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braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

zelten unternehmerischen Sozialmaßnahmen gekommen. 1856 wurde in den bei den<br />

Zigarrenfabriken von Dosse und Stamm eine "Kranken-Sterbecasse für Cigarrenarbeiter"<br />

gegründet 73).<br />

1868, als die Einwohnerzahl der Stadt auf 10000 anstieg, gab es drei größere<br />

Fabriken in WoIfenbütteI, von denen jede 100 und mehr Arbeiter beschäftigte. Es<br />

waren die Ravensberger Spinnerei, die Maschinenfabrik Zickerick und die Eisengießerei<br />

Luther und Peters. Als frühe Organisationsform der Arbeitersdlaft ist 1866 ein<br />

Arbeiter-Bildungsverein gegründet worden, zu dessen hervorragendsten Lehrern Samuel<br />

Spier gehörte. Im Hauptberuf war Spier Erzieher an der Samson-Sdlule, einem<br />

der geistigen Zentren des Judentums im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> 74). Spier hat 1869<br />

zusammen mit Bebel und Liebknecht den "Allgemeinen Deutsdlen Social-Democratischen<br />

Arbeiter Congreß" nach Eisenach einberufen. Er wurde damit zu einem der<br />

Gründungsväter der heutigen SPD 75).<br />

Die wirtschaftliche Lage eines großen Teiles der Stadtbevölkerung ist während<br />

der Gründerjahre 1870 bis 1890 nicht durchgängig befriedigend gewesen. Eine TeuerungswelIe,<br />

die 1872 insbesondere Lebensmittel und ländlidle Produkte ergriffen<br />

hatte, führte am 17. Juli dieses Jahres zu einem gewalttätigen Aufruhr von 3000 bis<br />

4000 Wolfenbüttelern. Ausgelöst wurde er von den auf dem Stadtmarkt einkaufenden<br />

Hausfrauen, die ihre Wut über die gestiegenen Preise an den Bäuerinnen und<br />

deren Marktwaren ausließen. Die Hausfrauen übertrafen sich gegenseitig im Umstürzen<br />

der Kiepen, Zertreten der Hühnereier und Umhersdlleudern der Butterstücke.<br />

Und das erscheint bei dem Temperament der meisten dort kaufenden Frauen<br />

sehr natürlich, bemerkt der Polizeiberidlt lakonisch. Die Empörung steigerte sich<br />

zu Angriffen auf die Häuser einzelner Wolfenbütteler Kaufleute. Sie wurde durch<br />

den Einsatz von Polizei und Militär beendet 76).<br />

Auch heute nodl spiegeln sich die Gründerjahre in einer Reihe von Bauten im<br />

Stadtbild wider. Am HarztorwaII ist 1872 das herzogliche Lehrerseminar erridltet<br />

worden. Es setzte die seit 1753 bestehende Tradition der Lehrerausbildung im Herzogtum<br />

<strong>Braunschweig</strong> fort, die vom Waisenhaus in der Auguststadt ihren Ausgang<br />

nahm. Für die große 'Sdlule, einem humanistischen Gymnasium, das anfänglich in der<br />

Kommisse untergebracht war, wurde 1879 ein neu es Haus am RosenwaU erbaut. Es<br />

folgte 1875 in der WaIIstraße der Klinkerbau der I. Bürgerschule, dem sich 1898 der<br />

Bau der 11. Bürgerschule in der Karistraße ansdlloß 77).<br />

7S) StA 34 N Fb. 1 Nr. XIX, 60.<br />

74) H. Sc h u I z e, Beiträge zur Gesmimte der jüdismen Gemeinde in Wolfenbüttel.<br />

Teil I. BJb 48, 1967. S. 23-61; Teil H, BJb 49, 1968, S.61-85; derselbe, Samuel Meyer<br />

Ehrenberg 1773-1853, BJb 54, 1973, S.269-275.<br />

75) G. Eck e r t, Samuel Spier und Samuel Kokowsky in den Reihen der Braunsmweiger<br />

Arbeiterbewegung, in: Brunsvicensia Iudaica (Braunsmweiger Werkstücke, Bd. 35), J966,<br />

S. 71-93.<br />

76) IStA 12 A Neu Fb. 5 Nr. 6225.<br />

77) G. Füll n er, Wie Wolfenbüttel Stadt der Smulen wurde, in: K ö n i g (wie<br />

Anm. 8), S. 125-139, hier S. 129.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568

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