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Die @Neustrukturierung von Studiengängen "Deutsch als ...

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160 Werner Roggausch<br />

ohne dass nachweisbar wäre, worin die Wissenschaftlichkeit eigentlich besteht.<br />

Alle hermeneutischen und historischen Wissenschaften, deren Gegenstände<br />

gesellschaftliche und geschichtliche Sachverhalte sind, treffen begriffliche und<br />

methodische Entscheidungen, die letztlich normativ sind und in politischen,<br />

moralischen oder ästhetischen Grundpositionen wurzeln. Und diese Entscheidungen<br />

können begründet kontrovers sein. Wer sich mit verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Schulen oder gar Wissenschaftskulturen auseinandersetzt, erkennt bald,<br />

dass es keine verbindlichen Fundamente gibt, die <strong>als</strong> „wissenschaftliche Basis“ der<br />

akademischen Disziplin unumstritten wären.<br />

Mit dem Begriff „Wissenschaftlichkeit“ werden oft genug gar nicht fachliche<br />

Standards oder verbindliche Wissensbestände verteidigt, sondern der „eigene<br />

Ansatz“ oder die aktuell mehrheitsfähige Schule. Aus diesem Dilemma gibt es<br />

überhaupt keinen Ausweg. Ich rufe es hier nur deshalb auf, weil ich auch damit<br />

untermauern will, dass Wissenschaftlichkeit und Praxisorientierung nicht nur eine<br />

hinderliche, sondern auch eine systematisch unhaltbare Opposition darstellen.<br />

<strong>Die</strong> Hochschulen haben sicher unterschiedliche Verantwortungen: gegenüber der<br />

eigenen Institution, die einen unaufgebbaren Anspruch, ein Ethos und eine eigene<br />

Würde hat, gegenüber Staat und Gesellschaft, die immerhin die Finanzierung aufbringen<br />

und ein Höchstmaß an Qualität in Wissenschaft und Lehre benötigen und<br />

erwarten dürfen, und selbstverständlich gegenüber den Studierenden, die systematisch<br />

begründete und fachlich qualitätsvolle Studiengänge erwarten dürfen und die<br />

auch mit Recht die Frage aufwerfen, für welche beruflichen Perspektiven sie<br />

qualifiziert werden.<br />

Ich erlaube mir noch eine kurze Anmerkung zur gesamtgesellschaftlichen<br />

Qualifikationsstruktur. Es ist sicher sachgerecht, wenn betont wird, wir benötigten<br />

für alle beruflichen Ebenen immer höhere Qualifikationen. Es wurden auch<br />

quantitative Konsequenzen gezogen: Wie gesagt studieren annähernd 40% eines<br />

Geburtenjahrgangs, das Gymnasium wird <strong>von</strong> mehr <strong>als</strong> 30%, die Re<strong>als</strong>chule <strong>von</strong><br />

etwa 25% eines Jahrgangs besucht. Etwa 20% bleiben an den Hauptschulen, <strong>von</strong><br />

diesen jedoch gehen wiederum 20% ohne Abschluss ab.<br />

Mit dieser quantitativen Verlagerung nach oben, <strong>als</strong>o zum Gymnasium und in die<br />

Hochschulen, ging aber am Arbeitsmarkt keine äquivalente Erhöhung der gut<br />

bezahlten Positionen einher. Und es fand zeitgleich ein Qualitätsverlust durch alle<br />

Stufen statt: Von den Hauptschulen bis zum Studienabschluss. Solche Disparitäten<br />

können aber nicht lange aufrechterhalten werden. Der Arbeitsmarkt wirkt,<br />

ungesteuert aber effektiv, korrigierend, mit dem Ergebnis, dass wir eine fast lupenreine<br />

Verschiebung um genau eine Stufe beobachten können: <strong>Die</strong> Hochschul-

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