntmachung anordnen, wenn es sie nach der<br />

Beschaffenheit des FaIles für angebracht und angemessen hielt (§ 2 I des Gesetzes).<br />

Die Todesstrafe war zwar im Criminalgesetzbuch festgelegt, aber es fehlte die<br />

Anweisung darüber, wie diese Strafe vollstreckt werden soIle. Vom Inkrafttreten des<br />

Gesetzes bis zum Jahre 1853 ist offenbar kein Todesurteil gefällt oder nicht vollstreckt<br />

worden. Erst in der Verordnung vom 16. August 1853 ist festgelegt worden,<br />

daß die Todesstrafe durch Enthauptung mit dem Beil stattfinden soIle. Es wird darin<br />

auch bestimmt, daß die Hinrichtung in einem geschlossenen Raume, tunlichst innerhalb<br />

des Hofes einer Gefangenenanstalt stattfinden soIle. Es ist auch darin Bestimmung<br />

getroffen, wer bei den Hinrichtungen zugegen sein soIlte: Außer dem Staatsanwalt<br />

auch der Verteidiger des Verurteilten und auf Verlangen des Verurteilten<br />

ein Geistlicher seiner Konfession 15).<br />

Auf Grund der Landesherrlichen Verordnung vom 10. Juli 1840 trat das Criminalgesetzbuch<br />

am I. Oktober 1840 in Kraft 16).<br />

Anhang<br />

Die Ständeversammlung (Landtag) hatte gleichzeitig mit der Landesverfassung<br />

im Jahre 1832 auch eine Geschäftsordnung erhalten. Sie kam zustande im Zusammenwirken<br />

zwischen Ministerium und Landtag, denn ohne Vorlage eines Entwurfs des<br />

Ministeriums und einen Beschluß des Landtages konnte kein Gesetz zustande kommen.<br />

Wie kamen die Abgeordneten zu ihren Sitzplätzen? Es gab damals keine Parteien<br />

im heutigen Sinne, es gab ·auch kein " rechts " oder "links" oder "Mitte". Die<br />

Geschäftsordnung ordnete ·an, daß der Platz, den jeder Abgeordnete einzunehmen<br />

hatte, durch das Los bestimmt werden sollte. Der Präsident des Ausschusses oder sein<br />

Stellvertreter ließen bei der Anmeldung des Abgeordneten diesen eine Sitznummer<br />

ziehen. Obwohl die Verhandlungen des Landtages in der Regel nicht geheim gehalten<br />

werden sollten, so sollten doch die aufgenommenen Sitzungsprotokolle unverzüglich<br />

durch den Druck bekannt gemacht werden, allerdings ohne Nennung der Namen der<br />

Redner und AntragsteIler. Diese erschienen im Protokoll nur mit großen Buchstaben,<br />

so z. B. "A" oder "C" oder "F". Es war ·also unmöglich, festzusteIlen, welcher<br />

Abgeordnete sich hinter diesen Buchstaben yerbarg.<br />

Diese Anonymität in den Sitzungsberichten des Landtages war den Abgeordneten<br />

alsbald nach Erlaß der Geschäftsordnung von 1831 ein Dorn im Auge. Schon in der<br />

Sitzung vom 2 I. Juli 1833 wurde ein Antrag auf Einführung einer vollkommenen<br />

Öffentlichkeit der Verhandlungen mit Zulassung von Zuhörern abgelehnt, und ein<br />

gleicher Antrag vom 27. November 1833, der zugleich auf Veröffentlichkeit der Namen<br />

der Redner und Antragsteller gerichtet war, wurde abgelehnt, obgleich sich die<br />

dafür eingesetzte Commission gegen eine Stimme für den Antrag auf Veröffentlichung<br />

der Namen ausgesprochen hatte. Mit außerordentlicher Zielstrebigkeit wurde<br />

in der Sitzung vom 19. Januar 1837 ein Antrag auf namentliche Bezeichnung der Red-<br />

16) Gesetz-und Verordnungssammlung 1853. Seite 145.<br />

U) Gesetz- und Verordnungssammlung 1840, Seite 115 H.<br />

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ner in den Sitzungsprotokollen des Landtages mit 34 Stimmen angenommen, der<br />

aber das Schicksal aller vorhergehenden Anträge teilen mußte; das Ministerium<br />

lehnte wiederum ab. Die Zustimmung wurde am 11. März 1837 versagt, weil seit<br />

Bestehen der Einrichtung eine zu kurze Zeit vergangen sei, um genügend beurteilen<br />

zu können, ob die vom Landtag vorgeschlagene oder die bestehende Bestimmung den<br />

Vorzug verdiene. Aber die Abgeordneten ließen sich nicht beirren. In der Sitzung<br />

vom 9. März 1840 wurde auf Vorschlag der Commission ein entsprechender Antrag<br />

im Plenum des Landtages mit großer Mehrheit angenommen und dieser Beschluß<br />

wurde noch am gleichen Tage dem Staatsministerium übermittelt. Er hat folgenden<br />

Wortlaut:<br />

Wir tragen ... gehorsamst darauf an, daß es Herzogl. Staatsministerium gefällig<br />

sein möge, bald thunlichst und noch während der jetzigen Diät einen Gesetzentwurf<br />

vorzulegen, durch welchen die namentliche Bezeichnung der Redner und Antragsteller<br />

in das der Öffentlichkeit zu übergebende ständische Protokoll für zulässig erklärt<br />

und die entsprechende Bestimmung in § 52 der Geschäftsordnung aufgehoben<br />

wird" 17).<br />

Die Regierung ließ sich jedoch viel Zeit. Erst in der Sitzung des Landtages vom<br />

7. Mai 1841 lag das Antwortschreiben, von den Staatsministern Graf von Veltheim,<br />

v. Schleinitz und F. Schulz unterzeichnet, mit folgendem Wortlaut vor:<br />

"Wir haben den Antrag löblicher Ständeversammlung vom 9. und 14. März v. J.,<br />

einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die namentliche Bezeichnung der<br />

Redner und Antragsteller in den der Öffentlichkeit zu übergebenden Protocolle für<br />

zulässig erklärt und die entgegenstehende Bestimmung in § 52 der Geschäftsordnung<br />

aufgehoben wird, seiner Zeit erhalten 18).<br />

Da Wir indeß eine Abänderung der mit dem Landesgrundgesetze erlassenen Bestimmungen<br />

nur dann für zulässig halten, wenn solche sich erfahrungsgemäß als unumgänglich<br />

nothwendig darstellt, eine solche Nothwendigkeit aber in Beziehung<br />

auf den gemachten Antrag um so weniger vorliegt, als die bestehenden Einrichtungen<br />

Gelegenheit darbieten, den Wählern Auskunft über die Thätigkeit der Ständeversammlung<br />

zu verschaffen, und das allgemeine Interesse an den ständischen Verhandlungen<br />

zu erhalten, so müssen Wü diesen Antrag ablehnen."<br />

Erst im Jahre 1848 ging der Wunsch der Abgeordneten auf Nennung der Namen<br />

der Redner und Antragsteller in Erfüllung 19).<br />

17) Landtagsverhandlungen von 1839-1840 Anlage I zu XIII Band 11.<br />

18) § 510 lautete: Die Verhandlungen der Ständeversammlung sollen in der Regel nicht<br />

geheim gehalten und die über dieselben aufgenommenen Protoeolle und deren Anlagen, jedoch<br />

ohne Nennung der Namen der Antragsteller und Redner, unverzüglich durch den<br />

Druck bekannt gemadtt werden.<br />

19) Gesetz über die öffentlidtkeit der ständisdten Verhandlungen vom 5. April 1848,<br />

Gesetz- und Verordnungssamrnlung Seite 23. Im § 1 Abs.2. wird bestimmt: "Das Verbot im<br />

ersten Absatz des § 51 der Geschäftsordnung vom u. Oetober 1832., die Nennung der Namen<br />

der Redner und Antragsteller in den für den Druck bestimmten Protoeollen betreffend, wird<br />

zugleidt aufgehoben."<br />

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Einiges aus der Geschichte des Amtsgerichts Wolfenbüttel<br />

(1879 -1900)<br />

Von<br />

Reinhard Heinemann<br />

Am 28. April 1879 berichtete das Wolfenbütteler Kreisblatt in seiner Nr. 34, es<br />

hätten in der letzten Zeit im Garten des damaligen Stadtgerichts Wolfenbüttel an<br />

der Neuen Straße Vermessungen und Bodenuntersuchungen stattgefunden. Das Blatt<br />

fügte hinzu, dem Vernehmen nach sei beabsichtigt, in diesem Garten ein (neues)<br />

Gerichtsgebäude zu errichten. Das war richtig, denn wo die Stallungen und Böden<br />

des früheren Wohn- und Brauhauses gestanden hatten, sollte ein Neubau für das<br />

Amtsgericht errichtet werden. Dieser Neubau aus gelben Backsteinen war pünktlich<br />

zum I. Oktober 1879 fertiggestellt, ein Bau, der neuerdings einem Neubau des Amtsgerichtsgebäudes<br />

(am Rosenwall) hat weichen müssen.<br />

Nach der Verfügung des Herzoglichen Staatsministeriums vom 25. September<br />

1879 sollte die feierliche "Constituirung" des Gerichts am I. Oktober 1879, dem Tage<br />

des Inkrafttretens der Rcichsjustizgesetze, stattfinden. Der aufsichtführende Richter<br />

des Amtsgerichts Wolfenbüttel, Oberamtsrichter Vages, erließ am 29. September an<br />

die Mitglieder des Gerichts (Oberamtsrichter Schmidt, Amtsrichter Rhamm, Registratoren<br />

Wessel und Gropp, Kanzlist Olfe, Gerichtsdiener Reinecke und die Gerichtsvollzieher<br />

Krickmeyer und Philipps) eine Einladung, sich am I. Oktober im<br />

"Neuen Amtsgerichtslocale" einzufinden. Einladungen erhielten auch die Obergerichtsadvocaten<br />

Kopp, Dr. Strümpel, Dr. Dedekind, Eyferth, Baumgarten und Runde,<br />

der Assessor von Alten, der Polizeikommissar Seeliger und der Stationskommandant<br />

Dold. Sie alle sollten der feierlichen Eröffnung des Gerichts an diesem Tage um 9 Uhr<br />

beiwohnen. Jedoch nicht alle geladenen Rechtsanwälte waren der Einladung gefolgt.<br />

Das Protokoll über die Eröffnung enthält die kurze Feststellung, daß sich die Anwälte<br />

Dr. Strümpe1, Eyferth und Runde nicht eingefunden hätten. Darüber, warum diese<br />

Anwälte der Einladung des Gerichtschefs nicht gefolgt waren, gibt das Protokoll<br />

keine Auskunft. Entschuldigungen lagen nicht vor. Möglich ist, daß sie durch Wahrnehmung<br />

von auswärtigen Gerichtsterminen verhindert waren.<br />

Die Geschäftsverteilung unter den Amtsrichtern, die ab I. Oktober wirksam<br />

werden sollte, hatte das Staatsministerium, Abt. der Justiz, bereits unter dem 20. August<br />

1879 verfügt. Sie sah so aus:<br />

1. Der Oberamtsrichter Voges hatte zu erledigen: a) alle die Aufsicht betreffenden<br />

Geschäfte, b) die Grundbuchsachen, c) die freiwillige Gerichtsbarkeit, d) einen<br />

Teil der Vormundschaftssachen, e) die Zwangsvollstreckungen in das unbewegliche<br />

,<br />

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könnten wegen körperlicher Schwäche das Protokoll in den Sitzungen nicht mehr<br />

führen. Oberamtsrichter Voges berichtete darüber an den Landgerichtspräsidenten<br />

Mansfeld. Unter dem 15. Oktober kam bereits die überraschende Antwort: Der Präsident<br />

wies den Oberamtsrichl'er Vogesan, heide Protokollführer zu Protokoll zu<br />

vernehmen und sie, wenn sie bei ihrer Erklärung verharren sollten, zu befragen, ob<br />

sie gegen ihre Pensionierung 'bzw. Entlassung etwas einzuwenden hätten. Die Akten<br />

enthalten weder ein Protokoll über diese Befragung noch einen weiteren Bericht an<br />

den Präsidenten. Weßel und OIfe führten weiterhin in den Sitzungen die Protokolle.<br />

Seitdem Wolfenbüttel die Straßenbeleuchtung durch Gaslaternen hatte, stand vor<br />

dem Hofe des Amtsgerichts eine "Hof-Laterne", deren Verbr:auch über die private<br />

Gasuhr des Oberamtsrichters Voges lief. Dieser hatte darüber berichtet und um eine<br />

Entschädigung gebeten. Sie wurde vom Ministerium unter dem 18. Dezember dahingehend<br />

zugestanden, daß eine jährliche Entschädigung von 18 Mark in monatlichen<br />

Raten von je 3,- Mark für die sechs Wintermonate mit Wirkung vom 4. Dezember<br />

1880 zu zahlen seL Die gleiche Entschädigung erhielt nach dem Tode des Oberamtsrichters<br />

Voges dessen Nachfolger OberamtsridIter du Roi durch EntsdIeid des Ministeriums<br />

vom 11. Oktober 1881 bewilligt.<br />

Oberamtsrichl'er Voges war am 21. April 188 I verstorben. Sein Vertreter berichtete<br />

am gleichen Tage an das Ministerium: "Mit Betrübnis erfülle idl die Pflicht<br />

... anzuzeigen, daß mein werther College Oberamtsrichter Voges heute Mittag nadl<br />

11 Uhr den körperlichen Leiden, womit er seit langer Zeit behaftet gewesen, erlegen<br />

und gestorben ist." Die Amtsgesdläfte würden, so wurde weiter berichtet, wie bisher<br />

bei Beurlaubungen üblidl von den in Frage kommenden Richtern wahrgenommen.<br />

Nachfolger des Verstorbenen wurde Oberamtsrichter du Roi.<br />

Im Garten des Amtsgerichts stand "an der Promenad" das alte und baufällige<br />

Haus Nr. 65, das vermietet war. Die Miete hatte Oberamtsrichter Voges eingenommen.<br />

Mit dem Rescript vom II. Oktober 1881, in weidIem die Entschädigung für<br />

den Gaskonsum der "Hof-Laterne" zuerkannt worden war, bestimmte das Mjnisterium<br />

,gleichzeitig, daß die aus der Vermietung des Hauses aufkommende Miete<br />

auch vom Oberamtsrichter du Roi erhoben und eingezogen werden könne.<br />

Der Amtsrichter Thielemann in Harzburg hatte vom 23. Juni bis zum 5. Juli<br />

Urlaub. Amtsrichter Rhamm in Wolfenhüttel wurde durch Verfügung des Landgerichtspräsidenten<br />

vom 13. Juni 1882 mit der Vertretung in Harzburg beauftragt<br />

und -ihm wurde aufgegeben, S'idl wegen der Übernahme der Amtsgeschäfte in Harzburg<br />

rechtzeitig mit Amtsrichter Thielemann in Verbindung zu setzen. Gleichzeitig<br />

wurde Oberamtsrichter du Roi von der Abordnung Rhamms unterrichtet.<br />

Im September 1885 starb Oberamtsrichter du Roi, Oberamtsrichter Behrens wurde<br />

sein Nachfolger. Zum 1. Oktober des gleichen Jahres wurde Oberamtsrichter<br />

Schmidt in den Ruhestand, zum gleichen Zeitpunkt wurde Oberamtsrichter Ludewig<br />

an das Amtsgericht Wolfenbüttel versetzt.<br />

Ein westlidl gelegenes Teilstück des Amtsgerichtsgartens wurde im Jahre 1886<br />

verkauft. Käufer war der am Amtsgeridlt tätige Oberamtsridlter Kaulitz. Im Kaufvertrag,<br />

der vom Oberamtsrichter Ludewig beurkundet wurde, wurde der Kauf-<br />

I<br />

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preis von 5500,- Mark festgesetzt. Auf diesem verkauften Teilstück stand noch immer<br />

das Haus Nr. 65, es wurde nicht mit verkauft. Die Landesregierung als Verkäuferin<br />

verpflichtete sich jedoch in dem Vertrage, es nach dem I. Oktober tunlichst bald<br />

auf Abbruch zu veräußern. Der Kaufpreis wurde an Landgerichtspräsidenten Mansfeld,<br />

der die Regierung beim Vertragsabschluß vertrat und Inkassovollmacht besaß,<br />

bezahlt.<br />

Beim Wechsel des "ersten Amtsrichters" mußte nicht nur die von ihm bewohnte<br />

Dienstwohnung, sondern auch der Garten dem Nachfolger formell übergeben<br />

werden. Das erste über eine Wohnungs- und Gartenübergabe vorhandene<br />

Protokoll trägt das Datum des 6. Oktober 188 I. Landgerichtspräsident Mansfeld leitete<br />

die übergabeverhandlung, das Protokoll über diese Verhandlung führte Kanzlist<br />

OIfe. Interessant ist, daß das Protokoll die Unterschrift des Landgerichtspräsidenten<br />

nicht trägt. Es schloß: "Beglaubigt" und es folgte der Name des Protokollführers,<br />

hier also: "OIfe". Unterschrieben wurde jedoch das Protokoll von allen anderen an<br />

der Verhandlung Beteiligten: Dem Nachfolger des Oberamtsrichters Voges, dem<br />

Oberamtsrichter du Roi, dem Referendar Voges als Vertreter seiner Mutter, der<br />

Witwe Voges. Der Kreisbaumeister Müller, der sich wohl als Vertreter der Regierung<br />

über den baulichen Zustand der Wohnung zu äußern hatte, konnte nicht unterschreiben,<br />

denn er hatte sich vor Schluß der Verhandlung entfernt. Die Anwesenden<br />

begaben sich zunächst in die Dienstwohnung. Es wurde festgestellt, daß sämtliche<br />

Wohnräume in gutem Zustande und daher Reparaturen nicht nötig waren. Dann<br />

wurde der Dienstgarten besichtigt, in welchem immer noch das Haus Nr.65 stand,<br />

das jährlich 20 Taler Miete einbrachte. Nach dem Ministerialerlaß vom 6. Juli 1874<br />

sollte die aufkommende Miete in die Gerichtskasse fließen. Oberamtsrichter du Roi<br />

bemerkte bei dieser Gartenbesichtigung, auf Grund mündlicher Genehmigung von<br />

Geheimrat Trieps, des Chefs der Justizabteilung im Ministerium, habe sein Amtsvorgänger<br />

die Mieten kassiert, was vom Referendar Voges, dem Sohn des Verstorbenen,<br />

bestätigt wurde. Du Roi bat, daß auch in Zukunft die Miete von ihm einkassiert<br />

werden dürfe. Wir sahen schon, daß diesem Wunsch unter dem I I. Oktober<br />

1881 entsprochen wurde. Schließlich enthält das Protokoll noch die Bitte des Wohnungsübernehmers,<br />

es möchten in den Kellerräumen die notwendigen Börte zur<br />

Lagerung von Obst und Wein angebracht werden. Der Kreisbaumeister wurde beauftragt,<br />

demnächst darüber zu berichten. Der Präsident wies bei der Gartenbesichtigung<br />

darauf hin, daß der Nutznießer "für die Erhaltung der vorhandenen Bosquet­<br />

Anlagen und Baumpflanzungen Sorge zu tragen und sich bei etwaigen Veränderungen<br />

der fragI. Anlagen des Raths und der Mitwirkung des Oberförsters von Wachholtz<br />

auf Antoinettenruhe zu bedienen habe", was der Gartenübernehmer auch zusagte.<br />

Bei der am 29. September 1894 erfolgten weiteren übernahme von Dienstwohnung<br />

und Garten durch Oberamtsrichter Reinbeck von Oberamtsrichter Behrens<br />

wurden erhebliche Mängel in der Wohnung festgestellt. Die Verhandlung leitete<br />

Oberamtsrichter Kaulitz. Das Ergebnis der Wohnungsbesichtigung war: Zehn Dekken<br />

in Stuben und Kammern waren zu weißen, sieben Öfen zu reinigen und zu<br />

schwärzen, fünf Fensterscheiben einzusetzen und vier Stubenschlüssel neu zu beschaf-<br />

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fen. Oberamtsrichter Bchrens erkannte das an und verpflichtete sich, die Reparaturen<br />

und Anschaffungen auf seine Kosten zu veranlassen. Wohnung und Garten wurden<br />

dem neuen Wohnungsinhaber übergeben, nachdem dieser und Oberamtsrichter Behrens<br />

erklärt hatten, sie hätten sich wegen der übernahme der im Garten befindlichen,<br />

dem Oberamtsrichter Behrens gehörenden Pflanzen und Anlagen außergerichtlich<br />

geeinigt.<br />

Der im Jahre 1879 errichtete Neubau des Amtsgerichtsgebäudes war schon nach<br />

kurzer Zeit zu klein geworden: Das Grundbuchamt brauchte mehr Raum. Unter dem<br />

20. April 1895 berichtete deshalb der Behördenvorstand an den Landgerichtspräsidenten<br />

in <strong>Braunschweig</strong>, ein Anbau sei dringend erforderlich, der nach der Besprechung<br />

mit Kreisbauinspektor Müller in der \Veise leicht möglich sei dadurch, daß im<br />

Anschluß an das große Zimmer des Grundbuchamts (es lag nach Norden) ein Anbau<br />

in den Garten des Amtsgerichts hinein in der Richtung nach \-Vesten errichtet werden<br />

könne. Früher sdlOn hatte man die Teilung des großen Zimmers des Grundbuchamts<br />

in Vorschlag gebracht, aber bald die überzeugung gewonnen, daß mit einer<br />

solchen Zimmerteilung dem Raummangel nicht abgeholfen werde. Der Landgerichtspräsident<br />

teilte am 24. September 1895 nach Wolfenbüttel mit, ohne Zweifel werde<br />

die Herstellung des vorgeschlagenen Anbaus den Übelständen beim Grundbuchamt<br />

radikaler und nachhaltiger abhelfen, als die Teilung des großen Zimmers. Wegen<br />

des großen Unterschiedes in den Kosten sei es aber doch ratsam, auf den letzteren<br />

Ausweg wieder zurückzugreifen. Unter dem 2. Oktober des gleichen Jahres lehnte<br />

Oberamtsrichter Kaulitz den Vorschlag auf Teilung des Zimmers erneut ab mit der<br />

Begründung, die vorhandenen übelstände würden dadurch keine Besserung -erfahren.<br />

Er hatte Erfolg. Am 27. März 1896 teilte das Ministerium dem Landgerichtspräsidenten<br />

auf dessen Bericht vom 18. Oktober 1895 mit, daß die Herzogliche Baudirektion<br />

zur Einreichung eines genauen Kostenanschlages für den auszuführenden Anbau angewiesen<br />

sei. Der eingeschossige Anbau wurde 1896 fertiggestellt, aber schon 1m<br />

Oktober gab es Ärger. Oberamtsrichter Reinbeck beklagte sich in einem an den<br />

Behördenvorstand gerichteten Bericht darüber, daß 'beim Anheizen der Öfen im<br />

neuen Anbau Rauch und Kohlengruß aus dem zu niedrigen Schornstein unmittelbar<br />

in die Fenster des Schöffengerichtssaales und :in die Fenster seiner Dienstwohnung<br />

schlügen; der Schornstein auf dem Neubau sei nicht bis zur Höhe des Gerichtsgebäudes<br />

geführt worden; bei \Vind drücke dieser den Rauch und Ruß gegen die Fenster,<br />

die aus diesem Grunde nicht mehr geöffnet und die genannten Räume nicht mehr<br />

gelüftet werden könnten. Der Beschwerdeführer bat deshalb um Höherführung des<br />

Schornsteins und das Heizen im Neubau einzustellen, bis der Schornstein hochgezogen<br />

sei. Der Schornstein wurde höher gebaut und die Beanstandungen waren damit offenbar<br />

beseitigt.<br />

Durch den Anbau waren jetzt mehr Räume zu reinigen und mehr Fenster zu<br />

putzen als vor dem Neubau. Im Jahre 1883 waren für eine einmalige jährliche Generalreinigung<br />

des Gerichtsgebäudes 30,- Mark und für das Putzen der Fenster jährlich<br />

27,- Mark bewilligt worden. Das Gericht hatte nach dem Anbau für die Fensterreinigung<br />

Mehraufwendungen geleistet, die beanstandet wurden. Der Behördenvorstand<br />

mußte diese Mehraufwendungen rechtfertigen. Er berifhtete dem Land-<br />

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gcrimtspräsidenten am 11. Januar 1901, durm den Neubau habe sim die Zahl der zu<br />

reinigenden Fenster um 5 vennehrt und aus diesem Grunde sei dem das Putzen der<br />

Fenster besorgenden Glaser auf seinen mehnnaligen Antrag ab 1899 für die jedesmalige<br />

Fensterreinigung der Mehrbetrag von 12,- Mark gezahlt worden. Unter dem<br />

15. Februar 1901 erhielt das Gerimt vom Landgerimtspräsi'denten die Mitteilung,<br />

die für 1900 entstandenen Mehrausgaben für die Generalreinigung und das Fensterputzen<br />

von zusammen I Z,- Mark seien genehmigt worden und künftig dürften für<br />

die Generalreini,gung 33,- Mark und für Fensterputzen 36,- Mark ausgegeben werden.<br />

Nam einer Notiz in den Generalakten des Gerimts waren damals 16 Räume zu<br />

reinigen, 13 zu heizen sowie 35 Fenster und 3 Glastüren zu putzen. Die Gebäudereinigung<br />

spielte im Dezember 1902 nommals eine Rolle. Der n Vorsitzende Herzgl.<br />

Amtsgerimts" mußte dem Landgerimtspräsidenten herimten, Reinigung und Beleumtung<br />

der Diensträume oblägen nimt dem Gerichtsdiener, sondern dem Gerichtsheizer<br />

und Boten Bieneck, dem diese Stelle durm Reskript vom 17. August 1898<br />

übertragen und mit welmem anschließend ein entspremender D.ienstvertrag abgeschlossen<br />

worden sei, der in Absmrift "Ew. Hochwohlgeboren" nom am gleimen<br />

Tage übersandt worden sei. Offenbar war das beim Präsidenten in Vergessenheit<br />

geraten. Nam dem Vertrage habe Bieneck dafür zu sorgen (so wurde weiter berimtet),<br />

daß die Geschäftsräume bei Beginn der Bürostunden gehörig gereinigt, gelüftet<br />

und - soweit erforderlich - geheizt und be1eumtet seien. Die Holzzerkleinerung<br />

werde von Arbeitern besorgt. Die Einrimtungen hätten sich hewährt, und es werde<br />

gebeten, sie auch für die Zukunft bestehen zu lassen. Was dann wohl aum geschah.<br />

Das Staatsministerium hatte.im Jahl"e 1900 Anordnungen zur Vereinfachung des<br />

behördlimen Gesmäftsverkehrs erlassen, in welmen manmer überholte Zopf abgesmnitten<br />

wurde. Der Landgerimtspräsident unterrimtete am z. März 1900 die Amtsgerimte,<br />

zu folge Anweisung der Justizahteilung des Ministeriums seien diese Bestimmungen<br />

aum für die Justiz anzuwenden. Die ministeriellen Anordnungen lauteten:<br />

"Die Smreibweise der Behörden soll knapp und klar sein, ihrer Stellung zueinander<br />

und zum Publikumaum in der Fonn entsprechen und sich der allgemein<br />

üblimen Sprache des Verkehrs anschließen. Entbehrlime Fremdwörter, veraltete<br />

Kanzleiausdrücke, überflüssige Kurialien sind zu vermeiden. Der in engen Grenzen<br />

zu haltende Gebraum von Höflimkeitswendungen muß wesendim dem Taktgefühl<br />

überlassen bleiben. Sie können auf Ausdrücke "gehorsamst, el'gebenst" oder "geneigtest,<br />

gefälligst" beschränkt, oder sofern nur die erforderlime Häflimkeit der Ausdrucksweise<br />

im übrigen gewahrt wird, ganz weggelassen werden. Häufungen und<br />

Steigerungen wie z. B. "beehre mich ergebenst", "sehr gehorsamst", "ganz ergebenst"<br />

sind zu venneiden.<br />

Für Berimte an den Landesherrn, Schreiben an Fürstlime Personen und für ähnliche<br />

besondere Fälle behält es bei den bisherigen Fonnen sein Bewenden.<br />

Alle Berichte, Schreiben und Verfügungen tragen auf der ersten Seite des Schriftstücks<br />

oben rechts die Orts- und Zeitangabe, oben links die Amtsbezeichnung der<br />

schreibenden Behörde, darunter die Geschäftsnummer, ferner bei Berichten die ver­<br />

,anlassende Verfügung - oder den Vermerk, daß ohne solme berimtet wird - eine<br />

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für die Richter einzuhalten, was auch für die mit richterlichen Geschäften beauftragten<br />

Assessoren gelte. Bei den übrigen Justizbeamten werde je nach ihrer Tätigkeit<br />

und der Stufenfolge ihrer Stellung das Bedürfnis der Erholung abgeschwächt oder es<br />

verschwinde ganz. Für die Gerichtsschreiber sei in der Regel jährlich höchstens eine<br />

dreiwöchige, für die anderen Beamten je nach ihrer Tätigkeit und Stellung eine achtbis<br />

höchstens vierzehntägige Urlaubszeit für ausreichend zu erachten. Bei Anträgen<br />

bis höchstens vierzehn Tagen Urlaub bedürfe es der besonderen Bewilligung des Ministeriums<br />

nicht.<br />

Die Einführung der neuen Gerichtsverfassung brachte für die Richter eine Änderung<br />

ihrer Amtstracht mit sich. Das Wolfenbütteier Kreisblatt berichtete in seiner<br />

Nummer 41 vom 22. Mai 1879 darüber und schrieb, diese Amtstracht sei in allen<br />

öffentlichen Sitzungen des Oberlandesgerichts, des Landgerichts und der Schwurgeridlte<br />

anzulegen, bei den Amtsgerichten komme diese Vorschrift nur für den Amtsrichter<br />

zur Anwendung, der in den öffentlichen Sitzungen des Schöffengerichts den<br />

Vorsitz führe. Im übrigen brauchten die Amtsrichter die neue Amtstracht in den<br />

Sitzungen der Zivil- und Strafabtei:lungen nicht anzulegen.<br />

Das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Nebengesetze brachte<br />

für die Richter, auch die des Amtsgerichts Wolfenbüttel, neue Probleme. Der Landgerichtspräsident<br />

Dedekind fragte mit Schreiben vom 15. Juni 1899 beim Oberamtsrichter<br />

Kaulitz, dem Behördenvorstand des Geridlt>s, an, wer von den Ridltern des<br />

Amtsgerichts bereit sei, dem Personal der Gerichtsschreihercien mündlich über die am<br />

1. I. 1900 1n Kraft tretenden Reichsgesetze und landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen<br />

Unterricht zu erteilen. Amtsrichter Dr. Winter und Oberamtsrichter<br />

Reinbeck lehnten ab. Dr. Winter erklärte insbt!somlere, er müsse die übernalune der<br />

Instruktion 'olblehnen, so lange ihm nicht die bereits vor 9 Monaten erbetene Entlastung<br />

durch Zuweisung eines Assessors gewährt werde; er sei durch seinen Dienst<br />

dermaßen in Anspruch genommen, daß er Nebengeschäfte nicht mehr übernehmen<br />

könne, habe auch selbst noch keine Zeit gehabt, sich so eingehend mit dem neuen<br />

Gesetzesmaterial zu beschäftigen, daß er die gewünschte Instruktion in ersprießlicher<br />

Weise werde erteilen können. Oberamtsrichter Reinbed{ schloß sich diesen Ausführungen<br />

an und Oberamtsrichter Kaulitz berichtete am 18. Juni 1899 an den Landgerichtspräsidenten,<br />

wobei er auch für seine Person die Instruktionserteilung ablehnte.<br />

Er führte aus, er müsse die Zeit, die ihm seine Dienstgeschäfte ließen, dazu benutzen,<br />

sich genügend mit den Bestimmungen des BGB und den mit diesem Gesetz<br />

:in Kraft tretenden Reichsgesetzen und den bislang noch nicht publizierten Ausführungsgesetzen<br />

beschäftigen; es komme hinzu, daß der nach Wolfenbüttel versetzte<br />

Grundbuchführer noch nicht lin Grundbuchsachen gearbeitet habe, daß die Gerichtsferien<br />

bevorständen und er in der ersten Julihälfte noch einen Teil der Dienstgeschäfte<br />

der anderen Richter übernehmen müsse; von Ende September bis gegen Ende<br />

November seien 10 Grundbuchsachen und den Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />

erfahrungsgemäß so viele Sachen zu erledigen, wie sonst im ganzen Jahre nicht;<br />

das Oktoberquartal bringe die meisten Arbeiten mit sich. Er halte, so führt er weiter<br />

aus, es für durchaus wünschenswert, daß dem Personal der Gerichtsschreibereien die<br />

erforderliche Instruktion erteilt werde und es habe nach dem Inhalt des fraglichen<br />

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Reskl'ipts den Anschein, daß in <strong>Braunschweig</strong> ein Kursus eingerichtet werde; er erlaube<br />

sich daher, anzuregen, zu erwirken, daß die beim Amtsgericht Wolfenhüttel<br />

tätigen Beamten der Gerichtsschreiberci an jedem Kursus gegen Vergütung des Fahrgeldes,<br />

das sich pro Person auf 50 Pfennig belaufe, teilnehmen könnten. Die Stellungnahme<br />

der Ridtter hatte Erfolg: Sie blieben von der nlnstruktionserteilung" verschont!<br />

1).<br />

1) Unterlagen für diesen Aufsatz waren die Reskriptsammlungen (40 Neu 14 Zettelkartei<br />

Nr. 1-4a) und Generalakten (40 Neu 14) des Amtsgerichts Wolfenbüttel, die sich jetzt<br />

unter der angegebenen Bezeichnung im Niedersächsischen Staatsarchiv Wolfenbüttel befinden.<br />

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Scheu vor Verantwortung 4), vielleicht auch eine andere: häufiger im Licht der<br />

Öffentlichkeit stehen zu müssen als ihm lieb war, gesellschaftliche Verpflichtungen<br />

zu übernehmen (die ihm als Junggesellen wahrzunehmen wohl wirklich nicht leichtgefallen<br />

wären), im Reichstag und sonst auftreten und wohl auch von seiner offensichtlich<br />

sehr geliebten Schreibtischarbeit lassen zu müssen.<br />

Holstein lebte in sehr engem persönlichem Kreis. Seine Kusine Ida von Stülpnagel-Dargitz<br />

geborene von Holtzendorff, der Ministerialrat und Personal referent<br />

im Preußischen Ministerium des Innern Hermann von Lebbin und dessen Ehefrau<br />

Relene geborene von Brandt 5) sind wohl die einzigen Freunde gewesen, nach<br />

Lebbins Tod nur noch die heiden Frauen. Dodl gehören hierher die Namen Fürst<br />

Bülow, Fürst Radolin, von Kiderlen und von Brauer, denen, wie Brauer schreibt,<br />

Rolstein "bis zu seinem Tode unentwegt treue und wahre Freundschaft hielt" 6).<br />

Jahre hindurch war er Freund im Hause Bismarck, bis der Bruch eintrat. Sein Hauswesen<br />

besorgte die verwitwete Frau Julie Röber, zu der Holstein aber anscheinend<br />

keine persönliche Beziehung hatte, die über die des Hagestolzes zu seiner Haushälterin<br />

hinausging 7). Holstein bewohnte eine bescheidene Dreizimmerwohnung im<br />

Berliner Stadtt:eil Kreuzherg, Großbeerenstraße 408).<br />

Ins Bild des Junggesellen mit hohem Gehalt paßt gut Holsteins Gourmandise.<br />

Er war jahrelang ständiger Gast im Schlemmerlokal von Borchardt in der Französischen<br />

Straße. Täglich stand für ihn bis 1891 9) in diesem Haus ein Chambre separee<br />

zur Verfügung, in dem er fast täglich allein zu speisen pflegte. Nur selten brachte er<br />

einen männlichen Begleiter mit, der dann natürlich sein Gast war 10). Damen wurden<br />

nie gesehen. Vielleicht ist er der Prototyp der Kombination von Gourmand und<br />

Gourmet gewesen. Er soll des öfteren den Koch herbeizitiert und ihm Lob und<br />

4) Fra u end i e n 5 t Bd. 2, S. XVIII-XIX.<br />

G) Hildegard Baronin von Spitzemberg erwähnt Helene von Lebbin in ihrem" Tagebuch"<br />

(3. Aufl. Göttingen 1963) mehrlam: 13. I. 1903: " ... frühstüd


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Kritik gezollt, ihn aber auch auf neue Gerichte gebracht haben, so auch auf das heute<br />

noch bekannte Schnitzel a la Holstein. Allein in diesem Zusammenhang dürfte Holsteins<br />

Name heute noch am häufigsten genannt werden. Die Zitierenden werden sich<br />

wahrscheinlich nur selten über die Herkunft des Namens im klaren sein.<br />

Holsteins Lebenslauf ist rasch wiedergegeben. Am 24. _1.priI1837 in Schwedt an<br />

der Oder als Sohn eines Premier-Leutnants a. D. 11) geboren, wurde er privat<br />

unterrichtet 12), konnte aber bereits mit 16 Jahren 1853 am Köllnischen Gymnasium<br />

als Externer 13) (Extraneer, wie es damals hieß) die Reifeprüfung ablegen, die allerdings<br />

damals nur schriftlich war. Seine Eltern hatten in fortgeschrittenen Jahren<br />

geheiratet, bei seiner Geburt war die Mutter bereits 45 Jahre alt 14). Die Familie<br />

zog 1848 nach Berlin und war von hier aus viel auf Reisen, wobei der Sohn fließend<br />

Französisch und Italienisch lernte. Nach dem Abitur studierte er in Berlin - und nur<br />

hier - Rechtswissenschaft und konnte bereits im Alter von 19 Jahren als Auskultator<br />

(entsprechend dem heutigen Referendar) beim Kammergericht tätig sein 15).<br />

Sein Eifer, sein Wissen, seine Sprachenkenntnisse werden gelobt. Er ging als<br />

Attache in den Auswärtigen Dienst 16). Die erste Auslandsstelle war St. Petersburg,<br />

wo er unter dem Botschafter Otto von Bismarck seine Fachausbildung erfuhr und<br />

vom späteren Kanzler vielfältig ins Vertrauen gezogen wurde. Bismardc charakterisiert<br />

ihn 1862 in einer Dienstlichen Beurteilung als "für den auswärtigen Dienst in<br />

hohem Grade brauchbar" 17). Das Examen für den diplomatischen Dienst besteht<br />

Holstein 1863. In diesem Jahr stirbt sein Vater; die Mutter war schon 1858 gestorben<br />

18). Kurz danach tritt er seinen Dienst als Legationss·ekretär bei der Gesandtschaft<br />

in Rio de Janeiro an. Es folgen weitere Auslandsposten, zuletzt Washington.<br />

Hier scheint sich etwas ereignet zu haben, was Holstein sein ganzes Leben nachhing.<br />

Die Quellenlage über diese Ereignisse ist verständlicherweise dürfcig, handelt es sich<br />

doch möglicherweise um nähere oder allzu nahe Beziehungen zur Gattin eines ge-<br />

11) Friedrichs Vater August von Holstein war auch kurz vor seiner Eheschließung zum<br />

preuß. Kammerherrn ernannt worden. Die Umstände der Ernennung, die der Komik nicht<br />

entbehren, sind von Kar I H a e n ehe n in seinem Aufsatz "Friedrich von Holsteins Herkunft<br />

und Jugend" (Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter 7 [1931] 109-130) auf S. II5-<br />

116 dargestellt. Vgl. hierzu aber R 0 g g e: Holstein S. 3 bei Anm. 4.<br />

12) Durch Hauslehrer (R 0 g g e: Holstein S. n f. u. ö.).<br />

13) Er "besuchte" also das Gymnasium nicht: T rot h a irrt S. 70. Die Ablegung der<br />

Prüfung als Externer (nach vorangegangenem Privatunterrimt) geht aus der Personalakte<br />

Holsteins zweifelsfrei hervor. Die Personalakte befindet sich im Politischen Archiv des Auswärtigen<br />

Amtes. Ich verdanke die Auskunft Frau Dr. Keipert vom PoHt. Armiv.<br />

14) Diese Karoline geb. von Brünnow war die zweite Frau August von Holsteins, die ältere<br />

Schwester der verstorbenen ersten (R 0 g g e: Holstein S. 3).<br />

16) Wegen "smwacher Brust und allgemeiner Körperschwäche" war Holstein nie Soldat<br />

( Fra u end i e n s t Bd. 1, S. XLVIII - zitiert nach der Personalakte -, R 0 g g e: Holstein<br />

S. 14).<br />

18) Da ihm ein Teil der für diese Laufbahn vorgesmriebenen Ausbildungsstationen fehlte,<br />

erreimte er erst durch Ausnahmegenehmigung des Prinzregenten Wilhelm (ab 1861 König<br />

Wilhelm r.) seine Ernennung zum Attame (24. II. 1860) (R 0 g g e: Holstein S. 17-23).<br />

17) Zitiert nam R 0 g g e: Holstein S. 25. S. a. Johann Saß: Bismarcks Petersburger<br />

Bericht über Holstein vom 28. April 1862, in: Preuß. Jahrbümer 219 (1930) 232-134.<br />

18) Rogge: Holstein S. 31 bzw. 16.<br />

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wichtigen amerikanischen Politikers, des Senators Charles Sumner. George W. F.<br />

Hallgarten beklagte, daß ihm die Frankfurter Zeitung vom 3. Januar 1875, die eine<br />

kleine Notiz brachte, nicht zugänglich sei 19). Die Notiz konnte herbeigeschafft<br />

werden 20). Das Vorkommnis kann aufgebauscht, aber auch wirklich ein wenig<br />

skandalös gewesen sein. Arthur von Brauer, badischer Staatsmann, zeitweilig Vortragender<br />

Rat im Auswärtigen Amt, also Holsteins Kollege, schreibt in seinen<br />

Erinnerungen über diese Episode: "In Washington war es, wo Holstein erstmals,<br />

und wohl auch letztmals, von Amors Pfeil ernstlich verwundet wurde. Er verliebte<br />

sich leidenschaftlich in die schöne und kluge Frau eines amerikanischen Senators,<br />

fand wohl auch Gegenliebe. Die Sache drohte zum Skandal auszuwachsen. Er wurde<br />

deshalb von seinem Chef auf Reisen geschickt und dann abberufen" 21), zunächst<br />

nach Stuttgart versetzt.<br />

Von 1868 bis 1870 ist Holstein vom Dienst beurlaubt. In dieser Zeit widmet<br />

er sich dem Tauschiffahrt-Unternehmen auf dem Rhein, das schließlich nicht zum<br />

Ziel führt, aber wohl Holsteins Vermögen verschlang 22). Juli 1870 nimmt er seinen<br />

Dienst wieder auf, ist kurze Zeit in Brüssel und dann bei der Fcldkanzlei des<br />

Großen Hauptquartiers. Doch nach wenigen Wochen kehrt er nach Berlin zurück.<br />

Am 5. Januar 1871 erscheint Holstein wieder im Hauptquartier in VersaiIIes und<br />

übersetzt einen Teil der Kapitulationsdokumente 23). Nach Hatzfeld erschien Holstein<br />

"zur größten überraschung" 24), "ungerufen", wie Rogge und Frauendienst<br />

19) George F. W. Hall gar t e n: Fritz von Holsteins Geheimnis. Neues Limt auf die<br />

LebensgesmidIte der "Grauen Eminenz", in: Historische ZeitsdII'ift 177 (1954) 75-83, besonders<br />

S. 761. - N 0 r man R i eh: Eine Bemerkung über Friedrim von Holsteins Aufenthalt<br />

in Amerika, ebda. 186 (1958) 80-86.<br />

20) Sie steht in der Ausgabe vom Sonntag, 3. I. 1875, Morgenblatt, auf S. 3 unter dem<br />

Strim und lautet: "Baron Holstein, welmer zuletzt in dem Arnim'smen Prozeß in Berlin eine<br />

Rolle spielt, soll derselbe preußisdIe Diplomat sein, weldIer früher als Mitglied der preußisdIen<br />

GesandtsdIaft in Washington durdI seine Galanterie gegen die Gattin des Senators<br />

Summer [!] die wütende Eifersumt Summers [!] erregte. Der ,große amerikanisme Staatsmann'<br />

benutzte seine damalige Stellung als Vorsitzender des Senats-AussdIusses für auswärtige<br />

Angelegenheiten, um die Abberufung Holstein's von Washington zu bewirken, wiewohl<br />

er gar keinen Grund zum Mißtrauen gegen seine durdIaus adItungswerthe Frau hatte,<br />

die sidI bald darauf von ,ihm wegen seiner Unerträglimkeit trennte und später eine förmliche<br />

Scheidung erlangte." - Dazu die Äußerung von G ü n t e r R ich t e r (FriedridI von Holstein.<br />

Ein Mitarbeiter Bismarcks. 1966 = Historische Studien H. 397, S. 18-19): "Washington<br />

ist aum der Ort, an dem sidI angeblidI eine niemals restlos geklärte ,Liebesaffäre' Holstcins<br />

abgespielt hat. Er soll dort mit der Gattin des Senators Sumner ein Verhältnis gehabt und<br />

dadurm seine Washingtoner Stellung unmöglim gemamt haben. Abschließendes läßt sim darüber<br />

nidIt sagen ... ".<br />

ti) Arthur von Brauer (s. Anm. 6) S. 109. Hierzu Norman Rieh: Eine<br />

Bemerkung über Friedrich von Holstcins Aufenthalt in Amerika, in: Historische Zeitsmrift<br />

