braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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1514 die Regierung antrat, da fand er Wolfenbüttel an (ohne) eine darbey liggende<br />
stat und burgerschaft ganz einic (verlassen) oder ode vor 7). Neben der Dammsiedlung<br />
ist eine zweite Siedlungszelle beim Vorwerk an der Marienkapelle ausgebaut<br />
worden. Dieser Bezirk tritt 1533 noch unter dem Kirchennamen "Zu unser lieben<br />
Frauen" auf, wechselt aber im Verlauf des 16. Jahrhunderts mehrfach den Namen.<br />
Er ist die Keimzelle der späteren Heinrichstadt gewesen 8).<br />
Die ersten Spuren eines vorstädtischen Verfassungslebens tauchen 1538 auf. Im<br />
Entwurf zu einem Privileg für die Schneidergilde alhier zu Wulffenbuttel vorm sloß<br />
und in unser stat zu unser lieben trauen Sa) nennt Herzog Heinrich d. J. "Bürger",<br />
"Bürgerknechte", "Bürgerschaft" und verwendet den Begriff "Stadt". Zwei Jahre<br />
später, 1540, verleiht der Fürst den Bewohnern bei der Siedlungsteile eine bürgerliche<br />
Ordnung. Darin setzt er zwei Bürgermeister ein, denen die Bürger als ihren<br />
körperlichen Oberherren Gehorsam zu leisten haben. Als Vertreter des Stadtherrn<br />
amtiert der Großvogt. Er nimmt den Bürgereid ab, bei ihm haben sich die Bürger<br />
abzumelden und ihm müssen sie ihre beherbergten Gäste namhaft machen. Besondere<br />
Sorgfalt gebietet diese bürgerliche Ordnung, die den Charakter einer Polizeiordnung<br />
trägt, beim Umgang mit Feuer und Licht 9). Bemerkenswert ist, daß es zu dieser<br />
Zeit wohl Bürgermeister, aber noch keinen Rat gibt 10).<br />
Trotz dieser Ansätze hat sich die Stadtwerdung der Siedlungen bei der Feste<br />
Wolfenbüttel nur in einem sehr gebremsten Prozeß vollzogen. Die frühen Spuren<br />
sind durch die kriegerischen Maßnahmen des Schmalkaldischen Bundes wieder zugeschüttet<br />
worden - Kriegsereignisse, die sich auch auf die Entwicklung der Verwaltung<br />
des Fürstentums hemmend ausgewirkt haben. Am Il. August 154l eroberten<br />
die Truppen des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen und Kurfürst<br />
Johanns von Sachsen Wolfenbüttel und zwangen den katholischen Herzog Heinrich<br />
d. J. zur Flucht. Bei einem Rückeroberungsversuch fiel der Fürst 1545 in hessische<br />
Gefangenschaft. Erst der Sieg Kaiser Karls V. über den Schmalkaldischen Bund in<br />
der Schlacht von Mühlberg 1547 gab dem Herzog die Freiheit zurück.<br />
Das Ausmaß der Zerstörungen der hessisch-sächsisdIen Truppen in der herzoglichen<br />
Residenz zeigt ein HolzsdInitt von Lucas Cranach d. Ä. Er hat im Auftrag<br />
des Kurfürsten der Belagerung \Volfenbüttels beigewohnt 11). Das SdIloß wurde<br />
7) StA 2 Alt 7698 fol. zr.<br />
S) Zn den Namen der Siedlungsbezirke F. T h ö n e, Wolfenbüttel unter Herzog JuHus<br />
1568-1589, BJb 33, 195 z, S.I-74. hier S. 5 ff. Zur Ausdehnung der Bezirke A. Be u e rman<br />
n, Die Grundrißentwicklung der Innenstadt von WolfenbütteI, in: J. K ö n i g (Hrsg.),<br />
Beiträge zur Gesmimte der Stadt Wolfenbüttel, 1970, S. 61-73 j vgI. aum 0 h ne S 0 r ge<br />
(wie Anm.5), S. 27 fi.<br />
Sa) Das Privileg für die Smneidergilde als Entwurf in StA 1 Alt 7698 fol. 2r-3r.<br />
8) Die "bürgerIime Ordnung" von IHo in StA 40 Slg 83. Ober die Anfänge der Verfassungs<br />
entwicklung ist einzusehen K. Beg e. Chronik der Stadt WolfenbütteI und ihrer<br />
Vorstädte, 1839, S. 33 ff. Wimtig aum die Bemerkungen bei K ö n i g (wie Anm. 8), S. 7-9.<br />
10) Aum die nimt behändigte Ausfertigung einer neuen bürgerlimen Ordnung vom<br />
Il. April 1548 rimtet sim lediglim an die Bürgermeister und gemeinen Einwohner des<br />
Dammes vor WolfenbütteI: StA 2 Alt 7 698 fol. 8r-IOv.<br />
11) H. Sei f e r t, Vater und Sohn Lucas Cranam und die Belagerung von Wolfenbüttel<br />
im August IH2. BJb 52, 1971, S. HI-1l4.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568<br />
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