E-Book Wirtschaftsjournal Dezember 2011
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40 <strong>Wirtschaftsjournal</strong> | <strong>Dezember</strong> <strong>2011</strong><br />
Politik<br />
„Unternehmer in die Schulen“<br />
Hans-Joachim Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz: Klare Position gegen braune Gesinnung<br />
„Deutsche Produkte sind weltweit gefragt, der deutsche<br />
Außenhandel ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte.<br />
Mit Stolz tragen wir den Beinamen Exportweltmeister und<br />
pro Kopf gerechnet wird das auch so bleiben! Wir Südwestsachsen<br />
sind ein wichtiger Teil dieser Erfolge“, heißt<br />
es in einer Presseerklärung der IHK Chemnitz, mit der klar<br />
Position gegen rechtsextremistische Umtriebe in der Region<br />
gezogen wird. „Wenn wir aber wirklich alle so weltoffen<br />
wären - nicht nur die Unternehmer und ihre Belegschaften,<br />
für die Außenhandel ein tägliches Geschäft ist – und diese<br />
Erkenntnis auch in der gesamten Bevölkerung – bei jedem<br />
Einzelnen! - angekommen wäre, gäbe es keinen Nährboden<br />
für braune Gesinnungen oder ausländerfeindliche Stimmungen“,<br />
heißt es in der Stellungnahme weiter.<br />
Die IHK Chemnitz ruft deshalb im Interesse der weiteren<br />
erfolgreichen Entwicklung des Wirtschaftsstandortes<br />
alle Bürgerinnen und Bürger der Region auf, sich bei jeder<br />
Gelegenheit, möglichst rund um die Uhr, jeder an seinem<br />
Platz für Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz einzusetzen.<br />
Darüber sprach <strong>Wirtschaftsjournal</strong> mit Hans-Joachim<br />
Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz.<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong>: Herr Wunderlich, die IHK Chemnitz<br />
hat sich mit einer öffentlichen Erklärung klar<br />
und deutlich von braunen Gesinnungen und ausländerfeindlichen<br />
Stimmungen abgegrenzt. Die Stadt<br />
Zwickau, die ja zum Einzugsgebiet der IHK Chemnitz<br />
gehört, ist durch die neonazistische Terrorgruppe<br />
in ein negatives Licht gerückt worden. Wie positionieren<br />
sich südwestsächsische Unternehmen und<br />
deren Belegschaften dazu, dass in ihrer Region<br />
Gespenster einer unheilvollen Vergangenheit wieder<br />
lebendig werden?<br />
Hans-Joachim Wunderlich: Solche Ideologien haben bei<br />
uns nichts zu suchen und müssen mit allen Mitteln des<br />
Rechtsstaates bekämpft werden. Jeder, der hierbei nicht<br />
mitzieht, schadet unserer Region. Er schadet direkt den<br />
Unternehmen und gefährdet bestehende bzw. zukünftige<br />
Arbeitsplätze.<br />
WJ: Welche Impulse sollten Unternehmer geben,<br />
damit braunen Gesinnungen der Nährboden entzogen<br />
wird?<br />
Hans-Joachim Wunderlich: Die Unternehmer sind vielleicht<br />
die wichtigsten und überzeugendsten Akteure bei der<br />
Aufklärung unserer Bevölkerung. Nur sie können am eige-<br />
nen Beispiel erklären, wie abhängig wir vom Export sind.<br />
Nur sie können erklären, mit welcher Kraft tragfähige Kundenbeziehungen<br />
aufgebaut werden und wie schnell man<br />
diese wieder zerstören kann. Unser Vorschlag: Unternehmer<br />
in die Schulen!<br />
WJ: Wie kann ein eventueller Schaden für sächsische<br />
