braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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Seeliger und der Konsistorialpräsident Sievers 82). Zugleich hinterließ die Rohstoffknappheit<br />
des Reiches ihre Spuren. Beim Kaufmann Ernst Hagemann in der Karrenführcrstraße<br />
richtete man 1916 die Sammelstelle für Zinngegenstände (Bierkrugdeckel)<br />
ein, bei der im Verlaufe dieses Jahres 75 Bierkruge von den Einwohnern abgeliefert<br />
wurden. Die Prüfung des Kunstwertes dieser Bierkrugdeckel oblag dem<br />
Direktor des herzoglichen Museums in <strong>Braunschweig</strong>, dem rühmlich bekannten Geheimen<br />
Hofrat Prof. Dr. Paul Jonas Meier 83).<br />
Wie andernorts, so haben auch in Wolfenbüttel mittelständische Betriebe Lieferungen<br />
für den Heeresbedarf während der Kriegszeit geleistet. Dies gilt - um nur<br />
drei Namen 7.U nennen - für die Planen- und Zeltefabrik Jäger und die Möbeltischlerei<br />
Knust. Diese, die früher u. a. den herzoglichen Hof mit exquisitem Mobiliar ausstattete,<br />
hat - anfänglich gemeinsam mit der Landmaschinenfabrik Welger - Sanitäts-,<br />
Proviant- und Munitionsfahrzeuge gebaut 84).<br />
Noch während der Kriegszeit ist es zur entscheidenden Veränderung in der Stadtverfassung<br />
gekommen. An die Stelle des vom Herzog eingesetzten und vom Staat besoldeten<br />
obersten städtischen Beamten, des Stadtdirektors, trat 1917 ein von der<br />
Stadtverordnetenversammlung gewählter Magistratsvorsteher. Die Wahl fand am<br />
I. April 1917 statt. Die Entscheidung fiel einstimmig auf den Rechtsanwalt und Notar<br />
Paul Eyferth, dem am 18. April 1917 Herzog Ernst August den Titel eines Bürgermeisters<br />
verlieh 85). Mit seiner Wahl bekam Wolfenbüttel seit dem Ende seiner alt<br />
'braunschweigischen Zeit zum ersten Mal wieder einen Bürgermeister. - In Verhandlungen<br />
mit dem Finanzkollegium ist es Eyferth gelungen, das Schloß, dessen nördlicher<br />
Mittelbau 1918 völlig ausbrannte, im Jahre 1919 zur Nutzung auf 99 Jahre für<br />
die Stadt zu erwerben. Im gleichen Jahr gelang es ihm, die beiden Rittergüter Linden<br />
und Neindorf für Wolfenbüttel zu kaufen. Sie sind bis 1929 bewirtschaftet und hernach<br />
verpachtet worden. 1924 konnten 336 ha Land von den Gemeinden Atzum,<br />
Ahlum, Wendessen und Linden erworben werden. Damit bekam die Stadt jetzt erst<br />
das, was ihr von Beginn an gefehlt hat, nämlich eine eigene Feldmark, die den nötigen<br />
Raum zur Ausdehnung bot 86).<br />
Paul Eyferth ist 1933 nach einem segensreichen Wirken von den Nationalsozialisten<br />
abgesetzt worden, pensioniert im Interesse des Dienstes, wie es hieß. Sein Nachfolger<br />
wurde Bürgermeister Fritz Ramien. Unter seiner Führung bemühte sich die<br />
Stadt um die Ansiedlung neu geschaffener Verwaltungsstellen des Dritten Reiches.<br />
Wolfenbüttel strebte danach, Sitz des Reichsnährstandes zu werden. Es blieb aber<br />
gegenüber dem konkurrierenden Goslar, das diesen Wettstreit 1934 für sich ent-<br />
82) Zum Vortrag von H. Jasper StA 34 N Fb.4 Nr. 340; zu den Jugendkompanien StA<br />
Il7 Neu I, vorI. Nr.468 ..<br />
83) StA Il7 Neu I, vorI. Nr. 506.<br />
84) (W. K n u s t sen.) Gesdlidlte eines alten Gewerbebetriebes, Wolfenbüttel 1945,<br />
S.17·<br />
85) StA Il A Neu Fb.13 Nr.s642; vgI. P. E y f e r t h, Erzähltes und Erlebtes aus<br />
WolfenbütteI in den letzten hundert Jahren, 1955, S. 9 f.<br />
86) Zur Nutzung des Sdllosses und zum Kauf der Rittergüter s. E y f e r t h (wie Anm.<br />
85), S. 15; W. Wes sei (wie Anm.80), S. 185 f.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
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