186 (1958) 85: "Brauers Memoiren sind voller Ungenauigkeiten, und es ist hödIst unwahrscheinlidI,<br />

daß Holstein Brauer in dieser Angelegenheit Vertrauen gesdIenkt hat. Brauers Information,<br />

wie so viele andere über diese Affaire, beruhten wahrsmeinlim auf Klatsch."<br />

22) R 0 g g e: Holstcin S. 70-87. S. a. Helmuth Rogge: Friedrim von Holstein, Max Eyth<br />

und die Tau-Smleppfahrt, in: Blätter für deutsme Landesgeschimte 89 (1951) 169-146.<br />

23) R 0 g g e: Holstein S. 99.<br />

24) Zit. nach R 0 g g e: Holstein S. 96.<br />

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schreiben 25). Er bleibt dort beim "diplomatischen Stabe des Kanzlers im Felde" 26)<br />

und macht sich nützlich. Ende 1871 wird Holstein zweiter Sekretär an der neu<br />

geschaffenen deutschen Botschaft in Paris unter Harry Graf Arnim. Holstein muß<br />

1874 im Prozeß gegen' Arnim (wegen der "Entwendung amtlicher Dokumente) •••<br />

als Zeuge auftreten" 27).<br />

Holsteins Lebensaufgabe findet sich dann im Auswärtigen Amt unter Bismarck<br />

und den folgenden Kanzlern, die ja gleichzeitig Minister des Auswärtigen waren<br />

(eines der wenigen Kaiserlichen, d. h. Reichsämter). Auf Grund seiner hervorragenden<br />

persönlichen Beziehungen zu den Auslandsposten, seines immensen Fleißes,<br />

seiner schwer übertreffbaren Kenntnisse macht er sich unentbehrlich. Wegen seiner<br />

oft schroffen und aum eigensinnigen Verhaltensweise wurde er gefürchtet. Das im<br />

Lauf der Jahre zunehmende Augenleiden (er litt am grauen Star und wurde deswegen<br />

audl zweimal operiert) machte ihn noch scheuer, weil unsicherer. Immer<br />

wieder auftretende Spannungen, ja Zerwürfnisse mit den Reichskanzlern und den<br />

Staatssekretären veranlaßten ihn, im Lauf der Jahre insgesamt mindestens vier<br />

Gesuche um Abschied einzureichen. Schließlich, 19°6, wurde dem Gesuch stattgegeben,<br />

und er zog sich nach seiner Entlassung am 16. April 28) in seine Wohnung<br />

zurück, wo er seine Papiere sichtete und die wenigen verbliebenen Verbindungen,<br />

am ehesten nom zu Helene von Lebbin, pflegte. Er starb schließlich am Herzschlag<br />

am 8. Mai 190929) und wurde am 1 I. Mai von der Kapelle des Augusta-Hospitals<br />

aus auf dem Invalidenfriedhof begraben 80). Es wird in der Literatur vermerkt, daß<br />

der Kaiser weder einen Abgesandten noch einen Kranz schickte. Doch Bülow und<br />

Frau erschienen ("im letzten Augenblick", wie Kürenberg berichtet) 31). Einerseits<br />

heißt es, "nur wenige Trauergäste begleiteten den Sarg" 32), andererseits, offenbar<br />

von einern Augenzeugen überliefert, "es waren viele Menschen da" 83).<br />

Holstein scheint nicht sehr wohlhabend gewesen zu sein. Er hat nach dem Intermezzo<br />

mit dem Tauschiffahrt-Unternehmen auf dem Rhein, "ein mechanisches<br />

.ft) R 0 g g e; Holstein S. XXV bzw. Frauendienst Bd. I, S. XIV.<br />

2ft) R 0 g g e: IIolstein S. 96.<br />

'7) Fra u end i e n s t Bd. I, S. L. Holsteins Aussage ist abgedruckt in "Darstellung der<br />

in der UntersudlUngssac:he wider den Wirk!. Geh. Rath Grafen von Amim vor dem Kg!.<br />

Stadtgericht zu Berlin im Dezember 1874 stattgehabten Verhandlungen" (Berlin 1875) auf<br />

den S. 131-141.<br />

'8) R 0 g ge: Holstein S. 147'.<br />

29) Am 8. Mai 1909 um 18.10 Uhr, wie der Arzt Dr. Grünfeld in einem Brief an Ida<br />

von Stülpnagel mitteilt (R 0 g ge: Holstein S. 340), also nicht am 9. Mai 1909, wie<br />

Fra u end i e n s t Bd. I, S, LIV sc:hreibt.<br />

30) T rot h a S. 19 und Kar! T r e u wer t h: Der Invalidenfriedhof in Berlin. Berlin<br />

1915, S. 43-44. Das Grab Holsteins befand sich im Feld E. Ob es noch erhalten ist, ließ sich<br />

nicht ermitteln.<br />

31) J 0 ach i m von Kür e n b erg: Holstein, die Graue Eminenz. 8. Auf!. StoIIhamm,<br />

Berlin 1954. S. Z56. Hinzuweisen ist auf Ludwig Herz' Urteil über Kür e nb erg s<br />

Buch: "Völlig wertlos" (H erz: Rätsel um Fritz von Holst ein, in: Preuß. Jahrbücher 131<br />

[1933] 161).<br />

32) Kürenberg (s. Anm. 31) S. 156.<br />

33) T rot h a S. zoo<br />

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103


Schleppsystem für Kanal- und Flußschiff-Transporte" 3'), ganz offensichtlich allein<br />

von seinem Beamtengehalt gelebt. Das Gehalt eines hohen Ministerialbeamten ist<br />

nicht gering gewesen: 1897: 9.900, 1906: 1I.000 Mark je Jahr 35). Seine Wohnung<br />

in der Großbeerenstraße war, wie vielfach versichert wird, bescheiden. Ein eigenes<br />

Haus besaß er jedenfalls nicht. Die Entlohnung seiner Haushälterin dürfte sich in<br />

den damals normalen Grenzen bewegt haben. Seine Mahlzeiten bei Borchardt allerdings<br />

haben gewiß einiges gekostet, insbesondere durch die Regelmäßigkeit, in der<br />

der Geheimrat sie einnahm, sich summiert haben. Selbst wenn es stimmt, daß er<br />

als junger Mann gespielt habe, deutet nichts darauf hin, daß er dieser Leidenschaft<br />

in seinen späteren Jahren gefrönt hätte. Er hat auch, wenigstens gegen Ende seines<br />

Lebens, keine kostspieligen Reisen unternommen. In den Jahren ab 1895 suchte er<br />

im Harz Erholung. Bis 1908 ist er regelmäßig mehrere Wochen im Herbst 36) in<br />

diesem für die Berliner damals am ehesten erreichbaren Mittelgebirge gewesen. Aus<br />

seinen Briefen, insbesondere denen an Ida von Stülpnagel und Helene von Lebbin,<br />

geht einiges hervor, das mitteilenswert ersch.eint. Die von Helmucl1 Rogge unter dem<br />

Titel "Friedrich von Holstein, Lebensbekenntnis .•• an eine Frau" (Berlin 1931) und<br />

die von Friedrich von Trotha in seinem Werk "Fritz von Holstein als Mensch und<br />

Politiker". (Berlin 1931) mitgeteilten Briefe Holsteins, diese teils ergänzt, teils berichtigt<br />

aus Holsteins Nachlaß im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes der<br />

Bundesrepublik Deutschland, sind die hauptsächlichen Quellen. An dieser Stelle ist<br />

der Leitung des Politischen Archivs für die Genehmigung zur Einsichtnahme des<br />

Holstein-Nachlasses aufrichtig zu danken.<br />

Ende Juli oder Anfang August 1895 war Holstein bei dem Versuch, auf die<br />

Pferdebahn aufzuspringen, gestürzt; er hatte sich die rechte Schulter beschädigt.<br />

Eine, besonders nachts lästige, Neuralgie kam dazu, so daß er in Bad Meinberg (nahe<br />

Detmold) Heilung suchen mußte. Diesen Kurort hatte Holstein aufgesucht, weil<br />

dort der Geheime Sanitätsrat Struck, ehemaliger Hausarzt Bismarcks 37), weilte,<br />

den er nötig habe, wie er schreibt 38). Um Anfang September herum muß Holstein<br />

dann nach Hasselfelde im Harz gefahren sein, von wo sein Brief an die Kusine Ida<br />

34) Fra u end i e n s t Bd. I, S. XLIX.<br />

86) Zu den 9.900 Mark trat infolge der Gehaltserhöhung im Haushaltsjahr 1897/98 eine<br />

Zulage von 1.100 M, so daß sim das Gehalt 1897 bereits auf 11.000 M belief. 1906 trat dazu<br />

nom ein Wohngeldzusmuß in Höhe von 690 M, so daß die gesamten Einkünfte 1906 brutto<br />

11.690 M betragen haben müssen. Frdl. Auskunft von Frau Dr. Keipert, Politismes Armiv des<br />

Auswärtigen Amts, aus Holsteins Personalakte. - Die Zahlen sagen nur etwas aus, wenn sie<br />

zu anderen Einkommen in Beziehung gesetzt werden. 0 t t 0 von Lei x ne r gibt in ,,1888<br />

bis 1891. Soziale Briefe aus Berlin", Berlin 1891, Beispiele für die Einnahmen (und Ausgaben)<br />

Berliner Familien. Im 16. Brief, wo "ein reiches Haus" für 1888 beschrieben wird, gibt er die<br />

Einnahmen mit 13.165 MlJahr an (S. 166), im 17. Brief, "eine Beamtenfamilie" betreffend,<br />

werden die Einnahmen für 1889 mit 5.450 M/Jahr angegeben (5. 176); in diesem Fall verfügt<br />

die Hausfrau über die Summe von 170 M/monatlich für die Ernährung einer sechsköpfigen<br />

Familie (5. 176 und 178). Holsteins Einkommen liegt (allerdings rd. 10 Jahre später) etwa<br />

in der Mitte zwismen den genannten.<br />

88) Die von ihm bevorzugte Jahreszeit: "Meine Zeit ist ... viel später [als Juni], wenn<br />

der Harz nicht so von Kindern wimmelt wie jetzt" (R 0 g g e: Holstein S. 133).<br />

37) R 0 g g e: Holstein S. 1312.<br />

311) R 0 g g e: Holstein S. 173.<br />

104<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Abb. I Hotel Klapproth in Riefensbeck<br />

(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />

Abb. 2 Postkutsche nach St. Andreasberg vor dem Postamt in C13usrhal, '90 2<br />

(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Abb.3 Postkutsche vor dem Dammhaus, 190 9<br />

(Verlag Pieper, Clausthal-Zellerfeld)<br />

Abb. 4 Auerhahn um 1896<br />

lBehme u. WesseI, Führer durch die Luftkurorte Hahnenklee ... , Wolfenbüttel 1896)<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Abb. 5 Weinstuben Borchardt in Berlin, Französische Straße<br />

(B ildarchiv Preußisdler Kulturbesitz, Berlin)<br />

Abb. 6 Holstein in seinem Arbeitszimmer<br />

(Ullstein-Bildcrdienst, Berlin)<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Abb. 7 Holsteins Beisetzung auf dem Invalidenfriedhof, vorn Fürst und Fürstin Bülow<br />

(UlIstcin-Bilderdicnst, Bcrlin)<br />

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von Stülpnagel vom 16. September 1895 gerichtet ist. "Gleich nach Strucks Abreise"<br />

ist er in den ihm "sympathischen Harz" gegangen, weil "in Meinberg ..• die Luft<br />

zu feucht und dick" war. Holsteins Empfindlichkeit gegenüber den klimatischen Verhältnissen<br />

ist deutlich erkennbar. Er war zu dieser Zeit 58 Jahre alt. Holstein empfindet<br />

es als sehr angenehm, von dienstlichen Informationen "ungeschoren" zu<br />

bleiben, da er seine Adresse nicht angegeben hat. Doch die Ruhe ist bereits ab<br />

15. September durch eintreffende Eilbriefe gestört. "Da fahre ich lieber gleich morgen<br />

nach Berlin zurück." Offenbar reist er tatsächlich rasch ab. In den Tagen des<br />

Aufenthaltes in HasseIfeIde nimmt er morgens Bäder von Staßfurter Salz, nachmittags<br />

"marschiert(e)" er" Tag für Tag 6 Stunden, ohne auszuruhen". Genau diesen<br />

Zeitraum gibt er als erforderlich an, um von HasselfeIde aus auf den Brocken zu<br />

steigen. So geschehen am Sonntag, 15. September. Als Verpflegung führt er nur<br />

"Brot, Schinken und Wein" mit, die er oben im Stehen V'Crzehrt. Ebenso bescheiden<br />

beköstigt er sich selbst oft auf seinen Wanderungen. Vom Gipfel wandert er nach<br />

Braunlage, wo er eine Portion Rührei zu sich nimmt. Mit einem Einspänner trifft er<br />

schließlich wieder 1n HasseIfeIde ein - offenbar recht spät am Abend, denn seine<br />

Wirtsleute sorgen sich bereits um ihn: " ... der Fremde habe sich im Dunkeln verirrt."<br />

An demselben Abend um 13 Uhr wird ihm noch ein Eilbrief zugestellt. Bemerkenswert<br />

scheint seine in diesem Brief noch geäußerte Ansicht über den höchsten<br />

Berg des Harzes: "Ein merkwürdiges Berglein ist doch der Brocken. Aus seinen<br />

elenden 3500 Fuß weiß er das Unglaubliche zu machen mit Rülfe des Wolkenspuks.<br />

Ähnliche Wolkenschieberei sah ich nie und nirgends. Wind und Wolken gibt's eben<br />

dort immer. Wenn man denkt, daß I 1/8 Meter Regen im Jahr auf dem Brocken fällt.<br />

Bei dem Gedanken allein schon können einem Schwimmhäute wachsen" 89).<br />

Aus diesem frühesten Harz-Bericht geht bereits hervor, was Rolstein seinen<br />

Briefempfängern, vor allem der Kusine Ida von Stülpnagel, mitzuteilen für wichtig<br />

hielt: Tagesablauf im Urlaub mit großen Wanderungen, genossenen Mahlzeiten,<br />

Landschaft und Wetter und immer wieder der Wunsch, für die Post unerreichbar zu<br />

sein, aber doch das Vermerken, daß Briefe, meist dienstliche Eilbriefe, cintrafen.<br />

17. September (Dienstag) oder wenig später dürfte Rolstein nach Berlin zurückgekehrt<br />

sein.<br />

1896, 1m folgenden Jahr also, schreibt Rolstein am Donnerstag, 13. August, an<br />

den Gesandten AIfred von Kiderlen-Wächter: "übermorgen oder spätestens Sonntag<br />

gehe ich auf Urlaub, wandere etwas umher ohne feste Adresse. Wenn inzwischen<br />

etwas Großes passiert, werde ich es ja durch die Presse erfahren" 40). An demselben<br />

Tag schreibt Holstein fast denselben Text an Philipp Graf zu Eulenburg: "Ich bin<br />

müde, will einige Wochen im Mittelgebirge auf gebahnten Wegen wandern und<br />

habe deshalb fürs erste keine Adresse" 41). Rolstein muß sich mit der bevorstehenden<br />

Harzreise intensiv beschäftigt haben, denn eine dritte Briefstelle, vom 15. August<br />

88) R 0 g ge: Holstein S. 174. Bei dem Brief handelt es sich um den oben erwähnten<br />

Eilbrief.<br />

10) Fra u end i e n s t Bd. 3, S. 581.<br />

11) Fr auen di ens t Bd. 3, S. 583.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

1°5


1896 aus Berlin an Ida von Stülpnagel, kündigt die Reise erneut an: "Ich will jetzt<br />

einige Wochen Fichtennadelbäder in Harzburg nehmen, da ich von Rheumatismen<br />

ziemlich geplagt bin; habe mir das selber verordnet. lIarzburg ist, glaube ich, teuer.<br />

1-3 Wochen werden genügen, nachher setze ich mich an einen anderen Ort, den ich<br />

schon kenne, wo ich ganz einsam und ungeniert bin und spazierengehen kann. Die<br />

Beine sind immer noch das Beste an mir" 42). Bald nach dem 15. wird er gereist sein.<br />

Er wohnt in Bad Harzburg 43) im Haus von Julius Fischer, das er mal Kate<br />

Fischer "), mal Villa Fischer 45), mal Nudelmühle 46) nennt. Am Freitag, 18. August<br />

geht er mit der Tochl'er Mieze einer bekannten Familie 47) von Harzburg nach<br />

Romkerhalle 48) im OkertaI. Sein Streben, doch lieber ohne Begleitung zu wandern,<br />

wird durch eine Stelle an Helene von Lebbin vom gleichen Tag deutlich: "Als ich .•.<br />

sicher war, daß niemand eine größere Fußtour machen wollte, erklärte ich, daß ich<br />

nun über den Ahrendsberg zu Fuß zurückkehren würde, was ich auch tat". Steil<br />

bergauf klettert er über eine Stunde in großer Wärme "durch das Tannenstangenholz<br />

ohne Weg aufwärts, den Hut auf den Rücken gehängt". Bezeichnend für den zurückgezogen<br />

Lebenden ist seine anschließende Bemerkung: "Fast oben stieß ich auf einen<br />

gut gehaltenen Forststeig, der sich in der Rimtung bewegte, wo ich hinwollte. Nach<br />

20 Minuten war ich auf dem Bergrücken, worauf der Steig verschwand. Die Forstleute<br />

haben ihn eben für sich angelegt und bringen ihn nicht bis an die Touristenwege,<br />

damit die Lümmel von Touristen ihn nicht benutzen. Das begreife ich". Gegen<br />

10.30 Uhr trifft er im Harzburger Quartier ein "mit dem Bewußtsein, einen mehr<br />

als sechsstündigen, zum Teil recht strapaziösen Marsch heute nachmittag geleistet<br />

zu haben". Bei großer Wärme ist ein sechsstündiger Fußmarsch, erst recht in<br />

bergigem Gelände und zum Teil in direktem Anstieg ohne Weg, eine anerkennenswerte<br />

Leistung. Im nächsten Satz, der auf den zuletzt zitierten folgt, erklärt er:<br />

"Aber das strapaziert mich gar nicht - gestern nachmittag ging ich auch gegen fünf<br />

Stunden" 49).<br />

Am Samstag, 5. September J 896, schreibt Holstein wiederum in einem Brief an<br />

Helene, daß er über Torfham, Altenau und den Ahrendsberg zurück nach Harzburg<br />

gewandert sei 50). Er versäumt nicht, der Freundin mitzuteilen, daß er "im Torfhaus<br />

(Försterei) •.. einen Eierkuchen mit Schinken" best-eIlt habe. "Indes kam allein<br />

der Eierkuchen, u. der Schinken, u. beides war schlecht. Dazu Bier. In Altenau Hotel<br />

U) R 0 g g e: Holstein S. 180.<br />

(3) Gleim hier sei erwähnt, daß das "Harzer Kur-Blatt. 5aison-Zeitsmrift für die Bäder,<br />

Luftkurorte und 50mmerfrismen des Harzes" (Braunsmweig: Lohmann), das für die Jahre<br />

1896 und 1897 durmgesehen wurde, keine Gästelisten enthält.<br />

U) 1896: Trotha 5.34.<br />

'") 1896: Trotha 5.35.<br />

(8) 1897: Trotha S.40.<br />

(7) Der Name ist nimt zu ermitteln.<br />

'") Nimt Romkerfalle, wie T rot h a S. 34 sm reibt. - Der Familienname wird nur mit<br />

M. (5.33) bzw. v. M. (5.34) angedeutet. Vielleimt aufzulösen als von Mimael?<br />

(9) T rot h a S. 34.<br />

GO) Die Angabe der Wanderstrecke "2 km" bei T rot ha S. 35 ist entweder ein 5mreibfehler<br />

Holsteins oder ein Setzfehler. Die ganze Strecke ist etwa 15 km lang.<br />

106<br />

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Rammelsberg 51) bekam ich dagegen guten kalten Rostbeaf und 1/2 Flasche Moselsäuerling,<br />

den ich in der Brusttasche mitnahm. Die zum Hotel Ramm[elsberg] gehörige<br />

nette Villa wird an Pensionäre a 5 Mk pro Zimmer - für alles - vermietet.<br />

Ich sagte dem Wirt ausdrücklich, daß es sich um eine Dame handle, die werden [!]<br />

kaum noch Bier trinkern]. Das wäre mal ein Ort. Aber ich bin nicht für solche abgelegenen<br />

Lokale. - Wenn das Wetter erträglich bleibt, wie es heute war, sehe ich<br />

mir Hahnenklee sicher noch an. - Was die Bäder mir genützt haben, bleibt dunkel.<br />

Heute beim Sprung über einen kleinen Waldbach tat die Wade wieder so weh, daß<br />

ich fast reinfiel. Ich setzte mich also geduldig hin und wieder, und nachher gings auch<br />

ohne Störung weiter. Das Ehepaar Michael-Ihlefcld 52) hat mich besucht. Gestern<br />

abend saßen wir im Actien-Hotel 53 ). Morgen zum Abschied Wiederholung. -<br />

Sonntag verschwinde ich, wie gesagt. Wohin? Ja, wenn ichs wüßte. - Heute lief<br />

ich auch wieder durch, aber das soll mich nicht anfechten" 54). - Am nächsten Tag<br />

möchte er abreisen, weiß aber eben das Ziel noch nicht. Offensichtlich von Harzburg<br />

aus hat Holstein trotz starken Regens den ganzen August über "regelmäßig Touren<br />

von 4-9 Stunden gemacht ... außer an zwei Tagen" 55). Zweimal hat er den Brod{en<br />

erklommen.<br />

Holstein muß sich sehr bald nach Beendigung des Briefes vom 5. September<br />

darüber klar geworden sein, daß er wieder, wie im Vorjahr, nach Hasse1f.elde weiterreisen<br />

will. Denn sein Brief vom Dienstag, 8. September 1896, meldet, daß er "seit<br />

vorgestern", d. i. 6. September, also einen Tag nach dem Brief vom 5., "wieder in<br />

dem schoflen Hasselfelde ... sitze" 56). Am 7. September 'aber schreibt er an die<br />

Kusine Ida von Stülpnagel: "Hasselfelde ist ein reinliches Städtchen" 57). Wenn auch<br />

schofel und reinlich nirnt echte Gegensätze sind, so fallen die verschiedenen Attribute<br />

doch auf. "Hasselfelde 0 h ne Spaziergänge ist nicht kurzweilig, nein" meldet der<br />

Gast am 9. September 58). Er wohnt im Gasthof Deutscher Kaiser 59). Trotz allem<br />

01) In M e y e r s Reiseführer Der Harz, 14. Aufl., Leipzig, Wien 1897, auf S. 167 als<br />

"Rammelsbergs Hotel, am \Vald, zugleich Kurhaus ... " aufgeführt und im Annoncen-Anhang<br />

vertreten. Das Hotel war nach dem Namen des Besitzers, C. Rammelsberg, genannt. Das<br />

Haus besteht noch als "Altenauer Hof".<br />

&2) Angaben über diese Familie konnten nicht ermittelt werden.<br />

&3) In M e y e r s Reiseführer (s. Anm. 5 I) auf S. I 16 verzeichnet: "Harzburger Hof<br />

oder Aktienhotel, am Schmalenberge". Das Haus besteht noch als "Harzburger Hof".<br />

ot) Akt e n Bd. 79, BI. I I-I 1 •<br />

.. ) R 0 g ge: Holstein S. 180.<br />

&6) Trotha S. 35.<br />

&7) R 0 g g e: Holstein S. 180.<br />

&8) T rot h a S. 36.<br />

&9) R 0 g ge: Holstein S. 180. - Zur Geschichte dieses Hauses wurde folgendes ermittelt:<br />

im Stadtplan von 1794 fehlt es noch, es erscheint zuerst in einer Schoßliste von 1834: auf der<br />

Ostseite der Blankenburger Straße als "Schützenhaus" (Schießstand und Schützenplatz in der<br />

Nähe), zunächst noch ohne Bewirtschaftung. Nach der ReichsgfÜndung erhielt das nunmehrige<br />

Gasthaus den Namen "Hotel zum Deutschen Kaiser", nach 1918 "Zum Deutschen Hause".<br />

Besitzer war ab 1870 Daniel Heydedce, dann dessen Nachfahren bis etwa 1930. Im Zweiten<br />

Weltkrieg wurde der Hotelbetrieb aufgegeben, nach Kriegsende kaufte das Haus eine Baufirma<br />

aus Halberstadt, um Büro- und Wohnräume einzurichten (die Firma war am Bau der<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

1°7


leibt Holstein rund zwei Wochen hier. In dem zitierten Brief vom 9. September<br />

charakterisiert Holstein den Harz und die Natur mit folgenden Worten: "Merkwürdig,<br />

wie rasch die Wechsel im Gebirge kommen. Heute Nacht war das Firmament<br />

prachtvoll. Heute Vormittag HasselfeIde was looking its best, mit dem Oberharz im<br />

blauen Duft [!] als Hintergrund. Gegen Mittag wurde die Sache bedenldich und<br />

jetzt, alles duster. - Gleichviel wie das Wetter morgen ist", fährt er fort, "ich<br />

werde morgen stilI zu sitzen haben. Heute Vormittag ging ich ganz langsam auf der<br />

Chaussee 3 Stunden, es hat aber doch die Zeitung gestört .... bleibe his zum 10.<br />

weg" 60).<br />

Im Postskript eines "Mittwoch" datierten, aber gewiß im September 1896 an<br />

Helene von Lebbin gerichteten Briefes teilt Holstein über sein Befinden mit: "Mein<br />

Magen, der in Berlin eine Zeitlang verärgert war, befindet sich wieder normal, wozu<br />

wohl mein maßvolles Essen beitragen mag. Rheumatismus vielleicht etwas - aber<br />

wenig - besser. Allgemeinbefinden gut" 61).<br />

Am Il. September schreibt Holstein der Freundin Helene von Lebbin: "Gestern<br />

saß ich den ganzen Tag zu Hause, des Fußes wegen, und kasteite mich dabei. Früh<br />

I schwarzen Kaffee, mittags Bouillon ohne sonst was und abds. z Eier. Abgesehen<br />

von gelegentlichen neuralgischen Kopfschmerzen geht es mir gut. - Wetter immer<br />

zweifelhaft. Ich gehe heute etwas, aber vorsichtig auf ebenen Wegen. Die ,Tollkühnheit'<br />

würde hier in dem guten Harz kaum Verwendung finden, auch bei gesunden<br />

Gliedmaßen. - Diese jetzige Lebensweise fällt mir ziemlich auf die Nerven. Von<br />

spätestens Montag ab werde ich jedenfalls wieder gehen wie andere Menschen, vielleicht<br />

auch mal nach Schierke. - Leben Sie wohl. - Ein schlecht gelaunter alter<br />

Brummer" 62). Der Il. September war ein Sonnabend. Bereits am 13., also am Sonntag,<br />

wandert Holstein nachmittags nach Rübeland und Wendcfurth, "da unten im<br />

Bodetal ist eine wärmere, weichere Luft als hier" 63) - so hat er also nicht bis zum<br />

Montag zu warten brauchen, der Fuß war vorher geheilt.<br />

Offenbar noch aus HasselfeIde schreibt Holstein einen Brief, den er lediglich<br />

"Montag Nachmittag" datiert, der aber im September 1896 geschrieben sein wird:<br />

"Es ist unsagbar, was man hier an Wäsche spart. Mein Hemde, dritter Tag, ist noch<br />

so, daß man in der Dämmerung es in Berlin tragen könnte. - Der Wirt behauptet,<br />

daß das Wetter besser wird. Aber die Wege, außer Chaussee, sind unpassierbar. Ich<br />

werde daher ganz bescheiden meine Tollkühnheit auf der Chaussee nach Tanne aus-<br />

Rappbodesperre und der Kanalisation in HasseIfeIde beteiligt). Während dieser Zeit hieß<br />

das Haus "Haus Halberstadt". Um 1960 wurde es umgebaut und einem Volkseigenen Gut<br />

zur Verfügung gestellt. Das Haus steht also noch (Nr. 107). (Frdl. Mitteilung von Herrn<br />

Kar! Böhnstede in HasseIfeIde.)<br />

60) Akten Bd. 79, BI. 15.<br />

61) Akt e n Bd. 79, BI. ZZV. Dem kalendarischen Befund und Holsteins Aufenthalt im<br />

Harz nach kommen nur die Mittwoche 9., 16., Z3. und 30. als Tage der Abfassung dieses<br />

Briefes in Betracht. Da auf das jüngste Befinden in Berlin Bezug genommen wird, liegt der<br />

9. 9· 1896 am nächsten.<br />

62) Akt e n Bd. 79, BI. 17v-I8.<br />

63) T rot h a S. 38.<br />

108<br />

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toben lassen - diesen Brief werde ich, falls ich ans Ziel gelange, dort in den Kasten<br />

werfen" 64).<br />

Aus Harzburg schreiht Holstein am 5., aus Hasselfelde ,am 8. September 1896.<br />

Offenbar hat er die Bahnstrecke über Goslar, Harzburg, Nordhausen benutzt, denn<br />

von Goslar aus machre er zu Fuß einen Abstecher nach Hahnenklee, dessen Charakterisierung<br />

mitteilenswert ist: "Sonnabend inspizierte ich Hahnenklee. Von Goslar<br />

drei Stunden hinauf, nach Lautenthal 65 ) I 1/, Stunde hinunter, alles bei Regen.<br />

Hahnenklee ist eine grüne Wiese, von Wald umgeben. Recht schöne Lage, große<br />

Zukunft, ohne Zweifel. Eine ältere Dame, der ich vor dem Ort begegnete, vertraute<br />

mir an, Pensi{)n Schwcnzel 66) sei eine Spezialität für Damen und durchaus zu empfehlen.<br />

3 1/2-4 Mark. Der Wirt im Deutschen Haus 67) suchte mich durch die Mitteilung<br />

zu gewinnen, der OberIandforstmeister v. d. Borne 68) werde demnächst für einige<br />

Wochen erwartet. Gerade für meine Zwecke war das aber nichts, denn es waren<br />

noch ziemlich viele Fremde da, welche sich während des Regens unter der Veranda<br />

gegenseitig beobachteten. H i ergibt es das nicht. Als Frau von Michael 69) mich in<br />

Harzburg fragte: ,Was 1St denn das für ein Ort, wo Sie hingehen?' erwiderte ich:<br />

,Ein Ort, wo man ein Hemde zwei Tage tragen kann' - womit in der Tat die ganze<br />

Lage definiert ist. - I'ür Böttichers 70) würde ich Hahnenklee sehr empfehlen. Das<br />

Deutsche Haus macht einen gut e n Eindruck. Pension für einen Menschen, mit<br />

Zimmer I. Etage, 4,5071). Ich müßte mich irren, wenn Mutter Bötticher nicht manchmal<br />

wegen der hohen Harzburger Preise sich Sorgen machte. Harzburg ist wirklich<br />

M) Akt e n Bd. 79, BI. 24v-25.<br />

85) Bei Trotha S. 35 steht La n tenthal, was gewiß ein Lesefehler ist.<br />

88) Frhr. Grote gibt in seinem "Führer durdt die Umgebung der Luftkurorte Hahnenklee,<br />

Boc:kswiese und Auerhahn", Lautenthai [1895], S. 45 die Pe n s ion Sdtwenzel mit<br />

20 Betten in 15 Zimmern an, also eines der größten Häuser.<br />

07) In Meyers Reiseführer (s. Anm. 5 I) ist das Deutsdte Haus auf S. 147 verzeidtnet.<br />

Als Besitzer istFric:k angegeben,es wird als "sehrbesudtt,Zimmer(besdteiden) 1,50-2 [Mark],<br />

... Pens[ion] m[it] Z[immer] von 3,50 M. an" besdtrieben. Vgl. audt Anm. 71. - Zur Gesdtidtte<br />

dieses Hauses s. Kar! S eh u b e r t: Mein Heimatort Hahnenklee, o. O. 1932,<br />

S. 11-14.<br />

88) Es kann sidt um den Landforstmeister von dem Borne handeln, der im "Handbudt<br />

über den Kgl. Preuß. Hof und Staat" für die Jahre 1895-1897 als Vortragender Rat im Ministerium<br />

für Landwirtsdtaft, Domänen und Forsten, Abt. III Forst- und Jagdsachen, nachgewiesen<br />

ist. - Die in C1austhal erscheinende Tageszeitung "Offentliche Anzeigen für den Harz"<br />

bringt am 20. S. 1890 die Notiz vom 16., daß der Landforstmeister v. d. Borne innerhalb<br />

einiger Tage im Forstrevier Torfhaus zwei Auerhähne erlegt habe. - Es wird auch derselbe<br />

sein, der im Juli 1883 (ohne Angabe der Tage) im Hotel Zur Krone in C1austhal gewohnt<br />

hat, wie das Gästebuch mit der Eintragung "1883 Juli v. d. Borne, Ob-Forstmstr, Hannover"<br />

ausweist.<br />

89) s. Anm. 52.<br />

70) Gemeint ist das Ehepaar Karl Heinrich und Sophie (seit 1864: von) Bötticher. B.<br />

(1833-1907) war preuß. Staatsminister und Staatssekretär im Reichsamt des Innern, zuletzt<br />

Oberpräsident der Provinz Sachsen.<br />

71) Eine Anzeige des Hotels Deutsches Haus im fraglichen Jahr 1906 gibt als Pensionspreis<br />

"3,50 bis 4 M." an (F ri e d r ich B eh m e u. H. Wes sei: Führer durch die Luftkurorte<br />

Hahnenklee, Booowiese, Wildemann, Lautenthai und Wolfshagen im Harz. Wolfenbüttel<br />

1896, im unpaginierten Anzeigenteil am Ende des Bandes).<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

J09


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laure auf den ersten Regentropfen, der aufs Papier fällt". In einem Postskriptum<br />

dieses Briefes lobt Holstein seine Haushälterin Röber mit den Worten: "Röberchen<br />

ist ein pünktliches Geschöpf. Vorgestern sdlfieb ich, sie solle was nachschicken, und<br />

heute vormittag war es da. Können Sie die nicht beim Umzug verwenden?" 77).<br />

Am 15. sieht er den Rückreisetermin für Montag, 2 I. September, vor. Doch am<br />

20. September, "Sonntag v[or]m[ittags]", schreibt Holstein: "So, alles ist gepackt.<br />

Ich schicke die Sachen heute nach Suderode und gehe meinerseits zu Fuß, soweit das<br />

Wetter es zuläßt. Anstatt quer durch den Harz zu gehen, werde ich, mit Rücksicht<br />

auf die unfreundlichen Wetterzeichen, mich wohl so halten, daß ich nicht allzuweit<br />

von der Bahn bin. Morgen werde ich von Suderode aus in aller Ruhe mich so einrichten,<br />

daß ich abends bei guter Zeit in Berlin bin. Wenn ich morgen mittag gefahren<br />

wäre, hätte ich nicht um 9 Potsdamer Bahnhof sein können. Deshalb fahre<br />

ich heute. Dieser Marsch wäre auch sehr hübsch, aber oh, dies Wetter!" 78) Holstein<br />

wird also am Sonntag, 20. September, bis Gernrode gefahren und dann von hier am<br />

Montag, 2 I., mit der Bahn nach Hause gereist sein. Er schreibt ja auch, er wolle über<br />

Gernrode 79) fahren und hoffe, gegen 20 Uhr in BerIin einzutreffen 80) "und nach<br />

9 •.. in der Bendlerstraße" zu sein 81). Es regnete weiterhin andauernd, denn er fügt<br />

die Wörter "patsch, patsch" dem Satz an, in dem er seine Absicht kundtut, den Brief<br />

"als Spazierziel nach Rübeland oder Blankenburg" zu tragen 82).<br />

Im nächsten Jahr, 1897, reist Holstein wieder in den Harz: Harzburg, Hasselfelde<br />

und Elbingerode sind die Aufenthaltsorte. Am Montag, 16. August 1897,<br />

nimmt er in "Solo-Speisung auf dem Potsdamer Bahnhof" sein Mittagessen ein und<br />

fährt nun etwa 15 Uhr nach Harzburg 83), wo er ca. 23.15 Uhr eintrifft 84). Er<br />

wohnt wieder bei Julius Fischer. Das dortige Bett hält er der Mitteilung für wert,<br />

stehe "gegen das heimatliche erheblich" zurück 85). Am Dienstag, 17. August erwähnt<br />

er in einem Brief an Helene von Lebbin den offenbar von einem früheren Besuch her<br />

bekannten Spitz: "Der Charakter des gelben Spitzes hat sich leider ungünstig entwickelt.<br />

Er stellte sich mit Maulkorb vor und umschritt enthaltsam die Untertasse<br />

mit Milch. Ich halte den Maulkorb für einen Erziehungsfehler. Lieber hauen." Und<br />

unvermittelt anschließend: "Einige Sachen, die hier sein sollten, z. B. Messer und<br />

Feder, sind blshcr noch nicht gefunden worden. Röberchen wird also das Vergnügen<br />

6) teilt S. 211 mit, daß Helene von Lebbin nBienchen" genannt wurde, "wie man im Freundeskreis<br />

sagte". Dom kann H. v. L. hier kaum gemeint sein, da der Brief an sie selbst gerimtet<br />

ist.<br />

77) s. Anm. 73.<br />

7S) Akte n Bd. 79, BI. 26.<br />

78) Nimt Gern e rode, wie T rot ha S. 38 drud


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Am 13. September 1897 (errechnete Datierung im Autograph; Holstein schreibt<br />

"Montag früh") teilt Holstein mit und berichtet er: "Heute geht nun die Packerei<br />

los. Das Gepäck schicke ich per Post morgen früh nach Braunlage. Ich wandre dann,<br />

nachdem ich Fr[au] v. W[edcI] fortgebracht, zu Fuß dorthin, wo mich ein Wagen<br />

aus Hasselfeide abholt. Wäre nicht das Gepäck, dann wanderte ich den ganzen<br />

Weg. - Gestern ging ich auf den Brocken, um den Nebel wogen zu sehen. Hinauf<br />

direkt durch den Wald, über den Königsberg. Hinunter mit weitem Umweg, nach<br />

IIsenburg bis zu dem Wege, der von Plessenburg nach Scharfenstein führt, dann auf<br />

Waldwegen durch das Maizen- 96) und Eckertal bis unter die Rabenklippen; dort<br />

von der Ecker his zur Rabenklippenmaussee ohne Pfad gerade aufgestiegen von 9 1 /4<br />

bis 1/2 7, mit 1/2 Stunde Rast, um ein Hähnchen und 1/4 Rotwein zu verzehren" 97).<br />

Zwei Tage später, 15. September, schreibt Holstein erneut an Helene von Lebbin<br />

u. a.: "Gestern setzte ich W[edel]chen in die Bahn und wanderte dann los. Nach<br />

Braunlage hatte ich den Wagen aus HasselfeIde bestelIt. Empört war ich, daß ich von<br />

hier bis Braunlage, um mein Gepäck mit der Post schid{en zu können, ein Billet für<br />

mich mit lösen mußte. In dem Punkt sind die Schweizer uns voraus. In Oderbrück<br />

aß ich etwas und erkundigte mich für zukünftige Eventualitäten nach den Modalitäten<br />

des Aufenthalts. Immer dieselbe Sache: nur Tabledhote, separat wird nicht<br />

serviert. - Ich werde während der nächsten Tage mich mal etwas in der weiteren<br />

Umgebung umtun. Mir schwebt Tanne, Rotehütte, Elbingerode vor. Finde ich nichts,<br />

was mir paßt, dann ertrage ich das Unvermeidliche hier" 98).<br />

Von Holsteins intensiver Wanderlust zeugt auch wieder der Bericht vom 17. September<br />

aus Hasselfelde an Helene von Lebbin: "Langsam im Kranichschritt mit<br />

Wettermantel und Schirm bin ich gegen 5 Stunden den Tag über marschiert, habe<br />

also meine Schuldigkeit getan", und nun "noch nicht Sechs, ..• habe ... bereits<br />

trockene Strümpfe und Pantoffeln angelegt mit dem Vorsatz, heute drin zu bleiben"<br />

99). Vier Tage soll es noch weiterregnen, sagte ihm ein Chausseearbeiter. "Vier<br />

Tage, das wäre also bis Sonntag. Montag siedle ich über nach dem ,Waldhof' in<br />

Elbingerode. Gestern Nachmittag ging ich hinüber - hin Trogfurter Brücke, zurück<br />

Rübeland und fand im Waldhof, vor der Stadt, ein großes Zimmer mit helIer Aussicht,<br />

während es hier der Bäume wegen an Regentagen so duster ist, daß ich selbst<br />

am Mittag nur unmittelbar am Fenster schreiben kann. Preis der gleiche wie hier.<br />

Von Sonnabend bis Montag haben sie dort Einquartierung, ich werde mich also im<br />

Laufe des Tags von hier nach Tanne fahren lassen und dort die Bahn nehmen, um<br />

die Strecke kennen zu lernen. Gegen 6 treffe ich dann in Elb[ingerode] ein. Ich<br />

vergaß die Hauptsache: keine Tabledhote, jeder ißt für sich, ob gleichzeitig, das ist<br />

mir gleichgültig" 100).<br />

S8) Die Me y e r 5 "Der Harz" (s. Anm. 5 I) beiliegende Karte "Harzburg-Ilsenburg"<br />

(zwischen S. II6 und 117) hat die Schreibweise Maitzcntal.<br />

S7) Akt e n Bd. 79, BI. 46 f.<br />

SS) Akt e n Bd. 79, BI. 49 f.<br />

89) T rot ha S. 41.<br />

100) Fortsetzung des Briefes, den T rot h a S. 41 f. im Auszug abdruckt: Akt e n Bd.<br />

79, BI. SlV f.<br />

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IIJ


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Wiederum zwei Tage später, am 18. September 1897 (Holstein datiert nur<br />

"HasselfeIde, Sonnabd"), meldet er Helene von Lebbin wiederholt: "Montag früh<br />

rücke ich aus, zu Fuß nach Tanne, während das Gepäck ebendorthin mit dem fahrenden<br />

Landbriefträger wandert. Von Tanne - Elbingrerode] nehme ich des Gepäcks<br />

wegen eine Fahrkarte - fast hätte ich geschrieben Billet - pfui - 3 ter Klasse, welche<br />

mir zugleich die Berechtigung gibt, zu Fuß zu gehen. Von dieser Berechtigung werde<br />

ich mit Erlaubnis des Wetters Gebrauch machen. Auf die Art ist der Tag ganz<br />

hübsch ausgefüllt. - Es gefällt mir hier weniger dieses Jahr. Sonst bedient mich der<br />

Wirt, dessen bauernschlaues Fuchsgesicht mir sympathisch Tst. Dieses Jahr aber ist er<br />

durch den Sohn, Kellner, zuletzt in Sylt, verdrängt, der mich, wenn ich mein einsames<br />

Mahl verzehre, nidlt aus den Augen läßt. Meine Mahlzeiten werden dadurch<br />

wesentlich abgekürzt, ich esse auch nicht viel, was ja sein Gutes hat. Außerdem ist<br />

bei dieser feuchten Kälte mein Zimmer kellerartig, hinter den dichten Bäumen, was<br />

Sie ja auch von der Pension Gold [?] schreiben. - Das Wetter hat sich übrigens<br />

bisher anständig gehalten. Seit gestern, Freitag früh, ist es im Ganzen trocken, nur<br />

gelegentlich mal eine Nebclhusche. Gestern ging ich einige dreißig km, heute früh<br />

dritthalb Stunden, nachher bringe ich vielleicht diesen Brief noch nach Wendefurth -<br />

aber nein, dann wird er erst morgen Vormittag mitgenommen. Na, zum Sonntag,<br />

wird er doch nicht ausgetragen. Also, wir werden sehen. Gestern hatte ich mal wieder<br />

zu arbeiten. - Die Halswickelung hat mir sehr gut getan, ich habe nur noch etwas<br />

Schnupfen. Von der Ortsveränderung hoffe ich auch darin eine Besserung. Der graugrüne<br />

Anzug ist für dieses Wetter wie geschaffen. - Sonst habe ich nichts zu erzählen"<br />

101).<br />

Nach seinem Aufenthalt von gut vier Wochen in Hanburg ist Holstein am<br />

14. September nach Hasselfeide umgezogen. Hier bleibt er nur sems Tage 102). über<br />

HasseIfeide teilt er in diesem Jahr lediglich mit, daß er sich "an einem einsamen<br />

Örtchen" befinde; von Wanderungen hört man nichts. Am 20. trifft er im "Waldhof"<br />

in Elbingerode ein 103): an diesem Nachmittag meldet er der Freundin Helene:<br />

"Nun also, hier wäre man. Aber vorläufig bin ich noch unter dem Einfluß des<br />

scheußlichen Wetters. Außerdem schreibt der Kleine [Köhlau 104)], er sei hier gewesen,<br />

die Verpflegung sei mangelhaft. Wenn dem so ist, werde ich wohl bald<br />

weiterwandern. Gestern blieb ich im Zimmer und machte \Vickelungen. Die Halsschmerzen<br />

sind ziemlich vorbei, was bei dem Wetter alles Mögliche ist. Die Laune<br />

ist schlecht. Deshalb empfehle ich mich auch schon" 105). Bereits zwei Tage später<br />

ersteigt Holstein wieder einmal den Brocken während einer neunstündigen Tour<br />

"ohne Einkehren, sogar ohne Hinsetzen, denn es war so naß, daß ich die mitgenommene<br />

