braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
,<br />
Führung war im Entwurf schon vorgesehen und dem Anstaltsdirektor war zur Pflicht<br />
gemacht, sich darum zu kümmern, daß ein entlassener Sträfling wieder Arbeit erhalte.<br />
Zur moralischen Besserung sollten die Strafgefangenen Rcligionsunterricht bekommen<br />
und zum regelmäßigen Besuche des Gottesdienstes in der Strafanstalt angehalten<br />
werden.<br />
Über die Verpflegung in der Anstalt war im Strombeckschen Entwurf Bestimmung<br />
getroffen. Die Arbeit der Gefangenen sollte zwar schwer, aber nicht übermäßig,<br />
und die Behandlung der Gefangenen sollte "liebreich" sein, um auch auf diese<br />
Weise moralische Besserung zu erreichen (Art. 25). Aus den Motiven zum Entwurf<br />
eines Criminal-Gesetzes, der 1839 dem Landtage zugeleitet wurde, sei hier schon<br />
vorweg genommen, was darin ausgeführt wurde: "Vorsorglich aber verhüte man,<br />
daß die Strafanstalten eine Art belustigender Unterhaltung seien."<br />
Die Hausordnung für die Landesstrafanstalten in Wolfenbütte1 und für das<br />
Kreisgcfängnis ebendort vom 29. April 1843 9) war denn auch entsprechend diesem<br />
Grundsatze abgefaßt. Der in die Anstalten Aufzunehmende sollte rein von Ungeziefer<br />
und mit angemessener Kleidung und mit 2 Hemden versehen sein, um die<br />
Wäsche "gehörig" wechseln zu können. Die Gefangenen waren nach Geschlechtern<br />
zu trennen, und es sollte eine Klasseneinteilung dergestalt stattfinden, daß u. a. die<br />
jugendlichen Verbrecher von den älteren und "verdorbeneren" gesondert werden<br />
sollten. Die gewöhnliche Beköstigung bestand aus 1 1 / t Pfund Roggenbrot (für die<br />
Frauen gab es nur 1 1 /, Pfund) und 1 1 / 2 "Quartier" 10) Gemüse täglich sowie 2 Loth<br />
Salz wöchentlich; die mit öffentlichen oder hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigten<br />
Sträflinge und die, welche Schuhmacher-, Schneider-, Tischler-, Lehmentiererund<br />
ähnliche Arbeiten verrichteten, abends eine Sonderverpflegung, die -in 1 1 / 4 Pfund<br />
"Quartier", einer breiartigen Mehl-, Brot- oder Kartoffelsuppe bestand.<br />
Die Gefangenen mußten auf einer Strohmatratze schlafen, die -auf einer Holzpritsche<br />
ausgebreitet wurde. Die Arbeitszeit begann im Sommerhalbjahr morgens<br />
um 5 Uhr und im Winterhalbjahr um 6 Uhr morgens. Jeweils eine halbe Stunde<br />
vor Arbeitsbeginn wurde aufgestanden, um 9 Uhr abends war die Zeit zum Schlafengehen.<br />
Frühstück gab es in der Zeit von 8 bis 8 1 /2 Uhr, das Mittagessen war von 12<br />
bis I Uhr vorgesehen, wobei eine halbe Stunde der Erholung galt. Die Abendmahlzeit<br />
wurde in der Zeit von 7 bis 7 1 / 2 Uhr eingenommen. Sträflinge, die nicht im<br />
Freien arbeiteten und auch nicht mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt waren,<br />
sollten in jeder Woche mehrere Male (mindestens aber amSonntagnachmittag) eine<br />
Stunde lang -auf dem "großen Hofe" unter Aufsicht spazieren gehen dürfen.<br />
Für bestimmte Beschäftigungsarten waren feste Arbeitsaufgaben zu erfüllen,<br />
so hatten z. B. Flachsspinnerinnen 13 bis 15 Gebinde, Wollspinner 8 bis 10 Gebinde<br />
und Handschuhnäherinnen 2 Paar je Tag zu liefern. Wer diesen Verpflichtungen<br />
nicht nachkam, mußte nach-arbeiten und hatte außerdem disciplinarische Strafen und<br />
9) Beg e, Repertorium der Verordnungs-Sammlung für die Herzoglich <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Lande V. Teil, 1846, Seite 15.<br />
10) Quartier war die Einheit der Flüssigkeit. Es faßte 1 Pfund destilliertes Wasser bei<br />
15 Grad Reaumur; 31 Loth waren I Pund, jedes Loth zu vier Quentchen. (Gesetz vorn<br />
3°.3. 1837)'<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568