Unternehmen, deren tägliches Geschäft der<br />
Außenhandel ist, begrenzt werden?<br />
Hans-Joachim Wunderlich: Erstens durch schnelle und<br />
konsequente Aufklärung der Geschehnisse. Zweitens: Öffnung<br />
unseres Landes für qualifizierte Zuwanderung und<br />
Aufbau einer Willkommenskultur und drittens durch die intensive<br />
Aufklärung insbesondere unserer jungen Menschen.<br />
Denn Dummheit und Unwissenheit sind der Nährboden für<br />
braune Ideologien.<br />
WJ: Zu einem anderen Thema: In Auswertung der<br />
jüngsten Konjunkturanalyse der IHK – <strong>Wirtschaftsjournal</strong><br />
hat darüber berichtet – wird deutlich, dass<br />
die gegenwärtige Lage der südwestsächsischen<br />
Wirtschaft deutlich besser ist als die Stimmung und<br />
die Prognosen. Worin liegen die Ursachen für die<br />
eingetrübte Stimmung?<br />
Hans-Joachim Wunderlich: Die eingetrübte Stimmung<br />
hat ihre Ursachen in der weltweiten konjunkturellen Entwicklung.<br />
Hohe Steigerungsraten können nun mal nicht<br />
ewig hoch bleiben. Zudem wird die Konjunktur besonders<br />
beeinflusst durch die weltweiten – vor allem die europäischen<br />
– Staatsschuldenkrisen und unverständliche wirtschaftspolitische<br />
Entscheidungen. Stichwort: Die deutsche<br />
Energiepolitik. Wenn ein Kompass zum Ventilator wird, dann<br />
steigt bei den betroffenen Unternehmen zwangsläufig die<br />
Verzweiflung und das führt mindestens zu gebremsten<br />
Erwartungen.<br />
WJ: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die südwestsächsische<br />
Wirtschaft im nächsten Jahr entwickeln?<br />
Hans-Joachim Wunderlich: Die Wirtschaft wird sich in<br />
Südwestsachsen im Jahr 2012 auf hohem Niveau, wenn<br />
auch mit sehr kleinen Wachstumsraten, stabilisieren. Aber<br />
letztlich liegen die zentralen Fragen bei der Funktionstüchtigkeit<br />
der Finanzmärkte. Hier liegen die größten Risiken<br />
für unsere Zukunft. Den guten Nerven unserer Unternehmer<br />
zolle ich größten Respekt!<br />
Gespräch: Wolfgang Baltzer<br />
Zollt den guten Nerven der Unternehmer<br />
großen Respekt: Hans-Joachim<br />
Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der<br />
Industrie- und Handelskammer Chemnitz,<br />
im WJ-Interview.<br />
Foto: Wolfgang Schmidt<br />
Zur IHK-Konjunkturumfrage<br />
Über 40 Prozent der Unternehmen<br />
berichten von guten<br />
Geschäften. Nur rund 13 Prozent<br />
bewerten ihre geschäftliche Situation<br />
zurzeit als schlecht. Sehr<br />
gute Auftragsentwicklungen, vor<br />
allem auch im Inland, ermutigende<br />
Ertragseinschätzungen und<br />
weiterhin positive Investitionsplanungen<br />
belegen die stabile,<br />
sehr gute Konjunktur der südwestsächsischen<br />
Industrie. Die<br />
mit 82,4 Prozent sehr gut ausgelasteten<br />
Kapazitäten bedeuten<br />
nochmals eine Steigerung gegenüber<br />
dem Jahresanfang <strong>2011</strong>. Das<br />
Fachkräfteproblem in der Industrie<br />
hat sich verschärft, fast 40<br />
Prozent der Firmen fühlen sich<br />
durch den Mangel an Fachkräften<br />
in ihrer Arbeit behindert. Die<br />
hohen und sehr volatilen Rohstoff-<br />
und Energiepreise bleiben<br />
die Hauptrisiken für die südwestsächsische<br />
Industrie.<br />
wirtschaftsjournal.de/id11124001