Ration - Fleisch, eine Semmel und eine halbe Zeltinger [Moselwein] - im<br />

Stehen verzehrte 106). Der Marsch auf den Brocken freut mich jedesmal wegen der<br />

101) Akt e n Bd. 79, BI. 54 ff.<br />

102) R 0 g g e: Holstein S. 185.<br />

103) T rot ha S. 42.<br />

1(4) s. Anm. 88.<br />

105) Akt e n Bd. 79, BI. 56.<br />

100) Mit fast denselben Worten schreibt Holstein auch am 23. 9. an Helene von Lebbin<br />

(A k t e n Bd. 79, BI. 58).<br />

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wechselvollen Bilder beim Auf- und Abstieg, besonders dann, wenn es recht bewölkt<br />

ist. Leider wird der Brod


hatte, plötzlich heran, sagten lachend ,Guten Abend, Onkel', knixten und gaben die<br />

Hand. - Heute nach der Leistenklippe hinauf verfehlte ich den Weg und mamte<br />

dann die Klippe hinauf eine Kletterpartie, wie seit 91 nimt mehr 111). Hinterher fand<br />

ich den Weg, der mit eisernen Leitern sorgfältig eingerimtet war. Aber meine Turnübung<br />

hatte ich weg" 112).<br />

Mit den Worten "Ich habe alles abgelaufen", gesmrieben am 30. September, verahsmiedet<br />

sich Holstein Frau von Lebbin gegenüber aus Elbingerode nam fast zweiwömigem<br />

Aufenthalt. Da der 30. September ein Donnerstag war, wird der 1. Oktober<br />

der Reisetag zurüd< nach Berlin. Den Abend wird der Harzwanderer, entsprechend<br />

seiner Anmeldung in diesem Brief, bei der Freundin verbringen 118).<br />

Aum 1898 sucht Holstein den Harz auf. Am 17. August schreibt er an Helene<br />

von Lebbin: "Im möchte wohl nächsten Sonnabend fahren, aber wer weiß? In Elbingerode<br />

habe ich abbestellt." Und ein paar Seiten weiter: "Ich denke, im werde den<br />

4 ten in Harzburg sein" 114). Der Reisetermin verzögert sim aber: an dieselbe Empfängerin<br />

der Brief vom 22. August ("Montag abend") 115): "Ich denke, Donnerstag<br />

oder Freitag werde ich reisen können" und am 27. August: "Ob ich vor nächstem<br />

Sonnabend [3. September] fortkomme, ist mir höchst schleierhaft" 116). Es ist nicht<br />

zu ersehen, wann Holstein nach Harzburg fuhr: am 3. September smreibt er immer<br />

nom aus Berlin 117), am Mittwoch, 14. September dann aus Harzburg: "Hier regnete<br />

es Montag abd. u. nacht, gestern nicht, heute sieht da.s Wetter nicht schlecht, aber auch<br />

nicht sicher aus. Gestern war ich bis abends halb acht auf der Wanderung. Im Hotel<br />

Eckertal, einer Kneipe, wo im aß, wanderten die Kneipp-Leute von Jungborn 118)<br />

vorbei, barfuß, mit u. ohne Sandalen, ein junger, forscher Kerl mit braunen Sandalen<br />

mit Lederspitzen u. braunen, offenbar gefärbten Füßen. Auch eine Dame trippelte<br />

vorbei, mit ganz kurzem Schritt wie Frau Schwabach 119), verdeckte aber das Gesicht<br />

mit dem Schirm. - Frau v[on] W[edel] hat mir angekündigt, daß sie dieses Jahr den<br />

Harz sehen möchte. Ich habe also eine Tour zurechtgelegt: Schierke - Elend - Rotehütte<br />

- Rübeland, Treseburg, Hexentanzplatz, Thale (Waldkater). Drei Tage. Natürlich<br />

fahre ich mit. Mein Gepäck schicke ich vorher nach Osterode, behalte nur<br />

2 Hemden, richte mich also darauf ein, daß wir Sonnabend abreisen, ich Montag über<br />

Halberstadt nach Osterode fahre. Von da gehe ich nach Riefensbeek, was der kleine<br />

K[öhlau] 120) empfahl, bestelle aber nichts vorher, sondern sehe mir das Lokal mal<br />

111) Die Leistenklippe ist eine der Hohneklippen zwischen Elbingerode und BrQ(xen.<br />

112) Akt e n Bd: 79, BI. 64-65.<br />

113) T rot h a S. 43.<br />

114) Akt e n Bd. 79, BI. 74 und 75 r •<br />

11&) Akt e n Bd. 79, BI. 78r. Die im Autograph eingetragene Datierung ,,23. 8. 98" ist<br />

falsch, da der 23. ein Dienstag war.<br />

11S) Akt e n Bd. 79, BI. 8Ir.<br />

111) Brief an Moritz von Bissing: Fra u end i e n s t Bd. 4, S. 83.<br />

118) Bei Eckertal "der neue Luftkurort Jungborn, eine höchst eigenartige Naturheilanstalt<br />

mit Park; Kurmittel sind Licht, Luft und Sonnenbäder, das ,Justbad', Fruchtdiät, Erdumschlägeu.<br />

a." (Meyers "Der Harz" [so Anm. SI] S. 115).<br />

119) Es dürfte sich um die Ehefrau eines der bei den Geh. Kommerzienräte Julius Leopold<br />

oder Paul (von) S. handeln.<br />

120) s. Anm. 88.<br />

116<br />

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erst an" 121). Am 17. teilt der Schreiber aus Harzburg mit, daß er am Vortage einen<br />

siebenstündig·en "Gewaltmarsch" von Harzburg zum Aussichtsturm Schalke und<br />

Auerhahn gemadlt habe, "ohne Essen, Trinken oder Setzen. NatürIidl zweimal verlaufen<br />

- dadurdl wurde eben die Tour so lang - aber immer von alleine wieder<br />

zuredltgefunden. Stundenlang keinem Menschen begegnet. - Der Auerhahn ist ein<br />

aus drei Holzhäusern bestehendes Wirtshaus. Ein Fuhrwerk, worauf ich für rechtzeitige<br />

Rückkehr gerechnet hatte, bekam ich nicht, telegraphierte also der Villa<br />

[Name unleserlich] ab, ging noch die Kil [0] m[eter] nach Goslar, aß im Brusttuch zu<br />

Abend u. fuhr hierher" 122). Erst um 12.30 Uhr sei er zurückgekehrt. Die Angabe,<br />

sieben Stunden unterwegs gewesen zu sein, bezieht sich offensichtlich allein auf die<br />

Fußwanderung.<br />

Aus dem Hotel Krogstein bei Rübeland schreibt Holstein am "Sonntag abd."<br />

1 8. September 1 898 an Helene von Lebbin: "Das Wetter war ausgezeichnet, soweit<br />

ist auch nichts passiert, um Gesundheit oder Stimmung zu stören. Wir aßen Table<br />

dhote in Brocken-Scheidegg [d. i. Hotel Brocken-Scheideck bei Sch.ierke], hatten in<br />

Rote Hütt·e über zwei Stunden Zeit, und ich schlug vor, um Langeweile zu verhüten,<br />

vorauf der Bahn erst nach Tanne aufwärts und dann abwärts nach hier zu fahren,<br />

was auch geschah. Da das Coupe leer war, legte Fr[au] v. 'V[edel] sich hin, um zu<br />

schlafen, was aber nicht recht gelang. Sie schlief dann hier etwas. Wir gingen nachher<br />

noch 1/2 Stunde spazieren, jetzt ist sie längst zu Bett. Morgen geht es über Hexentanzplatz<br />

nach Thale" 123).<br />

Am 1 I. September, einem Mittwoch, zieht er um nach Riefensbeek im Sösetal,<br />

wenige Kilometer nordostwärts von Osterode und nahe der heutigen Sösetalsperre.<br />

Am zwanglosesten paßt hierhin ein Brief von einer Adelheid Fischer, offenbar der<br />

Harzburger Wirtin, von einem 11. September (ohne Jahresangabe), der im Holstein­<br />

Nachlaß des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes aufbewahrt wird. Frau<br />

Fischer dankt Holstein für das ihrer Schwester hinterlassene Geldgeschenk, und sie<br />

stellt die Nachsendung des Gepäcks in Aussicht 124). In Riefensbeek nimmt Holstein<br />

Quartier im Gasthof Klapproth 125). Er lobt die "sehr gute Matratze", ist aber ungehalten<br />

über die gewiß wohlmeinende Absicht der als sehr nett bezeichneten Wirtin,<br />

ihm Unterhaltung zu verschaffen: "Nur ein Forstassessor wohnt noch im Hause, die<br />

Wirtin möchte mich mit dem zusammenkuppeln, ich wehre mich aber." Und am<br />

Folgetag, Donnerstag, 22. September: "Hier bin ich recht zufrieden ... Nur leidet<br />

die Wirtin unter der Vorstellung, daß ich so allein mich unglücklich fühlen muß.<br />

121) Akt e n Bd. 79, BI. 96v-97.<br />

122) Ergänzung des von T rot h a S. 44-45 abgedruckten Textes nam Akten Bd. 79,<br />

BI. 98v. - Die Smalke (497 m) liegt zwismen Hahnenklee und (der heutigen) Okertalsperre,<br />

Auerhahn etwa 1 km westnordwestlim von der Sm alke an der Bundesstraße 241 zwismen<br />

Clausthal-ZeIIerfeld und Goslar. Die Länge der Wegstrecke insgesamt beträgt mindestens<br />

35 km.<br />

123) Akt e n Bd. 79, BI. 100-101.<br />

1") Akten Bd. 6, Nr. 93.<br />

126) Der Gasthof war 1896 eröffnet worden und ging um 1926 in andere Hände über<br />

(frdl. Mitteilung von Herrn Oberstudienrat Lommatzsm, Ciausthal-Zellerfeld). Das Haus<br />

steht nom als Hotel Jägerhof (frdl. Mitteilung von Frau Eva Lader, Osterode-Riefensbeek).<br />

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Also kam sie gestern Abend mit dem Fräulein, was hier kochen lernt, und macht<br />

Konversation, während ich in der Veranda saß. Ich werde, wenn sich das wiederholt,<br />

gleich nach dem Abendessen aufs Zimmer gehen". Sehr bezeichnende Äußerungen<br />

des alten Einsiedlers. Bezeichnend ist auch der Satz vom 15. September: "Nachdem<br />

ich mit der Wirtin einige Gedanken über Gänsebraten ausgetauscht und mit der<br />

ältesten Tochter des Hauses - 17 Monate - mich unterhalten habe, sind meine<br />

sozialen Verbindlichkeiten erledigt". Immerhin schreibt er auch "So eine Frau wie<br />

Frau Klapproth hat doch ein saures Leben. Den ganzen Tag tätig, immerzu und<br />

nachts alle 1 Stunden heraus, um einem der beiden Kleinen [es sind ZwiIIinge] die<br />

Flasche zu geben - und das kleine Dritte unterwegs. Sie hat auch schon ganz graues<br />

Haar". Der Satz zeugt von Anteilnahme für diese geplagte Frau. Am Ankunftstag<br />

berichtet er He1ene von Lebbin: "Eben hatte ich Suppe, Filetbifstek (Warum soll<br />

mans nicht mal so schreiben?), Kartoffelbrei, Compott, alles reichlich und wirklich<br />

gut. Ich erregte Mißvergnügen, weil ich nur das halbe 'tek aß. Abends gibt es<br />

Omelette, kaltes Fleisch u. dergl. Der Wein a 2,50 die Flasche ist auch preiswürdig.<br />

Pension 4 Mark" 126).<br />

Verhältnismäßig viel Raum widmet Holstein in seinem Brief dat. "Sept. 98.<br />

Sonnabend abd." der Mitteilung seiner Kenntnis über den genannten Forstassessor:<br />

"Schrieb ich schon von dem hiesigen Oberförster? Ein ganz junger Mann noch, mit<br />

schlechtem BIid


und Lärm. - Bitte fragen Sie Röberchen, ob sie zum Ersten Geld braucht, dann<br />

werde ich es ihr smicken lassen. Dem Portier soll sie sagen, daß die Miete vor dem<br />

7. bezahlt werden wird. - Nein, die Aussicht von dieser Veranda ist zu hübsch:<br />

heute ist, seit ich hier bin, der erste ganz helle Tag. -Abenteuer habe ich keine<br />

gehabt, wenn Sie nicht Schuhvollfüllen und über eine Wurzel im Halbdunkel hinsmlagen<br />

so ansehen wollen (beides vorgestern)" 138). Das Postskript dieses Briefes<br />

enthält die Mitleidsbekundungen für die geplagte Wirtin Frau Klapproth (s. S. Jl8).<br />

An demselben Tag unternimmt Holstein eine größere Wanderung: "Hanskühnenburg,<br />

Sieber, Stieglitzecke" 139). Und später in demselben Brief vom 28. September:<br />

"Heute Nachmittag werde ich noch eine große Tour machen." Er geniert sich<br />

auch nicht mitzuteilen: "Ein Paar Schuhe ist gänzlich kaput [!l, zum Wegschmeißen,<br />

verschiedene Sachen geben auch schon Notsignale" 140). "Die großen stillen Wälder<br />

passen mir hier sehr. Wenig Wild gibt es. Im sah erst 5 Stück", so seine Bemerkungen,<br />

gerichtet an Helene von Lebbin am 30. September 1898 141).<br />

Am Freitag, 23. September 1898, schreibt Holstein aus Riefensbeek folgenden<br />

ausführlichen Brief an die Freundin Helene v. L., da es, wie aus dem Brief hervorgeht,<br />

regnet: "Heute ist Regenwetter. Nicht gewöhnlim,er Landregen, sondern verfeinerter<br />

Seenebel [sie] nadl Harzer Art. Ich habe mim jetzt, 9 Uhr früh in der<br />

Veranda etabliert, mit Paletot, Decke, Büchern und Schreibmaterial. Es ist im Regen<br />

wie bei anderen Widerwärtigkeiten ein Gefühl der Erleichterung, sidl zu sagen,<br />

daß man die Sache allein durmmacht .... Gestern nach dem Essen, d. h. 1/4 3 brach<br />

ich nadl der Hanskühnenburg 142) auf. Unterwegs überlegte ich mir, daß ich nodl<br />

ein Geschäftstelegramm schicken wollte. Da Eile wünschenswert, so beschloß ich,<br />

selber gleim nach Osterode zu gehen. Um 4 war ich auf der Hanskbg [sie], um 8/47<br />

in Osterode, schickte mein Tel., trank ein Glas Portwein u. fuhr mit Einspänner nach<br />

Hause, angetan mit einem geborgten Mantel. Familie Klapproth war bereits am<br />

Beraten, ob man nicht ein paar Leute mit Laternen bergauf schicken sollte. Ich verlaufe<br />

mich allerdings jeden Tag mindestens ein Mal, da ich unterwegs an andere<br />

Sachen denke. In dem guten Harz kann man sich das smon erlauben; den hiesigen<br />

Schwierigkeiten bin ich immer noch gewachsen, wenigstens solange es hell ist. - Was<br />

die Aussichtspunkte anlangt, so sind die mit beschränktem Gesichtskreis entschieden<br />

vorzuziehen, hier wie im ganzen Harz. - Vorgestern sah ich die Hammersreinklippen<br />

148), mit Aussicht auf einen besonders dusteren Tannentalkessel, sehr schön in<br />

seiner Art. Gestern auf der Hanskühnenburg hatte man einen ungeheuren überblick<br />

ringsum, bis in die Ebene hinein; das macht einen öderen, heimatloseren Eindruck als<br />

das Tannental bei den Hammersteinklippen. Als Wohnort mag das eine wie das<br />

andere heiter gewesen sein. Suff, Raub und wenns horn kam, Entführung einer<br />

Jungfrau, weiter blieb dem Ärmsten, der da hauste, von den Annehmlichkeiten des<br />

IlO<br />

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138) Akt e n Bd. 79, BI. 85-88.<br />

139) Akt e n Bd. 79, BI. 89.<br />

UD) Akt e n Bd. 79, BI. 90.<br />

1U) T rot h a S. 49.<br />

142) Aussichtspunkt auf dem langgestreckten Bergrücken Acker.<br />

143) Zwischen Stieglittecke und Morgenbrotstal.<br />

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Lebens nimts übrig. - Während im am Schreiben war, bramte mir der Postbote,<br />

der täglich zweimal kommt, Ihren Brief. Ja, sagen Sie mal, wie lange gehen denn die<br />

Briefe? Mein Brief mit den Photos, der vorgestern um halb zwölf von hier abging,<br />

hatten Sie offenbar nom nimt .... Ich habe das Centralbureau gebeten, mir das<br />

Datum von Bülows Rückkehr zu melden. Im meinerseits denke etwa den 4 10n einzutreffen,<br />

bis dahin habe ich die Woche festgemacht. Nach mir kommt nämlich nom<br />

ein General aus Hannover, der hier jagen will. - Heute mittag gibt es Linsen mit<br />

Fleischkläßmen und Schinkenbegräbnis. Letzteres muß, nach der Beschreibung, mit<br />

dem Begriff Prinzeßkartoffeln verwandt sein. - Inzwischen nebelt es draußen ruhig<br />

weiter, bald stärker, bald leichter, das wird der mageren kleinen Söse auf die Beine<br />

helfen. Die Aussicht auf das schmale grüne Wiesen tal mit den niedrigen Tannenbergen<br />

ist aum jetzt nicht melancholisch. In dieser Veranda kann ich eine Masse<br />

Regen aushalten; in 3 Tagen denke ich vielleimt anders - souvent homme varie" 144).<br />

Am Sonnabend, I. Oktober wird es ungemütlich. Holstein smreibt an Frau<br />

v. Lebbin: "Es ist Zeit, daß der hiesige Aufenthalt zu Ende geht. Es wird zu kalt. Ich<br />

schreibe heute mit ganz verklemmten [!] Händen. Obendrein sieht das Wetter so<br />

unsicher aus, daß im mir noch nicht klar bin, ob im eine große Tour riskiere. Gestern<br />

ging es noch glatt ab, über Nacht hat es sehr geregnet. Der Barometerstand der guten<br />

Laune ist erst heute etwas tiefer, da nom dazu der Wind die Frechheit hat, gerade<br />

in die Veranda hineinzublasen. Im sitze in einem Winkel" 145).<br />

Am Dienstag, 4. Oktober, will er wieder nam Berlin zurückreisen, wie er am<br />

Freitag, 30. September an Helene v. Lebbin smreibt und am I. Oktober wiederholt,<br />

und um 19.55 Uhr in BcrIin sein 146), "eine langwierige Tour für die kurze<br />

Strecke" 147). Am 3. Oktober 1898 schreibt er derselben Briefempfängerin dann: "Ich<br />

schreibe jetzt an Röbermen, daß sie morgen abds. 7.55 auf dem Potsdamer Bahnhof<br />

sein soll, werde dann also vor halb neun in der Bendlerstraße sein" 148).<br />

Holsteins nädtster Harz-Aufenthalt ist direkt erst für 1902 belegt 149). In diesem<br />

Jahr weilte er im Dammhaus 150), 8 km von Clausthal entfernt an der heutigen Bun-<br />

114) Akt e n Bd. 79, BI. I06-I09 v •<br />

11&) Akt e n Bd. 79, BI. 93.<br />

U6) Zur Datierung des Briefes "Sept. 98. Sonnabend Abend" (T rot ha S. 47-49):<br />

mit dem Tag kann nur der 24. 9. 1898 gemeint sein, denn der nädJste Brief (5. 49) ist vom<br />

30. 9. (Freitag). Der Brief S. 47 müßte also vor dem 25. 9. (S. 46) stehen, in dem Holstein<br />

ausdrücklidJ die "Sonntagsruhe" des Tages erwähnt. Der Inhalt der Briefe spridJt nidJt gegen<br />

die Umstellung. Ihn hinter den Brief vom 30. 9" der auf S. 49 als nädJster folgt, zu<br />

stellen, geht nidJt an, da auf den 30. 9. bereits der L 10. folgt. - Der Fahrplanbefund ergibt,<br />

daß Holstein den Zug benutzte, der um I LIO Uhr ab Seesen fuhr (Holstein dürfte in Osterode<br />

[Harz] um etwa 9.40 Uhr zugestiegen sein) und um 19.55 Uhr im Potsdamer Bahnhof<br />

eintraf. Die Strecke führte über Börßum und Magdeburg.<br />

141) Akt e n Bd. 79, BI. 116 v •<br />

148) Akt e n Bd. 79, BI. 119".<br />

149) Holstein ist aber offenbar regelmäßig in jedem Jahr im Harz gewesen: "Seit 1895 bin<br />

idJ jedes Jahr um diese Zeit im Harz" (Brief vom 25. 9. 1908; R 0 g g e: Holstein S. 322).<br />

Briefe aus diesen Jahren sdJeinen zu fehlen.<br />

160) Hermann vom Rath bezeidJnet es fälschlich als "einsames Forsthaus" (R.: Erinnerungen<br />

an Herrn v. Holstein, in: DeutsdJe Revue. Mannheim 1909, S. 16). Wohl auf Grund<br />

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121


desstraße 242 in Richtung Braunlage bzw. St. Andreasberg. Holstein besdlfeibt die<br />

Lage ziemlich korrekt mit "am Kreuzungspunkt der Straße Altenau-Osterode und<br />

Andreasberg-Klausthal" 151). Dasselbe Gebäude, in dem Holstein wohnte, steht<br />

nom. In dem Brief an Ida von Stülpnagel, die Kusine, den Rogge auf "ca. 1.5.9.02"<br />

datiert 152), der aber bestimmt nicht alsbald nach der Ankunft geschrieben wurde,<br />

erwähnt Holstcin, daß er nun schon das vierte Jahr 15.') in demselben Haus wohne,<br />

diesmal aus der Schweiz kommend, wo es ihm zu lebhaft war (Heiden und Rorschach,<br />

Kanton Appenzell bzw. St. Gallen). Im Gegensatz zur unruhigen Schweiz ("in der<br />

Schweiz gefiel mir's nicht. Es wimmelt überall von Menschen, Fremden und Einheimischen")<br />

154) ist es "hier, ... abgesehen von Sonntagen, unglaublich still und<br />

menschenleer. Der meilenweite Wald - alIes Tannen 155) - hat etwas Erfrischendes<br />

und Ermunterndes, was ich anderswo nicht finde. Wenn schlechtes Wetter ist, habe<br />

ich die Auswahl unter verschiedenen Ch:msseen". Die Termine des Aufenthalts 19°2<br />

lassen sich nicht bestimmen. JedenfaIls bringt Frauendienst eine "Aufzeichnung",<br />

dat. "Berlin, I. Oktober 1902" 156), also wird Holstein, wie vorgesehen, am 29. September<br />

heimgekehrt sein 157).<br />

Auch in diesem Jahr ersteigt 'er am "ersten schönen Tag" den Brocken. Mit Stolz<br />

meldet er, daß er "die 39 km hin und zurück (oder 5 1/, Meile) ... ohne Anstrengung<br />

in 8 3/, Stunden" schafft, was einer Durchschnittsleistung von knapp 4,5 km/h entspricht<br />

- eine beaclltliche Leistung sowohl hinsichtlich des bergigen Geländes als<br />

auch erst recht des Alters des Wanderers (Holstein ist jetzt 65 Jahre alt). GleidI am<br />

nämsten Morgen, dem Tag, an dem abends der undatierte Brief geschrieben wird,<br />

geht Holstein wiederum, wie schon 1898 von Riefensbeek, nun vom Dammhaus aus,<br />

zur IIanskühnenburg. Er meldet, daß er für den Hin- und Rückweg zusammen fünf<br />

Stunden gebraucht habe. Da eine Strecl{e 10 km lang ist, schaffte Hoistein auf dem fast<br />

ebenen Weg einen Stundendurmschnitt von 4 km; er ging also gemütlich. Nach<br />

Vollendung des langen Briefes will er "noch etwas auf dem Sperberhaier Damm 158)<br />

hin und her wandern", der dem Dammhaus, das daher seinen Namen trägt, gegenüber<br />

auf der anderen Straßenseite liegt. Holstein fügt dem Brief ein Bild des Dammes<br />

bei, und er erläutert den Zweck der Anlage. Anschließend gibt er einen neuen Beweis<br />

irgend einer Empfehlung konnte Holstein dort wohnen, denn das Haus sm eint auf Pensionsgäste<br />

nimt eingerimtet gewesen zu sein. In Me y e r s Reiseführer "Der Harz" (s. Anm. 51)<br />

wird auf S. 172 lediglim angegeben "Einkehr, kalte Küme". - Einer Notiz in der CIausthaler<br />

Zeitung "Offentlime Anzeigen für den Harz" vom 15. 7. 1890 zu folge befanden sim<br />

gegenüber dem Dammhaus Anlagen, wo sidl am Vortag dieser Ausgabe "eine remt animierte<br />

Gesellsmaft" bewegt habe, also offenbar der damals üblime Kaffee- bzw. Biergarten.<br />

101) R 0 g g e: Holstein S. 233.<br />

162) R 0 g g e: Holstein S. 211-214.<br />

1&3) Aus den Jahren 1899 bis 1901, in denen Holstein also aum im Dammhaus wohnte,<br />

liegen mir keine Briefe vor.<br />

164) R 0 g g e: Holstein S. 211.<br />

lG') Holstein drückt sidl ebenso ungenau aus wie die meisten: nidlt Tannen, sondern<br />

Fidlten sind die weit überwiegende Mehrzahl der Bäume im Harz, also audl in der Gegend<br />

um das Dammhaus.<br />

122<br />

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lG6) Fra u end:1 e n s t Bd. 4, S. 238.<br />

167) R 0 g g e: Holstein S. 213.<br />

1&8) Der Sperberhai ist ein Geländepunkt unmittelbar nördlich des Dammhauses.<br />

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für seine Anteilnahme an menschlichen Schicksalen: der harte Dienst des Wärters,<br />

eines Grabensteigers 1511), wird ebenso beschrieben wie erst recht das Unglück, das<br />

die Wirtsleute vier Jahre vorher traf, da das jüngste Kind im Alter von fünf Jahren<br />

in dem Wasser des Grabens ertrank.<br />

1903 muß Rolstein seinen Urlaub wieder im Dammhaus verlebt haben, wenn<br />

sich von ihm auch keine Briefe im Archiv des Auswärtigen Amtes befinden. Dort ist<br />

aber ein Brief des Geh. Justizrats Dr. Franz Fischer, dem Berliner Vertreter der<br />

Kölnischen Zeitung, aus Schloß Vehn bei Sinzig, dat. 3°.9.°3, an Rolstein aufbewahrt,<br />

wo es u. a. heißt: " ... Sie im Dammhaus wieder einen angenehmen Aufenthalt<br />

gefunden und sich gesundheitlich erholt haben" 160).<br />

Durch keinen weiteren Nachweis ist der Aufenhalt Rolsteins im Hotel zur Krone<br />

für die Zeit vom 16. bis 19. Juli 1904 in Clausthal, belegt durch die eigenhändige<br />

Eintragung im Gästebuch dieses Hauses, gestützt. Ganz offenbar eigenhändig ist<br />

eingetragen: Rolstein Wkl Geh Rath, Berlin 161). Bei Trotha ist kein Brief aus dem<br />

Jahr 1904 abgedruckt, bei Rogge: Rolstein folgt auf den Brief aus Berlin vom<br />

1. Juli der aus dem Dammhaus vom 14. September, bei Frauendienst folgt auf den<br />

Brief aus Berlin vom 10. Juli der vom 5. August, ebenfalls aus Berlin. 16. bis 19. Juli<br />

ist eine ungewöhnliche Zeit für Rolsteins Harzreisen. Wo warer evtl. noch?<br />

Der nächste Aufenhalt ist nämlich erst für September 1904, und zwar im Dammhaus,<br />

belegt, jedoch nur durch wenige Briefe Rolsteins, zunächst den vom "Dammhaus<br />

über Clausthal, Montagfrüh, 5. September 1904" an Fürst Radolin: "Gestern<br />

nachmittags machte ich bergauf bergab einen sechsstündigen Marsch ohne Essen,<br />

Trinken oder Hinsetzen. War hinterher kaum müde, bekam aber leichten Rexenschuß.<br />

Irgendwo will das Alter sich doch bemerkbar mamen" 162). Der nächste Brief<br />

ist an die Kusine Ida gerichtet, wieder aus dem "Dammhaus über KlausthaI, 14· 9."<br />

[1904] 163). "Vorläufig sind Kopf und Beine noch rüstig. Vorgestern [d. i. Montag,<br />

Il. September] machte im eine mehr als neunstündige Tour, Rehberger Graben pp.<br />

Gestern [d. i. Dienstag, 13. September] Brocken, von 9 früh bis 8 abends mit drei<br />

Viertelstunden StiIIsitzen und gehörigem Durmweichen beim Rüd


teilungen Holsteins über seine und seiner Kusine Gesundheit und die Mittel. die er<br />

zu ihrer Erhaltung anwandte" 165). An einer Briefstelle wie der des Briefes vom<br />

14. September 1904 bedauert man für unseren Zweck die herausgeberische Methode<br />

Rogges, wenngleich sie für den Zweck seiner Edition gerechtfertigt ist. Der Rehberger<br />

Graben zieht sich übrigens vom Oderteich nach Süden in Richtung St. Andreasberg.<br />

Auch in diesem Brief hebt Holstein hervor, daß er auf seiner Brockenwanderung<br />

von II Stunden nicht einmal eine ganze Stunde gerastet habe, also gut 10 Stunden<br />

wanderte. Wieder müssen wir seine Rüstigkeit bewundern; er ist 1904 67 Jahre<br />

alt.<br />

Der andere Brief ist vom 19. September, wieder "Dammhaus über Clausthal",<br />

an Graf Bülow. Er erwähnt darin einen ,,9-IOstündigen Fußmarsch" zum Brocken,<br />

die vierte Ersteigung "in diesen letzten Wochen". "Die Aussicht lohnt nicht der<br />

Mühe, aber die verschiedenen Wege dorthin sind eigenartig schön. außerdem wandere<br />

ich möglichst viel, um wenig zu lesen." Das bezieht sich auf sein Starleiden,<br />

über das er sich im Folgenden äußert 166).<br />

Schließlich ist ein Brief an Fürst Radolin, "Dammhaus. 20. September 1904", erhalten,<br />

aus dem hervorgeht, daß die vierte, im vorgenannten Brief erwähnte Brockenbesteigung<br />

am 18. September, einem Sonntag, war: "J awohl, ich sitze noch ruhig<br />

hier, sogar ruhiger als mir lieb ist, denn vorgestern habe ich bei der vierten diesjährigen<br />

Brockentour mir beide Füße durchgelaufen, weil die Schuhe infolge Durchweichens<br />

hart geworden waren" 167).<br />

1905 finden wir Holstein wieder im Harz. Er reist am Sonntag, 4. September<br />

"um 4 Uhr" von Berlin ab nach Goslar 168), wo er die Nacht im Hotel Achtermann<br />

verbringt. "Der Gasthof ist aufgebaut um einen Stadtturm herum. Letzterer ist<br />

Speisesaal geworden. Übrigens mäßig" urteilt er 169). Nach stürmischer Nacht fiel am<br />

Morgen des 5. September Nebelregen. Das hindert Holstein nicht, zu Fuß nach<br />

Clausthal zu wandern ("etwa 4 Stunden mit noo Fuß Höhenunterschied" 170». Das<br />

Gepäck schickt er als Reisegepäck auf eine als solche nicht ausgenutzte Fahrkarte<br />

("Billet dritter Güte" 171». In Clausthal (Holstein schreibt hier wieder Klausthai)<br />

ißt er zu Mittag - er gibt leider nich'tan, wo - und wandert dann die 8 km bis zum<br />

Dammhaus, wo er wieder Quartier nimmt.<br />

Am Mittwoch, 7. September, berichtet er Ida von Stülpnagel, der Kusine, in<br />

einem ausführlichen Brief von seinen Erlebnissen und Eindrücken. Es ist 'kaum<br />

glaubhaft, daß Holstein, wie er schreibt, am Ankunftstag zusätzlich zum Weg von<br />

Goslar (4 Stunden) und weiter bis zum Dammhaus (8 km) noch 6 Stunden gegangen<br />

sei; er wird die Summe dieser Wegstrecken meinen. Der in demselben Satz erwähnte<br />

165) R 0 g g e: Holstein S. VI.<br />

166) Frauendienst Bd. 4, S. 177.<br />

161) Frauendienst Bd. 4, 5.178.<br />

168) R 0 g g e: Holstein S. 241. - Lt. Fahrplan (wahrscheinlich ab Potsdamer Bahnhof)<br />

um 15.55 ab Berlin, an Goslar 10.59.<br />

119) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />

110) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />

111) R 0 g g e: Holstein S. 241.<br />

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Weg von über 9 Stunden Dauer nach Station Goetheweg (an der Brockenbahn)<br />

und zurück soll am Tage vor dem dieses Briefes, also am 6. September, unternommen<br />

worden sein. Am 7., da er den Brief schreibt, erwähnt er ausdrücklich, im Quartier<br />

geblieben zu sein (s. u.). Die unmittelbare Umgebung des Dammhauses, "früher<br />

ganz eigenartig schön ... , ist durch die vorjährige Windbruchkatastrophe doch sehr<br />

verschimpfiert, aber man kann prachtvolle Touren machen. Heute sitze ich still,<br />

weil ich eine Pfote mir durchgelaufen habe .... Ich kann mir nichts unsympathischeres<br />

denken, als in einem kleinen Kurhause zu sitzen, wo jeder auf den andern aufpaßt.<br />

In einer großen Karawanserei ist das gleichgültig. Am bequemsten für den, der Ruhe<br />

haben will, ist so ein Lokal wie mein Dammhaus. Dieses Jahr hat es freilich auch<br />

Unbequemlichkeiten. Die eine Tochter hat einen Bergmann geheiratet, der aber<br />

lieber Unterbeamter irgendwo werden möchte, und der fünf jährige Enkel umspielt<br />

mich öfter als mir lieb ist. Auch ist um das Haus herum viel Unruhe, infolge des<br />

Aufräumens der umgewehten Strecke. Aber vollkommen ist nichts, und ich mache<br />

mir diese Gedanken nur, weil ich wegen der kranken Po te [!] zu Hause sitzen muß .<br />

. . . Draußen scheint die Sonne, und der Wind saust durch die Tannen. 4 Uhr nachmittags.<br />

Ich werde nun mit Filzschuhen etwas auf dem Grabendamm auf und ab<br />

gehen, weiter kann ich heute nichts leisten" 172) - verständliche Ergüsse eines Urlaubers,<br />

der sich ans Haus gefesselt fühlt.<br />

Aus einem Brief vom 2. November 1905 an Ida von Stülpnagel geht hervor, daß<br />

Holstein in diesem Jahr "aus dem Dammhaus ... ausgeräuchert worden" ist, denn<br />

"der Ofen, der ebenso wie das ganze Dammhaus aus dem Jahre 1739 stammt, wollte<br />

nicht mehr richtig ziehen, sondern rauchte. Das treibt mich weg". Der Entschluß<br />

wurde gewiß dadurch erleichtert, daß bereits Mitte September Frost kam 178). Im<br />

Anschluß an den Aufenhalt im Harz hat sich Holstein noch in Thüringen aufgehalten,<br />

wo aber auch ungünstiges Wetter herrschte und er Anfang Oktober auf dem Inselsberg<br />

in Schneetreiben geriet 174).<br />

Ober die Rückkehr nach Berlin wird nidltS weiter gemeldet. Zwei Briefe Holsteins<br />

an Fürst Radolin - "Dammhaus bei ClausthaI. Mittwoch, 13. September 1905"<br />

bzw. ebda. ,,15. September 1905" datiert 175) - 'beweisen den Aufenthalt mindestens<br />

bis zum 15. Ober den Harz enthalten die Briefe keine Aussagen. Am 19. schreibt er<br />

aus Friedrichroda 176), er muß also am 16., 17. oder spätestens 18. vom Harz nach<br />

dem Thüringer Wald übergesiedelt sein.<br />

1906 hat Holstein den Harz offenbar nicht aufgesucht. Erst 1907 finden wir ihn<br />

wieder in der von ihm so geliebten Landschaft: vom 3 I. August bis etwa 22. September.<br />

Er reist zunächst von Berlin nach Braunlage, um dort zu übernachten und Frau<br />

von Spitzemberg zu besuchen, die "dort sommerfrischcIt" 177) und dann auch tat-<br />

172) Rag g e: Holstein S. 241-243.<br />

178) R 0 g g e: lIolstein S. 243.<br />

174) R 0 g g e: Holstein S. 243.<br />

176) Frauendienst Bd. 4. S. 331. 334.<br />

178) Fra u end i e n s t Bd. 4. S. 336.<br />

177) R 0 g ge: Holstein S. 287. Es handelt sich um Hildegard Freiin von S. geh. Freiin<br />

von Varnhüler.<br />

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sächlich Holstein am Bahnhof bcgrüßt 178). Die Tagebucheintragung der Baronin<br />

von Spitzemberg vom 3 I. August 1907 bestätigt das Zusammentreffen: "Da laut<br />

Nachricht von Frau von Lebbin Baron Holstein seit Wochen an Gicht und Venenentzündung<br />

zu Hause sitzt ,anstatt auf seinem eins'amen Sommersitze im Dammhaus<br />

bei Clausthal, war ich wie aus den Wolken gefallen, als er sich per Brief auf heute<br />

abend hier ansagte, um meine letzten Tage hier mit mir hier [sie] im ,Haus Düm­<br />

Iing' 179) zuzubringen. Ich holte ihn natürlich an der Bahn ab, und er überrumpelte<br />

mich mit dem Vorschlage, morgen mit ihm auf den Brocken zu fahren ..•• Am<br />

Abend war er sehr munter und gesprächig, besonders aus der Bismarckschen<br />

Zeit" 180).<br />

Montag, z. September, schreibt er der Kusine Ida: "Jetzt werde ich meine Reisetasche<br />

pad{cn. dann Mittag essen, dann nach Königskrug vorauswandern und dort<br />

beim Kaffee den Einspänner abwarten" IR1) in Verwirklichung seines Vorhabens,<br />

das er im Brief vom 3 I. August nennt: "Morg,en gche ich dann in mein stilles Standquartier,<br />

Dammhaus bei Klausthai", freilich mit zwei Tagen Verspätung.<br />

Ab August 1906 hat sich eine nähere Verbindung zum Herausgeber der "Zukunft",<br />

Maximilian Harden, entwickelt. Die Korrespondenz zwischen Holstein und<br />

Harden hat ebenfalls Helmuth Rogge herausgegeben. Einige Briefe aus dem Harz<br />

gehen an Harden, so der vom Sonnabend, 7. September 1907 aus dem Dammhaus.<br />

Holstein hat sich bei einer Tour auf den Gipfel des höchsten Harzberges zuviel<br />

zugemutet, er beginnt mit: "Ich schreibe kürzer, als ich möchte [doch immerhin drei<br />

Textseiten im Druck], denn ich habe mich bei der sechsstündigen Brockentour übernommen<br />

und seitdem meist gelegen. Es geht jetzt gut, Montag, vielleicht schon<br />

morgen, werde ich die Beine wieder in Bewegung setzen" und später unvermittelt:<br />

"In diesem Augenblick habe ich ... Halsschmerzen. Kurz, es könnte mir etwas besser<br />

gehen" 182). In der Nachschrift dieses Briefes, verfaßt am folgenden Morgen, Sonntag,<br />

8. September, erwähnt Holstein eine "schwere Erkältung", die ihn hindere, an<br />

diesem Tage auszugehen 183). Den am Montag, 9. Septcmber an Harden gerichteten<br />

Brief bringt Holstein bei seinem "crsten Ausgang", "da die Post schon weg ist", zum<br />

Postamt nach Altenau, ,,5 km entfernt" 184). - Mitten in den die Politik behandelnden<br />

Brief vom 10. September an Harden streut Holstein unvermittelt Persönliches ein:<br />

178) R 0 g g e: Holstein S. z89. - Braunlage war bis nam dem zweiten Weltkrieg durm<br />

eine Stimbahn von Walkenried aus an das Smienennetz angesmlossen.<br />

179) Das Haus besteht nom unter demselben Namen. Im verdanke es den Besitzern, Herrn<br />

und Frau Smrader, daß ich das Gästebum der fraglimen Zeit einsehen konnte. Holstein hat<br />

sim nimt eingetragen, aber "Freifrau Hildegard von Spitzemberg geb. Freiin von Varnbüler<br />

mit ihrer Enkelin Hildegard von Wangenheim z. Juli bis 2. September 1907".<br />

180) Das Tagebum der Baronin Spitzemberg geh. Freiin v. Vambüler. Aufzeimnungen<br />

a. d. HofgeselIsmaft d. HohenzolIemreimes. Ausgew. u. hrsg. von Ru d 0 I f Vi e r hau s.<br />

3. Aufl. Göttingen 1963. S. 274 f.<br />

1"1) R 0 g g e: Holstein S. 290. - Der Königskrug ist ein Ausflugslokal an der heutigen<br />

Bundesstraße 41z42, etwa 4 km nordwestlim von Braunlage in Rimtung Torfhaus-Bad Harzburg.<br />

- Der Brief vom 31. August steht bei R 0 g g e: Holstein S. 287.<br />

126<br />

182) R 0 g g e: Harden S. 198 U. ZOI.<br />

183) R 0 g g e: Harden S. 202.<br />

184) R 0 g g e: Harden S. 203.<br />

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"Es geht mir besser, aber das Zusammentreffen der verschiedenen kleinen Beschwerden<br />

hat mich alten Knaben dom remt matt gemacht. Sie sehen es auch an der<br />

Schrift" - und die Beobachtungen: "Wetter bisher gut, mit Gewitterwolken. Unten<br />

streitet die Familie in hörbaren Tönen, ob der fünf jährige Enkel Züchtigung verdient<br />

hat oder nicht. Die Eltern sind für, die Großeltern gegen" 185).<br />

Den langen Brief vom Donnerstag, I z. September, an Harden smließt Holstein<br />

mit folgender ausführlicher Mitteilung: "Mir geht 'es besser. Der Kopf ist wieder<br />

frei. Die Beine werden erzogen. Im durchwandere die Harzwälder und pfeife -<br />

singen is nim - die Garibaldihymne: J'ai une jambe qui remus Et l'aut' qui ne va<br />

plus. Gestern ging ich 5 1/2 Stunden ohne Hinsetzen. Früher machte ich freilich<br />

dieselbe Tour in 4 1/2 Std., aber immerhin, ich habe sie doch wieder gemacht. Nachts<br />

machte ich ums Knie eine Wickelung mit saurer Tonerde und wandere dann weiter.<br />

Der Apotheker in Altenau, wo im dieses Wickelzeug kaufte, sagte mir, er habe<br />

öfters smon von Fällen gehört und gelesen, wo Aderentzündungen infolge von<br />

Durchleuchtungen eingetreten seien. Also, wenn Sie einer durchleudlten will ohne<br />

klaren Grund, leuchten Sie ihm heraus. Und die Zehe, die Wurzel des ganzen<br />

Malheurs, läuft, dick mit Watte umwickel t, ganz von alleine. Durm diesen Brief habe im<br />

den größten Teil meines Nachmittags interessant ausgefüllt. Nachmittags sitze ich<br />

meist zuhause. Da kommen ein bis zwei Dutzend Zeitgenossen - wenn aum nicht<br />

lauter Siebziger - von Cl aus thai, Altenau, Ricfensbeek - und trinken Kaffee und<br />

anderes. Da einige - vieIleicht Leser des ,Tageblatts' 186) oder des ,Hannoverschen<br />

Kuriers' - wie mir die Wirtin erzählte, den Wusch geäußert haben, ich möchte ihnen<br />

gezeigt werden, so ist das für mim ein Grund mehr, mich ruhig zu halten. Bei<br />

Sonnenuntergang oder schon vorher verschwindet alles, da die Waldwege recht<br />

dunkel sind. Dann gehe ich noch kurze Zeit auf dem Grabendamm spazieren" 187).<br />

Eine Woche später, am Donnerstag, 19. September, kündigt Holstein Harden<br />

gegenüber die Absicht an, nach dreiwöchigem Aufenthalt im Dammhaus dieses "am<br />

Sonntag", also am H. September, zu verlassen und "meist zu Fuß nun nom im Harz<br />

und in Thüringen" umherzuziehen, "ohne längere Station irgendwo". "Heute nachmittag<br />

ging ich nam Altenau hinunter, um mir den Bart, der allmählich prophetenhaft<br />

geworden war, zivilisieren zu lassen. Der Friseur, zugleich Heilgehilfe, erzählte mir,<br />

wer irgend könne, verlasse jetzt den bergmännischen Beruf. Durch die größere Intensität<br />

des Betriebes sei die Luft noch ungesünder geworden. Früher hätten die Bergleute<br />

es dom meist bis über 50 gebramt, jetzt kämen sie selten höher als 40. Zwismen<br />

35 und 40 stürben die meisten. Immer Bergkrankheit (Schwindsucht). Dadurm wird<br />

das ergänzt, was mir neulich ein anderer Mann sagte: ,Im Harz gibt es viele Witwen'.<br />

Durch solches Guck10m sieht man hinunter auf eine - für mich wenigstens - neue<br />

Schimt von Sorgen und Elend" 188). "Hier haben wir ganz nettes Wetter. Barometer<br />

183) R 0 g g e: Harden S. 205.<br />

188) Gemeint ist das Hannoversche Tageblatt.<br />

la7) R 0 g g e: Harden S. 210. Zu Garibaldi merkt Rogge an, daß er sehr rheumatisch<br />

gewesen sei.<br />

laa) R 0 g g e: Harden S. 213. Ähnlich an lda von Stülpnagel am 20. September, worauf<br />

