Pfarrbrief Pfingsten 2005 - kath. Pfarrgemeinde St. Johannes Baptist ...
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<strong>Pfingsten</strong> <strong>2005</strong><br />
Tsunami Katastrophe<br />
Wo war Gott in der Flut?<br />
Am 2. Weihnachtstag riss auf der anderen Seite<br />
der Erde eine durch ein Seebeben ausgelöste<br />
Flutwelle über 200.000 Menschen in den<br />
Tod. Auch eine Lehrerin aus Leichlingen war<br />
unter den Opfern.<br />
Wenn auch schon wieder Zeit seitdem vergangen<br />
ist, andere Nachrichten die Welt umkreisen,<br />
die Frage bleibt: Wo war Gott in diesem<br />
Leid? Oder genauer: wie können wir<br />
Menschen an einen guten und liebenden Gott<br />
glauben, wenn solche Unglücke passieren?<br />
Ist das nicht ein Beweis dafür, dass es Gott<br />
nicht gibt? Oder wenn es ihn doch gibt, steht<br />
er dann nicht unserem Leid teilnahmslos gegenüber?<br />
Diese Fragen sind alle schwerwiegend und fertige<br />
Antworten kann ich nicht liefern. Aber:<br />
ich will Versuche zur Antwort geben.<br />
• Die Fragen sind berechtigt. Schon immer haben<br />
Menschen so gefragt. Das Buch Hiob der Bibel<br />
dreht sich um diese Frage. Hiob, der<br />
schlimme Schicksalsschläge erleiden muss,<br />
wendet sich an Gott mit der Frage: Warum?<br />
• Spätestens mit dem schlimmen Erdbeben von<br />
Lissabon (1755), als zigtausende Menschen<br />
an einem Sonntag starben, wird die Frage<br />
von Theologen und Philosophen in der Neuzeit<br />
diskutiert.<br />
• Der christliche Glaube, den Jesus verkündet<br />
hat und für den er am Kreuz gestorben<br />
ist, glaubt an einen persönlichen Gott, der<br />
jedem Menschen persönlich zugewendet ist<br />
und ihm helfen will.<br />
• Wie passt das zusammen? Ich unterscheide:<br />
a) es gibt ein Leid, dass aus menschlicher<br />
Bosheit entsteht. Dem gegenüber steht Leid,<br />
dass Menschen aus Katastrophen entsteht, an<br />
denen sie keine Schuld tragen. Dies ist auch<br />
bei der Flutwelle in Asien geschehen. Wie-<br />
so lässt Gott unschuldige Menschen leiden<br />
und sterben?<br />
• Es gibt Theologen, die sagen: Wenn Gott die<br />
Liebe ist, dann will er auch von den Menschen<br />
selber geliebt werden. Lieben können<br />
aber nur Wesen, die sich für die Liebe entscheiden,<br />
also frei sind.<br />
• Gott muss danach für Freiheit sorgen. Die<br />
Evolution auf der Erde ist für mich ein entscheidendes<br />
Beispiel für diese Freiheit. Leben<br />
hat sich über verschiedene <strong>St</strong>ufen entwickelt.<br />
Lebensformen haben sich gebildet,<br />
andere sind wieder verschwunden. Dieser<br />
Prozess ist bestimmten Naturgesetzen unterworfen,<br />
aber er ist offen. Eine <strong>St</strong>ation in diesem<br />
Prozess sind wir Menschen. Auch wir<br />
sind diesen Gesetzen unterworfen, unter denen<br />
die Natur sich weiterentwickelt. Erdbeben<br />
gehören zu diesem Prozess, Gott hat<br />
uns keine fertige Erde zur Verfügung gestellt,<br />
sondern eine, die sich in Freiheit weiterentwickelt.<br />
Für Menschen bedeuten Naturereignisse<br />
wie am 26. Dezember eine Katastrophe.<br />
Ereignisse, die Menschen töten und verletzen,<br />
werden für uns Menschen zum Leid.<br />
„Dieses Leid ist der Preis Freiheit“ so der<br />
Theologe Gisbert Greshake.<br />
• Der deutsche Theologe Karl Rahner hat diese<br />
These grundsätzlich bestätigt, aber er hat weiter<br />
gefragt: Wenn Gott die Freiheit will, dann<br />
hat er auch mit dem Leid gerechnet, dann ist<br />
Gott in letzter Konsequenz für dieses Leid<br />
aus der Natur mitverantwortlich.<br />
• Für Rahner ist die Frage: „Warum gibt es<br />
(menschliches) Leid?“ letzten Endes nicht<br />
zu begreifen. Für ihn ist diese Unbegreiflichkeit<br />
in letzter Konsequenz ein Wesenszug<br />
Gottes selber: „Die Unbegreiflichkeit des<br />
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