braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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pielIes Verbot aus 46), sondern beseitigt lediglich den Zwang zum Eingehen eines<br />
Zweikampfes als ein mögliches Beweismittel 47) im Strafrecht.<br />
Im Vergleich zu itlteren Rechtsquellen zeigt das prozeßrechtliche Institut der Verfestung<br />
48), die eine vorübergehende Rechtlosigkeit des Täters bewirkte, im Hagenrecht<br />
eine erstaunliche Liberalisierung: Der § 8 enthält die ausdrückliche Verpflichtung,<br />
die Angehörigen und das gesamte Vennögen des Rechtsfrevlers zu schützen 49).<br />
Diese fesre Zusage entspricht dem Selbstverständnis der Gemeinde als Friedensgemeinschaft<br />
und ihrem daraus resultierenden Bestreben, den einmaligen Rechtsbruch<br />
keineswegs in eine unkontrollierbare Automatik weiterer Vergehen und Verbrechen<br />
einmünden zu lassen, die das friedliche Zusammenleben aller Bürger aufs<br />
schwerste gefährden würde. Daher blieb die Gemeinde bemüht, den Verfesteten<br />
nach dessen erfolgter Aussöhnung mit dem Richter und dem Geschädigten erneut in<br />
ihre Rechts- und Friedensgemeinschaft aufzunehmen. Aus diesem wichtigen Motiv<br />
wird die besondere Fürsorgepflicht für die Familie sowie für das mobile und immobile<br />
Vennögen des Täters verständlich 50).<br />
Innerhalb der eigenständigen Stadtrechtsentwiddung in Braunschwejg nimmt der<br />
Rechtssatz über den Erwerb der Bürgerfreiheit nach Jahr und Tag einen herausragenden<br />
Platz ein 51). Sofern diese Bestimmung zu den Gründungsrechten des Hagens<br />
zlihlt, ist sie die ältesterhaltene Nachricht über das Auftreten der Bürgerfreiheit<br />
nach Jahr und Tag in Deutschland 52). Es überrascht, daß der Erwerb des Bürger-<br />
46) B. Die s tel kam p (wie Anm. 14), der zugleich den Ursprung dieses Instituts<br />
in Flandern vermutet.<br />
&7) Als weitere Beweismittel nennt das Ottonianum den Parteieid mit 6 Eideshelfern<br />
(UB I Nr. 2 S. 6 Art. 28) und den Beweis mit Schreimannen (UB I Nr. 2 S. 7 Art. 65).<br />
48) In <strong>Braunschweig</strong> hatte die Verfestung, die nur mit Genehmigung seitens des Klägers,<br />
des Gerichts und der Stadt (= des Rates) aufgehoben werden konnte (L'B I Nr.1 S.6 Art.<br />
19), einen bemerkenswert umfassenden Anwendungsbereich, wozu u. a. Totschlag, Wundung<br />
und Eigentumsvergehen unterschiedlicher Art gehörten; vgI. den Ziber proscriptionum der<br />
Altstadt von 1306-1310 (UB 11 Nr.571 S. 198 ff.) sowie das Verfestungs- und Neubürgerbuch<br />
der Neustadt von ca. 1310-1345 (UB 11 Nr. 874 S. 5Il ff.).<br />
49) UB I Nr. 1 S.l § 8: ltem quicumque pro aZiquo excessu proscriptus fuerit, uxor et<br />
pueTi eius atque omnia bona sua pacem habebunt, quo usque idem proscriptus redeat atque<br />
cum civitate componat. Hingegen bestimmt