Rogge 3ud! hinweist: Rogge: Holstein S. 290.<br />

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hübsch hoch. Aber der Harz hat eine melancholische Natur. Helle Fröhlichkeit ist<br />

ihm zuwider. Deshalb sitzen wir in dichtem, trockenem Nebel" 189).<br />

Am Freitag, 20. September 1907, berichtet Holstein auch wieder seiner Kusine<br />

Ida von Stülpnagel: "Es geht mir gut. Ich mache wieder Touren wie früher, ohne<br />

daß es mir schadet. Heute z. B. bin ich in 295 Minuten etwas über 21 Kilm. gewandert,<br />

bergauf, bergab. Von meinem Alter kann man nicht mehr verlangen" 190).<br />

Wieder folgen hier die eine Auslas.sung bezeichnenden Punkte Rogges. Am 2 I.<br />

schreibt Holstein dann gleich zwei Briefe an Maximilian Harden, noch aus dem<br />

Dammhaus, am 29. dann an denselben Empfänger aus Friedrichroda 191). In dem<br />

ersten der Briefe vom 21.: "Heute vormittag machte ich eine dreistündige, gestern<br />

eine fünfstündige Wanderung. Morgen nachmittag wandere ich nach Andreasberg,<br />

bleibe dort die Nacht und gehe übermorgen ostwärts, nach Benneckenstein und dem<br />

Netzkater. Weitere Pläne kann man nicht machen, des Wetters wegen. Das Wandern<br />

ist das wenigste. Dazu gehören nur zwei Beine" 192).<br />

Wie:im Vorjahr ist Holstein vom Harz zum Thüringer Wald übergewechselt,<br />

wo er mit Helene von Lebbin, ihrer Schwester Hedwig und deren Ehemann General<br />

Lothar von Trotha, dem Vater des Herausgebers des Briefwechsels Holsteins mit<br />

Hdene, zusammen war ("von uns Vieren bin ich noch der beinigste", vermerkt er<br />

stolz) 193). Von Friedrichroda ist er dann am Montag, 7. Oktober 1907, nach Berlin<br />

zurückgekehrt 194). Nachdem er noch ,etwas umhergewandert' ist, fiel es ihm<br />

"schwer, aus dem Grünen zu scheiden", wie er am nächsten Sonntag, 13. Oktober,<br />

Ida von Stülpnagel schreibt 195).<br />

Im Februar 1908 gebraucht Holstein eine vierzehntägige Kur gegen seine Gicht<br />

in Bad Salzschlirf 196). In den Harz kommt er zum letzten Mal Ende August 1908,<br />

er bleibt bis zum Montag, 28. September, im Dammhaus 197). Holstein wird bis<br />

189) R 0 g g e: Harden S. 114.<br />

190) R 0 g g e: Holstein S. 290.<br />

181) R 0 g g e: Harden S. 114 H.<br />

192) R 0 g g e: Harden S. 116.<br />

183) R 0 g g e: Harden S. 119.<br />

19') R 0 g g e: Harden S. 121.<br />

186) R 0 g g e: Holstein S. 191 f.<br />

186) Am 3. Februar teilt Holstein seiner Kusine Ida von Stülpnagel mit, daß er ein paar<br />

Tage zu Hause sitze wegen Gicht am Knöchel (R 0 g g e: Holstein S. 304). Am 16. schreibt<br />

er derselben Empfängerin: "Die Gicht ist vorbei. Vierzehn Tage Salzschlirf haben mir gut<br />

getan" (S. 3°5).<br />

187) Ein Brief an Helene von Lebbin, wenige Tage vor der Abreise geschrieben<br />

(T rot ha S. 49), enthält


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Goslar gefahren sein 198). Freitag, 18. August schreibt er: "Mein Zug geht um I loH.<br />

Ankunft in Goslar 4.11. Dann wenn Wetter erträglich hoffe ich eine Strecke zu gehen"<br />

199). Im Brief "Sonnabend früh 9 3/4." = 19. August 1908, vor der Abreise nach<br />

Goslar geschrieben: "Den Aufstieg von etwa 1000 Fuß, von Goslar bis Auerhahn<br />

denke ich zu wandern" 200). Jedenfalls teilt er dann weiter mit, zum "Auerhahn"<br />

aufgestiegen zu sein, "rund eine Stunde •.. ohne jede Ermüdung bei stömendem<br />

Regen" 201). Sowohl durch seine angegriffene Gesundheit ("erzwungene Ruhe",<br />

"Befinden hat sich wohl gebessert") 202) als auch durch das Wetter bedingt ("der [!]<br />

Barometer fällt immer ruhig weiter" 203» unternimmt Holstein nicht so viel wie in<br />

den früheren Jahren. "Hier [im Dammhaus] sitze ich und höre dem Heulen des<br />

Sturms zu .•. Wandre ... ruhig bei jedem Wetter. Vormittags gehe ich bergauf<br />

bergab zwei bis drei Stunden, 'auch n,achmittags bummle und sitze ich stundenlang<br />

umher. Als Anfang ist das befriedigend" schreibt Holstein am I. September, also<br />

ziemlich zu Beginn seines letzten Aufenthalts 204). Am 3. September beschreibt er<br />

das schlechte Wetter mit den Worten: "Sturm und Regen arbeiteten drei Tage lang<br />

wie zwei Schreier, die sich umschichtig unterbrechen, um zu Worte zu komm. Jetzt<br />

scheint es besser werden zu wollen. Kalt. Heute früh berichtete der PostilIon aus<br />

Andreasberg Schneefall auf dem Bruchberg, etwa 800 Fuß über hier. Spazierengehen<br />

konnte ich bei jedem Wetter auf zwei vom Walde geschützten Bergstraßen, von<br />

denen das Wasser ablief. Keinen Tag bin ich unter drei Stunden gewandert". Aber<br />

abends ist es still geworden: "Jetzt ist es etwas nach 10 Uhr, im Hause schläft alles,<br />

draußen im Walde ist es ganz windstill. Wenn man horcht, erkennt man, wie Kipling<br />

sagt, ,die Nachtgeräusche, die in ihrer Gesamtheit ein großes Schweigen ausmachen'"<br />

205). Wegen der oben zitierten erzwungenen Ruhe "gestaltet sich ..• der<br />

hiesige Aufenthalt ... langweiliger als in den Vorjahren. Sonst wäre ich wohl noch<br />

etwas länger geblieben ••. Dies ist das erste Mal, daß ich noch keinen Hirsch schreien<br />

198) In dem Brief vom "Sept. 08", den T rot h a S. 54 abdrud


hörte" 206). In diesem Zusammenhang ist der Brief vom Dienstag, H. September<br />

1908 (der Poststempel des noch erhaltenen Briefumschlags gibt dieses Datum mit<br />

der Uhrzeit .. 5 N" = 17 Uhr an) der wörtlichen Wiedergabe wert: "Es ist ein<br />

prachtvoller Nachmittag. Ich gehe jetzt und setze mich eine halbe Stunde oberhalb<br />

in den Wald, um zu horchen, ob schon Hirsche schreien; ich glaube aber kaum ....<br />

Abends - Die Beleuchtung war prachtvoll, ich vermißte dabei ganz besonders die<br />

sorgsame Hand - die meine Brille klar hält - von Hirschen nichts zu hören. Sollten<br />

die etwa auch homosexuell 207) geworden sein? In der kommenden Woche wird<br />

sichs zeigen" 208).<br />

Obwohl Holstein "unter den musikalischen Talenten im Haus" leidet ("das rothaarige<br />

Dienstmädchen singt stundenlang bei der Arbeit und ein männliches Wesen<br />

pfeift fleißig im Hause umher"), kann er doch "zwischen 6 und 7 Stunden" schreiben<br />

209). In diesem Jahr hatte er sein Reisegeld mitzunehmen vergessen, "habe nur<br />

im Portemonnaie 91 Mark. Werde wÖchentlich nur das Trinkgeld berappen und im<br />

übrigen auf Pump leben. Frau Fischer lachte und ist einverstanden" 210). Im September<br />

1908 war es schon empfindlich kühl: "Zog mir dazu [zum Sitzen ,draußen umher']<br />

alles an, was ich anzuziehen mithatte, denn es ist recht kalt" 211). So erwähnt er<br />

Anfang des Monats, daß er bei 12 0 in seinem Zimmer im Dammhaus bei offenem<br />

Fenster sitze, aber habe heizen lassen, "draußen rauscht der Wind durch die Tannen"<br />

212). Aus solcher Perspektive sieht er an einem Regentag (",Heute regnet es<br />

nur ein Mol' 213), sagte eben Frau Fischer", die Dammhaus-Wirtin) "die Dinge ruhig<br />

vom Fenster aus an: Da liegt, mehrere hundert Meter lang, die Blöße, die vor 4<br />

Jahren Z14) der Sturm riß. Die Aufstapelung des Holzes ist jetzt noch kaum beendet.<br />

Am fernen Ende der Blöße steigt Rauch auf, wo Köhler ihr Wesen treiben. Sie<br />

schlafen auch dort in einem Hüttchen, nachts hört man einen Hund bellen. Das macht<br />

sich ganz gut, im Trockenen betrachtet, für die draußen, die den ganzen Tag nicht,<br />

und kaum die Nacht trocken werden, hat es wohl seine Schattenseiten. Man begreift,<br />

daß alle diese Leute nicht alt werden. Aber das ganze Bild, die Blöße mit Wald<br />

rundum, der Köhlerrauch und der über dem ganzen ausgegossene weiße Nebel, hat<br />

etwas einfach Harmonisches, Ruhiges, garnicht Trübes. Und auf der Chaussee unter<br />

dem Fenster rieseln emsig zwei kleine Regenbäche den Berg hinunter" 215). In demselben<br />

Brief gibt Holstein wieder Zeugnis von seiner Wanderleidenschaft, auch bei<br />

schlechtem Wetter: "Vormittags war lich nach Altenau hintmter, um mir Papier<br />

200) Brief an Ida von Stülpnagel vom 25.9. 1908 (R 0 g g e: Holstein S. 322).<br />

207) Das Wörtmen "auch" nährt die Vermutung, daß Holstein einen bestimmten Fall<br />

meint. Es ist stark anzunehmen, daß er auf die Affäre des Grafen Philipp zu Eulenburg anspielt,<br />

gegen den vom 29. 6. bis 17. 7. 1908, also rund zwei Monate vor Holsteins Brief, die<br />

Hauptverhandlung beim Landgerimt I Berlin lief.<br />

208) Akte n Bd. 81, S. E 3573IO-Il.<br />

208) Trotha S. 59 u. 61.<br />

210) T rot h a S. 54.<br />

211) T rot h a S. 60.<br />

212) T rot h a S. 54.<br />

218) T rot ha dru&t fälsmlim .. e Mol" (S. 57). Mol = Mal im Oberharzer Dialekt.<br />

21


- 50 Bogen und 25 Kuverts - zu holen; ging mit Umweg zurück. 3 1 /, Stunden,<br />

immer munt'Cr gegangen, immer auf- oder abwärts ohne besondere Ermüdung" 216),<br />

und das im Regen! Eine Strecke ist etwa 5 km lang. Nach der beiläufigen Mitteilung<br />

-an Harden im Brief vom 18. September ("Befinden zur Zeit mäßig. Zu vieles<br />

Marschieren hat den Magen geärgert. Ruhe und strenge Diät" 217» kann sich der<br />

sonst so rüstige Wanderer nicht mehr viel zumuten: am 21. schreibt er demselben<br />

Empfänger: "Meine gute Laune ist weg, seit ich mich nicht mehr müde laufen kann.<br />

Prachtwett!er, aber was habe ich davon? Lagere mich im Heidekraut. Mageres<br />

plaisir" 218).<br />

Durch eine kurze Bemerkung wird wieder deutlich, wie sehr Holstein doch auch<br />

am Schicksal seiner Mitmenschen Anteil nimmt: wie er 1898 über das Los der<br />

Wirtin in Riefensbcek warmherzige Bemerkungen macht (s. o. S. 118), so teilt er<br />

10 Jahre später mit: "Meinem Wirt habe ich gestern morgen gesagt, daß ich nicht<br />

annehme, er werde es noch lange machen, da Alkoholgenuß bei Zucker als ·eine Form<br />

von Selbstmord gilt" 219). Das ist nun zwar nicht gerade warmherzig zu nennen,<br />

aber es zeugt von Anteilnahme.<br />

Während dieses letzten Aufenthaltes im Dammhaus schreibt Holstein auch den<br />

berühmten Satz über Bernhard von Bülow, den Reichskanzler: "Ich denke viel über<br />

B. B. nach. Er macht eine ruchlose Politik, Bülow-Politik, nicht deutsche Politik ....<br />

Bülow hat immer die Besorgnis vor Augen, daß bei einer vollen Versöhnung zwischen<br />

König 220) und Kaiser er geopfert wird .•.. " Ein konkreter Anlaß zu den Sätzen<br />

,üben Bülow an Frau von Lebbin ist nicht erkennbar, zumal der betr. Brief nur<br />

"Dienstag abd 1/2 10" datiert ist 221).<br />

19°9·<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Nach dieser Reise hat Holstein den Harz nicht wieder gesehen. Er starb im Mai<br />

über sein Augenleiden hat Holstein öfter berichtet, und in den letzten Jahren<br />

litt er offenbar zunehmend unter Magenbeschwerden. Ober diese klagt er in den<br />

Briefen aus dem letzten Harzaufenthalt oft, so in einem undatierten Brief vom September<br />

1908 an Helene von Lebbin: "Der Magen verlangt noch alles Mögliche, Rücksicht.<br />

Zum Bei:spiel bekomme ich Druck, wenn ich ,gleich nach einer Mahlz,eit mich<br />

viel herumbewege. Deswegen verlangten beide Ärzte eindringliche Ruhe nach dem<br />

Essen" 222). Und kurz vorher in demselben Brief: "Abends verdarb ims durch Rührei<br />

und Kalbszunge. Danach Druck, den ich durch Bismuth beseitigte". Den nächsten<br />

Brief, ebenfalls ohne Datumsangabe, beginnt Holstein: "Heute habe ich gewissenhaft<br />

viermal, je I Stunde, festgelegen mit gutem Erfolg. Aber es ist eine schwere Gedulds-<br />

218) Trotha S.57.<br />

217) R 0 g g e: Harden S. 337.<br />

218) R 0 g g e: Harden S. 339.<br />

219) T rot h a S. 53 f.<br />

220) Gemeint ist der König von England, 1908 Eduard VII.<br />

221) Trotha S. 60. In Bd. 81 der Akten, S. E 357362, ist der Bleistiftvermerk<br />

"Sept. 08". Die berühmte ZitatsteIle steht auf S. E 357364.<br />

"") T rot h a S. 59.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

13 1


probe, hier viel mehr als in Berlin" 223) - und im nächsten Brief: "Die Notwendigkeit,<br />

in der besten Wanderzeit stundenlang zu liegen, drückt meine Lebensgeister<br />

herunter, das fühle ich. Aber ich werde durchhalten" 224). Bald darauf, gleich wieder<br />

im folgenden Brief, ebenfalls "Sept. 08", aus dem Dammhaus: "Vier Mal am Tage<br />

je eine Stunde fest zu liegen, und drei davon in der besten Wanderzeit, ist eine<br />

Pönitenz, aber ich glaube, es ist von großer Bedeutung. Gestern und heute hatte ich<br />

keine Beschwerden. Der Magen benahm sich wie ein bockiges Pferd, was die Ohren<br />

anlegt und den Schwanz ankneift, aber nicht bockt. Ich bin auch etwas weniger gegangen.<br />

Mir fiel ein Wort ein, das vor mehr als 10 Jahren Leyden 225) mir mal in<br />

Pontresina sagte: ,Bei angreifenden Touren wird der Magen auch angegriffen, denn<br />

er muß doch mit'" 226). Sein Magen wurde offensichtlich nicht gesdlOnt, erst gegen<br />

Ende seines Lebens mußte er bescheiden essen, doch kann von Diät kaum die Rede<br />

sein. Essen hat in Holsteins Leben einen wichtigen Platz eingenommen. Vielleicht<br />

wurde der Grund dazu im Elternhaus gelegt 227). Jedenfalls wirkt es fast grotesk,<br />

wie detailliert er oft mitteilt, was er gegessen hat. Ein Glas Bier beim Waldwärter<br />

zu trinken (1896) 228), geht noch an, auch das Rührei in Braunlage (1895) 229) und<br />

der Eierkuchen mit Schinken im Torfhaus (1896) 230) halten sich in bescheidenen<br />

Grenzen. Ebenso dürfte zu beurteilen sein, was er 1897 nach einem großen Spaziergang<br />

von Grünau nach Treptow noch nach Mitternacht zu Hause zu sich nimmt:<br />

"Schinkensemmel, 1 Apfelsinen und Graacher" [d. i. ein Moselwein] 231). In Riefensheek,<br />

wo Holstein offenbar besonders gut aß, genoß er am Sonnabend, 14. September<br />

1898, mittags "Erbsensuppe und einen vorzüglichen jungen Fasan mit hervorragender<br />

saurer Rahm-Sauce" und "zum Abend Schinken, roh und gekocht und die Extraspeise,<br />

heute Eierkudxen und Äpfel" 232). Erst zehn Jahre später finden sich in seinen<br />

Briefen wieder Nachrichten über genossene Speisen, nun aber muß Holstein sich<br />

&eines Magens wegen doch offenbar sdxonen: am 3 I. August 1908 ißt er im Dammhaus<br />

"einen Teller Reis und ein paar Happen Fleisdx. Jetzt eben um 4 Uhr habe idx<br />

wieder eine Tasse Milch mit Tee und zwei Eiern gehabt" 233). Wohl am Vortag aß<br />

er im Gasthof Auerhahn um 1/2 1 noch eine gehörige Portion Huhn mit Reis" 234),<br />

und ein paar Tage später im Dammhaus nachmittags "Mildx mit etwa.s Kaffee getitscht"<br />

235). Eine Mittagsmahlzeit bestand z. B. aus "Kalbskotelett, Reis, ein paar<br />

223) T rot h a S. 59.<br />

224) Trotha S.61.<br />

220) Professor Dr. Ernst Leyden (1831-1910) war seit 1885 Direktor der Ersten Medizinischen<br />

Klinik der Universität Berlin. Er wurde besonders durch seine Forschungen über<br />

die Rückenmarkserkrankungen bekannt.<br />

13 1<br />

220) T rot h a S. 61-62.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

227) s. dazu R 0 g g e: Holstein S. 12.<br />

228) T rot ha S. 38.<br />

228) R 0 g g e: Holstein S. 174.<br />

280) T rot ha S. 35 und ohen S. 106.<br />

281) Brief vom 16. 5. 1897 (R 0 g g e: Holstein S. 184).<br />

232) Trotha S.47.<br />

238) T rot ha S. 53.<br />

234) T rot ha S. 54.<br />

236) T rot h a S. 54 f.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


Kartoffeln, Schokoladenspeise" 286), ein Abendessen aus "Rührei und Kalbszunge"<br />

287), was aber nicht 'bekam. Seine Menues aus Borchardts Küche sind uns<br />

nicht bekannt, aber eine Speisenfolge im Haus Lebbin überliefert Trotha: "Ein<br />

warmes Gericht, Speise, Butter und Käse, Kaffee und Zigarren", zur Tafel "wurde<br />

ein leichter Weiß- oder Rotwein getrunken" 238). Trotha stellte dieser Beschreibung<br />

den Satz voran: "Der Geheimrat war überaus anspruchslos, daher das Essen immer<br />

einfach, gut bürgerlich". Nun ja, für die damalige Zeit wird es stimmen. Das sieht<br />

alles nicht übermäßig aus. Es ist aber doch wohl zu bedenken, daß Holstein gegen<br />

Ende seines Lebens - und in diese Periode fallen die Harzreisen - oft seine Magenbeschwerden<br />

hatte. Daß ihm die eingenommenen Mahlzeiten für der Mitteilung<br />

wert erschienen, zeugt von einer Originalität.<br />

In dieser Richtung ist noch anderes zu sehen wie etwa die Mitteilung vom lI.<br />

September 1898 aus Riefensbeek 239) an Helene von Lebbin: "Daß ich mit meiner<br />

eigenen Bettdecke und Roll wurst reise, gibt mir eine ungeheure moralische überlegenheit.<br />

Imponderabilien, aber man fühlt es heraus. Und der wonnige Gedanke,<br />

nur noch einmal einpacken zu müssen - dieses tägliche Auspacken abds. und Einpacken<br />

morgens stört wenigstens mir jedes Reisevergnügen, selbst ohne sonstige<br />

Mitstörungen. Ihr ergebener Krüppel H."<br />

Ein humoristischer Zug wird bei Holstein in seinem Brief an Helene von Lebbin<br />

aus HasseIfeide vom 14. September 1896 er!,ennbar, wo er den Wechsel eines Hemdes<br />

beschreibt: "Der heutige Tag begann für mich mit einer stillen häuslichen Feierlichkeit.<br />

Es galt die Einweihung eines reinen Hemdes. Jeder, selbst der in bescheidenen<br />

Verhältnissen lebende Zeitgenosse, kennt den Vorgang aus eigener Erfahrung,<br />

ich darf deshalb von einer Beschreibung der Einzelheiten absehen. Nicht unterlassen<br />

will ich aber, der l treuen jetzt zerknitterten Gefährten zu gedenken, welche mir<br />

über die letzten 6 trüben Tage hinweghalfen. Handelte es sich um Menschenbrüder,<br />

so würde man als Nachruf ihre fast unzerstörbare Reinheit und Unverdorbenheit<br />

hervorheben. Da es aber nur zwei einfache Hemden sind, so sagt man nichts, rümpft<br />

höchstens das Rümpfglied. Fürwahr nicht immer wird hinieden mit gleichem Maß<br />

gemessen. Indem so das innere Empfindungsleben zunächst zu gebührender Geltung<br />

gelangte, würden wir zu den Tagesereignissen übergehen können, wenn es deren<br />

gäbe" 240). Sonst tritt dieser Zug kaum hervor.<br />

Trotz vieler Detailangaben läßt sich auf Grund der letztlich doch sehr lückenhaften<br />

Quellenlage nur folgendes Harzitinerar aufstellen:<br />

1895 September Anfang HasseIfeide<br />

15. Brocken<br />

1896 August bald nach<br />

dem 15. Harzburg<br />

18. Romkerhalle<br />

238) Trotha S.57.<br />

237) T rot h a S. 59.<br />

t38) T rot h a S. 67.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

239) T rot h a S. 45j übrigens nicht, wie Trotha druckt, Riefensbe c kj wohl verlesen.<br />

UD) Trotha S.37.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

133


September<br />

1897 August<br />

September<br />

1898 September<br />

1901 Mitte August bis<br />

Ende September<br />

1903 wohl September<br />

1904 September<br />

134<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

vor 5. Torlhaus, Altenau<br />

zweimal Brocken<br />

6. Hasselfeide<br />

8. Hahnenklee<br />

13. Rübeland, Wendefurth<br />

Tanne<br />

10. Suderode<br />

16. Harzburg<br />

17. Torfhaus<br />

18. Brocken<br />

u. Brocken<br />

14. Braunlage, Hasselfeide<br />

16. Trogfurter Brücke, Rübeland, Elbingerode<br />

10. Elbingerode<br />

H. Brocken<br />

13. Heimburg<br />

15. Blankenburg<br />

17. Leistenklippe<br />

zwischen<br />

3. u. II. Harzburg<br />

13. Eckertal<br />

16.<br />

17·h8.<br />

19·<br />

11.<br />

11.<br />

13·<br />

17·<br />

Schalke, Auerhahn, Goslar<br />

Brocken-Scheideck, Rote Hütte, Tanne<br />

Hexentanzplatz, Thale<br />

Riefensbeek, Hammersteinklippen<br />

Hanskühnenburg, Osterode<br />

Acker<br />

Hanskühnenburg, Sieber, Stieglitzecke<br />

Dammhaus<br />

Dammhaus, Brocken, Hanskühnenburg<br />

Dammhaus<br />

I. Dammhaus<br />

11. Rehberger Graben<br />

13. Brocken<br />

18. Brocken (die 4. Besteigung während dieses Aufenthalts)<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

3. Fr i e d r ich von T rot h a: Fritz von Holstein als Mensch und Politiker. Eingel. von<br />

Friedrich Thimme. Berlin 193 I. Z i t. als: T rot h a<br />

4. Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins. Deutsche Ausg. von Wer n e r Fra u e n -<br />

die n s t. Göttingen. Berlin, Frankfurt 1957-63. Z i t. als: Fra u end i e n s t<br />

S. Nachlaß Holstein. Akten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Z i t. als: Akt e n<br />

Die übrigen Quellen sind je an ihrem Ort bibliographisch genau zitiert.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Zur Entwicklung des kommunalen Siegel- und Wappen­<br />

wesens 1m Gebiet des ehemaligen Landes <strong>Braunschweig</strong><br />

Von<br />

Joseph König<br />

Seitdem durch die Arbeiten von Klemens S t a die r 1) und Arnold Ra b b 0 W 2)<br />

über die Wappen der Landkreise und Gemeinden im Gebiet des ehemaligen Landes<br />

<strong>Braunschweig</strong> gute übersichten vorliegen, sind wir über die Entwicklung und Begründung<br />

der einzelnen Wappen weitgehend unrerrichtet. Nicht voIl ausgeschöpft<br />

ist jedoch in diesen Büchern die Entwicklung des braunsmweigischen kommunalen<br />

Siegel- und Wappenwesens im aIlgemeinen und die Aufführung der einschlägigen<br />

rechtlimen Bestimmungen. Hier gilt es noch eine kleine Nad1lese zu halten.<br />

Vor 1807<br />

Lange vor den Landgemeinden oder gar Landkreisen waren es einzelne S t ä d t e,<br />

die sich auf dem Umweg über die Siegel der Wappen bedienten. Da die Wappen ursprünglich<br />

den Zweck hatten, den bewaffneten Krieger von anderen leicht zu unterscheiden,<br />

die Städte aber keine \Vaffen trugen, hatten diese zunächst keine Veranlassung,<br />

sich Wappen zuzulegen, wohl aber gebrauchten sie Zcichen zur Beglaubigung<br />

ihrer Urkunden im Siegel und für die Münzprägung. Die ersten Städtesiegel (Köln,<br />

Mainz, Trier usw.) begegnen uns im 12. Jahrhundert. Unsere Gegend folgt im 13.<br />

Jahrhundert. Für 1231 ist uns das erste Stadtsiegel von Braunsmweig bekannt, für<br />

IIp das von Helmstedt. Daran schließen sich dann nach längerem zeitlimen Abstand<br />

IH2 und IHS die von Schöningen und Bad Gandersheim an. Von unseren anderen<br />

Städten können wir Siegel erst aus dem 1 S. und 16. Jahrhundert nachweisen.<br />

Neben den großen Stadtsiegeln gab es bei den meisten Orten handlichere sogenannte<br />

Sekretsiegel zum täglimen Gebrauch, die das Siegelbild in vereinfachter Form<br />

wiedergaben oder ganz andere Embleme zeigten und in dieser Form in die bei uns<br />

dann im 14. Jahrhundert aufkommenden Städtewappen dadurch Aufnahme fanden,<br />

daß man sie in einen Wappenschild stellte.<br />

I) K I e m e n 5 S t a die r, Deutsche Wappen Bundesrepublik Deutschland. Bd. I: Die<br />

Landkreiswappen. Bremen: Angelsachsen-Verlag 1964. Bd. 5: Die Gemeindewappen der Bundesländer<br />

Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bremen: Angelsachsen-Verlag 1970.<br />

I) Ar n 0 I d Ra b b 0 w, <strong>Braunschweig</strong>isches Wappenbuch. Die Wappen der Gemeinden<br />

und Ortsteile in den Stadt- und Landkreisen <strong>Braunschweig</strong>, Gandersheim, Gifhorn,<br />

Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfsburg. <strong>Braunschweig</strong>: Eckensberger & Co 1977.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

137


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

überschaut man die braunschweigischen Städtewappen in ihrer Gesamtheit, so<br />

weisen die meisten von ihnen, besonders die älteren, in irgendeiner Form auf den<br />

Landesherrn hin. Embleme des welfischen Wappens haben Bad Harzburg, Eschershausen,<br />

Königslutter, Schöningen, Schöppenstedt, Seesen und Wolfenbüttel. Die<br />

Grafen von Regenstein-Blankenburg sind mit der Hirschstange im Wappen von<br />

BIanken'burg, die Eversteiner mit dem gekrönten Löwen im Wappen von Holzminden,<br />

die Homburger mit dem bordierten Löwen im Wappen von Stadtoldendorf,<br />

der Abt von Werden und Helmstedt durch die Figur des hl. Ludgerus im Helmstedter<br />

Wappen vertreten. .<br />

Redende Wappen s·ind ganz oder teilweise die von Bad Harzburg, Blankenburg,<br />

HasseIfeIde, Schöppenstedt, Seesen und Vorsfelde. Auf wirtschaftliche Gegebenheiten<br />

weisen die Wappen von LangeIsheim, Oker und Salzgitter, also vorwiegend<br />

Wappen jüngeren Datums hin. Die geographische Lage im Harzgebiet ist im Wappen<br />

von Bad Harzburg, Braunlage und Oker durch Tannen berücksichtigt. Zwei<br />

Städte haben Wappenbriefe: <strong>Braunschweig</strong> (1438) und Wolfenbüttel (1570).<br />

Inwieweit die sogenannten F lee k e n Siegel und ältere Wappen geführt haben,<br />

müßte im einzelnen überprüft werden. Hans Goetting bedauert, daß Paul Zimmermann,<br />

der kundige Erforscher der braunschweigischen Städteheraldik 3), die Flecken<br />

nicht mit in seine Untersuchungen einbezogen hat. Nach Goetting sind Flecken "seit<br />

dem 13. Jahrhundert nachweisbare oppida (wicbelde) mit städtischer Ratsverfassung,<br />

die sich ursprünglich nicht oder nur graduell von den übrigen Landstädten unterschieden<br />

und denen später vielfach nur durch einen mehr oder weniger zufälligen<br />

Verlauf ihrer Entwicklung die formelle Anerkennung als Stadt versagt war" 4).<br />

Von einigen Flecken sind uns Siege!! aus dem 16. und 17. Jahrhundert bekannt. So zeigt<br />

Calvörde Löwe und Hopfendolden im Siegelfeld, der 1965 zur Stadt erhobene Flecken<br />

Vorsfelde einen Eber. Von Gittelde berichten G. Hassel und K. Bege, 1803, daß der<br />

Flecken einen Rat besitze, der ein eigenes Siegel habe 5). Paul Zimmermann hat am<br />

5. I. 1906 die Gemeindevorstände der Flecken Bevem, Bodenburg, Delligsen, Gittelde,<br />

Greene, Heimburg, Hessen, Langelsheim, Lutter a. B., Ottenstein, Stiege, Thedinghausen,<br />

Walkenried und Zorge gebeten, ihm im Gebrauch befindliche und ältere<br />

Siegelstempel zu übermitteln 6). Einige Orte haben Textsiegel eingesandt, die aber<br />

wohl erst dem 19. Jahrhundert entstammen.<br />

1807-1813<br />

Einen Einschnitt in der kommunalen Sphragistik bildet die französisch-westphälische<br />

Zeit mit der starken Betonung von reinen Textsiegeln, die teilweise mit dem<br />

napoleonischen Adler versehen sind. Dennoch kündigen sich mit der nachstehenden<br />

S) P a u I Zirn m e r man n: Die Städtewappen des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>. <strong>Braunschweig</strong>isches<br />

Magazin Sept.lNov. 1905. auch Sonderdruck.<br />

4) Ha n s Go e t tin g, Das ürtswappen von Vorsfc1de - ein redendes Wappen. <strong>Braunschweig</strong>isches<br />

Jahrbuch 35, 1954. S. 54·<br />

5) Geographisch-statistische Beschreibung der Fürstenthümer Wolfenbüttel und Blankenburg.<br />

Bd. z <strong>Braunschweig</strong> 1803, S. Zl4.<br />

6) Staats-A. Wolfenbüttel. 36 Alt VI B 30.<br />

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Verordnung von 1808 konservativere Tendenzen an. Ferner wurde den La n dgern<br />

ein den die Erlaubnis erteilt, Siegel zu führen.<br />

Am 19. 10. 1808 gibt der Präfekt des Okerdepartements in <strong>Braunschweig</strong> bekannt:<br />

"Da mit einem, unrer dem 24sten v. M. anhero erlassenen Schreiben Sr.<br />

Excellenz des Herrn Justizminjsters, Modelle zu authentischen Siegeln für die verwaltenden<br />

und gerichtlichen Behörden des Departements allhier eingegangen und<br />

dem Graveur Herrn Merker hieselbst anvertrauet worden sind, so werden sämtliche<br />

Municipalitäten und Friedensgerichte hievon benachrichtiget, um, wenn sie<br />

dergleichen Amtssiegel stechen lassen wollen, sich deshalb an gedamten Graveur zu<br />

wenden, wobei ihnen jedoch unverhalten bleibt, daß nach einem unter dem I3ten<br />

d. M. anhero erlassenen anderweitigen Sm reihen des Herrn Ministers auch der fernere<br />

Gebrauch der bisherigen Siegel, wenn sie anders nicht mit dem Namen der ehemaligen<br />

Autoritäten oder der vorigen Landesherrn bezeimnet sind, unverwehrt<br />

sey" 7).<br />

Mit dieser Bekanntmachung war den Städten (und Flecken) zumindest Gelegenheit<br />

gegeben, ihre bisherigen Siegelbilder weiterzuführen, wenn auch manche bei<br />

ihren Textsiegeln mit oder ohne napoleonischem Adler zunächst verblieben.<br />

Neu ist, wie schon erwähnt, die Einbeziehung der La n d gern ein den in die<br />

Rcihe der Siegel träger. Wie die wenigen erhaltenen Si'egelstempcl zeigen, führten sie<br />

reine Textsiegcl, die nam gewissen einheitlichen Schemen gestaltet waren. Die meisten<br />

führten in der Legende die Bezeichnung "Königreim Westphalen", den Namen<br />

des Cantons und der Mairie. Manmmal ist statt der Cantonsbezeichnung die des<br />

Departements angegeben. Bei der Mairie Badenhausen tritt die Departementsbezeimnung<br />

zusätzlich zum Cantonsnamen. Die Angabe "Königreich Westphalen" fehlt bei<br />

Rüningen und Groß-Stöckheim. Die Stempel mit der kürzesten Legende führen neben<br />

der Bezeimnung "Mairie" nur den Gemeindenamen. Die Mairien Rüningen und<br />

Wobeck haben den gekrönten napoleonischen Adler im Siegelfeld 8).<br />

181 3- 1 935<br />

Nach der Vertreibung der Franzosen blieb die Wappen- und Siegelfähigkeit der<br />

Städte und Flecken unbestritten. Sie kehrten zu ihren vor der Zeit der Fremdherrschaft<br />

geführten Wappen und Siegeln zurück. Den Landgemeinden hingegen wurde<br />

die in der französischen Zeit gewonnene Beremtigung zur Siegelführung wieder<br />

untersagt. In einem Reskript des Kammerkollegiums vom 14. Mai 1818 heißt es:<br />

"Da es hin und wieder in Antrag gekommen ist, den Ortsvorstehern Dienstsiegel zu<br />

gestatten, bei genauerer Erwägung jedoch große Bedenken dagegen obwalten, so ist<br />

höchsten Orts beschlossen worden, daß die Ortsvorsteher dergleichen Siegel nicht<br />

führen sollen und haben die Oberhauptleute daher die fürstlichen Kreisgerichte danach<br />

zu instruiren und dergleichen etwa smon vorhandene Siegel sofort einzuziehen.<br />

Damit übrigens der Mangel eines solchen Siegels bei Versendung der Dienstsmreiben<br />

7) Braunscnw. Anzeigen 1808, 83. Stück, Sp.3065.<br />

8) Beispiele von Siegelstempeln aus der westphäliscnen Zeit siehe Staats-A. Wolfenbüttel,<br />

1 Sig Gr. I, 0 1-45 passim.<br />

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139


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kein Hindemiß mache, so ist der fürstlichen Post-Direction von Neuem eingeschärft<br />

worden, die mit der vorschriftsmäßigen Beziehung auf dem Couverte versehenen<br />

Officialschreiben der Ortsvorsteher auch ohne Beifügung eines Dienstsiegels portofrei<br />

zu befördern" 9).<br />

Trotz dieses Verbots haben manche Gemeinden nicht aufgehört, Dienstsiegel zu<br />

führen, die entweder reine Textsiegel sein konnten oder mit Pferd und Ortsnamen<br />

versehen waren 10).<br />

Der Gebrauch der Landgemeindesiegel wurde legalisiert durch die Landgemeindeordnung<br />

vom 19. März 1850. § 75 verfügt darin: "Urkunden, welche für die Gemeinde<br />

verbindlich s'ein sollen, müssen vom Gemeindevorsteher ausgefertigt und<br />

unterschrieben sein ... Der Gemeindevorsteher hat das Gemeinde..:Siegel zu führen<br />

und aufzubewahren" 11). Ein halbes Jahr später wurden hierfür gewissermaßen die<br />

Ausführungsbestimmungen erlassen und eine einheitliche Form für die Gemeindesiegel<br />

angeordnet. So verfügte das Staatsministerium am 23. Oktober 1850 an die<br />

Kreisdirektion Wolfenbüttel und wohl gleichzeitig an die anderen Kreisdirektionen:<br />

"Da es zweckmäßig erscheint, daß künftig die von den Vorstehern der Landgemeinden<br />

nach § 75 der Landgemeindeordnung zu führenden und aufzubewahrenden Gemeindesiegel<br />

übereinstimmend gleichmäßig für die sämmtlichen Landgemeinden des<br />

Landes angefertigt werden, so haben wir den hiesigen Münzgraveur Fritze deshalb<br />

mit Anweisung versehen. Das Siegel wird die Umschrift ,Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>'<br />

und in der Mitte die Bezeichnung der Gemeinde, z. B. ,Gemeinde Börnecke' enthalten"<br />

12).<br />

Das Staatsministerium ordnete also ein nüchternes Textsiegel ohne jedes Siegelbild<br />

an 13). Auch 1892 herrschten noch dieselben Verhältnisse. Die Landgemeindeordnung<br />

für das Herzogthum <strong>Braunschweig</strong> vom 18. Juni 1892 verfügte im § 75,<br />

daß Urkunden, die für die Gemeinde verbindlich sein sollten, mit dem Gemeindesiegel<br />

zu versehen seien 14).<br />

Mit Textsiegeln vorstehend genannter Art ("Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>" und<br />

Ortsname) haben sich die braunschweigischen Landgemeinden bis November 1918<br />

begnügen müssen. Nach der Abdankung des Herzogs wurde zunächst das Wort "Herzogthum"<br />

aus der bisher "Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>" lautenden Legende heraus-<br />

9) earl Beg e (Hrsg.), Repertorium der Verordnungs-Sammlung für die Herzoglim<br />

Braunsmweigismen Lande vom Jahre 1814 bis 1817. Helmstedt 1830, S.9tr9I.<br />

10) Beispiele von Siegelstempeln siehe Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Slg Gr. I, 0 I-50 passim.<br />

11) Gesetz- und Verordnungs-Sammlung für die Hcrzoglime Braunsmweigismen Lande,<br />

37. Jg., 1850, S·374.<br />

12) Staats-A. Wolfenbüttel, 36 Alt VI B 15 Bd.3.<br />

13) Ähnlim verlief die Entwicklung im Königreim Hannover (1814-1866). Dort setzten<br />

nam und nam die Landgemeinden ihre Siegelführung gegen den Widerstand des Innenministeriums<br />

durm, bis es 1848 den Weg zur Anschaffung von Siegeln frei gab. Siehe<br />

Joseph K ö n i g, Zur Entwiddung des kommunalen Wappen- u. Siegelwesens in Niedersamsen.<br />

(Festsmrift des Heraldischen Vereins "Zum Kleeblatt" I. Ausgabe der neuen Heraldischen<br />

Mitteilungen; 1963, S. 11-U).<br />

14) Gesetz- und Verordnungssammlung für die Herzoglim Braunsmweigismen Lande<br />

79.Jg., 1891, S·381.<br />

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geschnitten, was natürlich sehr unschön aussah. Dann kehrte man zum springenden<br />

Pferd, das in B e hör den - Siegeln immer gebraucht worden war, zurück und ordnete<br />

1919 Gemeindesiegel '


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zu führen. Er kann Wappen und Flaggen ändern. Die Gemeinde ist vorher zu<br />

hören" 20).<br />

Wesentliche Ergänzungen bringen die Ausführungsbestimmungen zu § lider<br />

Gemeindeordnung. über das Siegel wird verfügt, daß jede Gemeinde zur Führung<br />

eines Dienstsiegels verpflichtet sei. Da wegen der Form des Dienstsiegels weitere<br />

Anweisungen vorbehalten blieben, konnten die Gemeinden vorerst ihre bisherigen<br />

Siegel weiterführen. Soweit Gemeinden vor 1935 Wappen und Flaggen führten,<br />

sollte es hierbei sein Bewenden haben. Für den Freistaat <strong>Braunschweig</strong> bedeuteten<br />

also diese Bestimmungen, daß die Städte ihre bisherigen Wappen, Siegel und Flaggen<br />

weiterführten, während die Landgemeinden, die ja nur ein Siegel hatten, in diesem<br />

das springende Pferd auf Boden mit Gemeinde- und Kreisnamen als Umschrift<br />

zeigten.<br />

Für die Gestaltung der Wappen wurden folgende Richtlinien gegeben: "Die<br />

Wappen dürfen ... nicht gegen solche Regeln der Wappenkunde verstoßen, die auf<br />

historischen, künstlerischen und praktischen Gesichtspunkten beruhen (Bedeutung,<br />

Einfachheit, Klarheit, übersichtlichkeit). Das schließt jedoch nicht aus, daß an Stelle<br />

alter Symbole auch solche Formen und Bilder verwendet werden, die der modernen<br />

Umwelt entlehnt, dem Volke gemeinverständlich und für die betreffende Körperschaft<br />

charakteristisch sind.<br />

Das Wappen des Reichs, der Länder oder der Gemeindeverbände darf im Gemeindewappen<br />

nicht verwendet werden. Das gleiche gilt für sonstige Hoheitszeichen<br />

des Reichs oder Landes und anderer Körperschaften, insbesondere auch für das Hakenkreuz.<br />

Familienwappen dürfen nur mit Genehmigung der wappenberechtigten<br />

Familien übernommen werden" 21).<br />

Die Empfehlung an die Gemeinden, sich vor Annahme oder Änderung der Wappen<br />

mit dem zuständigen Staatsarchiv in Verbindung zu setzen, und die Verpflichtung<br />

der Gemeinden, den Staatsarchiven Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,<br />

hatte in <strong>Braunschweig</strong> durch die Autorität und Sachkunde des Geh. Archivrats Dr.<br />

Zimmermann, der von 1890 bis 1924 das Landeshauptarchiv Wolfenbüttelleitete,<br />

eine lange Tradition, wenn auch vorerst keine rechtliche Sanktionierung. Diese ergab<br />

sich für das braunschweigische Staatsarchiv durch die den preußischen Staatsarchiven<br />

schon seit 1925 übertragene Aufgabe der Wappenbegutachtung 22), ferner 1935 durch<br />

die genannten Ausführungsbestimmungen der Deutschen Gemeindeordnung 23).<br />

20) RGBl. I, 1935, S. So.<br />

21) MBli. V. 1935, Sp.424-425 vom 12.3. 1935.<br />

22) Siehe J. K ö n i g a. a. O. (Anm. 13) S. 25 u. Anm.31.<br />

13) Auch in dem RdErl. d. RuPr.M.I. vom 20.3. 1937 (RMBliV. 1937 Sp. 447-450) über<br />

Dienstsiegel der Gemeinden und Germeimleverbände wird bestimmt, daß die Aufsichtsbehörde<br />

die Stellungnahme der zuständigen Archivbehörde einzuholen hat. Wollte die zur<br />

Verleihung des Wappens zuständige Behörde von dem Gutachten der Archivbehörde abweichen,<br />

so waren dem Ministerium die Akten von der Verleihungsbehörde unter Darlegung<br />

ihres Standpunktes vor der Entscheidung vorzulegen. Das Ministerium behielt sich vor,<br />

ein weiteres Gutachten einzufordern. - Ferner gab der Runderlaß Richtlinien über die Gestaltung<br />

der Siegel. Er wurde ergänzt durch den RdErl. d. RuPrM.d.I. vom 13.5.1937 und<br />

des RMd.I. vom 9. 9.1938 über Dienstsiegel der Gemeinden und Gemeindeverbände (RMBliV<br />

1937, Sp·753-754 u. 1938, Sp. 1487-1490).<br />

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Zu der gleichen Auffassung bekannte sich auch die Stadt Königslutter, die vorübergehend<br />

erwog, ihr historisch sehr gut begründetes Wappen mit dem aus einem<br />

Gewässer der Lutter wachsenden Löwen gegen ein Siegelbild Kaiser Lothars auszutauschen,<br />

was heraldisch sicherlich nicht günstig gewirkt hätte 28).<br />

194 6 - 1 955<br />

Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches am Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

waren ·im Lande <strong>Braunschweig</strong> zunächst die Anordnungen der Militärregierung<br />

Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, auch auf dem Gebiete des kommunalen<br />

