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Mach et – Ausgabe 210.indd - Grüne Köln

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<strong>Grüne</strong> Jugend<br />

„Mensch kann sich Familie nun<br />

mal (nicht) aussuchen …“<br />

Foto: Rolf van Melis<br />

Tom kommt aus der Schule und zeigt<br />

Jutta stolz sein Zeugnis. „Du musst es<br />

nur noch unterschreiben, Mama!“, sagt<br />

er. Doch Jutta ist rechtlich dazu nicht<br />

in der Lage. Sie ist „nur“ die Lebensgefährtin<br />

von Toms leiblicher Mutter<br />

und besitzt somit nicht mehr Rechte als<br />

irgendeinE BekanntEr der Familie.<br />

Martina liegt nach einem schweren<br />

Autounfall auf der Intensivstation des<br />

Krankenhauses und wird nur noch<br />

von Schläuchen ernährt und am Leben<br />

gehalten. Was sie nicht mehr mitbekommt,<br />

ist, dass ihr Bruder, mit welchem<br />

sie schon seit 30 Jahren kein Wort<br />

mehr gewechselt hat, alle notwendigen<br />

und lebenswichtigen Entscheidungen<br />

trifft, da es sonst keineN VerwandteN<br />

mehr gibt. Aber da ist ja noch der alte<br />

Sandkastenfreund …<br />

JedeR von und kennt bestimmt solche<br />

Beispiele, in denen „Familie“ nur<br />

im klassischen Sinne zählt und sonst<br />

nichts. Dabei ist Familie doch so viel<br />

mehr als nur Blutsverwandtschaft und<br />

Ehe. Und umgekehrt kann uns jemand,<br />

Wer hat welche Rolle?<br />

8<br />

mit dem wir blutsverwandt sind, vollkommen<br />

fremd sein.<br />

Auch wenn sich laut einer aktuellen<br />

Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung<br />

drei Viertel der BundesbürgerInnen<br />

das „klassische“ Familienmodell<br />

aus Vater, Mutter und Kind(ern)<br />

wünschen, muss es doch noch andere<br />

Möglichkeiten geben! Jede dritte Ehe<br />

wird inzwischen geschieden und der<br />

Anteil der so genannten Regenbogen-<br />

und Patchworkfamilien steigt weiter<br />

an. Gerade hier wird heute schon außerhalb<br />

des traditionellen Familienmodells<br />

Verantwortung füreinander übernommen.<br />

Und das ist es doch, was l<strong>et</strong>ztlich<br />

zählt: Dass Mensch mit den Menschen<br />

zusammenlebt, die er liebt und für die<br />

er bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.<br />

Wie wäre es denn dann, wenn<br />

wir uns unsere „Familie“ aussuchen<br />

könnten? Wenn wir bestimmte Rechte<br />

(und selbstverständlich auch die damit<br />

verbundenen Pfl ichten) mit Menschen<br />

teilen könnten, die uns nahe stehen<br />

und dabei nicht bloß auf unsere leiblichen<br />

Verwandten angewiesen wären?<br />

So bekäme jeder Mensch eine gewisse<br />

Anzahl an Zertifi katen, die er an seine<br />

Mitmenschen weitergeben kann. Auf<br />

diesen Zertifi katen sind all jene Rechte,<br />

Pfl ichten und Aufgaben verzeichn<strong>et</strong>,<br />

die er mit diesem Menschen teilen<br />

möchte. Das kann von einer einfachen<br />

Unterschriftenerlaubnis für das Zeugnis<br />

über Versorgungsabsprachen bis hin<br />

zu einer Art PatientInnenverfügung gehen.<br />

Diese Zertifi kate können natürlich<br />

so verteilt werden, dass sich am Status<br />

Quo nichts ändert und alle, die bisher<br />

als Verwandte angesehen wurden, auch<br />

weiterhin als Verwandte gelten.<br />

Doch was ist, wenn Mensch sich mit<br />

dem einen Bruder oder der Tante zerstritten<br />

hat? Dann kann Mensch diesen<br />

Personen einfach die Zertifi kate entziehen<br />

beziehungsweise gar nicht erst<br />

ausstellen. Denn Blut ist ja nicht immer<br />

dicker als Wasser.<br />

Ein weiterer Vorteil dieses Systems der<br />

Wahlverwandtschaft ist, dass Frauen<br />

und Männer nicht zwangsläufi g heiraten<br />

müssen, um als Familie angesehen<br />

zu werden. Besonders für Frauen<br />

bedeut<strong>et</strong> das ein viel unabhängigeres<br />

Leben. Sie müssen sich nicht dem klassischen<br />

„Diktat“ der Ehe beugen. Auch<br />

wenn eine Frau Eva Herman das vielleicht<br />

anders sieht …<br />

Dies bedeut<strong>et</strong> natürlich auch, dass wir<br />

dann gar nicht mehr die Homo-Ehe<br />

fordern müssen. Nach unserem Modell<br />

kann jedeR seine Zertifi kate so verteilen,<br />

wie er möchte! Und so kann dann<br />

<strong>–</strong> wenn Mensch sich seine Familie doch<br />

aussuchen kann <strong>–</strong> auch Juttas Lebensgefährtin<br />

Toms Zeugnis unterschreiben<br />

und Martinas alter Sandkastenfreund,<br />

der sie ja viel besser kennt als ihr Bruder,<br />

über ihre Zukunft entscheiden.<br />

Euer Lino für die GRÜNE JUGEND<br />

KÖLN<br />

Fragen, Anmerkungen, Kritik sind jederzeit<br />

willkommen unter kontakt@<br />

gruene-jugend-koeln.de<br />

Nr. 210 • September 2007

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