braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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und Lärm. - Bitte fragen Sie Röberchen, ob sie zum Ersten Geld braucht, dann<br />
werde ich es ihr smicken lassen. Dem Portier soll sie sagen, daß die Miete vor dem<br />
7. bezahlt werden wird. - Nein, die Aussicht von dieser Veranda ist zu hübsch:<br />
heute ist, seit ich hier bin, der erste ganz helle Tag. -Abenteuer habe ich keine<br />
gehabt, wenn Sie nicht Schuhvollfüllen und über eine Wurzel im Halbdunkel hinsmlagen<br />
so ansehen wollen (beides vorgestern)" 138). Das Postskript dieses Briefes<br />
enthält die Mitleidsbekundungen für die geplagte Wirtin Frau Klapproth (s. S. Jl8).<br />
An demselben Tag unternimmt Holstein eine größere Wanderung: "Hanskühnenburg,<br />
Sieber, Stieglitzecke" 139). Und später in demselben Brief vom 28. September:<br />
"Heute Nachmittag werde ich noch eine große Tour machen." Er geniert sich<br />
auch nicht mitzuteilen: "Ein Paar Schuhe ist gänzlich kaput [!l, zum Wegschmeißen,<br />
verschiedene Sachen geben auch schon Notsignale" 140). "Die großen stillen Wälder<br />
passen mir hier sehr. Wenig Wild gibt es. Im sah erst 5 Stück", so seine Bemerkungen,<br />
gerichtet an Helene von Lebbin am 30. September 1898 141).<br />
Am Freitag, 23. September 1898, schreibt Holstein aus Riefensbeek folgenden<br />
ausführlichen Brief an die Freundin Helene v. L., da es, wie aus dem Brief hervorgeht,<br />
regnet: "Heute ist Regenwetter. Nicht gewöhnlim,er Landregen, sondern verfeinerter<br />
Seenebel [sie] nadl Harzer Art. Ich habe mim jetzt, 9 Uhr früh in der<br />
Veranda etabliert, mit Paletot, Decke, Büchern und Schreibmaterial. Es ist im Regen<br />
wie bei anderen Widerwärtigkeiten ein Gefühl der Erleichterung, sidl zu sagen,<br />
daß man die Sache allein durmmacht .... Gestern nach dem Essen, d. h. 1/4 3 brach<br />
ich nadl der Hanskühnenburg 142) auf. Unterwegs überlegte ich mir, daß ich nodl<br />
ein Geschäftstelegramm schicken wollte. Da Eile wünschenswert, so beschloß ich,<br />
selber gleim nach Osterode zu gehen. Um 4 war ich auf der Hanskbg [sie], um 8/47<br />
in Osterode, schickte mein Tel., trank ein Glas Portwein u. fuhr mit Einspänner nach<br />
Hause, angetan mit einem geborgten Mantel. Familie Klapproth war bereits am<br />
Beraten, ob man nicht ein paar Leute mit Laternen bergauf schicken sollte. Ich verlaufe<br />
mich allerdings jeden Tag mindestens ein Mal, da ich unterwegs an andere<br />
Sachen denke. In dem guten Harz kann man sich das smon erlauben; den hiesigen<br />
Schwierigkeiten bin ich immer noch gewachsen, wenigstens solange es hell ist. - Was<br />
die Aussichtspunkte anlangt, so sind die mit beschränktem Gesichtskreis entschieden<br />
vorzuziehen, hier wie im ganzen Harz. - Vorgestern sah ich die Hammersreinklippen<br />
148), mit Aussicht auf einen besonders dusteren Tannentalkessel, sehr schön in<br />
seiner Art. Gestern auf der Hanskühnenburg hatte man einen ungeheuren überblick<br />
ringsum, bis in die Ebene hinein; das macht einen öderen, heimatloseren Eindruck als<br />
das Tannental bei den Hammersteinklippen. Als Wohnort mag das eine wie das<br />
andere heiter gewesen sein. Suff, Raub und wenns horn kam, Entführung einer<br />
Jungfrau, weiter blieb dem Ärmsten, der da hauste, von den Annehmlichkeiten des<br />
IlO<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
138) Akt e n Bd. 79, BI. 85-88.<br />
139) Akt e n Bd. 79, BI. 89.<br />
UD) Akt e n Bd. 79, BI. 90.<br />
1U) T rot h a S. 49.<br />
142) Aussichtspunkt auf dem langgestreckten Bergrücken Acker.<br />
143) Zwischen Stieglittecke und Morgenbrotstal.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568