Wappen- und Siegelwesens maßgebend. Die der Verordnung Nr. 1I der Militärregierung<br />

vom 1. April 1946 als Anlage beigefügte revidierte Deutsche Gemeindeordnung<br />

29) bestimmte in § 11: "Die Gemeinden führen Dienstsiegel. Enthält ein<br />

Siegel außer dem Gemeindenamen irgend ein Sinnbild oder eine Inschrift, so ist es der<br />

Militärregierung zur Genehmigung vorzulegen, bevor es in Gebrauch genommen<br />

wird. Die Militärregierung kann Gemeinden das Recht verleihen, Wappen und Flaggen<br />

zu führen, sie kann auch Änderungen bestehender Wappen, Flaggen oder Dienstsiegel<br />

anordnen. Die betroffene Gemeinde ist vorher zu hören."<br />

Das <strong>Braunschweig</strong>ische Staatsministerium, Präsidialabteilung, ergänzte obige Bestimmungen<br />

im Amtsblatt der braunschweigischen Staatsverwaltung (einschließlich<br />

Ministerialblatt für djls braunschweigische Unterrichtswesen) Z5. Jg., Stück 19, vom<br />

z6. August mit folgendem Erlaß vom 8. Juli 194630): "I) Die Militärregierung hat<br />

bezüglich der Führung von Siegeln und Flaggen folgende Anordnung getroffen:<br />

J. Einzelne Beamte dürfen nicht ihre eigenen Siegel führen, vielmehr soll das<br />

Siegel das Symbol einer bestimmten Behörde sein ...<br />

z. Eine Gemeinde, die kein Amtssiegel hat, kann das Provinzialsiegel (Landessiegel)<br />

oder einen Stempel benutzen, der die Billigung der Militärregierung hat.<br />

H. Es wird weiterhin bekanntgegeben, daß das nachstehende Muster des braunschweigischen<br />

Pferdes [dargestellt ist ein steigendes Pferd mit aufgeschlagenem<br />

Schweif in der extremen Stellung der Levade mit der Umschrift ,<strong>Braunschweig</strong>isches<br />

Staatsministerium, Kanzlei'] nunmehr als Wappen des braunschweigischen Staates<br />

gilt. Die Militärregierung 31) hat ihre Zustimmung dazu gegeben."<br />

Die Erlaubnis der Militärregierung, daß eine Gemeinde, die kein Amtssiegel hat,<br />

das Landessiegel führen darf, ist nach der Bildung des Landes Niedersachsen für den<br />

Bereich des Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> nicht aufgehoben worden. 1947 haben<br />

fast 90 % aller Gemeinden in ihrem DienstsiegeI das frühere braunschweigische Landeswappen<br />

geführt. (Gemeint list das obengenannte erst am 8. 7. 1946 eingeführte,<br />

28) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V 223, BI. 7.<br />

19) Amtsblatt der Militärregierung Deutsdlland, Britisches Kontrollgebiet Nr. 7, S. 127 ff.<br />

ao) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V Ha BI. 11.<br />

81) Lt. Schreiben des Staatsarchivs Hannover an das in Wolfenbüttel vom 3.4.1951,<br />

St. A. 1000/51, geht der Amtsblatterlaß auf eine Verordnung der britischen Militärregierung<br />

zurück, die aber [in Hannover] bereits im Februar 1947 aufgehoben wurde. Staats-A.<br />

Wolfenbüttel, I Nds V na BI. 35.<br />

144<br />

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heraldisch unbefriedigende steigende Pferd mit aufgeschlagenem Schweif in der Haltung<br />

der Levade, das sog. "Eichhörnchen"). Diese Zahlen trafen im wesentlichen<br />

auch 1950 noch zu 32). Man hielt jedoch auch braunsmweigismerseits diesen Zustand,<br />

daß Gemeinde und Gemeindeverbände staatliche Hoheitszeichen führten, für unerwünscht<br />

und smlug ein nichtstaatlimes, für Niedersachsen marakteristismes Symbol,<br />

z. B. gekreuzte Pferdeköpfe, vor.<br />

Am 26. September 1956 (lV!x-332.200) 33) teilte der Nds. Minister des Innern<br />

mit, daß er keine Bedenken habe, denjenigen Gemeinden des Verwaltungsbezirks<br />

<strong>Braunschweig</strong>, die das steigende Pferd [mit aufgeschlagenem Smweif in der Stellung<br />

der Levade] in ihren Siegeln führten, dieses Recht weiterhin zu belassen. Dieses<br />

Wappenbild unterscheide sich in seiner Gestaltung sowohl vom springenden Pferd,<br />

das die (niedersämsischen) Landessiegel 84) zeigen als auch vom laufenden Pferd,<br />

das das Siegel der überkommenen heimatgebundenen Einrimtung des Landes Braunsmweig<br />

enthält 35).<br />

Bei neuen Anträgen von Gemeinden auf Verleihung von Wappen, die das steigende<br />

Pferd enthalten, war der Innenminister ebenfaIls bereit, dem zu entsprechen.<br />

Er bat jedoch, darauf hinzuwirken, daß die Gemeinden nach Möglimkeit Wappen<br />

besmlössen, die sim voneinander unterschieden.<br />

Die Zahl der von der Militärregierung in den Jahren 1945-1947 genehmigten<br />

Bildsiegel dürfte im <strong>Braunschweig</strong>ischen die Zahl 7 nimt überschritten haben. Manche<br />

von ihnen wie z. B. die von Oker und Mönchevahlberg sind heraldisch und<br />

künstlerisch wenig befriedigend. Das gleiche gilt auch für das Wappen des Kreises<br />

Gandersheim, das 1959/60 durch ein besseres ersetzt wurde.<br />

Durm die am 1. Dezember 1946 in Kraft getretene Verordnung Nr. 57 der Militärregierung<br />

betr. Befugnisse der Länder der Britischen Zone gingen die Selbstverwaltungsaufgaben<br />

der revidierten Deutschen Gemeindeordnung und damit auch<br />

die Verwaltung von Wappen, Flaggen und Siegeln wieder in die deutsche Zuständigkeit,<br />

d. h. in Niedersachsen, dem <strong>Braunschweig</strong> seit dem 23. November 1946 angehörte,<br />

in die des Innenministers über 36). Die 1. Ausführungsanweisung zum Gesetze<br />

zur vorläufigen Regelung einiger Punkte des Selbstverwaltungsrechts vom 28.<br />

Mai 1947 betr. Geltungsbereich der Deutschen Gemeindeordnung und Abgrenzung<br />

der Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten vom 10. Juli 1947 erklärte die<br />

81) Beridtt des Präsidenten des Verwaltungsbezirks Braunsdtweig, Abt. für Inneres<br />

] I b 1882/50 Az. v. 18. u. 1950 an den Nieders. Minister des Innern. (Staats-A. Wolfenbüttel,<br />

I Nds V II aBI. 45).<br />

83) Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Nds V 22a BI. 78.<br />

84) Gesetz über Wappen, Flaggen u. Siegel des Landes Niedersadtsen vom 13. 10. 19p.<br />

(Nds. GVB1. 1952, S. 160).<br />

15) Besdtluß des Landesmin;steriums vom 10. 12. 1952 (Nds. MB1. 1952 S. 612) u. vom<br />

10.8. 1954 (Nds. MBl. S. 382 f.): Pferd auf Laufboden. Lt. Erlaß des Nds. Ministers des<br />

Innem vom S. II. 1957 an den Verwaltungsbezirk Braunsdtweig (IVII-332.204"17) soll<br />

das Pferd im Wappen braunschweigisdter Gemeinden mit Laufboden dargestellt werden<br />

(Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V Ha BI. 79a).<br />

88) Amtsblatt der Militärregierung Deutsdtland, Britisdtes Kontrollgebiet Nr. IS, S. 344 ff.<br />

und RdErl. d. Nds. Md]. vom 16. I. 1948 (ABI. f. Nds. S.44).<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

145


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Mit Erlaß vom 30. 6. 1966 hat der Nieders. Minister des Innern die Regierungsund<br />

Verwaltungspräsidenten davon unterrichtet, daß<br />

I. für die Genehmigung der Annahme von Wappen durch Samtgemeinden die Zuständigkeit<br />

der Regierungs-(Verwaltungs-)Präsidenten gegeben ist,<br />

2. Samtgemeinden, die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden führen und in<br />

dieser Gemeinde ihren Sitz haben, auch deren Wappen als eigenes annehmen können<br />

48).<br />

Der Herr Nds. Ministerpräsident - Staatskanzlei - gab mit Erlaß vom 8. 8. 1966,<br />

S Nr. 398/66, den Staatsarchiven davon Kenntnis und wies sie darauf hin, daß es<br />

diesen nur obliege, die heraldische Seite der Wappen- und Siegelführung zu begutachten.<br />

Soweit beim Entstehen eine Möglichkeit zur Einflußnahme bestünde, sollte<br />

jedoch darauf hingewiesen werden, daß Dienstsitzgemeinde und Samtgemeinde nicht<br />

das gleiche Wappen führen, da das gegen den Grundsatz verstößt, daß Wappen verschiedener<br />

Personen und Körperschaften klar unterscheidbar und möglichst einmalig<br />

sein sollten. Wenn aber diese Einflußnahme nicht möglich sei und eine Samtgemeinde<br />

das Wappen ihrer Dienstsitzgemeinde übernehmen wolle, wird im Gutachten zweckmäßigerweise<br />

jedoch wenigstens auf die Wappengleichheit zwismen Samt- und<br />

Dienstsitzgemeinde hinzuweisen sein. Die Klärung der damit verbundenen rechtlichen<br />

Fragen sei den Regierungs-(Verwaltungs-)Präsidenten zu überlassen 48).<br />

Dies geschah :in unserem Bereich durch Verfügung des Präsidenten des Nicdcrs.<br />

Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> vom 14. 6. 1967 - J Ia 417/67 - an die Landkreise<br />

des Bezirks und nachrichtlich an das Staatsarchiv WoIfenbütteI. Es wird darauf<br />

hingewiesen, daß Samtgemeinden, die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden<br />

führen und in dieser Gemeinde ihren Sitz haben, auch deren Wappen als eigenes annehmen<br />

können. Der Nieders. Minister des Innern habe dieser Auffassung mit Erlaß<br />

vom 19. 7. 1966 - III/1(c) Nr. 33200/18 - zugestimmt. Für die Genehmigung der<br />

Annahme von Wappen durch Samtgemeinden im <strong>Braunschweig</strong>er Lande sei die Zuständigkeit<br />

des Präsidenten des Verwaltungs-Bezirks <strong>Braunschweig</strong> gegeben 49).<br />

Inzwischen ist 1975 im Zuge der Gebiets- und Verwaltungs reform die Zuständigkeit<br />

für die Genehmigung von Wappen und Flaggen der Landkreise, Gemeinden<br />

und Landgemeinden neu geregelt worden 50). Die Genehmigung von Wappen und<br />

Flaggen der braunschweigischen Landkreise und kreisfreien Städte oblag jetzt nicht<br />

mehr dem Innenminister, sondern dem Präsidenten des Verwaltungsbezirks, ab I. 2.<br />

1978 dem Regierungspräsident in <strong>Braunschweig</strong>. Für die Genehmigung der kreisangehörigen<br />

Gemeinden - mit Ausnahme der selbständigen Städte - und der Samtgemeinden<br />

waren jetzt die Landkreise zuständig.<br />

Dieser Abschnitt des Erlasses vom 18. 8. 1975 (s. Anm. 50) hat mit Runderlaß<br />

des Niedersämsischen Innenministers vom 25. S. 1978 (Nds. MB!. Nr. 26/x978,<br />

S. 811) wohl mit Rücksicht auf die Neufassung der Niedersächsischen Gemeindeord-<br />

48) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds. V 12e, BI. 3.<br />

U) Staats-A. Wolfenbüttel, 1 Nds V He, BI. 4.<br />

&0) RdErl. d. MI v. 18.8. 1975 (Nds. MB!. Nr. 37h975, S. 1234).<br />

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nung und Landkrei50rdnung vom 18. Oktober 1977 (Nds. GVBI. 1977, S. 497 bzw.<br />

513) folgende geringfügige Änderung erhalten:<br />

Die Genehmigung der Wappen und Flaggen der Landkreise, der kreisfreien<br />

Städte, der großen selbständigen Städte und der selbständigen Gemeinden obliegt<br />

der Bezirksregierung. Demgegenüber genehmigen die Landkreise die Wappen und<br />

Flaggen der kreisangehörigen Gemeinden - mit Ausnahme der großen selbständigen<br />

Städte und der selbständigen Gemeinden - und der Samtgemeinden. - Unter selbständigen<br />

Gemeinden werden nach der Niedersächsischen Gemeindeordnung vom<br />

18.10.1977 solche mit mehr als 30000 Einwohnern verstanden.<br />

Neugebildete Gemeinden können nach dem Erlaß von 1975 (5. Anm. 50) Wappen<br />

und Flaggen einer beteiligten aufgelösten Gemeinde weiterführen. Samtgemeinden,<br />

die den Namen einer ihrer Mitgliedsgemeinden führen und in dieser ihren Sitz haben,<br />

können auch deren Wappen als eigenes annehmen, wenn die Gemeinde zustimmt.<br />

Im allgemeinen geht die Entstehung eines Gemeindewappens wie folgt vor sich:<br />

I. Die Gemeinde wird sich darüber klar, welche Sinnbilder wohl für sie besonders<br />

charakteristisch sind. Diese Sinnbilder können der Geschichte und Tradition des<br />

Ortes entnommen werden. Weiterhin können die Lage des Ortes, Sinnbilder des<br />

dort betriebenen Gewerbes und des Brauchtums bei der Wahl der Embleme berücksichtigt<br />

werden. Endlich giht es noch die Möglichkeit der sog. redenden Wappen,<br />

die an den Ortsnamen anknüpfen.<br />

Bereits bei diesem Vorstadium empfiehlt es sich, sich durch das Staatsarcbiv beraten<br />

zu lassen, das kostenlos gern Auskunft erteilt. Dann sollte die Gemeinde einen<br />

guten Graphiker oder Heraldiker beauftragen, der ihr zwei bis drei Entwürfe zur<br />

Auswahl vorlegt. Erst jetzt - nach dem Vorliegen heraldisch einwandfrei gezeichneter<br />

Vorbilder - ist es an der Zeit, im Gemeinderat einen Beschluß über das zu<br />

wählende Wappen zu fassen und diesen protokollarisch festzuhalten. Anschließend<br />

muß der von der Gemeinde gutgeheißene farbige \Vappenentwurf auf Karton (im<br />

Format DIN A 5, Größe 9 x I I cm) nebst dem Siegclentwurf (Karton DIN A 5,<br />

Durchmesser des Siegels 3,5 cm) zur amtlich vorgeschriebenen Begutachtung an das<br />

Staatsarchiv gesandt werden. Das Siegcl enthält das \Vappen und (ohne innere Randlinie)<br />

die Umschrift Gemeinde NN, Landkreis NN.<br />

Es folgt nunmehr das eigentliche Genehmigungsverfahren, für das je 4 Abbildungen<br />

unter Beifügung der Stellungnahme des Staatsarchivs einer beglaubigten Abschrift<br />

des Beschlusses der Vertretungskörperschaft mit einer Beschreibung und<br />

Begründung des Entwurfs dem zuständigen Landkreis (bei Wappen von Landkreisen<br />

sowie kreisfreien und selbständigen Städten dem Regierungspräsidenten) einzusenden<br />

sind. Nach erfolgter Genehmigung wird der Landkreis die Gemeinde davon<br />

durch übersendung je einer Ausfertigung des Wappen- und Siegel-, gegebenenfalls<br />

auch des Flaggenentwurfs unterrichten. Das Staatsarchiv wird ebenfalls benachrichtigt<br />

und enthält je zwei Wappen- und Siegel-, ggf. auch Flaggenabbildungen für<br />

seine Registratur sowie für die amtliche Sammlung sämtlicher niedersächsischer Gemeindewappen<br />

im Hauptstaatsarchiv Hannover.<br />

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149


des Innern nach Erlaß vom 26. 9. 1956 - IV!r - 332200 - keine Bedenken hatte, daß<br />

dieses Pferd noch weiterhin im Wappen der braunschweigischen Gemeinden belassen<br />

werden könne. Es ist nicht entschieden worden, bis zu welchen Zeitpunkt die Gemeinden<br />

das "steigende Pferd" in ihr Dienstsiegel aufgenommen haben mußten. Das<br />

Gesetz über Wappen, Flaggen und Siegd vom 13. 10. 1952 (Nds. GVBl. Sb. I S. 77)<br />

bestimmt in § 7 Abs. 3: "Die Siegelführung der Gemeinden und Kreise bleibt besonderer<br />

Regelung vorbehalten." Diese Regelung ist für die Gemeinden durch § 10 der<br />

Niedersächsischen Gemeindeordnung vom 4. März 1955 getroffen worden. Es wird<br />

deshalb davon auszugehen sein, daß nur diejenigen Gemeinden das "steigende Pferd"<br />

beibehalten könnten, die es vor Inkrafttreten der Niedersächsischen Gemeindeordnung<br />

(I. 4. 1955) in ihr Dienstsiegel aufgenommen haben. Der Präsident des Verwaltungsbezirks<br />

<strong>Braunschweig</strong> hat daher keine Bedenken, daß diejenigen Zweckverbände<br />

das steigende Pferd in ihrem Dienstsiegel bis auf weiteres führen, die dieses<br />

Wappen bereits vor dem 1. 4. 1955 übernommen haben. In allen anderen Fällen<br />

bittet er, die Verwendung des steigenden Pferdes im Dienstsiegel der Zweckverbände<br />

zu untersagen.<br />

Durch den Delegationserlaß des Niedersächsischen Minister des Innern vom 18. 8.<br />

1975 (Nds. MBl. Nr. 37, 1975, S. 1l34) ist die Zuständigkeit für die Genehmigung<br />

von Wappen und Flaggen der Gemeinden - mit Ausnahme der selbständigen Städte<br />

- von den Regierungspräsidenten / Präsidenten der Verwaltungsbezirke auf die Landkreise<br />

übergegangen. Demnach dürften Zweckverbände auf Gemeindeebene, die zur<br />

Führung eines eigenen Wappens berechtigt sind, ihr Dienstsiegel vom Landkreis genehmigt<br />

erhalten. Bei Wappen- und Flaggenentwürfen von Zweckverbänden auf<br />

Landkreisebene bliebe die Genehmigung den Regierungspräsidenten vorbehalten. In<br />

der Tat ist auch Wappen und Flagge des Zweckverbandes für Partnerschaften von<br />

Gemeinden des ehemaligen Landkreises <strong>Braunschweig</strong>am 2. 9. 1976 auch vom Präsidenten<br />

des Nds. Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong> genehmigt worden 53).<br />

63) Staats-A. Wolfenbüttel, I Nds V :ud.<br />

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KLEINERE BEITRÄGE<br />

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Ekbert H. von <strong>Braunschweig</strong> (1' 1090) und<br />

Bischof Benno von l\ieißen (1' 1106)<br />

in einer Hildesheimer Sage<br />

Von<br />

Hans Dobbertin<br />

Bei einem "Streit um Dinge der Meißener Kirche" habe Markgraf Ekbert - "wie<br />

man glaubt" - dem Bischof Benno eine Ohrfeige·) gegeben. Der "sehr milde" B:ischof<br />

habe geantwortet: "Binnen Jahresfrist wirst du deine Strafe am eigenen Leibe empfangen."<br />

Dann sei der Bischof am 16. 6. ,,1090" verstorben und im Meißener Dom<br />

begraben worden. Als Markgraf Ekbert "wenige Tage später" in den Dom eingedrungen<br />

sei und am Grabe Bennos geschmäht hatte, habe Ekbert plötzlich geschrien:<br />

"Benno kommt! Benno kommt!" und sei nach dieser Vision an Ort und Stelle tot<br />

umgefallen, ohne den Dom verlassen zu können.<br />

Dies berichtet uns im jetzigen Münchener Clm 17045 1) der 14502) als Mönch im<br />

Hildesheimer Michaeliskloster bezeugte Johan (= Henning) Spedel bald nach 1461.<br />

Hieronymus Emser lernte Spedels als "liber lcgendae" 15153) "kürzlich" in Meißen<br />

eingetroffene Aufzeichnungen erst nach Abschluß seiner Vorarbeiten zu seinem Buch<br />

"Divi Bennonis Misnensis ••. vita" (1512) kennen, und zwar wohl nur in Auszügen<br />

.) Hierzu s. Matthäus 5, 39 = Lukas 6, 19a, aber auch Mon. Germ. Hist., SS. XVI, 311<br />

(Ohrfeigung eines Stader Ministerialen durch seinen Herrn).<br />

1) Johannes Kir s eh, Beiträge zur Geschichte des hl. Benno Bischofs von Meißen<br />

(1066-1106), Bamberg 1911, 5.16-17 mit der Jahresangabe "1095 (richtig 1105)". Im<br />

Original in der Bayerischen Staatsbibliothek (fol. 8v) steht "Moxco" (= MOxcO), also 1090.<br />

2) Richard D ° e b n er, Urkundenbuch der Stadt Hildesheim, 1881-19°1, VIII, N.70.<br />

Der 1404 bezeugte Hans Spedel (111, uo) war Johans 1405 verstorbener Großvater Henning<br />

Spedel (Clm 17045 fol. 4r), da Henning schon um 1300 eine Koseform für Johannes war.<br />

Paul L e h man n in: Zs. f. Kirchengesch. p, 19I1, S. 457-465 hat D 0 e b n e r s VB nicht<br />

ausgewertet, erkennt aber den Clm 17045 als Werk eines Mönches Spedcl aus der Zeit<br />

nach der Smlamt bei Grohnde (1411!) und nach dem Hildesheim-Besum des Kardinals<br />

NicoIaus Cusanus (1451) an. Der Fälsmungsverdamt von Wolfgang Petke in: ArchivaI.<br />

Zs. 66, 1970, S. 11-20 ist unberemtigt. Lehmann zitiert S. 464 f. einen eigenhändigen Bennopolim/Bunnopolis-Text<br />

Bennos von Meißen (Tri er BA liturg. 95,6 fol. 79v) von einer Arithmetiktafel.<br />

Er stammt spätestens aus der Zeit der Kiew-Reise des Trierer Dompropstes<br />

Burmard (Braunschw. Jb. 43, 1962, S·46; 53, 1972, S·52 f., 58, 66; 55, 1974. S.125) und<br />

gelangte erst nach 1802 von Paderbom nam Trier.<br />

S) Damals wurden von Meißen aus in Hildesheim Augenzeugen der ·Wiederauffindung<br />

dieses "liber legendae" aufgefordert, nach Meißen zur Beeidigung zu kommen (K i r s c h<br />

a. a. O. S. 14 mit Anm. I). 1515 hat man auch Bennos soeben gefundenen Profeßschein nach<br />

Meißen gesmickt.<br />

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153


ohne Kenntnis des Originals, und nennt sie daher irrtümlich oder überhöflich "sehr<br />

alt" 4). Im übrigen ist Emser besser als Spedel über Bennos Lebensdaten unterrichtet,<br />

vor allem durch Lampert von Hersfeld. Daher übernimmt er die Sage über Ekbert<br />

nicht. Er spricht statt dessen von Bennos Vorhersage des frühen Todes des Meißener<br />

Markgrafen Heinrich von Eilenburg (t 1103), der übrigens 10895) nach Absetzung<br />

Ekberts Markgraf von Meißen und nach der Ermordung Heinrichs von Northeim<br />

(t 1101) der dritte Gatte von Ekberts Schwester Gertrud von <strong>Braunschweig</strong> geworden<br />

war. Ferner berichtet Emser 6), Benno habe aum vorhergesagt, daß Kaiser Heinrich<br />

IV. (t 7. 8. 1106) ihn (Benno) nicht lange überleben werde.<br />

Der Friesengraf und Meißener Markgraf Ekbert H. von Braunsmweig wurde in<br />

Wirklichkeit am 3. Juli 1090 im Unterharz in einer Selkemühle bei Belagerung einer<br />

Sachsen-"urbs" (der Ballenstedter Burg Anhalt ?) 7) erschlagen, also von Benno<br />

ebenso überlebt wie sogar noch Heinrich von Eilenburg. Bennos Nachfolger im Amte,<br />

Bischof Rerwig von Meißen, wurde durch Erzbischof Heinrim von Magdeburg<br />

(1105-1107) ordiniert 8) und urkundete seit 1108.<br />

Quellenmäßig ist von Zwistigkeiten zwismen Benno und Ekbert nimts überliefert,<br />

dom werden wir annehmen müssen, daß Benno mit Ekberts Feldzug gegen<br />

Bischof Udo von Hildcsheim und mit Ud os Gefangenhaltung (1089) 9) nimt einverstanden<br />

gewesen ist und sim offen gegen beide Maßnahmen ausgesprochen hat.<br />

Benno war nämlim sehr wahrsmeintim ein Sohn des Ostfalengau-Grafen und Hildesheimer<br />

Vogtes Tiemo/Tamma/Thiatmar 10) und spendete als Kind dem in seinen<br />

letzten Lebensjahren kränkelnden, mit ihm blutsverwandten Bismof (und Grafenbruder)<br />

Bernward (t 1022) seit seinem fünften Lebensjahr durch besondere Fähig-<br />

') Hieronymus Ern s er, Divi Bennonis Misnensis quondam episcopi vita, miracula et<br />

alia quedam ... , Leipzig 1512, caput 28.<br />

6) Zur Lebensgeschichte Ekberts 11. von <strong>Braunschweig</strong> s. Heinrich B ö t t ger, Die<br />

Brunonen, Hannover 1865, S.587-688; Otto Pos se, Die Brunonen, in: Codex dip!.<br />

Saxoniae regiae I, I, 1881, S. 84-113.<br />

6) Ern s e r (cap. 31). Als Todestag Bennos wird hier der 16. Juni 1106 angegeben.<br />

Während Spedel (fol. 6r u. v) Benno zum "Goslarer Propst" und unmittelbaren Nachfolger<br />

des Meißener BisdlOfs Thiderich (" t 1050" nach Spedel, ridltig t 1040) macht, hat für<br />

Ern 5 e r (cap. 14) Benno nach dem Goslarer Propst Crafft, der zum Meißener Bischof erwählt<br />

war, den Meißener Bischofsstuhl bestiegen (s. Lamperti ... opera, ed. O. Hol der­<br />

E g ger, P.104) und den "Suffraganbischof Theoderich" (Gegenbischof Felix!) mit einer<br />

Pfründe versorgt (cap.15)'<br />

') B ö t t ger a. a. O. S.668-688 denkt an eine Belagerung Quedlinburgs.<br />

8) MGH. SS. XIV, 409; Ern s er (cap.31).<br />

8) Ann. Hildesheimenses, ed. G. W a i tz 11878, %1947, P.59 (z. J. 1089) = Annalista<br />

Saxo, MGH. SS. VI, 726 (z. J. 1089) = Chronicon Hildesheimense, MGH. VII, 854 (ohne<br />

Jahresangabe zur Regierungszeit Bischof Udos). Zur vor 1079 vollzogenen oder begonnenen<br />

Stadterweiterung beim Andreashospital (!) nach Nordosten s. Johanne9 Ge bau er. Gesch.<br />

d. Stadt Hildesheim I, 11922, ' 1976, S. 37 ff., 44 ...<br />

10) Vg!. Die Diözese Hildesheim 43. 1975, S.31 Anm.4 (zu Braunschw. Jb. 43, 1962,<br />

S. 56 ff. Anm. 59 und 63 f.) und S. 44 Anm. 57. Zu S. 47 f. und Anm. 84: mlat. infra =<br />

innerhalb! - Benno von Meißen ist nicht zu verwechseln mit dem aus Schwaben stammenden<br />

Hildesheimer Dompropst und späteren Bischof Benno 11. von Osnabrüdr (über den Letzteren<br />

s. Nicolaus C. Heu t ger in: Jb. d. Ges. f. nieders. Kirchengesch. 67, 1969. S. 1°7-114).<br />

154<br />

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üttclcr Logikbüchlcins 16), da es wic das Bildungsbüchlcin einen gelehrten Mönch<br />

Albcrich erwähnt. Demnam war der "Bennopolitanus" Benno von Meißen auf keinen<br />

Fall ein unbedeutender Mann für die Geschichte der Kirche, der Wissensdlaft und<br />

des Reiches. Und die durch allegorische Erfassung eines polemism betrachteten historischen<br />

Ereignisses entstandene Ohrfeigensage über diesen Benno zwingt zu neuem<br />

Namdcnken über den eher irreführenden Begriff" Wandersage", auch und besonders<br />

im Zusammenhang mit den Mäusesagen 17) in Burgdorf (bei Hannover), Hameln,<br />

Bingen, Osnabrück, Eberswalde (bei Berlin) und Kurken (Ostpreußen) und mit den<br />

Reliquiensagen 18) in St. Mihiel (30 km s Verdun), Hildesheim und Evron. - Die<br />

Wolfenbütteler Kopie eines durch Erzbischof Ansc1m von Canterbury dem rechtmäßigen<br />

Papst Urban H. (1088-1099) gewidmeten Bümlcins 19), die laut (schwarzer)<br />

Besitzereintragung im frühen 13. Jahrhundert der Priester Aescelin im Hildesheimer<br />

Michacliskloster besaß, stammt vermutlich auch mit aus dem Nachlaß Bennos von<br />

Meißen, dcnn auch Benno hat 1097 Urban H. anerkannt.<br />

18) Cod. Guelf. 56. 10 Aug. 8° fol. 148v-16zr (Leibniz nennt es im Index: Liber de<br />

Dialectica seu Logica). Vgl. dazu den zur Zeit Gregors VII. und Heinrichs IV. Urkundenanfänge<br />

für Monte Cassino entwerfenden Alberich bei R 0 c kin ger a. a. O. S. 18 H. und<br />

VIVARIUM IV. 1966. p. I-57. wo an einen anderen Alberich gedacht wurde. Im Bildungsbüchlein<br />

(fol. If) wird auf Irrtümer "Aginulfi vel abbati(s) Samaritani" hingewiesen.<br />

17) Zur Hamelner Kinderausfahrt (1284) in: Wörterbuch d. dt. Volkskunde Cl. Auflage)<br />

s. neuerdings Nieders. Jb. 49. 1977. S. 315-310. und (in: Monographien zur Kulturgeschichte<br />

VI, Der Bauer. Abb. 88) den "Reuter". der am "I. September dieses 1675. Jahrs bey Brochdorp<br />

unweit Hanover" den "letzten Ratz" tötete und dann vor dessen "Mäuse-Heer" Boh<br />

(= Volrad von Depenau. t 1283. der 1175 während oder nach den Kämpfen gegen die<br />

Preußcnhäuptlinge Henricus Monte und Glappo - aus Klein-QuedinlDypenowe nach Niedersachsen<br />

geflohen war? !). - Die "Ratten- und Mäuseplage" in Hameln um 1184 wurde durch<br />

hier die Weser überquerende Auswanderer verursacht, die "Mäuseplage" bei Bingen unter<br />

ErJ:bischof Hatto (891-913) durch hungrige Bauern und Rheinschiffer. die "Mäuseplage" in<br />

Osnabrück (Osn. Mitt. 46, 1914. 367 H.) unter Benno 11. (1068-1088) durch die unsittsamen<br />

Nonnen von Herzebrock. für die Benno das Gertrudenkloster erbaut hatte (Vita Bennonis c. 11).<br />

in das sie aber erst 1141 übersiedelten und das kurz nach 1181 auf den heutigen Gertrudenberg<br />

verlegt wurde. Mit "Ratten und Mäusen" sind zumindest in diesen Sagen unliebsame Menschen<br />

gemeint. - Den "LibelIus" von "1514" (Verlag C. Kientzler. Hameln) fälschte<br />

wohl Wilhelm Raa b e, s. seine Novelle "Die Hämelsdlen Kinder" (1863) und seinen<br />

Roman "Der Hungerpastor" (1864).<br />

18) Zu Nieders. Jb. 49. 1977. S. 67 H. (vgI. S.69 m. Anm. 10) s. Die Diözese 43. 1975.<br />

S. 58 f. m. Anm. 108 (vgl. Hans. GeschBII. 95. 1977. S. 169) und Unsere Diözese 10. 1951.<br />

H. 3/4. S. 53 (vgI. Für die Menschen bestellt, Hildeshcim 1978. 5.17). Eridl M ü I I e r (Qu.<br />

u. Darst. z. Gesch. Nds. 47. 1938. S. 84) entstcIlt den Wortlaut zweier früher QueIlen über<br />

die "aulica Eltze" und Bischof Guntar (Leibniz, 55. rer. Br. I. 160 f. vor Il16; Annalista<br />

Saxo. MGH. SS. VI. 571 um 1140). H. v. Ja n und M. Ha man n haben beide auch nicht<br />

nachgeprüft. sondern folgen M ü I I e r blindlings (Nds. Jb.49. S. 67 ff. mit Anm. I und<br />

S. 310 mit Anm.30). Gisela Sc h u I z e entschied das Bennopolis-Problem. indem sie im<br />

Bereidl der Martinikirche die geradlinige nordwestliche Fortsctzung der im Süden noch vorhandenen<br />

Bernwards-Ringmauer fand (Sommer 1978).<br />

18) Cod. Guelf. 56. 10 Aug. 8° foI. 8U-I11V. - Hau c k s abwertende Bemerkungen<br />

über den Charakter Bennos von Meißen und über die Phantasie der frühen Biographen<br />

Bennos waren unsachlich und unzutreffend. Solche Art von Geschichtsforschung soIlte uns<br />

heute abschrecken.<br />

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Durch die Sachsen Bruno und Tancward sei KarIs Bistum Schieder (bei Lügde)<br />

nach FaIIerslcben, durch Heinrich I. nach Vrose (wüst in der Magdeburger Neustadt!),<br />

durch auo d. Gr. "in Partinopolin qua,e est Magdoburg" verlegt worden,<br />

und Heinrich 1. habe das "castrum Misnae" (!), Goslar und Quedlinburg gegründet<br />

(Leibniz, SS. rer. Brunsv. I, 260-262). Diese Quelle kann Benno von Meißen verfaßt<br />

haben, denn sie erwähnt den nach 1040 anstelle der Krypta des Hildesheimer Cäciliendomes<br />

erbauten "jetzigen BischofshofkelIer", aber noch nicht seine seit 12z6 nachweisbare<br />

Verwendung als LaurentiuskapeIIe. Ein Randzusatz weist auf das Jahr 1203<br />

hin. Bruno und Tancward waren die legendären Gründer von <strong>Braunschweig</strong> und<br />

Dankwarderode (auch für diese Quelle !). - In K(i)eIlu/ZheIlae/Chelle (AltenceIle)<br />

war 1089 die Burg schon vorhanden (s. Brschw. ]b. 43, S. 59 f. mit Anm. 66-69),<br />

aber noch ohne Stein- und Fachwerkgebäude als Vor- und HauptwalI. Die dortige,<br />

in der Frühgotik um ein Querhaus erweiterte Gertrudenkirche ist wohl nur ebenso<br />

alt wie die Dankwarderoder Burgkirche St. ]ürgen und Gertrud (s. H. Dobbertin,<br />

Benno von Meißen und Bennopolis, 3257 Springe 3,1978).<br />

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',.'


Ellbogengelenks blieb zurüdc und wurde später als Kriegsbeschädigung (30010) anerkannt.<br />

In den letzten Kriegsmonaten war er ,in Dänemark eingesetzt. Dort geriet<br />

er Mai 1945 durch die Kapitulation in engHsme Gefangensmaft, wurde mit seinem<br />

Truppenteil nadl. Dithmarschen überführt und daselbst im September 1945 entlassen.<br />

Insgesamt hat Q. durch Wehrdienst in Frieden und Krieg nicht weniger als<br />

8 Jahre für seine Berufsausbildung verloren!<br />

Nun galt e6, unter vielen Schwierigkeiten das Studium zum Abschluß zu bringen.<br />

Aber die Hochschulen waren überfüllt und auf ehemalige ParteimitgHeder, wenn sie<br />

der NSDAP auch nur nominell angohört hatten, und ehemalige Offiziere nicht erpicht.<br />

Nach erfolgter Entnazifizierung durch einen Homschulausschuß (1945) konnte<br />

Q. sein Studiwn;im Winter 1945/46 zunächst nur an der Philosophischen Abteilung<br />

der Technischen Hochsmule <strong>Braunschweig</strong> wiederaufnehmen. Anschließend studierte<br />

er zwei Semester an der Universität Kie1. Dort wurde er am 15. Juli 1949 mit einer<br />

von Prof. Dr. Otto Bedcer in Kiel betreuten sehr guten Di'Ssertation "Die Unterwerfung<br />

der Stadt <strong>Braunschweig</strong> durch die Herzöge von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg im<br />

Jahre 16]1" zum Doktor der Philosophie promoviert. Die Arbeit 1st weitgehend<br />

aus Quellen des Stadtarchivs Braunsmweig und des Staats archivs Wolfenbüttel erwachsen<br />

und 1953 in einer überarbeiteten Fassung unter dem Titel "Die Unterwerfung<br />

der Stadt Braunsmweig im Jahre 1671. Das Ende der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtfreiheit"<br />

als Band 16 der "<strong>Braunschweig</strong>er Werkstüme" gedrudct worden. Seinen<br />

1949 in Kiel gefaßten Plan, das Staatsexamen für das höhere Lehrfarn abzulegen,<br />

ließ Q. fallen, als jhm unter Vermittlung des Stadtarchivs <strong>Braunschweig</strong> und der<br />

Niedersächsischen Archivverwaltung Gelegenheit geboten wurde, ab August 1949<br />

an dem bereits angelaufenen ersten Lehrgang an der Archivsmule in Marburg (Lahn)<br />

teilzunehmen. Mit der archivarischen Staatsprüfung vom 18. Oktober 1950 qualifizierte<br />

er sich für den höheren Archivdienst (Archivassessor).<br />

Die nun folgenden Bemühungen um eine Archivarsstelle gehören zu der zweiten<br />

Gruppe von Widrigk,eiten, die Querfurths Leben überschatteten. Es gelang ihm zunächst<br />

nicht, die erhoffte Anstellung am Stadtarmiv <strong>Braunschweig</strong> zu erlangen. So<br />

mußte er sein Leben mit Gelegenheitsarbeiten fristen. Eine von diesen war eine<br />

Geschichte der Braunschwei,gischen Landes-Brandversicherungsanstalt, die 1954 unter<br />

dem Titel "Braunsmweigische Landes-Brandversicherungs-Anstalt 1754-1954. 100<br />

Jahre im Dienste des Gemeinwohls" gedrudct wurde. Ferner hat er einen Teil des<br />

Ortsregisters für das 1955 von Werner Spieß im Auftrage der Historischen Kommission<br />

für Niedersachsen herausgegebene Register zum I. Band der Helmstedter<br />

Matrikel bearbeitet. Von November 1951 bis Mitte Juli 1953 war Q. mit der Neuordnung<br />

des Stadtarchivs der Stadt Bad Kreuznam beauftragt. Es folgte eine befristete<br />

Anstellung am Staatsarchiv Wolfenbüttel (16. Juli 1953 - 30. April 1954), während<br />

der er mit dcm Tätigkeitsbereich eines größeren Archivs vertraut wurde (Ordnungsarbeiten<br />

am Bestand "Kreisdirektion <strong>Braunschweig</strong>", Benutzersaalaufsicht, Recherchendienst,<br />

Archivpflege). Der damalige Staatsarchivdirektor Dr. Kleinau bestätigte<br />

ihm, daß er "seine Arbeiten gewissenhaft und sorgfältig erledigt und die Gelegenheit,<br />

seine praktischen Erfahrungen zu erweitern, ohne Zweifel gut auszunutzen<br />

gewußt" habe. Mit einer Tätigkcit beim Johann-Gottfried-Herder-Institut in Mar-<br />

160<br />

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konnten iJun entscheidende Linderung seiner Beschwerden verschaffen. Vereinzelt<br />

erschien er noch auf den Vortragsabenden, seine Treue zum Geschichtsverein damit<br />

in rührender Weise dokumentierend.<br />

In unserer schnellebigen Zeit mögen diese Zeilen die Erinnerung an Hans J ürgen<br />

Querfurth und &ein erfolgreiches Wirken unter erschwerten Lebensumständen wachhalten.<br />

In Homachtung und Dankbarkeit sei seinem Gedenken dieses Jahrbuch gewidmet.<br />

J oseph König<br />

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Thilo Vogelsang t<br />

Am 2. April 1978 1st der Leiter der <strong>Bibliothek</strong> und stellvertretende Direktor des<br />

Instituts für Zeitgeschichte, Professor Dr. Thilo Vogelsang, unerwartet im 60. Lebensjahrin<br />

München verstorben.<br />

Thilo Vogelsang, der am 14. Februar 1919 in <strong>Braunschweig</strong> geboren wurde, begann<br />

seine wissenschaftliche Laufbahn als Mediaevist und war im Jahre 1949 als<br />

Schüler von Hermann Heimpel (Gättingen) mit einer Untersuchung "Die Frau als<br />

Herrscherin im hohen Mittelalter. Studien zur ,consors regni' Formel" zum Dr. phi!.<br />

promoviert worden. Nach Abschluß seiner Ausbildung zum wissenschaftlichen <strong>Bibliothek</strong>ar<br />

in Frankfurt/Main hat sich Dr. Vogclsang, seit November 1951 am Institut<br />

für Zeitgeschichte tätig, insbesondere mit wichtigen Studien zur Weimarer Republik<br />

befaßt und als einer der ersten Historiker in der Bundesrepublik Deutschland eine<br />

intensive Erforschung der deutschen Nachkriegsgeschichte eingeleitet. Zu seinen bekanntesten<br />

Veröffentlichungen gehören "Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge<br />

zur deutschen Geschichte 1930-1932" (1962), "Hinrieb Wilhelm Kopf und Niedersachsen"<br />

(1963), "Kurt von Schleicher. Ein General als Politiker" (1965) und "Das<br />

geteilte Deutschland" (1966). Im Jahre 1973 wurde Thilo Vogelsang zum Honorarprofessor<br />

für Zeitgeschichte an der Technischen Universität München ernannt.<br />

Wir werden das Andenken unseres verstorbenen Mitgliedes stets in Ehren halten.<br />

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Manfred Garzmann


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J oachim Leuschner t<br />

Am 12. Apri:l 1978, dem ersten Tage seiner Vorlesungen im Sommersemester<br />

1978, ,ist der Inhaber des Lehrstuhls A für Geschidtte an der Technischen Universität<br />

Hannover, Professor Dr. Joachim Leuschner, 'lInerwartetim Alter von 55 Jahren<br />

verstorben. Joachim Leuschner wurde am 22. Juni 1922 in Berlin geboren und studierte<br />

seit 1940 Geschichte, Gern1ani\Stik sowie englische und lateinische Philologie<br />

an der dortigen Friedrich-Wilhelm-Universität. Durch den Wehr- und Kriegsdienst<br />

wurde sein Studium mehrere Jahre unterbrochen, das erst 1946 an der Georg-August­<br />

Universität Göttingen fortgesetzt werden konnte. Aufgrund seiner von Professor<br />

Hermann Heimpd betreuten Dissertation "Zur Idee der Deutschen Geschichte im<br />

späten Mittelalter" wurde Joachim Leuschner im Jahre 1951 zum Dr. phi!. promoviert.<br />

Anschließend war er Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur<br />

Herausgabe der historisch-politischen Schriften Dietrichs von Nieheim, einem Kurialen<br />

aus Westfalen (t 1417), der auf dem Konzil zu Konstanz zur Reformgruppe gehörte.<br />

Djcse Edition, seit 1967 gemeinsam mit Katharina Colberg bearbeitet und<br />

1976 abgeschlossen, w.ird in Kürze erscheinen.<br />

Ein volles Jaluzehnt war Dr. Leuschner als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der<br />

Bayerischen Akademie der Wissenschaften für die Jahrbücher Kaiser Siegmunds in<br />

der Reihe der Jahrbücher der Deutschen Geschichte tätig, bevor er 1963 die Professur<br />

für Geschichte und jhre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Göttingen<br />

übernahm. Im Jahre 1969 wurde er zum ordentlichen Professor für Geschichte<br />

an der Technischen Universität Hannover berufen. Unter seiner engagierten Lcitung<br />

wurde die <strong>Bibliothek</strong> des Historischen Seminars in der Landes- und Rechtsgeschichte<br />

beträchtlich erweitert. Aus beiden Bereichen stammen eine Reihe von Dissertationen,<br />

die, von Professor Leuschner betreut, tei.lweise unter Verwendung von<br />

Archivalien der staatlichen und kommunalen Archive Niedersachsens angefertigt<br />

worden sind.<br />

Seine große Hanse-Exkursion ,im Juni 1977 begann in <strong>Braunschweig</strong>, wo er vor<br />

den mehr als 40 Teilnehmern an den bedeutendsten Bauwerken unserer Stadt seine<br />

methodische und didaktische Konzeption entwickelt hat: Geschichte durch Anschauung<br />

begreifen zu lernen.<br />

Professor Leuschner ist der Geschichtswissenschaft, die er liebte und aus der heraus<br />

er lebte, bis zu seinem unerwarteten Tode mit großer Hingabe und leidenschaftlichen<br />

Engagement verbunden geblieben. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen<br />

gehören "Volk und Raum. Zum Stil der national-'Sozialistischen Außenpolitik"<br />

(1958), "Geschichte an Universitäten und Schulen" (gemeinsam mit Hans-Heinrich<br />

Nolte und Brigide Schwarz, 1973), die Kapitel VII b:is XII des Teiles "Mittelalter"<br />

im "Studienbuch Geschichte" (hrsg. von Reinhard Elze und Konrad Repgen, 1974)<br />

