braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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zerschossen und die Erdrondelle der Befestigung zum Teil niedergerissen. Zahlreiche<br />
Häuser und Katen der Einwohner waren verbrannt. Eine Beute der Sieger ist auch<br />
der Inhalt der herzoglichen Kanzlei geworden. Sie befand sich zu jener Zeit gegenüber<br />
dem Schloß auf dem Gelände des Kleinen Schlosses 12). An die Spitze dieser<br />
Kanzlei hat Heinrich d. J. später, 1556, einen Juristen von europäischem Rang als<br />
Kanzler berufen. Es war Dr. Joachim Mynsinger von Frundeck.<br />
Während der Schmalkaldischen Besetzung scheint die Heinrichstadt, derzeit Neustadt<br />
genannt, nicht mehr über die 1540 eingesetzten Bürgermeister verfügt zu haben.<br />
Die burger der Neustat zu Wulffenbuttel haben 1545 ohne diese ihre vorgesetzten<br />
Organe mit den Siegern verhandelt. Dem 1547 heimkehrenden Herzog hinterließen<br />
die Eroberer ein Schloß, das für die Aufnahme der fürstlichen Hofhaltung kaum<br />
noch geeignet war. Vor allem hat es an intakten Wirtschaftseinrichtungen gefehlt,<br />
die den Unterhalt des Hofstaates hätten gewährleisten können. Im Jahr 1548 empfahl<br />
Balthasar von Stechow, der herzogliche Groß vogt zu Wolfenbüttel, seinem Herrn,<br />
folgende Bauten unverzüglich in Angriff zu nehmen: einen Schafstall, ein Vorwerk,<br />
ein Schweinehaus, zwei Scheunen, einen Ochsenstall und einen Pferdestall 13 ). Nicht<br />
einmal Schweine gab es mehr in ausreichender Anzahl; von Stechow hatte Befehl,<br />
das Borstenvieh anzukaufen, allerdings nicht mehr schwein, dann zu unserer hoffhaltung<br />
notturfftig 14). Beim Schloß lagen die Einfriedigungen und Zäune verwüstet<br />
danieder. Um sie im Sommer des Jahres 1548 wieder herzurichten, war die Arbeit<br />
von 60 Zimmerleuten erforderlich 15). Gleichfalls am Schloß und bei der Marienkapelle<br />
verwilderten und verwucherten die fürstlichen Gärten, in denen früher einmal<br />
Springbrunnen geplätschert hatten. Zu Trümmern zusammengesunken war das<br />
fürstliche Lusthaus. Noch um die Jahreswende 1547/48 erhielt der Baumeister Simon<br />
aus <strong>Braunschweig</strong> den Auftrag, das Haus wieder aufzurichten 16). Angesichts des Ausmaßes<br />
der Zerstörungen kann es nicht verwundern, daß der Herzog anfangs gezögert<br />
hat, das Schloß W olfenbüttel überhaupt wieder als W ohn- und Regierungssitz<br />
einrichten zu lassen. Der Aufenthalt in Gandersheim erschien ihm aus mancherlei<br />
Gründen liebenswerter.<br />
Einen niederschmetternden Eindruck machte auch die Bevölkerungsentwicklung.<br />
1548 lebten in der Siedlung auf dem Damm einschließlich der fürstlichen Räte und<br />
des Kanzleipersonals 37 Hauswirte; bei "unser lieben frauen" waren es 36, zu denen<br />
noch einmal 18 Mieter kamen. Im gleichen Jahr sind in der Dammsiedlung einschließlich<br />
der fürstlichen Wirtschaftsbetriebe und Wachhäuser 45 Feuerstätten unterhalten<br />
worden. Man kann sich wohl die Verhältnisse nicht klein genug vorstellen;<br />
denn das Schloß allein barg ebenfalls bereits 35 Feuerstellen. Die hier genannten<br />
12) Zur Lage und frühen GesdJidlte der Kanzlei H. K 1 ein a u, GesdJidJte des NiedersädJsisdJen<br />
StaatsardJivs in Wolfenbüttel (Veröff. d. Nds. ArdJivverwaltung, Bd. I), 1953,<br />
S. 15 ff.<br />
18) StA 1 Alt 8 Nr. 47 fol. 51.<br />
14) ebendort fol. 73.<br />
15) ebendort fol. 53.<br />
50<br />
16) ebendort fol. 19.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042568