braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

wichtigen amerikanischen Politikers, des Senators Charles Sumner. George W. F.
Hallgarten beklagte, daß ihm die Frankfurter Zeitung vom 3. Januar 1875, die eine
kleine Notiz brachte, nicht zugänglich sei 19). Die Notiz konnte herbeigeschafft
werden 20). Das Vorkommnis kann aufgebauscht, aber auch wirklich ein wenig
skandalös gewesen sein. Arthur von Brauer, badischer Staatsmann, zeitweilig Vortragender
Rat im Auswärtigen Amt, also Holsteins Kollege, schreibt in seinen
Erinnerungen über diese Episode: "In Washington war es, wo Holstein erstmals,
und wohl auch letztmals, von Amors Pfeil ernstlich verwundet wurde. Er verliebte
sich leidenschaftlich in die schöne und kluge Frau eines amerikanischen Senators,
fand wohl auch Gegenliebe. Die Sache drohte zum Skandal auszuwachsen. Er wurde
deshalb von seinem Chef auf Reisen geschickt und dann abberufen" 21), zunächst
nach Stuttgart versetzt.
Von 1868 bis 1870 ist Holstein vom Dienst beurlaubt. In dieser Zeit widmet
er sich dem Tauschiffahrt-Unternehmen auf dem Rhein, das schließlich nicht zum
Ziel führt, aber wohl Holsteins Vermögen verschlang 22). Juli 1870 nimmt er seinen
Dienst wieder auf, ist kurze Zeit in Brüssel und dann bei der Fcldkanzlei des
Großen Hauptquartiers. Doch nach wenigen Wochen kehrt er nach Berlin zurück.
Am 5. Januar 1871 erscheint Holstein wieder im Hauptquartier in VersaiIIes und
übersetzt einen Teil der Kapitulationsdokumente 23). Nach Hatzfeld erschien Holstein
"zur größten überraschung" 24), "ungerufen", wie Rogge und Frauendienst
19) George F. W. Hall gar t e n: Fritz von Holsteins Geheimnis. Neues Limt auf die
LebensgesmidIte der "Grauen Eminenz", in: Historische ZeitsdII'ift 177 (1954) 75-83, besonders
S. 761. - N 0 r man R i eh: Eine Bemerkung über Friedrim von Holsteins Aufenthalt
in Amerika, ebda. 186 (1958) 80-86.
20) Sie steht in der Ausgabe vom Sonntag, 3. I. 1875, Morgenblatt, auf S. 3 unter dem
Strim und lautet: "Baron Holstein, welmer zuletzt in dem Arnim'smen Prozeß in Berlin eine
Rolle spielt, soll derselbe preußisdIe Diplomat sein, weldIer früher als Mitglied der preußisdIen
GesandtsdIaft in Washington durdI seine Galanterie gegen die Gattin des Senators
Summer [!] die wütende Eifersumt Summers [!] erregte. Der ,große amerikanisme Staatsmann'
benutzte seine damalige Stellung als Vorsitzender des Senats-AussdIusses für auswärtige
Angelegenheiten, um die Abberufung Holstein's von Washington zu bewirken, wiewohl
er gar keinen Grund zum Mißtrauen gegen seine durdIaus adItungswerthe Frau hatte,
die sidI bald darauf von ,ihm wegen seiner Unerträglimkeit trennte und später eine förmliche
Scheidung erlangte." - Dazu die Äußerung von G ü n t e r R ich t e r (FriedridI von Holstein.
Ein Mitarbeiter Bismarcks. 1966 = Historische Studien H. 397, S. 18-19): "Washington
ist aum der Ort, an dem sidI angeblidI eine niemals restlos geklärte ,Liebesaffäre' Holstcins
abgespielt hat. Er soll dort mit der Gattin des Senators Sumner ein Verhältnis gehabt und
dadurm seine Washingtoner Stellung unmöglim gemamt haben. Abschließendes läßt sim darüber
nidIt sagen ... ".
ti) Arthur von Brauer (s. Anm. 6) S. 109. Hierzu Norman Rieh: Eine
Bemerkung über Friedrich von Holstcins Aufenthalt in Amerika, in: Historische Zeitsmrift
186 (1958) 85: "Brauers Memoiren sind voller Ungenauigkeiten, und es ist hödIst unwahrscheinlidI,
daß Holstein Brauer in dieser Angelegenheit Vertrauen gesdIenkt hat. Brauers Information,
wie so viele andere über diese Affaire, beruhten wahrsmeinlim auf Klatsch."
22) R 0 g g e: Holstcin S. 70-87. S. a. Helmuth Rogge: Friedrim von Holstein, Max Eyth
und die Tau-Smleppfahrt, in: Blätter für deutsme Landesgeschimte 89 (1951) 169-146.
23) R 0 g g e: Holstein S. 99.
24) Zit. nach R 0 g g e: Holstein S. 96.
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