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und "Deutschland im späten Mittelalter" (1975) als Band 3 der von ihm seit 1973<br />

herausgegebenen "Deutschen Geschichte".<br />

Sein plötzliches Ableben hat eine schmerzliche Lücke hinterlassen. Dank seiner<br />

integren Persönlichkeit und seiner wissenschaftlichen Werke wird sein Andenken in<br />

uns fortleben.<br />

Manfred Garzmann<br />

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Ludolf Fiesel t<br />

Als wir bei der Hauptversammlung am 15. Dezember 1978 den Senior des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />

Geschichtsvereins, unser Mitglied Museumsdirektor und Lande:.konserv,ator<br />

a. D. Dr. phil. Ludolf Fiesel, Wienhausen, nach einer Würdigung seiner<br />

wissenschaftlichen Arbeiten und seiner Verdienste um den Verein mit einem Buchgeschenk<br />

ehrten, ahnten wir nicht, daß er schon am 21. Januar 1979 aus unserer Mitte<br />

scheiden würde. Mit den Angehörigen trauern wir um einen Mann von vorbildlichen<br />

menschlichen Eigenschaften und hoher wissenschaftlichiCr Qualität. Wir wissen es zu<br />

würdigen, daß er, obwohl in Wienhausen wohnend, nach seiner übersiedlung aus der<br />

DDR in die Bundesrepublik Deutsdtland unserem Verein beitrat, in unserem Jahrbuch<br />

einen Beitrag veröffentlichte, und noch jn den letzten Tagen seines Lebens an<br />

einen weiteren Aufsatz über ka:rolingische Orte östlich der Oker, darunter Wolfenbüttel,<br />

Gifhorn usw., für das Jahrbuch arbeitete. Der Tod hat ihm die Feder aus der<br />

Hand genommen.<br />

Ludolf Otto Fiescl wurde am 13. Juli 1888 in Ribbesbütte1, Kreis Gifhom, als<br />

Sohn des Leiters der Diakonisdlen Heime m Kästorf (Ldkr. Gifhorn), Pastor Karl<br />

Fiesel, geboren. Nach Besuch der Gymnasien in Celle (bis 1905) und in WolfenbüttC'l<br />

(bis 1909), studierte er von 1909 bis 1910 in München Geschichte, Kunstwissenschaft<br />

und Germanistik, von 1910 bis 1914 in Berlin und Göttingen Geschichte, Germanistik<br />

und Psychologie. Da er wegen körperlicher Behinderung als Kriegsfreiwilliger<br />

zunächst nicht verwendbar war, begründete er ,jn Göttingen einen "Studentischen<br />

Hilfsdienst", der für andere Hochschulen vorbildlich wurde. Im März 1915 bestand<br />

er in Göttingen das Staatlrexamen für das Lehramt an höheren Schulen in Geschichte,<br />

Deutsch und Englisch. Anschließend wurde er dodl nom zum Militärdienst im Ersten<br />

Weltkrieg eingezogen und während dieser Zeit zum LC'Utnant der Reserve und Kompanieführer<br />

befördert. Nach Verwundung war er Führer und Ausbildungsleiter des<br />

Maschinengewehr-Ausbildungskommandos des X. Armeekorps in Munster-Lager.<br />

Noch vor seiner Entlassung am 30. November 1918 wurde er an der Universität<br />

Göttingen am 13. Februa-r 1918 mit einer Dissertation über "Das öffentliche Geleit<br />

-im frühen Mittelalter" zum Dr. phil. promoviert.<br />

Zunächst wandte sich Fiesel nun dem Schuldienst zu: am 2. Oktober 1919 am<br />

Gymnasium Doberan, dann als wissenschaftlicher Hilfslehrer und ab 1920 als Studienrat<br />

an der Oberrealschule in Rostock, von 1934 bis 1945 am Realgymnasium daselbst.<br />

Dazu kam von 1920 bis 1926 seine Tätigkeit als Gesrnäftsführer und Dozent an der<br />

Volkshochschule in Rastock sowie von 1926 bis 1931 als Mitarbeiter der Mecklenburgischen<br />

Monatshefte.<br />

Seit dem I. Oktober 1945 war Fiesel Leiter des Armivs und der Museen der Stadt<br />

Rostock, 1950 Städt. Museumsdirektor und Konservator für Bau- und Kunstdenkmale<br />

des Bezirks Rostock. Daneben wirkte er seit 1946 als Vorlesungs-beauftragter<br />

166<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

und vertretungsweise als Leiter des Historischen Seminars an der Universität Rostock.<br />

Die Absicht der Philosophischen Fakultät, F. mit einer Professur zu betrauen,<br />

konnte nicht verwirklicht werden, da das Ministerium die Fachrichtung Geschichte<br />

nicht anerkannte. Ein Antrag des ausscheidenden Direktors des Zentralarchivs Potsdam<br />

auf Ernennung Fieseis zu seinem Nachfolger äm Mai 1951 wurde von der Personalabteilung<br />

des Ministeriums des Innern nicht genehmigt. Da war es ihm eine gewisse<br />

Genugtuung, daß die Historische Kommission für Niedersachsen ihn 1955 zu<br />

ihrem Mitglied erwählte. Nach Versetzung in den Ruhestand wurde er im Februar<br />

1957 durch Familienzusammenführung in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.<br />

Er wohnte seitdem zusammen mit seiner Schwester in Wienhausen.<br />

Dr. Fiesels fleißiger Feder entstammen so viele wissenschaftliche Veröffentlichungen,<br />

daß 'Sie hier z. T. nur summarisch erwähnt werden können. Im Zusammenhang<br />

mit seiner bereits genannten Dissertation über das Geleitsrecht im Mittelalter sind<br />

in angesehenen Zeitschriften mindestens 5 größere Aufsätze erschienen, die sich mit<br />

Geleit bzw. Zollgelcit befassen. ZahlreidIe weitere Beiträge hat er 1926-1932 in den<br />

Mecklenburgischen Monatsheften, sodannin den "Beiträgen zur Geschichte der Stadt<br />

Rostock" herausgegeben. Im Zusammenhang damit stehen Arbeiten wie die "Geschichtliche<br />

GrundJagedes Mecklenburgischen Städtewesens" (1938), eine "Synoptische<br />

Tabelle zur Geschichte der Stadt Rostock" sowie" Werden und Wachsen der<br />

Stadt Rostock" .<br />

Für uns sind seine sprach.- und siedlungsgesdlichtlichen Arbeiten am wichtigsten,<br />

die etwa ,ab 1933 einsetzen und z. T. :im Korrespondenzblatt des Vereins für Niederdeutsche<br />

Sprachforschung veröffentlicht sind. Besonders zu nennen sind die Aufsätze<br />

"Frühmittelalterliche Siedlung mit dem Grundwort -büttel" (Zeitsdir. f. Ortsnamenforschung<br />

9, 1933 und 10, 1934), "Ortsnamenforschung und frühmittclalterliche<br />

Siedlung in Niedersach.sen" (ForsdlUng u. Fortschritte 9, 1933, sowie Teuthonista,<br />

Beiheft 9, Halle/Saale 1934, 36 S.), "Gründungszeit deutscher Orte mit dem Grundwort<br />

-leben und Siedlungs beginn :in der Magdeburger Börde" (Blätter f. dtsche. Landesgesdl.<br />

90. Jg. 1953, S. 30-77), "Die Borstel südlich der Niedereibe" (Nds. Jb. f.<br />

Landesgesch. 26, 1954, S. 1-23), "OffIeben und Kaierde in den Traditiones Corbeienses.<br />

Ein Beitrag zur sächsischen Stammesaristokracie" (Braunschw. Jb. 44, 1963, S. 5-<br />

41) und vor allem der letzte große Aufsatz "Franken im Ausbau altsächIsischen Landes"<br />

(Nds. Jb. f. Landesgesch. 44, 1972, S. 74-158).<br />

Dr. Fiesel hat sich mit den zuletzt genannten Aufsätzen gewissermaßen in die<br />

vorderste Kampflinie der Ortsnamenforsdlung und Siedlungskunde vorgewagt. Es<br />

war daher beinahe vorauszusehen, daß nicht jedes der von ihm vorgetragenen Er­<br />

,gebnisse voll angenommen würde. Immerhin gibt die von Hans Patze herausgegebene<br />

neue "Geschichte Niedersachsens" Bd. I, 1977, durchaus die Thesen FieseIs wieder.<br />

Zu dessen letztem Aufsatz über die Franken als Träger des Ausbaus im Sachsenlande<br />

nach Kar! dem Großen bringt sie zwar kritische Bemerkungen (S.267) gibt aber<br />

(S.592) zu, daß die entvölkerten Gebiete "wahrscheinlkh auch mit Nichtsachsen"<br />

(also z. B. mit Franken) aufgefüllt wurden. Es ist zu spät, um dem Autor, der manchmal<br />

darunter litt, daß nicht alle seiner Aufsätze die von ihm gewünschte Anerkennung<br />

fanden, mit Hinweisen vorstehender Art zu trösten. Das letzte Wort in vielen<br />

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der von Fiesel anges


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10. L ° m m atz s eh. Herbert: Unser täglich Brot gib uns heute! Berichte aus d. Hungerwinter<br />

1771/71 im niedersächsischen Harz. In: Unser Harz. Jg. 15. 1977. S. 15-17. I Abb.<br />

I I. Her b s t. Rudolf: Alte Grenzsteine quer durch den Harz. In: Unser Harz. Jg.15.<br />

1977. S. 147-15°.1 Abb.<br />

11. Mo r i t z. Kar!: Aus Braunlage berichtet: 90 Jahre Harzklub-Zweigverein. In: Unser<br />

Harz. Jg. 15· 1977· S. 229·<br />

13. Satzung. gültig ab 16.3.1977. Harzklub Zweigvercin Wolfenbüttel c. V. (Wolfenbüttel<br />

1977.) 14 S.<br />

14. Historisch-Iandeskundliche Exkursionskarte von Niedersachsen. Maßstab I : 50000. T.6:<br />

Blatt Wolfsburg. bearb. von Wolf Ti e t z e. hrsg. von Erhard K ü h I h 0 r n. [Nebst]<br />

Er!äuterungsheft. Hildesheim: Lax in Komm. 1977. Erl.-H.: 163 S. mit 15 Abb .• 3 Stadtpläne.<br />

(Veröffentlichungen d. lnst. f. Hist. Landesfomh. d. Univ. Göttingen. 1. T.6.)<br />

[Da, Blatt


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

34. Bus eh, Ralf: Archäologische Burgenforschung in Norddeutschland. Möglichkeiten<br />

d. künftigen Werla-Forschung unter d. Aspekt d. Untersuchung mittelalterlicher Königspfalzen.<br />

Ein Vortrag. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr. 259. Vom<br />

5. Nov. 1977·<br />

35. Bus eh, Ralf: Möglichkeiten der künftigen Werla-Forschung. In: Heimatbuch f. d.<br />

Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978. [1977.] S. 40-43, 2 Planskizzen.<br />

36. Met z, Wolfgang: Quellenstudien zum Servitium regis (900-Il50). T. I. In: Archiv<br />

f. Diplomatik, Schriftgesch., Siegel- u. Wappenkde. Bd 22. 1976. S. 187-271.<br />

[Aufgeführt werden u .•. Gandersheim u. Goslar. s. übersidlt über die Belege S. 131.]<br />

37. B r ü h I, Carlrichard: Purpururkunden. In: Festschrift für Helmut Beumann zum 65.<br />

Geburtstag. Sigmaringen 1977. S. 3-21.<br />

[Darin u. a. die sog. Heiratsurkunde .97' Apr. 14: Otto 11. für Theophanu Da. 11. lI".J<br />

38. He i n e m e y er, Walter: Erzbischof WiIligis von Mainz. In: BII. f. dt. Landesgesch.<br />

Jg. 1 IZ. 1976. S. 41-57.<br />

[Darin u. R. "der sog. Gandersheimer Streit".]<br />

39. S eh w.j n e k ö per, Berent: Königtum und Städte bis zum Ende des Investiturstreites.<br />

Die Politik d. Ottonen u. Sal1er gegenüber d. werdenden Städten im östlichen Sachsen<br />

u. in Nordthüringen. Sigmaringen: Thorbecke 1977. 167 S., 14 Stadtpläne. (Vorträge<br />

u. Forsch. Sonderbd Ir.)<br />

[Darin 11 ••• : Goslar. S. 105-121; Braunsmweig. S. 130-137; N.men- 11. Ortsreg. S. l00-167.J<br />

40. Fe n s k e, Lutz: Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen.<br />

Entstehung u. Wirkung d. sächsischen Widerstandes gegen d. salische Königtum<br />

während d. Investiturstreits. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977. 401 S., 1 Kt.­<br />

Skizze. [überarb. u. erw. Phi!. Diss. Frankfurt 1969.] (Veröffentlichungen d. Max­<br />

Planck-Inst. f. Gesch. 47.)<br />

[So 386-401: Orts- o. Personenreg.]<br />

41. Bar z, Paul: Heinrich der Löwe. Ein Welfe bewegt die Geschichte. Biographie. Bonn:<br />

Keil ('977). 431 S., 26 Abb. auf 8 Taf.<br />

[Bespremung von Rimard Moderh.ck in: Braunsmw. Heimat. Jg. 64.1978. S. 30-31.J<br />

42. Hili er, Helmut: Friedrich Barbarossa und seine Zeit. Eine Chronik. München: List<br />

(1977)· 448 S., 14 Abb.<br />

[So 437-447: Namenreg.J<br />

43. Sc ara m e 11 i n i, Guido: Barbarossa ed Enrico il Leone a Chiavenna. Chiavenna<br />

(: Centro di studi storici Valchiavennaschi) 1976. 61 S., 13 Abb. (Quademi deI Centro<br />

di studi storici Valchiavennaschi. 5.)<br />

44. R i eck e n be r g, Hans Jürgen: Mandelsloh - ein Kirchenbau Heinrichs des Löwen?<br />

Mit, Abb. In: Nds. Jb. f. Landesgesch. Bd 19. '977' S. 3°3-314. 1 Taf.<br />

45. K ö n i g, Joseph: Die Stauferausstellung in Stuttgart 1977 und das ehemalige Land<br />

<strong>Braunschweig</strong>. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses. <strong>Braunschweig</strong>. e. V. Jg. 27 = H.<br />

78. 1977. S. 22-24·<br />

46. S t a c k man n, Karl: Kleine Anmerkung zu einer Ehrung für Albrecht den Grossen.<br />

In: Zs. f. deutsches Altertum U. deutsme Literatur. Bd 106. 1977. S. 16-14.<br />

[Albremt I. Herzog zu Braunsmweig u. Lüneburg in d. Braunsmweiger Reimmronik.]<br />

47. E I1 e r m e y er, J ürgen: Sozialgruppen, Selbstverständnis, Vermögen und städtische<br />

Verordnungen. Ein Beitrag zur Erforschung spätmittelalterlimer Stadtgesellschaft. In:<br />

BII. f. dt. Landesgesm. Jg. 113· 1977. S. 1°3-175.<br />

48. Mo h r man n, Wolf-Dieter: Der "welsche pawmaister" Chiaramella in Wolfenbüttel.<br />

Ein Nachtrag. In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. Il7-Il8.<br />

[Erg. aus d. Korrespondenz Herzog Heinrims d. J. über d. Aufenthalt von Francesco Chiaramella di<br />

Gandino in Wolfenbüttel; s. Bibliogr. 1976, Nr. 40.]<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

49. Sc h rad er, Franz: Ringen, Untergang und überleben der katholischen Klöster in<br />

den Hochstiften Magdeburg und Halherstadt von der Reformation bis zum Westfälischen<br />

Frieden. Münster: Aschendorff (1977). 104 S. (Katholisches Leben u. Kirchenreform<br />

im Zeitalter d. Kirchenspaltung. 37.)<br />

[Darin u .•. Herzog Heinrich Julius zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg als Bischof von Halberstodt; Personenu.<br />

Ortsreg. S. 97-'04.]<br />

SO. He in r ich, Gerd: "Nova Ithaka." Fürstliches Landleben u. soziale Wirklichkeit im<br />

Herzogtum Dannenberg-Hitzad


61. Mit gau, Hermann: Aus alten Kindertagebüchern <strong>Braunschweig</strong>s (18.h9. Jahrhundert).<br />

In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 = H.78.<br />

1977. S. 7-18, 3 Abb.<br />

61. Gen s r ich, Theo: Der "Schwarze Herzog" im Gefecht bei Oelper. Truppenbewegungen<br />

auf d. Heerstraße zwischen CeIle u. <strong>Braunschweig</strong> am 3 I. Juli 1809. In: Der<br />

Heimatspiegel. Bei!. d. Peiner AlIgcm. Zeitung. Nr 134. 1977. S. 4-6, 4 Abb.<br />

63. D e e te r s, Walter: Kar! 11., Herzog von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg-Wolfenbüttel. In:<br />

Neue dt. Biogr. Bd I I. 1977. S. 116.<br />

64. S t rom b e e k, Helmut von: Audienzen beim Herzog (Kar!II. von <strong>Braunschweig</strong>­<br />

Lüneburg 1819). In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S. 21-14, 2 Abb.<br />

65. B rat man n, Kurt: Herzogliche Millionen halfen die Stadt Genf verschönern. (Herzog<br />

Kar! 11. zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg setzte d. Stadt Genf zum Erben seines Vermögens<br />

von 24545761,24 Goldfranken ein.) In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S.15-28,<br />

3 Abb.<br />

Wilhelm Herzog zu <strong>Braunschweig</strong> u. Lüneburg s. auch Nr 109.<br />

66. B erg man n, Helmut: Thedinghausen und Herzog Wilhe1m. In: HeimatkaI. f. d.<br />

Landkr. Verden. [21:] 1978. [1977.] S. 95-97, 2 Abb.<br />

[Denkmal für Herzog Wilhelm zu Braunsdlweig u. Lüneburg. enthüllt am 19. Okt. 1900.]<br />

67. Toury, Jaeob: Soziale und politische Geschichte der Juden in Deutschland 1847 bis<br />

1871. Zwischen Revolution, Reaktion u. Emanzipation. Düsseldorf: Droste (1977).<br />

4IJ S. (Veröffentlichungen d. Diaspora Research Institute. Buch 20.) Zugl. =(Schriftenreihe<br />

d. Instituts für Deutsche Geschichte Universität Tel Aviv. 1.)<br />

[5. 399-411: Personenverzeidlnis u. Ortsverzeidlnis. darin o .•. Braunsdlweig o. Seesen.]<br />

68. Eng e 1 h a r d t, Ulrich: "Nur vereinigt sind wir stark." Die Anfänge d. deutschen<br />

Gewerkschaftsbewegung 1862/63 bis 1869/70. Bd 1.2. (Stuttgart:) Klett-Cotta (1977)'<br />

1412 S. 2 Bde (Industrielle Welt. Bd 23.)<br />

[Personenreg. S. 13'5-1)65: kein Ort.reg.]<br />

69. B oll, Friedhelm: Spontaneität der Basis und politische Funktion des Streiks 1914 bis<br />

1918. Das Beispiel <strong>Braunschweig</strong>. In: Archiv für Sozialgesch. Bd 17. 1977. S.337-366.<br />

70. G re bin g, Helga: Zur Problematik der personellen und programmatischen Kontinuität<br />

in den Organisationen der Arbeiterbewegung in Westdeutschland 1945/46. In:<br />

Führende Kräfte und Gruppen in der deutschen Arbeiterbewegung. LimburglLahn<br />

1976. S. 171-194. (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit. Bd 9.)<br />

[Darin S. 183-18S: "4: <strong>Braunschweig</strong>"; S. :119-216: Namenrcg.; kein Ortsrcg.]<br />

71. PoIl man n, Birgit: Reformansätze in Niedersachsen 1945-49. ([Hannover:] Niedersächs.<br />

Landeszentrale für Politische Bildung 1977.) 160 S. [Gekürzte u. im Anm.­<br />

Apparat überarb. Phil. Diss. TU <strong>Braunschweig</strong> 1976.] (Schriftenreihe d. Landeszentrale<br />

für Politische Bildung. R. B, H. 10.)<br />

Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte<br />

72. S eh 0 r man n, Gerhard: Hexenprozesse in Nordwestdeutschland. Hildesheim: Lax<br />

1977. VIII, 183 S. (Quellen u. Durst. zur Gesch. Nds. Bd 87·)<br />

[5. 179-181: Ortsreg.]<br />

73. Ho p f gar t e n, Gerhard: "Wenn das Gewehr ohne Absicht losgeht ••. " Aus alten<br />

herzoglich braunschweigischen Jagdregeln. Es hagelte hohe Strafen. (Jagdregeln dat.<br />

I. Aug. 1831.) In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 141-141.<br />

174<br />

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Kirchengeschichte<br />

74. Kirme und Gesellschaft in Niedersamsen während des Mittelalters. Vorträge auf d.<br />

Tagung d. Hist. Komm. für Niedersachsen u. Bremen in Hildesheim am 8./9' Mai 1975.<br />

In: Nds. Jb. f. Landesgesch. Bd 49. 1977. S. 1-86.<br />

[Darin: I. Sc h m i d t, Heinrim: Ober Christianisierung und gesellsm.ftlimes Verhalten in Samsen und<br />

Friesland. S. '-44. - 2. Pi tz, Ernst: Religiöse Bewegungen im mittelalterlimen Niedersamsen. S. 4S<br />

bis 66. - 3. J. n, Helmut von: Bürger, Kirme und Bismof im miItelalierlimen Hildesheim. 5.67 bis<br />

84. - 4. Eng fe r, Herm.nn: Die Wahlkapitulationen der Bismöfe und des Domkapitels in Hildesheim.<br />

(Zsfassung d. am 9. S' '97S geh. Vortrags.) S. 8S-86.]<br />

75. Pa t z'e, Hans: Klostergründung und Klosterchronik. In: BlI. f. dt. Landesgesm. Jg.<br />

113.1977. S. 8


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

85. Bur 0 se, Hans: Die Wünschelrute im Oberharzer Bergbau des 17. und 18. J ahrhunderts.<br />

In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 23-17, I Abb.<br />

86. SI 0 t ta, Rainer: Architekturen des Bergbaus im Spiegl seiner Entwicklung. In: Der<br />

Anschnitt. Jg. 29. 1977. S. 66-79, 19 Abb.<br />

[Darin u .•.• Stollenbau· (im Oberharz) u .• Bergstädte im Oberharz" .1<br />

87. Lau b, Gerhard: Der Magnetenstollen. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978 [1977.] S.<br />

68-73-<br />

88. H u m m, Albert: 200 Jahre Tiefer-Georg..stollen. - Das Einweihungsfest des Tiefen­<br />

Georg-Stollens. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 36-40, 3 Abb.<br />

89. Ho P f gar t e n, G[erhard]: 1916: Braunlages letzte Bergbautage. Bergleute fuhren,<br />

an Gürteln befestigt, in die alten Schädtte ein. Drei Schichten. In: Harzer Heimatland.<br />

Geschichtsbeil. zur Goslarschen Zeitung. 1977, Nr. r. Vom 29. April.<br />

90. Bö r ger, H.: Alta Capella: Hohegeiß und die Geschichte des Bergbaus. In: Harzer<br />

Heimatland. Geschichtsbeil. zur Goslarschen Zeitung. 1977, Nr. I Vom 29. April. Mit<br />

I Abb.<br />

91. Gun zer t [, GerhardJ: Der heutige Metallerzbergbau im Oberharz. In: Allgern.<br />

Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.) S. 44-46, 2 Abb.<br />

92. Bot h e, Gerhard: Die Commerz-Collegien der Herzöge Rudolf August und Anton<br />

U1rich von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel 1674 und 1686. In: Braunschw. Jb. Bd 58.<br />

1977. S. 43-67.<br />

93. H ö P p ne r, Heinz-Peter: Aus der Entwicklung der "<strong>Braunschweig</strong>ischen Öffentlichen"<br />

(Sachversicherung u. Lebensversicherung, gegr. 14. April 1924). In: Heimatbuch f. d.<br />

Landkr. WolfenbütteI. Jg. 24: 1978. [1977'] S. IU-II3.<br />

94. T h eis sen, Hans: Die gewerbliche Entwicklung in Deutschland während der industriellen<br />

Revolution - vornehmlich im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. (Berlin 1977.) IH,<br />

172 gez. BI. 4° [Masch.Schr. vervielf.] Berlin, Wiss. Hausarb. im Rahmen d. I. (wiss.)<br />

Staatsprüfung f. d. Amt d. Studienrats.<br />

95. BIo s S, Otto: Die älteren Glashütten in Südniedersachsen. Hildesheim: Lax 1977.<br />

1015., 4 Taf. mit 8 Abb., IKt. (Veröffentlichungen d. Inst. f. hist. Landesforsch. d.<br />

Univ. Göttingen. Bd 9.)<br />

IS. 181-101: Personennamtnreg., Orts-, Glashütten-, Flur- u. Forstnamen-Reg., Schlagwort- u. Sadtreg.]<br />

96. Sc h m i d t ehe n, Volker: Riesengeschütze des 15. Jahrhunderts - technische Höchstleistungen<br />

ihrer Zeit. T. (1.)1. In: Technikgesdlichte. Bd.44. 1977. 5.153-173, 1I3 bis<br />

137,35 Abb.<br />

[Darin u .•. die .Faule Mette von <strong>Braunschweig</strong>", Bronzegeschütz von '4! LI<br />

97. W i s w e, Mechthild: Die Mühlen - Zeugnisse alter Technik. In: Freundeskreis d. Gr.<br />

Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg. 27 = H. 79· 1977. S. 14-17, 3 Abb.<br />

98. D e t t e, Joachim: Berufsausbildung einst und jetzt. (<strong>Braunschweig</strong>ische Mühlenordnung<br />

von 175 I.) In: Die Mühle + Mischfuttertechnik. Jg. 114. 1977. S. IH.<br />

99. De t t e, Joachim: Berufsausbildungsprobleme des Müllergewerbes in der Mitte des<br />

vergangenen Jahrhunderts. In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. ID-I I.<br />

100. Ne w man, Michael: Die deutschen Porzellan-Manufakturen im 18. Jahrhundert. Bd<br />

1.2. <strong>Braunschweig</strong>: Klinkhardt & Biermann (1977). (<strong>Bibliothek</strong> für Kunst- und Antiquitätenfreunde.<br />

Bd 50.)<br />

IIn Bd I, S. 301-334, Abb .• 63-.86, Farbtaf. XVII-XX: Fürstenberg; Namensreg. 5.386-391.1<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


101. B r z ° s k a, Hugo G. F.: Der Oberharzer Polsterberg am Beispiel der Familie Krügener.<br />

(Wasserwirtschaft im Harz.) In: Allgem. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. z8-35,<br />

zAbb.<br />

10Z. H u m m, Albert: Die Bohrung des RadaustolIens. Trinkwasser aus der Radau für<br />

die Granetalsperre. In: AlIgem. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S.4z-43.<br />

103. Wie g leb, Gerhard: Die ökologische Bedeutung der Oberharzer Teiche und Vorschläge<br />

zu ihrer Erhaltung. In: Neues Archiv f. Nds. Bd 26. 1977. S.392-409, 4 Abb.<br />

Post s. 3um Nr 177.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

104. Il5 Jahre Braunsmweiger Briefmarken. Landes-Ausstellung im Rang 11. Jubiläums­<br />

Ausstellung vom 5. bis 8. Mai 1977 im <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesmuseum an d. Ägidienkirche<br />

u. Freizeit- u. Bildungszentrum Bürgerpark. (Festschrift u. Ausstellungskatalog<br />

für d. Jubiläums-Ausstellung ... ) (<strong>Braunschweig</strong> 1977.) 40, XVI S. [Umschlagt.]<br />

[Darin u. l.: Ger ha r d. Fritz: Gedanken zum Sammelgebiet Braunsmweig. S. '3. 'So 17. '9. u. 13. -<br />

P lud 1 er. Gerhard: Die Gesd1ichte der Stadt-Brief-Beförderung .Hammonio". S. 1S. 17. 19. 31.]<br />

l0S. Me ibo m, Horst: Lok Nr 011063 als Denkmal (vor dem <strong>Braunschweig</strong>er Hauptbahnhof).<br />

In: Braunschw. KaI. 1978. [1977-] S. 69-71, 2 Abb.<br />

106. W:i I hel m, Herbert: Die wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs für den<br />

Harz. In: Neues Archiv f. Nds. Bd z6. 1977. S. 380-391, 5 Abb.<br />

Geschichte der geistigen Kultur, Kunstgeschichte und Denkmalpflege<br />

107. H u m m, A[lbert]: 70 Jahre Hauptgebäude der TU Clausthal. 1907 wurde d. Bau<br />

d. Hauptgebäudes als e. großer Fortschritt in d. Entwicklung d. Bergakademie ClausthaI<br />

gefeiert. In: Mitteilungsblatt TU Clausthal. H. 44. 1977. S. 43-44, 3 Abb.<br />

108. Bau mg art, Peter: "Die Gründung der Universität Helmstedt." Festvortrag anläßl.<br />

d. 400. Wiederkehr d. Gründungstages d. Universität Helmstedt nm 15.0kt. 1976.<br />

(Helmstedt:) Landkr. Helmstedt 1977. 20 S., I Abb. (Beiträge zur Geschichte d. ehern.<br />

Universität Helmstedt. H. 1.)<br />

[s. lUm Bibliogr. '976. Nr 109.]<br />

109. V 0 I k man n , RoIf: Die geschichtliche Entwicklung der Universität Helmstedt.<br />

(Schluß.) In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. 1-4, I Abb.<br />

[Anfang s. Bibliogr. '976. Nr 111.]<br />

II 0. K ö n i g, Joseph: 400 Jahre ehemalige Universität Helmstedt 1576-1976. Ein Rückblick<br />

auf d.. Festveranstaltungen. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,<br />

e. V. Jg. 27 = H. 78.1977. S. 10-21.<br />

I I I. R ü c k b rod, Konrad: Universität und Kollegium, Baugeschichte und Bautyp. Darmstadt:<br />

Wiss. Buchges. 1977. X, 189 S .• 43 Abb. auf Taf.<br />

[Darin S. '37-'39 u. Abb. 16-17: .Das Gesamtgebäude der Universität He1mstedt".]<br />

H2. W i I be r g, Emst-Eberhard: Die Leibniz'sche Rechenmaschine und die Julius-Universität<br />

in Helmstedt. (Hrsg.: Alfred Kuh I e n kam p.) (Braunsmweig: Braunschw.<br />

Hochsmulbund e. V. 1977.) XIV, 134 S., 1I Abb. (Beiträge zur Geschichte d. Carolo­<br />

Wilhelmina. Bd 5.)<br />

lI3. BI e eck, Klaus: Adelserziehung auf deutschen Ritterakademien. Die Lüneburger<br />

Adelsschulen 1655-185°. T.1.2. Frankfurt a. M., Bem. Las Vegas: P. Lang (1977).<br />

677 S. 1 Bde. [Ersm. zugleich als Phil. Diss. Marburg.] (Europäische Hochschulsduiften.<br />

R. 3, Bd 89.)<br />

[Verf. hat Bestände d. Nd •• StaatsA u. d. Herzog August BibI. in Wolfenbütte1 über d. Collegium Carolinum<br />

in <strong>Braunschweig</strong> u. d. Ritterakademie in Wolfenbüttel zum Vergleim herangezogen.]<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

177


<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

114. L 0 m m atz sc h, Herbert: Vom Lesezettel zur Bergschule. Tendenzen u. Praxis d.<br />

Bildungswege u. d. Unterrichtsmaßnahmen für d. Pochknaben im Erzbergbau d. braunschweigisch-Iüneburgischen<br />

u. hannoverschen Harzes zwischen 1650 u. 1866. In: Braunschw.<br />

Jb. Bd 58. 1977. S. 69-101.<br />

115. J ü h r i g, Hartrnut: Niedersächsische "Schreibkalender" im 17. Jahrhundert. In: Niedersachsen.<br />

Jg. 77.1977. S. 130-135, 2 Abb.<br />

116. L 0 m m atz s eh, Herbert: Der "Allgemeine Harz-Berg-Kalender". Ein 275jähriges<br />

Spiegelbild d. Bergbaus u. d. Menschen im Oberharz. In: Der Anschnitt. Jg.29. 1977.<br />

S.24-28, 6 Abb. - Nachdr. in: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 17-zz, 6 Abb.<br />

117. Toury, Jacob: Toleranz und Judenrecht in der öffentlichen Meinung vor 1783.<br />

In: Judentum im Zeitalter der Aufklärung. Wolfenbüttel 1977. S.55-73. (Wolfenbütteler<br />

Studien zur Aufklärung. Bd 4.)<br />

[Darin wird zur Diskussion in d. Periodica u .•. genannt "BraunsAweigische Gelehrte Bey träge", Beilage<br />

zu d. Braunschw. Anzeigen 1178.]<br />

u8. Eulenspiegel-Jahrbuch. Hrsg. vom Freundeskreis TiIl Eulenspiegels e. V. Schrifd.:<br />

S[iegfried) Sie h t e r man n. Jg. 17. (Schöppenstedt) 1977.72 S. mit Abb.<br />

[Darin u .•. : Hoc k er, Bemd Ulrich: Neue Eulenspiegelforschungen. S. 3-29 •• Abb. - Met z n er,<br />

E[mstl: "Der leidige Trompeter TiIl". S. 19-34. - Wie m er.. Gerald: Der Dichter Kudchoff und<br />

sein Drama. Zur Wirkungsgeschichte von Adam Kuckhoffs "Ti11 Eulenspiegel". S. 34-39. - S t i eie r ,<br />

Franz: Julius WolfEs Verserzählung" Ti11 Eulenspiegel redivivus". 5.40-41. - 5 eh 0 1 z, Richard: Eulenspiegels<br />

Aufbruch nach Esperantujo. S. 42-45. - Wie Knesselare Till Eulenspiegel entdeckte. S.45-48.<br />

I Abb.l<br />

119. Buh b e, Otto, Siegfried Sie h t e r man n: TilI Eulenspiegel. Aufnahmen aus d.<br />

Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt, mit e. Geleitw. von Willi T h i eIe. (Fotos:<br />

Gerhard S t oIe tz k i, Bernd-Peter K eis er.) 2. Aufl. (Schöppenstedt [: Freundeskreis<br />

TilI Eulenspiegels e. V.) 24 BI., 40 Abb.<br />

120. H u c k er, Bemd Ulrich: Hermen Bote - der Dichter der Hanse und sein "Ulenspiegel".<br />

In: Text & Kontext. 5,1. Kopenhagen 1977. S. 35-48.<br />

121. H u c k er, Bernd Ulrich: Der neuentdeckte älteste Eulenpiegeldruck Straßburg 1510/1 I.<br />

Ein Beitrag zur Datierung u. textlichen Bedeutung (mit 2 Abb.) In: Niederdeutsches<br />

Wort. Bd 16. 1976. S. 144-163.<br />

IZ2. Sc h mit z, Günter: WoIfskehls Eulenspiegel. In: Korr.bl. d. Vereins f. niederdt.<br />

Sprachforsch. Jg. 84. 1977. S. 21-ZZ.<br />

123. Me n k e, Hubertus: Vom harmlosen Spassvogel zum bösartigen Anti-Helden. Eulenspiegel-Symposion,<br />

Bremen. In: Korr.bI. d. Vereins f. niederdt. Sprach forsch. Jg.84.<br />

1977. S. 23-28.<br />

IZ4. Li n d 0 w, Wolfgang: Eulenspiegel heute. In: Niedersachsen. Jg.77. 1977. S. 1-4,<br />

3 Abb.<br />

U5. Lei g h ton, Joseph: Das barocke Sonett als Gelegenheitsgedicht. In: Deutsche Barockliteratur<br />

und europäische Kultur. Hamburg 1977. S. 141-167. (Dokumente d. Internat.<br />

Arbeitskreises für deutsche Barockliteratur. Bd 3.)<br />

[Verf. untersumt "dni Gelegenhcitssonctte aus dem Umkreis der Herzöge von Braunscnwcig-Lüncburg (in<br />

Wolfeobüttel) näher".]<br />

u6. 11 u eck, Monika: Die Unterwerfung der Stadt <strong>Braunschweig</strong> im Jahre 1671 im<br />

Spiegel von Huldigungsgedichten auf Herzog Rudolf August von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel.<br />

[Kurzreferat.] In: Deutsche oßarockliteratur und europäische Kultur. Hamburg<br />

1977. S. 305-307. (Dokumente d. Internat. Arbeitskreises für -deutsche Barockliteratur.<br />

Bd 3.)<br />

u7. Ho Y t, Giles Reid: The Delopment of Anton UJrich's narrative prose on the basis<br />

of surviving "Octavia" manuscripts and prints. Bonn: Bouvier 1977. z75 S. [Ersch.<br />

zuerst als Phi!. Diss. Univ. of IIlinois at Urbana-Champaign 1973'] (Studien zur Germanistik,<br />

Anglistik u. Komparistik. Bd 53.)<br />

[Diss. s. Bibliogr. '975. Nr 1]1.)<br />

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139. Wes eher, Paul: Kunstraub unter Napoleon. ßerlin: Mann (1976).1835., 31 Taf.<br />

mit 131 Abb. (Gebr. Mann Studio Reihe.)<br />

[ln Kap. VI: Der ,deutsme Anteil' wird kassiert (,806-07) = S.98-,08 u. ö •• Beraubung der Kulturgüter<br />

des Herzogtums Braunsmweig"; S. 155-183: • Verzeichnis der entführten Kunstwerke nam Künstlern<br />

geordnet", mit Rüdlkehr-Vermerk.J<br />

140. Ach i 11 es, Walter: Bilder aus dem alten Hochstift Hildesheim. Gemälde von Pascha<br />

(Johann Friedrich) Weitsch (1713-1803). Bd I: Hildesheim und der Nordteil. Hildesheim:<br />

Gerstenberg (1977)' 71 S., 59 Abb. quer-8°<br />

141. Gosebruch, Mutin: Von der Verschiedenheit der Vorbilder in der sächsischen<br />

Kunst der Frühgotik. In: Niederdt. Beitrr. zur Kunstgesch. Bd 16. 1977. S. !)-16, 17 Abb.<br />

[Ver!. nennt aus Goslar: Rathausevangeliar u. die SefIranken d. Neuwerkskirche = Abb. I, " U U. IUS<br />

Wolfenbüuel, Herzog August BibI., Cod. Guelf. Helmst. 515 u. 5ZI = Abb. 13.J<br />

141. T h i eIe man n, Otto: Alsengemmen am Heininger Bernwardskreuz. In: Allgern. Harz­<br />

Berg-KaI. 1978. [1977.] S. 135-137, 1 Abb.<br />

143. L ö b e r t, Horst: Das verzierte Steinzeug aus Duingen, Kreis Alfeld. Studien zu<br />

seiner Entwicklung seit d. 16. Jahrhundert u. zu seinen Beziehungen zu d. deutschen<br />

Steinzeugzentren, insbes. zu d. rheinischen Herstellungsorten. In: Zs. d. Archäologie<br />

d. Mittelalters. Jg. 5. 1977- S. 7--95, 3 I Abb.<br />

[Die besefIriebenen Smerben u. Gefäße befinden sich u. I. auch in braunschw. Sammlungen, s. S. 46.]<br />

144. B r a nd es, F[riedrich]: Wo blieben die Steinkreuze? Sie standen einst in Wend essen<br />

[Wolfenbüttel], Räbke u. Schapen [<strong>Braunschweig</strong>]. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />

Jg. 191, Nr 153, Vom 19. Okt. 1977. Mit 3 Abb.<br />

Volkskunde, Sprachgeschichte, Namenkunde, Naturschutz<br />

145. G ri e p, Hans-Günther: Äten un Drinken im Harzerland. (Sonderdr. für d. Firma Die<br />

Blauen Quellen AG aus Anlaß d. loo-jähr. Jubiläums d. Harzer Grauhof-Brunnens<br />

Goslar 1977.) Goslar a. Harz: Thuhoff (1977)' 64 S., 91 Zeichn.<br />

146. T h i eIe man n, Otto: Eine Lanze für das Osterfeuer: Ignis Paschalis. In: Goslarer<br />

BergkaI. Jg. 360: 1978. [1977·] S. SI-53, I Abb.<br />

147. (D i e der ich s, UIf, u. Christa Hin z e :) Sagen aus Niedersachsen. Zwischen Harz,<br />

Heide u. Meer. (Gesammelt u. hrsg. Mit 108 Abb.) (Düsseldorf, Köln:) Diederichs<br />

(1977). 336 S.<br />

[5. 333-336: Ortsreg.; S. 336: Bekannte 5agengestalten.]<br />

148. "Sagen aus Niedersachsen. " [Ort a. Handlung: 4 x Wolfenbüttel, I x Schöppenstedt.]<br />

In: Niedersachsen. Jg. 77. 1977. S. 83-84, I Abb.<br />

149. Voll b r e c h t, Ursula: "Buko von Halberstadt. " (Altes Kinderlied aus d. Harz.) In:<br />

GoslarerBergkal. Jg. 360: 1978. [1977-] S·57-59·<br />

150. F 1 e e h s i g, Werner: Hauptmerkmale der ostfälischen Volkstracht und deren Verbreitung<br />

im 18.Jahrhundert. In: ßraunschw. Heimat. Jg.63' 1977. S.lI-IB, 55-61,<br />

71- 80, 4 Abb.<br />

151. W i s w e, Mechthild: Aus der Schmuckschatulle eines Uehrder Bauernhofes. In: Heimatbuch<br />

f. d. Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977-] S. u3-u6, 1 Abb.<br />

151. W i s w e, Mechthild: Vom Schmuck einer Bäuerin aus Waggum. [<strong>Braunschweig</strong>­<br />

Waggum.] In: Braunschw. KaI. 1978. [1977'] S. SI-51, I Abb.<br />

180<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

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1S3. K n 0 11, Lothar: Die Berürnsimtigung des Niederdeutsmen in den Lehrplänen und<br />

Rimtlinien seit 1900. In: Festsmrift für Gerhard Cordes zum 6S. Geburtstag. Bd 1.<br />

Neumünster 1976. S. 1l0-1l9.<br />

[Für d. UntersudlUng wurden lum Rimtlinien u. Lehrpläne für braunsmw. Smulen ausgewertet.)<br />

154. Sc h rad er, Wilhelm: Datt "Knei'sme" Platt. (Das Kniestedter Plattdeutsm.) Eine<br />

Zsstellung von Wörtern, Redensarten, Namen, Anekdoten u. Smnurren in niederdeutsmer<br />

Sprame, Kniestedter Mundart. Aus d. Erinnerung u. d. Spramgebraudt d.<br />

ehern. Dorfes Kniestedt, Krs. Goslar (ca. 550 Einwohner) von "cn oolen Knci'smen".<br />

Salzgitter: Verf. 1977.248 gez. BI. 4° [Masdt.Sdtr. vervielf.]<br />

155· Fr i c k e, Rudolf: Das Rotwelsch der Knomenhauer aus unserer engeren Heimat. In:<br />

Braunsdtw. KaI. 1978. [1977.] S. 55.<br />

IS6. Bis c hof f, Karl: Klint im Deutsdten (mit I Kt.) In: Fcstsmrift für Gerhard Cordes<br />

zum 65. Geburtstag. Bd 1. Neumünster 1976. S. 10-41.<br />

[In d. BeiegsammI. nVB Braunsmweig" S. 38-39.)<br />

IS7. 0 f f ne r, Herbert: Unsere Naturparke. Gepflegte Landsmaften u. Stätten d. Erholung.<br />

Bd I: Sdtleswig-Holstein, Hamburg, Niedersamsen, Nordrhein-Westfalen. Stuttgart:<br />

DRW-VerI. (1976.) 140 S. mit zahlr. Abb. quer-8°<br />

IS. 48-135: Die Narurparke in Niedersamsen. Darin u. a.: nNarurpark Harz - '10 Millionen Jahre alte.<br />

Gebirge". S. 68-77, 4 Abb., 1 KI.; nDer EIm - WiIheIm Raabes Mosteriorst". S. 114-n8, 1 Abb., 1 KI.)<br />

158. F Ü I I n er, Gustav: Der Gedanke Naturpark Elm-Lappwald. In: Heimatbum f. d.<br />

Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977.] s. S7-60.<br />

159. R öhr, I1einz: Naturpark Elm-Lappwald. In: Heimatbudt f. a. Landkr. WolfenbütteI.<br />

Jg. 14: 1978. [1977.] S.61-6z.<br />

Geschichte einzelner Orte<br />

Abbenrode s. Cremlingen.<br />

Astfeld s. Langelsheim.<br />

160. K ö n j g, Joseph: Olber a. w. Wege, Burgsitz der Herren von Cramm. (Baddedenstedt-Olber<br />

a. w. Wege.] In: Heimatbudt f. d. Landkr. WoIfenbütteI. Jg.24: 1978.<br />

[1977.] S. 119-111, 1 Abb.<br />

Bamstort s. U ehrde.<br />

Belenrode s. Königslutter.<br />

Berel s. Burgdorf.<br />

BerkUngen s. Vahlberg.<br />

Bömede s. aum Nr 30.<br />

161. Ha n sen, Einhard: Das Dorf Bömecke bei Blankenburg am Harz. In: Unser Harz.<br />

Jg. 2S· 1977· s. 33-34, I Abb.<br />

Braunlage s. aum Nr Il, 89,9°.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

