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Newsletter 01/02/2010 http://www.katnet.de

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weite Teile <strong>de</strong>r Stadt zerstört hatten. Wie Hoffmann zeigte, lässt sich die unorganisierte und<br />

partielle Rekonstruktion von New Orleans dabei nur auf <strong>de</strong>n ersten Blick mit <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Stadt<br />

herrschen<strong>de</strong>n Chaos erklären. Vielmehr stellt die beobachtete Verstrickung von<br />

Interessengruppen, die Fülle von bereits vorhan<strong>de</strong>nen Stadtentwicklungsplänen und -initiativen<br />

ein alltägliches Phänomen amerikanischer Stadtplanung dar, das durch <strong>de</strong>n Ausnahmezustand<br />

in New Orleans nur in einem an<strong>de</strong>ren Licht gesehen, jedoch nicht verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist. Auf die<br />

Auswirkung einer Naturkatastrophe im Salzburg <strong>de</strong>s Jahres 1669 machte Hauer aufmerksam.<br />

Sie konzentrierte sich auf die künstlerische Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m naturbedingten<br />

Ausnahmezustand und illustrierte anhand zahlreicher Kupferstiche aus <strong>de</strong>r frühen Neuzeit, wie<br />

sich die Naturkatastrophe in das kulturelle Gedächtnis <strong>de</strong>r Stadtbewohner eingeschrieben hat.<br />

Auf <strong>de</strong>n Ausnahmezustand in seiner Beziehung zu Rechtstaat und Demokratie konzentrierten<br />

sich die Vorträge <strong>de</strong>s dritten Panels. MORITZ ISENMANN (Universität Köln) zeigte in seinem<br />

Vortrag, dass es sich beim Ausnahmezustand nicht um ein Phänomen han<strong>de</strong>lt, welches sich<br />

erst mit Gründung <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen Rechts- und Verfassungsstaats im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt etabliert<br />

hat. Statt<strong>de</strong>ssen zeigten sich sowohl das Rechtsstaatsprinzip wie auch <strong>de</strong>ssen Aufhebung im<br />

Ausnahmezustand bereits in <strong>de</strong>n mittelalterlichen Stadtrepubliken Italiens. Anhand <strong>de</strong>r Stadt<br />

Florenz ver<strong>de</strong>utlichte Isenmann, wie ein permanentes Regieren unter Notverordnungen ?<br />

vergleichbar mit <strong>de</strong>r in gegenwärtigen Demokratien zu fin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schwächung <strong>de</strong>r Legislative<br />

zugunsten <strong>de</strong>r Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Rechtsbefugnisse <strong>de</strong>r Exekutive ? bereits die damaligen<br />

Stadtrepubliken in autokratische, vom Ausnahmezustand ausgehöhlte Regierungssysteme<br />

transformierte.<br />

JAN KEMPER (TGK) versuchte, mit Hilfe <strong>de</strong>r Kategorie <strong>de</strong>s Ausnahmezustands <strong>de</strong>n<br />

Ermessenspielraum von Verwaltungen und das Entscheidungshan<strong>de</strong>ln von street level<br />

bureaucrats im Berliner Bezirk Neukölln in <strong>de</strong>n Blick zu bekommen. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund<br />

divergieren<strong>de</strong>r sozialer Lagen und einer polarisierten politischen Situation im Bezirk seien<br />

Verselbstständigungen in <strong>de</strong>r bezirklichen Verwaltung möglich gewesen, die eine willkürlich<br />

anmuten<strong>de</strong> und sozial diskriminieren<strong>de</strong> Durchführungspraxis von Verwaltungsbestimmungen<br />

erlaubten.<br />

Die Diskussion um einen ?permanenten Ausnahmezustand? wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n ersten<br />

Konferenztag been<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Roundtable-Veranstaltung mit RAUL ZELIK (Autor, Berlin), JON<br />

COAFFEE (University of Manchester) und STAVROS STAVRIDES (National Technical<br />

University of Athens) aufgegriffen. Im Zentrum stand dabei die Frage nach <strong>de</strong>r Normalisierung<br />

<strong>de</strong>s Ausnahmezustands. Sie wur<strong>de</strong> von Zelik auf das Agieren paramilitärischer Gruppen in<br />

Kolumbien übertragen, die als informelle Ergänzung <strong>de</strong>s staatlichen Sicherheitsapparates<br />

fungieren und durch gewaltsame Akte wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong> Ausnahmezustän<strong>de</strong> als ein alltägliches<br />

Mittel politischer Herrschaft verankern. Aus raumplanerischer Perspektive zeigte<br />

anschließend Jon Coaffee, wie terrorpräventive Architekturen, von Schranken bis<br />

Überwachungskameras, die schon vor <strong>de</strong>m 11. September 20<strong>01</strong> vor allem in <strong>de</strong>n Finanzvierteln<br />

westlicher Städte zu fin<strong>de</strong>n waren, als Ausdruck eines permanenten Ausnahmezustands<br />

gelesen wer<strong>de</strong>n. Allerdings, so Coaffees Argument, lässt sich in heutigen Städten zugleich ein<br />

an<strong>de</strong>res Verständnis von ?Normalzustand? fin<strong>de</strong>n. Während vor <strong>de</strong>n Angriffen von 20<strong>01</strong> Städte<br />

noch durch Gegenstrategien einen Terroranschlag abzuwen<strong>de</strong>n suchten, Normalität also noch<br />

als Ausgangspunkt und Abgrenzung gegen <strong>de</strong>n Ausnahmefall verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>,<br />

setzt sich in <strong>de</strong>n letzten Jahren das Konzept <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstandsfähigkeit (resilience) durch, das<br />

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