161. Ku m me r, Karl: Zur Gesdtidtte der Braunlager Eisenhüttenwerke. Mit Taf. VIII.<br />

In: Harz-Zs. Jg. 19. 1977. s. 4S-91 mit 1 Abb.<br />

Braunsdlweig s. aum Nr 39, 51, 52, 67, 69, 70, 7S-78, 104, lOS, 113, Il6, 13 8, 144,<br />

152, 3 I 8, 33 4·<br />

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181


193. Me wes, Bernhard: Die Entwiddung der Literarischen Vereinigung <strong>Braunschweig</strong>.<br />

In: Imprimatur. N. F. 1976. S. 165-178,5 Abb.<br />

194 Sc h m i d t, Ewald: Kette des Großen Königs hat hohes Gewicht. (<strong>Braunschweig</strong>er<br />

Schützengesellschaft von IS4S e. V.) In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S. 3, I Abb.<br />

195. Li n dem a n n, Hans: Olper. Die Geschichte e. <strong>Braunschweig</strong>er Pfahldorfes. Mit e.<br />

geologischen Einführung von Günther K ü h 1 e. <strong>Braunschweig</strong>: Waisenhaus-Buchdr.<br />

u. Ver!. 1977. 299 S., 93 Abb. auf 9 Taf. u. S. 243-299.<br />

196. K la f f k e, Kaspar: Olper See - ein Traum wurde Wirklichkeit. In: Braunschw. KaI.<br />

1978. [1977.] S. 44-46, I Abb.<br />

197. Bor n s ted t, Wilhelm: Aus der Geschichte von Rautheim an der Wabe. Hrsg. vom<br />

Ortsrat d. Ortschaft Rautheim (<strong>Braunschweig</strong>). (Mit 2J Kt. u. Bildern.) (<strong>Braunschweig</strong>)<br />

1977. J08 S.<br />

198. Z i m m e r man n, Gottfried: Johann Georg Justus Ballenstedts "Geschichte des<br />

Klosters Riddagshausen". Eine Klostergeschichte im Lichte d. Aufklärung. In: Braunschw.<br />

Jb. Bd 58. 1977. S. 11 1-116.<br />

199. 0 er tel, Hermann: Der biblische Bilderzyklus in der Klosterkirche zu Riddagshausen<br />

(<strong>Braunschweig</strong>). In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. Jl9-I)2, 6 Abb.<br />

200. Gen s r ich, Theo: Die Vorfahren der Grimminger folgten dem Einladungsedikt<br />

(vom 29. April 1747) von Herzog Carl I. Pfälzer Aussiedler zogen nach Veltenhof<br />

[<strong>Braunschweig</strong>-Veltenhof] und wollten dort sogar Wein anbauen. In: Der Heimatspiegel.<br />

Beil. d. Peiner Allgern. Zeitung. Nr 124. 1977. S. 4-5, 3 Abb.<br />

Brunshausen s. Gandersheim<br />

201. B 0 c k, Ewald: Das Dorf Berel und sein Ries. [Burgdorf-Berel.) In: Heimatbuch f. d.<br />

Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978 [1977.[ S. 86-93, 6 Abb.<br />

Burghagen s. Wolfshagen.<br />

ClausthaI-Zellerfeld s. auch Nr 107.<br />

202. Ku t t er, UIi: Seltsame Weihnachten im Oberharz. (Bericht aus Zellerfeld 1774.) In:<br />

HeimatbI!. f.d. süd-west!. Harzrand. H. 33. 1977. S. 23-42.<br />

Clus s. Gandersheim.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

203. Landschafts- und Erholungsrahmenplan Gemeinde Cremlingen, Landkreis Wolfenbüttel,<br />

bearb. im Auftr. d. Gemeinde Cremlingen, 1976/77, Büro für Stadtplanung,<br />

<strong>Braunschweig</strong>, W[ilhelm] Sc h wer d t, Mitarb .... (Cremlingen [1977]. 38 gez.<br />

BI., 10 Abb., 9 Kt. 4°<br />

104. Eie h h 0 r n, Heinz: Kleine Chronik des Elmdorfes Abbenrode [Gemeinde Cremlingen]<br />

und seiner Bockwindmühle. Eine Information für Heimat- u. Wanderfreunde.<br />

Zeichn.: Ernst S t r a ß n e r u. Ernst-Dietrich Wo I f f. <strong>Braunschweig</strong>: Archiv-Ver!.<br />

1977. 20 S., 9 Abb.<br />

205. Eie h h 0 r n, Heinz: Bericht aus Abbenrode am Elm [Cremlingen-Abbenrode]. In:<br />

Niedersachsen. Jg. 77. 1977. S. 110, I Abb.<br />

206. Dettumer Mühle einst & jetzt. Wiedereröffnung am 24. Sept. 1977. (Dettum: Freundeskreis<br />

Dettumer Windmühle 1977-) 4 BI., 2 Abb. [Umschlagt.]<br />

207. K ö ni g, Joseph: Domus Sanctae Trinitatis in Dorstadt (Dorstadt). In: Monasticon<br />

Windeshemense.T. 2: Deutsches Sprachgebiet. Brüssel 1977. S.478-489, 5 Abb. (Archives<br />

et bibliotheques de Belgique. Nr spec. 16.)<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


'44-'45, .84-.85, 325-326, 365-366, 406-407, 450-451. - St. Konradkirche Oker im neuen Glanz. S .• 6. -<br />

Va II b e eh t, V[rsula]: Vom Fichtenzweig zur Pritsche. (Fastnachtsbriuche in Goslar.) S. 50, I Abb. -<br />

Da. Lob der Goslarschen Gose. S. 59-62. - Straßen im Oberharz .einst und jetzt". S. 66. - Aus einem<br />

olten Reiseführer ... (Griebens Reise-Bihliothek, Bd 60 .Der Harz" 18\)0.) S. 83, 1 Abb. - Neue ZUKunft<br />

für Kloster Grauhof. S. 86, I Abb. - B ehr, Oskar: Hahnenkleer Familiennamen vermitteln ein Bild<br />

ihrer Herkunft. S. 94. - H ahn e man n, Hans: Ein Goslarer begründete die deutscne F.rdölindustrie<br />

(Georg Hunaeus 180.-1882). S. 102-103. - Ha h n e mon n, H.: Goslarer Kulturpreisträger wurde vor<br />

100 Jahren geboren (Hugo Berthold Heinrich Duensing 1877-1961, Pastor an d. Marktkirche in Goslar<br />

1926-1948). S. 130. - Ihr hundertjähriges Bestehen kann sm I. Mai die bekannte Gaststätte ,. Waldhaus<br />

im Okertal" feiern. S.I54-155. - Erwas über Goslar. ersten Buchdrud


U5. Ha h n e man n. Hans: Dreifadtes Jubiläum der GosIarer Bergkanne (von 1477). In:<br />

Der Ansdtnitt. Jg. 19. 1977. S. 184-185. I Abb.<br />

u6. Ha h n e man n. Hans: Erste Druckerei in GosIar wurde 1604 eröffnet. In: Harzer<br />

Heimatland. Gesdtidttsbeil. zur Goslarsdten Zeitung. 1977. Nr 1. Vom I I. Juli.<br />

u7. HilI e b r an d. Werner: 375 Jahre Drud


236. Ku 1 k e, Heinz: Alte Homburger Geschichten. H. K. blätterte in alten Kirchenbüchern<br />

d. Fachwerkjuwels Homburg. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 88.<br />

Vom 16. April 1977. Mit 1 Abb.<br />

137. (S eng pie I, Fritz:) Volkstümliches Heimatmuseum Homburg mit den Abteilungen<br />

Stadt- u. Burggeschichte, Landwirtschaft, Fachwerkbau ... u. d. AußensteIle "Biedermeierhaus",<br />

im Burggraben 7. Museumsführer. (Homburg: Förderkreis Heimatmuseum<br />

Homburg 1977-) 18 S., 7 Abb. [Umschlagt.]<br />

138. Füll n er, Gustav: Homburg stellt seine Geschichte vor. (Heimatmuseum.) In: Heimatbuch<br />

f. d. Landkr. Wolfenbüttel. Jg. 14: 1978. [1977.] S. 105-110,6 Abb.<br />

Isingerode s. Schladen.<br />

Kissenbrthk s. Nr 19.<br />

Kniestedt s. Salzgitter.<br />

139. Das Moosholzmännchen, heimatkundliches Beiblatt des lutterschen Stadtbüttels. Nr<br />

123-119. (Königslutter am Elm) 1977. [Kopft.]<br />

[Darin u. I.: R öhr. H[einz]: Wie alt ist König,lutter? Nr 11). - R öhr. H.: Ursprung und<br />

Werdegang des Dorf .. Sdleppau. Nr 114. I Abb. - R öhr. H.: Der Dorm .1. Wandergebiet. Nr us.)<br />

140. Ge f f e r s, Heinrich: Beschreibung der Veränderungen in dem Landschaftsgebiet, das<br />

von den Waldungen und Feldmarken der Dörfer und Ortschaften Sunstedt, SchickeIsheim,<br />

Hagenhof, Süpplingen, Räbke und LeIm eingegrenzt wird, verbunden mit einer<br />

kurzgefaßten Entwicklungsbeschreibung der genannten Dörfer und Ortschaften, zsgest.<br />

nach amtl. Karten u. Unterlagen. LeIm 1977. 31 gez. BI., 3 Kt. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />

[OrfSt.ile von Königslutter, mit Ausnahme d. selbständigen Gemeinden Räbke u. Süpplingen.)<br />

141. R öhr, Heinz: Königslutter in der Nachkriegszeit 1945-1975. (Königslutter:) Stadt<br />

Königslutter am Elm 1977. 131 S., 16 Abb., 2 Planskizzen.<br />

241. R öhr, Heinz: Seltsamer Jagdfries am Dom zu Königslutter. In: Braunschw. KaI.<br />

1978. [1977-] S. 74-76, I Abb.<br />

143. Z i pp e I, Heinz: Das Moosholzmännchen - ein Mondmännchen? [In Königslutter,<br />

Stiftskirche.] Mit 5 Abb. In: Mitteilungsb!. f. Vor- u. Frühgesch. Jg. 28. 1977. S. 187-205.<br />

244. Z i P pe l, Heinz: Pro und Contra um den Jagdfries [in Königslutter, Stiftskirche].<br />

Mit 4 Abb. In: Mitteilungsbl. f. Vor- u. Frühgesch. Jg. 28. 1977- S. 207-111.<br />

145. S a I d a v s, Eva-Maria: Phasen und Formen des Strukturwandels von Beienrode bei<br />

Helmstedt: Gutsdorf - Bergwerksgemeinde - Pendlergemeinde. [Königslutter-Beienrode.]<br />

([Göttingenl 1977.) 68 gez. BI.. 15. 9 Abb. 4 0 Göttingen. Geogr. Hausarbeit d.<br />

wiss. Prüfung für d. Lehramt an Realschulen v. 19. April 1977.<br />

146. Ge f f e r 5, Heinrich: Schilderung der Grenzveränderungen in der Gemarkung Leim<br />

im äußeren und inneren Bereich im Ablauf der vergangenen fünf Jahrhunderte. Leim<br />

1977- 31 gez. BI., VIII Kt.Anl. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />

147. R öhr, Heinz: Torfgewinnung, Entwässerungsarbeiten und Naturschutzbestrebungen<br />

im Gebiet des Rieseberger Moores [Königslutter-RiesebergJ. In: Braunschw. Heimat.<br />

Jg. 63· 1977- 5.41-49, 1 Abb.<br />

Kreiensen s. auch Nr log.<br />

148. L e h man n, Albrecht: Das Leben in einem Arbeiterdorf [Greene, seit 1974 Orts teil<br />

von Kreiensen]. Eine empirische Untersuchung über d. Lebensverhältnisse von Arbeitern.<br />

Stuttgart: Enke 1976. X, 191 S. [Ersch. auch als Phi!. Diss. Göttingen 1975.] Göttin<br />

ger Abhandlungen zur Soziologie u. ihrer Grenzgebiete. Bd 13.)<br />

188<br />

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volle Neuerwerbungen des Städt. Museums. H. 3. S. 12, 14, I" 1 Abb. - Go S s 0 w, Klaus: Der Gaußstein<br />

im Salzgitter-Höhenzug. H.4. S. 3-5, 1 Abb. - Bemühungen um den "Gaeßenhof" (in Gitter). H.4.<br />

S. rs, I" 1 Abb. - Das alte Haus des Statius Hagemann. Das Lattemannshaus in Gebhardshagen. H.4.<br />

S. 18-19, Abb. auf S. I. - Neue Grabungen beim "lägerlager". H.9. S. 3, 18-'9. - Nodt ein lahr Sanierung:<br />

Außen Sdtloß. innen Museum (in Salder). H. 11. S.3-6. 1 Planskizzen. - Das Stadthild ent.meidend<br />

geprägt: 40 Jahre Salzgitter Wohnungs AG. H. 11. S. 14, 17, I Abb. - H u m bur g, H[ans) M[ax):<br />

Persönlidtkeiten der Heimat. Ludolf und Friedridt von Vnger. H. I. S. 21; Gerhard Gesemann, geb. 1888<br />

in Limtenberg. H.l. S. 21; Augusta Friedrichs, geh. 1861. H.3. S. 10; Heinrich August Christian Willmer,<br />

geb. 1841 in Lebenstedt. H. 4. S. 11; Bürgermeister Wilhelm Eberhardt, geS!. 11. j'ebr. 19'5. H.5. S.<br />

16; Prof. Dr. Heinrich Abren!, geh. IRoS in Salzgitter-Bad. H.6. S.11-1], J Abb.; Dr. Anton Raky, 1868<br />

bis 1943, H.7. S.21-13, 1 Abb.; August Siegfried von Goue, 174.-1789. H.8. S. '4-15, 1 Abb.; Ernst<br />

Gottlieb Ludley, 1847-1916. H.9. S. 11; Prof. Dr. Johannes Weigelt, 18go--1948. H. 10. S. ll; Dr. Ernst<br />

Fric:kc, geh. 1876 in Lobmachtersen. H. JI. S. 11; Nikolaus Deciu9, ISIsrlS11 im Augustiner-Chorfrauenstift<br />

zu Steterburg. H. 11. s. l(r-l,.)<br />

258. Sc h r e u er, Siegfried: Urkunden und alte Bücher berichten aus Salzgitters Vergangenheit.<br />

Vortr. am 9. Nov. 1977 in d. Kath. Familienbildungsstätte in Salzgitter-Lebenstedt.<br />

(Ergänzt durch Bücherliste u. Rcg. über Personen, Orte u. Sachen.) (Salzgitter<br />

1977-) 66 gez. BI., 1 Stadtplan. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />

259. Stadt Salzgitter, Informationen für Neubürger. (Salzgitter; Kissing: WEKA-VerI. 1977.)<br />

64 S., 14 Abb. quer-8° [Umschlagt.]<br />

260. Salzgittersee 1977. (Aufgestellt vom Tiefbauamt d. Stadt Salzgitter unter Mitw. von<br />

[KLaus] Spellier [u. a.l) (Salzgitter: Stadt Salzgitter 1977.) 4. 61 gez. BI. 4° [Masch.­<br />

Schr. vervielf.)<br />

z61. (War m e r s [, Erich) u. [Kad] Aus t;) Die ·ev·angelisch-luthcrische Altstadtkirche<br />

St. Mariae-Jakobi zu Salzgitter-Bad 1977. Geschichte, Kunstwerke, Bedeutung. (Fotos:<br />

Klaus GI u f k e.) (Salzgitter-Bad: Kirchenvorstand d. ev.-Iuth. Kirchengemeinde St.<br />

Mariae-Jakobi 1977.) 8 BI., 14 Abb.<br />

262. u5 Jahre Ortsfeuerwehr Gebhardshagen 18p-1977. Stadtfeuerwehrtag Salzgitter<br />

10.-12. Juni 1977. (Gestaltung: Heinz G r 0 b e.) (Salzgitter: Freiwillige Feuerwehr<br />

Gebhardshagen 1977.) 68 S., 13 Abb. [Umschlagt.]<br />

[Darin u. I.: Die Fuhrer der Ortsfeuerwehr Gebhardshagen. S. 15. - Die k e, Karl: Kommunalpolirik<br />

IUS früheren Zeiten. Aus d. Protokollen d. fruheren Gemeinderats Gebhardshagen. S. 19-'5. - Das<br />

Spritzenhaus von 1875. Aus d. Chronik. S.18. - Die k e, K: Besenbinder von einst. S. '9-31. -<br />

St. Gabriel und die Freiwillige Feuerwehr. S. 33-37. - Gebhardshagen und seine St. Nikolai-Kirdte. S.<br />

37-43. - Einsätze der Feuerwehr Gebhardshagen ab '911 bis jetzt. 5.45-47. - Feuerwehr Gebhardshagen.<br />

Aus d. Chronik. S. 47-63.]<br />

Sdlapen s. <strong>Braunschweig</strong>.<br />

Sdleppau 6. Königslutter.<br />

SdJ.itkelshelm s. Königslutter.<br />

263. Reinecke, Adolf: Fast viertausend Jahre sind die Hügelgräber alt. (23 Hügelgräber<br />

im Sudholz bei SdJ.iaden.) In: elus u. Dolmen. Jg.4 = H.I2. 1977. S. 17-18.<br />

264. Re i n eck e, Adolf: Schladen in alten Ansichten. ZaltbommellNiederlande: Europäische<br />

<strong>Bibliothek</strong> 1977.39 BI., 78 Abb. quer-8°<br />

z6S. Schladen. Bericht über d. Ergebnis d. vorbereitenden Untersuchungen. Im Auftr. d.<br />

Gemeinde Schladen, Landkreis Wolfenbüttel, Verw.-Bez. <strong>Braunschweig</strong>. (Durchführung:<br />

NILEG Niedersächs. Landesentwiddungsgesellschaft mbH. [Bearb.:] Brigitte Bösman<br />

n tu. a.l) [Hannover:] NILEG (1977). 48 gez. BI. mit zahlr. Kt. u. Abb. 4°<br />

266. Kaplane in Schladen (18°5-1917). In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg.191,<br />

Nr 83. Vom 9. April 1977.<br />

267. B r a n des, F[riedrich]: Isingeroder Schwedenschanze. [Schladen-Isingerode.] In: Wolfenbütteler<br />

Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 163. Vom 16. Juni 1977. Mit 2 Abb.<br />

Sdlöningen s. auch Nr 26, z9, 30.<br />

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168. Unsere Heimat. Mitteilungsbl. d. Heimatvereins Schöningen u. Umgebung. (Schrifti.:<br />

Karl R 0 se.) Jg. 16. (Schöningen) 1977- 88 S. [Kopft.]<br />

[Darin u. a.: R 0 se, K.: 15 Jahre ",Unsere Heimat.., S. I. - R 0 5 e, K.: Schöninger Bier, Brauereien,<br />

Niederlagen und Gaststätten einst und jetzt. (Fons.) S. 1-4. '7-%3. JJ-36. - R 0 se. Wolfgang: Nomadisierender<br />

Schäfer 1913 in Schöningen. S. S. - R 0 se, W.: "Tip-Gemeinsmaften" sdlon vor 70 Jahren<br />

(Louerie·Vereine). S. 7. - R o. e. K. u. W.: Bewohner des sogen. Bürgermeisterhauses Am Wallganen<br />

Nr 37 (fr. Gartenstr. Nr 37) von '9'S bis Gegenwart. S. %5-%7. - R 0 se. W.: Verschollener Urkunden-Text<br />

aufgefunden. Bei Grundsteinlegong d. Stadtrand,iedlung '9JJ Urkunde eingemauert. S. %8-30. -<br />

R 0 se, W.: Feuersbrünste und Milde Stiftungen im 16. Jahrhundert. S. 37-)8. - R 0 se. K.: sO Jahre<br />

Textil-, Handarbeits- und WoUwarengeschäft !";iedemstraße Nr %. S. 39-43. - R 0 • e, W.: Das letzte<br />

Schöninger Armenhaus. S. 43-46. - R o. e. W.: So Jahre Heimatverein Schöningen. S. 49"64. -<br />

R 0 se, W.: so Jahre Hcimattnuscum. S. 64-71. - R 0 se, W.: 15 Jahre "Unsere Heimat",<br />

S. 7'-']%. R o. e. K.: Die letzten Schüler des ehemaligen "Anna Sophianeum." in Schöningen.<br />

S. 73-,]4. - R o. e, W.: Vor 311 Jahren der Große Stadtbrand. 4fs der Gebäude abgebrannt.<br />

Brand,tiftungsverdächtige flohen. S. 75-']6. - Naduichten über Schöninger. die .811 an dem<br />

Zuge nach Rußland teilnahmen und nicht heimkehrten. S. 76-78. - R 0 se, W.: "Bürgerinitiative" in<br />

Schoningen bereits vor 111 Jahren. S. 79-80. - Ein Blick in ein 70 Jahre altes Poesie·Album. S. 80-8 •. ]<br />

169. R 0 se. Karl: Erinnerungen an den ehemaligen nKanzlerhof" in Schöningen. In: Braunschw.<br />

KaI. 1978. [1977.] S. 56-57. I Abb.<br />

170. [F r eis t, Wemer:] Heimat-Museum Schöningen. (Schöningen [1977].) 10 BI., 14<br />

Abb. [Umschlagt.]<br />

Sdlöppenstedt s. auch Nr 30, 119, 148.<br />

171. T ho n, Lydia u. Ekkehard: Schöppenstedt in alten Ansichten. ZaltbommeL'Niederlande:<br />

Europäische <strong>Bibliothek</strong> 1977. 39 DI., 78 Abb. quer-8°<br />

171. T h 0 [n, Ekkehard]: Schöppenstedt, ein Ausflugsort am Elm. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />

Heimatseite. Jg. 191, Nr 11. Vom 15. Jan. 1977.<br />

173. T ho n, Ekkehard: Die Kirche St. Stephanus zu Schöppenstedt. In: Wolfenbütteier<br />

Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 153. Vom 19. Okt. 1977. Mit 3 Abb.<br />

Seesen s. Nr 67, 187.<br />

174. 100 Jahre Fr. Strube, Saatzucht, 1877-1977 (in Sölllngen). (SölIingen 1977.) 47 S. mit<br />

zahlr. Abb. [Umschlagt.]<br />

Sfippllngen s. Nr 140.<br />

Sunstedt s. Königslutter.<br />

Thedinghausen s. auch Nr 66.<br />

175. Bor n s ted t, W1lhelm: Der Erbhof in Thedinghausen. In: HeimatkaI. f. d. Landkr.<br />

Verden. [1I:] 1978. [1977.] S.90-


280. 50 Jahre Verein für deutsche Schäferhunde S. V., Ortsgruppe Vienenburg e. V. Landesgruppen-Ausscheidungsprüfung<br />

27.+ 28. Aug. 1977. (Vienenburg 1977.) 20 BI., I Abb.<br />

[Umschlagt.]<br />

(Darin u... R. u t • r, Ernst: V.rein für dcutsdt. Sdtäferhund. (SV), Ortsgruppe Vienenburg e. V.<br />

Chronik. BI. 5-'1.]<br />

Waggum s. <strong>Braunschweig</strong>.<br />

Walkenried s. auch Nr 214.<br />

281. Sie g m und, Johannes Jürgen: Zisterzienserstift Walkenried. Mit e. Beitrag von<br />

Maximilian Oskar Ra m 5 g a t t e r. Walkenried: Verein für Heimatgeschichte Walkenried<br />

u. Umgebung e. V. 1977.48 S., 23 Abb.<br />

281. (R[ ein bot hl, W[alther]:) Walkem'ieder Zeittafel. (Walkenried: Verein für Heimatgeschichte<br />

Walkenried u. Umgebung e. V. 1977.) 7 BI., 4 Abb. [Umschlagt.]<br />

283. Heu t ger, Nicolaus [Carl]: 850 Jahre Kloster Walken ried. Mit Beitr. von Gerhard<br />

He i n t z e Cu. a.] Hildesheim: Lax 1977. XII, 163 S., 37 Taf. mit 73 Abb.<br />

284. Heu t ger, Nicolaus ([Carl]: 850 Jahre Kloster Walkenried. In: Heimatbll. f. d. südwestl.lIarzrancl.<br />

H. 33. 1977. S. 1-10, 5 Taf.<br />

185. Heutger, Nicolaus C[arl]: 850 Jahre Kloster Walkenried. Zusammenfassung seiner<br />

Geschichte. In: Unser Harz. Jg.25. 1977. S. 143-144 mit I Abb. u. Abb. auf cl. Heft­<br />

Titelbl.<br />

286. Pa t z e, Hans: Zur Rechtsgeschichte des Klosters Walkenried. In: BII. f. dt. Landesgesch.<br />

Jg. I u. 1976. S. 58-86.<br />

187. Hel bi g, Kar!: Geschichte der Walken ried er Klosterhöfe in Nordhausen, Göttingen,<br />

Goslar, Osterwieck, Münchehof. (Herzberg/Harz 1977: Jungfer.) 8 BI., I Abb.<br />

288. Bö t t ehe r, August: Vom Bau, Glanz und Verfall der Walkenrieder Klosterkirche.<br />

In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1978. [1977.] S. 104-107, I Abb.<br />

289. M art in i, Gottfried: Sicherung und Ausbau des überkommenen Baubestandes des<br />

ehemaligen Zisterzienserklosters Walkenried. In: Heimatbll. f. d. süd-west!. Harzrand.<br />

H. 33. 1977. S. 11-13, I Grundriß.<br />

290. 150 Jahre JunggeseIlschaft Meerdorf, 1826-1976. 10JII./U. Sept. 1976 ([Wendeburg­<br />

Meerdorf] 1976.) 30 S., 4 Abb. [Umschlagt.; Masch.Schr. vervieIf.]<br />

[Darin u .•. : Otronik. S. 13. 15-17. 19. 11. ').1<br />

Wendessen s. Wolfenbüttel.<br />

Weda s. Nr 34. 35.<br />

291. Meyer, B[ernd]-U[we]: Winnigstedts Einwohner vor 500 Jahren. In: Wolfenbütteler<br />

Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 6. Vom 6. Jan. 1977.<br />

Witlmar 5. auch Nr 33.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

292. Das Gräberfeld bei Wittmar. In: Clus u. Dolmen. Jg.4 = H. 13. 1977. S. 20-23,2 Abb.<br />

Wolfenbütlel s. auch Nr 13,18-20, ll, 48.113.141,144,148,328,349,375.<br />

293. WoIfenbütteI. [Infonnationsbroschüre.] (Wolfenbüttel; Kissing: WEKA-Ver!. 1977.)<br />

64 S. quer-8° [Umschlagt.]<br />

294. K ö n i g, Joseph: Historischer Arbeitskreis zur Erforschung Wolfenbüttels. In: Informationen<br />

zur modernen Stadtgeschichte. 1977, H. 2. S. 30-31.<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

295. Raa h e, Paul: Lessingstadt? Fragen, Wege, Hoffnungen. In: Heimatbum f. d. Landkr.<br />

Wolfenhüttel. Jg. 14: 197B. [1977·] S. 31-39,4 Abh.<br />

296. Wolfenbüttel, Altstadt-Sanierung. Berimt über d. Ergebnis d. vorbereitenden Untersuchungen.<br />

Im Auftr. d. Stadt Wolfenbüttel, Verw.-Bez. <strong>Braunschweig</strong>. (Durchführung:<br />

NILEG Niedersäms. LandesentwiddungsgeseIIschaft mbH., Hauptabt. Städtebau. Bearh.:<br />

Dieter-J. Me h I h 0 r n Cu. a.]) (Hannover:) NILEG (1977). 103 S. mit zahlr. Kt. u.<br />

Abb·4°<br />

297. G run 0 w, Heinz, u. Wolfgang Wes sei: Wolfenbüttel, ein Bildband, fotogr. von<br />

Wolfgang La n g e, Zeichn. von E[Iisabeth] R ö g n e r - See c k. (Wolfenhüttel:<br />

Rod!: 1977.) 135 S., 139 Abb.<br />

29B. Pa eck e I man n, Kurt: Hinter der Harzstraße gab es einst eine Synagoge, der Hofbankier<br />

Samson Gumpel gründete sie 17B6. (Wolfenbüttel, Harzstr. H.) In: WoIfenbütteler<br />

Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 205. Vom 3. Sept. 1977. Mit 4 Abb.<br />

299. W i s w e, MechthiId: Wolfenbüttels Smloßplatz in alten Ansimten. In: Niedersamsen.<br />

Jg.77. 1977· S. BI-Bl, 4 Abb.<br />

300. Kulke, Heinz: Wolfenbüttel im Jahre des Herrn 1677. Was d. Kirmenbümer über<br />

Mensmen u. Smicksale jener Zeit berimten. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />

Jg. 191, Nr 30. 36. 41. Vom So. H., 19. Febr. 1977. Mit 3 Abb.<br />

301. Ku I k e, Heinz: Wolfenbütteier Weihnamt Anno 1877. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />

Heimatseite. Jg. 191, Nr 282. 28B. 294. 300. Vom 3., 10., 17.,24. Dez. 1977.<br />

301. Füllner, Gustav: Was alte Wolfenbütteler erzählen. In: Heimathum f. d. Landkr.<br />

Wolfenbüttel. Jg. 24: 1978. [1977·] S. 149-151.<br />

303. Internationale Woche, Altstadtfest '77, 5.-14. August 1977, Wolfenhüttel. Programm.<br />

(Wolfenbüttel: Stadt Wolfenbüttel 1977.) 48 S. quer-BO<br />

304. L ö 1 0 f f, Wilhelm: Die Ehrenbürger der Stadt Wolfenbüttel. In: Wolfenbütteler Zeitung.<br />

Heimatseite. Jg. 191, Nr 24. Vom 29. Jan. 1977. Mit 3 Abb.<br />

305. Herzog August <strong>Bibliothek</strong> [in Wolfenbüttel]. In: Niedersamsen. Jg.77. 1977. S. 85-86,<br />

2 Ahh.<br />

306. Mi I d c, Wolfgang: Neuentdeckte Widmungsexemplare von Gleim und Lipsius [in<br />

der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> Wolfenhüttel, Widmungen an braunsmw. Persönlimkeiten].<br />

In: Wolfenhütteler Notizen zur Bumgesmimte. Jg. 2. 1977. S. 88-89.<br />

307. Aus s tell u n g s kat a log e der Herzog August <strong>Bibliothek</strong>. Nr 19-22. Wolfenhüttel:<br />

Herzog August BibI. (1977.) 4°<br />

['9. Sc h m i d t - Bi g g e m I n n. Wilhelm: Blrum de Spinoza ,677-1977. "s S., 8] Abb. - 20.<br />

L In g, Arond, unter Mitarb. von U1rike Geh I er t u. Yord< Alexander H I I se: Du Kartenbild<br />

der Renaissance. 98 S., 54 Abb. - 21. Ob Baron Knigge lum wirklim rodt ist? Eine Ausstellung zum<br />

"s. Geburtstag des Adolph Freiherrn Knigge. Bearb. von Ernst-Otto Feh n [n. I.] Vorw.: Paul R I I b e.<br />

'4' S .• 5' Ahb. - ... Li n d n er. Kurt. unter Mitarb. von Helmar H ir tel: Bibliotheci Tilianl.<br />

Alte JIgdbümer IUS IUer Welt. 60 S .• 48 Abb.]<br />

30B. Ga w I i c k, Günter: Barum de Spinoza 1631-1677. Vortr. anläßI. d. Eröffnung d.<br />

Gedenkausstellung d. Herzog August-BibI. Wolfenbüttel am 21. Fehr. 1977. Bremen,<br />

Wolfenbüttel: Jacohi (1977). 29 S. (Wolfenbütteler Hefte. 4.)<br />

309. So Jahre Gesundheitszentrum der AOK WoIfenbütteI. (1927-1977.) Ihre Gesundheit<br />

unser Anliegen. (Wolfenbüttel 1977-) 2 BI. [Masm.Smr. vervielf.]<br />

,<br />

31o. Wolf f, Heinz: Karstadt in WoIfenbütteI. Wie die Armitektur entwickelt wurde.<br />

In: Niedersamsen. Jg. 77.1977. S. 87-89. 4 Abb.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

193


311. Ku I k e, Heinz: Wenn in Haldlter [Wolfenbüttel-Halchterl die Hochzeitsglocken<br />

läuteten. Eine heimatkundliche Erzählung (nach d. Traubuch Halchter 1602-1631). In:<br />

Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 151. Vom 1. Juli 1977. Mit 2 Abb.<br />

3 I 2. Ku I k e, Heinz: Eine besinnliche Frühlingsgeschichte. Eine Erzählung um d. alte Groß<br />

Stöckheim, heute Wolfenbütteler Stadtteil. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />

Jg. 191, Nr 1U. II7. Vom 14. u. 21. Mai 1977. Mit 3 Abb.<br />

313. Re u t her, Hans: Das Treppenhaus im Lustschloss Salzdahlum [Wolfenbüttel-Salzdahlum].<br />

Ein Beitrag zur Genese barocker Stiegenanlagen. In: Niederdt. Beitrr. zur<br />

Kunstgesch. Bd 16. 1977. S. 53-68, Il Abb.<br />

314. W i I ger 0 t h, August: Burghagen bei Wolfshagen im Harz. In: Braunschw. Heimat.<br />

Jg. 63· 1977· S. 41-42, 1 Kr.<br />

315. Pa es, RudoIf: "Bökers Hof" ist als Familienbesitz bis zum 30jährigen Krieg nachweisbar.<br />

Einer d. neun Woltorier Halbspännerhöfe. ,,700 Thaler Brautschatzgeld. " In: Der<br />

Heimatspiegel. Beil. d. Peiner AlIgem. Zeitung. Nr u5. 1977. S. 7-8, 1 Abb.<br />

f.Brandkataster '779: Nr 4 braunsdlw., beute Kirdlstr. 97.1<br />

316. Pa es, RudoIf: Der heurige "Matthies-Hof am Witschenberge" (in Woltorf). Seit<br />

mehr als 330 Jahren im Familienbesitz nachweislich. Grove-Linie bis 1814. In: Der<br />

Heimatspiegel. Beil. d. Pein er Allgern. Zeitung. Nr 133. 1977. S. 10-11, 1 Abb.<br />

f.Brandkataster 1779: Nr 9 braunsdlw., heute Breite Straße 66.]<br />

317. Pa es, RudoIf: "Meer-Groben"-Hof. Vermutlich einer der Woltorfer Ursprungshöfe.<br />

Handdienste bei Herrschaftsbauten in <strong>Braunschweig</strong>. In: Der Heimatspiegel. Beil. d.<br />

Peiner AIIgem. Zeitung. Nr 134. 1977. S. 2-3, 1 Abb.<br />

f.Brandkataster '779: Nr 20 braunsdlw., heute Am Kahlenteidl 30 oder Breite Straße 6 •. ]<br />

ZeUerield s. Clausthal-Zellerfeld.<br />

Bevölkerungs- und Personengeschichte<br />

s. auch Nr 209, 304.<br />

318. Fr ü h, Gustav, Hans G 0 e d e k e u. Hans Jürgen v. W i lek e n s: Die Leichenpredigten<br />

des Stadtarchivs <strong>Braunschweig</strong>. Bd I: Aarends - v. EinsiedeI. Hannover 1976.<br />

XV, 648 S. (Nds. Landesverein f. Familienkde e. V., Hannover. Sonderveröffentlichung.<br />

14.)<br />

319. G r i m m, Claus: Zur Geschichte der Glasmacher in Est- und Nordlivland. In: Genealogie.<br />

Bd 13 = Jg. 16.1977. S. 4°3-425.<br />

["Die zahlenmäßig weitaus stärkste Einwanderung von Glasmadlem erfolgte seit d. Jahre '79' bis in d.<br />

Mitte d. 19. Jh. aus BraunschwciR u. Hannover ... " bes. aus Grünenplan; S. 411-414; Vcrl:cidmis d. Glasmadlemamen·1<br />

320. S chi 0 t t er, Hans: Bismarcks Ahnen: <strong>Braunschweig</strong>er und Hildesheimer Goldschmiede.<br />

In: Zs. f. niederdt. Familienkde. Jg. p. 1977. S. 43-47.<br />

321. Bau m gar t, Peter: Die soziale und wirtschaftlime Stellung der Helmstedter Universitätsprofessoren<br />

am Ausgang des 16. Jahrhunderts. In: Historische Studien zu Politik,<br />

Verfassung und Gesellschaft. Bem, FrankfurtlM & München 1976. S. 52-69.<br />

[Vgl. Bibliogr. '975, Nr 115·]<br />

Ahrens, Heinrich s. Nr 257.<br />

Jl2. G ri e p, Hans-Günther, Hans U 11 r ich, Gerhard W a gen i tz: Johann Christian<br />

Peter Arckenhausen 1784-1855. Goslar: Museumsverein 1977. Jl S. mit 3 Textabb.,<br />

8 Taf. 4° (Goslarer Künstler u. Kunsthandwerker. Bd 1.)<br />

194<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


Aster, Ernst Ludwig von s. Nr Z14.<br />

Ballenstedt, Johann Georg Justus s. Nr 198.<br />

3z3. Co r e 11, Christian: Karl Barthel - in seiner Heimatstadt heute unbekannt und vergessen.<br />

In: Braunschw. KaI. 1978. [1977.] S.53-54.<br />

Baum, Friedrich s. Nr 60.<br />

3%4. G r ö s sei, Hans: Flötenspiel von Nockenwalzen. Jacques Vaucanson, ein Mechanikus<br />

des 18. Jahrhunderts. In: Süddeutsche Zeitung. Feuilleton-Beilage. Nr93. Samstag/<br />

Sonntag, Z3.!z4. April 1977. Mit 3 Abb.<br />

[Darin u .•. die .künstliche Ente", 1785-1809 im Besitz von Prof. Gottfried Olristoph Belrels in Helmotedl;<br />

vgl. Bibliosr. 1966, Nr 305.)<br />

Bender, Johannes s. Nr Z14.<br />

325. Sc h u I z, Werner: Professor Dr. Hennann Blank, ein vielseitiger <strong>Braunschweig</strong>er<br />

Wissenschaftler. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 =<br />

H. 78. 1977. S. 1-6, 1 Abb.<br />

Bote, Hennann s. Nr uo.<br />

316. Forche, Wolfram: Zum Tode von Otto Bothe - Salzgitter. (Wolfenbüttel 16. u.<br />

1903-18.6. 1976 Nordstemmen.) In: Braunschw. Heimat. Jg. 63. 1977. S. 19.<br />

317. G run d t geb. Brückmann, Irmgard: Die Ahnen meiner Eltern Werner Brilckmann,<br />

I 875r1964, 00 lIse Zur Mengede 1886-1975. Wolfenbüttel (1977)' SI gez. BI., 1 Ahnentaf.<br />

4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />

3%8. 18. Familientag der "Nachkommen des Johann Jacob Brückmann" in Wolfenbüttel am<br />

5./6. Juni 1976. Bericht. ([Hrsg.:] Inngard G run d t geb. Brückmann.) (Wolfenbüttel<br />

1976.) 3 I gez. BI. 4° [Umschlagt.; Masch.Schr. vervielf.]<br />

Bugenhagen, Johannes s. Nr 77.<br />

Burchtorff, Anton Ulrich von s. Nr zQ9.<br />

319. Be h r, Hildegard: Cornelius van den Busdl aus Holland, ein Wolfenbütteler Festungskommandant.<br />

(Utrecht zoo Z. 1616 - 8.6.1657 Wolfenbüttel.) In: Norddt. Familienkde.<br />

Bd Jl = Jg.16. 1977. S. H-38. - Auch in: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />

Jg. 191, Nr 139. Vom 18. Juni 1977·<br />

HO. Genealogisches Handbuch der adeligen Häuser. Hauptbearb.: Walter V. H u eck. B,<br />

Bd U. Limburg a. d. Lahn: Starke 1977· XLIV, 534 S. mit Abb. {GeneaI. Handbuch d.<br />

Adels. Bd 64.)<br />

[Darin U ••. : Pet. r s d 0 r f f - C am p e n, Eckhard v., Hennins v. R. d • n: Camoen. S. 54-59. -<br />

Löbbeck •• S. '59-179, 1 Wappenabb., 3 Taf. mit 5 Abb. - Sc h w • r in v. Kr 0 • i g k, D.do Graf:<br />

WestphIlIen. S. 489-491.)<br />

Chlaramella di Gandino, Francesco s. Nr 48.<br />

Cramm, Familie von S. Nr 160.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

33 I. D in g e d a h I, Carl Heinz: Die Familie Curlo in Ottemdorf und Hamburg. In: Zs.<br />

f. niederdt. Familienkde. Jg. p. 1977. S. 1°3-110.<br />

[Johonn Carl Danie! Curio, • Helmstedt 3. 11. 1754. in <strong>Braunschweig</strong>, ebenso sein. Kinder u. Enkel.]<br />

33 Z. D i n g e d a h I , Carl Heinz: J ohann Carl Daniel Curio, Lehrer, Schriftsteller und<br />

Redakteur. In: Hamburgische Geschichts- u. Heimatbll. Bd 10. 1977. S. 1-17.<br />

333; Mo 11 e n hau er, Heinz: Paul Dähling - geboren 14. Juni 1891, gestorben ll. August<br />

1977. Neu bel t, Wolfgang: Paul Dähling lebt nicht mehr. In: Freundeskreis<br />

d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg. Z7 = H. 79. 1977. S. 1 U. 4, 1 Abb.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />

195


343. K ö h I er, Werner: Dem Fürsten der Mathematiker. Zum 200. Geburtstag von Carl<br />

Friedrim Gauß am 30. April. In: Der Heimatspiegel. Beil. d. Pein er Allgern. Zeitung.<br />

Nr 127. 1977. S. 2-4, 2 Abb.<br />

344. K ü s s n er, Martha: Die Frauen um Carl Friedrim Gauß. (Mit Namtr. von Horst<br />

Mi chI in g.) In: Göttinger Monatsblätter. Ständige Beil. im "Göttinger Tageblatt".<br />

Jg.4. 1977 = Ausg. 37. S. 2-3, 3 Abb.; Ausg. 38, S. 6-7. 3 Abb.<br />

345. Mi chI i n g, Horst: C. F. Gauß und seine Namkommen. In: Göttinger Monatsblätter.<br />

Ständige Beil. im "Göttinger Tageblatt". Jg.4. 1977 = Ausg.42. S.4-5, 4 Abb.; Ausg.<br />

43. S. lI, 3 Abb.<br />

346. Pes tel, Eduard: Mensdlheit vor neuen Imperativen. Festvortrag anläßI. d. Carl­<br />

Friedrim-Gauß-Gedenkfeier d. Braunsmw. Wiss. Ges. am 30. 4. 1976. In: Abhandlungen<br />

d. Braunsmw. Wiss. Ges. Bd 26: 1976. (1977.) S. 107-117.<br />

347. Reich, Karin: Carl Friedrim Gauß 1 777/x977. Münmen: Moos (1977). 128S., 112<br />

Abb. im Text u. auf 5 Taf.<br />

348. W ein b erg er, Joseph, unter Mitw. von Werner K ö h I er: Carl Friedrim Gauß<br />

1777-1855 und seine Namkommen. In: Armiv f. Sippenforsm. u. alle verwandten Gebiete.<br />

Jg. 43 = H. 66. 1977- S. 73-98, 37 Abb.<br />

Gerstäcker, Friedrim s. Nr 133.<br />

Gesemann, Gerhard s. Nr 257.<br />

349. (G ö r i g, Heinz:) (Chronik der Familie Görig.) 1: Hornburg und Wolfenbüttel.<br />

Fürstlime Leib-Musketiere und Zolleinnehmer. (Bonn: Verf. 1977.) 11, 30, 12 S., 15<br />

Abb., 6 Kt. 4° [Masm.Smr. vervielf.J<br />

[Darin 11 S., 6 Abb., 3 Kt.: Der Zoll vor dem Herzogtor


Hunaeus, Georg s. Nr 114.<br />

John, Johann Jakob s. Nr 137.<br />

354. R i eck e n be r g. Hans Jürgen: Franz KaIe, Bürgermeister von <strong>Braunschweig</strong>. In:<br />

Neue dt. Biogr. Bd I I. 1977. S. 54-55.<br />

355. R (0 sen). E(dgar) R[obert]: Prof. Dr. phil. Norhert Kamp. Eine biographische<br />

Skizze. In: Mitteilungen d. TU Carolo-Wilhelmina zu Braunschw. Jg. H, H. Ih 1977.<br />

S. 15-16, I Abb.<br />

356. V 0 gel san g, Thilo: Wilhe1m KelteI, Generalfeldmarschall. In: Neue dt. Biogr.<br />

Bd 11.1977. S. 4Il-413.<br />

357. K ö n i g, Joseph: Hermann Kleinau t. 14. Juli 1901-18. Januar 1978. In: Braunschw.<br />

Jb. Bd 58. 1977. S. 139-14°.<br />

Knigge, Adolph Frh. s. Nr 307.<br />

Koch, Rudolf s. auch Nr 181.<br />

358. Lu f f t, Peter: Rudolf Koch. ein Maler aus <strong>Braunschweig</strong>. Zu seinem fünfundsiebzigsten<br />

Geburtstag (. 12. Aug. 1901). In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,<br />

e. V. Jg. 17 = H. 79. 1977. S. 9-1 I, I Abb.<br />

König verm. Lessing. Eva s. Nr 130.<br />

Kopmann, Johann s. Nr 78.<br />

359. Lu f f t, Peter: Friedrich Wilhelm Kraemer: Nicht nur Star-Architekt (. 11. Mai<br />

1907.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, <strong>Braunschweig</strong>,e. V. Jg. 17 = H.79. 1977.<br />

S.18.<br />

Kroll von Freyen, Johann Anton s. Nr 110.<br />

Krügener, Familie s. Nr 101.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

360. Bau m g·a r t e n. Wilhelm: Der Aufstieg der Familie von Lafferde in <strong>Braunschweig</strong><br />

zu erheblichem Einfluß. Wemer von Lafferde schuf die entscheidenden wirtschaftlichen<br />

Voraussetzungen. In: Der Heimatspiegel. Beil. d. Peiner Allgern. Zeitung. Nr<br />

H9. 1977. S. 2-3. I Abb.<br />

361. E ver s. Wilhe1m: Oberjägermeister Johann Georg von Langen (1699-1776). Ein<br />

deutscher Forstmann u. Organisator von europäischem Rang. In: Niedersachsen. Jg.77.<br />

1977. S. 73-74. I Abb.<br />

361. Ha h ne man n, Hans: Wilhelm de La Tour, der letzte Propst von Riechenberg (Goslar).<br />

In: Braunschw. Jb. Bd 58. 1977. S. 133-137, I Abb. - Mit leicht gekürztem Text,<br />

ohne Anm. u. Literaturverzeichnis u. d. T. "Der letzte Propst von Riechenberg" in:<br />

GoslarerBergkaI. Jg. 360: 1978. [1977·] S. 43-46.1 Abb.<br />

363. Ho p f gar t e n, Gerhard: Vom einst ältesten Bürger des Landes <strong>Braunschweig</strong>. Harzluft<br />

ließ ihn I I I Jahre alt werden. (Christian lehrnann, • Holzdorf b. Merseburg<br />

18. Okt. 1718 t Seesen 22. Nov. 1819.) In: Unser Harz. Jg. 25. 1977. S. 174-175-. I Abb.<br />

Leibniz, Gottfried Wilhelm s. Nr 53. IH.<br />

364. Sc h lösse r, H[ans]-J[örg]: Henri Leonbardt t. (26. Aug. 1900 - <strong>Braunschweig</strong> -<br />

H. Okt. 1976.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses. <strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.17 =<br />

H. 77. 1977. S. 1, I Abb.<br />

Lessing, Gotthold Ephrairn s. Nr Il8-132, 295. 375.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


Löbbecke, Familie von s. Nr 330.<br />

365. Z im m e r man n, Gottfried: Der vermißte Abt ist wieder da. Bildnis des Johann<br />

lorber lehnte an der Klosterpforte. Er war der Reformator des Klosters Riddagshausen.<br />

In: Braunsdtweiger Evangelisdte Zeitung. Nr 17. Vom 14. April 1977. Mit<br />

1 Abb.<br />

ludIey, Ernst Gottlieb s. Nr 2.57.<br />

366. Peter lufft 65 Jahre. (. 31. Dez. 19II Braunsdtweig.) In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses,<br />

Braunsdtweig, e. V. Jg. 17 = H. 77.1977. S. 5-6,1 Abb.<br />

367. K 0 h I, Rolf Dieter: Der älteste Druck der Quonik der Grafen von der Mark des<br />

Levold von Northof und sein Herausgeber Heinridt Meibom d. Ä. In: Der Märker.<br />

Jg. 2.6. 1977. S. 13-16, 2. Abb. u. Abb. auf d. HeftumsdtI.<br />

368. Mltgau, Hermann: Gemeinsames Leben. Bd 4: Gesammelte Abhandlungen zur Familiengesdtidtte<br />

1937-1976. Göttingen: Reise in Komm. 1977. 178 S. 4° (Veröffentlidtungegn<br />

d. Familienkundl. Komm. f. Niedersadtsen, Bremen sowie angrenzende Gebiete.)<br />

369. Moll e n hau er, Astrid: Heinz Mollenhauer - geboren 2.2.. August 1893, gestorben<br />

5. September 1977. Ger me r, Walter: In memoriam Heinz Mollenhauer. Kr a f t,<br />

Armin: Trauerfeier für den Redttsanwalt und Notar Heinz Mollenhauer am Donnerstag,<br />

dem 8. September 1977. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses, Braunsdtweig,<br />

e. V. Jg. 17 = H. 79. S. 3, 5-7. I Abb.<br />

370. F lee h s i g, Werner: Heinz Mollenhauer zum Gedenken (t 5. Sept. 1977). In: Braunsdtw.<br />

Heimat. Jg. 63. 1977. S. 9C>-92., I Abb.<br />

Müller-Oelmann, Rudolf s. Nr 181.<br />

371. Moll e n hau er, Astrid: Aus dem Leben eines ehemaligen Waisenkindes: Carl­<br />

Eugen Mulert (Braunsdtweig 13. Okt. 1869 - 1963 Grasleben.) In: Freundeskreis d.<br />

Gr. Waisenhauses, Braunsdtweig, e. V. Jg. 2,7 = H. 77.1977. S. 7-II, 1 Abb.<br />

372.. (G e f f e r s, Heinridt:) Stammtafel eines Zweiges des Gesdtledtts .. Oduiendori" in<br />

LeIm, heute ansässig in Holland. (Leim 1977.) 5 gez. BI., 2. BI. 4° [Kopft.; Masdt.Sdtr.<br />

vervielf.]<br />

373. U P m e y er, Dietridt: Die Herren von Oldershausen und die Herausbildung des<br />

Geridtts Westerhof. [Nebst] Taf. Bd. Hildesheim: Lax 1977. VIII, 3105., 10 Taf. u.<br />

Kt. [Geringfügig überarb. Phi!. Diss. Göttingen 1977.] (Veröffentlidtungen d. lnst. f.<br />

hist. Landesforsdt. d. Univ. Göttingen. Bd 10.)<br />

Pilgrim, Hubertus von s. Nr 179.<br />

374. K ö ni g. Joseph: Wilhelm Pleister t (am 16. Okt. 1977. seit 1970 Vorsitzender des<br />

Braunsdtweigisdten Gesdtidttsvereins). In: Braunsdtw. Jb. Bd 58. 1977. S. 138.<br />

375. Paul Raabe zum 1I. Februar 1977 von Freunden und Mitarbeitern. (Hamburg: HauswedellI977.)<br />

161 S.<br />

''!- [Darin u. a.: H ä r tel, Helmar: Zur Provenienz einiger spätmittelaIterIicher Handschriften in der Stiftsbibliothek<br />

zu Gandersheim. S. 2C>-26. - B ire her. Martin: Barod


Reinerding, Johann Thiele s. Nr 53.<br />

376. Ku 1 k e, Heinz: Eine alte Linde am Alten Wege (44) erzählt. Eine heimatkundliche<br />

Betrachtung. (Gärtner Christian Dietrich Leonhard Röber. 1738-[810, und Nachkommen.)<br />

In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg. 191, Nr 18. Vom u. Jan. [977. Mit<br />

I Abb.<br />

377. Schwarz geb. Dierling, Ilse: Anna Maria Schau zum Gedenken. (1892-1977, Leiterin<br />

d. städt. Alumnats in WolfenbütteI.) In: BII. aus d. Schlosse. Nr 56. 1977. S.5-7.<br />

378. D i c k man n, Wemer: Johann Scbeyrlng, Artlum et utriusque juris Doctor. Herzoglicher<br />

Rat in Wolfenbüttel von 1535 bis 1538. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite.<br />

Jg. 191, Nr 113. 128. Vom 28. Mai u. 4. Juni 1977. Mit 3 Abb.<br />

379. SchmldtbodlUm, Erich, Aus dem Leben eines Künstlers. In: Freundeskreis d. Gr. Waisenhauses,<br />

<strong>Braunschweig</strong>, e. V. Jg.27. 1977 = H.77. S. 17, I Abb; H.78. S.24-25.<br />

I Abb.<br />

[Anfang s. Bibliogr. '97', Nr 449; '97), Nr 40'; '974, Nr 400; '975, Nr )69; 1976, Nr )8).)<br />

380. Sc h m i d t b 0 c um, Erich: Museum Erich Schmidtbochum. (Wolfenbüttel: Ven.<br />

1977-) 4 BI., 3 Abb.<br />

381 Schwartz, K[ad] A[dolf] von: WJe J(ohann) F(riedrich) Schwartz höchst unromantisch<br />

1789 bei Göttingen eine Reise begann. In: Göttinger Monatsblätter. Ständige<br />

Beil. im "Göttinger Tageblatt". Jg. 4 = Ausg. 38. 1977- S. 8--9, 1 Abb.<br />

Schwelmb, Andreas s. Nr 137.<br />

Sebexen, Heinrich von s. N r 21 o.<br />

Sleverts, Johann Georg s. Nr 53.<br />

382. K ö ni g, Joseph: Wemer Spieß • 5.2.1891 t 7.12.1972. Nachruf d. Braunschw.<br />

Wiss. Ges. vorgetr. in d. Plenarsitzung am 9. April 1976. In: Abhandlungen d. Braunschw.<br />

Wiss. Ges. Bd 16: 1976. (1977-) S. 155-156.<br />

383. Ku 1 k e, Heinz: St:perintendent earl Friedrich Spobr und Familie. Eine familiäre<br />

Heimatgeschichte aus Schöppenstedt. In: Wolfenbütteler Zeitung. Heimatseite. Jg.191,<br />

Nr 94- 100. Vom 23. u. 30. April 1977. Mit 4 Abb.<br />

384. Amburger, Erik u. Eleni: Richard Stegemann ([856-1925). Sein Leben u. Wirken<br />

für wirtschaftlichen u. sozialen Fortschritt. In: Genealogisches Jb. Bd 16!I7. 1977.<br />

S.171- 107·<br />

385. H u m m, Albert: Der Lebensweg des Oberbergmeisters (Georg Andreas) Steltzer<br />

(1725-1801). In: Allgern. Harz-Berg-KaI. 1978. [[977.] S. 41-42,1 Abb.<br />

Steuben, Christoph Heinrich von s. Nr 109.<br />

Stobwasser, Familie s. Nr 183.<br />

386. Sc h war z w ä 1 der, Herbert: Technische Sehenswürdigkeiten im Bremen der<br />

Barockzeit. In: Bremisches Jahrbuch. Bd 55.1977. S. 19-75, 22 Abb.<br />

[Darin u. a.: Leonhard Christoph Sturm. ,694-17°' Lehrer für Mathematik u. Ardlitektur an d. WoIfenbütteIer<br />

Ritterakademie; 17.8-'7'9 (t 6. Juni) in Blankenburg Baudircktor bei Herzog Ludwig Rudolf.)<br />

387. Kr i e ger, Heinz-Bruno: Ahnentafel des Dr. jur. Willi Thiele, Präsident des Niedersächsischen<br />

Verwaltungsbezirks <strong>Braunschweig</strong>, Professor an der Technischen Universität<br />

<strong>Braunschweig</strong>. (Königslutter) 1977- 59 S. 4° [Masch.Schr. vervielf.]<br />

200<br />

Trott, Eva von s. Nr 209.<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568


388. Die Tubbesings aus Ravensberg. ([Hrsg.:] Bruno Tub b e s i n g.) Forts. 3. (Bielefeld:<br />

Hrsg. 1977-) 104 S. mit zahlr. Abb. 4° [Umschlagt.; Masch.Schr. vervieIf.]<br />

[S. 71-7,b: Hauptslamm der <strong>Braunschweig</strong>er Tübbesing; s. Bibliogr. 1970, Nr 373 u. 1971, Nr 461.]<br />

Unger, Friedrich u. Ludolf von s. Nr 157.<br />

Voigt. Johann s. Nr 214.<br />

Weigelt, Johannes s. Nr 157.<br />

Weitsch, Pascha Johann Friedrich s. Nr 140.<br />

Westermann, George s. Nr 177.<br />

Westphalen, Familie von s. Nr 330.<br />

Westphalen, Ludwig von s. Nr 335.<br />

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Willmer, Heinrich August Christi an s. Nr 257.<br />

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Chronik des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />

vom :Mai 1977 bis zum 20. April 1978<br />

Die Hauptversammlung des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins fand am 30. November<br />

1977 im Restaurant Seela, <strong>Braunschweig</strong>-Gliesmarode, statt. Wegen des am 16. Oktober 1977<br />

erfolgten Todes des Vorsitzenden Dr. Wilhelm Pie ist e r wurde die von 89 Mitgliedern<br />

besuchte Versammlung zunächst durch den Stellvertretenden Vorsitzenden, Archivdirektor<br />

Dr. K ö n i g, geleitet. Den Jahresberidlt seit der letzten Hauptversammlung am 14. Dezember<br />

1976 erstattete der Gcsdläftsführer, Ardliv- und <strong>Bibliothek</strong>sdirektor Dr. 15 r a e I. Es<br />

folgte die Totenehrung. Wegen langjähriger treuer Mitgliedschaft erhielten ein Buchgeschenk:<br />

Obermedizinalrat a. D. Dr. Fritz Bar n s tor f, Königs!utter, Land- und Forstwirt Segeband<br />

von H e n ni n ge s, Lucklum, Oberschulrat a. D. Dr. Hermann 0 e r tel, <strong>Braunschweig</strong>,<br />

Ardlivoberrat a. D. Dr. Hans Jürgen Q u er f ur t h, Braunsdlweig, und Lehrer a. D. Adolf<br />

Ca u er s, Wolfenbüttel. Ferner dankte Dr. K ö n i g Herrn Landesarchäologen a. D. Dr.<br />

Ni q u e t und Herrn Bankdirektor a. D. F. Ger h a r d für die großen Verdienste, die sie<br />

sich als Beisitzer um den Verein erworben haben.<br />

In dem vom Schatzmeister Museumsdirektor Dr. G. S pie s erstatteten Kassenbericht<br />

über das Vereinsjahr 1976 sind die Einnahmen und Ausgaben am 3 I. Dezember 1976 auf<br />

93 334,94 DM festgestellt worden. Dem Schatzmeister und dem Vorstand wurde Entlastung<br />

erteilt. Da die letzte Vorstandswahl am 17. November 1974 stattgefunden hatte, standen<br />

Neuwahlen an. Die Hauptversammlung bestimmte das Ehrenmitglied Ardlivdirektor a. D.<br />

Dr. Mo der ha e k zum Wahlleiter und beschloß, das Wahlverfahren mündlich durdlzuführen.<br />

Zum neuen Vorsitzenden wurde das Vorstandsmitglied der Norddeutsdlen Landesbank<br />

Braunsdlweig, Rudolf T ö rn er gewählt. Die weiterhin Gewählten sind bereits im<br />

Braunsdlweigischen Jahrbuch 58, 1977, Seite 183 mitgeteilt worden.<br />

Nach dem Dank des Vorsitzenden für das ihm erzeigte Vertrauen teilte Frau Oberkustodin<br />

Dr. Mcdlthild W i s w e die für 1978 geplanten Studienfahrten mit. Dr. K ö n i g<br />

berichtete über die Beiträge des <strong>Braunschweig</strong>isdlen Jahrbudls 58 (1977) und über die Vorträge<br />

des Winterhalbjahrs 1977/78.<br />

Beim Punkte" Versdliedenes" kamen die in Braunsdlweig interessierenden wissenschaftlidlen<br />

Unternehmungen der Historisdlen Kommission für Niedersachsen und Bremen zur<br />

Spradle.<br />

Die Mitgliederversammlung sdlloß mit einem Referat von cand. phil. Jürgen Me r t e n s<br />

über das Studienprojekt "Braunsdlweig-Atlas", eine Arbeit, weldle die seit 1961 publizierten<br />

Kartensammlungen abschließend behandelt. Alte Karten, Pläne und Ansichten der Stadt<br />

Braunsdlweig und ihrer näheren Umgebung werden hier auf ihren Quellenwert hin überprüft<br />

und in einer zusammenhängenden Folge als Dokumentation zur Stadtgesdlidlte aufgearbeitet.<br />

Die Kultur-, die Kunst- und die politisdle Gesdlichte werden in der umfassenden<br />

Textierung wesentIidle Berücksidltigung finden.<br />

*<br />

Die erste S tu die n f a h r t führte am 14. Mai 1977 zu Burgen und Kirchen des<br />

Innersteberglandes. Zuerst wurde in 0 1 b e r a m w e J ß e n Weg e der aus einer mittelalterlichen<br />

Rundburg 1588 in ein Renaissancesdlloß umgewandelte Wohnsitz des Gesdlledlts<br />

von Cramm nebst Unterburg eingehend besichtigt. Die ev.-luth. Kirdle daselbst ist unlängst<br />

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renoviert und enthält im Innern sowie an der äußeren Kirchenwand eine Reihe sehenswerter<br />

Epitaphe. über Holle-Henneckenrode ging es dann nach B 0 den bur g. Dort bildeten<br />

das Schloß der Familie von Steinberg, die im Gutspark aufgestellten Grabdenkmäler des<br />

Geschlechts und die in Renovierung befindliche ev. Johanneskirche mit barocker Ausstattung<br />

lohnende Gegenstände der Besichtigung.<br />

Etwas schlichter ist in Alt wal I m 0 den die Kinne gehalten. Dafür bietet die aus<br />

verschiedenen Zeiten stammende Baugruppe des Herrenhauses einen besonders reizvollen<br />

Anblick. Besonders gilt dies für den aus Fachwerk hergestellten Teil des Gutsgebäudes, dem<br />

der berühmte Sagenheld Thedel Unverferd, d. h. der Unerschrockene, v. Wall moden, ein<br />

Zeitgenosse Heinrichs des Löwen, entstammte. Für den Wehrturm aus dem 14. Jahrhundert<br />

mit Schießscharten und späteren Giebelaufbauten aus Fachwerk besteht allerdings Einsturzgefahr.<br />

[J. König]<br />

Die zweite Studienfahrt, eine Halbtagsexkursion am 15. Juni 1977, galt der archäologischen<br />

Denkmalspflege. Eingangs stellte Ardläologierat Hartmut Röt tin g M. A. die von<br />

ihm konzipierte Ausstellung "Archäologische Denkmalspflege <strong>Braunschweig</strong>. Rettung oder<br />

Zerstörung? 1976", die im <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesmuseum gezeigt wurde, in einer<br />

instruktiven Führung vor. In der Ausstellung waren die wichtigsten der 16 größeren Fundbergungen<br />

und Ausgrabungen des Jahres 1976 mit Funden, Großfotos, Karten und Plänen<br />

vertreten. Darüberhinaus waren neue Bodenfunde ehrenamtlicher Mitarbeiter der archäologischen<br />

Denkmalspflege zu sehen. Zeitlich reichte das Spektrum der Exponate von der<br />

Jungsteinzeit bis in das 18. Jahrhundert. Den Schwerpunkt bildeten Objekte aus der Untersuchung<br />

des jungsteinzeitlichen Gräberfeldes der Kulturgruppen der Bandkeramiker und<br />

Rössener am Assehang am Rande des Ortes W i t t m a r. Diese Grabung war 1976 ein<br />

Exkursionsziel unseres Vereins. Im übrigen kann hier auf den Ausstellungsführer verwiesen<br />

werden. Die sensationellen Funde, die im Jahre 1951 beim Bau einer Kläranlage an der<br />

Krähenriede bei S al z g i t t e r - Leb e n s ted t gemacht wurden, haben nur einen Teil<br />

des dortigen jungsteinzeitlilnen JägerIagers erfaßt. Eine geplante Erweiterung der Kläranlage<br />

war Anlaß, die Grabung wieder aufzunehmen. Sie war das zweite Ziel der Exkursion.<br />

H. Rötting berichtete hier, daß Probebohrungen bereits zahlreiches neu es Material,<br />

Knochen und Geräte, zutagegebracht hätten und führte des weiteren in die Methoden der<br />

Grabungstechnik ein. Anschließend würdigte Dr. Alfred Tod e, der die Ausgrabungen<br />

von 1951 geleitet hatte, die wissensdlaftliche Bedeutung der damaligen Befunde. Während<br />

in der Regel an vergleichbaren Fundplätzen lediglich Einzelobjekte geborgen werden konnten,<br />

ließ sich bei Salzgitter-Lebenstedt ein Lager der eiszeitl1chen Rentierjäger in situ erschließen<br />

und auch die tundrenhafte Flora ermitteln. Die Bedeutung des Fundortes erhellt<br />

daraus, daß nach diesem zahlreiche andere FundsteIlen chronologisch eingeordnet werden.<br />

Wichtigstes Fundstück ist das Scheitelbein eines Vorneandertalers.<br />

Von der Krähenriede ging die Fahrt, leider etwas beeinträchtigt durch den einsetzenden<br />

Regen, zum Bur g be r g über S al z g i t t e r - L ich t e n be r g. Nach der Kaffeetafel<br />

fand die Besichtigung der Burgruine unter Führung des Leiters des Städtischen Museums<br />

Salzgitter, Lehrer Wolfram F 0 reh e, statt. Gegliedert in die Vor- und die Hauptburg,<br />

war die Burg Lichtenberg während des Mittelalters eine der bedeutendsten Höhenburgen<br />

unseres Raumes. Ihre strategische Bedeutung hatte sie durm ihre Lage hom auf einer<br />

Kalkkuppe über dem Kreuzungspunkt der Fernstraße Halberstadt-Hildesheim mit derjenigen<br />

Goslar-Frankfurt. W. Forche erläuterte die wechselvollen Smicksale der Burg im Kampf<br />

zwismen Welfen und Staufern sowie in den folgenden Jahrhunderten bis zu ihrer Zerstörung<br />

im Jahre 1551 durch Volrad von Mansfeld sowie die Geschichte der archäologischen<br />

Forschung, die bereits in den 1860ziger Jahren begann. Besonders eingegangen wurde auf<br />

die Arbeiten von Dr. H. A. S eh u I t z, auf die hier verwiesen werden kann. [M. Wiswe]<br />

Die romanischen Bauwerke im Raum G a n der s h ei m, C 0 r v e y und P ade rbor<br />

n standen im Mittelpunkt der Studien fahrt am 3J4. September 1977. Den gewichtigen<br />

Einstieg in das Thema machte die Stiftslcirche in Ga n der s h e im, eine fcühromanische<br />

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Basilika mit gotischen Seitenkapellen. Hier führte uns Pastor Bau man n und berichtete<br />

von der Geschichte des Bauwerks, das einst Hrotsvitha und Theophanu aufgesucht hatten und<br />

das baugeschichtliche Verwandtschaft zu den Domen in Goslar und Hildesheim aufweist.<br />

Die E ri eh sb u r g bei Dassel ist in ihrer jetzigen Gestalt 1604-1612 von dem Wolfenbütteler<br />

Baumeister Paul Frandl:e unter Herzog Heinrich Julius gebaut worden. Sie zeigt<br />

starke Anklänge an das Helmstedter Juleum. 1891 wurde die Erichsburg Predigerseminar der<br />

hannoverschen Landeskirche, das man 1953 nach Hildesheim verlegte. Daraufhin wurde im<br />

Schloß das Corvinusseminar als Ausbildungsstätte des theologischen Nachwuchses eingerichtet,<br />

jedoch zum I. Januar 1971 aufgelöst. Seither wird das Schloßgebäude als kirchliches<br />

Freizeitheim genutzt.<br />

Nadl rascher Fahrt durdl den Soll i n g, von dem uns die Gesamtleiterin der Fahrt,<br />

Frau Oberkustodin Dr. Mechthild W i s w e, das Wesentliche erläuterte, ging es am ehemaligen<br />

Jagdschloß Neu hau s (Kreis Holzminden) vorbei nach H ö x t e r. Bei der Besichtigung<br />

von Co r v e y standen das karolingisdle Westwerk mit "Krypta" und Johannes­<br />

Chor im Mittelpunkt, nicht minder aber auch die Barodl:-Gebäude, weil sich hier besonders<br />

enge Beziehungen zwischen Herzog Anton Ulrich von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel und dem<br />

Corveyer Abt Florenz von (der) Velde durch die Forschungen unseres Führers Dr. Hans­<br />

Joachim B r ü n i n g, Corvey, nachweisen ließen. Nach seinen Studien haben Hermann<br />

Korb als Bauvogt und Giacomo Perinetti als Stukkateur an den Schloßgebäulichkeiten mitgewirkt.<br />

Ein großer Teil der Abtgalerie wird von Dr. Brüning dem auch in Wolfenbüttcl<br />

bekannten Maler Tobias Querfurt zugescllrieben. Friedricll Thöne hat in seinem bekannten<br />

Buch "Wolfenbüttel, Geist und Glanz einer alten Residenz" Tobias Querfurt 1715 in<br />

Corvey nachgewiesen. Von einer braunschweigischen Fürstin aus der Zeit Anton Ulrichs<br />

befindet sicll in Corvey ein wertvolles gestidl:tes Antependium. Alle diese Beziehungen<br />

zwiScllen dem Abt Horenz von Corvey und Herzog Anton Ulrich hängen mit den katholisierenden<br />

Neigungen des letzteren zusammen, über die Dr. Bruning inzwischen einen Aufsatz<br />

"Herzog Anton Ulrich von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg zu Wolfenbüttel und Abt Florenz von<br />

Corvey" (Westfälische Ztschr. 126h27. Bd. 1976/z977, S. 329-371) veröffentlicht hat.<br />

Zeitweise im Gegensatz zu den Äbten von Corvey stand die Stadt H ö x te r, die anschließend<br />

mit ihren kirchlichen und weltlichen Gebäuden besichtigt wurde. Ihren besonderen<br />

Reichtum bilden die vielen erhaltenen Fachwerkhäuser, deren Stilmerkmale von der<br />

ausgehenden Gotik bis zum Barodl: noch in allen Stufen zu verfolgen sind.<br />

Am nächsten Tag ging es dann über Bad D r i bur g, dessen Badeanlagen, Parks und<br />

Alleen durch den braunschweigischen Oberjägermeister Caspar Heinrich von Sierstorff (1782)<br />

sehr gefördert wurden, nach P ade rb 0 r n. Hier hatten wir dann in Dr. H 0 h man n ,<br />

dem Leiter des dortigen Geschichtsvereins, einen Führer, der über die bedeutenden Ausgrabungen<br />

der karolingischen und ottonischen Zeit am Dom ebensogut Bescheid wußte<br />

wie über das Gotteshaus und das diesem vorgelagerte Diözesanmuseum. Auch die Besonderheiten<br />

der Stadt mit aufstrebender Industrialisierung wurden nicht vergessen. Daß sich<br />

der" Tolle Christian" am Liborius-Schrein vergriff und Teile desselben zu Münzen mit der<br />

Aufschrift "Gottes Freindt - Der Pfaffen Feindt" schlagen ließ, gereicht diesem nicht zur<br />

Ehre.<br />

Streitigkeiten mit den Paderborner Bürgern veranlaßten Bischof Simon I. von Paderborn<br />

im Jahre 1275, seine Residenz nach Schloß Neu hau s zu verlegen. Im 16. Jahrhundert<br />

fanden umfangreiche Ausbauten statt, an denen als Bauherr u. a. Bischof Erich von <strong>Braunschweig</strong><br />

und als Künstler seit etwa 1524 der schwäbische Baumeister Jörg Unkair, bekannt<br />

durch seine Bauten im Wesergebiet, beteiligt waren. Die Vierflügelanlage wurde unter<br />

Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg gegen Ende des 16. Jahrhunderts vollendet. Von dem<br />

ehemaligen prächtigen Lustgarten hat sich nichts erhalten.<br />

Die letzte Station der Studienfahrt waren die Ex t ern s t ein e mit dem daran befindlichen<br />

Kreuzabnahme-Relief. Wie Archivoberrat Dr. Dieter M at t he s erläuterte, stehen<br />

sich bei diesem Relief für die Datierung zwei Theorien gegenüber: eine, die es dem frühen<br />

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2°5


H. Jahrhundert zuschreibt, und eine andere, die das erste Drittel des 9. Jahrhunderts für<br />

möglich hält. Nach Prof. Dr. Walther M a t t h es, Harnburg, könnte das Relief von Corbier<br />

Mönchen (Adelhard und Wala), die in der Tradition ihres Klosters Corbie an der Sornrne<br />

standen, zu dieser Zeit gestaltet worden sein. Vgl. Walther Matthes: Zur Entstehung des<br />

Kreuzabnahmereliefs an den Extemsteinen. In: Die Grenze der machbaren Welt. Festschrift<br />

der Klopstockstiftung anläßlich ihres 10jährigen Bestchens. Hrsg. von E. Benz, Leiden:<br />

Brill 1975. [J. König]<br />

Im vorigen Jahr (1976) hatte eine Studienfahrt des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />

die Teilnehmer mit dem Mühlenwesen in unserem Lande bekannt gemacht. Dieses<br />

Mal (1. Oktober 1977) galt es, den Be r g bau näher kennenzulernen, dem die Menschheit<br />

eine Fülle mineralogismer und technischer Kenntnisse verdankt.<br />

Schön ausgebildete Kristalle haben S t. A n d r e a sb erg als "Mineralienkabinett" des<br />

Harzes berühmt gemacht. 1910 wurde die letzte Grube "Samson" geschlossen und später<br />

in ein Bergwerksmuseum umgewandelt. Seit 1511 hat diese Grube ihren Dienst getan. Bis<br />

auf eine Schamttiefe von 810 Meter war man vorgestoßen. Die gewaltigen Kehrräder, die<br />

die Erze ans Licht beförderten, hatten einen Durchmesser von 9 Meter. Die Bergleute, versehen<br />

mit einer Grubenlampe, wurden durch die sog. "Fahrkunst" an ihre Arbeitsstelle tief<br />

im Innern der Erde gebracht. Später, als die Ausbeute versiegte, warfen sim die Bewohner<br />

z. T. auf die Harzer Kanarienvogelzumt. Die sog. "Harzer Roller" wurden bis ins Ausland<br />

exportiert.<br />

Da günstige und ungünstige Zeiten in der Förderung abwechselten, kam es darauf an, die<br />

Versorgung des Oberharzes mit Brotgetreide zu sichern. Dies gesmah im großen Kornmagazin,<br />

das 17191zo am Söseufer in 0 s t e rod e errichtet wurde. Der breite Mittelgiebel<br />

vor der Längsseite des gewaltigen Dames trägt das hannoversme Staatswappen, von Löwe<br />

und Einhorn gehalten. Die Kornböden in den Haupt- und Dachgeschossen besaßen ein<br />

Fassungsvermögen von 15000 Malter Korn (etwa 40000 Ztr.), die hier "zum Nutzen des<br />

Harzes" bereitgehalten wurden. Die evangelisme Schloßkirme St. Jacobi und die cvangelisme<br />

Marktkirme St. Aegidien bildeten die kunstgeschichtliche Seite des von Stadtarchivar a. D.<br />

Dr. G r a n z i n geleiteten Besumsprogramms in Osterode.<br />

Im 0 b e r h a r zer Mus eu m im ehemaligen Zellerfelder Rathaus war wiederum<br />

Gelegenheit gegeben, Gesmichte und Kultur des Bergbaus mit besonderer Berürnsichtigung<br />

seiner technismen Einrichtung kennenzulernen. Das langsame Fortschreiten von Muskelkraft<br />

über Pferdegöpel zur 'Wasserkraft bei der Förderung der Erze konnte man an plastismen<br />

Modellen ablesen. Von nicht minder großer Bedeutung war die Entwiddung vorn Hanfseil<br />

über das Kettenseil zum Drahtseil, mit dem Oberbergrat Albert in Cl aus t h a 1- Zell e rf<br />

eid die Mensmheit beglürnte.<br />

Das mühsame Arbeiten mit Schlägel und Eisen wurde durm Feuersetzen und schließlich<br />

mit Dynamit, mit dem man das Gestein mürbe mamte, erheblim erleichtert. "Hunde",<br />

das sind kleine Erzwagen, bildeten die unterirdische "Eisenbahn". Wie fromm der Bergmann<br />

seine Arbeit ausübte, zeigten die schlichte Kapelle in der Zellerfelder Bergwerksanlage und<br />

die gewaltige Holzkirme zum HI. Geist in CI aus t haI.<br />

Auf dem Wege von St. Andreasberg nam Osterode wurde aum Schloß Her z be r g<br />

besumt, obwohl hier nicht der Bergbau, sondern dynastisrne und kunstgesrnimtlirne Motive<br />

eine Rolle spielten. Die Reimsburg an der Sieber gehörte zu den Besitzungen, die IIS8 in<br />

einem großen Güteraustausch von Friedrich Barbarossa an Heinrich den Löwen und damit<br />

(bis 1866) an die Welfen fielen. - Bis IS96 eine der Residenzen des Hauses Grubenhagen,<br />

war die Burg bis 1617 in wolfenbüttelschem Besitz, mußte dann aber durch Reichskammergerichtsentscheid<br />

an die Herzöge der Lüneburger Linie herausgegeben werden. Später wurde<br />

sie durch Herzog Georg von <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg, dem hier je vier Töchter und Söhne<br />

geboren wurden, Starnrnschloß des Hauses Hannover. Stammhausflüge\, Marstallflügel, Sieberflügel<br />

und Grauer Flügel bilden ein annäherndes Rechtern. Wo Sieberflügel und Grauer<br />

206<br />

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Flügel zusammenstoßen, erhebt sidt ein mädttiger Lnrenturm, dessen Verzierungen italienisch<br />

beeinflußt sind. Heute wird das Schloß vom Amtsgericht bewohnt; außerdem ist man<br />

dabei, ein Heimatmuseum einzuridtten.<br />

Anläßlidt der 200. Wiederkehr der ersten Brockenbesteigung von Johann Wolfgang<br />

von Go e t h e veranstaltete der Geschidttsverein eine Fahrt nadt Tor f hau s mit<br />

Spaziergang auf dem "Goetheweg". Ansdtließend hielt Prof. Dr. Jost Sc h i I lern ei t, TU<br />

Braunsdtweig, im Gasthaus "Königskrug" den Festvortrag: "Goethe und das Gebirgs- und<br />

Steinreich. "<br />

*<br />

Die Reihe der Vor t r ä g e im Winterhalbjahr 1977/78 begann Prof. Dr. Jürgen<br />

Pa u I vom Lehrstuhl für Baugeschichte an der Technischen Universität <strong>Braunschweig</strong>. Er<br />

spradt (mit Lidttbildern) zu dem Thema: "Die Stadt des Mittelalters. Bild und geschidttliche<br />

Wirklichkeit." Wie der Redner ausführte, ist das heutige Bild von der Stadt des Mittelalters<br />

stark geprägt von rezeptiven Momenten; es ist die Interpretation der historischen Stadt<br />

aus der Sidtt und als Gegenbild der modemen Großstadt. Es ist eine primär ästhetisdte<br />

Interpretation. In dem Vortrag wurde "dieses rezeptive Bild mit der geschichtlichen Wirklichkeit<br />

der Formwerdung und Funktion der Stadt des Mittelalters verglichen".<br />

Der zweite Vortrag war der Ur- und Frühgeschichte gewidmet. Oberkustos Hajo<br />

Ha yen, von der Abteilung für Moorforschung des Staatlichen Museums für Naturkunde<br />

und Vorgeschichte in Oldenburg (i.O.) machte mit neuen Ergebnissen zur Geschichte von<br />

Weg und Wagen bekannt und ließ seine Zuhörer einen Blick in die neuere Geschichte der<br />

Bohlwegforschung tun. Besonders eingehend wurden die Bohlenwege in den großen Mooren<br />

am Dümmer behandelt. (Vgl. Hayens gleichnamige Arbeit, erschienen als Bd.45 im "Archiv<br />

für deutsche Heimatpftege GmbH", Köln 1977 und als Sonderdruck aus der Heimatchronik des<br />

Kreises Vechta).<br />

Am 20. Januar 1978 sprach Studiendirektor Jürgen Sc h u I tz, <strong>Braunschweig</strong>, über<br />

"Die Akademie für Deutsche Jugendführung der Hitlerjugend in <strong>Braunschweig</strong>". Es liegt<br />

uns darüber folgender Bericht der Wolfenbütteler Zeitung vom 4. Februar (- mö -) vor .<br />

.. Wir fahren oft an dem pseudo-antiken Bauwerk an der Wolfenbütteler Straße unweit<br />

des Schlosses Richmond vorbei, ohne an die Geschichte, an den eigentlichen Sinn dieses<br />

pompösen Baues zu denken. Wir wissen vielleicht, daß er heute die Müller-Schule und das<br />

<strong>Braunschweig</strong>-Kolleg beheimatet, daß dieses Gebäude - ganz nach dem Gesdtmack der<br />

nationalsozialistischen Zeit - einst die ,Führer der deutschen Jugend', die Elite der Hitlerjugend,<br />

beherbergen sollte, das wissen heute nur noch wenige.<br />

Da ,die Jugend von der Jugend geführt' werden sollte, brauchte man ständig neue<br />

Jugendführer. Einen neuen Beruf wollte man kreieren, ein Führerkorps - eine elitäre<br />

Schicht - sollte herangezogen und besonders ausgebildet werden. Als Standort dieser<br />

Akademie wählte man die Löwenstadt <strong>Braunschweig</strong>, und der ehemalige Bürgermeister<br />

Hesse versprach, nicht nur das Gelände zu stellen, sondern den ganzen Komplex zu<br />

finanzieren.<br />

Der erste Spatenstich war im September 1937; Pfingsten 1938 feierte man das Richtfest;<br />

im August des Jahres 1939 zogen die ersten Teilnehmer des ersten Lehrganges ein. Allerdings<br />

mußte man zur Eröffnung am 50. ,Führergeburtstag' (20. April) nach Potsdam ausweichen,<br />

da die Handwerker noch in der künftigen ,Akademie für deutsche Jugendführung<br />

der Hitlerjugend in <strong>Braunschweig</strong>' arbeiteten. Der endgültige Ausbau mit Schießständen,<br />

Sporthalle und einem See war ohnehin erst nach dem ,Endsieg' geplant, denn mittlerweile<br />

hatte der Zweite Weltkrieg begonnen. Die Reihen der 100 Schüler und 30 Lehrer lichteten<br />

sich, der Bau von vielleicht zehn Millionen Reichsmark stand leer, der erste Lehrgang<br />

,verteidigte' sein Vaterland im Westen und bald in Rußland. - Ab und zu wurden Lehrgänge<br />

des BDM (,Glaube und Schönheit') in den neuen Räumen abgehalten. Im Jahre 1942<br />

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1 °7


funktionierte die Wehrmacht das Gebäude zum Lazarett um. Bis zum Kriegsende wurden<br />

Lehrgänge für Versehrte durchgeführt." Druck der 308 Seiten starken Arbeit in den <strong>Braunschweig</strong>er<br />

Werkstücken Reihe A, Bd. 15, 1978 (Waisenhaus-Buchdruckerei).<br />

Zum Jubiläum der Stadtteilrechte für die Altstadt und den Hagen in <strong>Braunschweig</strong><br />

sprach Archivassessor Dr. Manfred Gar z man n, <strong>Braunschweig</strong>, am 13. Februar 1978 über<br />

"Das Ottonianum und die Jura Indaginis". Zum Inhalt vgl. die Schrift des Redners" 7 50 Jahre<br />

Stadtrechte für Altstadt und Hagen". Katalog der Ausstellung vom I. November 1977 bis<br />

31. Januar 19711. <strong>Braunschweig</strong> 1977. (Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunsmweig. Kleine<br />

Schriften I).<br />

Der Vortrag von Pastor Dr. Gottfried Zirn m e r man n, <strong>Braunschweig</strong>, am 30. März<br />

1978 über "Kloster Riddagshausen und seine Äbte im Jahrhundert vor der Reformation"<br />

wird im <strong>Braunschweig</strong>ischen Jahrbuch 59, 1978 gedruckt.<br />

Die Vortragsreihe schloß am 10. April 1978 mit dem Referat von Frau Dr. Mechthild<br />

W i s w e, <strong>Braunschweig</strong>, über "Markt und Rathaus im südlichen Niedersachsen in alten<br />

Ansichten" (mit Lichtbildern). [J. König)<br />

VERSTORBENE MITGLIEDER<br />

Ehlers, Hans, Kirchenrat a. D., <strong>Braunschweig</strong><br />

Fiesei, Ludolf, Dr., Museumsdirektor und Landeskonservator a. D., Wienhausen<br />

Heinemann, Kurt, Lehrer a. D., Wolfenbüttel<br />

Kaul, Erich, Dr., Direktor, <strong>Braunschweig</strong><br />

Kuhlenkamp, Alfred, Dr.-Ing., Prof., <strong>Braunschweig</strong><br />

Leuschner, '1oachim, Prof., Dr., Hannover<br />

Müller, Alfred-Wolfgang, Kaufmann, Wolfenbüttel<br />

Ohlmann, Horst, Dr., Oberstudienrat, Wolfenbüttel<br />

Pfiughöft, Claus, Stadtangestellter, <strong>Braunschweig</strong><br />

Schultz, Hans, Dr. med., Facharzt, <strong>Braunschweig</strong><br />

Vogelsang, Thilo, Prof., Dr., München<br />

Wesche, Erich, Realschullehrer a. D., Wolfenbüttel<br />

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Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Geschichte<br />

Bd. I. Meier, Heinrich: Die Straßennamen der Stadt <strong>Braunschweig</strong>. 1904.<br />

Bd. 1. Bode, Georg: Herkunft und Heimat Gunzelins von Hagen, des ersten<br />

Grafen von Schwerin. Der Forst von Hasselfeide, ein welfisches Allod.<br />

Zwei geschichtliche Studien. 1911.<br />

Bd. 3. Kriegserinnerungen des Obersten Franz Morgenstern aus westfälischer<br />

Zeit. Herausgegeben von Heinrich Meier. 1911.<br />

Bd. 4. Mutke, Eduard: Helmstedt im Mittelalter. Verfassung, Wirtschaft, Topographie.<br />

1913.<br />

Bd. s. Vollmer, Bernhard: Die Wollweberei und der Gewandschnitt in der Stadt<br />

<strong>Braunschweig</strong> bis zum Jahre 1671. 1913.<br />

Bd. 6. Festschrift für Paul Zimmermann zur Vollendung seines 60. Lebensjahres.<br />

1914.<br />

Bd. 7. Spies, Gustav: Geschichte der Hauptkirche B. M. V. in WolfenbütteI. 1914.<br />

Bd. 8. Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von <strong>Braunschweig</strong><br />

1731-1801. Mitgeteilt von Hans Droysen. Bd. I: 1731-1768. 1916.<br />

Bd. 9. Meier, P. 'J.: Der Streit Herzog Heinrichs des Jüngeren von <strong>Braunschweig</strong>­<br />

WoIfenbüttel mit der Reichsstadt Goslar um den Rammelsberg. 1918.<br />

Bd.lo. Keilitz, Al/red: Die Wirkungen des Dreißigjährigen Krieges in den Witturns<br />

ämtern des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel. 1938.<br />

Bd. 1 I. Biehringer, Frieda: Herzog Karl I. von <strong>Braunschweig</strong>. 1910.<br />

Bd. 11. Behse, Arthur: Die juristische Fakultät der Universität Helmstedt im Zeitalter<br />

des Naturrechts. 1910.<br />

Bd. 13. Böse, Dtto: Die Revolution von 1848 in <strong>Braunschweig</strong>. 1948.<br />

Bd. 14. Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesens im Lande <strong>Braunschweig</strong>. Hrsg.<br />

von Werner Spiep. 1954.<br />

Bd.IS. Forschungen zur braunschweigischen Geschichte und Sprachkunde. Hrsg.<br />

von Fritz Timme. 1954.<br />

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Bd. 16. Eckert, Georg: Die <strong>Braunschweig</strong>er Arbeiterbewegung unter dem Sozialistengestz,<br />

I. Teil (1878-1884).1961.<br />

Bd. 17. Wiswe, Mechthild: Die Flurnamen des Salzgittergebietes. 1970.<br />

Bd.18. Giesau, Peter: Die Benediktinerkirche St. Ägidicn zu <strong>Braunschweig</strong>. Ihre<br />

Baugeschichte von 1178 bis 1478 und ihre Stellung in der deutschen Architektur<br />

des 13. bis 1 s. Jahrhunderts. 1970.<br />

Bd.19. Kleinau, Hermann: Die von Werle im Raum <strong>Braunschweig</strong> - Nordharz­<br />

Halberstadt. Ein Beitrag zur Geschichte der welfischen Dienstmannschaft<br />

und zur Pfalzenforschung. 1971.<br />

Bd. 10. Gruhne, Fritz: Auswandererlisten des ehemaligen Herzogtums Braunsdtweig<br />

ohne Stadt Braunsmweig und Landkreis Holzminden 1846-1871.<br />

1971•<br />

Bd.11. Knauf, Tassilo: Die Armitektur der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtpfarrkirchen in<br />

der ersten Hälfe des 13. Jahrhunderts. 1974.<br />

Bd. 12. Gerkens, Gerhard: Das fürstliche Lustschloß Salzdahlum und sein Erbauer<br />

Herzog Anton UIrich von <strong>Braunschweig</strong>-WoIfenbütteI. 1974.<br />

Bd.13. <strong>Braunschweig</strong>ische Landesgeschichte im überblick. Im Auftrage des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />

Geschichtsvereins herausgegeben von Richard Moderhack.<br />

I. Auf!. 1976.2. Auf!. 1977.<br />

Bd. 14. Sander, Julie: Kulturelles Leben in Mitteldeutschland im ersten Viertel des<br />

19. Jahrhunderts, dargestellt am Gästebuch der Industrie-Töchter-Schule in<br />

Blankenburg am Harz (180S-1838). 1976.<br />

Von den Bänden 1-24 sind Bd. 1,4-7,9, 1 I-IS und 13, I. AufL, vergriffen.<br />

Vertrieb: Braunsmweigischer Gesmichtsverein e. V., Tauschstelle,<br />

334 Wolfenbüttel, Forstweg 1 (Niedersämsisches Staatsarmiv)<br />

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2546638<br />

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